1907 / 64 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 12 Mar 1907 18:00:01 GMT) scan diff

Hydra, wenn man einen abs{läct, waGsen glei zwei neue. Jch wünsce, daß der Minister mit derselben Entschiedenheit wie bisher eine Betätigung sozialdemokratisher Gesinnung unter den staatlih an- gestelllen Arbeitern niht duldet und in demselben Sinne fortfährt, wie sein großer Vorgänger Budde.

Abg. Wißmann (nl.): Bei den Eisenbahnbeamten bestehen so unendlice Verschiedenheiten der dienftlihen Funktion, wie der Vor- bildung, daß eine gleibmäßige Befriedigung ihrer berechtigten Wünsche sebr \hwer ist; gemeinsam ift ihnen aber, daß sie einen sehr s{wierigen, gefahrvollen und verantwor!liwen Dienst haben und in der Erfüllung ibrer Verpflichtungen geradezu mustergültige Leistungen aufweisen. Die Eisenbahnunfälle nehmen bei uns stetig ab. Wenn Herr von Bolelberg meinte, die Eisenbahnverwaltung braue ein Elitekorvs, so sage ih: sie hat ein Elitekorps, und das hat auch Herr von Bockel- berg sagen wollen. Die Mustertrvppe fängt hon bei den Arbeitern an und steigt bis in das oberste Beamtentum hinauf; an ter Spize des Ganzen steht ein Elitegeneral, unser hocverdienter Minister, der {on dafür sorgen wird, daß in das Eisenbahn- beamtentum Feine fozialdemokratishen Tendenzen einziehen werden. Dem Autrage Kopsh stehen wir, wie gesagt, freundlich gegen- über; ih persörlih würde mich über seine Annabme in der Kom- mission sehr freuen. Die Lokomotivführer haben einen außerordentlich s{hwierigen Dienst und sind nah verhältnismäßig wenig Dienstjahren e brauht; fie müssen durhaus besser gestellt werden. Den Aus- fbrungen des Kollegen Stroeder über die Eisenbahnassistenten kann i mi nur anschließen; der inzwischen eingegangene Antrag Oeser erhebt einen von jenem aus8gesprohenen Wunsh zum A- trage, dem ih nur besten Erfolg wünschen kann. Auch die Eisenbabnassistenten beileiden zum Teil einen sehr \{chwterigen Dienst, indem sie die Kontrolle des Betriebes auf den Stationen wahrzunehmen baben; es sind die bekannten Männer mit der roten Müte, die stets auf den Bahnsteigen zu finden find, bei Tag und Nacht, und dem Publikum hereitwilligst Auskunft erteilen. Besonders zu berücksihtigen sind ferner die Cisenbahnbetriebsingenieure, welche 1898 hon dem Minister von Thielen ein verdientes Lob erfuhren. Sie haben die Dezernenten in der Ueberwahung des Zugbetriebes zu unterstüßen. Sie haben nach dem Etat 2100—4200 Gehalt; ob das ein angemessenes Gebalt is, will ich nicht entscheiden, aber bei dem Grade der an diese Beamten gestellten Anforderungen er- scheint mir sowobl das Anfangs- wie das Endgehalt nicht besonders hoch. Weshalb aber werden, diese Herren nicht dcfinitiv, sondern immer nur auf Widerruf angestellt ? Sie werden damit zu abhängig von ibrer vorgeseßten Bekörde und haben anderseits den ihnen unterstellten Leuken gegenüber auch die Autorität nicht, die sie baben würden, wenn fle fest angestellt wären. Einem Auftrag meines Freundes Volt ent- sprechend, der heute verhindert ift, sprehe ih sein Bedauern aus,

daß er niht in der Lage ift, für die obers{l-sis{ben mittleren und unteren Eisenbahnbeamten, wie er es beabsichtigte, heute das Wort zu ergreifen.

Abg. Zieschs (Zentr.) tritt in Uebereinstimmung mit dem Abg. Goloshmidt für Verbesserung der Einkommentverhbältnisse der Bahnwärter, Bahnsteigschaffner usw. ein und {ließt sich im übrigen allen auf die Verbesserung der Beamtengehälter be- züglichen Ausführungen des Abg. Dr. Schroeder-Cassel an. Speziell nimmt er sih dann der Lokomotivführer und der Lokomotivheizer an, welche leßteren durhaus ungenügend berüdcksihtigt seien, ja fich tat- fächlih ebenso wie die Lokomotivführer \{l-chter als bisber fieben würden, wenn die Etatsvorschläge unverändert ¿ur Annahme gelangten. Die Loko- motivführer arbeiteten selbst in den Petitionen um eine bessere Besoldung für ihre Gehilfen, die Heizer. Den Antrag Oeser bittet der Redner an die Budgetkommission zu überweisen.

Minister der öffentlihen Arbeiten Breitenbach:

Meine Herren! Herx Dr. Schroeder hat vermißt, daß die Gehalts- vo:lage ein System darstelle. Jh kann dies nur bedingt zugeben. I habe mir erlaubt, neulich darauf hinzuweisen, daß bei der um- fassenden Gehalt8aufbesserung ganz überwiegend Beamte des äußeren Dienstes in s{chwierigen Stellungen berücksihtigt worden sind. Ih gebe ohne weiteres zu, daß die Gehaltsregulierung, wie sie für das nächste Jahr geplant ift, durchaus einen \systematisheren Eindruck maten und in viel weiterem Umfang Befriedigung gewähren wird. Auch ist zu bedenken, daß wir an das Bestehende anknüpfen mußten.

Es ist ferner bemängelt, daß wir für die B-amten, die \ch in gehobener Stellung befinden, wie die Vorsteher und Werkmeister, das Marximalgehalt nicht unwesentlih heraufgeseßzt haben, während wir bei der überwiegenden Zabl der Beamten nur d2s Mindest- gehalt erhöht haben. Das trifft zu; aber diejenigen Beamten, die im Höchstgehalt erhöht wurden, haben bereits seit vielen Fahren dem hohen Hause und der Verwaltung niht mit Unrecht den dringen- den Wunsch vorgetragen, im Gehalt verbessert zu werden. Sie be- finten fih fämtlih in exponierter Stellung; es war daher durchaus gerechtfertigt, sie an erster Stelle berauszubeben.

