1886 / 299 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 20 Dec 1886 18:00:01 GMT) scan diff

bereits bemerkt, aus Mettlacher Thonfliesen, deren vorwiegend tiefrothe Färbung den ausgestellten Gegenständen einen wirksameren und rubi- eren Untergrund gewähren, als vielfarbige und gemusterte Böden. Von den übrigen Decken des Gebäudes sind ncch zu erwähnen die aus ftarfem Zink bergestellte und ebenfalls mit Iserlohner gepreßtem Messirg ges{mückten Kassettenfelder um das große Oberlicht des Lichthofes, ferner die auf Wunsch Swlicmann's in Metall nachgebildete, von ihm aufgefundene Decke des Schathaufeë von Orchomenos, endlich die länglich runde Holzdete über der Aula. Bemerkenswerth ist ferner die Bildung der über 3 m weit gespannten Tonnengewölbe mit Stich- fappen in den Säulenhallen des Lihthofes aus Rabitz'scher Patent- masse, welch leßtere in dieser Art der Anwendung ein neues Kon- struftionémittel geliefert hat. x E

Die in den Formen der italienisben Frührenaissance ausgestalteten Hauptfronten des Gebäudes an der Königgräßer- und Zimmerstraße sind bis zum Gurtgesims mit gelbbraune:n Sandstein von Staudern- heim an der Nahe, in den oberen Geschossen mit s{lesishem Sand- stein aus den Brüchen bei Bunzlau und bei Wenig-Rackwihz bekleidet. Zur Bekleidung der Seiten- und Hoffronten wurden außer den in sähfishem (theils Postelwitzer, theils Kottaer) Sandstein gebildeten Gesimscn, Fenstereinfassungen u. |. w. Siegersdorfer Verblend- steine verwendet. Es ist bemerken?werth, daß diese theils maus- grau, theils gelblih grau gefärbten Steine, welche mit dem Sandstein sehr gut zusammengehen, zum Theil feblfarbigen Beständen der Ziegelei entstammen, währcnd das Siecgersdorfer Material s\onst ledergelb oder braunroth ist. Erst als die Fabrik niht mehr im Stande war, ausfortirtes Material der gedahten Art in genügendem Umfange zu liefern, hat sie die eigenthümlihe Farbe durch ein besonderes Fabrika- tionsverfahren hergestellt. Der Kottaer Sandstein ist ferner in größerem Umfange bei den Architektuitheilen im Innern, und zwar in der Flurhalle und an den Säulenhallen des Lichthofes, verwendet worden, während die Säulen- und Pfeilerschäfte daselbt aus grauem Weißenstadter Granit bestehen. Die Wände des Lichthofes und des Haupttreppenhauses sind auf Schulterbhöße mit getnusterten Porzellan- flicfen aus der Königlichen Manufaktur in Charlottenburg befleidet.

Heizung Und Liftung Sie Erwärmung ter Ausstcllungs- räume erfolgt mittels Warmwasserheizung, wobei der Dampf dreier Röbrenkessel (Root'slea Systems) als Wärmeerzeuger dient. Die Heiz- körper siad in den Fensternischen stehende gußeiserne NRippenregister. Eine Anzaÿl in den verschiedenen Stockwerken übereinander liegender Register- gruppen ift zu einzelnen Wasserl-eizsystemen zusammengefaßt, dercn jedes durch je einen der im Kellerflur aufgestellten Wasfserkessel scine Wärme erhält. Es hat diese Anordnung den großen Vorzua, daß bei etwa nothwendigen Meparaturen einzelne Räume ausgcschaltet werden Tonnen, obne daß ter Betrieb der übrigen Räume gestört wird. Jn ähnlicer Weise erfolat dic Ermnärmung der Bibliothek und der tleineren Näâume des Rundbaucês, während die Aula, die Slurhalle und der große Lich1hof mittelst Dampfluftbeizung erwärmt und ges lüftet werden. Die Lüftung der Ausstellungssäle wird derartig be- wirkt, daß frishe, dem großen Hofe entnoinmnene, in Dampfluft- kammern vorgewärwmte Luft durh gemauerte Kanäle in die Räume gelangt, die verdorbene Luft durch cbenfolche Kanäle in den Boden- raum und von dort mittelst Saugeschlote ins Freie geführt wird.

Einrichtung der Sammlungssäle. Sur die Aufstellung der-Sammlungssch{ränke in den Ausf\tellungsräumen ift eine Art Fifch- grätensystem zur Anwendung gckommen, derart, daß in der Längsachse der Hauptsäle größere, nah der Länge get heilte, und senkrecht zu diesen kleinere, ebenfalls in der Mitte getheilte Schränke angeordnet sind. Zwischen je zwei der letzteren sind dann nah Bedarf noch \hmälere und ungethcilte Schränke einges{chobcn worden. Diese Art der Auf- stellung, bei welcher an jeder Fenstezwand cin breiter Gang freibleibt, ermöglicht die bei den etbnologishen Sammlungen besonders wichtige, die Uebersicht erlcichternde Gruppirung der Gegenstände nah cinzelnen Völkerschaften. Bezüglich der Form und Größe der Schränke sind diejenigen der ethnolegischen von denjenigen der vorhistorishen Samm- lungen wenig verschieden, nur hat bei den leßteren neben der Haupt- form das System der Doppelpultform reihlihere Verwendung ge- funden. Die S(hliemann' schen Funde endlih sind in Schränken untergebracht, welhe nah dem besonderen Wunsche des Geschenkgebers hergestellt find, und welche das oben bezeichnete Aufstellungssystem nicht zulicßen.

Die Ausstellungsbehälter in den ethnologischen und vorhistorisen Sammlungen sind im Hauptkörper aus Eisen hergestellt, da die Ver- wendung verhältnißmäßig dünner Eisenstäbe bei gleichzeitiger größerer Festigkeit gegenüber einem dieren hölzernen Pfosten- und Rahmen- werk größere Schauflähe darbietet und weil die Eisentheile bei größerer Feuersicherheit au dem Eindringen von Staub und Un- aeziefer mehr Widerstand entgegenfeßen. Bon jeglicher künstlerischer Ausgestaltung der Ausftellungsbehälter ist Abstand genommen, es fehlen selbst Bekrönungsleisten und ähnliche Zuthaten, da die Museumsvoerwaltung von vornherein die Forderung stellte, daß alle dem Staube Gelegenhcit zum Anhaften und Ansammeln bietende, durch die Nothwendigkeit nicht bedingte Zuthaten fortzulassen eien, abgeseten davon, daß künstlerisch ausgestaltete Behälter auch leichter die Aufmerksamkeit vom Inhalte abzulenkea im Stande seten.

