1864 / 235 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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Marine-Ministerium.

Bekanntmachung. : Die über die Beschränkung der Seepaß-Ertheilung ergangenen Verfügungen haben nunmehr wieder außer Kraft zu treten. Berlin, den 30. September 1864. Der Kriegs- und Marine-Minister. -_ von Roon.

Der Minister des Jnnern. Graf zu Eulenburg.

A ngekommen: Der Wirkliche Geheime Ober-Regierungs-Rath und Ministerial-Direktor Mac Lean aus der Provinz Preußen.

Abgereist: Se. Excellenz der Wirkliche Geheime Rath und Gesandte von Balan nach Wien.

Berlin, 5. Oktober. Se. Majestät der König haben Aller- gnädigst geruht: dem Regierungs - Rath a. O. und Bürgermeister Conten zu Aachen zur Anlegung des. von Sr. Heiligkeit dem Papst ihm verliehenen großen Sterns zum Commandeurkreuz des St. Gregorius - Ordens, dem Dirigenten der Saline Neusalzwerk, Berg-Rath Model, zur Anlegung des von des Fürsten zu Schwarz- burg-Sondershausen Durchlaucht ihm verlichenen Fürstlich Schwarz- burgischen Ehren-Kreuzes dritter “Klasse und dem Landdechanten, Oberpfarrer Andreas Johann Hennes zu Jülich, zur An- legung des von dem lateinischen Patriarchen zu Jerusalem ihm ver- liehenen Ritterkreuzes des Ordens vom heiligen Grabe, die Erlaubniß

zu ertheilen.

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 5. Oktober. Jhre Majestät die . Kaiserin der Franzosen traf auf ihrer Rückreise nach Frankreich am 3. d. M. in Baden ein und wurde von Sr. Majestät dem König, so wie von dem Großherzog und der Großherzogin von Baden auf dem Bahnhof empfangen. Die Kaiserin stattete Ihrer Majestät der Königin, so wie der Großherzogin ihren Besuch ab, der im Palais der Herzogin von Hamilton, Prinzeß Marie von Baden, erwiedert wurde; das Diner und eine musikalische Abend- Gesellschaft fanden auf dem Großherzoglichen Schlosse statt. Den folgende Morgen war ein Dejeuner bei den Königlich preußischen Maiestäten, worauf die Kaiserin ihre Reise fortseßte. E Seine Königlihe Hoheit der Prinz Albrecht feierte gestern sein 55. Geburtsfest. Vormittags nahm Seine König- lihe Hoheit in seinem hiesigen Palais zunächst die Gratulationen seiner Hausbeamten entgegen und begab Sich dann zu Wagen nach Potsdam, wo er bei Höchstseiner Tochter, der Prinzessin Alezandrine, Königliche Hoheit, die Glückwünsche der anwesenden Mitglieder Der Königlichen Familie empfing. Nachmittags fand zur Feier des Tages bei Ihrer Königlichen Hoheit Familientafel statt. Von den Ma- jestäten und den übrigen Mitgliedern der Königlichen Familie gingen Seiner Königlichen Hoheit die Glückwünsche / auf telegraphischem Weae zu. : M Laut Telegramm an das General - Post -Amt ist die Post aus England vom 3. d. M. Abends in Cöln am 4. Nachmittags rückständig gewesen. A | Potsdam, 4. Oktober. Jhre Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Frau Kronprinzessin begaben sich um 12 Uhr vom Neuen Palais nach Marly zur Gratulation bei Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Albrecht und kehrten dann nach dem Neuen Palais zurück. : E : Um 4 Uhr nahm Se. Königliche Hoheit der Kronprinz an der in Marly stattfindenden Familientafel Theil. Me Im Laufe des Vormittags hatte Höchstderselbe die Meldungen des General - Lieutenants von der Mülbe, Commandeurs der 1sten Garde-Division , des Hauptmanns von Hahnke vom 3. Garde-Gre- nadier-Regiment (Königin Elisabeth) und des Hauptmanns von Plinkner vom Herzoglich sachsen-altenburgischen Kontingent entgegen genommen. j M Königsberg, 2. Oktober. Heute ist der 17. Provinzial-Land- tag des Königreichs Preußen durh Gottesdienst in der Schloßkirche und der katholischen Kirche, dem die Mitglieder des Landtages je nach ihrer Konfession beiwohnten, feierlich eingeleitet und durch Se. Excellenz den Landtags - Kommissarius, Wirklichen Geheimen Rath Herrn Ober-Präsidenten Dr. Eichmann im Ständesaale des Königl. Schlosses mit einer Ansprache eröffnet worden, in welcher derselbe

