1886 / 290 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 09 Dec 1886 18:00:01 GMT) scan diff

Ministerium der geistlichen, Unterrihts- und Medizinal-Angelegenheiten.

Dem Rektor des Progymnasiums zu Jülich, Dr. Foseph Kuhl, sowie den Oberlehrern Theodor Heicks am Gym- nasium an Aposteln zu Köln, Dr. Franz Egon S undck am Gymnasium zu Sigmaringen, Valentin Serf am Friedrih-Wilhelms-Gymnasium zu Köln, Dr. SeR Fisch am Gymnasium zu Bonn, und Dr. Heinrich von der Heyden - am Realgymnasium zu Essen is das Prädikat Professor beigelegt worden.

Ministerium der öffentlichen Arbeiten.

Die Königliche Eisenbahn-Direktion zu Bromberg ift mit der Anfertigung genereller Vorarbeiten für eine Eisenbahn untergeordneter Bedeutung von Mal- deuten einerseits und Osterode andererseits über Saalfeld und Miswalde einerseits nach Elbing, andererseits nah Marienburg beauftragt worden.

Angekommen: der Ministerial-Direktor im Ministerium der geistlihen, Unterrihts- und Medizinal-Angelegenheiten, Wirkliche Geheime Ober-Regierungs-Rath Dr. Barkhausen.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 9. Dezember. Se. Majestät der Kaiser und König hörten heute die Vorträge des Chefs des Civilkabinets und des Oberst-Kämmerers.

Um 123/ Uhr machten Se. Majestät Sr. Königlichen L dem Prinz-Regenten von Bayern im Königlichen

losse einen Bejuch.

Se. Kaiserlihe und Königliche Hoheit der Kronprinz besichtigte gestern Morgen 81/5 Uhr mit Sr. Königlichen Hoheit dem Prinz - Regenten von Bayern die Ruhmeshalle.

Nachmittags fuhren die Kronprinzlihen Herrschasten mit ot Prinz-Regenten spazieren und besuchten mehrere Künstler-

iers.

Um 5 Uhr waren Höchstdieselben zum Gala-Diner bei Jhren Majestäten.

Abends gaben Fhre Kaiserlichen Hoheiten eine Soirée, zu welcher etwa 200 Einladungen ergangen waren.

Der Bundesrath sowie der Ausschuß desselben für Rechnungswesen hielten heute Sißungen.

Ein Hauseigenthümer, welcher Miether in seinem O aufnimmt oder auf andere Weise einen Verkehr in dem ause herstellt, ist nah einem Urtheil des Reichsgerihts, 11. Strafsenats, vom 19. Oktober d. J., verpflichtet, die Flure und E seines Hauses, welche nah Q Beschaffenheit im dunklen Zustande jeden Passanten der efahr aussegen, sih zu beschädigen, bei eintretender Dunkel- heit so lange zu beleuchten, als der regelmäßige Verkehr in dem Hause stattfindet.

Die von dem Bureau-Direktor des Hauses der Ab- geordneten, Geheimen Rehnungs-Rath Kleinschmidt, mit be- kannter Umsicht bearbeiteten Uebersihten über die Geschäftsthätigkeit des Hauses der Abgeordneten in der legten Session sind erschienen. Dieselben sind in der bisherigen Art angefertigt und zerfallen in: die Redner- liste, die Uebersicht über den Staatshaushalts-Etat und die Hauptübersiht. Die Nednerliste ergiebt den Tag, an welchem, sowie den Gegenstand, über welchen jeder einzelne Redner gesprochen hat, unter Hinweis auf die betreffenden Seiten der stenographischen Berichte. Die Etats übersicht macht die bezüglichen Anfragen, Anträge und Verhandlungen ersichtlih und weist unter den verschiedenen Verwaltungen sämmtliche Etatstitel mit ihren Beträgen speziell nah. Die alphabetisch geordnete Hauptübersicht umfaßt, abgesehen von dem Staatshaushalts-Etat, alle zur Erörterung gelangten Gegenstände, unter Darlegung des Verlaufs der Berathung. Die Regierungsvorlagen sowie die Anträge zu denselben sind darin in ihrem Wortlaute übernommen, und die Verhandlungen über ein und denselben Gegenstand, auch wenn dieselben zu verschiedenen Zeiten und bei ver- schiedenen Gelegenheiten stattgefunden haben, auf einer Stelle verzeihnet. Zu der Hauptübersiht gehört ein besonderes Jn- haltsverzeichniß, welchem eine Gesammtübersicht der Berathungs- gegenstände beigefügt ist.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Fürstli reußische Geheime Regierungs-Rath von Geldern-C R pe N dorf, ist von Berlin wieder abgereist.

Hannover, 7. Dezember. Jn der heutigen (9.) Sizung des Hannoverschen Provinzial-Landtages A die Berathung des Haushalts-Etats der Provinz für 1887 fortgeseßt. Sodann folgte die Berathung des Gese ß- entwurfs über die Vertheilung der öffentlichen Lasten bei Grundstückstheilungen und über die Gründung neuer Ansiedelungen in der Provinz Hannover.

__ Oesterreich-Ungarn. Wien, 7. Dezember. (Wn. Abdp.) ' Für die am 9. d. M. stattfindenden Eröffnungssizungen der einzelnen Landtage ist bereits die Tagesordnung festgestellt worden. Dieselbe umfaßt, wie leicht erklärlich, blos ormelle Angelegenheiten, wie Zuweisung von Vorlagen, Aus- chußwahlen, Konstituirungen, Wahlberichte u. dgl. ; nur au der Tagesordnung des Kärntner Landtages befindet a auch schon die Wahl der Mitglieder des Landesaus\chusses. Pest, 7. Dezember. (Wn. Ztg.) Der Finanz-Aus- \chuß des Abgeordnetenhauses begann heute die Be- rathung des Budgets des Kommunikations-Ministeriums. Agram, 7. Dezember. (Prg. 219.) Im Landtage begann heute die Budgetdebatte. erentschin unterbreitete einen von 21 Abgeordneten der Unabhängigkeits- und der &Kentrumspartei unterfertigten Antrag: die Budgetdebatte zu

vertagen, bis die Landesregierung ihren Standpunkt gegen- über dem Renuntium dargelegt haben werde.

Belgien. Brüssel, 8. Dezember. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer hat heute das Kriegsbudget mit 96 gegen 11 Stimmen genehmigt; 7 Deputirte enthielten sih der Abstimmung.

