1864 / 244 p. 3 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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ch alten (Ref. Graf v. Loeben) zum Vortrag und genehmigte der

Landtag die Summe von 4000: Thlr. aus den jeßt zur Vexfügung stehenden Zinsüberschüssen der Provinzial-Hülfskaässe zur Unterstühung der im Herzogthum Schlesien und der Grafschaft Glaß bestehenden Rettungshäuser zu verwenden, und des Herrn Ober - Präsidenten Excellenz um zweckentsprechende Vertheilung dieses Betrages zu er- suchen. Die Petition des \hlesishen Vereins für Heilung armer Augenkranker, über welche nunmehr der Bericht ‘des Central- Ausschusses (Ref. Graf von Loeben) erstattet wurde, fand durch den Beschluß des Landtages , ebenfalls aus den Zinsüberschüssen der Hülfskasse dem genannten Vereine wiederum 800 Thlr. zu bewilli- gen , ihre Erledigung , und wurde zugleih Herr von Haugwiß auf Rosenthal zum ständischen Kurator bei dieser Anstalt , Herr Kom- merzienrath Frank in Breslau aber zu seinem Stellvertreter gewählt. Endlich wurde noch der Bericht über die Petitionen der Vorsteher der evangelischen und katholischen Schullehrer-Wittwen- und Waisen-Unterstügungs-An stalten zu Breslau um eine Bei- hülfe für diese Anstalten, vorgetragen. Wenn auch die gestellten An- träge im Landtage warme Unterstüßung fanden , und dem wohl- thätigen Zwecke der bezeichneten Anstalten allseitige Anerkennung ge- zollt wurde, so konnte doch auch andererseits nicht unerwogen blei- ben, einmal, daß für den genannten Zweck bedeutende Mittel er- forderlich sind, die dem Landtage gar nicht zu Gebote stehen, dann aber, daß die Verbesserung der Lage der Schullehrer-Wittwen und Waisen binnen Kurzem im Wege der Gesehgebung zu erwarten stehe, weshalb der Landtag die gestellten Petitionsanträge ablehnte.

Hamm, 12. Oktober. Der »Elberfelder Ztg.« meldet man: »QJufolge höherer Anordnung werden - die früher bereits eingeleiteten Verhandlungen wegen der definitiven Feststellung des Bauplans für den in der Richtung nach den Vahnhöfen belegenen neuen Theil der hiesigen Stadt wieder aufgenommen werden, damit die Fest- sezung des Bauplans und die Ertheilung des Expropriationsrechts an die Stadt höhern Orts in Antrag gebracht werden kann.«

Düsseldorf, 14, Oktober. Die hiesige Zeitung meldet: »Gestern trafen der Geheime Bau- und Ministerialrath Grund von Berlin und der Geheime Ober-Regierungsrath und Strombau-Direktor Nobiling von Coblenz hier ein und nahmen sowohl in Hamm, wie au ober- und unterhalb der Stadt eine Inspection in Betreff der projektirten Rheinbrücke vor.«

Hldenburg, 13. Oktober. Während das diesjährige Zusam- mentreten der 7ten Weser-Schifffahrts-Revisions-Kom- mission im Einverständnisse sämmtlicher Weser-Uferstaaten auf den Sommer des nächsten Jahres vertagt wurde, sollte eine technische Kommission der Weser - Uferstaaten die üblihe »Strombefahrung« der Weser zur Besichtigung ihres Zustandes in der zweiten Hälfte des Monats September d. J.- vornehmen. Auch diese Strombefah- rung is man weiß niht, aus welchen Gründen im gegen- wärtigen Jahre üiht zur Ausführung gekommen und soll, wie die »Weser-Zig.» wissen will, auf das nächste Frühjahr verschoben sein.