Dann ist erneut auf die Lokomotivführer hingewiesen. Herr Abg. Dr. Shroeder hat die Auffafsung vertreten, daß die Verbesserung, die wir dieser großen Beamtenklafse zuwenden wollen, nur auf dem Papiere stände. Das trifft keineëwegs zu." Diejenigen Beamten, die heute Lokomotivführer find, erhalten eine Gehalt8aufbesserung von in Summa 13 Millionen. Sie werden im Durchschnitt um 100 4 im Gehalt aufzebessert. Es sind an der Gehaltzaufbesseruxg nur die- jenigen nicht beteiligt, die sh in der Höhstklasse befinden. Ein Ver- gleih der heutigen Besoldungeftufen mit den Besoldungsstufen, wie

keit meiner Ausführungen oßne weiteres: 1200 A jeßt, 1400 A künftig, 1400 zu 1600, 1600 zu 1750, 1890 zu 1900, 2000 zu 2050 und zum Schluß 2200 zu 2200 A Die Lokomotivführer rücken am 1. April d. J. in die entsprehende Gebaltéstufe über. Die Lokomotiv- heizer werden, wie ih nochmals betone, bei ihrem künftigen Eintritt in eine Lokomotivführerstelle niht ge\chädigt werden; sie würden nur dann geschädigt, wenn wir in dèn nätsten drei Jahren die Lokomotiv- hetzergehälter nicht aufbefsern oder in sonfliger Weise nit für Ab- hilfe forgen würden; dieser Fall wird aber nit eintreten.

Dann, meine Herren, ist darauf hingewiesen worden auch mein Herr Vorredner hat das getan —, daß die Lokomotivführer eine be- sondere Berülksichtigung verdientev, weil sie frühzeitig dur ten Dienst verbrauht würden. Mir lieat hier eine Bercchnung des Dur\chnitts- lebensalters der im Etatsjahre 1905 in den Ruhestand versezten Be- amten vor. Daraus ergibt sich für die Lokomotivführer ein Durth- \chnittssebensalter von 54F Jahren. Ungürstiger als siz stehen die Stwirrmeister, die Schaffner und die Bremser. Von den Lokomotivführera erreichten das Höthstgehalt 76,54%; fie wurden nur übertroffen, und zwar sehr erbeblich, von ten im Laufe der Debatte bereits erxähnten Stationsdienern. Von diefen erreihten 90,70 %/5 das Hödhsigehalt. Es muß demnach der Stationsdienerdienst die Kräfte der Leute niht übermäßig in Anspruh nehmen.

Dann hat der Herr Abg. Dr. S{hroeder die Wünsche erneut betont, die unsere Werkstättenarbeiter nah der Nichtung geäußert haben, daß sie in weiterem Umfange in Beamtenstellen übergehen wollen. Diese Möglichkeit bietet sich ihnen {hon jegt in weit-

gehendem Maße; denn es steben ihnen über 33000 Breamtenstellen ofen, in die sie einrücken können. Es find das ganz überwiegend die

Stellen der Lokomotivheizer, der Lokomotivführer, der Wagenmeister, der Maschinenwärter, der Werkführer, in Summa 33 620 Stellen. Es werden im Durchschnitt von allen Eifenbahnarbeitern jährli etwa 4090 in Beamtenstellen übergeführt, und von diesen 4000 Arbeitern entfällt ein sehr wesentlicher Teil auf unsere Werkstätten- arbeiter, die nah den Ziffern des Jahres 1907 eine Kopfzabl von etwa 61 000 darstellen. Es is also im wesentlihen der Wunsch unferer Werkstättenarbeiter bereits berücksichGtint worden. Ueberdies baben wir ja im Laufe der leßten Jahre eine Kategorie der Werk- ftättenarbeiter herausgehoben. Das waren die ehemaligen Werkstätten- vorarbeiter. Diese ehemaligen Vorarbeiter sind etatsmäßige Beamte geworden, und zwar Werkführer. Ih meine: man könnte si daran genügen laffen; denn die Tätigkeit derjznigen, die im Arbeiterverhältnis verbleiben, ist doch ganz überwiegend eine mehanische, wenn sie au eine handwerk8mäßige ift. :

Was die Lohnverbältnisse der Rottenarbeiter anbetrifft, so ist die Steigerung ihrer Löhne in ganz gleihem Verhältnis vor ih ge- gangen wie bei ten anderen Arbeiterkategorien. Freilih stehen fie absolut nicht ganz so hoch, wie die Löhne ber anderen Arbeiter, die ja ganz überwiegend in den großen Städten tätig sind. Troßdem haben wir, wie id bemerken darf, dauerrd mit Beschwerden darüber zu tun, daß die Löhne unferer NRottenarbeiter so boch sind, daß wir der Landwirtschaft die Kräfte entziehen. Wir können freilih unserer- seits konstatieren, daß gerade die Stell?-n der Nottenarbeiter von An- gehörigen anderer Berufszweige bäufig begehrt werden.

Dann ift darauf hingewiesen worden, daß der neuerliß ge- währte Urlaub insofern eine urvolllommene Einrichtung darstellt, als nur gesagt sei: der Urlaub könne gewährt werden, nicht er werde gewährt werden. Meine Herren, auchß dem Minister kann nur Urlaub gewährt werden, er wird ihm nit auf jeden Fall erteilt; au jedem Beamten kann nur Urlaub bewilligt werden, und er wird ibm nur erteilt, wenn nicht dienstliße Gründe entgegenstehen, und wenn seine dienstliGe Führung cinwandsfret ist. Urlaubs- gewährungen bedeuten immer cine Wokbltat; anders kennt es unsere ganze Beamtenschaft nicht, und es war unmögli, unserer Arbeiter- haft mehr zu gewähren. (Sehr rihtig!) Aber Sie können ver» sihert sein, daß den Arbeitern der Urlaub in weitestem Umfange gewährt werden wird; und ih bin fest überzeugt, daß, wenn am Ende des Jahres eine Statistik aufgenommen wird, festgestellt werden wird, daß von 100 Arbeitern mindestens 98 ih1en Urlaub gehabt haben. (Hört, hört! im Zentrum.)

Der Herr Abg. Lüdicke hat den Wunsh geäußert, eine andere Regelung der Teuerungszulagen eintreten zu lassen. Ich glaube, diese Angelegenheit wird sich sehr wohl im Zusammenhange mit der all- gemeinen Gehaltêregelung prüfen lassen.

