1929 / 282 p. 1 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 03 Dec 1929 18:00:01 GMT) scan diff

gnügten fih mit der reinen Negation. Es sei auch schwer, all emeine und einhettlihe Ziele der hinter dem Volksbegehren stehenden Gruppen zu nennen. ZJdeenlosigkeit und Geistlosigkeit auf außen- ivie 1nnenpolitishem Gebiete sei das Kennzeichen des Verfechters des Volksbegehrens. Uebersteigerung der Demokratie jet es, mit dem Mittel des Volksbegehrens Außenpolitik treiben zu wollen. Auch innenpolitisch sei es eine Uebersteigerung der Demokratie, dem Reichspräsidenten bestimmte Minister aus- joingen zu wollen. Das Ziel der Vertreter des Volksbegehrens el; Zurück vom Volks\taat zum Klassenstaat! Der Redner be- dauert es mit Stresemann, daß in Deutschland keine verant- wortungsbewußte Opposition vorhanden sei. Töricht sei es, inter- nationale Verträge mit einem Plebiszit aus der Welt schaffen zu wollen. Auch wir, so erklärt der Redner, sind keineswegs begeisterte Anhänger des Young-Plans. Wir sind überzeugt, daß er dem deutschen Volke ungeheure Lasten auferlegt; wir sind aber auch dex. Meinung, daß er nicht des leßte Wort in der Lösung des Reparationsproblems darstellt. Die Vertreter des Volks- begehrens schädigen aber auch die 7FFnnenpolitik, indem sie das Parlament zwingen, ih mit solchen Kindereien aufzuhalten, ob- wohl „soviel dringende Probleme der Lösung harren. Ueber den 5 4 sind die Abgg. Oberfohren und von Freytaægh-Loringhoven ¡chnell hinweggehusht, Auch wir lehnen es mit Entrüstung ab daß die bisherigen Vertreter der Außenpolitik geschmäht und ge- brandmarkt werden, Win1 haben das Gefühl, als wenn die Schlacht eigentlih hon abgeblajen ist. Millionen Fhrer Anhänger (nach rets) sind doch zu Hause geblieben. hre Hoffnung, daß am 2. Vezember noch jo und so viele Millionen dazu kommen werden, 1st trügerisch. Das Volk will von der Katastrophenpolitik des Herrn Hugenberg nichts wissen. Herr Hugenberg ist ein

Himmelsgeschenk für vie deutshe Republik. Es wird zu einer Sammlung aller der Menschen kommen, die guten Willens sind. Dann hat das Volksbegehren doch noch etwas Gutes bewirkt Am 22, Dezember wird ein Urteil des deutshen Volks gesprochen wevden: ein Urteil über die Hasardeure Seldte, Hitler und Hugenberg.