über die Aufgabe des bevorstehenden Provinzial - Landtags nach der

»Ostpreuß. Ztg.« Folgendes bemerkte: | , es gd die Ehre, Ihnen, Herr Landtags-Marschall, den Allerhöch- sten Landtags-Abschied und die Allerhöchsten Landtags-Propositionen zu Übergeben. Leßtere betreffen nur die geseßlichen, sich bet jedem Provinzial-

mit den großen Provinzial - Jnstituten zu beschäftigen , mit dem Land- armenwesen , den - Jrren - Änstalten zu Allenberg und Schwey , den Taubstummenschulen zu Angerburg, Marienburg und Braunsberg. Das auf dem legten Landtage berathene Landarmen - Regle- ment für Ostpreußen is Alerböchst bestätigt. Ob und unter welchen Modificationen dasselbe für Westpreußen anzunehmen is , wird Gegenstand Jhrer Berathung sein. Jn Betreff der Baupolizeiord- nung, der Pferdegestellung bei der Mobilmachung, des Königsberger Landwehrpferdefonds habe ih dem Herrn Landtagsmarschall bereits Mit- theilungen gemacht. Wegen Ausdehnung der Beiträge zum Provin - zial-Chausseebaufonds sind neue Berathungen nöthig; bei dem sich immer steigernden großen Verkehr auf den Eisenbahnen tritt das Be- dürfniß vermehrter Chausseezugänge immer dringender hervor; der Bau der Privat-Eisenbahnen, von Jnsterburg nach Tilsit, von hier nach Pillau, ist der Vollendung nahe; an der Bahn von hier nah Lyck wird rüstig gearbeitet. Jhre Liberalität und Jhre Wohlthätigkeit wird im Hin- blick auf Jhren Dispositionsfonds der Provinzialhilfskasse wiederum mehrfach angesprochen. «

Danzig, 4. Oktober. Sr. Majestät Brigg's »Rover« unter Kommando des Korvetten-Capitains Ha ssenstein und -Musquitos«, Lieutenant z. S. Pirner, haben Segel-Ordre zu Kreuzfahrten auf der Ostsee bis Anfangs November c. erhalten und gehen demgemäß morgen nach der Rhede. (Danz. D.)

Merseburg, 2. Oktober. Die Mitglieder des diesjährigen Provinzial-Landtages der Provinz Sachsen vereinigten si heute früh zum gemeinschaftlichen Gottesdienste in der hiesigen Scchloß- und Domkirche und begaben sich sodann gegen 12 Uhr Vormittags nach dem Provinzial-Ständehause. Daselbst erschien bald darauf, geleitet von einer aus der Provinzial-Stände-Versammlung ernannten De- putation, der Königliche Landtags-Kommissarius, Wirkliche Geheime Rath und Ober-Präsident von Wißleben; derselbe übergab den Allerhöchsten Landtags-Abschied für die im Jahre 1562 versammelt gewesenen Provinzial-Stände vom 17. v. M, sowie das Allerhöchste Propositions-Dekret vom nämlichen Tage, dem Landtags-Marschall, Grafen Botho zu Stolberg-Wernigerode, und erklärte nach einer an die Versammlung gerichteten Ansprache, den Provinzial- Landtag für eröffnet. Jn dieser Ansprache bemerkte der Herr Land- tags-Kommissarius: “Die Staatsregierung erfordert diesmal, abgesehen von den Wahlen der Mitglieder der Kommissionen für die Einkommensteuer, für die Ver- theilung der Kriegslasten und für die Angelegenheiten der Provinzial- Rentenbank Jhr Gutachten nur über einen Gegenstand von vorwiegend lokalem Interesse , über einen Gesehentwurf wegen Aufhebung der Landesordnung der Grafschaft Henneberg vom Jahre 1539. Die Vorlagen, welche ih meinerseits dem Landtage zu bringen und be- reits in Jhre Hände, verehrter Herr Landtags - Marschall , niedergelegt habé, enthalten hauptsächlich ausführliche Referate über das, was zur

Ausführung der wichtigen und umfassenden Beschlüsse des 16ten säch-

sischen Provinzial-Landtages in den verschiedenen Zweigen unserer ständi-

chen Verwaltung inzwischen geschehen ist. l

Halle, 2. Oktober. Gestern verschied hier der Senior unserer Friedrichs-Universität, Professor Dr. G. W. Gerlach, im fast vollen- deten 78. Lebensjahre. Der Verewigte, zu Osterfeld bei Naumburg geboren, hatte, wie der »Hall. Cour. « berichtet; auf der Universität Wittenberg die akademische Docenten-Laufbahn begonnen und ist der legte jener Professoren, welche nah der Vereinigung der Hochschule Wittenberg mit Halle von dort hierher Übersiedelt waren. Eine län- gere Zeit hindurch war der Dahingeschiedene ein viel gehörter Lehrer der philosophischen Wissenschaften, stets aber ein durch die Biederkeit seines Charakters geachteter Mitbürger unserer Stadt.