Bei der heute in den Abtheilungen der Kammer vorgenommenen Prüfung des Antrages Oultremont, be- treffend den persönlihen Militärdienst, erklärten si 52 Mitglieder im Prinzip für den persönlichen Militärdienst, a rp egen; troßdem wurde der Antrag mit großer Majorität abgelehnt.

Großbritannien und Jrland. London, 7. Dezember. (x C.) Da die Genesung der Prinzessin Beatrice fort-

chreitet, wird der Königliche Hof die Weihnachtsfeiertage in Osborne zubringen. Die Königin wird mit ihrem

Gefolge kurz nah dem 16. Dezember, dem Todestage des Prinz-Gemahls, nah der Jnsel Wight abreisen.

Die Thronrede anläßlih der Vertagung des Parlaments enthielt bekanntlich einen Passus, worin die Königin der Ueberzeugung Ausdruck gab, daß allseitig der zunehmende Wunsch gehegt werde, die Bande, welche die verschiedenen Theile des Reichs mit einander verknüpfen, fester zu ziehen, und daß behufs eingehender Erwägung von Fragen gemein- samen Fnteresses ein Meinungsaustausch mit den Regie- rungen der bedeutendsten Kolonien des Reihs angeknüpft werden möchte. Dieser Wunsch scheint in Erfüllung gehen zu sollen, denn jeßt hat der Minister für die Kolonien, E. Stanhope, eine Depesche an die Gouverneure sämmt- licher britischer Kolonien gerichtet, worin es heißt, daß Jhrer Majestät Regierung beschlossen habe, der Königin den Rath zu ertheilen, im Frühjahr 1887 eine aus Vertretern der haupt- sächlihsten N lngon bestehende Kon- ferenz nah London einzuberufen, um in derselben Vor- \hläge für ein engeres Einvernehmen zwischen den verschie- denen Theilen des Reichs in Berathung zu ziehen. Unter anderen wichtigen Fragen sollen insbesondere die einer gemeinsamen Organisation der Reichs- wehr und einer größeren Entwickelung des postalishen und telegraphishen Verkehrs zwischen dem Reiche und seinen Kolonien besondere Berücfsihtigung Dee Die Konferenz wird unter dem Vorsitz des Kolonial-

‘nisters im April oder Mai zu*ammentreten; sie soll einen rein berathenden Charakter haben und die Diskussion einer politishen Föderation von den Verhandlungen gänzlich aus- geschlossen sein.

Der General-Staatsanwalt machte heute im Queens Bench-Gerichtshofe eine Klage gegen die Cunard-Dampf- \chiffahrts-Gesellshaft wegen ihrer Weigerung, die Post zu befördern, anhängig.

__—_8. D (W. T. B.) Lord Salisbury hielt heute in dem Konservativen Klub von London eine Rede, in welcher er jedoch keine Frage der aus- wärtigen Politik berührte. Der Premier erklärte: er müsse sich zu der Unterstüßung Seitens der alten Führer derLibexalen, wie solche gestern offen von

artington verspröhen worden sei, beglückwünschen. Bezüglich der irischen Frage trahteten die Konservativen keineswegs darnach, Differenzen mit den liberalen Unionisten zu suchen ; sie wünschten im Gegentheil alle möglihen Mittel zu finden, um gemeinsam mit denselben zu handeln, ohne ihre politishe FJndividualität zu opfern. Die Regierung beabsich- tige, zuerst über eine englische und schottishe Lokal- Regierung und dann im geeigneten Augenblick über eine Lokal-Regierung Jrlands zu verhandeln. Sobald solche hergestellt sei, könne man über die ernsten, Jrland be- treffenden fozialen Engen berathen. Die Regierung wolle ferner die Uebertragung von Grundbesiß in Großbritannien erleihtern, ohne die Eigenthums- rechte zu shädigen. Was die Geschäftsordnung für das Unterhaus betreffe, so hätten sich die Ansichten der Regie- rung nicht geändert ; Leßtere werde Alles thun, um die Rede- freiheit zu sichern, aber die Mittel, welche hinreichend gewesen, so lange es nur 40 irishe Deputirte gab, würden bei 90 irischen Deputirten nicht ausreichen. Bevor man si indessen mit diesen, das Parlament betreffenden Fragen beschäftigen könne, gebe es noch eine dringendere zu ordnen, die sih auf die augenblicklihe Lage FJrlands beziehe. Nichts als eine strenge Handhabung des Gesetzes könne die Bevölkerung von der Täuschung befreien, in welcher sie sih befinde. Man müsse sich mit dem Uebel be- schäftigen, welches beträchtliche Klassen Jrlands dazu verleite unter einem politischen Vorwande sich geseßlichen Verpflichtun- gen zu entziehen. Die Regierung rechne auf die Unterstüßung nicht nur der Konservativen und der Unionisten, sondern au auf eine folche aus anderen Parteien, denn sie wolle Doktrinen entgegentreten, welche der Fndustrie und dem Wohl eines jeden Gemeinwesens verhängnißvoll seien.

(A. C.) Aus Birma liegen folgende Reuter'sche Depeschen vor:

_Mandalay, 7. Dezember. Oberst Carey von der Königlichen Artillerie hat dur cinen Sturz vom Pferde cinen Schädelbruch er- litten; seine Wiedergenesung wird bezweifelt. Lieutenant Tisdale griff bei Pyanhlai eine große verpallisadirte Stellung an und vertrieb daraus die Rebellen, von denen 30 getödtet wurden. Die Colonne in Myvingyan attackirte den Rebellenführer Sanpai in einer stark ver- \hanzten Stellung, und in dem sih darauf entspinnenden Kampfe wurden der Bruder Sanpai’s und eine Anzahl seiner Leute getödtet.

Rangun, 6. Dezember. Ai 3. d. M. überrumpelten 20 Frei- schärler eine von 6 Bengalesen und 7 Mann der birmanischen Polizei beseßte verpallisadirte Thana in Mahabung unweit Letpadan. Vier Bengalesen wurden getödtet und einer {wer verwundet, während sämmtlihe Birmanen unverleßt blieben. Der Thana wurde nieder-

gebrannt, und die Waffen nebst Munition \chleppten die Freischärler mit sich.

Frankreich. Paris, 8. Dezember, Abends. (W. T. B.) Auf dringendes Bitten des Präsidenten Grévy soll sichGoblet S haben, die Neubildung des Kabinets zu ver- uchen.

Der „Temps sagt über die egyptishen Angelegen- heiten: die bezüglihen Verhandlungen mit Ciatand liefen darauf hinaus, daß England Frankreich die Theilnahme an der egyptischen Finanzverwaltung einräumen solle, und daß Frankreich alsdann nit darauf bestehen würde, die Festseßung e bestimmten Zeitpunktes für die Räumung Egyptens zu verlangen.