Dann muß ih dem Herrn Abg. Strosser danken, daß er mi daran erinnerte, auf eine Bemerkung des Herrn Abg. Goldschmidt zu erwidern, die sich auf die Arbeiterwohnungsverbältnifse der Staats- eisenbahnverwaltung bezog; ih glaube, der Herr Abgeordnete hat die Wohnungsgelegenheiten, die wir den Ardeitern in Berlin gewähren, als fisfaliihe Kasernemrents bezeichnet. (Abg. Golds(midt: Die alten Kasernen, die Stadtvogtei!) Es freut mich, von Ihnen bestätigt ¡u hören, baß es nicht so gemeint war. Die Staatseisenbahn- verwaltung ift feit einer ganzen Reihe von Jahrea aufs äußerste be- müht, ihrer Arbeitershaft in umfassendstem Maße Unterkunft in staat8eigenen Wohnungen zu geben. Ganz im Sinne der Aus-

führungen des Herrn von Brandenstein kann ich bestätigen, daß sobald?

es sich irgend ermöglichen läßt, diese Wohnungen #ich in ländlicher Umgebung befinden sollen. Leider läßt es das dienstliche Interesse nit immer zu, und wir sind genötigt, auch in den Städten selbst Arbeiterbäuser zu bauen; wir sind aber neuerdings bestrebt,“ die Zahl der Wohnungen in einem Hause möglichs\t einzu- shränken. Dieses Vorgehen der Staatseisenbahnverwaltung findet in unserer Arbeitershaft allgemeinste Anerkennung, und ih wünschte dringend, doß uns auch in den folgenden Jahren für diese Zwecke so reihlihe Mittel zur Verfügung gestellt werden, daß wir mit dieser Maßnahme in möglihft großem Umfang fortfahren können.

Der Herr Abg. Wißmann hat darauf hingewiesen, daß die Eisen- bahnbetriebsingenieure, die den Betriebsinspektionen zugewiesen sind und in wichtigen Fragen des Dienstes in der Tat als Ver!reter und Gehilfen des Vorstands fungieren, nur widerruflichG zu Betriebs- ingenteuren ernannt werden. Das trifft zu. Die Betriebs- ingenieure sind tehnische Eisenbahnsekretäre; sie stehen diesen auh im Gehalte gleich und erhalten nur; während sie Be- triebsingenieure sind, Funktionszulagen. Nun i|stt es aber nah den Erfahrungen, die die Verwaltung gemacht hat, nit unbedenklich, an dem Prinzip der Unwiderruflihkeit zu rütteln. Es hat si sehr häufig als nüßlih erwiesen, daß man einen Betriebs- ingenieur, der nicht mehr in der Lage war, diese verantwortlichen Funktionen auszuführen, in den Bureaudienst zurückziehen und als Gisenbahnsekretär verwenden konnte. Ihm dann den Titel B-triebs- ingenieur zu belaffen, ist nicht unbedeaflich. Unsere höheren Techniker haben, als die Stellen der Betriebsingenieure geschaffen wurden, mit Recht aufs {ärfste betont, daß fie wünschen müßten, der Titel des Betriebsingenieurs solle nur für die Funktion als solchz gewährt werden. Er möge aber nit als reiner Titel den Beamten belassen werden, da der Tit:l „Ingenieur“ doch immer ein solcher ist, der au beute noch afkademisch gebildeten Beamten auf Grund der vor- geshriebenen wifssenschaftliten Ausbildung zugemessen wird.

Abg. Dr. Wagner (freikons.): Ih möthte wünschen, daß das Haus das bisher den Eisenbahnbeamten zugewendete Wohlwollen au auf die Cifenbahntelegraphiften erstrecken möchte; es ist eine entschiedene Verkennung, wenn man diese als untere Beamte klassifiziert. Das Spremberger Eisenbahnunglück hat gezeigt, daß es eine Sache von großer Wittigkeit ist, daß auch der leßte Cisentahn1beamte genau mit der Einrichtung und Hardhabung der Eisenbahntelearaphen vertraut ist. Ferner habe ich ein Interesse, für die Gisenbahnlandmesser ein besonderes Wort einzulegen. Die Landmessec bei den Generalkommissionen stehen sich bei gleiwer Vorbildung bedeutead besser. Bei der Eiseobahn find zudem nur ein Deittel der Landmesser etatmäßig angestellt. Iv habe auch dea Eindruck, daß unser Lokomotivpersonal wesentlih vermehrt werden muß. Auch die Leistungen der Lokomotiv- heizer, die in einer Stunde 20 bis 39 Zentner Kohle zu verarbeiten baben, find durchaus nicht ge:ing zu s{hägen; sie werden nah 6 jähriger Heizertätigkeit als Lokomotivführer angestellt und baben den bere@tigten Wunsch, daß diese 6 Jabre auf ihr Vienstalter angerechnet wrerdea. Ich bitte, alle diese Wünsche zu berücksichtigen.

‘Abg. Dr. von Boettinger (nl.): Für die Eisenbzhnbetriebs- sekretäre ist meine Fraktion schon seit 1897 eingetreten, leider mit negativem Grfolg. Diese Beamten, die ihre Qualifikation genügend nahgewiesen haben, fühlen fi zurüdgesctt als minderwertige Menschen und werden immer zurückgewiesen mit der Begründung, daß fie auf dem

Ausf\terbeetat ständen. Herr von Bockelberg bo

seine Freunde fönnten -den Antrag zu Gunsten der rofern, bahnbetriebssekretäre nit unterstüßen, weil es niht angie eine einzelne Beamtenkategorie vor der allgemeinen Gebälter, aufbesserung herauszugreifen. Aber die Verhältnisse liegen bej diesen Beamten ganz anders, sie sind keine normalen, und die An. nahme des Antrags kann keine Konfequenzen nah {ih ziehen. Wünschen für die Eisenbahnlandmesser {ließe ih mi an, Landmesser beim Finanz- und Landwirtschaftsministerium sind wesentlich böher besoldet. Die angebliche Gehaltsaufbefserung der Lokomotivführer stellt tatsählich eine Vershlechterung um 900 6 insgesamt für Nt Beamten dar. In der Budgetkommission if seinerzeit bei Errihtung des Oberlandesgerihts Düsseldorf erwogen worden, ob es nit angebracht ist, den Oberkandesgerihtspräsidenten Entschädigungen für ihre repräfentative Stellung zu geben. Ich möchte die Frage anregen, ob nicht auch für die E:senbahn- präsidenten die Anerkennung einer solhen repräsentativen Stellung durchaus am Plage wäre. Sie haben oft bei großen feierlichen Veranstaltungen mit teilzunehmen und können da manche - Ayf. klärungen geben, die auch Arbeiten in den Bureaus ersparen. Es gibt au kaum eine Sammelliste, die an den Direktionépräsidenten vorübergeht. Eine Berücksichtigung dieser e N für die Be, züge der Eisenbahnpräsidenten dürfte durchaus angemessen scia.