Ce ena Die Kosten des eigentlichen zaues, also mit Auësch{luß der Cinrichtungsgegenstände, haben rund 040 000 Æ betragen, so daß bei rd. 4431 qm vebauter Fläche auf das Quadratmeter 460 46 und bei rd. 109 423 ebn KRauminhalt auf das Kubikmeter 18,64 4 entfallen. Die Kosten der inneren Einrich- tung des Gebäudes, welche sich zunächst auf die beiden unteren Stoc- werfe und den Keller ersireckt, belaufen ih auf rd. 46700) 46

Der Ausführung des Gebäudes lag ein im Jahre 1879 auf- gestellter Entwurf nebit Kostenans{lag der Architekten Ende und Boeckmann zu Grunde, während der Entwurf und Kostenanschlag zur inneren Einrichtung von dem Königlichen Bauinspektor Klut - mann herrühren. Die obere Aufsicht über oe B führte eine besondere Vaukomnmission, welcher Vertreter des Arbeits - Ministeriums, des Kultus - Ministeriums, ferner der General-Direktor der Königlichen Museen und der technische Decernent der Königlichen Ministerial-Boukommission angehörten. Die obere Leitung der Bauausführung wurde von dem Baurath Ende und dem Bau-Inspektor Klutma nn gemeinschaftlich bewirkt, indem der Crstere mit der künstlerischen Ausgestaltung des Gebäudes, der Letztere mit der tehuischen und geschäftlichen Leitung fowie mit der Ausführung der gesammten inneren Cinricvtung betraut war. Bei der besonderen Bauleitung waren der Regierungs-Baumeister C. Hesse sowie in längeren Zeitabschnitten die Regierungs-Bauführer Hasack, Lucas, Weiß, Reimer, Abesser und Shleicher beschäftigt.

Von den einzelnen Sälen sind zur Zeit dem Publikum geöffnet :

Im Erdgeshoß Saal 1 mit den vaterländishen Sammlungen aus der Mark Brandenburg und

N 2 mit den prähistorishen Funden in Curopa in Gold und Silber.

Saal 6 und 7 mit der Schliemann'shen Schenkung.

Im ersten Stockwerk:

Saal 1: ethnologishe Sammlungen aus Afrika (von Nachtigal, P. Neichard, Dr. Barth, Dr. Noh!fs, Rob. &Flegel, Dr. Schweinfurth, Dr. Junker, Lieut. Wißmann, Dr. Doe f 0,

Zaal 2: Sammlungen gus den Entdeckungsreisen der Lieutenants Knud und Tappenbeck fowie Dr. Birkner's (Expedition der Afri- kanischen GescUschaft); außerdem eine Sammlung merikanischer Alter- thümer.

Saal 3: amerikanishe Silbersacen und Grabfunde, auch Sachen aus Occanien.

Saal 4: Oceanien

Saal 5—§8: Amerika.

_ Im zweiten Stockwerk ist eine Aufstellung in Vorbereitung be- griffen für die Sammlungen aus Indien, Indonesien, Indo-China, Japan, Korea und andcren Theilen Asiens (mit Ausnahme der dem erften Stockwerk bereits zugefügten Sammlungen Sibiriens und Halmakhera's), sowie für Sammlungen volksthümlicher Art aus Guropa. Zuglei ist in den dortigen Räumen eine koloniale Abtheilung in Aussicht genommen. Für den ersten Abschnitt (indisher und ost- asiatisher Sammlungen) haben die Vorarbeiten bereits begonnen,

5) Ma 6)

Das dritte Stockwerk i für anthropologishe und verschiedene andere Sammlungen bestimmt. : :

Im Lichtbof“ sind monumentale Stücke aus indishen und ameri- fanifhen Alterthümern und andere umfangreiche Gegenstände zur Auf- stellung gebracht, :

Die Aula wird zu Vorlesungen und für die Situngen der Ge- sellshaft für Anthropologie u. \. w. bestimmt.

Der Vorstand des KriegervereinsMet hat in einer Broschüre über die Schmückung der Kriegergräber in Lothringen im August d. I. Rechenschaft abgelegt. Dem Verein gebührt die dankbarste Anerkennung für die Bemühungen, die er um diesen Akt der Pictät aufgewendet hat, und ebenso anerfkennenswerth ist die Unter- stüßung, die ihm Seitens der deutschen Kriegervereine zu Theil ge- worden ist. Mehr als 250 derselben haben ihm Geldsvenden über- sendet, die c8 ihm ermögliht haben, die Gräber mit 40 großen Metallkränzen (274 4), 1509 grünen Kränzen (750 4), 26 großen grünen Kränzen (26 S), 13 großen Lorbeerkränzen (39 S) und 1609 Schleifen aus Stoff mit den Namen der betreffenden Ver- eine zu {müdcken, außerdem 0 210 A Mi S bere lothringishe Kriegecvereine zu gleihem Zweck zu vertheilen und 4395 4 zur Instandsezung von Gräbern, Kreuzen und Denkmälern auf dem Schlachtfelde von Noisseville, Mezières, St. Privat und Gravelotte-Vionville zu verwenden. Mit einem Bestande aus dem Vorjahre im Betrage von 572,71 6 hat der Verein 2930,60 M ver- einnahmt, wovon 2332,82 M verausgabt sind, so daß noch 597,78 M verblieben sind, die im laufenden Winter und im kommenden Früh» jahr zur Instandseßung von Denkmälern und Grabftätten verwendet werden follen.

Die Ausführung der großartigen Arbeit, die meist am Sonntag des 15. August vollführt wurde, ist nur dadurch ermöglicht worden, daß der Kriegerverein gleichzeitig mehrere Kolonnen vom Theaterplatz in Met aus nach den verschiedenen Schlachtfeldern entsandte.