_— 9. Dezember. (W. T. B.) Es heißt: Goblet werde drei oder vier Mitglieder des abtretenden Kabinets in dem neuen Kabinet behalten, insbesondere Boulanger, und sofort nach der Bildung des Kabinets die provisorische Bewilligung

A T werden. i E verschoben s Vi Kabinetsbildung ‘dur Gia 2, Deitunge Die ZRepubligus Francaise’ men: ole mis u begründen wolle. i eglerung

Rußland und Polen. St. Petersbur zember. (W. T. B.) Bei dem heutigen Banket L R des Georgs-Ordens festes brachte der Kaiser sid dem anwesenden deutschen Botschafter General von Swe wendend, einen Toast auf die Gesundheit des K aiser Wilhelm als ältesten Ritters des Georgs-Ordens qus S

Zeitungsftimmen.

Die „National-Zeitung“ schreibt über zwei i __ Die Berliner fortschrittlihe Presse 7 außer R eelia: über den Sieg, den ihre Partei am 6. d. M. im ersten Berli N Wahlkreis davongeträgen. Wenn dabei nit gar zu arger Humbu getrieben würde, hätten wir keinerlei Anlaß, sie zu stören. 08 . . _. . Aber wenn der Versuch gemacht wird, diesem Siege cine ganz besondere Bedeutung als politishes Symptom, und zwar auß über den Umkreis von Berlin hinaus zu geben, so muß man do an die Niederlage erinnern, welche die süddeutschen politischen Freunde der Berliner Fortschrittspartei am selben Tage in Mannheim erlitten haben Von dieser wird in der betreffenden Presse um so weniger gesprowen, je wortreichher der Jubel über den Sieg des Hrn, Klo sid äußert. Und doch hat sich in Mannheim offenbar sehr vie mehr ereignet, als in Berlin T. Hier ist mit Noth und Mühe, mit 200 Stimmen über die absolute Mehrheit, ein von der Fortschritts, partei immer besessener Wahlkreis mit Erfolg vertheidigt worden In Mannheim hat die ihr im wesentlichen analoge Volkspartei einen seit längerer Zeit besessenen Wahlkreis in der unrühmli{sten Weise an die Nationalliberalen verloren. In der unrühmlichsten Weise ; denn sie verlor ihn, indem sie nit einmal einen eigenen Kandidaten aufstellen konnte; und sie vermochte den Sieg der verhaßtesten Gegner nidt einmal dadur zu verhindern, daß die Führer mit einem Theil de Partei für die Stihwahl in das sozialdemokratische Lager übergingen; ein anderer Theil der Anhänger verweigerte hierbei den Gehorsam und stimmte, wie jeßt demokratishe Blätter zugeben, lieber mit den Nationalliberalen was für die künftigen Wahlen bedeutungsvoll bleiben dürfte.

Auch nur für si betrahtet, ersheint somit die Mannheimer Wahl vom 6. Dezember ungleih wichtiger als die Berliner vom nämlichen Tage Es muß aber Angesichts des Versuches, die Berliner Wahl für ein Symptom der Stimmung im Lande aus- zugeben, darauf hingewiesen werden, daß in dieser Bezichung die Berliner Wahlen immer durchaus gleichgültig waren. Als die Fort- \hrittspartei auf ihren niedrigsten Stand im Neichstag herabge- fommen war, 1878 mit 26 Mitgliedern, besaß sie doch, mit Ausnahme cines einzigen Reichstags8-Wahlkreises, ven die Sozialdemokraten inne hatten, sämmtliche Berliner Reichstags- und Landtagsmandate. Der ganz unverhältnißmäßige Jubel über die erfolgreiche Vertheidigung eines von ihr immer besessenen Wahlkreises beweist lediglich, wie sehr sie sich auch in Berlin seit einer Reihe von Jahren in ihrem Besißstand ershüttert und bedroht fühlt. Dagegen dürfte allerdings über die Stimmung im Lande einigermaßen die Thatsache Aufs{luß au daß ein Wablkreis wie Mannheim unter den erwähnten Um-

tänden von der mit der FortschrittS8partei fast identishen Volks-

partei, welche ihn mehrere Kgiélaturperioden inne hatte, zu den Na- tionalliberalen zurückehrt, von denen er vorher vertreten worden.

_— Wie die „Gothaische Zeitung“ berichtet, : onstatirt der Jahresbericht der Erfurter Handelskammer pro 188 in seiner allgemeinen Uebersicht der Geschäftsresultate des Berichtsjahreé, kdaß die erzeugenden Gewerbe, der Handel und Verkehr im Stadtkreis Erfurt eher Anzeichen einer gesteigerten, als einer geminderten Thätig! keit nahweifen, troßdem die Preise nah vielen Richtungen hin in der rückgängigen Bewegung verblieben. Den arbeitenden Klassen hat es jedoch nicht an Beschäftigung gefehlt; örtliße und vorübergehende Urfachen verhinderten auch die Herabseßung der Löhne, in leßtere Hinsicht vorzüglich die ganz außerordentlich rege Thätigkeit der König lihen Gewehr- und Munitionsfabrik.

Die „Kaufmännischen Blätter“ vergleichen die deutsche und die englische Art der Handelsführung auf den Inseln des Stillen Ozeans und sagen: e

Einem bemerkenswerthen Vergleiche, der, weil von britischer Seite kommend, gewiß nit der Partcinahme für uns beschuldigt werden kann, begegnen wir in dem soeben erschienenen Novemberhefte des „Ninetecnth Century“, einer hervorragenden englischen Monatéscrist. C. Kinloh Cooke schreibt, nachdem er die gesammte Jnselwelt der Südsce nah Lage, Bodenbeschaffenheit, Volksarten und Handelsarken besprochen hat: „Mit sehr geringen Ausnahmen wird dieser Hande seinem ganzen Umfange nah von Hamburger Häusern und ihren über- seeishen Vertretern betrieben. :

._._. An Hazudelssinn und Unternehmungsgeist stehen die Gng' länder ihnen weit nah. Wo nur immer Geld zu verdienen_ ist, da wird man au den Hamburger Kaufmann finden, mag der Ork no| so entlegen, die Gegend noch so ungesund sein. So besteht z. D, in ‘Suacipeti, dem Durchgangspunkt des Bergwerksverkehrs eines weiten