__ Abg E verling (D. Nat.): Ein Ausländer muß beim An hören dieser Debatten den Eindruck haben: Welch ein Mann muß doch Hugenberg sein! (Stürmische Heiterkeit bei der Mehrheit. Abg. Landsberg [Soz.]:* Wollen Sie ihm etwa seine Bedeutung absprechen?) Man empfiehlt sogar ein Denkmäl für Hugenberg. (Erneute Heiterkeit.) Das ist die Abwehrbewegung eines faulen Systems gegen einen, der ihm mal die Wahrheit sagt. Bei diesem Bolksbegehren hat sich das System endlich einmal dekuvriert. Mit Lüge und Terror hat man das Volksbegehren befämpft, also mit den Mitteln des 9. November. Wenn Sie sich in Hugen- bergs staatsmännishe Pläne (Lachen bei der Mehrheit) hinein- denken, dann erkennen Sie, daß sein Verfassungsprogramm or- gantisch aufbauen will. Severing gebe auch zu, daß er ein Fanatiker von Format ist; auch seine Rede hier hatte Format, wie wir es auch als Opposition wünshenm. Denn wir wünschen nicht eine bloße Ausetnandersebung mit einem Parteifunktionär. Aber tatsächlich hat die Regierung in ihrem Kampf gegen das Volks- begehren die Verfassungsgarantien nicht gewährleistet. Die von den Ministern beschworene und von den Parteien immer wieder gefeterte Verfassung ist in den verschiedensten Punkten gebrochen worden. Fn solchen Fällen dürfen wir vor dex Ministeranklage nicht zurückschrecken Tausende von Terrorfällen werden nicht ge- meldet, aber auf Millionen wurde damit eingewirkt, - (Lachen bei der Mehrheit.) Auf diese Weise sind sechs Millionen Stimmen dem Bolkhsbegehren verlorengegangen, (Schallende Heiterkeit bei der Mehrheit und Rufe: Milchmädchenrehnung der Deutschen Zeitung. Zuruf bei den Kommunisten: Und derx Druck auf die Landarbeiter? Aus den Rundfunkreden der Minister habe sih mix ein kleines Verzeichnis dex ministeriellen Fujurien angelegt. Der Redner verliest die Aeußerungen der Minister Severing, von Guérard: immer Unwahrhasftigkeit, frivoles Spiel usw., worauf dem Redner von den Sozialdemokraten, Demokraten, vom Zentrum und der Deutschen Volkspartei immer wieder „Sehr richtig!“ zugerufen wird. Schließlih rufen die Kommunisten: Sie sind ja ein Komiker! Treten Sie doch im Kabarett auf! Severing hat damit begonnen, so fährt der Redner fort, bei Be- sprehung des Volksbegehrens die tinnerpolitischen Gegensäße auf zurühren. Uebrigens ift es nicht richtig, daß die Sozialdemokratie stets die Kriegsschuldlüge bekämpft habe Fch erinnere nux an den internationalen Sozialistenkongreß. (Widerspruch bei den Sozialdemokraten und Ruf: Schwindel!) Die Deutschnationale Partei hat, als sie in der Regierung saß, die Möglichkeit ge- schaffen, daß unser allbewährter Reichspräsident auf dem histori- schen Boden von Tannenberg seine Stimme zum Widerruf der Kriegsschuldlüge erheben konute. (Lachen bei den Soz.) Wenn es Fhnen wirklih arg darum zu tun ist, diejenigen zu bestrafen, die uns die Kriegsschuldlüge aufbürden, dann müßten Sie den 8 4 annehmen. Natürlich ist es nicht richtig, daß dieser Paragraph sih zurückbezöge auf frühere geshehene Taten, Ein rückwirkendes Strafgeseß gibt es gar niht. Die Regierung hat niht nux dem Feinde die Waffen über die Grenzen gereicht, sondern sie hat sie auch über die Grenze vom Feinde genommen. Das sch!limm|\te Stück hat Severing geleistet „als erx erklärte, wenn nicht ange- nommen würde, gebe es neue Beseßung, neue Fnflation. Man hätte sih doch auch eigeatlich s{chämen sollen, den Stahlhelm auf- zulösen wegen angeblicher militärisher Uebungen. Fn diesem Falle hat man die Waffen vom Feinde genommen. (Schlußrufe bei der Mehrheit.) Aus welhem Fonds is diese Bekämpfung eines Teils der deutshen Staatsbürger erfolgt? Peinlich ist es, wie man das Andenken eines Toten herunterriß durxh ein Flug- blatt mit der Ueberschrift: „Stresemanns Vermächtnis!“ (Zuruf links: Wie war es im alten Preußen?) Wenn da cin Landrat ein Flugblatt mit seinem Titel zeichnete, wurde die Wahl für ungültig erklärt. (Widerspruch.) Diesmal abex hat man syste- matisch alle Titel eingeseßt im Kampfe gegen das Volksbegehren. Mit allen Mitteln hat man die Wahl gefälscht und retuschiert. Diese Fälschung begann shon mit der Unauffindbarkeit der Wahl- lokale. Jn Orten von 190 000 Einwohnern ist nux ein einziges Einzeichnungslokale, gewesen. Die Zeiten waren so gelegt, z. B. mittags, daß die Landwirtschaft sih nicht einzeihnen konnte. Der Redner verliest Unregelmäßigkeiten, die ex in einer Broschüre zusammengefaßt hat. (Bei einem Fall der Ungültigkeitserklärung von Stimmen ruft der Abg. Torgler [Komm.]: Der Deutsch- náâtionale im Reichswahlausshuß hat selbst für die Ungültigkeit gestimmt. Nur ih bin für die Gültigkeit eingetreten. [Hört, hört! links.])) Jn einem Ort, so fährt der Redner fort, ist den Leuten, die kamen, um sich einzuzeihnen, sogar gesagt worden: „chr seid ja blödsinnig!“ (Große anhaltende Heiterkeit.) Die Listen sind verraten worden. Die Sozialdemokratie hat ja geradezu dazu aufgefordert, Abschriften zu machen. (Große Ünruhe bei den Sozialdemokraten und Rufe: Das ist bewußte Untiwahrheit! Lüge!) Fn Cuxhaven gz. B. hat die Liste in einer sozialdemokratischen Versammlung ausgelegen. Als leßte Rettung kommt die Bestim muig des Goldenea Sonntags als Wahltag. Auf den Reichspräsi- denten hat man durch falsche Fnformationen eingewirkt (stürmische Unterbrechung dur die Mehrheit; Rufe: Unerhört!), gegen das Volksbegehren Stellung zu nehmen Die Aeußerung des Reichs- präsidenten, die nux für das Reichskabinett bestimmt war, hat man durch. eine Fndiskretion der Oeffentlichkeit übergeben. (Zu- ruf links: Woher wissen Sie das?) Aus der Zeitung! Gegen die Beamten haben sich alle Länder loyal verhalten. Nur Preußen hat einen unerhörten Terror gegen die Beamten ausgeübt. Wollen Sie denn aus jedem Beamten einen Parteifunktionär machen? Wir verlangen Wahlfxeiheit und Gesinnungsfreiheit für den Be- anmiten. Was hat die Agitation gegen das Volksbegehren gekostet und aus welchem Fonds wurde sie bezahlt? Fs der Minister des 7Fnnern bereit, wofür er nah der Verfassung verantwortlich ist, dafür zu sorgen, daß die Wahifreiheit geshübt wird? (Beifall bei den Deutschnationalen.)

Neihs: und Staatsanzeiger Nr. 281 vom 2, Dezember 1929, S

. 4,

E Damit schließt die Aussprache über § 1. Die Ab- stimmung über diesen Paragraphen is auf Antrag des Abg. Schulß-Bromberg (D. Nat.) namentlich. § 1 wird mit 9168 gegen 82 Stimmen dec Deutschnationalen, National- jozialisten und Christlihnationalen Bauern bei vier Ent- haltungen abgelehnt.