Abg. Oeser (fr. Volksp.): Jch bedauere, daß der nationalliberale Antrag, die Beamtenbesoldungsverhältnisse in einer besonderen Kom. misfion zu besprechen, seinerseit nicht angenommen worden ist. Dex Minister \prach von einer systematishen Regelung der Beamten, gebälter, so besonders der Beamten des Außendienstes. Aber cs sind durhaus nicht alle Beamten tes Außendienstes berücksihti.t worden; es ist auch nicht zu erkennen, na welhen Grundsäßen diese Auf. besserungen erfolgt sind. Es ist selbstverständlih, daß die Durcsiht der Petitionen mit den Wünschen der Beamten zum Teil unbequem für uns ist. (Lebhafte Rufe: Sehr rihtig!)) Sie rufen: Sehr rihtig!, aber Sie müfsen sid in die Lage derer hineinverseten, die ihren berechtigten Wünschen keinen anderen Ausdruck zu geben vermögen, Wir können nur den Grundfaßz aufstellen, daß nicht nur die Beamten aufgebessert werden sollen, die Petitionen an uns gebracht baben, sondern überbaupt alle Beamten systematisch. Eine gewisse An, rehnung der Militärdienstzeit auf das pensionsfähige Dienstalter is berechtigt. Die Beschaffung der Dienstkleidung sollten die einzelnen Direktionen auf dem ibnen am besten erscheinenden Wege vornehmen, Der Urlaub ift natürlich nur fakultativ, bei allen fol&en Fakultäten kommt immer der gewissenhafteste am s{lechtesten weg, da der Vor, geseßte immer sagt: ih kann sie niht entbehren, und so wird der Urlaub von Jahr zu Jahr verschoben. Mit dem System der Unter- stüßzungen kann keine Zufriedenheit erreiht werden, der Unterstünte wird nit fo zufrieden sein, als wenn er eine Gehaltsaufb?-sserung be- kommen bätte. Die Arbeiteraus\{üs}se follien mindeflens befragt werden. Es werden bei Unterstüßungen von 30, 40, 50 4 immer îo viel Belege verlangt, die tief in das Familienleben eingreifen. Soll es bei den Beamten, die in diesem Etat aufgebessert werden, für die Zukunft dabei bleiben, oder sollen sie bei der allgemeinen Neu- regelung weiter bedaht werden ? Meine Freunde meinen, daß das letztere der Fall sein muß, weil die jetzige c Gia noch nicht genügt. Mein Antrag will eine Aufbesserung der Eisenbahnassistenten ; cs wird ihnen zwar jeßt eine Erhöhung gewährt, jedoch müssen sie durch Ein- schieben einer Gehalts\tufe drei Jahre länger auf das Höchstgehalt warten. Die bisherigen Stellenzulagen sollen ihnen, wie es seint, genommen werden ; dadurch würden sich diese Beamten ober von der zweiten Gehaltsftufe an verschlechtern. Jn dieser Weise können wir doch nit mit Aufbesscrungen vorgehen, daß die Beamten noŸ weniger bekommen. Diesen Konstruktionsfehler müssen wir in der Kommission beseitigen. Entweder müssen wir ihnen die Stellen- zulagen erhalten oder in anderer Weise einen Ausgleich finden. J bitte, den Antrag der Budgetkommission zu überweisen, und boffe, daß der Minister für den Antrag eintreten wird, damit in dieser Klasse Zufriedenheit erreicht wird. Sehr zurückgeseßt fühlen sih auch di? Stellwerksweichenstelle. Gerade diese Beamten, von deren Zu- verlässigkeit und Sicherheit die Vermeidung von Unglücksfällen abbängt, steben doch mindestens so boch, wie die Vorsteher von Halte- stellen. Die Aufbesserung der Telegrapbisten is nur unbedeutend. Der Wunsch der Telegraphisten, zu Eisenbahnassistenten auf|teigen zu können, ift vorübergehend erfüllt worden; diese Möglichkeit sollte ihnen auch da gewährt werden, wo die volle körperliche Nüstigkeit niht mebr vorhanden ist. Die Leistungsfähigkeit der Telegraphisten auf ten Eisenbahnstatior en muß erhalten werden; in Mainz befindet sich ein Anschlag, wonach Privatdeveschen auf den Stationen nur angenommen werden sollen, wenn ein Telegraphbist da ist. Bezüglich der Betriebs- sefretäre, der Lokomotivführer und Heizer kann ih mich nur dem an- \hließen, was bereits aus dem Hause ausgeführt ist. Es \scheint, daß der Lokomotivheizer, wenn er nach 8 Jahren Führer wird, nur 100 Æ, und wenn er nach 9 Jabren dazu kommt, gar keire Er- höhung feines bisherigen Gehalts erfährt. Der Aufbesserung bedücfen ferner die Bahnmeister und Maschinenwärter. Die Wünsche für die Eisenbahnarbeiter hat mein Freund Goldschmidt bereits ausgesprochen, ih freue mi, daß der Abg. Schroeder nawens seiner Partei diesen Wünschen seine Aufmerksamkeit zugewendet hat. ODringend zu wünschen wäre die Einführung . von Lohnskalen für die Weiksiätten- arbeiter, damit sie wie die Beamten aufrücken können. Das Afkord- system würde von den Arbeitern am liebsten vermißt werden; es if übrigens ein Scheinakkordsystem, das die Arbeiter gar niht übersehen können; fie find lediglih darauf angewiesen, was ihnen der Meister für Zuschlag in die Lohnlist? einträgt. Durch die Zeitungen ging die Nachricht, daß eine längere Krankheit ohne weiteres eine Kündigung in sih {lösse. Jch bitte den Minister, darüber Auskunft zu geben, und ich bitte ihn, in jedem Jahre dem Hause die sozialpolitischen Erlasse des Ministeriums zugehen zu lassen. Es werden nicht alle Wünsche, die wir in dieser Hirsicht stellen, erfüllt; ih will erst ab- warten, wie der neue Erlaß des Ministers in dieser Hinsicht wirkt. In dem Direktionsbezirk Frankfurt a. M. sind die Nebenbezüge des Fahrpersonals neu geordnet worden, infofern, als die Kilometer- gelder durch Stundengelder erfegt find. Das entspriht einem Wunsche der Beamten seibst, aber die Wirkung hat ihre Unzufrieden- heit erregt, denn es haben manche Beamten dadurch weniger eingenommen, als früher. Es befommt z. B. der Beamte, der von Frankfurt nah Berlin des Nachts fährt, 40 A monatlich an Neben- bezügen, derjenige, der die Fahrt umgekehrt macht, dagegen das Doppelte. In dieser Hiusicht ist der Direktionsbezirk Frankfurt zum Versuhë- feld gemacht worden; dieses Experiment darf aber niht zum Schaden der Beamten aussc{lagen, und ich bitte, daß denen, die Einbuße er- litten, die Verluste nahg-zahlt werden. :

