1929 / 285 p. 1 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 06 Dec 1929 18:00:01 GMT) scan diff

D g E R A E M R T m A E

M E E T O E A

o E L E A

Reicchs8- und Staat3anzëiger Nr. 284 vom 5, Dezember 1929, S. 4.

der Abschueidung des Wahrheitsbeweises bemerkte der Redner, daß der Entwurf hier bereits schr vorsihtig und eng abzegrvenzt habe und eine Lösung vorgeshlagen habe, die dem Beleidiger wie dem Beleidigten gerecht werden dürfte. Jm einzelnen müßten die sehr s{chwierigen Fragen im Unteraus\huß durh- geprüft werden. Abg. Ehlermann (Dem.) führte aus: Ein größerer strafrehtliher Ehrenshuß sei unbedingt erforderlih. Die arößte Schwierigkeit liege nur darin, - auf alle Fälle ein Herumwühlen in fremden Privatangelegenheiten weitgehend ver- mieden werden müsse, daß aber auf der anderen Seite es im Interesse des öffentlichen Lebens notwendig sein könne, eben doch in das Familien- und Privatleben einzugreifen. Redner legte in diesem Zusammen Zane besonders den Fall Harden-Moltke dar. Wenn auch der Wahrheitsbeweis eingeshränkt werden müsse, dann müsse jedenfalls dem Beleidigten ein Weg eröffnet werden, durch das Feststellungsverfahren tatsächlihe Behauptungen auf- klären zu fönnen. Größte Bedenken habe Redner gegen die Zu- lassung einer einzigen Fnstanz in Beleidigungssahen und gegen die Abkappung kleiner Bagatellsahen. Man dürfe in keinem Falle die Bedeutung eines strafrechtlihen Ehrenshubes für den einzelnen übersehen. Für den einzelnen sei es fast nie eine Bagatellsahe. Redner hält die individualistishe Betrachtung in jedem Falle für das richtige. Abg. Dr. R osenfeld (Soz.) erklärte, daß jeine Freunde niht ohne Bedenken gegen die Aus- shaltung des Wahrheitsbeweises in den Fällen seien, wo es sih um Angelegenheiten des Privat- oder Familienlebens handle, die das öffentlihe Jnteresse nicht berührten. Oft stelle sich aber

Angelegenheit von öffentlichem

erst spater heraus, daß cine nteresse Tot Ns z : auterdo Sto NomoiZ2or ho ‘r Fnteresse sei. Wenn man außerdem die Beweiserhebung nur

dann aus\chließe, wenn die Behauptung aus Gewinnsucht auf- gestellt sei, sei eine große Gefahr für die Presse gegeben, denn es werde Richter geben, die bei Redakteuren immer annähmen, daß sie eine Nachricht veröffentlihen, um Abonnenten zu fangen. Jedenfalls sei eine- besondere Tatsachenfeststellungsklage un

bedingt erforderlih. Die Einshränkung der Bagatellprozesse sei

schr wünschenswert, doch sei es äußerst schwierig, das Merfma: gu finden, an welchem en Bagatellprozeß erkennbar sei. Ueber demi Recht des Judividuums stehe das Wohl des Ganzen. Gäbe

man dem Richter das Recht der Einstellung von Versahren aus freiem Ermessen, so sei die Gefahr der Klassenjustiz gegeben, die unbedingt vermieden werden müsse. Die Höhe der Kosten shrecke erfohrungsgemäß niemanden vor einem Beleidigungs- prozeß zurü. Weiterberatung am Donnerstag.

___— Der Volktswirtschaftliche Ausschuß des Reichstags beriet iu seiner gestrigen Siyung den Geseßentwurf zur A e nderung und Ergänzung des Genosseushaftsgesehes, das den Zwec verfolgt, den Zusammenschluß von Revisionsverbänden zu erleichtern. Von kommunistischer Seite wurde beantragt, mit der Besprechung dieses Entwurfs auch Anträge zu verbinden, die eine Aufhebung des § 8 Ziffer 4 und ferner der §8 31, 81, 149 und 152 fordern, also derjenigen Paragraphen, die den Konsum- vereinen den Verkauf an Nichtmitglieder verbiete. Abg. Schroeter - Merseburg (Komm.) erklärte in der Begründung dieses Antrages, die Genossenschaften befänden sih- heute in einer glanzvollen Entwicklung und würden fünftig die gegebene Organisation des Güteraustausches sein. Deshalb müßten alle Bestimmungen, die einèn Verkauf an Nichtmitglieder untersagten, gestrihen werden. Die Abgg. Fleißner und Peine (S0z.) lehnten diesen Antrag für ihre Fraktion ab, und zwar unter Hinweis darauf, daß die Konsumyereine gerade darin thre Stärke sehen, daß sichznur diejenigen die Vorteile der Konsumvereine zunuße machen könnten, die auch Mitglieder seien. Der kom- munistische Antrag wurde gegen die Antragsteller abgelehnt. Abg. Biemnerx (D. Nat.) stimmte für seine Fraktion dem Entwurf zu, betonte aber, daß auch sie in mantherlei Beziehung Aenderungen für notwendig halte. Abg. Die h (Zentr.) erklärte sih gleichfalls mit dem Entwurf einverstanden. Die Vorlage fand blidblich einstimmige Annahme.!\