Höxter, 3. Oktober. Am 30. v. M. wurde die neu erbaute und vollendete Eisenbahnstrecke Altenbeken - Höxter dem öffentlichen Verkehr feierlich übergeben.

Bremen. Bremerhaven, 4. Oktober. Nach der »Prov.- Ztg.« sind “die österreichischen Kriegsschiffe »Schwarzenberg« und »Juan d’Austria« nah Pola zurückgegangen j sie werden auf. der Fahrt Brest und Cadix berühren. Das Avisoschiff »Elisabeth« liegt hier wieder auf der Rhede. Das Linienschiff »Kaiser« is gestern, demselben Blatte zufolge, bei Jmsum vor Anker gegangen und wird heute / mit Hochwasser auf der Rhede erscheinen. (Die Schiffsnach- richten bis heute Vormittag erwähnen die Ankunft des Schiffes noch nicht.) (Wes. Ztg.)

Sachsen. Eisenach, 2. Oktober. Der Großfürst Alexa n- der, zweiter Sohn Sr. Majestät des Kaisers von Rußland, is heute Nachmittag von Darmstadt hier angekommen und zum Besuch des Großherzoglichen Hofes nah Wilhelmsthal gereist. (L. Z.)

Frankfurt a. M., 4. Oktober. Heute fand Seitens der Bürgerschaft die Abstimmung über die Gleichberehtigung der Jsrae- ten und Landbürger statt. Für die Gleihberechtigung stimm- ten 764, gegen dieselbe 160.

Uebermorgen , am 6. d. M., wird die Bundesversamm - lung nach dreiwöchentlicher Pause ihre Sißzungen wieder aufneh- men; doch sind, wie es scheint, wichtigere Verhandlungen fürs Erste noch nicht zu erwarten. (Fr. P. Ztg.)

Baden. Karlsruhe, 3. Oktober. Das heute erschienene »Evangel.- Protest. Verordn. - Bl.« enthält folgende Verordnung; die Theilnahme der Geistlihen am Orts\chulrath betreffend:

Landtage wiederholenden Wahlen. \ Hauptaufgabe des Landtages bleibt, sich

An die evangelischen Geistlichen der Landeskirche. Jn Folge des Ge-

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sezes über die Ausfsichtsbehörden für die Volksschulen vom 29. Juii d. J. wird nunmehr - die bisher von den firhlihen Orts- und Bezirksbehörden geübte Aufficht über das Volts\chulwesen auf neu zu bildende Behörden übergehen. Obwohl wir im Jnteresse der Kirche nicht mit allen Bestim- mungen dieses Gesehes uns einverstanden finden, so kann uns dieß nicht ab- halten, auch ferner an der großen Aufgabe, welche die Kirche auf dem Ge- biet der Erziehung und des Unterrichts zu erfüllen hat, unverrückt festzuhal- ten und dieselbe auch in derjenigen Form zu bethätigen, welche jeht die ge- sehlich festgestellte geworden ist. Wir haben insbesondere zu unseren Geist- lichen das volle Vertrauen, daß sie der Förderung des Volksshulwesens mit nicht geringerer Liebe und Hingebung als bisher sich widmen werden. _Das Gese hat dem Ortspfarrer eine Stelle in dem neu zu bildenden Orts|chul- rath vorbehalten, in welcher derselbe zugleich die Jnteressen der evangelischen Kirche in der Volksschule zu vertreten Gelegenheit und Beruf hat. Wir erwarten deshalb zuversichtlich , daß die Geistlihen in Erfüllung der ihnen kirchenverfassungsmäßig obliegenden Pflichten sih ihrem Berufe mit Eifer unterziehen werden. Für diejenigen Orte, an welchen mehrere Pfarrer an-

gestellt sind, werden wir die zum Eintritt in den Ortsschulrath Berechtigten

der großh. Oberschulbehörde bezeichnen und die Betreffenden besonders davon benachrichtigen. Dieselben werden von uns für je sechs Jahre zu dieser

