1907 / 135 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 07 Jun 1907 18:00:01 GMT) scan diff

4) Unberührt bleibt das Besoldungsdienstalter solcher ehe- maliger Gendarmen und Schußmänner, die vor dem Jnkraft- treten des Allerhöchsten Erlasses vom 18. Dezember 1895 Min.-Bl. f. d. i. V. 1896 S. 40 in den Subalterndienst übergetreten sind, und ferner das Besoldungsdienstalter solcher ehemaliger Unterbeamten, die ihre etatsmäßige Unterbeamten: stelle vor dem Uebertritt in den Subalterndienst aufgegeben | 1 haben, weil in diesen Fällen Militärdienstzeit auf das Be- foldungsdienstalter bereits angerehnet worden ist.

5) Die Vordatierung des Besoldungsdienstalters hat Wirkung vom 1. Januar 1907 ab. Danach kann beispiels- weise einem Regierungskanzlisten, dessen Besoldungsdienstalter vom 1. April 1904 auf den 1. April 1903 vordatiert wird, der Gehaltssaß von 1800/6 vom 1. Januar 1907 (niht vom 1. April 1906) ab bewilligt werden. Nachzahlungen für die weiter zurückliegende Zeit finden nicht statt.

6) Für die nah dem 1. Januar 1907 in O getretenen ehemaligen Unierbeamten, deren pensionsfähiges Diensteinkommen als Subalternbeamte sich tre die jeßt nachgelassene Anrehnung von Militärdienstzeit erhöht hätte, ist unter Zugrundelegung der erhöhten Säße eine anderweite Festsezung der Pension vorzunehmen oder, soweit die Pension von uns festgeseßt ist, zu beantragen. Auch ist der erhöhte Gehaltsbetrag für die Zeit vom 1. Januar 1907 bis zum Tage des Uebertritis des Beamten in den Ruhestand nach- zuzahlen. Soweit die Beamten am oder nah dem 1. Ja- nuar 1907 verstorben sind, ist der Gehaltsunterschied und der

Mehrbetrag an Gnadenbezügen nahzuzahlen und die Um- N aus E Kreis Cochem, als ordentlicher

rechnung des Witwen- und Waisengeldes herbeizuführen. 7) Ziffer 14 der Gebaltsvoririften enthält folgende

assung: : Fafi 14) Militäranwärtern*) ist nach Ziffer 3 der Bestimmungen, betreffend die Anrehnung der Militärdienstzeit auf das Dienst- alter der Zivilbeamten, vom 14. Dezember 1891 bei der ersten etatsmäßigen Anstellung als mittlere Beamte, als Zeichner oder im Kanzleidienste die aktive Militärdienstzeit bis zur Dauer eines Jahres mit anzurechnen. Ein gleiches hat zu eschehen, wenn die Anstellung des Militäranwärters in einer dieser Anwärterklasse nicht vorbehaltenen Stelle des mittleren oder des Zeichnerdienstes erfolgt oder wenn L berechtigte aktive oder pensionierte Unterbeamte einschließli der Gendarmen und Schußmänner im Subalterndienst etatsmäßig angestellt werden. Dagegen findet eine solche An- rehnung nicht fiatt bei-Jnhabern des Zivilversorgungsscheins, die

