1907 / 126 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 28 May 1907 18:00:01 GMT) scan diff

Nichkamlkliches.

Deutsches Reich.

Preusßen. Berlin, 28. Mai.

Seine Majestät der Kaiser und König ms en gestern vormittag im Neuen Palais bei Potsdam den ischof Demmel aus Bonn und nahmen Mittags in längerer Audienz die Meldungen des Staatssekretärs des Reichskolonialamts Dernburg, des Unterstaatssekretärs von Lindequist und des Direktors Dr. Conze sowie des Gouverneurs von Kamerun Dr. Seiß und des Gouverneurs von Südwestafrika von Schuck- mann entgegen.

Heute vormittag hörten Seine Majestät der Kaiser im hiesigen R Schlosse die Vorträge des General- inspekteurs der Kavallerie, Generals der Kavallerie von Kleist, des Chefs des Militärkabinetts, Generals der Jnfanterie Grafen von Hülsen-Haeseler und des Kriegsministers, General- leutnants von Einem.

De Majeitat die Kaiserin Und Königin empfingen gestern im Neuen Palais im Anschluß an die Audienz bei Seiner Majestät dem Kaiser und König den Bischof Demmel aus Bonn.

Im Königlichen Zeughause zu Berlin sollen An- denkentafeln mit den Namen der in den vaterländischen Kriegen gefallenen oder tödlich verwundeten höheren Offiziere bis einschließlih der Regimentsführer aufgestellt werden. Die Zeughausverwaltung rihtet an die Familien, Kirchenvorstände, offentlihen und Hausarchive, Bibliotheken und auch an die Behörden die Bitte, durch Mitteilung über dort befindliches Material, namentlich aus älteren Zeiten, das Zustandekommen dieses Ehrendenkmals unterstüßen zu wollen.

Zau Mena des „L V M S. ¡Sltis“ vorgestern von Hongkong nah Pakhoi in See gegangen.

S. M. Tpdbt. „S 90“ mit dem Chef des Kreuzer- geshwaders an Bord ist vorgestern in Jtschang eingetroffen und geht heute von dort weiter nah Hankau.

S. M. S. „Bremen“ is vorgestern in Newport (Rhode Jsland) eingetroffen und geht von dort am 4. Juni nah St. Thomas in See.

Braunschweig.

Die Landesversammlung hat gestern den Antrag der staatsrechtlichen Kommission hinsichtlich Feststellung der landes- fürstlihen Rente für die Dauer der bevorstehenden neuen Regentschaft, nah dem zu der Rente ein jährliher Zuschuß von 300 000 M geleistet wird, mit allen gegen 6 Stimmen an- genommen. Der Staatsminister von Otto hielt darauf eine Ansprache an die Versammlung und überreichte eine Vorlage, in der Seine Hoheit der Herzog Johann Albrechcht

u Mecklenburg dem Landtage als Regent vorge- MBraea wird.

In seiner Ansprahe an die Landefversammlung gedachte der Staatsminister, ,W. T. B." zufolge, zunächst in Trauer und Dankbar- keit des verstorbenen Regenten, Seiner Königlichen Hoheit des E ReE Albrecht von Preußen, und gab dann einen Rück- lick auf die von dec Regierung hinsihtlih der Thronfolgefrage unternommenen Schritte: Beseitigung des zwishen Preußen und dem Haupt der jüngeren Linie des Hauses Braunschweig beslehenten Gegenfaßes, Beschluß des Landtages, eine noch- malige Entscheidung des Bundesrats herbeizuführen, Beschluß des Bundesrats, betreffend die weitere Behinderung der jüngeren Linie des Hauses Braunschweig an der Thronfolge, und Beschluß der Landesversammlung, nunmehr die Wahl eines neuen Regenten in die Wege zu leiten. Der Regentschaftsrat {lage der Landesversammlung nunmehr Seiae Hoheit den Herzog Johann Albreht zu Mecklenburg- Schwerin als Negenten des Herzogtums vor und überreihe dem Hause eine entsprechende Vorlage. Gleichzeitig erklärte der Staats- minister, daß, entsprehend der bei der früheren Regentenwahl geübten Gepflogenheit, der Negentshaftsrat davon absehe, die persönlichen Eigenschaften des in Vorschlag gebrahten Regenten zu erörtern. Der Negentschaftsrat sei sich seiner ernsten Aufgabe voll bewußt gewesen und hoffe, daß die von thm getroffene Wahl die Zustimmung der Landeêëversammlung finden und zur Wohlfahrt des Herzogtums aus- \chlagen werde.

Das Haus beschloß, von einer Kommissionsberatung der Vorlage abzusehen, und genehmigte den Vorschlag des Präsidenten, die Wahl des Regenten in der heutigen Sißzung vorzunehmen.

Wie eine Depesche des „W. T. B.“ meldet, wählte der Landtag in seiner heutigen Sißzung Seine Hoheit den Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg einstimmig zum Regenten des Herzogtums.

Oesterreich-Ungarn.

Die ungarische Regierung hat, einer Meldung des „Ungarischen Telegraphen-Korrespondenzbureaus“ zufolge, be- züglih der Sprache im Eisenbahndienst gegenüber den froatishen Forderungen bedeutende M ene, se gemacht. Die äußere Dienfisprache soll kroatish sein, ebenso der Verkehr mit den froatischen Aemtern und es sollen nah Möglichkeit nur Kroaten angestellt werden; ferner wird erklärt, die Sn, daß die Eisenbahnbeamten der ungarischen

prache mächtig sein müßten, werde nicht als eine Verleßung des Ausgleichsgeseßes betrahtet. Diese Anordnung solle, so wurde weiter erklärt, niht ein Präjudiz für die endgültige Regelung der Sprachenfrage sein. Diese Zugeständnisse wurden troß eindringliher Befürwortung seitens des Banus und des Vizebanus von Kroatien von den fkroatishen Abgeordneten abgelehnt; sie wollen in der Generaldebatte über das Eisen- ba mge ihren Standpunkt darlegen und s{chließlich erklären, daß fie Protest gegen die Verleßung des Ausgleichs erheben. _— Im ungarishen Abgeordnetenhause legte der Ministerpräsident Dr. Wekerle einen Geseßentwurf vor, der, obiger Quelle zufolge, zur Erinnerung an die vor 40 Jahren stattgehabte Krönung des Franz Joseph die Errihtung eines Arbeiterkranken- hauses und einer Reihe von Boltoatademien, aus cinem Arbeiterheim und

einer

Budapest und in der Provinz, in Aussiht nimmt. Ferner sicht der Geseßentwurf die Errichtung einer Kirche an der Grabstätte Arpads in Obuda und die Erweiterung des Handelsmuseums in Agram vor. Für diese Stiftungen wird ein Kredit von 3 400 Kronen angefordert.