Function ernannt. Karlsruhe, 1. Oktober 1864. Evangelischer Ober - Kir- |,

chenratb. Rüßlin. e R

Bayern. München, 3. Oktober. Se. Majestät der König erschien gestern Abends zum ersten Male seit seiner Thronbesteigung im festlich beleuchteten Hoftheater und wurde beim Eintritte in die große Loge von der außerordentlich zahlreichen Versammlung in der aller- herzlichsten Weise begrüßt. (Bayer. Ztg.) '

Niederlande. Amsterdam, 2. Oktober. Der inter- nationale Kongreß für den Fortschritt der sozialen Wissen- schaften ist gestern Nachmittag um 2 Uhr mit ciner Rede welche Herr Vervoort hielt , geschlossen worden. Von Seiten der Stadt wurde viel gethan, um den fremden Gästen den Aufenthalt hier angenehm zu machen. Außer ciner Vorstellung im Großen Theater wurde ihnen zu Ehren auch cin großes Concert veranstaltet und die Mitglieder des Kongresses machten jeden Tag Exkursionen zu Dampf- {i} in der Umgegend. Für das nächste Jahr is die Association nah Lüttich und Turin eingeladen. Eine Wahl ist noch nicht ge- troffen.

N Paris, 3. Oktober. Prinz Humbert hat gestern beim Kaiser in St. Cloud dinirt und wird übermorgen Paris verlassen. Ratazzi begiebt sich bereits heute nah Turin zurük. Der Kaiser und die Kaiserin von Rußland werden, wie die »éFrance« meldet, am 9. d. in Nizza erwartet; Baron Budberg wird sie dorthin begleiten.

Der Kriegsminister hat dem Kaiser cinen (heute im »Moniteur« abgedruten) Bericht über die »Abnahme der Sterblichkeit in der Armee« erstattet. Es geht daraus hervor, daß, während im Jahre 1846 bei der Armee innerhalb Frankreihs auf 1000 Mann 19 Sterbefälle, in Algerien aber 64 kamen, in den Jahren 1262 und 1863 von 1000 Mann in Frankreih nur 10 und in Algerien nur 12 starben. Als die Hauptursache dieser Sterblichkeits-Abnahme bezeichnet der Minister das Dotationsg-eseh. Vor 1859 bestanden nur 9 pCt. der Armee aus Leuten von mehr als 7 Dienstjahren, jeßt dagegen 33 pCt. Natürlich stellt sih das Sterblichkeits - Verhältniß bei diesen älteren, an Strapazen gewöhnten Soldaten weit günstiger, als bci den jüngeren; während von den jüngeren Mannschaften 13,33 per Mille sterben, ist bei den Leuten von 7—14 Dienstjahren das Verhältniß nur 5,35 per Mille. :

Bei Herrn Delamarre, dem Eigenthümer der »Patric«, fand am 29. v. M. auf Veranlassung des Herrn Rouy von der »Presse« eine Zusammenkunft von Redacteuren statt, deren Spihe gegen das Telegraphen-Monopol des Herrn Havas gerichtet ift.

In St. Nazaire wird zur Zeit, wie die »France« als »ganz beispiellos in den Marine-Annalen« vermeldet, auf der Scott’schen Werft ein Schiff von 1200 Tonnen »für Rechnung Englands«

ebaut. y 4. Oktober. Der heutige »Moniteur« berichtet Über ver- schiedene von den Franzosen in Mexiko erfohtene Siege. Oberst Tourre drang am 1. August an der Spitze des 3. Zuaven-Regiments durch den Paß von Candelaria vor, nachdem er Ugalde, der diese Stellung mit 800 Mann vertheidigte, geworfen hatte. Der Verlust der Mexikaner belief sich auf 150 Mann. Diese Waffenthat bewog die Mexikaner, die starken Festungswerke von Heuejutla zu räumen.

Der »Moniteur« veröffentliht die nachfolgende Note, welche der Minister der auswärtigen Angelegenheiten an den Grafen v. Sartiges, Gesandten Frankreichs zu Rom, auf Befehl des Kaisers gerichtet hat:

Paris, den 12. September 1864.

Herr Graf! Die Stellung, welche wir in Rom einnehmen, is, seit langer Zeit schon, der Gegenstand der ernstesten Erwägungen der Kaiserlichen Regierung. Die Umstände haben uns günstig geschienen, von Neuem den wirklichen Stand der Dinge zu prüfen, und wir halten es für nüßlich, dem heiligen Stuhle das Resultat unserer Betrachtungen mitzutheilen.