Abg. Hammer (kons): Zu den Zivilanwärtern für den inneren Bureaudienst gebören au die früheren Privatbahnbeamten ; dieje werden nur berüdsichtigt, wenn keine Militärbeamten da sind. Die Beamten fühlen fih dadurch sehr bedrückt, und ih bitte den Minister um eine Aenderung. Die Zulage für die Lokomotivführer von 100 Æ durdschnittlich ift sehr gering; ebenso ist für die Eisenbahn- betriebssekretäre und für die Lokomotivheizer niht genügend ge sorgt. Die Schaffner wünschen dringend, daß ihnen die Pelze, die sie in Wind und Wetter durhaus brauchen, belassen werden. Bei den Unterstützungen wird nicht immer ganz unparteiifch ver- fahren, am meisten) sollte man die finderreihen Familien berüd- ihtigen. Von dem Litel „Stationsdiener“ sind die Beamten mil

eht niht gerade entzückt. Den Bahnsteigshaffnern in den Vor- orten, die Dienstwohnungen halten, hat man diese genommen, we! sle nah der Ansicht der Oberrehnungskammer nicht Betriebs-, sondern Verkehrsbeamte seien. Da sie aber in der Nähe der Bahnhöfe keine Wohnung fanden, hat man ihnen die Wohnungen in den Dienft- gebäuden wieder vermietet, jedo für 380 4, während sie ihnen früher nur mit 390 Æ angerehnet wurden.

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

d

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

M 64.

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Minister der öffentlihen Arbeiten Breitenbach:

Meine Herren! Herr Abg. Oeser hat darauf hingewiesen, daß die Stationsassistenten, denen ja eine Gehaltserhöhung von 300 4 im Höchstgehalt zugemessen werden soll, beunruhigt seien, weil mit der Gehaltsaufbefserung die Stellenzulage völlig entfallen und damit eine Gehaltsverminderung eintreten würde. Diese Befürchtung ist anbegründet, denn es ist ausdrücklich die Anordnung getroffen, daß feiner dieser Beamten dur den Fortfall der Stellenzulage in seinen Gesamtbezügen ges{hädigt werden darf. Er darf also niemals im ganzen weniger bekommen, als ihm heute bereits zusteht.

Dann hat Herr Abg. Oeser angeregt, man möge auch für die im Tagelohn arbeitenden Werkstättenarbeiter Lohnskalen einführen. Solche L2ohnskalen bestehen für sie bereits, in gleiher Weise wie für alle anderen Kategorien der im Eisenbahndienst beshäftigten Arbeiter.

Die Verteilung der Unterstüßungen aus den bereiten Fonds der Nerwaltung erfolgt nah einer mit größter Sorgfalt vorgenommenen Prüfung dur die Königlichen Eisenbahndirektionen. Die Organisation der Verwaltung if ja nah unten hin so durhgebildet, daß angenommen werden kann, die entscheidende Stelle werde in jeder Beziehung über die Unterstützungsbedürftigkeit der Bediensteten genügend informiert. Im {brigen besteht aber auch eine Anordnung, daß in Unterstützungssachen die Arbeiteraus\chüsse über die Unterstützungsbedürftigkeit und Würdig- felt vom Inspektionsvorstand gehört werden können.

Die Nebenbezüge des Lokomotivpersonals haben ja wiederholt zu Erörterungen Anlaß darüber gegeben, ob die heutige Regelung eine gerechte ist, ob nicht bestimmte Kategorien von Beamten des Lokomotiv- dienstes, namenilih solche, die die Schnellzüge fahren, zu stark bevor- zugt werden, weil sie ja kilometrisch erheblich mehr zu leisten haben und deshalb mehr Kilometergelder und Ersparnisprämien verdienen als andere, die etwa nur im Güterzugdienst beschäftigt find. Es bestehen in der Tat sehr erheblihe Differenzen in den Nebenbezügen, wobet freilich zu berücksihtigen ist, daß der im Schnellzugdienst tätige Lokomotivführer ja auch körperliß viel mehr in Anspruch ge- aommen wird.

Es ist nunmehr versucht worden und zwar wird dieser Versuch im Direktionsbezirk Frankfurt angestellt —, ein anderes System einzuführen, und zwar dahin gehend, daß die Beamten nur nah Stundenleistungen entschädigt werden. Welches Ergebnis der Versuch liefern wird, steht noch nicht fest. Jedenfalls wird im Sinne der Anregung des Herrn Abg. Oeser die Prüfung erfolgen müssen, um zu verhüten, daß aus dieser Regelung den Beamten eine Schädigung erwächst.

Dann hat der Herr Abg. Oeser auf eine Verfügung hingewtesen, die die Entlassung der Arbeiter nah Ablauf der Höchstzeit, innerhalb der das Krankengeld gezahlt wird, betrifft. Meine Herren, dieser Erlaß ist optima mente erfolgt. Es wurde innerhalb der Eisen- bahndirektionen in der Frage des Ausscheidens der Arbeiter nah Ablauf dieser Höchstzeit ganz ungleihmäßig verfahren; die eine Direktion kündigte, die andere kündigte nicht. Es ist nun aus- gesprohen worden, daß das Dienftverhältnis erlös{he, wenn ein Ar- beiter über den Zeitpunkt hinaus frank bleibt, bis zu dem die Eisenbahnbetriebskasse, der er angehört, s\aßungsmäßig Krankengeld gewährt, und zwar mit dem leßten Tage des Kranken- geldbezuges. Es ist aber hinzugefügt worden, daß, wenn die Wiederherstellung der Dienstfähigkeit alsbald zu erwarten ist, von der Auflösung des Dienftverhältnisses abzusehen sei. Es ist ferner darauf hirgewiesen worden, daß der Angestellte, der nick&t mehr in der Lage sei, Dienst zu leisten, nun sofort zu unterstützen und ferner dafür zu sorgen sei, daß die ihm zustehende Invalidenrente fest- geseßt werde. Wenn Sie sch im Bereih der Staatscisenbahn- verwaltung umsehen, werden Sie finden, daß wir im weitesten Maße für diejenigen, die niht mehr voll ihren Dienst ausüben können, Sorge tragen, und zwar niht nur für diejenigen, die im Dienst durch irgend einen Unfall beschädigt sind, sondern auch für diejenigen, die im Dienst erkrankt find. Wir sind aufs äußerste bemüht, diese Leute unterzubringen. (Bravo! links.) Ich glaube, damit erfüllen wir diejznige Verpflichtung, die dem Arbeitgeber obliegt. (Sehr richtig! links.)