In der Begründung des Gesetzentwurfs wurde hervorgehoben, daß in weiten Schichten der Nation gewünscht werde, die Erinnerung an die Krönung des Königs sowie an die Wiederherstellung der Ver- fassung feierlich zu begehen. Es seten jedo niht raushende Festlich- leiten in Ausficht genommen, fondern der große Gedenktag solle durh wigdrgs, dauernde Sd öpfungen zum Wohle des Volkes gefeiert

erden.

Der Ministerpräsident Dr. Wekerle teilte ferner mit, daß aus Anlaß des Jubiläums die Prägung von Goldmünzen zu 100 Kronen angeordnet worden sei, die auf der Reversseite eine die Krönung darstellende Gruppe mit der Jnschrift „Zur 40. JFahreswende der Krönung“ aufweisen werden.

Großbritannien und Frland.

Jn der gestrigen Sißung des Unterhauses wurden ver- schiedene Anfragen an den Ministerpräsidenten Sir Camphbell- Bannerman Peri Qet bezüglih der Absichten der Regierung A des Gesehes über den Jrishen Rat und andere Seseße, die in dem Programm der Regierung enthalten sind.

Campbell-Bannerman ersuchte, ,„W. T. B.“ zufolge, das Haus, die Beantwortung dieser Fragen bis zum 3. Junt aufzuschieben, an welhem Tage er sie beantworten werde.

__ Darauf legte der Erste Kommissar für Arbeiten und öffent-

lihe Bauten Harcourt einen Gesehentwurf vor, durh den für eine vermehrte Anzahl kleiner Landgüter gesorgt werden soll.

Die Bill ermächtigt die Grafschaftsräte, Land zur Errichtung kleiner Landgüter zu erwerben entweder durch Pachtung oder Kauf, und zwar nötigenfalls durch Expropriation. Falls ein Grafschaftsrat nicht die von der Bill vorgesehenen Vorkehrungen treffe, solle das Ackerbauamt Kornmissare ernennen, die an Stelle des Grafschaftsrats handeln und von diesem die gemachten Ausgaben einztehen.

Im weiteren Verlaufe der Sizung wurden an den Staats- sekretär Gladstone Anfragen gerichtet, ob die russischen Sozialisten, die jeßt in London eine Konferenz abhalten, von der Londoner Polizei beobachtet und ob die dabei erlangten Jnformationen der Luischen Polizei mitgeteilt werden würden.

Gladstone erwiderte, die russischen Sozialdemokraten würden von der Londoner Polizei nit beobachtet. Die englishe Regierung greife niemals störend ein in die persönliche Freiheit in politisWer Beziehung. Die Polizei habe ein für allemal die Anweisung, und zwar ohne daß dabet die Nationalitäten unterschiedlih behandelt würden, alle Schritte zu tun, die erforderli sein könnten, um zu verhindern, daß gewalt- tätige Verbrehen in England oder sonstwo vorbereitet oder ausgeführt

werden. Frankreich.

Der König und die Königin von Norwegen sind gestern na EE in Paris eingetroffen und auf dem Bahnhof von dem Präsidenten Fallières und allen Ministern empfangen worden. Am Abend fand im Elysée zu Ehren des norwegischen Königspaares ein Festmahl statt, bei dem zwischen dem eäfidentéß Fallières und dem König Haakon Trink- sprüche gewechselt wurden. (:

Jn der Si erten rex interpellierte gestern der Sozialist Cor n aud, der vorgestern bei der jedes Jahr auf dém Kirchhof Père-Lachaise an der Mauer stattfindenden Kund- gebung, wo 1871 die Föderierten erschossen worden sind, ver- haftet wurde, wegen dieser seiner Verhaftung den Minister- präsfidenten Clemenceau.

Nach dem Bericht des „W. T. B.“ erklärte Clemenceau in Be- antwortung der Anfrage, der Interpellant sei verhaftet worden, weil er sich geweigert hätte weiterzugehen, troß einer dahin gehenden Auf- forderung der Polizei. Die Eigenschaft als Deputterter berehtige niemand, gegen die Geseßze, welhe die Ordnung auf den Straßen verbürgen, zu verstoßen. Cornaud sei von der Polizei mit der Höf- Us behandelt worden, die auch jedem einfahen Bürger zu teil werde.

Das Haus nahm darauf mit 349 gegen 154 Stimmen die einfahe Tagesordnung an.

Rußland. Hur Notifizierung der Thronbesteigung des Schahs von Persien ist gestern, „W. T. T.“ zufolge, eine außerordentliche persishe Gesandtschaft in St. Petersburg ein- getroffen. Ftalien.

In der Deputiertenkammer wurde gestern die Re- gierung über den Ausstand der Arbeiter an den Hoch- A von Terni, der bereits fast zwei Monate dauert, inter- pelliert.

Nach dem Bericht des „W. T. B.“ erklärte der Ministerpräsident Giolitti in Beantwortung der Anfrage, daß die Regierung absolute Neutralität wahren müsse; die Ausftändigen hätten 800 000 Lire Lohn eingebüßt, während sie eine Unterstüßung erhalten hätten, die nur einen Lohn von vier Tagen ausmache; er wünsche eine rasche Lösung des Konflikis. Wenn die Arbeiter um die Intervention der Negterung nahsuchen werden, werde diese die Gesellschaft in Terni befragen, ob sle sie annehme. Die Regierung könne nicht mehr tun und werde niht mehr tun.

Asien.

Nach Meldungen der „St. Petersburger Telegraphen-

agentur“ wird von verschiedenen Seiten bestätigt, daß der Gouverneur von Lur1stan mehrere tausend Kurdenreiter sammelt, um Hamadan in Besiß zu nehmen oder sich zum Schah ausrufen zu lassen. Rahim Khan, dessen Leute in der Umgegend von Täbris räuberishe Streifzüge gemacht haben, is auf An- ordnung des Schahs festgenommen und in Ketten gelegt worden. Hierdurch ist die Ruhe in Teheran wieder her- gestellt worden.