Schleswig. Die wichtige Aufgabe der Reorganisation der \{leswigshen Gelehrtenschulen scheint, wie der »Alt. Merk. « meldet, wiederum ihrem Ziele um ein gutes Stück näher gerückt zu sein. Dem Vernehmen nach wird zu Michaelis d. I. an der Ha- derslebener Gelehrtenshule zufolge des vorhandenen Bedürfnisses eine Quinta und eine Prima, an der Husumer eine Secunda ein- gerichtet. Es fehlt daher beiden Anstalten zu ihrer vollen Ausrüstung nur je eine Klasse mehr, die denn auch gar bald nothwendig werden wird. Die Schülerzahl ist überall dergestalt im Zunehmen begriffen, daß die Haderslebener und Husumer Gelehrtenschule jede gegen 100, die Schleswiger über 200 und die Flensburger nahezu 300 Schüler

zählt,

Fútland. Aus Aarhuus wird vom 12. Oktober berichtet, daß das dortíge amtlihe Blatt folgende Bekanntmachnng des Mi- litairgouverneurs von Jütland enthält :

»N ach Artikel 6 des Protokolls, d. d, Wien, den 1. August, betref- fend die E des Waffenstillstandes, sollen die in Art. 5 aufge- führten verschiedenen Lieferungen und Leistungen für die in Jütland stehenden Truppen der alliirten Armee durch die Landeskasse an die Gemeinden ge- zahlt werden. Der Rechnungsabschluß für Monat Aae ergiebt nun Fol- gendes: 1) Nah Abrechnung der Verwaltungé kosten (Gehalte 2c.), der Ver- gúligung für den seitens der Kaiserlich Königlich österreichischen Militairver- wastung selbsibeschafften Wein, so wie nach der erfolgten Bezahlung von drei éésernen Mundportionen und Rationen, welhe von den Lieferanten der allürten Armee in der Jeit vom 26. bis 29, Juni d. J. bereits auf Kosten pes Landes an díe Truppen des Königlich preußischen kombinirten Il, Armee-

Corps verabfolgt worden sind, verbleibt in der Kasse ein Bestand von 30/246 Thlr. 12 Sgr. 1 Pf pr. Cour, 2) Die bis jegt eingegangenen Liquidationen der Gemeinden für Natural - Lieferungen - “ausschließlich

n und Natural - Quartier, betragen für denselben Monat Thlx. 6 Sgr. 5 Pf. pr. Cour, Es wird daher nichts übrig bleiben, alé bie Einkünste der folgenden Monate so lange anzusammeln, bis zunächst

wenigstens die Liquidationen für August realisirt werden können, falls nicht das Militair - Gouvernement durch einen Zuschlag auf die direkten Steuern in die Lage verseyt werden sollte, allmonatlich die betreffenden. Gemeinden ordnungsmäßig befriedigen zu können. Aarhuus, den 12. Oktober 1864.«

Sachsen. Altenburg, 12. Oktober. Der Großfürst Kon- stantin hat seine Gemahlin, die Frau Großfürstin Alexandra, gestern hierher begleitet. L. S.

Hessen. Kassel, 12, Oktober. Die Tagesordnung der heu- tigen Sißung der Ständeversammlung führte, wie der »Weserztg.« berihtet wird, zur Berathung des Berichts des Rechtspflegeausschusses über ein Gesuch des Privatmannes Wachenfeld dahier um Verwen- dung in einer Bausache (die bekannte Reithausangelegenheit). Be- rihterstatter war der Vizekanzler Löbell. Der Ausshuß stellte den Antrag: Daß die hohe Ständeversammlung die hohe Staatsregie- rung unter Mittheilung der eingegangenen Beschwerde um unge- säumte Abhülfe derselben dringend ersuche. Der Landtagskommissar führte dagegen aus, daß es die Absicht sei, das Grundstück durch Expropriation vollständig zu erwerben, um die Friedrich - Wilhelm- straße zu verlängern, und daß die Gestattung des Fortbaues nur eine Belästigung für die Staatskasse geworden wäre. Nach längerer Verhandlung nahm die Ständeversammlung die Ausschußanträge an.

Darmstadt, 13. Oktober. Die mecklenburgischen Prinzen, der Erbgroßherzog und der Herzog Paul, haben ihre Reise nah Süd- frankreich gestern Abend fortgeseßt.

Der Großfürst Wladimir von Rußland und die Prinzen Nico- laus und Eugen Romanowßki, Herzoge von Leuchtenberg, sind heute hier eingetroffen.

Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin von Ruß- land besuchten heute Abend mit der Großherzoglichen ¡Familie und den hier amvesenden übrigen Höchsten Herrschasten die Vorstellung der Oper »Don Juan. «

14. Oktober. Der Großfürst Thronfolger is in verflossener Nacht aus Kopenhagen hier eingetroffen.

Frankfurt a. M., 13. Oktober. Heute sind die Frau Großherzogin von Mecklenburg-Strelit unter dem Namen einer Gräfin von Weisdin und die Prinzessin Mary von Cam- bridge auf ihrer Rückkehr aus der Schweiz dahier eingetroffen. (Fr. J.)

Baden. Karlsruhe, 13. Oktober. Nach einer in der »Karlsr. Qtg.« enthaltenen Nachricht is Se. Königliche Hoheit der Erbgroßherzog, sowie die Großherzogliche Prinzessin gestern in Baden eingetroffen, nachdem Se. Königliche Hoheit der Großherzog die Absicht aufgegeben hatte, nach der Mainau zurückzukehren. Die höchsten Herrschaften gedenken im Anfang der nächsten Woche zu bleibendem Aufenthalt in die hiesige Residenz zurüczukehren.

Württemberg. Wie der »St. A. f. W.« aus Stutt- gart den 6. Oktober meldet, hat Seine Majestät der König den Kronprinzen von Sachsen unter die Großkreuze des Ordens der Württembergischen Krone aufgenommen.

Hesterreich. Wien, 12. Oktober. Jn Betreff des gestern nah der »General - Corresp.« gemeldeten Plans, betreffend die Er- bauung - stabiler Gebäude für die beiden Häuser des Reichs- raths erfährt die »N. Fr. Pr.« , daß dem an die Architekten ver- sendeten Programm zufolge das Herrenhaus 240 Sitze für die Mit- glieder und 300 Plähe für andere Personen, nebs einer Galerie und den nöthigen Logen für den Kaiserlihen Hof und das diplomatische Corps enthalten soll, während das Abgeordnetenhaus bei einer ähn- lichen Eintheilung für Galerie, Logen und Nebenlokalitäten, auf 400 Sitze für die Abgeordneten und 600 Plätze für andere Personen berechnet ist. Jeder Entwurf für jedes der beiden. Häuser wird mit 1000 Fl. österr. Währ. honorirt, und bleiben sämmtliche honorirte Pläne Eigenthum ‘des Staatsministeriums, welches sih, nachdem die Entwürfe durch ein mit Zuziehung von Fachmännern gebildetes Comité geprüft sein werden, die freie Wahl unter denselben, so wie deren beliebige Benußung vorbehält; der Schlußtermin für die Ein- reichung der Pläne is auf den 31. März 1865 festgesetzt.

Ueber die beabsichtigte Armee-Reduction wird dem »Kamerad« aus Venedig, 8. Oktober, geschrieben:

» Vorgestern traf hier der Befehl ein, wonach bei den Jnfanterie-Regimen- tern der Stand einer Compagnie künftighin blos in 4 Offizieren, 2 Feld- webeln, 4 QZugführern, 6 Korporalen, 6 Gefreiten, 1 Tambour oder Hornisten, 1 Zimmermann und T0 Gemeinen, die 4 Offiziersdiener mit inbegriffen, im Ganzen also aus 96 Köpfen zu bestehen habe, der Rest demnach alsogleich zu beurlauben und in seine Heimath abzusenden sei. Anordnung und Aus- führung folgen einander so rasch, daß morgen schon der erste Transport von Urlaubern hier abgeht und bis zum 12. d. M, bei sämmtlichen im lom- bardisch-venetianischen Königreiche liegenden Truppen die Reduzirung ausge führt sein muß,«

In der lehten Session des Reichsrathes wourde das Bedürfniß einer Reorganisation des Jnstituts der Militair-Polizei angeregt und erörtert, Jn Anschluß an diese Erörterung hat jeyt das Polizei-Ministeriuum die Organisation in die Hand genommen

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und die Berathungen angeordnet, wobei als leitender Grundsaß gelten soll, daß die Gendarmerie in militairisher und disziplinarischer Beziehung dem Militair, in ökonomischer und dienstliher Beziehung den Polizeibehörden untergeordnet sein y das Kommando aber Offi- zieren der Armee übertragen werden soll.