Abg. Fr1ck (Nat. Soz.) beantragt, über die §8 2 bis 5 namentlich abzustimmen. ie

Abg. Esser (Zentr.) beantragt zur Geschäftsordnung, die

Beratung jeßt zu vertagen, damit die rheinishen Abgeordneten noh rechtzeitig zu den Befreiungsfeiern im Rheinland eintreffen könnten. __ Präsident L öbe weist demgegenüber darauf hin, daß das Yaus dicht vor Beendigung der Beratung stehe. Jm übrigen werde der Reichstag, wenn der Abgeordnete Esser setnen Antrag aufrehtechielte, darüber abstimmen müssen, aber er nehme an, daß der Abgeordnete Esser damit einverstanden sei, daß die Be- ratung noch heute beendet werde.

Abg. Esser (Zentr.): Wenn die Mehrheit der Ansicht ist, daß es notwendig 1st, heute die Beratung abzuschließen, eine Meinung, die wir jahlich durchaus teilen, es wäre noch früher mögli gewesen, wenn eine Reihe von Rednern sich kürzer gefaßt hatte, jo ziehe ih meinen Antrag zurück. Sie dürfen es uns aber nicht verUbeln, wenn wir an späteren Abstimmungen nicht mehr teil nehmen. Unsere Stellungnahme isst ja bekannt. (Ein nationalsozialistisher Abgeordneter ruft dem Abgeordneten Esser zu: Glülihe Reise!)

__ Ein nationalsozialistischer Antrag auf namentliche Ab- stimmung über § 2 wird niht genügend unterstüßt. § 2 selbst wird in einfacher Abstimmung gegen die Stimmen der Deutschnationalen und Nationalsozialisten abgelehnt. Der 5 2 verlangte Widerruf des Kriegsshuldanerkenntnisses und bedingungslose Räumung.

Es folgt die Einzelaussprache über § 3, wonach neue Lasten, die auf dem Kriegsshuldanerkenntnis beruhen, nicht übernommen werden dürfen.

__ Abg. Dr. Freyer (D. Nat.) hebt hervor, der Außen- minister habe anscheinend die Absicht gehabi, die Vertreter des Volksbegehrens durch Ausdrücke wie „frivol“, „verantwortungs- los“ usw. zu beleidigen. Jn seiner Rundfunkrede habe der Minister es selber ausgesprohen, daß der Youngplan keine Kontrolle mehr kenve. Außerdem bestehe die Möglichkeit der Konvertierung und des Rückaufs der Schuldverschreibungen. Alle diese Behauptungen seien objektiv unrihtig; ex wolle dem Minister nicht den Vorwurf der Fälschung machen. Tatsächlih werde die Kontrolle niht aufgehoben, sondern noch viel mehr verschärft. Frgendeine Verminderung der Steuer set innerhalb sechzig Fahren selbstverständlich ausgeschlossen. Wie stelle die Sozialdemokratie sich dazu? Nach dem Youngplan werde die Haftung sämtlicher Reichseinnahmen festgeseßt. Bei den Annuitäten wie bei den Richtlinien der Reparationsbank trete eine Verschlehterung unserer Lage ein. Es sei unmöglich, auch in Zukunft die Tribute durch Anleihen aufzubringen; allein die Zinsenlast würde ins Unendliche wahsen. Das Transferproblem werde zum Lohnproblem für die Arbeiter. Unmöglich sei es für Deutschland, den erforderlichen Ausfuhrüberschuß zu erzielen. Der Lebensstandard des deutschen Arbeiters" werde immer weiter herabgedrückt werden. Eine ungeheure Krise würde unausbleiblich sein; eine neue Fnflation könne dann jeden Tag eintrêèten. Der Druck der Tributlasten werde sich aus\chließlich auf das Arbeits- einkommen auswirken. Fn Zukunft sei es niht mehr der Fron- vogt, sondern die eigene Regierung, die die Tribute eintreibe. Die Gefahr des Bolschewismu8 werde riesengroß anwachsen. Der verbrecherische Younplan sei auch von dem Gesichtspunkt un- annehmbar, daß man sich nicht dazu hergeben könne, die deutschen Arbeiter ins Unglück zu stürzen. Der Redner fordert zum Schluß den Widerruf der Lüge von der deutshen Kriegsschuld. Die Mehrheit solle sich vor der Verantwortung hüten, die mit der Annahme des Youngplans auf sie fallen werde. (Lebhafter Beifall rehts; Lärm bei den Regierungsparteien.)

Die Abstimmung über § 83 ist auf Antrag der National- sozialisten wieder namentlih. § 3 wird mit 312 gegen 80 Stimmen der Deutschnationalen, Christnationalen Bauernpartei und Nationalsozialisten bei vier Enthaltungen abgelehnt.

8 4 sieht Zuchthausstrafe wegen Landesverrats vor für Reichskanzler, Reichsminister und deren Bevollmächtigte, die im Gegensaß zu 8 3 Verträge abschließen.

Abg. Everling (D. Nat.): Es wird mir soeben mitgeteilt, daß der Reichspräsident dem Reichskanzler Müller die Ge- nehmigung erteilt hatte, von seiner damaligen Erklärung nicht nur dem Reichskabinett, sondern auch der Oeffentlichkeit Kenntnis zu geben. Das war mir unbekannt, weil in der Veröffentlichung selbst nur mitgeteilt wurde, daß der Reichspräsident mit der Bekanntgabe an das Reichskabinett einverstanden sei. Fch halte es für eine Pflicht der Loyalität und des politishen Anstandes, mich zu rektifizieren, und beeile mich deshalb zu erklären, daß ih mich in diesem Punkte geirrt habe.