a. schon vor dem Eintritt in das Heer als Zivilanwärter

bei einer Behörde beschäftigt waren, nah dem Aus- heiden aus dem Heere wieder in ihr früheres Dienst- verhältnis zurücktraten und demnächst gemäß der auf diesem Wege vor oder nah der Erlangung des Zivilversorgungsscheins erworbenen Anwart- haft als Zivilanwärter etatsmäßig angestellt werden, oder j . erst nah dem Ausscheiden aus dem Heere, aber bevor sie den Zivilversorgungsschein besaßen, als Zivilanwärter angenommen wurden und demnächst emäß der auf diesem Wege vor oder nah Er- angung des Zivilversorgungss{heius erworbenen Anwartschaft als Zivilanwärter etatsmäßig angestellt werden, oder ? . erst nah dem Ausscheiden aus dem Heere und nah dex,-Erlangunz; %es Zivilversorgungsscheins für eine Laufbahn, deren Stellen zum eil den Militär- anwärtern vorbehalten sind, niht nah den Anstellungs- rundsäßen für Militäranwärter, sondern auf ihren unsh unter den für Zivilanwärter vorgeschriebenen Bedingungen angenommen und demnächst au als | Zivilanwärter etatsmäßig angestellt werden ; j ‘bei solchen ehemaligen Militäranwärtern, die als etatsmäßige Beamte bereits pensioniert waren und von neuem etatsmäßig angestellt werden, sofern es sih niht um die Anstellung pen- sionierter Unterbeamten, einschließlih der Gendarmen und O! im Subalterndienste handelt. ) Den mit dem Zivilversorgungsschein aus der Land- endarmerie ausscheidenden Oberwachtmeistern ist, wie bei bter Gelegenheit zur Vermeidung von Mißverständnissen bemerkt wird, bei der Anstellung in anderen Stellen des mittleren Zivilstaatsdienstes die Militärdienstzeit bis zur Dauer eines Jahres gleichfalls anzurehnen, wogegen eine jolhe An- rechnung bei der Beförderung eines Gendarmen zum Ober- wachtmeister unterbleibt. | ;

Euer Hochwohlgeboren ersuhen wir ergebenst, wegen Durchführung der getroffenen Anordnungen das Erforderliche gefälligst zu veranlassen.

Berlin, den 31. Mai 1907.

Der Finanzminister. Freiherr von Rheinbaben.

1) An die sämtlichen Herren Oberpräsidenten und Negierungspräsidenten und den Herrn Dirigenten der Königlihen Ministerial-, Militär- und Bau- kommission in Berlin.

res,

Der Minister der Fnnern. Jm Ausftrage: von Klißing.

Abschrift zur gefälligen Kenntnisnahme und entsprechenden gleihmäßigen weiteren Veranlassung. Berlin, den 31. Mai 1907. Der Finanzminister. Freiherr von Rheinbaben.

9) An sämtlihe Königliche Negierungen und die König- liche Direktion für die Verwaltung der direkten Steuern in Berlin sowie an den Herrn Prästdenten der Königlichen Seehandlung (Preuß. Staatsbank), den Herrn Präsidenten der Königlichen Hauptver- waltung der Staatsschulden, den Herrn Präsidenten der Zentralgenossenshaftskasse, den Herrn Vor- gesezten der Königlichen Generallotteriedirektion, den Herrn Münzdirektor hierselbst sowie an die sämtlihen Herren Provinzialsteuerdireltoren und den Herrn Generaldirektor des Thüringischen Zoll- und Steuervereins in Erfurt.

Auf den Berit vom 31. März 1907 will Ich die Vorschrift“ unter Nr. 3 der von Mir unter dem 14. Dezember 1891 genehmigten Bestimmungen, betreffend die Anrehnung der Militärdienstzett auf das Dienstalter der Zivilbeamten, unter Aufhebung Meines Erlasses vom 18. Dezember 1895, dahin erläutern, daß dieje Vorschrift auch auf die in Subalternbeamtenstellen übertretenden zivilversorgung®- berehtigten Unterbeamten einschlteßlich der Shußmänner und

Gendarmen Anwendung zu finden hat. Die gegenwärtige Vor-

rift die seit dem gestellt worden find und sich am der ersten von ihnen erlangten Subalternbeamtenstelle befunden haben.

Der Beginn der Wirkung des gegenwärtigen Erlasses in bezug auf Gehaltss-,

Fürst von Bülow.

Professor Dr. Adolf Hert D Entwicklung begriffenen Realschule in Apenrade übertragen

worden. Nektor Groth aus Tann i. d. Rhon als Seminaroberlehrer,

Golisch aus Bromberg als ordentl

Sa Sekretar

den Directeur d’études an der Ecole des hautes études Bernard Haussoullier, Mitglied des Jnstituts, in Paris, den ordentlichen Prot an der Universität Halle Dr. Karl Robert und den or | Göttingen Dr. Eduard S ri zu korrespondierenden Mitgliedern ihrer philosophisch-histori)hen Klasse gewählt.

für den Bezirk des Oberlandesgerihts Naumburg a. S., mit

4+ Die von

ehemaligen Unterbeamten, als Subalternbeamte an- 1. Januar 1907 noch in

sh auf diejenigen

erstreckt 1. Sanuar 1892

Pensions- und Hinterbliebenenansprühe tritt mit dem . Januar 1907 ein. j

Homburg v. d. H., den 22, Ay| 3 1907. _ Wilhelm R.