Wie dem »G. Közl.« aus Wien geschrieben wird, hat der ver- storbene Graf Ludwig Károlyi dem ungarischen Ländes-Agrifkultur- Nereine 50,000 Fl. zur Gründung einer auf ungarischer Grundlage und in ungarischem Geiste zu organisirenden höheren landwirth- shaftlihen Lehranstalt derart testamentarisch vermacht, daß die vom Tage seines Ablebens an zu berechnenden 5proz. Jnteressen dieses Kapitals in die Kasse des Vereines eingezahlt und so lange fapitalisirt werden sollen, bis das von dem Erblasser gewünschte Institut durch die Vermehrung des Kapitals und der Jnteressen ins Leben treten fann.

Triest, 12. Oktober. Herr Dr, Dubs, Präsident des \{chweize- rischen Bundesraths, is gestern hier angekommen.

Der Graf und die Gräfin von Paris uyd der Herzog von Montpensier sind gestern hier eingetroffen und haben heute Morgen ihre Reise nah Venedig fortgeseßt. (Tr. Ztg.)

Schweiz. Bern, 12. Oktober. Lehten Montag ist der Chef des politischen Departements der Eidgenossenschaft, Bundes- Präsident Dubs, in Begleitung eines Secretairs nah Turin abge- reist, von wo er sich über Genua und Marseille nah Paris begeben wird. Die päpstliche Regierung hat dem Bundesrathe #\o eben offiziell mittheilen lassen, daß sie gern bereit sei; der beabsichtigten Ermäßigung der Taxe für die telegraphischen Depeschen zwischen Jtalien und der Schweiz von 3 Fr. auf 1 Fr. beizutreten; ciner zu diesem Zwecke abzuhaltenden Konferenz könne sie jedoch nicht bei- wobnen, weil ihre Theilnahme an derselben eine faktische Anerken- nung des Königreichs Jtalien sein würde. (Köln. Ztg.)

Großbritannien und Ärland. London, 13. Oktober. Nachdem Herr Gladstone gestern Nachmittag die feierliche Eröffnung des Parkes von Farnworth bei Bolton eines von dem Par- lamentsmitglicde Thomas Barnes der Stadt gemachten Geschenkes vorgenommen, begab er sih im Laufe des Abends nach Liverpool, wohin er und mit ihm mehrere seiner"-parlamentarischen Kollegen von den städtischen Behörden zu einem Bankett geladen war. Liverpool ist der Geburtsort des Schahkanzlers, ein Umstand, welchen der prä- sidirende Mayor in der Bewillkommnungsansprache mit Vorliebe betonte, Jn seiner Erwiderungsrede knüpfte Herr Gladstone an einleitende Dankesworte eine Betrachtung über Englands innere und äußere Stellung, die gewissermaßen als ein Grundriß der Po- litif dieses Staatsmannes anzusehen ist. :