S 4 wird in namentlicher Abstimmung mit 312 gegen 60 Stimmen der Deutschnationalen und der Nationalsozialisten abgelehnt. (Hört! hört! bei der Mehrheit.)

8 5, der das JFnkrafttreten des Gesehes am Tage der Ver- kündung wünscht, wird in einfaher Abstimmung abgelehnt. Einleitung und Ueberschrift werden in namentlicher Ab- stimmung mit 307 gegen 78 Stimmen bei vier Enthaltungen abgelehnt.

Präsident Lobe: Damit ist das Geseh in zweiter Lesung erledigt, weil sämtlihe Bestimmungen keine Mehrheit gefunden haben. Wir reichen es dex Regierung zurück, damit sie die Volk3- abstimmung darüber in die Wege leitet.

Die Anträge der Nationalsozialisten und der Deutsch- nationalen, die eine Verschiebung der Volksabstimmung in den Januar zum Ziele haben, werden abgelehnt.

Das Haus vertagt sich sodann auf Montag, den 2. De- zember, 3 Uhx: Zur Verhandlung steht der Entwurf eines deutschen Auslieferungsgeseßes, das Berufsausbildunagsgeseß, die Novelle zum Lichtspieleeseß.

Der Abg. Sh midt - Hannover (D. Nat.) beantragt auf die Tagesordnung der Montagsißung nachstehenden Antrag zu sehen:

„Die Regierung wolle alsbald über folgende Angelegenheit Auskunft erteilen: Dex Oberbürgermeister von Koblenz hat heute mittag in einer Pressebesprechung mitgeteilt, daß der Ober- fommissar Tirard dem deutschen Rheinlandkommissar Langwerth von Simmen erklärt habe, mit einer Zurückzichung der Truppen sei die politishe Freiheit der zweiten Zone noch nicht wieder- hergestellt; dazu sei ein Beschluß der Botschafterkonferenz nötig.“

Zur Begründung des Antrages erklärt Redner, die Angelegenheit berühre nicht nur die Frage der Räumung und des Volksbegehrens, sondern zutreffendenfalls müsse doch auch die Teilnahme von Regierungsmitgliedern an der heutigen sogenannten Befreiungsfeier überprüft werden.

Die Behandlung dieses Antrages in der Montagsizung wird unter lebhaften Pfuirufen der Rechten abgelehnt.

Schluß 4/4 Uhr.

Nach den amtlichen Abstimmungslisten des Reichstags haben bei der Abstimmung des § 1 des Freiheitsgesetßes

folgende deutschnationale Abgeordnete, die zum größten Teil wegen Krankheit oder anderer Behinderung entschuldigt sind, gefehlt: Bachmann, Dr. Bazille, Dr. Haßlacher, Dr. Flonne, Dr Philipp, Dr. Reichert, Schmidts Stettin, Vogt-Württemberg und Wallraf. Von den Nationalsozialisten fehlten die Abgeordneten Dreher, Feder - Sachsen, Strasser und Wagner. Von der Christlih Natio- nalen Bauernpartei fehlten die beiden Abgeordneten Julier und Dr. Wendhausen. Der Stimme enthalten haben sih zwei Deutsch-Hannoveraner, Arteldt und Meyer- Hannover, ferner zwei Volksrechtler, Dr Be st und Dr. Lob e.

_ Bei der Abstimmung über § 3 fehlten außerdem noch die beiden deutshnationalen Abgeordneten Dr. Everling und Schlange- Schöningen sowie von der Christlih-Nationalen Bauern- und Landvolkpartei der Abgeordnete Neddenriep.

Bei der Abstimmung über § 4 fehlten außer den shon beim F 1 genannten Abgeordneten noch folgende deutshnationalen Ab- geordneten: Fromm, Hartwig, Dr. Hoebsch, Hülser, von Keudell, Lambach, Dr. Lejeune-Jung, von Lindeiner-Wildau, Menyvyel, Mönke, Dr. Rades macher, Schiele, Schlange-Schöningen und Trevi- ranus. Der Abgeordnete Dr. Everlin g dagegen ivar wieder anwesend und stimmte mit Ja. Von der Christlih-Nationalen Bauernpartei beteiligte sih kein Abgeordneter an der Abstimmung. Von den Nationalsozialisten fehlte außer den beim § 1 Genannten noch der Abgeordnete Göring Die Deutsh-Hannoveraner und die Mitglieder der Volksrechtpartei stimmten gegen den § 4.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Vorläufige Reichswirtschaftsrat hat am 30. November dem Entwurf eines Zündmonopolgeseßes zugestimmt.

Der Hauptausschuß des Preußischen Landtags hielt am 30. November eine kurze Sizung ab. Nach längerer Aussprache würden die Geschäftsberihte der Preußischen Elektrizitäts-Aftiengesell- haft und der Duisburg-Ruhrorter Hafen-Aktiengesellshaft für das Geschäftsjahr 1928 zur Kenntnis genommen.