Ich habe nicht nöthig, an die Erwägungen zu erinnern, welche die Fahne Frankreichs nach Rom geführt und uns bestimmt haben, sie bis jeßt dort aufrecht zu halten, Wir waren entschlossen , diesen Ehrenposten nicht cher zu verlassen, als bis ber Zweck der Occupation erreicht sein würde. Indessen haben wir nie daran gedacht, daß diese Situation eine dauernde sein solle; wir haben sie immer als anormal und vorübergehend betrachtet. In diesen Ausdrücken hat derx erste Bevollmächtigte des Kaisers sie auf dem

Pariser Kongz1eß vor aht Jahren bezeichnet. Er fügte in Uebereinstimmung mit den Befehlen Sr. Majestät hinzu, daß wir mit allen unsern Wünschen | die Zeit herbeirufen, wo wir unsere Truppen aus Rom zurücßziehen könnten, ohne die innere Ruhe des Landes und die Autorität der päpstlichen Regie- rung zu gefährden. Bei jeder Gelegenheit haben wir dieselben Erklärungen erneut. Zu Anfang des Jahres 1859 hatte der Heilige Vater seinerseits die Proposition gemacht, die Räumung des von unseren Truppén überwach- ten Gebietes auf das Ende dieses Jahres festzuscyen. Der Krieg, welcher zu jener Zeit in Jtalien ausbrach, veranlaßte jedoch den Kaiser, auf die Zurückberufung der Truppen zu verzichten. Jener Gedanke ward jedoch wieder aufgenommen, sobald die Ercignisse zu der Hoffnung zu berechtigen schienen, daß die päpstliche Regierung in der Lage sei, für ihre Sicherheit aus eigenen Kräften sorgen zu können. Von da stammt die im Jahre 1860 ge- troffene Uebereinkunft, kraft welcher der Abmarsch der französischen Truppen auf den Monat August festgeseßt war. Die Agitationen , welche zu derselben Zeit eintraten, verhinderten noch einmal die Ausführung einer Maßregel, welche der heilige Stuhl eben so schr wünschte, als wir. Aber die Kaiserliche Re- gierung hat nichtsdestoweniger in der Anwesenheit unserer Truppen in Rom stets nur eine ausnahmsweise und vorübergehende Thatsache gesehen , der wir im gegenseitigen Jnteresse ein Ziel schen müßten, sobald die Sicherheit und die Unabhängigkeit des heiligen Stuhles gegen neue Gefahren geschüßt sein würde. Und wie viel Grund haben wir in der Wirklichkeit zu wün- schen, daß: die Occupation sich niht auf alle Zeiten verlängern möge? Die- selbe konstituirt cinen Akt der Jntervention, welche doch einem der Grund- prinzipien unseres öffentlichen Rechts widerstreitet und um so schwieriger für uns zu rechtfertigen ist, als es unser Ziel war, Jtalien von einer fremden Jn- tervention zu befreien, damals als wir Piemont den Beistand unserer Waffen gewährten. Diese Situation hat überdies zur Folge, daß auf demselben Gebiet zwei bestimmte Souverainetäten gegenübergestellt waren und dadurch häufig ernste Schwierigkeiten hervorgerufen wurden. Die Gewalt der Um- stände if hier stärker, als der gute Wille der Menschen. Obwohl in dem Ober-Kommando der französischen Armee zahlreiche Veränderungen stattge- funden haben, so sind doch zu allen Zeiten dieselben Meinungsverschieden- heiten, dicselben Konflikte über die Jurisdiction zwischen unserem General en chet, dessen erste Pslicht unbezweifelt die Sicherheit der Armee ist, einer- seits, und den Repräsentanten der päpstlihen Autorität andererseits, wieder hervorgetreten, weil diese bei ihren Maßregeln in der inneren Verwaltung die Unabhängigkeit des Territorial - Souverains eifersüchtig aufrecht erhalten wollen. Mit diesen unvermeidlichen Jnkoavenienzen, welche die dem rômi- schen Stuhle am aufrichtigsten ergebenen französischen Agenten nicht haben abwen- den können, verbinden sich diejenigen, welche unglücklicher Weise aus der Verschie- denheit d er politischen Gesichtspunkte entspringen. Die beiden Regierungen lassen sich nicht von denselben Einflüssen bestimmen und verfahren nicht nah den- jelben Grundsäßen. Unser Gewissen nöthigt uns allzu oft, Rathschläge zu ertheilen, welche das Geirissen des römischen Hofes eben fo allzu oft glaubt ablehnen zu müssen. Wenn unser Verlangen einen“ allzu dringenden Cha- rafter annähme, so würde es scheinen, als mißbrauchten wir die Macht un- serer Lage, und vor der öffentlichen Meinung würde die päpstliche Regierung