Wie das „Neutershe Bureau“ meldet, sind in Wong- kong (Präfektur Tschin-Tshiu) Unruhen ausgebrochen. Die Nuhestörer sind teils aus dem Distrikt gebürtige, teils aus den benachbarten Provinzen stammende Leute. Alle bürgerlichen und militärishen Beamten sind ermordet, die Verwaltungsgebäude ver- brannt. Der in Swatow stationierte Oberst und der Admiral

! zu verhindern.

Königs |

| herausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 24. Mai, hat folgenden bestehend Bibliothek in

Li sind mit Truppen nah dem Schauplaße der Unruhen ab- gegangen. Die Polizei in Swatow hat alle Vorkehrungen ge- troffen, den Ausbruch von Unruhen in diesem Vertrausbafen

Nr. 22 des „Zentralblatts für das Deutsche Reich“, Inhalt: 1) Kolontalwesen:

kolonialamts. 2) Marine und S{hiffahrt: Erscheinen des ersten Nachtrags zur Amtlichen Liste der deutshen Seeschiffe für 1907, _ 3) Finanzwesen: Nachweisung der Einnahmen des Reichs vom 1. April 1907 bis Ende April 1907. 4) Polizeiwesen: Ausweisun von Ausländern aus dem Reichsgebiet. g

Statistik und Volkswirtschaft.

Bevölkerungsbewegung, Verkehrsverhältnisse, Schlachtungen, städtishe Sparkasse, Kranken- und Armenpflege in Berlin im März 1907.

Nach dem die Berliner Statistik für den Monat März 1907 enthaltenden Heft der „Monatsberihte des Statistishen Amts der Stadt Berlin“ belief sich die r bp W Bevölkerung der Neichshauptstadt anfangs April 1907 auf 2088 123 Einwohner (gegen 2050 696 zu dem glethen Zeitpunkt des Vorjahres). Die Be im Monat März betrug 11040 (im März 1906 7067)

ersonen.

Lebend geboren wurden im März 4464 (im März 1908 4297) Kinder, unter denen fich 809 (789) oder 18,12 (18,36) % unehelidße befanden. Auf das Jahr und Tausend der mittleren Be, völkerung berechnet, stellte si die Geburtenziffer auf 25,10 (24,63).

Cheschließungen fanden im März 2102 (im gleihen Monat des Vorjahres 2084) stait; von diesen Ehen waren 331 (330) Mischehen.

Die Zahl der Sterbefälle (ohne die Totgeburten) belief si auf 2759 (im März 1906 auf 2787). Von den Verstorbenen warea 1449 männlichen und 1310 weiblihea Geschle{chts. An Infektionsirankheiten starben 628 (im März 1906 679), insbe: sondere an Masern 13 (54), an Sharlach 11 (18), an Diphtherie und Krupp 34 (25), an Keuchhusten 23 (34), an Influenza 36 (17), an Kindbettfieber 14 (15), an Typhus 2 (2), an Lungen- und Hals {windsucht 357 (410), an Tuberkulose anderer Organe 56 (50). Ferner sind zu erwähnen: 190 (186) Sterbefälle an Krebs, 234 (259) an Herzkrankheiten, 267 (243) an Lungenentzündung, 94 (88) an Darimkatarrh, darunter 81 (78) Kinder im 1. Lebensjahre, und 21 (11) an Brechdurchfall, darunter 19 (10) Kinver im 1. Lebensjahre. Jm Alter bis zu 1 Jahr starben im ganzen 614 (577), das sind 22,25 (20,70) 9/6 aller Sterbefälle des Berichtösmonats. Auf d28 Jahr und Tausend der mittleren Bevölkerung berechnet, betrug die allgemeine Sterblichkeiisziffer 15,52 (15,97).

Als zugezogen waren 11551 (im März 1906 13.720) männ- lihe und 8910 (9039) weibliche, zusammen 20461 (22 759) Personen zu verzeihnen. Für die Fortgezogenen ergaben sich einschließli des Zuschlags für die unterbliebenen Abmeldungen die Zahlen 18513 (17810) männliche und 14693 (13 526) weiblihe, zusammen 33 206 (31 336) Personen. Somit verblieb bei der Wanderung ein Me hrfortzug von 6962 (im März 1906 4090) männlichen und 5783 (4487) weiblihen, zusammen ein Mehrfortzug von 12745 (8577) Personen.

Baugesuche sind im Monat März 768 (im März 1906 781) eingereiht worden. Genehmigt wurden 186 (201) Neubauten, 40 (3) Umbauten von Wohngebäudcn, 36 (41) Schuppen 2c. und 356 (471) sonstige Bauausführungen. Brände kamen 1030 (1150) zur Melvung, davon 167 (161) mit und 863 (989) ohne Alarmierung der Wehr.

Ein Besißwechsel fand im März bei 154 (im gleichWen Monat des Vo:jahres bei 182) Grundstücken statt. Kauf lag vor bei 66 (68) bebauten Grundstücken mit 17 962 687 (19 550 102) f Kaufpreis und bet 36 (58) unbebauten mit 4539 501 (9 341 615) / Kauspreis, Zwangsversteigerung bei 2 (10) bebauten mit 285 550 (1587 140) Æ und bei 3 @ unbebauten mitt 122 958 (183 250) Æ Kaufpreis. Durhch Vererbung gingen 42 (21) Grundstücke mit 8 990 940 (3919788) A Wert und 5 (22) ohne Wertangabe in andecen Besitz über.

Ueber Verkehrsverhältnisse im März liegen folgende An gaben vor: Befördert: wurden durch die Straßenbahnen 38188799 (36 581 544) Personen, von denen 31559 057 (30 646 521) auf die Große Berliner Straßenbahn kamen, durch die Hoch- und Unter- grundbahnen C STUN der Spreetunnelbahn) 4 079 321 (3 468 379), durh die Omnibuslinten 9 831 118 (10 253 183) Personen, davon zu 5 S 8318 863 (8 420 434) und zu 10 1 512 255 (1 832 749) Per- fonen. Außerdem wurden noch durh die 4 (1) Kraftomnibuslinien 1829 651 (451 501) Personen befördert. :

Die Zahl der in den Berliner Hotels, Gasthöfen 2c. im Mätz abgestiegenen Fremden belief sich auf 84 261 (78 666) Personen. Darunter befanden sich 12 421 (11 428) Ausländer ; von diesen kamen 3452 (3763) aus Rußland, 2020 (1779) aus O-*fterreih, 1181 (962) aus Amerika, 940 (891) aus England, 1023 (688) aus Dänemark.