Die Kolonne I begab si nach Amanweiler, wo ih die Kameraden des Vereins Longeville-Moulins mit Kränzen zu ihr ge- sellten: Eine Abtbeilung der Kolonne marschirte dann mit 9 massiven und 135 grünen Kränzen nah St. Privat-la-Montagne, um die dort [liegenden zahlreihen, auch die französischen Gräker zu \{mücken und stille Gebete an ihnen zu verrichten, wobei sie bei dem Denkmal des französischen 94. Infanterie-Regiments mit einer Prozession der Ein- wohner des Dorfes zusammentraf. Zwei andere Abtheilungen erfüllten mit 2 massiven und 140 grünen Kränzen dieselbe Ehrenpflicht in den Bois de la Cusse (in Frankreich) und Umgegend. Die Kolonne 11 begab fi mit 281 grünen und 7 Metallkränzen nach Grävilotle, die Il. mit 400 grünen und 14 massiven Kränzen nach Gorze, Mars-la-Tour, Flavigny-Vionville u. a M ne 00 E o massiven Kränzen nah Mezièrés, Hagendingen U. wv. die V. in einer Abtheilung mit 4 massiven und 150 grünen Kränzen nah Villers l’Orme, Montry U. st. w., in ciner andern mit 8 massiven und 150 grünen Kränzen nach Borny, Colombey, Noissville u. st.w. Die ŸI. Kolonne hatte Rupigny, Charly und Antilly übernommen. Außerdem waren auch von dem Kriegerverein Ars a. d. M. am 15. August 4 Kolonnen entsandt wor- den, um die deutschen und französishen Gräber in Ars D undo Umgegend zu {mücken. Ein Gleiches hatten an demselben Tage die Kriegervereine Château-Salins und Diedenhofen, und bereits früber die Kriegervereine Novéant-Corny, Forbach und Bolchen gethan ; der Kriegerverein Bitsch vollzog die Beier am 5. September, und der Kriegerverein Metz entsentete am 26. September noch eine Deputation mit 300 Kränzen zu den Gräbern bei Les Etangs, Pucbe, Colliguy, Pange, Courcelles a, N. und Ars-L quenery. Dem Denkmal des Königlich Sächsischen Armee-Corps sind am 18. August 2 prächtige Kränze gewidmet worden.

So ift es den Anstrengungen des Kriegervereins Metz möglich geworden, in diesem Jahre auf allen bekannten Gräbern Lothringens Zeichen dankbarer Erinnerung niederzulegen, und er hofft, gewiß nicht ohne Grund, daß die Pietät der Deutschen ihn in den Stand selzen werde, auch noch manches bis jetzt unbekannte Grab zu entdecken, um es in Zukunft mit den übrigen zu {müccken.

Der Bericht enthält genaue Angaben über jedes einzelne Grab. Die Angehörigen der Gefallenen können aus demselben die beruhigende Ueberzeugung gewinnen, daß si die Gräber der Ihrigen in gutem Schuß und treuer Pflege befinden.

C 20 E E Se Majestät der Kaiser Alexander L von Rußland hat dem Comité für die Errichtung eines Denkmals für Karl Maria von Weber die Summe von 1000 A bewilligt.

1 Dee B Des Howasser der Mosel hat cinen sehr boben Stand erreiht: zwis{hen Novéant und Sierck sind weite Thalstreccken überfluthet. Auch von der fran- zöfischen Grenze wird fortdauerndes Steigen des Flusses gemeldet.

Meg,

e 53

Brüssel, 18. Dezember. (W. T. B.) Gutem Bernehinen nach werden über die unter Leitung Skanley's abzuseudende Erpedi- tion zur Aufsuchung und Unterstü ßung Emin Bey's erst dann endgültige Beschlüsse gefaßt werden, wenn Dr. Se, der Gefährte Emin Bey's, welcher am 19. September d. I, Uyugi verließ und auf der Nückreise nah Europa kürzlich in Sansibar an- gekommen ist, über die Lage, in welcher sich Emin Bey befindet, näheren Bericht erstattet haben wird.

Die Feier der hundertjährigen Wiederkehr des Ge- burtêtages von Carl Maria von Weber wurde von beiden Königlichen Theatern in durchaus würdiger Weise begangen. Im Königlichen Opernhause wurde zu Ehren des Tages das Schau- spiel „Preziosa gegeben, zu welchem der unvergeßliche Meister seine reizende Musik geschrieben. Eröffnet wurde die Borstellung durch einen von Ernst von Wildenbruch gedichteten Prol®g. Der Dichter vergegenwärtigt uns darin, welche Bedeutung das Auftreten Weber's und die Einführung seiner Musik für das damalige Kunsftleben gebabt hat, indem feine Schöpfungen die italienis{e Musik, die damals die deutshe Bühne beherrshte, durch seine frischen, volksthümlichen Melodien verdrängten und dem deutschen Volk eine eigene, scinem Wesen und Empfinden zusagende Musik haften, Frl, Schwark, als Muse gekleidet, brachte die prächtigen Wildenbruch'\{chen Verse zu \{öner Geltung und erntete mit dem Dichter zugleich für ihre hübsche Leistung die verdiente Anerkennung. Nachdem sodann die vom Orchester sauber vorgetragene Ouverture zu „Preziofa“ alle anwesenden Verehrer Weber's erfreut hatte, ging die Aufführung vor ih, welche sich in jeder Hinsicht zu einer ge- lungenen gestaltete. Die frisben Weisen der gutges{ulten Chöre, das trefflihe Spiel der Mitwirkenden, beides trug dazu bei, den Abend zu einem überaus genußreichen zu machen. Von den Darstellern scien die Damen Barkany (Preziosa), Frl Berg- mann, die Herren Krause, Müller, Hellmuth Bräm und Nesper lobend hervorgehoben. Von großartiger Wirkung war das Schluß- tableau. Während die an dem Schauspiel Mitwirkenden, also auch der ganze Chor, alle noch auf der Bühne versammelt waren, senkte sih eine Wolkenwand bernieder. Durch dieselbe sah man in einen wirkungsvoll be- leuchteten Hintergrund, in dem sich auf hohem Unterbau die Kolossalbüste Weber's erhob, über welche die Muse, Frl. Schwartz, einen Lorbeer- franz hielt. Zu ihren Seiten waren geschickt zusammengestellte Gruppen aus den sämmtlichen Opern Weber?s aufgebaut, die als lebende Bilder somit eine plastische Darstellung des künstlerischen Schaffens Weber's boten. Reicher Beifall ward dem Gebotenen zu Theil.