in diesem Falle das Verdienst der weisesten Entschließungen verlieren. Jn- dem wir andererseits Maßnahmen unseren Beistand leiben, welche mit un- serer sozialen Verfassung und den Grundsäßen unserer Gesehgebung nicht in Uebereinstimmung stehen, entgehen wix schwerlich der Verantwortlichkeit einer Politik, welche wir nicht billigen konnten Der heilige Stuhl hat zufolge seiner besonderen Natur seine eigenthümlichen Geseße und sein beson- deres Recht, welche sich unglüclicher Weise vielfach im Gegensatze zu den Ideen unserer Zeit befinden. Ständen wir nicht in Rom, so wür- den wir ihn sicherlih immer noch mit Bedauern eine harte Anwendung davon machen sehen, und von Gefühlen kindlicher Ergebenheit geleitet, wür- den wir ohne Qweifel nicht glauben s{hweigen zu dürfen, wenn derartige

| Thatsachen den Beschuldigungen seiner Gegner Vorwände leihen würden ; | aber unsere Gegenwart in Rom, welche uns in dieser Hinsicht dringendere

Verpflichtungen auferlegt, macht unter diesen Umständen die Beziehungen der beiden Regierungen delikater und bringt sie wechselseitig häufiger in die Lage, sich empfiadlih zu zeigen. So klar diese Jnkohnvenienzen auch sind, so haben wir uns durch sie doch nicht von der Mission ablenken lassen; welche wir übernommen hatten. Der heilige Vater hatte keine Armee, um sein Ansehen im Innern gegen die Pläne der revolutionairen Parteien zu schüßen, und auf der andern Seite walteten auf der Halbinsel die beunruhigendsten Absichten ob in Betreff des Besißes von Rom, welches die italienische Regierung selbst dur den Mund ihrer Minister, ebenso wie durch diplomatische Kundgebungen als die Hauptstadt von Jtalien in Anspruch nahm. Während diese Ansichten den Gedanken des Turiner Kabinets beherrschten, mußten wir fürchten, daß, wenn wir unsere Truppen zurückriefen, das Gebiet des Heiligen Stuhles Angriffen ausgeseßt sein würde , welche die päpstliche Regierung nicht in der Lage sein möchte abwehren zu können. Wir haben ihr unseren be- wafsfneten Beistand leihen wollen, bis die Gefahr dieser unüberlegten Gelüste abgewendet erschien. Wir sind überrascht, Herr Graf, von der glücklichen Veränderung, welche sih in dieser Beziehung heute der allgemeinen Lage der Halbinsel zeigt. Die italienische Regierung bemüht sich seit zwei Jah- ren, die leßten Trümmer jener bedenklichen Verbindungen verschwinden zu lassen, welche sich unter der Gunst der Umstände ihr gegenüber gebildet hat- ten, und deren Pläne hauptsächlih auf Rom gerichtet waren. Nachdem sie dieselben offen bekämpft, ist es ihr gelungen, sie aufzulösen, und so oft sie versucht haben, sich wieder zu konstituiren, hat sie jedesmal mit Leichtigkeit ihre Anschläge vereitelt. —DieitalienischeRegierung hat sich nicht darauf beschränkt, zu verhindern, daß irgend ein. Freicorps sich auf seinem Gebiete organi- sire, um die unter der päpstlichen Oberhoheit befindlichen Provinzen anzu- greifen , sie hat“ im Gegentheile eine Haltung in ihrer Politik dem Heiligen Stuhle gegenüber eingenommen, welche noch mehr mit ihren internatio- nalen Pflichten in Uebereinstimmung steht. Siè hat ferner nicht mehr den Kammern jenes unbedingte Programm vorgelegt, welches Rom für die Hauptstadt Jtaliens erklärt, noch an uns weitere peremptoriscbe Erklärungen in Betreff dieses Punktes gerichtet, wie sie“ früher so häufig waren. „Es haben sich- in den verständigsten Köpfen andere Ideen geltend gemacht, welche mehr und mehr die Oberhand bekommen