Umkreises, nicht ein einziges englishes Handlungshaus; das umfang“

reie und einträgliche Geschäft liegt aus\{ließlich in den Händen deutscher Firmen. Das Gleiche aber ist in Bolivar der Fall. Je eher daher unsere überseeishe Handelsführung von Grund aus un gestaltet wird, desto besser ist es für uns. Auch der Deutsche sau! nh um, ehe er den Sprung wagt; hat er ihn aber einmal gethan, so verbleibt er da, wo ihn der Sprung hat landen lassen, 18 es an dem Orte und seiner Einwohnerschaft nichts mehr zu veriere giebt. Der Engländer springt blindlings hinein und macht sich, Ie er ein Geschäft abgewidckelt hat, entweder fort oder bleibt not! gedrungen, hält alles Nichtenglishe und jeden Andersgeborenen in seiner Umgebung für den Ausbund der Widerwärtigkeit und behande sie demgemäß. Noch ein Unterschied tritt hervor. Der Deut ; wird niht bloß zum Kaufmann, sondern auch zum Diplomaten zogen. Er kennt ‘die Sprache seines Bestimmungsorts und N unter allen Umständen englis; während der Engländer wohl ein pas französishe und deutshe Brocken aufweisen kann, sonst aber L der Handels- und Umgangssprache der von ihm aufzusuchenden Völker schaften und Stämme in tiefster Unwissenheit \teckt. « ihre Und doch hâtten unsere englischen Landsleute allen Anlaß, ! f Handelsbeziehungen im Stillen Ozean auszudehnen. Noch verknüp sih mit dem Namen „England“ in der Anschauung der dort aue borenen Völkerschaften ein Gefühl der Freundschaft. Unsere R gilt ihnen als die t e der Shutßlosen und die Rächerin d Verbrechen. Auf Samoa sind viele der eingeborenen jungen Mäd t nah ihr „Victoria“ benannt. .… . So sind allein die Deutschen unser Nebenbuhler. Ihr Name ist noch nicht in den Staub gezogen wr Die Eingeborenen geben ihnen den Vorzug, weil die deutschen Ha it delshäuser höflih und mit Güte auftreten und vorgehen und l kleine aber sichere Vergütung der geleisteten Dienste verbürgen. ad Der Grundsaß der deutschen Regierung, Konsularvertretung 1 Handelsunternehmung mit einander zu verknüpfen, bewährt l land Richtschnur von Für|st Bismarck's Verhalten vortrefflich. Deutsch arte geht weniger darauf aus, selbst zu kolonisiren, als bereits koloni}! Landstrecken unter feinen staatlichen Schuß zu stellen. Dem Lien folgt das Interesse des Reichskanzlers denjenigen deuts

Andersen,

die sich in Gebieten ansiedeln, “ilifirtea Gerichtsbarkeit unterstehen. Hier gewährt er ihnen vilisi durch Differenzialzölle, nicht gegen fremde Konkurrenz, “1 gegen feindselige Bedrohung und Angriffe von außen. ibt darin der im vergangenen Jahre gethanen Aeußerung getreu, Er die deutsche Flagge nur dort weben soll, wo deutscher Handel db L festen Fuß gefaßt hat. So arbeiten Deutschlands Konsuln herel ¿llen Ozean Hand in Hand mit den Hamburger Kaufleuten ; L betreiben und fördern gemeinsam den Handel ihres Landes und hei Le dadur den Umfang des Deutschen Reiches. é nsere englische Verhaltungsweise weiht davon sehr ab. Wir “verlassen es unseren handeltreibenden Landéleuten, für \ih zu sorgen, g wirklih ein Unternehmungslustiger auf den Handel in ferne : : ‘remde Gegenden geht, so thut er es eben auf seine eigene Reh- un s Gefahr; die britische Flagge trägt er nicht mit si. Das wäre pn Tes noch schöón und gut, wenn wir auf dem Schlachtfelde keinen Nebenbuhler zu bekämpfen hätten. Die Deutschen aber sind, wie wir fe sahen, mit Erfolg bemüht, ihrer Mühle immer neuen Weizen 0 En, während wir, wie blinde Thoren, mit unserem Konsular- U in dem alten Schlendrian verharren und nit einmal eine

E vg machen, um von dem vollen Hamburger Laibe Brot uns

‘in paar Krumen zu sichern.“

welche noch feiner

E

latt des Reihs-Postamts. Nr. 61. Jnhalt:

L Vom 3. Dezember 1886. Aversionirung von Porto- d Gebührenbeträgen. i |

p ort für Post und Telegraphie. Nr. 22, Inhalt: 1. Aftenstücke und Aufsäße: Urkunden über Botendienst und Postwesen im Elsaß. (Schluß.) Benutzung der Stadt-Fernspreheinrihtungen im deutschen Reichs-Telegraphengebiet zu Feuermeldezwecken. Die Kanalisirung des Mains von Frankfurt bis Mainz. Kleine Mit- theilungen: Das japanishe Postwesen im Jahre 1883/84. Die russische Cisenbahn dur das füdlihe Central-Asien. Die Tschagos- Jnseln. Eisenbahnen in Württemberg. Künstliches Binnenmeer in der Sabara. Eine neue Schiffsbewegungsvorrihtung. Die nórdlichste Eisenbahn der Welt. Die Fortschritte der deutschen Lbensversicherungs-Anstalten im Jahre 1889. Literatur des Ver- febrêwesens: Das Telephonrecht. Eine rechtsgeschichtliche Abhandlung von Dr. F. Meili. Leipzig, Verlag von Duncker u. Humblot.

Zeitschriften-Uebershau.

Statistische Nachrichteu.

Nah ciner im Oktoberheft 1886 zur Statistik des Deutschen Reichs veröffentlihten Uebersiht über die Produktion von Stärkezucker im deutschen S für das Cam- pagnejahr 1885/86 (1. August 1885 bis 31. Juli 1886) waren innerhalb dieses Zeitraums im Zollgebiet 30 Stärkezuckerfabriken im Betrieb gegen 33 im Vorjahr, während in jedem dieser beiden Jahre s derartige Fabriken stillstanven. Von einer Fabrik, welche jedoch nah Mittheilung der Direktivbehörde Stärkezucker nur in geringer Menge herstellt, liegen Produktionsangaben niht vor; im Uebrigen sind im Jahre 1885/86 gewonnen worden 113 189 Doppel-Centner 'Stärkezudker in fester Form, 272 407 Doppel-Ctr. Stärkezuckersyrup und 16244 Doppel-Ctr. Couleur gegen bezw. 107 740, 221 2609 und 13500 Doppel-Ctr. im Vorjahr. Der durchschnittlihe Verkaufspreis für je 100 kg betrug im Jahre 1885/86 bei festem Stärkezuker 9,7, Stärkezuckersyrup 19,9 und Couleur 28,0 4. gegen bezw. 23,6, 27 und 30,3 4 im Vorjahr. Die Steigerung der Produktion wird der guten Kartoffelernte des Jahres 1885, und der Rückgang in den Preisen der Produkte den niedrigen Preisen für Kartoffeln und Rüben- zucker zugeschrieben.