Der Reichstagsausshuß für soziale Angelegenheiten, der unter dem Vorsiß des Abg. Essex (Zentr.) über den Ladenschluß am 24. Dezember verhandelte, nahm gestern nach längerer Aus- spræœhe folgenden Geseßentwurf an: Artikel 1: Offene Ver- kaufsstellen dürfen am 24. Dezember nur bis 5 Uhr nachmittags, Verkaufsstellen, die aus\schließlich oder überwiegend Lebensmittel, Genußmittel oder Blumen verkaufen, bis 6 Uhr nachmittags e den geschäftlihen Verkehr geöffnet sein. Die beim Ladenschluß hon anwesenden Kunden durfen noch bedient werden. Die Vor- riften des Abs. 1 gelten auch für Verkaufsstellen von Konsum- und ähnlichen Vereinen, für solche auf Eisenbahngelände und für das gewerbsmäßige Feilbieten außerhalb offener Verkaufsstände. Sie gelter niht für Apotheken, für den Marktverkehr und den Handel mit Weihnachtsbäumen. Artikel 2: Wer den Vor- schriften des Artikels 1 zuwiderhandelt, wird mit Geldstrafe bestrafi. Artikel 3: Das Geseh tritt am Tage der Verkündung in Kraft. Die Annahme dieses Geseßentwurfs geschah im Aus- {uß mit 18 gegen 9 Stimmen bei einer Stimmenthaltung. Gegen das Gesey stimmten einige Mitglieder der Deutschnationalen Volkspartei, der Deutschen Volkspartei sowie die Berireter der Wirtschaftspartei. Der Stimme enthielt sich ein Mitglied des Zentrums. Außerdem wurde eine Entschließung D Mumm (D. M angenommen, worin die Reichsregierung ersucht wird, unverzüglid es Verwaltungen Amen, etwaige Lohnzahlungen und T alblteanáen anläßlich des Weihnachtsfestes niht am 24. Dezember, sondern in den vorhergehenden Tagen vorzunehmen. Auch möge die Reichsregierung in diesem Sinne quf die Länderregierungen und andere in Betracht kommende Ste!len in geeigneter Weise einwirken. Hierauf vertagte si der Ausschuß.

Der Bildungsausschuß des Reichstags legte in seiner Ben Sißung den Geswäftsplan für seine Arbeiten fest und be chloß, im Laufe des Monats Fanuar eine Reihe von wich- tigeren Vorlagen, so u. a. den Geseygentwurf zum Schuße der Augend bei Lustbarkeiten, das Lichtspielgeseß und Anträge zum eihss{chulgeseß, zu beraten. Fm Übrigen beshäftigte sih der Ausschuß mit Petitionen. Dabei wurde die Beratung einer Ein- gabe von Absolventen des Technikums Mittweida, die um die Berechtigung für die Beamtenlaufbahn des technischen öffentlichen Dienstes nachsuchen, aufgeshoben, bis auch ein Vertreter des Reichsverkehrsministeriums Gelegenheit hat, an der Besprehung dieser Eingabe teilzunehmen. Der Reichstagsausschuß für die beseßten Gebiete beriet gee eine Reihe von Eingaben und beschlo} u. a., eine Eingabe es Hessishen Landtags der Regierung als Material zu über- weisen, in der die Reichsregierung auf die besondere Bedeucung | ge wes wird, die die bisher eingeleiteten Hilfsaktionen für ie beseßten Gebiete angesihts der im Gange befindlichen Räumung auch für Hessen haben.

Der Sklarek-Untersuchungsausshuß verhandelte Geern vor Beginn der öffentlihew Sißung in vertraulicher châfts- ordnungsberatung, wobei nah einer ren mit dem Staats- anwalt Weißenberg festgeste wurde, daß Stadtrat Benecke auch über die ihm gemachten Vorwürfe insoweit Auskunft geben dürfe, ls sie sich auf eventuelle materielle Ps durch die Sflareks bezichèn. Zunächst wurde der sozialdemokratische Abg. einert vernommen zu der vorgestrigen Behauptung Nowarras, u abe als Oberbürgermeister von Hannover Waren von BAG. bezogen und auch unseriöse Vertreter des Vaterland- danks an die BAG. empfohlen. Abg. Leinert (Soz.) erklärte, nach dem Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger, hierzu als Zeuge: Jh kenne Nowarrä über- haupt nicht und muß sagen, daß es absolut unwahr e daß ih mit ihm wegen Lieferungen für Hannovex gesprochen hätte. F war mit den Oberbürgermeistern Wermuth und Böß so bekannt,