Nach verschiedenen allgemeinen Erörterungen bemerkte er, auf einzelne Fragen eingehend, unter Anderem: Jn den Ansichten Eng- lands hat sich innerhalb der drei lehten Geschlechter eine große .Um- wälzung in Bezug auf die Regierung unserer Kolonieen vollzogen. Engherzigkeit und Selbstsucht waren die leitenden Ideen, auf welchen unsere Beziehungen zu den Kolonieen fußten, noch vor einem Jahr- hundert. Von einigen Gesichtspunkten aus läßt sih zwar mit dem System unserer Verwaltung der einstmaligen amerikanischen Kolo- nieen manche nüßliche Lehre ziehen; dennoch gründete es sich auf dem Gedanken, daß, so weit staatswirthschaftliche und fommerzielle Rü- sichten in Betracht kamen, die Jnteressen der Kolonieen den Juter- essen des Mutterlandes dienstbar gemacht und daß die Kanäle ihres Handels und ihrer Jndustrie aus ihrem natürlihen Bette in eine zu der Größe des Mutterlandes beitragende Richtung abgelenkt werden müßten. Aus solchen Träumen sind wir vollständig er- wacht. Wir haben den Kolonieen praktische Freiheit gegeben. Es ist aber auch die andere Seite der Rehnung nicht ganz mit Schwei- gen zu übergehen ; auch dort sind Berichtigungen nothwendig. Einige Kolonieen, die sich unsere Kolonieen nennen, geben ein Streben fund, der Jndustrie und den Produkten Englands das Unheil und die Hemmnîsse eines veralteten Schußsystemes entgegenzusegen. Was die Regierung dieser Dependentien im allgemeinen angeht, so ist daran nicht viel zu thun. Langsam vielleicht und vorsichtig, aber fest und entschlossen werden wir es nöthig finden, die Vertheilung der Lasten und der Wohlthaten zu berichtigen, niht um dem eng- lischen Volke die oberherrlihe und gebieterishe Stellung. zu ver-

schaffen, die es auf Treue und Glauben abgetreten hat, son- dern um es in jenes gerechte und billige Verhältniß zu seyen, auf welhes es einen unbestreitbaren Anspruch

hat. Unsere Pflicht ist's; uns der Einmischung in die Angelegen- heiten unserer Mitunterthanen da draußen so viel wie thunlich zu begeben und ihnen den Schuß und Schirm der Macht unseres Lan- des zu gewähren, zugleich aber uns nit darauf einzulassen, unge- heure Summen Geldes zur Ausführung von Obliegenheiten herzu- geben, welche die Kolonisten näher angehen, als uns, und deren Erfüllung in jedem Einzelfalle einen unveräußerlichen Theil der Functionen der Freiheit bildet. Wer die Würde und die Wobhltha- ten der Freiheit beansprucht, muß auch die Mittel zur Aufrechthal- tung der freien Jnstitutionen herbeischaffen. Alle Erwägungen aber

führen uns zu- der Mahnung, uns auf die nächsten Pflichten, welche uns die Vorsehung unmittelbar aufgeladen hat, zu beschränken. Diese Pflichten sind nicht gering. Welche Enthüllungen haben uns die legten 30 oder 40 Jahre“ gebraht, welche Einblicke in Englands eigene Lage thun lassen! Wie viele wunde Stellen sind zu Tage getreten! wie manche Veränderung und Verbesserung ist eingeführt worden! wie Vieles aber bleibt noch zu thun! Jun Bezug auf die sogenannte auswärtige Politik sahen wir in dem Volksbewußt= sein eine ähnlihe Umwandlung vor sich gehen, wie es gegenüber der ¿Frage unserer ausländischen Besißungen der Fall war. Es“ ist absolut unmöglich, daß einem Lande wie England die Angelegen- heiten fremder Nationen gleichgültig sein könnten. Es ist, zum min- desten meiner Ansicht nach, unmöglich; daß England sih je des Jn- teresses entäußern könnte, welches es selbstverständlich für die Sache der Wahrheit, der Gerechtigkeit, der Ordnung und guter Regierung fühlen muß. Doch ist es andererseits möglich, und niht nur mög- lih, sondern wünschenswerth, daß England die ungeheueren Vor=- theile der Unabhängigkeit seiner insularen Lage nicht verkennen möge. Die erste Folge dieser Unabhängigkeit ist die, daß England we- nigstens angesichts jeder europäischen Frage, der Fragen, aus denen dié Erschütterungen des Weltfriedens zumeist hervorgehen als Nation wesentlich und im hervorragenden Sinne unparteiisch ist. Es is eine Stellung, in welcher wir glülicher Weise niht immer nach künstlichen Mitteln zur Schaffung des Einflusses zu suchen brauchen. Es is eine Stellung, in welcher der Einfluß von selbst kommt, dieweil inmitten des Kampfes fremder Leidenschaften und fremder Jnteressen in das Urtheil eines von diesen Leidenschaften unberührten Landes Vertrauen geseht wird. Jn dem erhebenden Bewußtsein, daß der englische Staatsmann sich so zuversihtlich auf die Unterstühung sei- ner Mitbürger verlassen kann, und in dem Gefühle der Demuth vor den überwältigenden Aufgaben , welche ihm aufgebürdet sind , sehe ih daher freudig auf die wachsende Einsicht hin, welche dazu führt, daß wir Pläne, Projekte und Jdeen abschütteln, die uns über die Sphäre unserer Pflichten hinausführen und uns in unaufhörliche Verwickelungen hineinziehen würden; daß wir solhermaßen unsere Hände frei machen für das große Werk, welches uns in der Verwal- tung des britischen Reiches noch geblieben is, und daß wir fortfahren, die Wohlfahrt des englischen Volkes zu befördern. Gewiß, noch viel ist zu thun j der konservative Jnstinkt ist immer mächtig“ gewesen in unserem Lande, und mit Recht, weil wir besaßen, was zu behalten werth war; der konservative Geist aber ‘wird am besten aufrechk ge- halten und gefördert, wenn er sich in Treu und Pflicht mit dem Geiste der Besserung verbindet; und die Geseße und Lage dieses Landes lassen nach allem, was bereits gesehen, noch ein reiches Feld den weisen und scharfsinnigen Bestrebungen der- Staatsmänner zu- fünftiger Zeiten.