Der Auftrieb auf den städtishen Viehhof betrug für den Monat März 25 433 (für März 1906 28 305) Rinder, 23 759 (19 923) Kälber, 50 567 (55 892) Schafe, 140 503 (106 879) Schweine,

In den öffentlihen Shlahthäusern wurden im März 14153 (im gleihen Monat des Vorjahres 16 123) Rinder, 17 960 (15 216) Kälber, 40 315 (43 303) Schafe, 101 757 (81 148) Schweine geschlachtet In der Zentralroßschlächterei wurden 996 (1382) Pferde geschlachtet, von denen 12 (12) zurückgewiesen wurden. Zum Konsum und zur Tierfütterung gelangten somit 984 (1370) Pferde, ferner von der Nixdorfer Noßschlächterei 114 (70). /

Bet der städtishen Sparkasse betcugen die Einzahlungen im März 4 636 786 (im März 1903 5721 793) 4, die Nückzahlungen 6 487 789 (5 732 774) M; demnach ergab sih ein Mehr an s zahlungen von 1851003 4 (in demselben Monat des Vorjahrs ein Mehr an Nückzahlungen von 10981 4).

Von der Landesversiherungsan stalt Berlin wurden im Monat März 315 (447) Inyaliden- und 28 (23) Altersrenten be- willigt. Der Mitgliederbestand der der Aufsicht des Magistral®- fommissars unterstellten Krankenkassen betrug am 1. April 1907 727 520 (am 1. April 1906 683 155), unter denen si 42 482 (33 102) freiwillige Mitglieder befanden. Erwerbsunfähig waren an diesem Tage bei den bezeichneten Kassen 26 940 (23 555) Mitglieder.

Im Arbeitshause zu Nummelsburg befanden sich am 1. April 1527 (zu demselben Zeitpunkt des Vorjahres 1841) Männer und 104 (123) Frauen. Das Familtienobd ach beberbergte am gleihen Tage außer 22 (32) Familien mit 86 (102) Personen no 240 (161) Einzelpersonen. Im slädtishen Obdach nächtigten im März 59132 (65 224) männlihe und 1018 (978) weibliche, zl- sammen 60 150 (66 202) Perfonen, im Männerasyl des Afyl- vereins 19066 (21 386), im Frauenasyl 3873 (4762) Personen einschließlich von 65 (47)) Kindern.

In den 6 (im März 1906 5) städtischen häusern befanden sich Ende März 3336 (2761) als belegungsfähig waren in diesen Anstalten 4097 Betten angegeben. In der Geschlehtskrankenstation des Obdachs waren 89 (128) weiblihe Kranke; die Männerstation wurde am 3. Oktober nach dem Rudolf Virchow - Krankenhause verlegt. Die Frrenanstalten zu Dalldorf, Héèrzberge us Buch und die Epileptikeranstalt Wuhlgarten hatten am 1. Aptil 4968 (4316) Insassen, in Privatpflege waren 2617 (3095) nos untergebracht. In den 6 Heimstätten befanden si{ch am Ende de Monats März 554 (565) lungenkranke und erholungsbedürflige Personen. Der Bestand in den Siehenhäusern (Fröbel- un Pallisadenstraße) betrug am 1. April 2060 (2086) Personen.

In den Hospitälern des Arbeitshau ses waren am gleichen Tage 677 (763) gnsassen vorhanden, in den Erztehungsanstalten zu Lichtenberg und Klein-Beeren 285 (251) Fürsorge- und Zwang®?- erziehungszöglinge, in Privatverpflegung waren 1305 (975) Kin B Fn der städtishen Waisenpflege befanden sih an demselben Tag (einshließlich der Schmidt-Gallish-Stiftung) 6574 (5899) Kinder.

Die ädtische Armenpflege umfaßte im Monat Mrs

ran ert Patienten, P (3178)

D pg - eines Reichskolonialamts; m

Stellvertretung des Reichskanzlers Geschäftskreise des Reichs-

33 375 (33 765) Almosengeldempfänger mit einem Gesamtbetrage yon

p61 837 (548 368) K laufender Unterstüßungen, darunter 1977 (1920) Almosenempfänger mit außerdem gewährten 13432 (13 333) G Extraunterstü ungen. Solche wurden ferner für 5729 (5504) nicht | laufend unter tüßte Personen im Gesamtbetrage von 69 716 (63 310) Æ | ewährt. Pflegekinder waren 11 538 (11 822) vorhanden, für die | 97 8923 (98 258) t aufgewendet wurden.

Aus Cöln wird uns geschrieben: Die Ueberzeugung von dem roßen Nuyßen der Fortbildungsschulen für das Handwerk | wird erfreuliher Weise in den interessierten Kreisen immer allgemeiner. Non weittragender Bedeutung sind in dieser Richtung die Beschlüsse mehrerer Innungsversammlungen in Cöln, ihren Lehrlingen zum Besuch der Pflichtfortbildungs\hulen Wochentags einen ganzen Vor- mittag zur Verfügung zu stellen.

Fn Euskirchen, NReg.-Bez. Cöln, ist am 1. Januar d. I. cine städtishe Sparkasse eingerichtet worden, die bereits einen Einlagebestand von rund 300 000 4 besißt. Eine von mancher Seite erwartete Schädigung der Kreissparkasse ist niht ein- getreten, vielmehr hat sich wieder die Richtigkeit der |chon oft gemachten Wahrnehmung bestätigt, daß, je mehr Gelegenheit zum Sparen | geboten wird, um so mehr tatsächlich auch gespart wird. Die Ein- | lagen bei der Kreis\spa:kasse sind gegen die Vorjahre niht zurück- gegangen, der Einlagebestand ist vielmehr troß der geldknappen Zeiten | im selben Verhältnis gestiegen wie früher, |

Zur Arbeiterbewegung.