daß ich mich bei einem Warenbedarf direkt an sie hätte wenden können. Jch kann mich nicht entsinnen, daß ich, seit ih Ober- bürgermeister von Hannowr war, jemals Herren des Vaterland- danks gesprohen hätte oder gar ihnen Empfehlungen gegeben hätte. Jch habe auch nicht das geringste Geschaft zwischen Berlin und Hannover gemacht. Damit ist die Vernehmung Leinerts be- endet. Nachdem Staatsanwalt Weißenbe rg zu einem Bericht noch ergänzend mitgeteilt hat, daß er nicht mit Sicherheit be- haupten wollte, daß Kohl auch im Winter von den Sklareks Renn- gewinne erhalten habe, wird die Befragung des Stadtrats Benedcke (D. Vp.) fortgeseßt. Abg. Ladendor ff (Wirtsch. P.): Jt es richtig, daß Jhre Frau eine Perlenstickerei betrieb und daß der Stadtverordnete Rosenthal viel von ihren Waren bezogen hat? Benecke: Meine Frau hat vor unserer Eheschließung eine kunstgewerbliche Werkstatt dieser Art in Berlin gehabt. Nach unserer Verheiratung hat sie aber nur noch aus Gefälligkeit einige ältere Heimarbeiterinnen weiter beschäftigt, während der eigeni- lihe Betrieb aufgelöst wurde. Rosenthal hat niemals bei ihr gekauft. Vielleicht hat meine Frau der Frau Rosenthal einmal eine Perlentasche ge]|henkt. Abg. Ladendorff (Wirtsh. P.): Dann trifft es wohl au nit zu, daß die Sklareks am Betriebe FFhrer Gattin finanziell beteiligt waren? Benedcke: Nein! Auf weitere Fragen des Abg. Ladendorff (Wirth. P.) äußert sich Benecke nun zu den einzelnen gegen ihn erhobenen Vorwürfen. Zu der Behauptung, er hätte für die Vecmittlung von Auïto- fäufen der Sflare!s Provision erhalten, erklärte er: Es handelt sih lediglich um Max Sklarek. Der hat mal, als er den Plan hatte, sich einen neuen Wagen zu kaufen, in der Autowerkstait des Sohnes meiner Frau aus erster Ehe, eines Schönherr, vor- gesprochen. Sklarek, der zunächst cinen amerikanischen Wagen taufen wollte, ließ sich von Schönherr überreden, ein deutsches Fabrikat zu wählen, Es ist ein zufälbiges Zusammentreffen, daß das Geschäft perfekt wurde, als gerade auch ih wegen des Um- tausches eines eigenen Wagens vorx Verhandlungsabschluß stand. Mir ist von Sklarek keine Provision angeboten worden. Max Sklarek hatte sich vielmehr einen jeßt niht mehr gebauten Typ ausgesucht, weshalb die Firma ihm einen Preisnachlaß gewährte. Hiervon wurden zunächst die Steuern und Zulassungsgebühren abgezogen. Den Rest erhielt dann der junge Schönherr, der ein Geschäft erst in den Anfängen hat und dem ih daher die roviton gönnte. Einige Monate später spielte sich ein zweites Auto- geschäft ab. Max Sklarek wollte seiner Tochter einen Wagen zum Geburtstag schenken. Hierbei bin ih insofern als Mittels- person aufgetreten, als ih den Preis für den Wagen an Schönherr weitergab. Jch persönlih habe auch hier weder cine Provision beansprucht noch bekommen. Jch habe auch mit keiner städtischen Dienststelle etwa Vereinbarungen dahin getroffen, daß städtische Autoreparaturen bei Schönherr gemacht werden sollten. Es ist möglich, daß einige städtishe Betriebe sich ein neues System einer Vierradbremse für ihre Kraftwagen haben einbauen lassen, für das Schönherr Berliner Vertreter war. Jch persönli habe in dieser Angelegenheit aber nichts zu tun gehabt. Den geselle schaftlichen Verkehr mit den Sklareks schildert Benecke u. a. wie folgt: Erst im Januar 1928 auf einem der zahlreichen interparlamentarishen Abende beim Stadtverordneten Rosen- thal, an denen Vertreter aller Fraktionen teilnahmen, habe ih Willy Sklarek kennengelernt. Da wir etwa denselben Weg hatten, erbot ich-mich, ihn in meinem Wagen mitzunehmen. urch eine von Willy Sklarek bet dieser Gelegenheit verschuldete Beschädigung meines Wagens die Tür war nicht rechtzeitig geshlossen worden und s{chlug gegen einen Baum kamen tir uns persönlih insofern etwas näher, als Willy Sklarek den Vorfall außerordentlich bedauerte und sich o bereiterfklärte, den Schaden zu erseßen. Einige Bei später shickte er mir zu- nächst eine Rechnung, die ih i chuldete, quittiert als Abzah- lung auf den Schaden zu. Den geringen Restbetrag zu Lasten Sklareks habe ih nicht mehr berehnet. Mehrere Monate später, im Herbst 1928, war wieder eine solche Gesellschaft beim Stadtverordneten Rosenthal. Dabei habe ich Max Sklarek zum erstenmal gesehen, der mah, ebenso wie viele andere, dringend einlud, ihn einmal zu besuhen. Fch war ein einziges Mal bei Willy Sklarek. Er machte mir spliter einen ganz kurzen Gegen- besuch. Das sind meine Beziehungen zu Willy Sklarek. Herrn Leo Sklarek habe ih weder eingeladen, noch bin S bei ihm ge- wesen. Jch habe ihn nur &inige Male ge Gen. twas nähere Beziehungen habe ih zu Max Sklarek gepflogen. Wir waren verschtedentlih, aber immer nur in größerem Kreise zusammen. Nur am 6. Januar 1929, dem Geburtstag meines Stiefsohnes, war ich einmal im Hause von Max Sklarek. Bei mir war Max Sklarek niemals. Jch bin oft auch eingeladen worden, das Jagd- haus Max Sklareks in Waren zu besichtigen, ebenso wie viele andere. Als ich nun Anfang August wieder eine Einladung erhielt, zur Rehjagd hinauszukommen, bin ih eines Mittags hingefahren, habe über Nacht auf dem Anstand geaen und bin nach einer kurzen Na am nächsten Mittag wieder nah Berlin gefahren. Es ist dabei in Waren keineswegs üppig zuge- gangen, sondern nur ein kleiner Fagdimbiß gegeben ivorden. Bezüglich der Einladungen der Sklareks zu großen Empfängen der Stadt bekundete Benecke, der Dezernent für die Rathaus- verwaltung war, u. a.: Nah meinen Feststellungen ist Max Sklarek zu zwei Gelegenheiten eingeladen gewesen, nämlich an- läßlih der Todéaninia estspiele und anläßlih des Empfanges des Königs Fuad. Bei Toscanini hatte auf Anregung des Ober- bürgermeisters der estspielaus\chuß beschlossen, diejenigen Per- önlihkeiten, die größere Stiftungen gemacht hatten, zum Emp- ange der Stadt einzuladen. Da Sklarek der Stadt zu den estspielen 3000 oder 5000 Mark gespendet hat, ist ganz auto- matisch seine Einladung erfolgt. Fm übrigen bekamen die raf- tionen zu solchen Anlässen Blankokarten, auf die oft äste erschienen, die der Stadtverwaltung niht näher bekannt waren. Beim Empfange Fuads mag sein, daß von ivgendeiner Seite eine Anregung an mi ergangen ist, auch die anderen Sklareks