Die neue Kleiderkafsenordnung bringt keinerlei Vershlechterungen b:züglih der Abgabe von Schußkleidern an die Beamten. Soweit die Beamten heute mit Pelze ausgestattet sind, werden sie es auch später werden.

Dann i} auf gewisse Mängel hingewiesen worden, die sh im Bahnmeisterdienst herausgestellt haben sollen, nahdem wir den Bahn- meisterdienst mit dem telegraphen-technischen Dienst vereinigt haben. Es ist behauptet worden, daß dea Bzhnmeistern eine Leistung zuge- mutet werde, die sie niht ausführen können, und die {ließlich zu einer Schädigung des Dienftes und auch zu einer Unsicherheit im Be- triebe führe. Diese Auffassungen sind unmittelbar, nahdem die Neu- regelung durhgeführt ist, vor einer Reihe von Jahren öfters aus- gedrückt worden; aber nah der Annahme unserec sämtlihen Behörden, die doh am allerersten in der Lage sind, ein richtiges und zutreffendes Urteil abzugeben, trifft das niht zu. Unsere Bahnmeister haben \sich vollständig auf den telegraphen-technishen Dienst eingerichtet, und es hat sih für die Verwaltung und für den Betrieb als außerordentlich nüßlih erwiesen, daß der Dienst der Telegraphenmelster mit dem der Bahnmeister vereinigt worden ift.

Abg. Dr. König-Crefeld (Zentr.): Von der größten Bedeutung ist die Beschaffung guter Wohnungen für die Beamten; diese Bestrebungen des Ministers kann man nur mit größter Freude begrüßen, der Mi- nister erwibt sich damit ein großes Verdienst, Die Wohnungen müssen so eingerihtet werden, a jede Wohnung für sih abge- {lossen ist. Die Tätigkeit der Postbeamten auf diesem Gebiet kann vorbildlih sein. Die Behaglichkeit der Wohnung ist der Gcundstein ur das Familienglück. Die Wohnungen müssen auch den dag derungen der Neuzeit entsprehen; wo die alten Wohnungen

niht tun, müssen sie geändert werden. Gegen die angestellten

Bahnärzte hat früher Mißtrauen geherrsht; das ist unberehtigt und muß überwunden werden, Manche Krankheit könnte bekämpft

Berlin, Dienstag, den 12. März

1907.

werden, wenn niht die Sheu vor den Aerzten die Inangriffnahme der Behandlung verzögerte. Dankens8wert ist die Einrichtung von Badeanstalten. Für die Sicherheit des Betriebes ist die Vermeidung des Alkoholgenusses nötig, und der Beamte kann sehr wohl diesen Genuß entbehren, wenn auf den Stationen für andere erfrischende Getränke gesorgt wird. Eine fehr segensreihe Einrichtung ist der Eisenbahntöchterhort, der viele Tränen von vater- und mutterlosen Waisen getrocknet hat. Für alle Wohlfahrtseinrihtungen in der Eisenbahnverwaltung werden wir gern die Mittel bewilligen. Die neue Besoldungsregelung wird die Unzufriedenheit unter den Eisenbahnbeamten beseitigen und den guten Geist unter unseren Eisenbahnern erhalten. Der Andrang zu den Staatsämtern ift noch immer sehr groß, weil es für die Staatsbeamten eine Menge Imponderabilien gibt, die nicht in Geld umzuseßen sind. „Etwas Sicheres für Lebenszeit“, das ist das s{öne Imponderabile für eine Beamtenstellung, wenn sie au gering besoldet is. Welcher andere Beruf bietet denn die Sicherheit, die der Staatsbeamte hat ? Wir freuen uns, daß im Herrenhause bereits zwei Gesetzentwürfe für die Verbesserung der Ruhegehälter eingebraht sind. Der Redner tritt sodann für die Aufbesserung verschiedener Kategorien der mittleren und unteren Eisenbahnbeamten ein und spricht zum Schluß feine Qreude darüber aus, daß eine gewisse Anrehnung der diätarischen

ienstzeit auf das Besoldungsdienstalter am Sonnabend von der Regierung zugesagt worden ist.

Abg. Werner (D. Reformp.): Erfreuliherweise hat der Minister mehrmals in die Debatte eingegriffen und sein Wohlwollen für die Beamten und Arbeiter ausgesprohen ; das wird lebhaften Wider- hall in deren Kreisen finden. Es erübrigt \fich für mich, die Gründe des Antrages Trimborn bezüglih der Eisenbahn- betriebssekretäre noch durH weitere Ausführungen zu unter- stüßen. Die Eisenbahnassistenten sind endlich den Postassistenten gleichgestellt worden, aber es ist traurig, daß sie das End- gehalt iebt erst nah 21, anstatt wie früher nah 18 Jahren er- halten. Es ift wahrscheinlich, daß der Reichstag im nächsten Fahre

die Postassistenten wieder um 300 Æ aufbessern wird, und die Folge-

der dadur wieder entstehenden Zurücksetzung der Eisenbahnassistenten wird sein, daß für diese auf die Dauer nit genügend qualifiziertes Material zur Verfügung stehen wird. Man hat auf die Nebenbezüge der Lokomotivführer hingewiesen, aber dies sind Aufwandsgelder, diese kann man niemals als Gehaltsverbefserungen hinstellen. Dankend anzuerkennen ist, daß der Minister sozialdemokratishen Bestrebungen in seiner Beamtenschaft entgegentreten will; aber die Beamten müßen doch fo bezahlt werden, daß sie zufrieden sind.

Darauf wird ein Schlußantrag gestellt; der Präsident verliest noch eine Reihe von etwa 30 Rednern unter der Heiterkeit des Hauses zu diesem Titel; der Schlußantrag wird jedoch angenommen.

Die Abgg. Lusensky (nl.), Stackmann (kons.), Franken (nl.), Kindler (fr. Volksp.), Mies (Zentr.), Heckenr oth (konf.) bedauern (zur Geschäftsordnung), daß ihnen dur diesen Antrag auf Schließung der Debatte die Möglichkeit genommen ift, weitere Ausführungen und Wünsche betreffs der Beamtengehälter zu machen.