Große öffentlihe Versammlungen der Berliner Konfektions- | schneider und -Schneiderinnen beschäftigten sich, wie die „Vess. Ztg.“ berichtet, gestern abend mit dem Verhalten der Konfek- fonäre zu den eingereihten Lohnforderungen. In den Ver- sammlungen wurde folgende Erklärung einstimmig angenommen: „Die Konfektionsschneider und -Schneiderinnen von Berlin empfinden es als eine unwürdige Behandlung, daß die Leiter der Konfektionsgeshäfte noch immer keine Zeit gefunden haben, eine Erklärung dahin abzugeben, wie sie sich zu den gestellten Lohn- forderungen stellen. Sie erwarten, daß die Unternehmer die Kon- fektionäre zwingen, innerhalb der nähsten vierzehn Tage etne end- güliige Antwort abzugeben und diese der Organisationsleitung zu unterbreiten, damit in den dann einzuberufenden Mitgliederversamm- lungen diese dann ihrerseits die entsprehende Taktik ergreifen können.“

Nah Mitteilungen, die dem Metallarbeiterverband in Frankfurt a. M. zugegangen sind, sind in 14 dortizen Betrieben etwa 1800 bis 1900 Arbeiter ausgesperrt (vgl. Nr. 125 d. Bl.).

Der Maschinenfabrikantenverein von Barmen- Elberfeld hat, wie schon mitgeteilt, beschlossen, zunächst die organi- sierten Riemengangschlosser am 25. Mai auszusperren, weil etwa 150 —200 Mann wegen Ablehnung des 9 stündigen Arbeitstages | in den Streik eingetreten waren. Am 1. Juni sollen, wenn bis dahin | feine Einigung erfolgt isl, die Betriebe till gelegt werden. In einer Sitzung des Fabrikantenvereins wurde, der „Rh.-Westf. Ztg.“ zufolge, mitgeteilt, daß am 25. d. M. etwa 1000 Arbeiter aus- gesperrt worden seien. Am nächsten Sonnabend sollen weitere 9500 Mann ausgesperrt werden. Die Nichtorganisfierten erhalten vom Fabrikantenverein Unterstüßurg. Mit den benachbarten Arbeit- geberverbänden sind Verhandlungen angeknüpft worden, tie eine Ausdehnung der Ausfperrung bezwecken. Dann würden etwa 15 000 Arbeiter ausgesperrt werden.

Aus St. Johann wird der „Köln. Ztg.“ gemeldet, daß die Pferdeknehte auf den Gruben „Dudweiler“, „Alten- kessel“ und „Camphausen“ gestern wieder vollzählig angefahren sind. Sie sind angewiesen, ihre Wünsche durch Vertrauenómänner der Behörde vorzutragen; die Prüfung ist thnen zugesichert worden. Für den Fall weiterer Arbeitsverweigerung wurde ihnen thre Ent- laffung angekündigt. i

f Ueber Ausstände in der Schwetz berichtet die „Frkf. Ztg.“ : In Bern streiken die Zimmerleute seit acht Wochen, sodaß die Fertigstellung einer Reihe von Bauten untecbleiben_ muß. Auch hat das auf den 9. Juni angeseßte Pferderennen auf den Oktober verschoben werden müssen, weil die nötigen Tribünenbauten nicht errihtet werden können. In Chaux- de Fonds streiken die Schlossergehilfen seit vier Wochen, ferner streiken die Mechaniker und unter ihnen auh die Uhrenfabrikmechaniker, iwas natürlih auf die dortige große Uhren- industrie besonders stark wirk! ; auch die Friseurg ehilfen sind dort im Ausstand. Ein einigermaßen ungewöhnlicher Streik ist in Buttes (Neuenburg) autgebrchen. Dort haben 89 Feuerwehrmänner ihre Ausrüstung zurückgegeben, weil ihnen die Feuerwehrkommission den geforderten Lohn nicht hat gewähren wollen.

Nach einer Meldung des „Neutershen Bureaus" aus Johanne s- burg teilen die Leiter der Minen mit, daß die Arbeiter allmählich wieder zur Arbeit zurückkehren. Das Reef ist jet vollständig mit Truppen beseßt, was dazu beiträgt, daß die weniger itreiklustigen Arleiter die Arbeit wieder aufnehmen. Gestern ardteitete die ganze Tagesschiht ter Ferreira-Mine und morgen wird die Arbeit auf der Nodeport Central Mine wieder aufgenommen werden. (Vgl. Nr. 125 d. Bl.)

Kunft und Wisseuschaft. Die XIII. Ausstellung der Berltner Sezession.

LIT, *)

Von den Berliner Malern triit neben Liebermann Walter Leistikow am stärksten hervor. Schon die vorjährige Ausstellung zeigte, daß er der strengstilisierten Kiefern und der spiegelnden Grune- waldseen müde geworden war; „zu neuen Taten“ zog Leistikow nah Thüringen und eroberte für seine Kunst eine Provinz, die bisher von Malern wie Schultze - Naumburg mit mehr guter Gesinnung, als hervorragendem Können künstlert{ ausgebeutet wurde. Durch grüne Wiesen und gelbe Felder ricselt in lustigen Tindungen ein Flüßchen, dessen Wasser in der Sonne blißt; Pappeln begleiten seinen Lauf; hinten dunklere Berge. Ueber diese weitausgedehnte bügelige Land- schaft ziehen die Wolken und werfen tiefe, durchsihtige Schatten ; erst durch die Mannigfaltigkeit der Beleulßtung gewinnt das an sich einfahe Motiv Leben und Bedeutung. Eine gellene Frishe zeichnet dieses Meisterwerk aus, ein kräftiger Natur- atem weht uns entgegen, von wie wenigen Landschaftsbildern in der Sezession läßt sich das Gleiche sagen! Außerdem bemerken wir noch vier andere Gemälde von Leistikows Hand, unter denen besoaders „Der Hafen“ mit dem kräftigen Farbenakkord der bunten Segel hervorgehoben set. Mar Slevogt tritt in diesem Jahre bedauerliherweise etwas zurü. Man mag ih mit der Stoff- wahl dieses Künstlers nicht immer befreunden und wird doch dîe Empfindung nicht los, daß in thm der ursprünglichste und bedeutendste Kolorist des Sezessionslagers zu sehen ist, Sleyogt ift ein Sucher. Jede Aufgabe bedeutet für thn ein ganz neues fünstlerishes Problem ; niemals fühlt man sich bei ihm „erinnert“. Daß er es ih leicht mache, wer möchte das behaupten ? Sein Nitt zum Ziel ist immer ein Hindernisrennen ; nur krönt den Atemlosen selten ein reiner M Man betrachte daraufhin sein neuestes Gemälde, ein Relterbildnis von großem Format. Malerish eine Aufgabe, dtîe zu den s{chwierigsten gehört: der Reiter im glatten |\{chwarzen Jalett und shwarzen Hut, in pralles Sonnenliht vor das kräftige Gron fommerlicher Bäume gestellt. Also ein richtiges Freilichtbild, as as Pferd ist ganz prächtig gelungen, aber im Kopf des Neiters en falshe Valeurs, und der Zweiklang Schwarz-Grün ist eiae folge rihtig, allein nicht eben zur Augenfreude durchgeführt. Courbet hätte