einzuladen. Auf Zwischenfragen fügte Benecke hinzu, die Sozialdemokraten hätten sich beklagt, daß nur immer der der demokratischen Max Sfklarek eingeladen

Partei angehörende würde und nicht seine der sozialdemokratishen Partei angehören- den Brüder. pin A hatten wir keine Bedenken, auch Leo und Willy Sklarek zum Fuad-Empfang einzuladen, wir haben doch die Sklareks für seriöse Pren tenle eat Abg. Laden- dorff (Virtsh. P): Staat8anwalt Weißenberg hat ausgesagt, Sie hätten auch Zuwendungen von den Sklareks entgegen- genonimen und man hätte Fhnen bei Antritt der Amerikareise mit Böß, vielleiht unbemerkt von Fhnen, 1000 Mark in die Tasche gesteckt. Benedcke: Diese Angelegenheit betrifft mich ersönlih nit, sondern betrifft meine Frau. Da meine Frau

on vor unserer Ehe einen absolut selbständigen Haushalt ge- ührt hat, {lossen wir einen Ehevertrag, der ihr auch in der Fhe die volle wirtshaftlihe Freiheit ließ. Tatsache ist, daß meine Ten über das Geld, das wir besißen, und das zum größten ‘eil aus ihrem Q stammt, ganz selbständig verfügen kann, ebenso wie ih. Jch kümmere mih niht um die Anschaffungen meiner Frau, die auch Stadtverordnete war und durhaus gut wirt- schaftet. Veber die 1000-Mark-Angelegenheit hat meine Frau selbst vor dem Untersuchungskommissar ausgesagt. Benecke verlas den Wortlaut dieser Aussage. Danach hat Frau Benecke u. a. bekundet: Jm Sommer 1929 waren wir in größerem Kreise nah einer Theatervorstellung im Hotel Adlon zusammen. Links neben mir L Max Sfklarek, rechts neben mir eine Verwandte von mir. Sklarek erzählte so interessant von Pferderennen und den Gewinn seiner Pferde, daß ih den Wunsch äußerte, mir auch einmal ein - Pferderennen anzusehen. Meine Verivandte bemersïte, sie möhte gern mal am Totalisator seßen. Den Ein- wurf, daß man am Rennen mehr verliere als gewinne, wies Sklarek mit der Erklärung zurück, daß, wenn man genau die Joceys und die Pferde kenne, kaum Verluste zu befürchten seien. Wir baten Sklarek, uns einmal mitzuteilen, wann ein intere

essantes Rennen gelaufen würde. Nach einiger Zeit erhielt ich von Max Sklarek 600 Mark zugeschickt mit der Erklärung, er hätte für mich 100 Mark mitsezen lassen und dabei diesen Ge- winn gehabt. Der Einsaß war auf einer beigefügten Abrechnung abgezogen. Meine Verwandte, der ich davon Mitteilung machte, verlangte die Hälfte des Gewinns für si, weil sie eigentlich den