Graf von N von Tirpiß. von Studt. Freiherr von Rheinbaben. von Einem. yon Bethmann Hollweg. Delbrü. Beseler.

Breitenbach. von Arnim.

An das Staatsministerium.

Ministerium der geistlihen, Unterrihts- und Medizinalangelegenheiten.

Dem Direktor einer augen höheren Lehranstalt, ng ist die Direktion der in der

Am Scullehrerseminar zu Raßeburg is der Pfarrer und

am Schullehrerseminar zu ide G E E

am Scullehrerseminar zu Kornelimünster der Lehrer

tellt worden.

R A

¿Kön igli Ee dêc Wissen f G aften aan Die Königlihe Akademie der Wissenschaften hat den des Kaiserlih deutshen Archäologischen Professor , Dr. Christian Hülsen,

eminarlehrer ange

nstituts in Rom,

entlihen Professor an der Universität

__sJustizministerium. Der Rechtsanwalt Baehrecke in Lügen is zum Notar

Anweisung seines Amtssißes in Lüßen, ernannt worden.

Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 19 der Preußischen Geseßsammlung enthält unter Nr. 10 810 das Eisenbahnanleihegeseß, vom 29. Mai 1907. Berlin W., den 7. Juni 1907. Königliches eplanutungsgmt. rüer.

abe. gelangende Nummer 20 E Bis 1B) : S Bay alt E ie Nr. Ora Ogsgeseß, vom 29. Mai ¿ e A "M, den 7. Zu A ; Königliches Geseßsammlungsamt.

Krüer.

Abgerei st :

Seine aelens der Präsident des Evangelischen Ober- firhenrats, Wirklihe Geheime Rat Voigts, in dienstlichen Angelegenheiten nach Ostpreußen.

Nichlamlliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 7. Juni.

Seine Majestät der Kaiser und König hörten gestern nahmittag im Neuen Palais bei Potsdam den Vortrag des Chefs des Militärkabinetts, Generals der Jnfanterie Grafen von Hülsen-Haeseler.

Bei der zweiten Beratung des Gesehes, betreffend den Neichshaushaltsetat für 1907, ist ein Antrag der Abgeordneten Schack und Genossen,

„die verbündeten Regierungen zu ersuchen, den Be-

strebungen zur Vereinheitlihung der deutschen Kurzshrist (Stenographie) ihre Mitwirkung, jedenfalls aber tunlichste Förderung zuteil werden zu

lassen“, mit großer Mehrheit angenommen worden. Der Staats- sekretär des Jnnern hat jet die Bundesregierungen ersucht, Gutachten der stenographishen Bureaus der größeren parlamentarischen Körperschaften einzufordern, und beabsichtigt, nah Prüfung der eingegangenen Aeußerungen eine Konferenz im Reichsamte des Jnnern nah dem Vorbilde des Vorgehens bei Einführung einer einheitlichen deutschen Ortbographie einzuberufen.

Dem Landrat von Heimbur

assessor Dr. Daniels in Cassel die kommissarische Verwaltun des Landratsamts im Kreise Biedenkopf, Regierungsbezir Wiesbaden, übertragen worden.

Verwendung überwiesen worden.

in Biedenkopf ist die fommissarishe Verwaltung des Landratsamts im Landkreise Wiesbaden, Negierungsvezirk Wiesbaden, und dem Negierungs-

Der eta al enes von Richter aus Bromberg ist der Königlichen Polizeidirektion in Schöneberg zur dienstlichen

Laut Meldung des „W. T. B.“ sind S. M. S. „Leipzig® mit dem Chef des Kreuzergeshwaders an Bord und „8 o vorgestern in Tsingtau eingetroffen.

Württemberg.