| aus. Den Hintergrund geben

das besser gemaht. Ein Selbstbildnis aus früheren Jahren gefällt troy des malerishen „Schmisses* noch weniger; bie Teilung der Komposition die rechte Hälfte wird durch die Staffelei mit dem angefangenen Bilde einer Judith (?) ausgefüllt mat einen Riß dur das Bild. Um so höher ist dann das von der Hamburger Kunst- halle hergeliehene leben8große Porträt des Herrn D’Swald einzu- \häßen. Der ernste Kopf mit den klaren Augen ist vorzügli durh- ebildet, zuglei übt das Porträt hon durch das Kostüm, die shöône

Avane Galatracht der Hamburger Senatoren, eine dekorative Wirkung die mächtigen gelben Marmorsäulen des

Nathauses; durch ein geöffnetes Fenster fluten von hinten Ströme von Licht darüber hin und streifen den fast allzu virtuos gemalten \sptiegelglatten Fußboden. Solche Reife in der Lösung einer zuglei repräsentativen Aufgabe wird Louis Corinth, der so gern mit Slevogt in einem Atem genannt wird, wohl immer versagt bleiben. Von diesem breitshultrigen Ostpreußen, dessen Kopf mit dem Stier- nacken man gesehen haben muß, um seine Kunst zu verstehen, darf man nicht Geshmack und Anmut der Darstellung verlangen; was ihm liegt, sind Vorwürfe dramatish-bewegter Art, wie „Die Blendung Simsons". Hier kann sich sein Temperament austoben, ohne daß man geheiligte Ueberlieferungen, wie bei der Darstellung des Paris- Urteils, gegen ihn in Schuß nehmen muß. Man erschrickt förmlich vor so viel Banalität und Häßlichkeit in Haltung und Er- scheinung dieser Göttin der Schönheit und Liebe und fühlt ih au dur die in der Tat hervorragenden koloristischen Quali- täten niht viel günstiger gestimmt. Am ehesten behauptet si die bildmäßig abgerundete Darstellung Rudolf Rittners als Florian Geyer im leßten Akt des Hauptmannschen Dramas; ein Brayourstück in Schwarz und Grau, fesselt dies Bild durch den Ausdruck troßiger Entschlossenheit in den Zügen des schwarzen Ritters, der mit dem nackten Schwerte in der Hand sih anschickt, den leßten Verzweiflungs- kampf auszufehten. Hans Balu\schek und Martin Branden- burg wurden in meinem ersten Bericht wenigstens erwähnt; von

| diesem wirkt das Gemälde „die Stunden der Nacht und des Morgens“,

versinnbildlicht durch nackte Frauen auf raschen Pferden, auch in der Farbe sehr eindringlih. Leuchtet sie in der rehten Bildecke in loderndem Flammengelb, in Orange und Rot auf, so geht sie unten über grün, hellblau und violett allmählich in tiefes Nachtblau über. Die Bildidee, „der flüht’gen Stunden gleih ges{chwungnes Joh“ in einer Art von Walkürenritt vorzuführen, ist wohl nit ganz neu; wte sie aber malerisch bewältigt wurde, erfüllt mit großem MNespekt vor diesem schwer- ringenden Künstler, der si selbst schon manches Werk durch allzu große Gewissenhaftigkeit verdorben hat. Baluscheks „Sonntag auf dem Tempelhofer Feld" ist nicht viel mehr als ein kolotrierter Bilderbogen recht amüsanten Inhalts, im einzelnen wirkt die Mache roh und unkünstlerisch. Doch ist niht zu übersehen, daß in diesem Künstler ein gesunder volkstümliher Humor steckt, und zugleich jenes \pezifisch Berlinische, das heute in der Literatur eigentlih nur noch da gepflegt wird, wo sie keine mehr ist, auf dem Gebiete des Gassen- hauers. Die Kunst von E. R. Weiß is ihrem Charakter nach durhaus süddeutsch, aber der Künstler, vor einiger Zeit von Karlsruhe hierher übergesiedelt, will als Berliner gesehen - sein und muß deshalb an dieser Stelle ge- würdigt werden. Das herb - pathetische Bildnis suiner Frau und eine Sommerlandschaft sind weniger bezeihnend für ihn als die zahlreihen Blumen- und Fruchtstücke. In ihrer leuhtenden Lokal- farbenpracht knüpfen sie, niht zufällig, sondern, wie mir sheint, ganz bewußt an deutshe Bauernkunst an. Vielen ersheinen die Farben zu lebhaft, und gerade diese Gattung ist man ja gewohnt, mehr auf Ton hin behandelt zu schen. Weiß gibt jede Tulpe oder Aster für fich und läßt ihre besondere Schönheit von hellem, neutralem Grund sih abheben, wie es etwa bei den prächtigen lothringishen Fayencen des 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts der Fall war. Mir cischeint seine Art überzeugend und sehr rühmlich. Auch Ludwig Stuß weiht mit seinen Blumenstücken von der herkömmlichzn Schablone ab, hat aber mehr Galerieton; besonders haben es mir seine „Primeln angetan. Mit Stilleben ragt ferner Nobert Breyer hervor. Unter den jüngeren Landschaftsmalern zeigt der überaus fleißige Ulrih Hübner, daß diejenigen unrecht hatten, die an der Weiter- entwicklung sciner befonders an Manet geshulten Kunst verzweifelt hatten. Sämilihe Neushöpfungen bewelfen, daß er nicht nur sein Stoffgebiet erweitert, sondern auch der etwas äußerlichen Birtuosität seiner früheren Werke müde geworden ist. Vor allem „Der Sturm