Tip gegeben habe. Mein Mann war von dem Verhalten Sklareks durchaus nicht erfreut. Er meinte, ich könnte doch

allein wetten. Am liebsten wäre es ihm, wenn ich das ganze gewonnene Geld meiner Verwandten geben würde. Fh bat nun Sflarek, in Zukunft nur noch für mih zu wetten, wenn ih selbst den Einsaÿ ihm gegeben hatte. Das chien mir umso weniger bedenklich, als Sflarek erklärte, er ließe das Wetten ganz ge- \häftsmäßig durch einen Dritten besorgen. Mehrere Wochen später kamen aber wieder 500 Mark Renngewinn an, von denen ih meinem Mann nichts sagte. Als ich bei den Vorbereitungen zur Amerikareise war, kam dann mein Mann mit einem De von Sklarek, worin die erwähnten 1000 Mark waren, diesma

aber ohne Abrechnung. Meinen Mann habe ich in dem Glauben gelassen, daß damals meine Verwandte das ganze gewonnene Geld erhalten hätte, während ih in Wirklichkeit mit ihr teilte. BenedDe fügie diesem Vernehmungsprotokoll seiner Frau hinzu: Jch bedaure, daß ich durch diese Haltung meiner Frau in eine sehr unglücklihe Lage gekommen bin. Meine Frau wollte mir dem gewonnenen Gelde nur den sehr großen Kreis be- dürftiger Familien bedenken, den sie ständig unterstüßt hat. Mir ist der genaue Verlauf dieser Rennangelegenheit selbst erst vor einigen Tagen bekannt geworden, weshalb ih früher auch darüber nichts aussagen konnte. Abg. Ladendorff (Wirth. P.): Wie sind Sie denn in den Besiß des Briefes mit den 1000 M ges fommen? Benedcke: Sklarek haite mir öfter Briefe für meine Frau mitgegeben, in denen sih Anweisungen für die Aushändîis gung von Bekleidungsstücken an Bedürftige befanden. Den hier [raglihen Brief mit den 1000 F übergab mir Sklarek mit, wenn ih mih recht erinnere, etwa der Bemerkung: „Da ist ein Rennbahnbericht drin!“ oder so ähnlih. Es ist nicht richtig, as ih über die hohen Kosten meiner Amerikareise geklagt habe. F

habe mix für meine Amerikareise von der städtishen Girokasse drei Kreditbriefe im Werte von über 30 000 A geben lassen. Fh hatte es also niht nötig, mir 1000 Mt schenken zu lassen. Meine Frau und meine Schwägerin können unter ihrem Eide bekunden, daß ih von den Renngewinnen nichts gewußt habe. Diese Renn- gewinne waren auch eine Bagatelle für mich. Der Zeuge betonte nohmals, er habe persönli mit diesen Dingen nie etwas zu tun gehabt. Die Reisekreditbriefe über 30 000 f habe er bet der Stadtbank bestellt, einmal, weil er seine Frau auf die Amerika- reise mitgenommen habe, und zweitens, che die allgemeine Regelung der Kostentragung durch die Stadt getroffen gewejen sei. Auf Befragen durch den Abg. Hillger (D. Nat.), der bes tonte, daß nah dieser Darstellung des Zeugen die Dinge eimn ganz anderes Aussehen bekommen häiten, exflärte der Zeuge, er A feine Bedenken gehabt, einen Vertrag mit zu unter- zeichnen, wenn der Oberbürgermeister, der Kämmerer oder auch ein Stadtrat ihn dazu aufforderten, Er selbst habe schon als un- besoldeier Stadtrat äußerst umfangreiche und zahlreiche Dezernate gehabt. Er sei über 20 Fahre Beamter gewesen. Er sei aller- dings niht Jurist, sondern Schulmeister, ex habe aber auf jedem Posten niht nur sein Schema abgearbeitet, sondern stets das Beste der Stadt vertreten. Jedenfalls bestreite er ganz entschieden, irgend etwas getan zu haben, um die Stadt zu schädigen oder die Gebr. Sfklarek zu begünstigen und dafür irgendwelche Ver- gütungen angenommen zu haben. Abg. Hillger (D. Nat.) stellte ohne Widerspruch des Zeugen fest, daß dieser au der Meinung zu sein scheine, daß die Arbeitsgebiete den Stadträten zu groß geworden, ihnen über den Kopf gewachsen seien, so der Ueberblick verloren ging. Auf Befragen durch den Abg. Mebventhin (D. EEA gab; der Zeuge an, er habe auch in anderen Fällen seinem Stiefsohn Autoverkäufe zu vermitteln ge- suht. Die kurze und leichte Tätigkeit der unbesoldeten Stadträte vor dem Kriege sei mit der langen angestrengten Tätigkeit der unbesoldeten Stadträte nah dem Kriege in keiner Weise zu ver- gleihen. Er selbst habe oft den Sonntag mit zu lie nehmemw müssen, um die sih Aabaleiben Berge von Akten erledigen zu können. Auf Befragen durch den Abg. Sabath_ (Soz.) be- stätigte der Zeuge, daß die Dezernate durch den Oberbjürger- meister an die einzelnen Stadträte entsprehend ihren Wünschen verteilt würden. Auf Fragen des Abg. Schmidt-Conz (Zentr.) betonte Stadtrat Benedcke ausdrücklich, er habe mit Max Sklarek bis zum heutigen Tage niemals über die Verträge der Stadt Berlin mit den Sklareks gesprochen. Es seien keinerlei Beeinflussungen, auch nicht von dritter Seite, erfolgt. Abg. Buhhorn (D. Vp.): Jst der Oberbürgermeister über alle laufenden wichtigen Verträge mit den Stadträten in engem Konnex gewesen? (Abg. Heilmann [Soz.]: Das ist doch gang relativ!) Benedcke: Fh kann hier kein Werturteil abgeben. Mir ist jedenfalls auch heute noch unklar, daß z. B. dieses be- rühtigte Schreiben vom 4. 12. 1927 so lange unbeachtet s{hlummern fonate. Da hätten doch die Juristen, die es au in die Hand bekamen, sofort sagen müssen: Hier stimmt etwas niht. Fch will dem Oberbürgermeister aus dieser Sache einen Vorwurf nicht machen, Abg. Buhhorn (D. Vp.): Sind Sie in hren 10 Fahren Magistratstätigkeit in ständigem _Konnex mit dem Herrn Oberbürgermeister gewesen, so daß er über alle wichtigen Fragen unterrichtet war? Benecke: Jh habe den Ober- ürgercmeister sehr O über Dinge, die in meiner Verwaltung geplant waren, unterrihtet. Er hat jedesmal mit sehr großem Satttéresé zugehört. Er hat au selbst in wiederholten Fällen mich über den Stand von Angelegenheiten in meinem Ressort