Abg. Golds\chmidt (freis. Volksp.) bemerkt persönlih, daß der Abg. Strosser ihn mißverstanden habe. Es habe ihm ferngelegen, die Berliner Wobnungsverhältnisse als vollkommen hinzuftellen.

Abg. Strosser: Herr Goldshmidt scheint immer zu behaupten, wenn man etwas aus seinen Reden anführt, man habe es nitt richtig gehört. Er hat deutlih gesagt, wie ih wörtlich eere habe, Berlin brauche si seiner Wohnungsverhältnifse niht zu |chäâmen.

Abg. Goldschmidt: Ich glaube, daß ih mich oft deutlicher aus- drüde, als es Ihnen lieb ift.

Die Titel werden bewilligt und die Anträge Trimborn,

Kopsch und Oeser der Budgetkommission überwiesen.

Bei den Ausgaben für die Tagegelder, Reise- und Umzugsfkosten bemerkt

Abg. von Brandenstein (kons.): Gs wird darüber geklagt, daß hier und da Eisenbahnbeamte in den Wagen ih nicht so benehmen, wie es das Publikum wünschen könnte. Jch beziehe diese Klage natürli niht auf alle Beamten, ih weiß sehr wohl, daß es Eisenbahnbeamte gibt, deren Verhalten auf der Eisenbahnfahrt nihts zu wünschen übrig läßt. Aber es gibt auch höhere Beamte, die troy aller Bildung nicht den Ansprüchen genügen, die man an ihr Verhalten stellen muß. Akademish gebildete Leute haben dafür einen kräftigen Aus- druck, den ih nicht erwähnen möhte. Die Benugzung der I. Klasse steht nur den böôöheren Beamten zu. Es ist in der Kommission darauf hingewiesen worden, daß manche Beamte eine höhere Klasse benugen, als sie berehtigt sind; es wurde aber erwidert, daß darin nicht gut etwas geändert werden könnte. Ein Kollege erzählte mir, daß einmal ein Coupé I. Klasse vollkommen von Beamten beseßt war. Der Schaffner mochte niht feststellen, ob die * sämtlichen Beamten dazu berechtigt seien, 1. Klasse zu fahren. Erst der Stationsvo1steher nahm eine Untersuhung vor, die zur Folge hatte, daß alle Beamten bis auf einen einzigen ausfteigen mußten. Der eine war aber nicht über diese Beamten indigniert, sondern über den neuen Eindringling, der nunmehr hatte einsteigen können, und warf ihm scharfe Blicke zu. Es gibt ja Leute, die überhaupt nicht wollen, daß andere auch auf der Eisenbahn fahren. Die Beamten sind manchmal wirklich rücksihtslos. Sie öffnen die Fenster, regulieren die Heizung, ohne die Mitfahrenden zu fragen, rauchen ohne Zustimmung der Mitreisenden, entshuldigen sih nicht, wenn sie einen Mitreisenden auf die Füße treten, sie machen den weitest-n Gebrauh von der neuen Ecfindung der Zerleg- barkeit der Hemden. Die ihnen fehlenden gesellschaftlichen Eigenschaften ersezen sie dur um so sihereres Auftreten und um so größere Nücksichtslosigkeit. Die Stationsbeamten {euen sich natürlih, diese Vorgeseßten zur Rechenschaft zu « ziehen. Es ist mir niht bekannt, wie weit die Stationsbeamten berechtigt sind, gegen Mitglieder ihrer Behörde aufzutreten; es wäre inter- essant, wenn man cinen Aufschluß darüber erhielte und erführe, wie man fich als gewshnlicher Reisender bei diesen Dingen verhalten foll. Es wurde bzi Besprehung der Fahrkartensteuer über die Abnahme der Reisenden I. Klasse geklagt, d. h. der zahlenden, denn die Zahl der nit zahlenden Reisenden I. Klasse sheint im Aufsteigen begriffen. Viele Neisende fahren I. Klasse, nicht weil es vornehmer auésieht, sondern weil sie größere Ruhe und konvenablere Gesellschaft zu finden hoffen. Es scheint aber jeßt, als ob man in der II. Klasse bessere Gesellschaft findet. Es is gesagt worden, daß in der I. Klasse nur noch Bauinspekioren und MReichstags- abzeordnete fahren. In dem Prozeß über den Raubanfall auf ein Mitglied einer hohen Körperschaft wurde ein Stationsbeamter als Zeuge gefragt, warum er einen Mann in die I. R hätte einsteigen lassen, der nah seiner ganzen L N nicht hineingehörte, und da antwortete der Zeuge ganz treu und bieder: „Das hat mich gar nicht gewundert, ih habe angenommen, daß es ein Neichstags- abgeordneter gewesen ift.“ Vielleiht war es ein Mann, der nah seiner Erscheinung nur ein Reichstagsabgeordneter sein konnte, Sie kennen ja au die Reichstagsabgeordneten. Jh hoffe, daß diese allerdings kleinen Uebeistände befeitigt werden können, wenn der Minister die Bestimmung über die Benußung der Wagenklassen seitens der ver- schiedenen Beamte: klassen einer Revision unterzöze, und die Benuzung einer bôheren Klase, als den Beamten zusteht, verböte.

Minister der öffentlihen Arbeiten Breitenbach:

Der Herr Vorredner begann seine Ausführungen mit dem aus- drücklihen Vorbehalt, daß das, was er uns mitzuteilen habe über das Verhalten höherer Beamten der Staatseisenbahnverwaltung in der ersten Klasse, nur Ausnahmefälle betreffe. Er spra seine ausdrück- lie Anerkennung den Beamten der Staatseisenbahnverwaltung be- züglih ihres gesellshaftlihen Verhaltens aus. Als Chef der Ver- waltung nehme ih in Anspruch, daß die höheren Beamten der Staatseisenbahnverwaltung sich stets eines solhen Verhaltens dienstlih und außerdienftlih befleißigen, daß Vorwürfe gegen sie niht erhoben werden können und dürfen. (Sehr richtig!) Die weiteren Aus- führungen des Herrn Vorredners ließen aber fast völlig vergessen, daß er diesen Vorbehalt gemalt habe, denn er ging so weit, zu sagen, die Abwanderung aus der ersten Klafse in die folgenden Klassen sei doch wohl nit allein darauf zurückzuführen, daß die Fahrkartensteuer ein- geführt sei, sondern darauf, daß \ich in der ersten Klasse Persönlich- keiten aufbielten, die dorthin nicht hinpaßten hinsihtlich ihres äußeren Verhaltens. Er bezog sich dabei auf Beamte der Verwaltung, nannte die Bauinspektoren, und au auf die Mitglieder eines anderen Hauses. Hiergegen erhebe ich Einspruh. Jh kann ausdrücklich fest- stellen, daß ih es auf das äußerste mißbilligen würde, wenn höhere Beamte der Staatseisenbahnverwaltung nicht diejenige Rücksiht walten ließen bei Benußung der ersten Klasse, welhe die Mitreisenden bean- spruchen können, und daß ih alle diejenigen Fälle, die zu meiner Kenntnis gelangen, mit Strenge verfolgen werde. Jch stehe seit 30 Jahren in der Verwaltung; auch mir sind solche Beschwerden ¡u Händen gekommen; im großen ganzen kann ih bestätigen, es hat zu den großen Ausnahmen gehört, daß derartiges \sich zutrug, und wenn es geschah, ist eingeschritten; danach wird auch in Zukunft ver- fahren werden. Jh würde es für unzulässig halten, wenn ein Beamter der Verwaltung ein Abteil belegt und es dem allgemeinen Verkehr vorenthält. (Abg. von Brandenstein: Das geschieht alle Tage!) Ich darf auh bemerken, daß auf Grund von Beschwerden, die früher in diesem hohen Hause laut geworden sind, bestimmte Weisungen er- gangen sind, daß die Beamten, wenn sie aus dem Dienst kommen, und zwar alle Beamten, die auf der Strecke tätig gewesen sind, Nück- sicht nehmen sollten in ihrem Aeußern, das ja durch die Witterung und durch die Unebenheiten der Strecke etwas mitgenommen sein kann. Es wird im allgemeinen -danach verfahren. Es ist ja außerordentli \hwer, allgemeine Anweisung zu treffen, ohne daß der Stand der höheren Beamten persönlih durch solche Hinweise verleßt wird.

Ich darf noch folgendes bemerken, meine Herren: Aus dem ganzen Aufbau unserer Staatseisenbahnverwaltung ergibt sch mit Notwendigkeit, daß die höheren Beamten der Verwaltung die I. Klasse auf ihren Reisen benußen müssen, weil die mittleren Beamten die II. Klasse und die unteren Beamten die III. Klasse benußen; das ist die Regel, anders läßt es sich nihcht maqhen. Es ließe sih vielleiht in der Weise Aenderung schafen, daß man für die im Dienst, auf ihren Dienstreisen befindlihen Beamten bestimmte Abteile mit Beschlag belegte und bestimmte: das sind Dienstcouyés. Daraus würde \ich aber für den allgemeinen Verkehr eine Shödigung ergeben können, und darum hat man es unterlassen, in dieser Weise einzugreifen.

Ih hoffe, es wird mir auch aus dem hohen Hause bestätigt werden, daß das Verhalten der höheren Beamtenschaft nicht zu solchen mehr oder weniger verleßenden Mitteilungen Anlaß gegeben hat.

Abg. Bus ch (Zentr.): Die Herren, die Herrn von Brandenstein solhe Mitteilungen gemaht haben, hätten besser getan und das Ansehen der Beamtenschast besser gewahrt, wenn sie folhe Fälle in dem JInstanzenzuge verfolgt hätten. Das Ansehen unserer Beamten kann durch folhe Angriffe nicht gehoben werden. Ich glaube auch, daß die Herren im NReichstag die Be- merkungen des Herrn von Brandenstein niht unerwidert lassen werden. Db durch solche Bemerkungen das harmonishe Zusammenarbeiten zwischen beiden Häusern gehoben wird, ist mir zweifelhaft. Schließlich möchte ih den Minister noch bitten, den Bahnärzten die Benußung der 1. Klasse zu gestatten.

Abg. Macco (nl.): Jh kann in keiner Weise bestätigen, was Herr von Brandenstein gesagt hat. Ih habe niemals solhe Er- fahrungen gemaht. Jh kann auch nit einsehen, weéhalb es jemandem schaden sollte, wenn er in der II. Klasse fahren muß. Auch für die höheren Beamten würde es besser sein, wenn sie auch mit dem Publikum der anderen Klassen zusammenkommen, als wenn sie sih abschließen. |

Abg. Funck (fr. Volksp.): Auh meine Freunde müssen zurück- weisen, was Herr von Brandenstein gesagt hat. Jch reise selbst viel und namentlich auch in der 1. Klasse, und es ist mir niemals ein ähnlicher Fall vorgekommen, wie ihn Herr von Brandenstein verallge- meinert. Es ist mir auch aus dem Kreise meiner Parteifreunde be- stätigt worden, daß ihnen niemals etwas Aehnliches passiert ist. Die Erempl fikation auf die Neichstagsabgeordneten bitte, nehmen Sie mir das niht übel war ges{chmacklos.

Bei den Ausgaben für. die Remunerationen be- {wert si

Abg. Hei tg (Zentr) über cinige Fälle von Ungerechtigkeit bei der Verteilung der Remunerationen und verlangt dringend eine Unter- sfuhung, nahdem er {hon im vorigen Jahre dieselbe Klage habe vorbringen müssen, und tadelt sodann, daß in Laband der Bau eines Zwölffamilienhauses ausgeschrieben worden sei. Zu einem so großen Hause sei gar keine Ver- anlassung, ein ähnlih großes Haus gebe es in ganz Laband nicht. Die Beamtenhäuser sollten ferner nicht unmittelbar an der Eisenbahn erbaut werden, damit die Beamten in ihrer Nahtruhe nicht durch die Züge gestört würden. In Laband sei genug anderer Play vorhanden. Aus den Reparaturwerkstätten in Gleiwiß sei ihm die Klage zugegangen, daß bei den Freifahrtkarten p2rsönlihe Bevorzugungen stattfänden, und daß merkwürdigerweise gerade sozialdemokratische Arbeiter bevorzugt würden. Eine fernere Klage sei, daß wegen des Mangels an Lokomotiven die Lokomotivführer unter Anwendung größerer Anstrengung Maschinen fahren müßten, die reparatur- bedürftig selen. Die Anstrengungen der Beamten seien namentli im Nachtdienst zu groß, die Posibeamten bätten günstigeren Nacht- dienst. Die Dienstzeit solle nur 8 Stunden betragen, es kämen aber \fogar 12 Stunden vor; dazu gebe es auf der Strecke Gleiwitz—Laband eine sehr shnelle Zugfolge in der Nacht. i

bg. Busch (Zentr.) fragt an, nah welchen Grundsätzen die Unter- stüßungen der Beamten verteilt würden. Die Unterftütungen für