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

Allgemeine Naturkunde (Fortseßung zu „Brehm's Thierleben“), fünfter Band: „Der Mens", von Prof. Dr. J o- hannes Ranke, Band 11, mit 408 Abbildungen im Text, 6 Karten und 8 Aquarelltafeln. Preis in Saffian gebunden 16 #4 Biblio- graphishes Institut in Leipzig. Mit diesem s\oeben erschienenen 2. Band liefert das Bibliographische Institut in Leipzig ein vorzüg- lihes vollständiges Werk auf den Weihnahhtsmarkt, das der gesammten gebildeten Welt zu Geschenken warm empfohlen sein mag. Es genüge hier, die Worte wiederzugeben, welche der Vorsitzende der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft, Geheime Medizinal-Rath Professor Dr, Virhow, in der allgemeinen Versammlung in Stettin über dieses Werk äußerte: „Mit einer gewissen Beharr- lihfeit, die des höchsten Ruhmes werth is, hat der Herr General-Sekretär das in den Hintergrund gestellt, was der Münchener Anthropologishe Verein und ipeziell Herr Joh. Ranke im Laufe dieses Jahres geleistet haben. Jh fühle mih denn doch veroflihtet, zu konstatiren, daß er noch etwas Anderes geleistet hat, er hat gemaht, was bisher in der Vollständigkeit in der That nicht gemacht war: er hat auch eine große Anthropologie geschrieben, und das hatte er etwas begründen können, da Niemand mehr berufen ist, ju sagen, was darin steht, als er selbst. Da will ih denn doch kon- statiren: die Deutsche Anthropologische Gesellschaft ist glücklih, ein solches Buch nun zu besißen, und stolz darauf, daß ein solches Buch n Deutschland gemacht worden ist, und stolz darauf, daß es von ihrem General-Sekretär geschrieben wurde. Auch sonstige Anerkennung hat er Herr General-Sekretär gefunden: er ist nun der erste deutsche professor ordinarius für Anthropologie geworden; das ist in der That q\ nationaler Fortschritt: die erste deutshe ordentliche Professur der 4nthropologie !“ Während der erste Band die Entwickelung, den Bau und das Leben des menshlichen Körpers umfaßt, behandelt der zweite N die heutigen und vorgeschichtlihen Menschenrassen in populär arstellender Weise in zwei Hauptabtheilungen : 1) Die körperlichen vtrsiedenheiten des Menschengeschlechts und 2) Die Ur-Rassen in z a Das komplette Werk mit 991 Abbildungen im Tert, C ea und 32 Chromotafeln bietet unverkennbar einen reichen wis der menschlichen Selbstkenntniß, und verdient als ein populär- zug lhaftliches Hausbuch ersten Ranges empfohlen zu werden. Die vridt und innere Ausstattung ist eine glänzende zu nennen und ent- a8 allen Anforderungen des heutigen technishen Gebiets, wie man

n der wohlbekannten Verlagsfirma gewöhnt ift.

Bib erzeichniß der neuesten Verlagswerke des reidh pographishen Jnstituts in Leipzig bietet auch eine c Auêwahl an anderen empfehlenswerthen Weihnachtsgeschenken. Die \{chönste Rose der Welt“. Ein Märchen von O Illustrirt von Julie von Kahle. Pantographie- ilfe mit neun Farbendrucken. Berlin, Verlag von Natmund poetische (fl. 49 in Prachtband, Preis 10 4). Es ist eines der vel dgen und sinnigsten Märchen des berühmten dänischen Dichters, wird: s hier in prähtigem, künstlerishem Rahmen dargeboten öniai as Märchen von der auf den Tod erkrankten, rosenliebenden die (db welcher der Arzt nur dann Genesung verheißt, wenn man ihr de bige Rose der Welt vors Auge bringe, die, welche der Ausdruk

derselhen und reinsten Liebe seî.

Kindeslieh N Ge : Anze eve bis zur höchsten erlösenden, göttlihen Liebe dem weisen jet 14 Gestalt Vit Boa zugebraht werden, hat die Künstler- n gens von Kahle auf neun, sinnig komponirten, rei ver- inna Vlâttern malerisch geschildert und durch eingeschaltete A ngögleihe Dichtungen ein Ganzes von fo zarter religiöser jährige und so \{önem künstlerishen Gewande geschaffen, wie der dies- j Weihnachtsbüchertis{ nihts Aehnliches aufzuweisen hat. Charakter nah empfiehlt sh das prächtige Werk auch onfirmations- und Brautgeschenken. / / Verlage von Wilhelm Friedrih (Berlin, Ad. Herß und betitest. Uth) erschien eine Dichtung von Carl Ernst Altena, der Verfasser junge Gold\chmied.“ Die Geschichte, welche uns tsasser erzählt, spielt zur Zeit des Mittelalters am Rhein und

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: Alle Grade und Erscheinungen } „wie sie als Symbole der irdishen, Frauen-, Mutter- und

verseßt uns in die Tage der Ritterromantik. Es sind keine irgendwie hervorragenden Ereignisse, welhe dem Autor den Stoff zu seinem Epos lieferten, sondern ein harmloser. fi in kleinem Kreise abspielen- der Vorgang, der uns mit wenigen Personen bekannt macht. Walther, ein junger Goldshmied, ist in die Tochter seines Brod- herrn, des ‘Meisters Göp, verliebt und gedenkt sie dereinst als Ehefrau heimzuführen. In dieser Zeit seiner jungen Liebe kehrt der Ritter Kurt Pitten, ein übelberüchtigter Gesell, auf die väterlihe Burg zurück, um dort mit einem flandrishen Edelfräulein Hochzeit zu halten. Er und Walther sind alte Doe, denn Kurt hat dem Goldschmiedstöchterlein, der lieblichen Gertrud, bereits früher nach- gestellt, und entblödet jih auch jeßt nit, dieselbe zu verfolgen. Es kommt \chließlich zwischen den Beiden zu einem Zweikampf, bei welhem beide übel zugerihtet werden, insbesondere Riiter Kurt, welcher ein Krüppel bleibt. Walther erholt \fich unter sorgliher Pflege wieder und sieht \sich nun am Ziel seiner Wünsche angelangt. Schließlich stellt sich heraus, daß er vornehmer Leute Kind ist; er verzichtet aber auf die Vorrechte - seiner hohen Geburt und führt seine Braut heim. Das Opernhafte der Handlung liegt auf der Hand und dürfte vielleiht einem Librettisten willkommenen Stoff bieten. Der Verfasser {ließt sich eng an Julius Wolff an, welhem er in allen Vorzügen und Scattenseiten getreuliß nachahmt. Im Versmaß hat er Abwechslung gehal durch Anwendung der Scheffel’shen Vierzeile, der Nibelungenstrophe, des fünffüßigen JIambus u. #. w. Auch rein lyrische Stücke sind eingestreut. Das kleine Büchlein bietet cine angenehme Lektüre und dürfte als ein E SRMNOISNTQRE zu empfehlen sein. Die Ausftattung ift ehr elegant.