Der Unterrichts8ausschusß; des Preußischen Landtags behandelte am 30. November den Goslarer Shulfall. Der Berichterstatter Abg. Dr. Sh uster (D. Vp.) stellte eine Reihe von Fragen, deren Beantwortung vom Ministerium gewünscht wird: 1. Billigt der Minister das Verhalten des Stadtsyndikus, der den Flaggenwechsel in leßter Stunde ohne Kenntnis der Schule vor- genommen hat? 2. Hält der Minister auch heute noch seine Be- hauptung aufrecht, daß das Vorgehen der Schüler vor den Augen der Lehrer stattgefunden hat? 3. Hält das Ministerium nicht die Bestrafungen der Schüler, die im Einverständnis mit dem Provinzial- \{ulkollegiuum ausgesprochen worden sind, für ausreichend? 4. Sind die Maßnahmen in Goslar nur auf die Juitiative des Kultusministeriums zurückzuführen? 5, Hat das Ministerium das Recht, Leiter und Lehrer an höheren kommunalen Schulen zu ver- seßen? Ministerialdirektor Jahnke erwiderte auf die einzelnen Fragen. Auf die Entscheidung des Stadtsyndikus habe das Ministerium keinen Einfluß. „Vor den Augen des Lehrers“ heißt, daß die Schüler wissen mußten, daß sie von einzelnen Lehrern gesehen werden konnten. Wenn die Goslarer Bürger die NReichsfarben nicht zeigen, fo sei das bedauerlih, darauf habe das Ministerium keinen Einflußz wohl aber müßten die Schüler wissen, daß es sich nicht um Farben des Neichsbanners, sondern um Farben des Reichs handelte, Aufgabe des Geschichtsunterrichts sei es, hier belehrend zu wirken. Die be- \{chlossenen Schulstrafen seien ohne jede Aenderung genehmigt worden. Die Androhung der Verweisung sei keine Strafe. Die Lehrer hätten bei den amtlichen Vernehmungen Aeußerungen getan, die stark zu mißbilligen seien. Die Maßnahmen seien allein auf die Jnitiative des Ministeriums zurückzuführen. Politishe Einflüsse hätten nicht mitgewirkt, Ministerialrat Lan äußerte sih zu der Rechtsfrage. Die Entziehung des Prüfungsrehts sei rechtlich begründet, da die Anerkennung einer höheren Schule ein staatliher Verwaltungs akt sei. Man hâtte der GBoslaer Schule fogar die An- erkennung überhaupt entziehen können. Die Versetungsbefugnis

der städtischen Lehrer sei anzuerkennen. Die Unterhaltsträger seien nach den geseßlichen Vorschriften gehört worden.

An die Ausführungen der Negierungsvertreter {loß \ich eine ein- gehende Auésprache. Abg. Grebe (Zentr.) hielt die scharse Ahndung der Vorgänge für notwendig, s{chon die Entfernung der Farben sei eine Beschimpfung. Auf Grund des {lehten Revifionsberichts habe man die Empfindung, daß au die Aufsichtsbehörde ihre Pflicht nicht getan habe. Vielleiht wäre es zweckmäßiger gewesen, die Haupts- rädelsführer von der Anstalt zu verweisen. Nach Verlesung der amt- lichen Nevisionsberichte erklärte ein Ministerialvertreter, daß auf Grund der sehr eingehenden Nevisionen der Schule das Necht zur Abhaltung der Neifeprüfung erst wieder zuerkannt werden könnte, wenn der Rektor und einige Lehrer verseßt worden feien, die nicht die Gewähr böten, daß sie den staatsbürgerlichen Unterricht im Sinne der Erziehung zur Repuplik geben könnten. Beim Lyzeum genüge angesichts der besseren Einsicht des Rektors und des Kollegiums nur eine ernste Mahnung. Abg. ODelze (D. Nat.) führte aus, daß über die Befugnis des Staats das Prüfungsreht zu suspendieren, kein Zweifel fein könne. Es handle sich hier aber um eine übertriebene politishe Maßnahme. In der Frage der Verseßbarkeit gebe die Heranziehung der alten

¡ Ministerialbeamten keine Klarheit. Das Oberverwaltungsgeriht habe

sich noch nicht grundsäßlih entschieden. Bedauerlich sei, daß in dem Bericht der Ministerialklommission kein Name genannt werde. Die Anstalt sei noch vor einem Jahr als Musteranstalt hingestellt worden. Um fo befremdliher müßten die harten Maßnahmen anmuten. Für den Geist der Schüler sprehe es, daß ih fofort 23 Schüler gemeldet hätten. Da hätte das Ministerium großzügig einen Strih machen follen. Abg. Dr. von Campe (D. Vp.) bedauerte, daß die Grundlage des Aufichtsre(ts im Schulwesen nirgends zusammengefaßt sei. Die Entziehung des Prüfungsrechts könne wobl zur Kompetenz der Staats- auffict gehêren, follte aber nur im äußersten Falle angewendet werden. Das Necht des Staates, im Interesse des Dienstes Lehrer von nicht- staatlichen an staatliche S{Gulen zu verseßen, sei stark umstritten. Die Städte befänden \ich in einer Zwangslage, weil fie befürchten müßten, ihrer Zuschüsse verlustig zu gehen, wenn sie Widerstand leisteten. Der Redner fragte, ob die Negicrung dem Direktor Anerkennung für fein tatkräftiges Durchgreiten, wie der Bericht des Provinzials{hulkollegiums ihm in Ausficht stellt, ausgesproen babe. Es wäre eines Nechtsstaates unwürdig, wenn ein Lehrer verseßt würde, ohne daß man ibn gehört habe. Abg. Dr. Schuster (D. Vp.) bemerkte gegenüber dem Bericht der Ministerialvertreter, daß eingehende Besprehungen zweds Durch- führung der Schulreformen und der Nichtlinien in Goëlar statt- gefunden hätten. Es habe auch ein fünttiger LÆhrplan vorgelegen.