Zur Fest-Aufführung im Königlichen Schauspielhause hatte man den »Sreishüß“ gewählt, jene Oper, welche e Tan cine ande n vén Besiß unseres Volkes übergegangen, die mit Fülle herrliher Melodien und ihrem Märchenzauber aber auch ganz besonders geeignet ist, uns die musifalishe Bedeutung Weber's in dankbare Er- innerung zu rufen. Es bedarf kaum der Erwähnung, daß alle bei

. forderungen, welche

der Vorstellung mitwirkenden künstlerishen Kräfte ihr Bestes. gab um dieselbe in der That zu einer Festvorstellung zu gestalten. Aber g heben müssen wir ganz besonders die vorzüglichen Leistungen der BN Frl. Leisinger (Agathe) und Renard (Aennchen), welche sowohl durch ihrn reizvollen Gesang wie dur ihr \chauspielerishes Wirken dem Ense; i Natürlichkeit und Frische verliehen; beide Damen waren in ib N Stimmumitteln ganz besonders gut disponict, so daß die bkele vende Ten entzükende Wirkung auf die Hörer sichtbar hervortrat. Hr Aar sang den Mar ganz vorzüglich, und die Herren Beß (Erenit Biberti (Caspar) urd Krolop (Kuno) griffen mit gewobnt Verve ein. Natürlich spendete das Publikum fortaeî T lebhaftesten Beifall. Mit demselben poetischen Pol Ernft von Wildenbruch's, der im Königlichen Opernhause die Fest vorstellung einleitete, wurde auch im Königlichen Schauspielhause di, Aufführung eröffnet. Hr. Kahle trug bier die \hönen x Wärme und tiefer Empfindung vor.

Zur frohen Weihna(tszeit, in welcher die „Birnams"-Tanyey, wälder des Harzes ihren Einzug in die Hauptstadt halten, bot ae Deutsche Theater gestern eine glänzende, vollendete Aufführung des romantishsten, von nordisher Reckenhaftigkeit, wilder Blutgie, und düsterem Heren- und Geisterspuk erfüllten Shakefpeare' en Dramas, des „Macbeth“. Gewählt war, abweichend von sonst benußzten Uebersetzungen, die neuere, Gildemeister'\{che. Ob mit Glüt wollen wir dem Urtheil derShakespeare-Gelehrten zu entscheiden überlassen. Versichert doch {on Tycho Mommsen, der Herausgeber der Flassisden Schlegel-Ticck' schen deutschen Shakespeare-Ausgabe, daß es zuy i \{chwersten Aufgaben gehöre, die Macbeth-Gedanken, „die so furz und vnheimlih einander überzucken und überblitzen wie gekreuzte Schwerter die Macbeth-Sprache, in der fast jedes Wort cin Dolchstich ift“ fo getreu wiederzugeben, daß daneben die allgemeinen Erfordernisse der Deutlich keit, Richtigkeit und dichterishen Schönheit bewahrt bleiben. Selbst des feinfühligen A. W. von S(hlegel Kunst scheint an der Schwieria- keit des Unternehmens gescheitert zu sein, denn er hat nur wenige Bruchstücke einer Uebersetzung dieses Trauerspiels hinterlassen, welde T. Mommsen dann bei seiner Uebertragung nebft denen des Tie'icen Kreises benutzt hat. Die Verdeutschungen von Voß und Lachman andererfeits wollen den heutigen Anforderungen der Terxtkritik nit mehr genügen, die Schiller'sche Bearbeitung aber ift zwar entschieden die von der Bühne ber am leichtesten verständliche und dramatisch wirf. samste, jedoch ganz frei und mit eigenen Zusäßen versehen, Unter diesen Umständen füllt die Uebertragung Gildemecister's, der fich au als gewissenhafter Interpret der Dichtungen Shake Jeare's Byron's und des „Rasenden Roland“ von Ariost, bereits einen Namen gemacht hat, ohne Zweifel eine fühlbare Lücke aus. Die Kunst jedoch, die ihn die Schönheiten lyrisher und epischer Werke fo vollendet spra lih nahzugestalten befähigt, {eint der dramatischen Schärfe und Le, stimmtheit des Ausdrucks gerade im „Macbeth“ mit seiner wild und stür- mis dahineilenden Handlung do nicht immer gewachsen zu sein. Die Inscenirung, die dem Trauerspiel am Deutschen Theater zu Theil geworden, ist eine geradezu meisterhafte; die \chnellen Verwandlungen bei verdunkelter Bühne bewähren si auch hier vortrefflich, so daß selbst die ganz kurzen Scenen der Ermordung Banquo's und der Familie Macduff's ohne Verzögerung des Flusses der Handlung ermöglicht werden. Die Herenscenen mit den Geistererscheinungen, welche so leit, felbst an mancher großen Bühne, an der Klipve der Unzulänglichkeit des scenishen Apparats scheitern, gelangen hier mit Benußung aller technishen Fortschritte, namentlich in der Beleuchtung, auf das CEffektvollste zur Darstellung. Großartig po:tis{ stimmt waren die beiden fumpfigen Haidelandschaften, auf kurz nah einander die Heren bei Donner und Blitz erscheinen. Ein wahres Entzücken für den Kunslfreund bilden die peinlich \tylgetreu gemalten prachtvollen Säle im Schlosse Dunsinan, der stimmungévoll düstere Hof desselben, in welchem sih die Scene nah dem Morde des Königs abspielt, die mondbeglänzte Halle, dur die Lady Macbeth \hlafwandelt 2c. Auch die Rüstungen, Waffen, die ganze Gewandung des auftretenden Personals ist von sorgfältiger, geshihtlicher Treue. Diesem glänzenden Nahmen, in welchem das Trauerspiel erscheint, entsprach aber auch die Darstellung: Die Titelrolle spielte Hr. Poll mit der ganzen ‘reckenhaften Tapferkeit und heimtückischen, wilden Ghrbegier, welche dieselbe verlangt. Den ungemein großen An- f sie an den Darsteller in vhysisher Hinsicht Bezug auf konsequente Durhführung dieses bösen, un