Sehr bald nah dem „Buch der Leidenschaft“, dessen erste, tausend Exemplare starke Auflage das gewiß seltene Schicksal erlebte, daß sie gleich bei ihrem Erscheinen {Gon durch Vorausbestellungen vergriffen war, folgte von E. Ritter8haus ein neuer, stärkerer Band Gedichte: „Aus den Sommertagen (mit einem Porträt des Dichters nach einer Zeichnung von Professor Ludwig Knaus, Verlag der Schulze’\{hen Hof-Buchhandlung in Oldenburg A. Schwarß —. 89 eleg. bro. 4 4, in Orig.-Prachtband 5 #4) Das „Buch der Leidenschaft“ führt den Leser von den glühenden Ergüssen jugend- lihen Sturmes und Dranges durch die verschiedenen Stadien der Empfindung hindurch bis zu dem ftillen Frieden beglückter Häuslich- keit. Die „Sommertage“ sind eine Auslese aus den Gedichten der Fahre 1871 bis heute und zeigen uns das vollendete, in si abgeriudele Bild der ganzen Persönlichkeit des bekannten Poeten in der Vollkraft der Mannesjahre. Die Gedichte sind unter folgenden Kapiteln gesammelt : Natur, Monatsbilder, Familie, Bilder aus dem Leben, Unter \{chwarzen Wolken, Gott, Vermischtes, Betrachtungen, Zeitgedihte, Gelegenheits- gedihte. Ueberall sprechen sih tiefe Empfindung und ernstes Denken in edler, vollendeter Form aus. Man wird die Gedichte immer wieder mit Genuß lesen, weshalb sie in keiner Bibliothek fehlen sollten Die Ausstattung auf feinstem chamois Pergament-Papier in dreifarbigem Druck ist eine vornehme, würdige, dem Jnhalt entsprehende. Das von Meisterhand gezeichnete Porträt des Dichters in vortrefflihem Photographie-Druck gereiht dem Buch zur Zierde. :

Weitbrecht, Dr.,, Richarv, „Der Bauernpfeifer.“ Eine Wallfahrergeshichte aus dem 15. Jahrhundert. 2,90 A, geb. 3,590 Æ Verlag von Hugo Klein in Barmen. Lange vor der Refor- mation, {hon im 15. Jahrhundert gährte in Deutschland allenthalben der soziale Aufruhr, und wo fo viel Wind gesäet war, mußte man Sturm ernten. Dr. Mar Lenz erzählt davon in seiner Festschrift „Martin Luther“: „Schon im Winter 1431 auf 32, während der Krisis der Hussitishen Revolution, kam es um Worms zu einer Erhebung der vershuldeten Bauern, mit offenbaren Anklängen an die böhmische Ketzerei, weithin Schrecken verbreitend. 1468 stand das Landvolk um Maßmünster im Elsaß auf, 10 Jahre später in Kärnten. Nahe ver- wandt war die B@vegung, welche 1475 von der Mutter-Gotteskapelle zu Niklashausen aus alle Landschaften vom Elsaß bis Meißen ergriff. Da kam ein junger Gemeindehirt, Hans Böhm von Helmstadt im Taubergrund, der sonst wohl den Bauern auf den Kirhweihen mit Sackpfeife und Pauke zum Tanz aufspielte, auf die Meinung, daß er zu Ehren der heiligen Jungfrau von Niklashausen berufen sei, der Sinnlust Valet zu sagen, als Prediger dem gemeinen Mann dienst- bar zu sein. Auf dem Felde bei seiner Heerde erschien ihm die Heilige selbst und weihte ihn zu ihrem Propheten. Er verbrannte vor den Bauern seine Pauke und begann bei jener Kapelle zu predigen. _Aufs rascheste durchflog die Kunde das obere Deutschland, von allen Seiten strömte das Landvolk herbei, Alte und Junge, Männer und Weiber, ganze Dorfschaften, mit Geld und Geschenken, meist Wahskerzen ; und immer neue Schaaren umdrängten den jungen Schwärmer, der niht einmal das Glaubensbekenntniß wußte, nun aber im zottigen Gewand, als ein zweiter Johannes, auf einer Tonne oder aus dem Fenster eines Wirttshauses das neue Evangelium verkündigte. Auch er sprach von der Pflicht der Buße, und wenn er geendigt, flogen aus der Menge die Zöpfe, Brusttücher und spißen Schuhe, Brettspiele und Karten zu Hauf und loderten in Flammen auf; aber mitten in die Bußreden fielen drohende Worte gegen die Herrschenden, den Kaiser, und den Papst selbst, gegen die Fürsten, und die unnüße Pracht und Berderbniß der Geistlichen, düstere Verkündigungen der Zukunft, wo der Priester seine Platte mit der Hand bedecken möchte, damit man ihn nit erkenne, und leuchtende Bilder einer neuen Weltordnung, wo Wald, Wasser und Luft, Wild, Fishe und Vögel allen gemeinsam und jedem frei sein werden. Reisige des Bischofs von Würzburg hoben den „heiligen Jüngling“ (fo nannte ihn die verzückte Menge) auf, und als die Waller noch 1600 stark, in drohender Prozession unter wildem Geschrei gegen die Felswände der bischöflihen Veste anliefen, zer- sprengten die Panzerreiter den wehrlosen Haufen, und der Prophet starb den Flammentod des Keters.“ Diese geschichtlichen Borgânge hat der dur seine historishen Erzählungen: „Feindliche Mächte 2c. neuerdings békannt gewordene Dr. R. Weitbrecht zur Grundlage einer „Wallfahrergeschihte“ gemacht. Die Verschmelzung von Dich- tung und Wahrheit ist lebensvoll, das geschichtliche Bild treu, die erdihtete Handlung fein angelegt, plastish durchgeführt. Als Fest- R ist lin, E auch wegen seiner eleganten Ausftattung empfehlenswerth. i, '