(Fortseßung in der Ersten Beilage.)

Verantwortl. Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlottenburg. Verantwortlih für den Anzeigenteil: Rechnungsdirektor Mengering in Berlin.

Verlag der Geschäftsstelle (Mengering) in Berlin.

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1929

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Jnhalt des amtlichen Teiles:

Deutsches Reich.

Verordnung über die Verarbeitung von Obst in landwirtschaft- lihen Klein- und Abfindungsbrennereien im Betriebsjahre 1929/30.

Z Preußen.

Anzeige, betreffend die Ausgabe der Nummer 29 der Preußischen

Geseßsammlung.

Amtliches. Deutsches Reich.

VBororduitnga über die Verarbeitung von Obst in landwirtschaft- lichen Klein- und Abfindungsbrennereien im Betriebsjahre 1929/30. Vom 2. Dezember 1929,

Auf Grund des § 26 Abs. 1 Nr. 3 des Gesezes über as Vranntweinmonopol vom 8. April 1922 bestimme ih mit Zustimmung des Reichsrats, was folgt :

i: Landwirtschaftliche Klein- und Abfindungsbrennereien dürfen im Betriebsjahre 1929/30 ohne Verlust der Eigen|chaft ihrer Brennerei- Uasse- inländishes Obst verarbeiten, das die Eigentümer oder Besißer

der Brennereien nicht felbst gewonnen haben, unter der Vorausseßung, daß die Verarbeitung bis zum 30. April 1930 erfolgt.

Berlin, den 2. Dezember „1929. ; Der Reichsminister der Finanzen. J A: Ernst

Preufzen. Véetanntmachun.g. Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 29

der Preußischen G: ‘eßsammlung enthält unter Nr. 13 455 die Verordnung über die Aenderung der Grenzen der

V

Landgerichtöbezirke Frankfurt a. M., Hanau und Wiesbaden sowie der Amtsgerichtsbezirke Bergen und Frankfurt a. M., vom 21. No- vember 1929, und unter

Nr, 13456 die Verordnung über die Festsezung d

| 3 49 Berord! 1 g der von der Provinz Westfalen, der Rheinprovinz und der Provinz Hessen-Nassau in den Staatérat zu entsendenden Vertreter, vom 26. November 1929.

Umfang # Bogen. Verkaufspreis 0,20 NM.

__ Zu beziehen durch R. von Decker's Verlag (G. Schenck), Berlin W. 9, Unkstraße 35, und durch den Buchhandel. /

Berlin, den 3. Dezember 1929. Schriftleitung der Preußischen Geseßsammlung.

ORELZE E: §2: S R I I: R T E E S E R E E "i U E T U Ri S EE E A E)

Nichtamtliches.

Deutsches Neich.

Der Reichsrat hält Donnerstag, den 5. Dezember 1929, 5 Uhr nachmittags, im Reichstagsgebäude eine Vollsizung.

Der litauische Gesandte Sidzikauskas hat Berlin ver- lassen. Während seiner Abwesenheit führt Legationssekretär Symsa die Geschäfte der Gesandtschaft.

Deutscher Reichstag. 105. Sißung vom 30. November 1929. Na Qt: 6

Die Rede, die der Reichsminister - des FJnnern Severing im Laufe der 2. Beratung des Freiheitsgeseßes gehalten hat, lautet nach dem vorliegenden Stenogramm, wie folgt:

Meine Damen und Herren! Der Hecr Abgeordnete von Frey- tagh-Loringhoven hat gestern gemeint, daß die Reichsregierung einen hohen Fieberzustand verraten habe in der Abwehr der Propa- ganda, die von den Kreisen um das Volksbegehren entfaht worden ist. Jh möchte demgegenüber feststellen, daß die Reichsregierung vor Anbeginn ihrer Abwehrtätigkeit an kühl bis ans Herz hinan alle ihre Maßnahmen getroffen hat, daß sie auch nie bei der Ab- web. der Dinge, die uns dur das Volksbegehren entgegengetragen sind, Herzattacken verspürt hat. Das sage ih auch gegenüber dem

da Se 2a A I

Herrn Abgeordneten von Kardorff, der der Meinung war, daß die Reichsregierung die ganze Angelegenheit anders hätte behandeln, „ironisieren“, sollen. Herr Abgeordneter von Kardorff, ih ver- rate Jhnen, daß Sie im Ergebnis der leßten Haager Verhand- lungen selbstverständlih mit Jhrem Parteiführer Stresemann einig sind, daß Sie aber in der taktishen und propagandistishen Abwehr der Aktion des Volksbegehrens mit ihm nicht einig gehen. (Hört, hört! in der Mitte und links.) Denn gerade Herr Minister Stresemann hat meines Erachtens durchaus mit Recht nah seiner Rückkehr aus dem Haag darauf aufmerksam gemacht, daß es nun für die Regierung höchste Zeit sei, das „rätselhafte Shweigen“, das sie vom 7. Juni an von sich aus beobahten mußte, zu brehen und nun ihrerseits auch das zum Young-Plan zu sagen, was im Juteresse der Wahrheit und im Jnteresse der Richtigstellung der vielen Verzerungen -durhaus notwendig war. (Zurufe von den Deutschnationalen.) Denn als am 7. Juni der Young-Plan bekannt wurde, nußten die Herren von der rechten Seite und die- jenigen, die sich später zum Volksbegehren zusammenfanden, die politishe Möglichkeit, die Schattenseiten des Young-Plans mit allen Mitteln der Propaganda zu betonen. Die Regierungs- paxrteien aber und noch mehr die Regierungsmitglieder mußten in Rücksiht auf die Stellung ihrer künftigen Unterhändler sich hüten, die Lichtseiten des Young-Plans besonders herauszustellen (sehr richtig! bei den Regierungsparteien), und deswegen hatten wir keine Gelegenheit, bis zum Abschluß der Haager Verhand- lungen den Ausstreuungen und JFrreführungen entgegenzutreten, die die Parteien und Gruppen des Volksbegehrens s{chon vom 7. Funi an im Volke verbreitet hatten.