Charakters stellt, zeigte sich dieser ausaezeicnete Künstler in bewundernswerthem Grade gewachsen. Als Lady Macbeth überrashte das zarte Frl. Geßner durch den hoh? dramatishen, wilddämonischen?Zug, den sie der Figur zu geben wußte, und weiterhin nicht minder durch) die psychologishe Vertiefung und naturalistische Ausarbeitung des \chauerliben Monologs in der be- rühmten S{chlafwandel-Scene. Vortrefflih waren Hr. Pategg als Vanquo, Hr. Kainz als Malcolm und Hr. Sommerstorf als Mac- duff, Letzterer namentlich in der ershütternden Scene setnes Schmerz Ausbruchs um die ihm von dem Wütherich hingemordete Familie, Auch Hr. Nollet als König Duncan und Fr Jürgens als Lady Mac duff, sowie die Damen Carlsen, Lenau und Link, welche die Hexen höchst wirksam darste!lten, sprachen und sangen, verdienen gebührendeAnerkennung. An dieser ließ es das Publikum auch nicht fehlen, zeihnet?e vielmehr

. - br 2 , pi S e 2 die Hauptdarsteller bei offener Scene und nah den Aktschlüssen dur) stürmishen Beifall aus. Das Haus war ausverkauft. Se. Kaiser liche und Königliche Hoheit der Kron prinz, Höchstwelcer der Vor- stellung vom Anfang bis zum Schluß beiwohnte, ließ nach dem 4. Ukt Hrn. Direktor L'Arronge zu Sich rufen, drückte dem- selben Seine ganz außerordentliche Befriedigung über Dar- stellung, Inscenirung und Ausstattung des

Verse mit

und in bändigen

Stückes aus und beauftragte ihn, dies auch dem gesammten, darin beschäftigten Personal mitzutheilen. Die „Macbeth“-Aufführung am Deutschen Theater wird für die nächste Zeit sicher die größte theatralische Scehenswürdigkeit der Neichshauptstadt bilden. Hoffentlich bietet uns nun die eifrige Direktion aber au zu der Neihe vollendeter Shake» speare-Darftellungen, die sie bisher gebraht hat, recht bald die in Ausficht gestellten Musteraufführungen der Götbe'shen Dramen, des

„Göß“ und des „Egmont“.

Kroll’s Theater. Zu der Matinée des ei welche am nächsten Mittwoch auf Höchsten Wunsch zum Besten des Heims für englische und amerikanische Erziche- rinnen in Deutschland veranstaltet wird, sind für den gesammten Hofstaat drei Parquetreihen bis zur Empore reservirt worden. Der Raum neben dem Parquet, in welches ein Separateingang führt, wird zum Empfangszimmer für Se. Majestät den Kaiser umgestaltet und entsprechend dekorirt. Für die numerirten Pläte laufen fort während zahlreihe Bestellungen ein, sodaß die „Mikado-Matinée obne Zweifel eine der glänzendsten Vorstellungen des so überaus er folgreien Gastspiels der englischen Opern-Gesellshaft zu werden verspricht.

Belle-Alliance-Theater. Fr. Marie Geistinger beschließt am Donnerstag ihr vom glänzendsten Erfol.e begleitetes Gast- spiel. Infolge dessen muß die überaus lustige Gesangsposse „Dié Kindsfrau“, die sich allabendlih der beifälligsten Aufnahme erfreul, vom Repertoire abgeseßt werden, wenn es der Direktion nicht geling® die beliebte Künstlerin zu bewegen, ihr Gastspiel noch um einige Lage zu verlängern.

Nedacteur: Niedel.

Verlag der Expedition (S h olz).

Dru der Norddeutschen Buchdruerei und Verlags-Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Sechs Beilagen (eins{chließlich Börsen-Beilage).

Bévrlitt

(1716)

zun M 299.

Deutsches Reich.

Bescheide und Beschlüsse Des RNeichs-Versiherungsamts.

239) Ein Amtsvorsteher lehnte die bei ihm beantragte Unter- suhung eines in seinem Polizeibezirk eingetretenen Betriebsunfalles aus dem Grunde ab, weil der Ver- legte niht in seinem Bazirk wohne und er deshalb niht in der Lage sei, denselben zur Verhandlung vorzuladen. 7

Das Neichs-Versicherungsamt hat auf die bezügliche

Eingabe eines Genossenschaftsvorstandes diese Auffassung

als irrthümlich bezeichnet. ;

Die für den Betriebssig beziehungsweise den Unfallsort zuständige Orts-Polizeibehörde hat durch S. 53 des Unfall: versiherungsgesebßes nicht nur die Berechtigung, sondern auch die

Verpflichtung erhalten, den bei ihr zur Anzeige gebrachten Unfall

einer Untersuchung zu unterziehen und die zur Erreichung der in

§.53 a. a. D. bezeichneten Feststellungen erforderlichen Maßregeln auszuführen. Ob es zur Erreichung der Zwecke der Unter- suhung der Zuziehung des Verletzten bedarf, ob von der

Ladung desselben wegen der Berlezung oder wegen anderer zU-

reihender Gründe Abstand zu nehmen ist: dies bleibt dem

pflihtmäfßigen Ermessen der Orts-Polizeibehörde nach Lage des einzelnen Falles anheimgegeben. Jedenfalls giebt aber der

Umstand, daß der Verleßte in einem andern Bezirk wohnt,

keinen Grund, die Ladung des Verletzten, geschweige denn die

Führung der geseßlich vorgeschriebenen Untersuchung zu unter-

lassen. 240) Auf die Anfrage cines Genossenschaftsvorstandes, ob S Aa S Des Unfallversicherungsgesezes dahin aufzufassen sei, daß auch die Zahlung von Renten an die Angehörigen eines in einem Kranken- hause untergebrachten Verleßten (§8. 7 Absag 1 und 2 a. a. D.) der Krankenkasse, welcher der Verletzte an- gehört, übertragen werden könne, ob diese Renten Seitens der Krankenkasse an die Ehefrau, beziehentlih die Kinder Aszendenten des BeLlebten an den selbst gezahlt werden könnten,“

hat das Reichs - Versicherungsamt unter dem 26. No-

vember 1886 das Folgende erwidert:

Streitigkeiten, welche aus Anlaß der Bestimmung des

d 5 Absaß 8 des Unfallversicherungsgeseßes zwischen den

BVerufsgenossenschaften und den Krankenkassen entstehen, sind

nah §. 58 Absayz 2 des Krankenversicherungsgeseßzes zu ent-

scheiden.

__ Jndessen nimmt das Reichs-Versicherungsamt nicht An-

stand, seine Meinung dahin auszusprechen, daß die Frage a zu

bejahen ist. Die Frage b dagegen läßt sich nicht allgemein beantworten. Dieselbe ist vielmehr nah Maßgabe der dies- bezüglichen Bestimmungen des

“anstatt DDEE E Berletßten

örtlichen bürgerlichen Rechts (Privatreht, Vartikularrecht) zu beurtheilen.