Die Verlagshandlung von M. Hein sius in Bremen hat au in diesem Jahre wieder für hübsche Kinderweihnachtsbücher gesorgt. „Die glücklihe Kinderzeit“, ein Bilderbuh für Mädchen und Knaben mit 36 Vollbildern (davon 24 in Buntdruck) von Fedor Flinzer und 50 Liedern und Neimen von G. Chr. Dieffenba ch

erscheint in zweiter Auflage, vermehrt dur 17 neue Original-Melodien-

von Carl Aug. Kern (groß 49. 48 Seiten, elegant kart. 5 6) In diesen \{lihten, herzlichen Kinderpoesien, die durch 36 reizende Bilder, tadellos ausgeführt in Bunt- und Shwarzdruck, in einer dem findlihen Gemüth angepaßten Weise illustrirt sind, ist jede Unart in den Verschen, jede Karikatur in den Bildern, sowie überhaupt alles das, was irgendwie nachtheilig auf die Kleinen einwirken könnte, streng vermieden. Der Vorzug dieser Darstellung in Wort und Bild ist ues anerkannt worden, daß das Buch {nell die zweite Auflage erle at. 5

Neu ist „Die FröhliheJugend," ein Bilderbuh für Mädchen und Knaben mit 40 Bildern von Paul Mohn und 53 Liedern und Reimen von Dr. Chr. Dieffenbach sowie 17 neuen Melodien dazu von Carl August Kern (6 4). Die Bilder sind theils \{chwarz, theils bunt, die sinnigen Gedichte dem kindlihen Gemüth angepaßt, unter- haltend und bilden, und in den Gegenständen abwechselnd. Das sauber e Buch is in seinem Werthe der „Glücklichen Kinderzeit“ gleich. i L

Des ieine Nuß knacker, 1200 Kinderräthsel, Scherzfragen, Rebusse, Spielliedchen, Verse und Gebete, von Ernst Lau \ h. (elegant gebunden 3 4, in 2 Theilen elegant kartonnirt à 1 A 20 4) ift gar bereits in 9. Auflage erschienen: der sprehendste Beweis, welchen Anklang das hübsch ausgestattete Buch gefunden hat. L

Unter dem Titel: „Die kleine Hygieia in Stube, Küche und Keller“ ist soeben ein humoristisches E aus der Feder des bekannten M. Reymond und illustrirt von Manzel u. A., erschienen (Verlag von Luß, Stuttgart. 14). Die „Kleine Haogieia reiht sich an den „Kleinen Schweninger“ und „Kleinen Jäger“ der

Humoristishen Gesundheitsbibliothek an und hat die Pflege einer ver- nunft- und gesundheitsgemäßen Lebensweise auf häuslihem Gebiete zum Gegenstand. Der Verfasser stellt den Frauen zum abshreckenden Beispiel 7 „Musterhausfrauen, wie sie niht sein sollen“ vor Augen. In diesen 7 typishen Gestalten (— wir nennen nur: Frau Trude, die „Abergläubische“ ; Frau Julia, die „Modische“; Frau Emma, die „Häuslihe“ —), führt der Verfasser in humoristischer Weise die großen und kleinen Sünden vor, welche gegen die Regeln der Ge- sundheitslehre auf den Gebieten der Körper- und Schönheitspflege, der Bekleidung, Ernährung, häuslichen Einrihtung und Bedienung häufig von den Frauen begangen werden. i S In der Verlagsbuchhandlung von Gustav Weigel, Leipzig, erschien für Weihnachten ein unterhaltendes und belehrendes Spiel für - Kinder: „Französisch und Englisch im Spiel oder Deutsch-französish-erglishes Vokabeln-Lotto“, von Dr. Martin (Preis 3 M). Statt der Zahlen werden hier deutsche Worte ausgerufen und zwar solhe, die sih in den meist gebrauchten französishen und englischen Schulbüchern finden, und andere, die im täglichen Verkehr häufig ge- braucht werden. Wer nun dasselbe Wort auf seiner Lottotafel findet, hat dann die darunterstehende französische oder englishe Bezeichnung laut anzusagen, kleine Kinder brauen nur deuts zu wiederholen. Auf diese Weise werden zahlreihe Vokabeln gründlich und spielend erlernt, und die Kinder des mechanischen Lernens aus Vokabularien überhoben. Die älteren Personen, welhe sich am Spiel betheiligen, haben die Aussprache der Kinder zu verbessern, was dur eine bei- gefügte Anleitung erleihtert wird. Die Ausftattung ist sauber und ansprechend.

Vor Kurzem erschien ein „Weihnacchts- und Lager- Katalog von M. J. Pe if er (Louis Meyer) Buchhandlung Berlin“ (Friedrichstraße 103). Demselben gehen (4 S.) „Neuigkeiten für Weihnachten“ (Kinderschriften für das Alter bis zu 7 Jahren und von 12— 15 Jahren, Belletristik, Prachtwerke, Literaturgeschichte, Alterthumékunde und Mythologie, Geschichte, Biographien und Brief- wechsel, Länder- und Völkerkunde, Naturwifsenshaften, Jagd und Sport, sowie Landwirthschaft, Handel und Gewerbe, Spiele, Vor- lagen, Erziehung, Philosophie, Theologie) vorauf. Auf diese „Neuig- keiten“ folgen sodann „Aeltere Werke“ ; unter den einzelnen Ab- theilungen findet man viele interessante und werthvolle Schriften aufgeführt.