fragt. Damit war die Befragung des Zeugen beendet.

Das Betriebsratsmitglied Kullmann gab Auskunft über gewisse Vorkommnisse in der KVG., in der er zur, Zeit der Geschästsleitung Nowarras tätig war. Mit dem N agistorat habe er nie etwas gu tauit g Beschwerden habe er seinerzeit von den Flüchtlingen und Frwerbslosen über die ihnen gegebenen Sachen over Uber verspätete Aushändigung der Sachen zchlreich bekommenz er habe sie an die Geschäftsleitung weitergereiht. Die von den Gebr. Sklarek gelieferten Sachen seien sehr teuer, chlecht im Stoff, noch shlechter in der Verarbeitung gewwe|en. Here?ngekommene Waren haben daher vor etwa 6 Monaten nicht verkauft werden können. Die ursprünglich vom Marstall der KVG. überwiesenen Sachen seien an sih gut, keine Kriegsware gewesen. Daher seien die Preise von der KVG. auch gleih einige TOge nah Uebernahme der Sachen entsprechend erhöht worden. ißstände begannen eigentlih erst mit dem Eintritt des Direktors Kieburg. Material über Mißbräuche durch den Prokuristen Liebert habe vorgelegen, es habe aber zu erner substanziierten Beschwerde gegen den Vorgeseßten und Direktor niht ausgereiht. Herr Kieburg sei so groß gewesen, der habe sih überhaupt nicht sprechen lassen. Herrn Nowarra dagegen fonnte man alles vortragen. (Hört, Hört! rets.) Al8 die Sachen so hoh im Preise r ivorden waren, daß Er- werbslose sie überhaupt niht kaufen konnten, wurde der Preis

(Fortseßung in der Ersten Beilage.)

Verantwortl. Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlottenburg.

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Verlag der Geschäftsstelle (Mengerin g) in Berlin. Druck der Preußishen Drudckereci- und Verlags-Aktiengesellschaft, Berlin. Wilhelmstraße 32. Sechs Beilagen (einshließl. Börsenbeilage und zwei Zentralhandelsregisterbeilagen),

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Deutscher Reichsanzeiger Preußischer Staatsanzeiger.

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Berlin, Freitag, den 6, Dezember, abends.

JFuhalt des amtlichen Teiles: Deutsches Reich. Ernennungen 2c. Exequaturerteilung.

pfennigmünzen in November 1929,

Liste der Schund- und Schmußschriften.

strichen) berv vor dem Einrückungstermin bei der Geschäftsstelle eingegangen sein.

1929

Uebersicht über die Prägungen von Reichssilber- und Reichs- den deutshen Münzstätten bis Ende

Anzeigenpreis für den ‘aum einer fünfgespalt itzei

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find aut einseitig

insbesondere ist darin aud, anzugeben, welhe Worte etwa durch Sperr -

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Amtliches.

Deutsches Reich.

Deutschen Reichspost ernannt.

in Torreón (Mexiko) ernannt worden.

ist namens des Reichs das Exequatur erteilt worden.