Die Zweite Kammer hat gestern bei der Beratung des Kapitels „Straßenbau“ des Etats des Jnnern einen An- trag des Zentrums, der mit Rücksiht auf die bei der Herkomer - Wettfahrt vorgekommenen Unglücksfälle zunächst ein Verbot dieser Fahrt in Württemberg verlangte, in der allgemeinen Fassung eines Verbots von Wett- und Konkurrenzj- fahrten mit 45 gegen 32 Stimmen abgelehnt. Sodann trä? die Kammer in eine Erörterung der Frage der Schi ffahrts- abgaben und der Neckarkanalisation ein. Nah dem Bericht tes „W. T. B.“ gab der Minister von Pischek namens des Staatsministeriums unter Hinweis auf eine am nächsten Dienstag in Heilbronn stattfindende Beratung der Ver- treter der Einzelstaaten die Erklärung ab, daß das Minifterium weitere Mitteilungen zur Zeit noch niht machen könne. Von der Volkspartei war folgender Antrag zur Beratung gestellt worden : Die Kammer der Abgeordneten erachtet die Hebung der Schiff- ahrt auf dem Rhein und die Schiffbarmahung des Neckars und ains für ein allzulange vernahlässigtes Bedürfnis der vom Meere abgelegenen südlihen und südwestlihen Perle Deutschlands; sie hält die Befriedigung dieses nationalen Bedürfnisses für eine gemein- \chaftlihe Aufgabe der beteiligten deutshen Staaten. Die dadur verursahten Kosten sollen grundsäßlih niht durch Abgaben von der Rheinschiffahrt beshafft, sondern aus allgemeinen Staatsmitteln be- stritten werden. Wenn das nah dem weiteren Gange der Verhand- lungen aus\ichtslos sein sollte, dürfte von Württemberg der Ein- erung von Abgaben nur unter folgenden Bedingungen zugestimmt werden: 1) as die Reichsverfassung ordnungsmäßig geändert werde, 2) daß ein wirt\chaftliher Zweckverband gebildet werde, der die Erträgnisse der Abgaben nicht fiskalishen Zwecken, sondern aus- \{ließlich der Hebung der Binnenschiffahrt und insbesondere der S des Neckars und des Mains für 1000 bis 1200- onnenschiffe und der Verbesserung der Rheinwasserstraße zuführt und duïch die Beteiligten Res wird ;

3) daß die durch Vereinbarung auf niedrigster Grenze festzu- legenden Sätze gebunden werden, derart, daß der Widerspruch jedes einzelnen der Beteiligten die Erhöhung ausschließt und daß die Abgaben \sih mit der Verminderung der Ausgaben vermindern ;

4) daß für Kohlen auf der Bergfahrt ein besonders niedriger Tarif eingeführt und ebenso forst- und landwirtschaftlihen Pro- dukten des Landes eine diese Produkte begünstigende Ausnahme- stellung eingeräumt wird.

alls diese Bestimmungen in den wesentlihen Punkten nit erreiht werden, soll Württemberg einer Aenderung der Reichsver-

fassung widersprechen.

Oesterreich-Ungarn.

Der Kaiser P Joseph 1st gestern, „W. D B. zufolge, in Budapest eingetroffen und auf dem Bahnhof sowic den umliegenden Straßen von einer großen Volksmenge mit

lebhaften Huldigungen begrüßt worden. : Der frühere Ministerpräsident Tisza und der frühere Ane ieronymi erschienen n vor dem echnungsaus\huß des ungarischen bgeordneten- haus es, der die beiden früheren Minister ersucht hatte, über die Verwendung von 550 000 Kronen Aufschluß zu ag die zu Lasten des Budgets der Staatsbahnen für den Dis- positionsfonds angewiesen worden waren.

Nach dem Bericht des „W. T. B.* erklärte Tisza, ex habe eine Praxis befolgt, die der Staatsrehnungshof früher niemals beanstandet habe. Der Prästdent des Rechnungshofes bemerkte, daß im Kanzleibudget der Staztsbahnen wohl Anweisungen für Fnfsertionszwecke erfolgten, jedoch niht ausdrücklich für den Dis- positionsfonds; er gab zu, daß diese Unterscheidung nur eine formale sei. Tisza bemerkte weiter, durch den Fonds für geheime Aus- gaben würden auch viele Erfordernisse gedeckt, die vom Stand- punkte des allgemeinen Staatszwecks unerläßlich seien; es seten nit bloß Ausgaben für Partet- und Preßzwecke. Der Dispositionsfonds betrage 400 000 Kronen. Die Geringfügigkeit dieser Summe sei von allen Regierungen beklagt worden. Peber Einzelheiten der Ge- barung Aufklärung zu erteilen, sei ihnen durch den Amtseid verboten-

Großbritannien und Frland.