Der in der Iugendwelt so rasch beliebt gewordene und alljähr- lih mit Vergnügen begrüßte „Deutsche Kinder-Kalender“ (Expedition des Deutschen Kinder - Kalenders A. B. Auerbach, Berlin W.) wird auch in seiner diesmaligen Gestalt seinen jungen Lesern willkommen sein und ihnen eine Fülle von Anregung und Ueber- rashungen bringen. Den Anfang der Jllustrationen macht ein kolorirtes Bild, betitelt: „Hansel Schluck oder wer zuleßt lacht, lacht am besten“, ein Gesellschafts\piel für die Winterabende, wozu sich in der Beilage auszuschneidende und auf Pappe zu klebende Karten vor- finden. Die Monatsbilder zu dem mit Tabellen versehenen Kalen- darium rühren von Henry Albrecht her, den Text der Verse hat Max Kahlenberg geliefert. Der auf Seite 16 befindliche Stundenplan wird die Kleinen an die Schularbeiten erinnern helfen. Fritßchen Querkopfs Bilder-ABC aus der verkehrten Welt ist illustrirt von Richard Eddelbüttel. Elise Bail erzählt ein Wald- märchen, welches Werner von Grotthuß illustrirt hat. E. Schlegel lieferte eine Geschichte, betitelt: „Rechthen und Linkchen“. Verse zum Singen, Bilder zum Tuschen finden sich in dem Klingklarig auf der Spielbank. Die Anfertigung eines weihen Bals aus bunter Wolle, wozu in der Beilage ein Modell-Ring beiliegt, wird von Olga Altmann angegeben. In einem erzählenden Gedicht: „Der ungetreue Freund“, dem Zeichnungen von G. Doré beigefügt sind, lesen wir von der Freundschaft einer Gans und einer Kaße. Von den Schick- falen des Generals Bumbum, des tapferen VBleisoldaten, berichtet H. Erdmann. Darauf folgt cin buntes Kinderdurcheinander zum Auswendiglernen vom „Unfolgsamen Alexander und seinem Vöglein Schmettergold," Kurt von Randow giebt sodann das „Lied vom Regenschirm“ zum Besten; die Illustrationen dazu rühren von G. Doré, A. Frost und L, Manzel her. A. Laué seßte ein von Thekla Gräfin Baudissin verfaßtes Gedicht: „Püppchens Klage“ in Musik. M. Ehrlich weiß von einem Sprichwörterhans zu erzählen. A. Haupt steuerte drei Tanzliedhen für die Kleinen bei. Von Graf Leo Tolstoi finden wir eine kleine Erzählung vor, wozu W. Hofmann die Jllu- strationen lieferte: von W. Garschin eine andere von einer weißen Rose mit Bildern von M. Laudien. „Der gute Hane“ ist der Titel einer Erzählung von A. Alberti. A. Löwenfeld belehrt die kleinen Leser, warum ein Licht brennt. „Eine Reise im Gepäckwagen“ be- nennt sich eine kleine Geschihte von A. Rutari. Darauf folgt „Lenchen's Landpartie“, eine Stuhlkomödie. Die Plauderecke des Ka- lendermanns beschließt das reichhaltige Büchlein, welches elegant kar- tonnirt nur 1 Mark kostet. E

„Illustrittes Leribon der Verfall qung uno Verunreinigungen der Nahrungs- und Genußmittel, der Kolonialwaaren und Manufakte, der Droguen, (Zhemikalien und Farbwaaren, gewerblichen und landwirthschaftlihen Produkte, Doku- mente und Werthzeihen. Mit Berücksichtigung des Gesetzes vom 14. Mai 1879, betreffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genuß- mitteln und Gebrauch8gegenständen, sowie aller Verordnungen und Vereinbarungen.“ Unter Mitwirkung von Fachgelehrten und Sach- verständigen herausgegeben von Dr. Dtto Dammer. Mit 5 Farkben- druktafeln und 734 in den Text gedruckten Abbildungen. Leipzig 1886, Verlagsbuhhandlung von F. J. Weber (6 Lieferungen zu je 5 M, in Hlbfrzbd. 35 -#(). Mit der soeben erschienenen 6. und leßten Lieferung liegt das Lexikon nunmehr abgeschlossen vor. Das letzte E enthält unter anderen folgende wichtigeren Artikel, welhe ihren Gegenstand mit ershöpfen- der Gründlichkeit behandeln und mit vielen vorzüglichen, sehr instruk- tiven Abbildungen ausgestaitet sind: Samen, Schmiermittel, Schwefel und Verbindungen damit, Seifen, Silber und Silberwaaren, ‘Soda, Spinnfasern, Spiritus, Stärke, Strontium und Verbindungen, Super- phosphat, Taback, Theerfarbstoffe, Terpentin, Thee, Thran, Tinte, Trauben- zucker, Vanille, Wachs, Wasser, Wein, Wismut und Wismutverbindungen, Wolfram, Wurst, Zement, Zimmt, Zink, Zinn, Zucker, Zündwaaren. Die vielfahen Unredlichkeiten, welhe im geschäftlichen Leben und Treiben unserer Tage, hervorgerufen durch \charfe Konkurrenz, dur Jagen nah mühelosem Gewinn und durch das Eindringen unsauberer Elemente in Fabrikanten- und kaufmännische Kreise, so häufig zu Tage treten existiren doch große Geschäfte, die ausgesprochener- maßen nur den Zweck haben, Verfälschungsmittel herzustellen haben cinen bedeutenden Apparat zur Abwehr von Fahrlässigkeiten und Betrügereien ins Leben gerufen, unter dessen Einwirkung bereits eine bedeutende Kräftigung der Solidität eingetreten und eine große Zahl von Forschern veranlaßt worden ist, mit der Untersuchung von Waaren sich zu beschäftigen. So ist eine umfangreiche Literatur entstanden, welhe aber sehr zerstreut und nur Wenigen zugänglich ist. Das vorliegende Buh will nun Denjenigen, die fi mit der Untersuhung von Waaren zu_beshäftigen haben, als sicherer Führer dienen. Auch der erfahrene Spezialist in feinem Fach wird dasselbe als Nahshlagewerk und zur vorläufigen Orientirung mit Vortheil benußen können. Hauptsächlih aber ist es für jene großen Kreise bestimmt, welche, entfernt von den Mittelpunkten wissenschaft- lichen Lebens, Anleitungen brauchen, die in weitaus der Mehrzahl der Fälle das Zurückgreifen auf die Spezial-Literatur entbehrlih machen. Auch auf die minder Geübten ist dabei Rücksiht genommen und die ein- zelnen Artikel mit Anleitungen zur Untersuchung versehen worden, denen Jeder mit Sicherheit wird uen können. Wiederholungen waren in Folge dessen unvermeidlih, aber dafür enthält nun auch jeder Artikel Alles, was für den speziellen Zweck nöthig ist, und jede Methode ist so beschrieben, wie sie in dem speziellen Fall ausgeführt werden muß. Da außerdem einige Artikel zur allgemeinen Orienti- rung dienen, so wird s{hwerlich Jemand in Verlegenheit gerathen. Vorzugsweise berücksichtigt sind in dem Lexikon die Nahrungsmittel, auh ist demgemäß das Nahrungsmittelgeseß beigegeben und mit einem ausführlihen Kommentar versehen. Dagegen find solche Droguen und Präparate niht berücksichtigt, die aus\{ließlich als

Arzneimittel benußt werden, einzelne als Hausmittel ge-

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