Aus Manchester trifft die Mittheilung: ein; daß der Paupe- rismus in den Baumwollbezirken abermals im Wachsen be- griffen is. Bei der gestern daselbst stattgefundenen Sihung des be- treffenden Unterstühungs-Ausshusses wurde nachgewiesen, daß gegen- wärtig wieder 114,000 Personen auf Unterstüßung des Central= Comité’s und der Lokalaus\hüsse angewiesen sind, und in Betreff der nächsten Zukunft glaubte der Vorsitzende durhaus nicht viel Tröstliches sagen zu können. Wohl beläuft si der verfügbare ¡Fonds noch auf 210,000 Pfd., doch wird die größte Sparsamkeit kaum hin- reihen, um damit die Bedürfnisse der nächsten Monate zu deen. In den Koblenbezirken herrscht ebenfalls Noth. Es bestätigt si nämlih nicht, daß die Strikes in Süd-Staffordshire beendigt sind. Hunderte von Arbeitern haben wohl wieder zum Handwerkszeuge ge- griffen, aber noch feiern Tausende, und diese fangen an, sich so tumultuarisch zu benehmen , daß an vielen Orten Polizei requirirt werden mußte. :

Frankreich. Paris, 13. Oftober. Die »Patrie« bringt in Erfahrung, daß Kardinal Antonelli kürzlih dem Herrn von Sar- tiges angezeigt hat, daß die päpstliche Regierung die Absicht habe, die mit Frankfreih früher angeknüpften Unterhandlungen Betreffs eines Handels- und Postvertrages wieder aufzunehmen.

Der heutige »Moniteur« veröffentli den (telezraphisch hon erwähnten) Bericht des Generals Jolivet vom 2. Oktober über den am 29. und 30. September zwischen seinen Kolonnen und den zahl- reichen Kontingenten der algerischen Aufständischen stattgehabten Kampf. Die Verluste der Araber werden auf 400 ‘Todte und eben so viele Verwundete geschäßt , während die der Franzosen si auf 82 Todte und 27 Verwundete beliefen. Capitain Bayer vom- 10ten Chasseur-Bataillon is unter den Todten; zwei Kugeln gingen ihm durch den Kopf. - Der -Moniteur« sagt, der 29. und 30. Septem- ber seien neue Ruhmestage in den Annalen der Afrika - Armee; und berichtet ferner, - der General-Gouverneur habe die Generale Legrand und Jolivet instruirt, Si Lalla weiter zu verfolgen und, wenn sie ihn nicht erreichen können, in den Süden zurückzuwerfen j 1000 Pferde und einige Bataillone seien zu dieser Operation kommandirt; binnen Kurzem werde so unter Mitwirkung der Generale Jussuf und De= ligny die scharfe Züchtigung der Aufständischen erfolgt sein.

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