an-

| atmet echte Naturstimmung, und im „Hafen yon Travemünde* ist das

Atmosphärishe mit mehr als durhschnittlicher Begabung wieder gegeben. Jacob Alberts, der charaktervolle Schilderer der Halligen, wirkt in den Bildern der Meereseinsamkeit noch bedeutender als in den Sittenbildern aus dem friesischen Volksleben, mit denen er seine ersten Erfolge errang. Er hat nie der Mode gedient und wird darum auch weniger mit Anerkennung verwöhnt als manches mit Unrecht berühmtere Mitglied der Sezession. Das gleiche läßt sch von Heine Rath [oagen, dessen Schneelandschaft dur \{chlichtes Naturempfinden und Wahrheit des Tones für sih ein- nimmt. Von diesem Künstler sind, nebenbei gesagt, die vortrefflichen Jllustrattonen der kürzlih erschienenen Festschrift des Norddeutschen Lloyd Paul Baum und Philipp Franck sind in ihrer gewöhn- lihen Art vertreten; Heinrih Nauen wirkt besonders in der kleinen Landschaft mit den Pappeln günstiger, als die Sonderausftellung, die jüngst bei Cassirer stattfand, erwarten lteß. Jn den andern Bildern zeigt er ch immer noch zu sehr im Banne van Goghs, dessen Ein- fluß au bei den Gemälden Theo von Brockhufsens festzustellen ist. Ein anderer Franzöéling ist Hans Purrmann, der, wie auch Walter Bondy , in Paris wirkt. Sein weiblicher Akt, eine liegende, ven einer wahren Reflexdushe überschüttete Frau, gehört zu jenen malerischen Experimenten, denen wir lieber in Ateliers als in öffentlihen Ausstellungen begegnen; in der Tat ruft dieses Bild allgemeines Entseßen hervor. Die Winterlandschaft da- gegen, breit und sicher im Sinne des französischen Impressionismus hingeseßt, ist ein sehr starkes, in der Stimmung packendes Werk ; alles in allem, ersheint Purrmann als rücksichtéloses, aber bedeutendes Talent. Wer möchte dies aber von Benno Berneis behaupten, dessen „Oswald“ (Alexander Moissi im legt Akt der „Gespenster“) einen argen Fehlgriff nicht nur des Malers, sondern auch der an- geblich so strengen Ausstellungsjury darstellt ? Scharfe Ablehnung verdient ferner ugen Spiros (Paris) „Kourtisane“, ein kunst- arme Verwässerung von Manets berühmter „Olympia“. Unter den Bildnismalern möchte ih neben Leo von Köntg und Konrad von Kardorff, der leider nicht ganz hält, was er im vorigen Jahre mit dem Bildnis seines Vaters, des Parlamentariers, versprach, Ernst Bischoff-Kulm mit dem Porträt des Malers von Brockhusen erwähnen : es ist gleih gut in der Bewegung wie în der Farbe. Dora Hit malte in sehr geistreiher Manier, aber etwas gesuhter Pose, die Frau Gerhart Hauptmanns, Heinrich Linde- Walther eine anmutige junge Frau mit zwei Kindern. Im Vnterieur gibt Heinrih Hübner drel foi seiner reifen, aber faum noch entwidlungsfähigen Kunst; diejer Maler beginnt zu lang- weilen. Ein homo novus is Artur Segal mit dem in einer originellen Tupfmanier durchgeführten Mädchen am Fenster ; Josef Block bringt eine „Träumerei" in köstlih-toniger Malerei; Grnft Oppler zeigt in einem „Kritiker“ die von seinem zaun Londoner

Aufenthalt her bewahrte Vorliebe für delikate graue L Or. C.-B.

Die unter Leitung des Vereins für Deutsches Kunstgewerbe stehende kunstgewerblihe Abteilung der großen Berliner Kunst- ausstellung wird heute eröffnet. Ste zeigt Näume von der König- lihen Porzellanmanufaktur, von Albert Deer, Lucian Bernhard, Arthur Biberfeld, Arno Koernig und Balthasar von Hornstein. Zwei weitere Räume von Alfred Altherr und Leo Nachtliht werden in einigen Tagen fertig gestellt sein.

*) Vergl. Nr. 97 und 120 d. Bl,

In der Buntpapierausstellung im Lichthof des Kunfst- gewerbemuseums wird am Dienstag und Freitag, Nahmittags von 2 bis 3 Uhr, die Haupttechnik des Buntpapters, die sogena nte Marmorierkunst, praktisch vorgeführt werden.

Die diesjährige Generalversammlung der Goethe- Gesellschaft fand am 25. Mai in Weimar statt. Am Abend vorher hatte eine Vorfeier stattgefunden, bei der, wie die „Weimar. Ztg.“ berichtet, Joseph Kainz, von warmem Beifall beigrüßt, einige Balladen von Goethe und Schiller vortrug und Herr Gmür solhe in der Vertonung durch Löwe und a: dere Komponisten sang. Zum Schluß hielt der Oberbaudirektor Kri e \che einen von Lichtbildern begleiteten Vortrag über „Die Stadt Weimar zur Zeit Goethes“. Die Generalversammlung selbst eröffnete der Vorsitzende, Geheime Regierungsrat Professor Dr. Erich Schmidt mit kurzen Begrüßungsworten an die Erschienenen und einem Huldigungs- gruß an den Protektor der Goethe-Gesellshaft, Seine Königliche Hoheit den Großherzog, Höchstwelcher zu seinem Bedauern am Erscheinen ver- hindert war. Er gab dann einen. Ueberblick über den Jahresbericht, der demnächst im Goethe-Jahrbuch erscheinen wird, gedachte mit warmen und dankbaren Worten des Geheimen Staatsrats Dr. Kühn, der seit Beginn dem geshäftsführenden Ausschusse angehört und sih vor allem um die Nuhestätten berühmter Weimarer verdient gemahht habe. Andererseits hieß er den neuen Leiter des Goethe-Nationalmuseums als Mitglied willlommen. Herr Bürgermeister Dr. Donndorf habe das etwas dornenvolle Amt eines Finanzministers der Goethe-Gesellschaft auf sich genommen. Die Gesellschaft ¿ähle jeyt nah 25 jährigem Be- stehen 2888 Mitglieder. Professor Dr. Erich Schmidt teilte ferner mit und erbat die Genehmigung dafür, daß dem Goethe-Nationalmuseum zum Ankauf einiger Dokumente 600 „A überwiesen werden sollen. Der Hofrat Dr. Kötschau wird die Redaktion des nächsten Bandes der Goethe-Schriften übernehmen. Wie bereits bekannt, läßt die Goethe-Gesellshast das Grab der Frau von Stein auf ihre Kosten wiederherstellen. Die Herstellung des Denkmals i dem Pro- fessor Donndorf übertragen. Für eine Grabplatte, die auf Corona Schröters Ruhestätte kommen soll, werden 150 „4 zur Verfügung gestellt, weitere 500 für ein Denkmal Goethes in Weßlar. Der einmalige Beit: ag zur Erlangung ver lebenslänglihen Mitgliedschaft wird von 200 auf 300 & erhöht. Der sogenannte „Volks-Goethe“, der auf 6 Bände berehnet ist, wird voraus\sihtlich Ende nächsten Jahres vollendet fein und im Verlag von Böhlaus Nahf. in Weimar erscheinen. Der Gesamtvorstand wurde darauf einstimmig wiedergewählt. Aus dem Kassenberiht des Bürgermeisters Dr. Donndorf sei hervorgehoben, daß die Gesamteinnahmen im leßten Geschäftejahre 40 473 46 betrugen, der Kassenbestand zu Anfang des Jahres 7514 « Das Nominal- vermögen der Gesellschaft erreiht den Betrag von 90 110 # Ver Gehelme Hofrat Suphan erstattete dann den Bericht über da Goethe-Schiller-Arhiv. Der Schaß an Handschriften hat, wie er mitteilte, hocherfreulihden Zuwahs erfahren; vor allem is dem Schillerarhiv eine namhafte Bereicherung zuteil geworden: zu den vorjährigen Geschenken, nämli der Handschrift der zwei großen poetishen Glückwünsche, die der „Eleve“ Schiller an die Gräfin Frarzitka von Hohenheim gerichtet hat, und zwei Akten der Othelloübersezung des jüngeren Voß mit vielen Korrekturen von Schillers Hand, ist in diesem Jahre eine höchst kostbare, ja in ihrer Art einzige Erwerbung gekommen. Es ist dies die Nieder- \chrift des. Don Carlos, die Schiller füc das Hamburger Theater gemacht und an dessen Leiter, Ludwig Schröder, im Juli 1787 gesandt hat: die einzige, ganz vollständige Niederschrift eines Schillerschen Dramas. Ueber das Goethe-Nattionalmuseum berichtete dessen Leiter, der Hofrat Dr. Kötschau. Den Festvortrag hielt der Pro- fessor Dr. Minor über Goethes ,Mahomet“.