Nach allgemeinen RNechtsgrundsäßen werden allerdings der- artige Zahlungen an eine Ehefrau beziehentlich an minder- jährige Kinder mit rech{tliher Wirksamkeit an den Ehemann beziehungsweise Vater erfolgen können. Aszendenten dagegen lônnen von ihren Deszendenten in der fraglichen Hinsicht nicht ohne ausdrückliche Vollmacht vertreten werden. - (ZU vergleichen im Uebrigen „Amtl. Se a8 Ziffer 184 und S.

Nachrichten des 96 Ziffer 142.) E 241) Uebex die Bedeutung und Tragweite des S es Unfallversicherungsgesezes und das Verfahren in den Fällen dieses Paragraphen hat sich das Neichs- Versicherungsamt in einem Bescheid vom 25. November 1886, wie folgt ausgesprochen : : Das Wallreht zwischen den nach O O E Des Unfallversiherungsgesezes alternativ zu gewährenden Leistungen welches ausschließlich der VBerufsgenossenschaft zusteht (Amtl. Nachrichten des R.-V.-A. von 1886 S E 180) ist von demjenigen Genossenschaftsorgane auszuüben, welches durch das Gesetz beziehungsweise durch das Statut zur Roentenfestsezung berufen ist. „Dieses Necht kann auch dann noch ausgeübt werden, wenn eie eititellung der Entschädigung bereits ola E G: sondere steht in solchem Falle der Bescheid des Neichs-Ver- siherungsamts Ziffer 153 (Amtl. Nachrichten 1886 S. 74) dem fraglichen Wahlrechte niht im Wege. Vielmehr kann, wenn alle Voraussezungen des S. 7 vorliegen, die. Ver- Vflegung in einem Krankenhause auch nachträglich niht nur dann gewählt werden, wenn aus Anlaß des Unfalls demnächst ein neues Heilverfahren erforderlich wird, sondern auch dann, wenn das zunächst dem Unfall folgende Heilverfahren sich in die Länge zieht, und so lange, als es noch niht be- endigt ist. .… Ín jedem Falle ist das Wahlrecht, ebenso wie in den Jûllen des 8. 65 a. a. O. durch Ertheilung eines der Be- Uung auf schiedsrichterliche Entscheidung unterliegenden for- mellen Bescheides des bezeichneten Genossenschaftsorgans auszu- üen (F. 61 und 8. 62 Absaz 4 a. a. O.).

242) Nach eingehender Berathung mit den betheiligten Ge nossenschastsvorständen über die Heranziehung der Vslastererbotriebe zur Unfallversicherung hat das Reichs- Versicherungsamt im Hinblick auf die Stellungnahme der gedachten Vorstände, sowie auf die Ergebnisse einer am 6. November 1886 zu Berlin mit den Vorsißenden sämmtlicher Baugewerks Berufsgenossenshaften ab- gehaltenen Besprehung durch Verfügung vom 2. De-

dag, e, dember 1886 ausgesprochen, 5

die Pflasterer in Beziehung auf die Unfallversicherung den

teinhauern beziehungswei)e Maurern §. 1 Absay 2 des

nfallversicherungsgesezes zuzurechnen sind. laßgebend diortüt war die Erwägung, daß die Verwen- dung so v Wnbsi C rungen i chr ab-

; genannter Findlinge zu Pflasterungen immer mehr c

„numt und selbst bei diesem Material ein Behauen Cs

enzelner Steine zur Fertigstellung des Pflasters unumgängli

nothwendig ist, daß ferner, au wenn fertig zugerihhtete Steine

Deulscheu Reichs-Anzeiger

Erste Beilage

K

Berlin,

Montag, den 20. D

ezember

(jogenannte Kopfsteine) verwendet werden, das Pflastern, | 3. B. beim Anschluß an die Bordsteine der Straßendämme | oder der Trottoirs, an Pferdebahngeleise 2c., ohne ein 2 ehauen einzelner Steine nicht zu bewerkstelligen ist und daß solche Betriebe, namentlich im Hinblick auf die Härte des zu be- arbeitenden beziehungsweise nachzuhauenden Materials, alle Gefahren des Steinhauergewerbes mit sih bringen, während andererseits die Herstellung von Trottoirs U. f. w. mittelst Mörtels als Maurereibetrieb anzusehen ist.

que Szüglich der Steinschläger (Steinklopfer), welche für die

Veschotterung von Chausseen Steine zerkleinern, hat \sih das

Reichs-Versicherungsamt der in der Eingangs erwähnten Be-

Iprehung von den antvesenden Genossenschaftsvertretern ein-

stimmig ausgesprochenen Ansicht ebenfalls angeschlossen, wonach

für diese Betriebe eine Versicherungspflichtigkeit abgesehen von den übrigens wohl faum vorkommenden Fällen der Ver- wendung von Motoren 2c. oder der regelmäßigen Beschäftigung

von mindestens zehn Arbeitern in einer Betriebsanlage, 8. 1

A Sa E Oi anzunehmen ist, weil es fi

hier niht um Steinhauereibetriebe, sondern nur um das Zer-

trümmern von Steinen bis auf gewisse Größen handelt.

2453) Es waren Zweifel darüber entstanden, ob die zum Zwede der Gewinnung von Kies 2c. betriebenen VBaggereien zu den Binnenschiffahrts-Berufsgenossen- haften oder zu derx Steinbruchs-Berufsgenossenschaft gehören. Das RNeichs-Versicherungsamt hat \sih über diese Frage unter dem 12. November dahin aus- gesprochen,

daß alle versicherungspflichtigen Betriebe zur Gewinnung von

Kies und Sand durch den Bundesrathsbe\chluß vom 21. Mai

18835 der Steinbruchs-Berufsgenossenschaft zugetheilt worden

find. Dementsprechend gehören auch diejenigen Baggereien zur

Stein“ruchs-Berufsgenossenschaft, deren Betrich ausschließlich

auf die Gewinnung von Kies und Sand gerichtet ist. Da-

gegen werden diejenigen Baggereien, welche lediglih dem

Zwecke der Vertiefung des Fahrwassers 2c. dienen, ohne Rück-

iht auf das ausgebaggerte Material, gemäß dem Bundes-

rathsbeshlusse vom 15. April 1886 den Binnenschiffahrts-

Berufsgenossenschaften anzugehören haben.