Jm Unterhauje erklärte gestern der Staatssekretär des Aeußern Sir Edward Grey auf eine Frage, betreffend die Zuckerkonvention, daß das gemäß der Konvention ge- bildete ständige Komitee zusammengetreten sei, und führte nah dem Bericht des „W. T. B.“ aus:

Die englische Regierung habe den Staaten, die die Konventios unterzeichnet haben, und der belgishen Regierung mitgeteilt, daß eine Beschränkung der Quellen, aus dexen Zucker nah England eingeführt werden könne, dur Einfuhrverbote oder auf andere Weise unver- einbar sei mit der ausgesprohenen Politik dec englischen Re- 4 gierung und mit den Interessen der britishen Zuckerkonsumenten und Fabrikanten sowie daß es infolgedessen für England unmögli sei, die Bestimmungen der Konvention weiter durhzuführen, welckhe die Unterstrafestellung von Prämienzucker forderten. Gleichzeitig ha die englishe Regierung erklärt, daß sie niht den Wunsch hege, Zucker- prämien zu geben oder solche Prämien wiedec entstehen zu sehen- Wenn die Regierungen der vertrags{licßenden Staaten der Meinung sein folltea, daß den englischen Ansichten nur durch den Rücktritt Eng lands von der Konvention entsprohen werden könne, so würde dic englis%e Negi-rung bereit sein, zu dem nächsten möglichen Zeitpunkte die erforderliche Kündigung au3zusprehen. Die enzglische Regterung habe aber wissen lassen, daß, wenn die übrigen vertragshließenden Staaten es vorziehen follten, England durch ein Zusaßprotokoll von der Verpflichtung, die Strafbesiimmungen durhzufübren, zu entbinden, hierdurch eine Kündigung für England unnötig werde.

Darauf brachte der Staatssekretär für Jndien Morley das indishe Budget ein und gab eine längere Erklärung über die Verhältnisse in Jndien ab.

Das Budget zeige, daß die finanzielle Lage Indiens gesund fei; tas Budget sei ein Budget des Gedeihens. Die Pest jedoch werfe einen s{chwarzen Schatten auf die Dinge in Indien. Mit Bezug auf den jüngsten Besuch des Emirs von Afghanistan er- klärte der Staatssekretär, die britishe Regierung habe den Vizeköntg angewiesen, unter keinen Umständen die politische Poli denz Gmir gegenüber aufzuwerfen. Das Ergebnis dieser Politik se gewesen, daß die Beziehungen zwischen der Regterung und dem Emir auf eine überaus befriedigende Grundlage gestellt worden seien. Was die Unruhen im Pendschab angehe, so set die Bewegung keine agrarische, sondern eine politische. er Nedner schilderte die von den Agitatoren, die verhaftet worden seien, in der Bewegung gespielte Rolle und sagte, bei dieser Oos sei den Sikhs und den pensicnierten Militärs besondere Aufmerksamkeit geschenkt und be- sondere Mühe darauf verwendet worden, thre Sympathie zu ge- winnen und ihre Stimmung zu beeinflussen. So habe man z. B. den Sikhs gesagt, daß. dank ihrer Hilfe die Engländer in früheren

*) Fußnote bleibt unverändert.

Zeiten festen Fuß im Lande hätten fassen können.