Verkehrsanftalten,

Die Handelsflotte Bremens zählte Anfang 1907 368 Dampfer mit 970 666 Brutto- und 586 799 Netto-Reg.-Tons sowie 105 Segelschiffe mit 137 595 Brutto- und 126 947 Netto- Neg -Tons, zusammen 473 Seeschiffe mit 1108 201 Brutto- und

713 746 Netto-Reg.-Tons.

Theater und Musik.

Lessingtheater.

Das Operettenensemble des Theaters an der Wien brachte am Montag eine sorgfältig vorbereitete, sehr wohlgelungene Neuein- studierung der „Fledermaus“. Man hatte die Empfindung, daß diese auf Wiener Boden erwachsene unvergänglih: Operette d bei der Wiedergabe durch Wiener Künstler besonders zu ihrem Recht fam und mit frishester Unmittelbarkeit wirkte. Von den Darstellern ist an erster Stelle Mizzi Günther zu nennen, die als Rofalinde in Spiel und Gesang gleih vorzüglihes bot. Mizzt Wirth als Adele und Karl Streitmann (Eisenstein) reihten sch ihr würdig á Neben dieser glücklihen Beseßung der Hauptrollen trug aber auch der Umstand, daß die kleineren Partien des Stückes durchweg in bewährten Händen lagen, wesentlih dazu bei, den gestrigen Abend erfolgreich und anregend zu mahen. Das Ordhester, unter Leitung von Franz Ziegler, spielte {lagfertig und fris, ohne daß dadurch die melodiöse und saßtehnishe Feinheit der Partitur verloren ging. Der leßte Akt im fidelen Gefängnis, bei dem die Musik leider so chr zurücktritt, hätte im Dialog ein paar Striche vertragen. Alles in allem aber war die Aufführung so wohblgelungen und in allen Teilen glücklih, daß man ihr eine Reihe von Wiederholungen wünscen

möchte. B

ckr Ao

gerade

Das Publikum war ebenso zahlreich als beifallsfreudiz, odaß D ' K : 3 p p es fogar im zweiten Akt zu einer Wiederholung kam.

Königlihen Opernhause geht morgen, Mittwoch, „Salome* von R. Strauß in Szene, in den Haupt durh die Damen Nose, Hiedler, Rothauser, die Or. Briesemeister als Gast in der Nolle des mann und Sommer beseßt. (Anfang 8 Uhr.) Dirigent Kapellmeister Blech. Der Kapellmeister Dr. seinem Urlaub aus Amerika zurückgzekehrt ird in der Woche seine Dirigententätigkeit im Königlichen Vpernha1 aufnehmen. i

Im Königlihen Schauspielhause findel Aufführung von Goethes „Jphigente auf Tauris“, in der Titelrolle, statt. Den Orest spielt Herr 2 Pylades Herr Staegemann, den Thoas Herr Kraußned Herr Mannstädt. : Im Neuen Königlihen Operntheater wird morgen die Mill ôckersche Operette „Die fieben Shwaben“ aufgeführt. Die Pauvte rollen liegen in den Händen der Damen Grabiß, Pil und Véta Werber und der Herren Ander, Albes, Braun und Straßer. Ferner findet im Spielplan insofern eine Aenderung statt, als am Freitag „Der lustige Krieg“ gegeben wird. : . E M D erste Vorstellun der Komischen Oper findet am nächsten Sonnabend, Abends 8 Uhr, statt. Aufgeführt wird Y fendachs phans (astishe Oper „Hoffmanns Erzählungen“. Die Eintrittépreise ind für die Sommersptelzeit ermäßigt worden. Der L illettverkauf beginnt morgen, Mittwoch, Vormittags 10 Uhr, an der Tages?afse des Theaters, ebenso in den bekannten Vorverkaufsstellen, Eine Vor- verkaufsgebühr wird nicht erhoben. s K

Morgen, Mittwoch, Abends 74 Uhr, veranstaltet der Königliche Musikdirektor Bernhard Irrgang in der St. Marienkirche das nächste Orgelkonzert unter „Mitwirkung von Fräulein Jenny ODufau (Sopran), Frl. Eva Reinhold (Alt) und Herrn Schu (Violine). Duette mit oblig. Violine von Bach, Orgelkompofitionen von Buxtehude, Jos. Renner jun. und Reger stehen u, a. auf dem Programm. Der Eintritt ist frei,

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