Bei Baggereibetrieben, welche gleichzeitig beiden Zwecken dienen, nämlih der Vertiefung des Flußbetts 2c., sowie der Gewinnung von Kies und Sand behufs anderweiter Ver- wendung beziehungsweise Veräußerung des Materials, wird es sich hinsichtlich der Zugehörigkeit derselben zu einer der in Nede stehenden Genos))enschaften in jedem einzelnen Falle darum handeln, festzustellen, welhem Theile des Unternehmens die überwiegende Bedeutung beizumessen, d. h. was als Haupt: betrieb im Sinne des §. 9 Absaz 3 des Unfallversicherungs- gejeßzes anzusehen ist.

244) Ueber die Zulässigkeit von Vergleichsabschlüssen in dem

schiedsgerihtlichen Verfahren des Unfallversicherungs- gesezes hat das Reichs-Versicherungsamt in einem Be- scheide vom 2. Dezember 1886 Folgendes ausgeführt :

Es unterliegt diesseits keinem Bedenken (vergl. auch das dur die diesseitige Bekanntmachung vom 1. Oktober 1886 vorgeschriebene Formular, Spalte 10, für den von den Schiedsgerichts - Vorsißenden an das Reichs-Versicherungsamt einzureichenden Geschäftsberiht S. 27 der Kaiserlichen Ver- ordnung vom 2. November 1885, „Amtl. Nachrichten des L I S S —), daß die „Parteien im Laufe des schiedsgerichtlichen Verfahrens befugt sind, eine bestehende Ungewißheit über den Umfang der dur den Unfall ver-

urjahten Erwerbsunfähigkeit des Verletten, beziehungsweise über die Höhe der demselben zu leistenden Entschädigung im Wege gegenseitigen Zugeständuisses dur Vergleih zu be- seitigen. Jedoch wird die Bestimmung des Geseßes (8. 66 Absatz 2), daß eine Entschädigung durch Kapital abgesehen von ausländischen Entschädigungsberechtigten und von der Wiederverheirathung von Wittwen (58. 67 und 6 Ziffer 2 Lit. a Absag 3 a. a. O.) nicht zulässig ist, in allen Fllen zu beachten sein. Die Entschädigung durch Renten, welche in monatlichen Naten im Voraus zu zahlen sind, bezweckt, die Arbeiter gegen die Folgen von Unfällen wirthschaftlichh dauernd sicher zu stellen.

245) Aus Anlaß von Katasterbeshwerden hat das Reichs-Ver- siherungsamt auf Grund des 8. 1 Abs. 5 des Unfall- versicherungsgeseßes unter dem 13. November 1886 beschlossen, :

daß Kupferschmiedebetriebe, in welchen die Arbeiten überwiegend niht zu Hause in der Werkstatt, sondern in Fabriken (Reparaturarbeiten an Maschinen, Nohrlegungen u. st. w.) ver- richtet werden, in der Regel als fabrikmäßige Betriebe (8. 1 Abs. 1 des Unfallversicherungsgesetes) anzusehen sind und demgemäß ohne Nüsicht auf die Zahl der in diesen Betrieben beschäftigten Arbeiter und auch ohne die V rwendung von

Motoren 2c. der geseßlichen Unfallversiherungspflicht unterliegen.

Diese Entscheidung beruht auf der Erwägung, daß die in Jede stehenden Betriebe, ähnlih wie die Gas- und Wasser- leitungs-Fnstallation als Hülfsbetriebe und Abzweigungen an- derer gewerblicher Großbetriebe sich darstellen und mit Ge- fahren verknüpft sind, welhe dem Handwerk im Allgemeinen fremd sind. (Vergl. Bescheid 197. „Amtliche Nachrichten des R.-V.-A.“ 1886 S. 205.)

An der Königlichen landwirthschaftlichen HohsGule werden, wie in den Winter-Halbjahren 1884/55 und 1885/86, fo auch im gegenwärtigen Semester

Unterrichtskurse für praftische Landwirthe stattfinden. | |

In der gegenwärtig für die Landwirthschaft \chwierigen Zeit er- cheint es ganz besonders erforderlich, alle Hülfsmittel zusammenzufafsen, wele wirtbschaftlich mit Ausficht auf praktischen Erfolg in Be- traht kommen können. Mehr als bisher ist es in Folge der drückenden Konkurrenzverhältnisse geboten, Nichts unversucht zu lassen, wodurch die zur Verfügung stehenden Mittel in ihrer ökonomischen Wirkung gesteigert und wirth\chaftlich zweckmäßiger verwecrthet werden können.

und Königlich Preußischen

Die von der landwirtb\chaftlihen Hohs{ule ins Leben gerufenen Unterrichtsfurse sind dazu bestimmt, dem in der Praxis seiner Berufs- thätigkeit stehenden Landwirth die Möglichkeit zu gewähren, sih auf dem Gebiete der neueren wissenschaftliczen Forschungsresultate und der bezüglichen praktischen Erfahrungen auf dem Laufenden zu erhalten und die für die Initiative auf praftishem Gebiete notbwendigen An- regungen zu empfangen, welhe unter dem Druck des Lebens und der Betriebsverhältnisse nit selten verloren gehen und fehlen.

Eine gewisse Bekanntschaft mit den Hauptergebnissen der Land- wirthfcafts-Wissenschaft ist für die fruhtbringende Theilnahme an diesen Kursen vorauszuseten, da dieselben - in furzer Zeit ein volles Vild über den gesammten Umfang der bezüglihen Wissenézweige niht zu geben vermögen, sondern an die allgemeinen Grundlagen der- selben anknüpfend sih über die neueren Crgebnisse und Fortschritte fowie besonders wichtige Fragen und Aufgaben der Gegenwart verbreiten.

Der bisherige Besu der Kurse ist ein befriedigender gewesen und derselbe läßt darauf {ließen , daß das Bedürfniß, mit der Wissenschaft in Verbindung zu bleiben, in weiteren Kreisen mehr und mehr zur Anerkennung gelangt. Die Betheiligung bezog fih nit nur auf die benachbarten norddeut {en Gegenden, sondern auf zum Theil entfernte Distrikte unseres Vaterlandes und über die Grenzen desselben hinaus. Die Regierung eines auswärtigen Staates hatte im vergangenen Winter-Semester sogar zwei besondere Deputirte ent- sendet, um von der bezüglichen Einrichtung eingehend Kenntniß zu er- halten.