Ein besonder®

niedriges Agitationsmittel sei die Aufwerfung der Frage gewesen, wie es komme, daß die Pest die Indier und nicht die Europäer angreife, sowie die Behauptung, daß die Regierung über geheime Mittel verfüge, um die Pest durch Ver- iftung der Brunnen auszubreiten. Der Staatssekretär recht- ertigte sodann die Deportation der Agitatoren ohne vorher- gegangenen Prozeß mit dem Hinweis darauf, daß Lag gens ein rozeß gegen diese Leute, die sich dann als Märtyrer für das Wohl ihres Landes aufspielten, die öffentlihe Aufmerksamkeit errege. Es sei für die Regierung ein Unding, angesihts der Gefahr eines Aufflammens von einer Waffe, die sie besie, keinen Gebrauch ¡u machen. Er habe fkeinerlei Entshuldigungsgründe für seine andlungsweise anzuführen. Er würde sich ein strafrechtlihes Ver- chulden haben zu Schulden kommen lafsen, wenn er wider- trebt bätte, zur Anwendung des Geseßes zu s{chreiten, das die Deportation gestatte. Er sei der Anficht, die niedere Bevölkerung Indiens sei auf seiten der Negterung; er wolle damit nit sagen, daß die englishe Regierung bei thr beliebt sei, aber sie sei sich flar, daß thr Interesse mit Geseß und Ordnung verknüpft set, die von der Regierung aufrecht erhalten und die verschwinden würden, wenn die Regierung ih N eine Verbesserung in der Verwaltung Fndiens zu erörtern. orley führte weiter aus, die Regierung erwäge gerade die Einseßung einer Kommission zur Untersuchung, auf welhe Weise den Nachteilen einer übermäßigen Zentral i- sation entgegengearbeitet werden könne. Auf Grund von lokalen, \sporadisch auftretenden Unruhen von der Reform abzu- lassen, wäre etwas tief Beshämendes und würde als Anzeichen von Furcht ausgelegt werden, Ras sei stets für eine Regterung etwas Unwürdiges, aber bei der Regierung von Indien würde Furckt nicht nur unwürdig, sondern äußerst gefährlih sein. Unter den Borschlägen, die von der Reichsregierung und der indischen Regierung erwogen würden, befinde sich die Errichtung einer beratenden Versammlung von Notabeln, eine Erweiterung des Gesetßgebenden Nates und die Berufung von Eingeborenen in den Rat von Indien. Der Staatssekretär {loß seine - Ausführungen, indem er sagte, er werde keine dogmatishen Zusicherungen geben bezüglih der Geheimnisse der Zukunft in Indien, doch gebe er der Ueberzeugung Ausdruck, daß die britische O in Indien fortdauern solle, day sie fortdauern müsse und fortdauern werde. Verschiedene Leute hätten gesagt, England würde klug tun, Indien aufzugeben, dos die Eingeborenen besser regieren würden als England, aber jeder, der sich die Anarchie und das blutige Chaos, das aus folhem Zurücfziehen folgen würde, ausmale, würde von dieser Ansicht abzehen. Im Laufe seiner Rede kam Morley auf die Frage der militärishen Ausgaben zu \prehen und verteidigte das militärische Programm der indischen Regierung.

Frankreich.

Jm Ministerrat gab der Marineminister Th omson aefiérit, „B. D, O. wuelas bekannt, daß der Ausstand der eingeshriebenen Seeleute in Marseille und Havre aufgehört habe. Die Minister beschäftigten sih sodann mit den Fragen, die der Haager Konferenz unter- breitet, und mit den Jnstruktionen, die den französischen Dele- gierten erteilt werden sollen. Der Minister des Auswärtigen Pichon teilte zum Schlusse den Sinn der Erklärung mit, die er heute in Beantwortung der diesen Gegenstand betreffenden Interpellation des Deputierten de Pressensé erteilen werde.

Die Deputiertenkammer hat gestern einen Geseß- entwurf angenommen, durch den innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren die von Arbeitgebern errihteten Kredit- warenmagazine für Arbeiter abgeschafft werden sollen.

Die Wahlen für die Generalräte sind auf den 21. Juli d. J. festgeseßt worden.

Rußland.

In der Neichsduma wurde gestern eine Jnterpellation über eine Strafexpedition gegen das kaukasishe Dorf Lanchkuty in Vertretung des Statthalters des Kaukasus von dem Baron Nolde beantwortet, der die von den Jnterpellanten vorgebrachten Angaben dementierte. Das Haus entschied sich hierauf, „W. T. B.“ zufolge, mit 210 gegen 164 von den Sozialisten und der Arbeitspartei abgegebenen Stimmen für die einfahe Tagesordnung.