Dann kam aber noch folgendes hinzu: einige Kreise der Reichs- regierung und dazu gehörte ich haben von vornherein gewußt -— ih lege das später noh eingehender dar —, daß es sih gar nicht in erster Linie um eine außenpolitishe Aktion handelte, auch nicht, wie Herr Kollege von Kardorff meinte, um eine wohl- gezielte Spive gegen Stresemann und gegen die Volkspartei, o nein, wir haben von vornherein begriffen, daß die Absicht der Herren darauf gerichtet wax, mit der Aktion des Volksbegehrens gegen die Demokratie, gegen das „System“, gegen die Weimarer Verfassung anzugehen. (Lebhafte Zustimmung bei den Sozial- demokraten.) Dabei haben die Herren insbesondere von der Nationalsogialisten Freiheitspartei oder pardon! Arbeiter- partei den Mund \{chon so voll genommen (Heiterkeit links), und von dem Größenwahnsinn der Herren ist Herr Hugenberg inzwischen au so angesteckt worden, daß es uns angezeigt erschien, durch eine zweckmäßige Abwehrpropaganda der Reichsregierung Kraftmeiertum von wahrer Kraft zu unterscheiden, dem deutschen Volke klarzumachen, daß die politishen Lautspreher (Heiterkeit) nit immer politishe Stärke, nicht immer politishe Macht hinter sih haben, daß es also bei der kommenden Zählung darauf an- kommen müßte, die Anzahl der Volksbegehrenden so niedrig wie möglich zu halten. (Zurufe - von den Nationalsozialisten: Mit Terrox, mit Lüge und mit Eitlassungen! Glocke.) Und, Herr Kollege von Kardorff, daß uns das gelungen ist, das beweist doch das schließlihe Ergebnis des Volksbegehrens. (Zuruf von der Deutschen Volkspartei: Das wäre ohne die Maßnahmen geringer gewesen! Zustimmung rechts.) Jch habe den Herren fünf Mil- lionen Stimmen zugebilligt. Daß diese fünf Millionen“ nicht erreiht worden sind, daß lnapp das erforderliche Zehntel auf- gekommen ist, ist jedenfalls ein Beweis dafür, daß die Auffassung des Herrn Kollegen von Kardorff nicht richtig ist, die Auffassung, daß dîe Reichsregierung durch ihre Maßnahmen dem Volksbegehren künstlih Auftrieb verschafft habe. (Zuruf von der Deutschen Volks- partei: Sonst hätten sie nur zwei Millionen gekriegt!)

Auch das Stahlhelmverbot hat Herr Kollege von Kardorff als eine solhe Maßnahme der Reichsregierung bezeihnet. Wir werden über das Stahlhelmverbot wahrscheinlich {on in der nächsten Woche ausführlicher sprechen. Heute darf ich JFhnen sagen, daß ih mir den Termin der Zustimmung zu der Verbots- verfügung des Preußishen Fnnenministers auch nicht freiwillig gewählt habe, daß ih mich in der Zwangslage befand; entweder eine gewisse Schlamperei und damit auch eine gewisse politische Ungleichheit in Preußen eintreten zu lassen, oder aber den Dingen ihren freien Lauf zu lassen, ganz gleih, was daraus würde.

Jch gehe noch weiter. Jh sage Jhnen: Als einige Tage nach dem Lauf des Volksbegehrens der Preußishe Jnnenminister mir von seinen Absichten Mitteilung machte, da habe au ih politische Beklemmungen empfunden, und wenn es möglih gewesen wäre, die ganze Angelegenheit verzeihen Sie den Ausdruck auf Eis zu legen, vielleiht 14 Tage lang, ih: hätte gern von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. (Hört, hört! rechts.) Aber, meine Herren, was hätten Sie gesagt, Sie von der Deutschnätionalen Volkspartei, wenn man also die Verbotsverfügung vertagt hätte

und man wäre am 30. Oktober, nachdem es festgestellt war, daß

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Sie ungefähr das Zehntel der Stimmberechtigten erreiht hätten, mit der Verbotsverfügung herausgekommen? Hätten Sie da nicht der Preußishen Regierung und der Reichsregierung unterstellt, daß sie nur aus Aerger und Zorn über Fhren „Erfolg“ jeßt die Quittung dem Stahlhelm erteilt hätten? Wir können es eben machen, wie wir wollen; den Deutshnationalen machen wir es nie reht. Und darum folgen wir den klaren Bestimmungen des Geseves und unserem Gewissen, und das schrieb uns vor, in der Frage des Stahlhelmverbots auch niht einen Tag Verzögerung eintreten zu lassen. (Zuruf von den Kommunisten: Fn der Praxis haben Sie das Verbot ja hon aufgehoben!)