Her par Prägungen von Reichssilber- und Reichspfennigmünzen in den deutshen Münzstätten bis Ende November 1929

Der Herr Neichspräsident hat an Stelle des verstorbenen Postsekretärs Gebhard in München den Postassistenten Max Meier in München zum Mitglied des Verwaltungsrats der

Der Arzt Dr. Friedrich R i e ß ist zum Konsul des Reichs

Dem französishen Konsul in Nürnberg, André Paris,

ch5 Silbermünzen Nickelmü r Ea R s n cs L Im Monat November 1929 is Fünt- ¿Fit Drei- Zwei- Ein- diefes Ras iniu Mr entes ünz e. i Kupfe rmünzen sind geprägt worden in: “oquar - vos - - "ugs Ne wart, Reichsmark- | Reichspfennig- | Reichspfennig- | Reichspfennig- Reichsptennig- ReiÄbpfenni - Reichépfenni - I teen an inde „ftüde stüte itüde stüde e e A NI NN NM RM NM NM NM RM RM O C E C A Nd 2 080 005 —- ç N a. aa a Wo e E: LOREE it ih A E E 82 092,30 Star 33 066,96 Muldenhütten E-P 0 L: 54 600 000 _—_— 2H 103 948,70 A. R 9 370,— Stuttgart A 300 000 L 25 E E met 40 000,— einés G 12 000, Karlsruhe L C E 247 540 éi ov lis A S 10 000,— E oe 9 900, 0 e E E “s as pes Ta Mi Mad 2 _— 5710,71 E 93 209, ivi L 2. Vorher waren geprä ¿ae E 980 329 550 394 900 00c 995 00C 342 667, T 313 662,90 T CERE at S —— 167 324 184 | 200 000 000 |_295 000 000 | 63 953387,— | “109859 100,— | 61182 415.20 | 27682 960,80 5 000 800,02 3 870558 37 . Ges ep 60 00€ 0/9 5 213 660 | 167 324 184 | 200 000 000 | 295 000 : i i : 4. G sind wieder eingezogen « » « « 24 560 972 750 30 796 2 497 210 es A 088 "46 038 l E 96610 Æ “a 70480 2 7a76 Os ° i Ea c 905 c - - - L 75 3 F Bleiben ats 289 189 100 | 166 351 434 | 199 969 204 | 292602790 | 64793 966,— | 63 820 609,— | 61488 172— | 276802 | 499912326 | 3935 S

*) Val. den Neichsanzeiger vom 6. November 1929 Nr. 260.

Berlin, den 5. Dezember 1929.

Liste der Shund- und Shmußschriften. (Geseg vom 18. Dezember 1926.)

Hauptbuchhalterei des Reichsfinanzministeriums. Di cke.

ia Aktenzeichen

Entscheidung |

| P.-St. Berlin vom 15. 10, 1929 Éönigs". Großer

81 | P\{ch. 253 Heft 1—100.

Leipzig, den 3. Dezember 1929.

Der Leiter der Oberprüfstelle. J. V.: Dr. Fabian. E? F E R O ORES Al Si EPRE S A D E E G Es Ei 26 E R S B 2 E D r R E R B i L F B A SOE E B E E TEL S; PIERAEL 2 Ia L P R T R E R E E T E R E E E I

Nichtamtliches.

Deutsches Reich.

Der Reichsrat hielt gestern unter dem Vorsiß des Staats- sekretärs Dr. Zweigert eine öffentlihe Sißung ab. Ohne Aussprache wurden dem Nachrichtenbüro des Vereins deutscher Zeitungsverleger zufolge genehmigt das Hopfen-Ursprungs- geseß, das Opiumgeseß, das Jnternationale Ueber- einkommen über die Entschädigung für Arbeits- losigkeit infolge von Schiffbruch und die Verlängerung der Geltungsdauer des Steuermilderungsgeseßzes.

Die Ausschüsse berichteten dann über den Geseßentwurf Pr babe der Angesielltenversiherung. Die Aus- chüsse haben verschiedenen Bestimmungen des Entwurfs die Zustimmung versagt. Es handelt sih dabei um Bestimmungen ur Erweiterung der Selbstverwaltung, die nah Meinung der Ausschüsse nur im Zusammenhang mit anderen Zweigen der Sozialversicherung geregelt werden sollten. Zugestimmt wurde der Bestimmung, daß Redakteure und leitende Angestellte im Dienste der Presse, die in der Versorgungsanstalt der Presse versichert sind, versicherungsfrei bleiben.

_Der Vertreter des Reichsarbeitsministeriums erklärte, daß die Regierung die von den Ausschüssen abgelehnten Se nuoges U Y Sin A f rie Punkten eine

oppelvorlage einbringen werde. Der Reichsrat stimmte de Anirag der Ausschüsse zu, y y E

Genehmigt wurden weiter eine Verordnung über die Nach- entrihtung von Beiträgen für versicherungsfreie Personen, eine Verordnung über die Abänderung der Ausführungsbestimmungen 4 zum Sclachtvieh- und Viehseuchengeseß und ein Geseßentwurf über die Pflicht zum Antrag auf Eröffnung des Konkurses.

Von der Regierung lag weiter der Entwurf einer

Aenderung zur Reichsstimmordnung vor, der auf den bevorstehenden Volksentsheid Bezug nimmt.

Bezeichnung der Schrift

eHeimlich getraut vez die Privatsekretärin des Eisen- Volksroman von Ellmar Pfeil.