Wie im vergangenen Jahre sind die Kurse wicderum auf den Monat März, jedo einige Tage früher, verlegt worden, um jede Kollision mit den Semestervorträgen für die Studirenden zu ver- meiden und den fkundgegebenen Wünschen entsprehend möglichst die Vormittags- und Mittagsstunden zu den Vorträgen und Uebungen verwenden zu können.

Die Unterrichtskurse für praktische Landwirthe werden am Dienstag den 1. März 1887 beginnen und am Donnerstag den 10. März ge- {lossen werden. Zur Theilnahme an denselben ift Ieder berechtigt, der fi bei dem Rebnungs-Rath Müller im Sekretariat der land- wirthschaftlichen Hochschule meldet und unter Nennung seines Namens und feiner persönlihen Verhältnisse das Unterrichts-Hcnorar für die von ibm gewählten Borträge entrichtet.

Wünschenswerth wenn auch nicht Bedingung für die Theilnahme an den Kursen oder zu derselben definitiv verpflihtend ist eine vorgängige schriftlihe oder mündliche Meldung mit Bezeichnung der Vorträge, welche der Betreffende anzunchmen wüns§t. Die Meldungen werden im Sekretariat, Invalidenstraße Nr. 42, entgegengenommen. An dasselbe sind auch alle etwaigen Anfragen in Betreff der Unterrihts- turse zu richten. .

Folgende V orträg e werden angemeldet :

1) Geheimer Megierungs-Rath Professor Dr. Settegast: a. Standpunkt, Aufgaben und Ziele der deutschen Biehzucht überhaupt und ihrer einzelnen Zweige insbesondere. (8 Stunden.) b. Die Bes- urtheilung der Thiere und die Metboden des Preisrichtens auf land- wirthschaftlichen Thierausftellungen. (3 Stunden.)

2) Professor Dr. Orth: Ueber die neuesten Fortschritte in der Verwendung des Stalldüngers und der fäuflichen D ungstoffe. (8 Stunden.)

3) Defonomie-Rath Dr. Freiherr vo n Can stein: g. Ausnutzung der Gewässer durh Fischzucht. (4 Stunden.) b. Anbau und Pflege des Getreides. (4 Stunden.)

4) Dr. Grahl: a. Kartoffelfultur. kultur. (12 Stunden.)

0IDE Sebmann! a Bedeitung, Entwickelung und An- wendung landwirthschaftliher Fütterungsnormen. (8 Stunden ) b, Aus- gewählte Kapitel über Molkereiwesen (Kritik der besten Centrifugen- systeme. Die Verwerthung der Magermilh. Bereitung von Mager- käse ohne und mit Zusatz von Fett. Die ÜUntersuchungsmethoden der Milch). (6 Stunden.)

6) Ingenieur Schotte: a. Feldbabnen. (3 Stunden.) b. Kartofel- ernte-Maschinen. (3 Stunden.)

7) Garteninspektor Lindemuth: Obstbau.

3) Professor Dr. Kny: Einführung in den Mikroskops., (12 Stunden.)

9) Professor Dr. Frank: Wichtige und neue Pflanzenkrankheiten. (6 Stunden.)

10) Professor Dr. Wittmack: Die neuesten Fortschritte in der Botanik und ihre Anwendung auf die Praris. (6 Stunden.)

11) Geheimer Regierungs - Rath Professor Dr. Lan dolt: Spectral-Analyfe (mit SGrperimenten). (2 Stunden )

12) Professor Dr, Grüner: a Die Bonitirung des Bodens. (3 Stunden.) b. Die mineralischen Düngemittel und ihre landwirth- schaftlihe Verwerthung. (3 Stunden.) e. Die geologischen Verhält- nisse des norddeutschen &lahlandes und die geologisch - agronomis\ {e Kartirung. (2 Stunden.)

13) Professor Dr. B örnstein: a. Das Wetter und seine Borauss sagung. (8 Stunden.) |

(6 Stunden.) b. Moor-

ch

(19 Stunden.) Gebrauch des

b. Die elektrische Uebertragung von Arbeits- kraft. (Erperimental-Vortrag.) (1 Stunde.)

14) Professor Dr. Zun: Ueber neuere thierphysiologische Sorshungen und ihre Bedeutung für die Praxis. (6 Stunden.)

__ 15) Professor Dr. S chmoller: Ueber die landwirthschaftliche Krisis. (4 Stunden )

16) Professor Dr, Alex. Müller: Die Behandlung der haus- wirthschaftlichen Abfälle in Rücksicht auf Gesundheitspflege, Land- wirthschaft und Industrie. (Private und öffentlihe MReinhaltung.) (6 Stunden.)

i7) Dr, C. Weigelt: Ueber Mostbehandlung, Weinbereitung und Weinfälshung. (6 Stunden.)

Berlin, den 13. Dezember 1886. Der Rektor der E La Sto tb [Ga en Hochschule. I LTY.

Nichtamtliches.

C

Preußen. Berlin, 20. Dezember. Im weiteren Verlauf der vorgestrigen (13.) Sigzung des Nei chs - tages erklärte bei der betreffs der Vertagung des Reichstages sich entspinnenden Debatte der Staats - Minister von Boetticher:

Meine Herren! Jch habe zunächst das Bedürfniß, dem Herrn Abgeordneten zu sagen, daß die Regierungen und Se. Majestät der Kaiser, denen allein das Recht zusteht, den Reichstag aufzulösen, ih zu diesem Ihren Entschlusse von keiner Seite drängen lassen, daß Sie diesen Entschluß fassen werden nach eigener Initiative und nah Maß- gabe der Umstände.

Zweitens habe ih auf cinen Widerspruch aufmerksam zu machen, der in den Ausführungen des Herrn Vorredners bezüglich der Militär- vorlage erkennbar wurde. Der Herr Vorredner sagt : wir haben alles bewilligt. Nun frage ih ihn, wo sind die Bewilligungen? Er hat ferner gesagt: wir werden in der zweiten Lesung die Finanzfrage einer forg- fältigen Erörterung unterziehen. Er will also noh von der Prüfung der Finanzlage feine Bewilligung abhängig machen. Dieser Wider- spruch ist unerklärt.