Nun, meine Herren, die Beamtenfrage! Jch wundere mih über eines, nämlich, daß Herr von Kardorff selbst anerkennt, daß es niht möglich ist, den § 4 des Volksbegehrengeseßes parlamen- tarish so zu kennzeihnen, ohne in einen Konflikt mit dem Präsi- denten zu geraten. Er gibt also damit zu, daß der Fnhalt des 8 4 des Volksbegehrengeseßes unqualifizierbar ist, er gibt zu, daß mit diesem § 4 des Gesetzes die Minister so schwer gebrandmarkt werden, daß eine entsprehende parlamentarishe Antwort die Rüge des Herrn Präsidenten finden müßte. (Zuruf von den Nationalsozialisten: Fhre Politik ist unqualifizierbar! Lachen links.)

Nun bih ih aber der Meinung, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß, wenn jemand als Beamter sich mit dem Fnhalt dieses § 4 des Volksbegehrengeseßes identifiziert, wenn jemand als Beamter durh seine Zustimnung niht nur künftiges Recht schaffen will, sondern auch rückshauend die Träger ih zitiere da die Ausführungen des Herrn Kollegen von Kardorff —, die Träger der Verständigungspolitik als Landesverräter brauds marken will, Sie, meine Herren, von den Chefs der Reichs- verwaltungen, von den gebrandmarkten „Landesverrätern“, mit der Forderung auf stillschweigende Duldung dieser Beleidigungen doh eine zu große Dosis Selbstverleugnung und Lammesgeduld verlangen (lebhafter Beifall links). die ehen niht jeder auf- zubringen vermag. Deshalb stehe ih, selbst auf die Gefahr hia, mir den Zorn des Herrn Kollegen von Kardorff und den Zorn seiner Partei zuzuziehen, gar nit an, zu erklären, daß die Be- amten, die sih ausdrüdcklih mit dem Fnhalt des § 4 identifizieren, im Dienste der Republik keinen Plaß hahen sollten. (Stürmischer Beifall und Händeklatshen bei den Sozialdemokraten.)

Aber die Bemerkungen des Hérrn Kollegen von Kardorff und die Ausführungen des Herrn Kollegen Dr. Bredt von gestern be- ruhen ja auf ganz falschen Voraussezungen. Was ih JFhnen j26t erklärt habe, ist meine grundsäßlihe Auffassung der Angelegenhcit, ist durhaus niht die Ankündigung von entspxehenden Maß- nahmen. (Lautes Lachen bei den Deutschnationalen. Al- geordneter D. Dr. Bredt: Wir haben ja auch an die Universität die Nachricht bekomnmen, daß gegen uns vorgegangen wird, wenn wir uns beteiligen!) Herr Abgeordneter von Kardorff, Sie haben „Maßnahmen“ beurteilt. Jch frage Sie: welche Maßnahmen der Reichsregierung? Nicht wahr, hier steht ja doch allein die Deutsche Reich8regierung, wie Sie sagen würden, unter Anklage. (Ah so! bei der Deutschen Volkspartei. Zurufe rechts.) Fh sage: von welchen Maßnahmen der Reichsregierung können Sie berihten? Meine Damen und Herren, ih könnte Hunderte von Zeugen dafür anführen, die mir bestätigen würden, daß ih in den Wochen, in denen das Volksbegehren angekündigt, aber noch niht durhgeführt war, in den Wochen, in denen erst der Referenten entwurf der Herren Hugenberg die Oeffentlichkeit beschäftigte (Heiterkeit links), der ja später „verbessert“ worden ist, aîf An- frage erklärt habe: ih werde der Reichsregierung vorschlagen, zu der Beamtenfrage keine Stellung zu nehmen, denn sie müßte, wenn sie Stellung nehmen wollte, die Beamten warnen, sich am Volksbegehren zu beteiligen, weil der § 4 eben die beshimpfenden Ausführungen enthält. Wenn wir aber diese Warnung erlassen würden, würde das sofort in der deutshnationalen Oeffentlichkeit als eine unerhörte Beeinflussung, als eine unerhörte Einshränkung der verfassungsmäßigen Rechte der Beamten deklariert werden, und bei ‘einem etwaigen Mißerfolg des Volk sbegehrens würde man uns verantwortlich machen. (Zuruf von den Deutschnationalen: Seiltänzerei!) Jh habe weiter gesagt: auf die paar zehntausend Stimmen der Beamten, die heute noch bei den Deutshnationalen stehen, kommt és wirklih niht an. (Heiterkeit links.)

* Jh: hatte also die Absicht, zu der Beamtenfrage bis zum Ah« {luß des Volksbegehrens in keiner Weise Stellung zu nehmen. (Zurufe rechts.) Aber es kann der Frömmste niht in Frieden leben, wenn es den bösen Nachbarn nicht gefällt. (Lachen bei den Deutschnationalen.)

Meine Herren, ih bekam am 14. Oktober vom Reichsausshuß für das ‘Volksbegehren ein Schreiben, in dem es hieß:

Jn Bremervörde ist Beamten, die den Aufruf für das Volks-

begehren unterzeihneten, von dem Landrat auf Regierungs-

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