Jn Beantwortung einer Jnterpellation über die Aus - wanderung nah Sibirien gab der Ackerbauminister Fürst Wassiltschikow folgende Erklärung ab:

Die Regierung sei, weit entfernt Maßnahmen zu treffen, die die Auswanderung begünstigen, bemüht, in dieser Beziehung dort normale Verhältnisse zu schaffen. Die Auswanderung nehme ungeheuer zu, die Zahl der Auswanderec habe sich im Jahre 1907 bisher gegenüber dem gleichen Zeitraum 1906 vervterfaht. Keine Maßregein irgend welcher Art könnten den mähtigen Strom aufhalten und die Re- gierung könne nichts weiter tun, als den Landleuten die Shwierig- keiten klar zu maten, denen fie entgegengehen.

__ Die Duma nahm sodann eine Tagesordnung an, welche vos des Landwirischaftsministers als unzureichend be- zeichnet.

__ Eine lange, erregte Erörterung wurde hervorgerufen durch einen Antrag der Kadetten, auf die Tagesordnung der am Sonnabend stattfindenden nähsten Sißung den Geseßentwurf, betreffend die Neform der lokalen Gerichtsbarkeit, zu segen, an Stelle der Entwürfe, betreffend Amnestie und Ab- [haffung der Todesstrafe, die auf der gestrigen Tagesordnung gestanden hatten, aber wegen Zeitmangels nicht zur Beratung gelangten.

Der Abg. Wladimir Hessen (Kadett) legte dar, taß seine Partei dem Entwurf, betreffend Reform drr lokalen Gerichtsbarkeit, den Borzug gebe, weil dieser von der Negterung eingebracht sei und deshalb alle Ausficht auf Verwirklihung habe, während die Ent- würfe, betreffend Abschaffung der Todesstrafe und Amnestie, unter den gegenwärtigen Verhältnissen niemals Gesetzeskraft erlangen würden. Die Kadetten seien der Ansicht, das Volk werde mehr befriedigt sein von geseßgeberishen Arbeiten der Duma als von unfruhtbaren Nefoluttonen. Der Abg. Sinadino (Rechte) befürwortete zum großen Erstaunen der Linken den Vorrang des Amuestiegeseßes vor demjenigen, betreffend

ein oder zwet

Reform der lokalen Gerichtsbarkeit, und sagte, die Kadetten hätten |

Angst, und das sei der Grund, weshalb sie die Erörterung grund- \äßliher Fragen zu vertagen suhten. Die Mitglieder der Linken, Bes- resine und Demyanoiv, griffen die Kadetten an und machten ibnen den Vorwurf, daß sie Gewissen und Ghre beiseite seten. Die Kadetten sagten, die Duma sei ohrmächtig, Man wisse aber, daß es die Furcht vor Auflösunz der Duma set, die das politishe Verhalten der Kadetten bestimme. __ Das Haus beschloß, nahdem noch der Abg. Noditschew für den Antrag der Kadetten gesprohen, mit 193 gegen 173 Stimmen, den Amnestieentwurf auf die Tagesordnung der nächsten Sißung zu segen. Rechte und Linke stimmten gegen Kadetten und Polen.

Wie das „W. T. B.“ aus Tiflis meldet, sind der Kommandeur der Eisenbahnschußbrigade und der Untersuchungs- rihter in Signach gestern ermordet worden.

Ftalien.

Der Senat hat, „W. T. B.“ zufolge, gestern die Internationale Haager Konvention vom 21. De- zember 1904 genehmigt, die bezwect, den Lazarettschiffen ihre Aufgabe in Kriegszeiten zu erleichtern.

Die Kammer hat in der gestrigen Sißung den Gesehentwurf, betreffend die Betriebsorganisation der Staatseisenbahnen, angenommen.

Portugal.

__ Durch ein Dekret ist die Stadtvertretung von Lissabon aufgelöst und, „W. T. B.“ zufolge, dur eine Verwaltungskomniission mit einem Mitgliede der Pairskoammer an der Spigze erseßt worden.

Griechenland.

__ Der deutsh=-griechische Auslieferungsvertrag vom 12. März d. J., dem der Deutsche Reichstag am 14. 5 M. seine Zustimmung erteilt hat, ist, „W. T. B.“ zufolge, gestern E griehishen Kammer in dritter Lesung angenommen worden.