Verleger Bemerkungen

Mignon-Verlag, G, m. b. H., Dresden.

__ Nach der Reichs\timmordnung darf der einzelne Stimmbezirk i

einer größeren Gemeinde nicht mehr als 2500 Einwohner talt Mit Nücksicht auf die beim Volksbegehren abgegebene sehr niedrige Stimmenzahl in einzelnen Gemeinden, baben diese Gemeinden ersucht, ihnen die Möglichkeit der Bildung größerer Stimmbezirke zu geben.

gaffung stimmte der Regierungsvorlage in folgender „Zit bei einem Volksentscheid in einer Gemeinde mit ei - gewöhnli niedrigen Beteiligung zu rechnen, fo können Sinai auch mit einer größeren Einwohnerzahl als 2500 gebildet werden.“

Deutscher Reichstag. 110. Sigzung vom 4. Dezember 1929. NaGtrag.

Die Rede, die der Reichsminister des JFnnern Severing im Anschluß an die Ausführungen der Abge- ordneten Pieck S ari und Dr. Everling (D. Nat.) gehalten hat, lautet nah dem vorliegenden Stenogramm, wie folgt:

Reichsminister des Funern Severing: Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Pieck (Andauernde Zurufe von den Kommunisten. Glocke des Präsidenten.)

Vizepräsident von Kardorff: Meine Hexren! JFch muß nochmals um Ruhe bitten!

Reichsminister des Jnnern Severing: Der Herr Ab- geordnete Pieck hat gemeint, ‘es sei charakteristisch, daß die Reichs- regierung niht den Mut habe, die Geseßesvorlage hier vor dem Reichstag zu vertreten. (Zuruf von den Kommunisien: Sie haben sogar den Mut, Arbeiter zu morden! Lebhafte Rufe von den Sozialdemokraten: Unerhört! Raus! Raus! Große Un- ruhé. Glodcke des Präsidenten.)

Vizepräsident von Kardorff: Jch bitte den Herrn, der

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neute Zurufe von den Kommunisten: Hunderte, Tausende hat er gemordet! Große Erregung. —- Rufe von den Sozialdemokraten: Raus!) Jh rufe den betreffenden Herrn zur Ordnung. Jh darf darauf aufmerksam machen, daß der Herr kommunistishe Redner in Ruhe angehört worden ist!

Reichsminister des Jnnern Severing: Jch finde es nicht verwundetrlih, daß die Reichsregierung darauf verzichtet hat, der shriftlihen Begrünbung noch eine mündliche beizufügen, denn erstens ist, wie ih wohl vorausseßen darf, der Gegenstand einiger- maßen bekannt. {Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten. Zu- rufe von den Kommunisten.) Wir habe im Jahre (Zuruf von den Kommunisten: Mit dem Gummiknüppel!) Meine Herren von der Kommunistishen Partei, Sie bringen mich nicht aus dem Konzept! (Lärmende Zurufe von den Kommunisten.) Das, was ih hier vorzutragen habe, werde ich ausführen, ob Sie nun toben oder niht. (Erneute Zurufe von den Kommunisten. Glocke des Präsidenten.)

Vizepräsident von Kardorff: Herr Abgeordneter Torgler, ih bitte, den Herrn Minister nicht fortgeseßt zu unterbrechen.

Reichsminister des Funern Sefering: Meine Damen und Herren! Jh sagte, wir haben im Fahre 1922 und dann im

Jahre 1927 (Zuruf von den Kommunisten: Massen- mörder! Entrüstete Zurufe von den Sozialdemokraten. Glocke des Präsidenten.) ;

Vizepräsident von Kardorff: Jch bitte um Ruhe!

Reichsminister des Fnnern Severing: und zuleßt im Juni dieses Jahres uns mit dem Geseh beschäftigt. Die Materie dürste deswegen in der Tat bekannt sein. (Zuruf von den Kom- munisten: Jhre Materie ist bekannt!)

i Für die Reichsregierung besteht aber noch ein anderer Anlaß, niht überflüssig zu reden. Sie möchte niht dazu beitragen, der Bezeichnung eine Berechtigung zu geben, die einmal ein ver- storbener Reichstagsabgeordneter dem Reichstag beigelegt hat, der Reichstag sei nämlich die Halle der Wiederholungen.

Wenn der Herr Abgeordnete Pieck meinte, dieses Gesey sei shlimmer als das Bismarckshe Ausnahmegeseß (lebhafte Zurufe bei den Kommunisten: Sehr rihtig!), so ist das zunächst eine grenzènlose Uebertreibung (sehr wahr! bei den Sozialdemokraten); denn das Bismarckshe Sozialistengeseß machte von vornherein einen Unterschied zwishen sozialistishen Organisationen und anderen und verbot nah Fnkrafttreten des Geseßes mit einem Schlage alle sozialdemokratishen Vereinigungen und Zeitungen, sofern die Voraussetzungen des Gesebßes darauf zutrafen. Dieses

diesen Zwischenruf gemacht hat, seinen Namen zu nennen. (Er-

Geseß ist kein Ausnahmegeseß. (Lärmende Zurufe von den Kom-

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