_____ [Schweden

Die Goldene Hochzeit des Königsvaares wurde im ganzen Lande festlih begangen. Jn Stolholm wurde der gestrige Festtag durch Choralmufik von den Kirchtürmen eingeleitet. Nach- mittags fand, „W. T. B.“ zufolge, ein Festgottesdienst statt, an dem das Königspaar, die Mitglieder der Königlichen Familie mit Ausnahme der Kronprinzessin, die mit Rücfsicht auf ihren Gesundheitszustand fern blieb, teilnahmen. Nach Beendigung des Gottesdienstes feuerten die Kriegsschiffe im Hafen einen Salut von 21 Schuß ab. An den Gottesdienst {loß sih eine Rundfahrt durch die festlih geschmüdckte Stadt an. Das Königspaar wurde überall mit Jubel begrüßt. Nach der Nückkehr ins Schloß waren der König und die Königin Gegenstand begeisterter Huldigungen der Menschenmenge, für die der König herzlihst dankte. Darauf nahmen die Majestäten die Glüwünsche ihrer Hofstaaten und dann die der Minister entgegen. Glückwunschtelegramme liefen ein von den Sou- veränen, Staätsoberhäuptern, von Königlichen und Fürstlichen Persönlichkeiten sowie von zahlreihen hervorragenden Per- sonen des Jn- und Auslandes.

Die Herzogin von Schonen, die Gemahlin des Sohnes des Kronprinzen, ist gestern auf Schloß Drottning- holm von einem Prinzen glücklich entbunden worden.,

Amerika.

Der republikanishe Konvent des Staates Penn- sylvanien hat eine Platform angenommen, in der, „W. T. B.“ zufolge, dem Präsidenten Roosevelt erneut das Vertrauen ausgesprochen und versichert wird, daß die Partei in Penn- sylvanien loyale Anhängerin einer Politik bleiben werde, die von dem Grundsay der Gleichheit des Rechtes und gleicher Betätigungsmöglichkeit für alle beherrscht sei. Der Konvent as le ferner für die Kandidatur des Senators Knox für die Präsidentschaftswahl im Jahre 1908 aus.

Asien.

_ Unter den Arbeitern der Besshi-Kupfermine \ auf der Jnsel Schikoku (Japan) sind aus Anlaß eines Ausstandes ernste Unruhen ausgebrochen, welche die Entsendung von Truppen nah dem Bergwerk notwendig mahen. Nach Meldungen des „W. T. B.“ haben die Ausständigen den Polizeihef ermordet und das Post- und Telegraphenamt niedergebrannt. Auch in Matsuyama ist die Lage sehr ernst; die Ausständigen, deren Zahl etwa tausend beträgt, gehen mit Dynamit und Gewehren vor und wollen das ganze Bergwerk éfidvei. '

Afrika.

Das diplomatische Korps in Tanger wird in kürzester Frist die meisten der noch ausstehenden, auf der Konferenz von Algeciras beschlossenen Reglements durhberaten. Die Angelegenheiten allgemeiner und politisher Art, die zwischen Frankreih und Marokko s{hweben, sind, nah Meldungen der „Agence Havas“, geregelt. Zur Zeit sind Verhandlungen mit den Vertretern des Sultans im Gange über verschiedene Re- flamationen von Privatpersonen.

Koloniales.

_ Nach einer Devesche des ,W. T. B.“ aus Daresfalam (Dcutsch- Ostafrifa) ift der Sanitätssergeant Paul Borchardt, geboren am 24. Juni 1878 zu Drogniy, früher im Infanterieregiment Nr. 138, am 1. Juni d. J. in S@ariti an Lebererkrankung gestorben.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die gestrigen Sißungen des Herrenhauses und des Hauses der Abgeoktdneten befinden sih in der Ersten und Zweiten Beilage.

Jn der heutigen (71.) Sißung des - Hauses der Abgeordneten, welcher die Staatsminister, Finanzminister Freiherr von Rheinbaben, Minister für Handel und Ge- werbe Delbrück und Minister für Landwirtschaft 2c. von Arnim beiwohnten, wurde zunähst eine Reihe von A LOON für nicht geeignet zur Erörterung im Plenum ertlärt.

Zur Beratung stand zunächst der vom Herrenhaus in ab- geänderter Fassung zurückgelangte Geseßentwurf, betreffend die Abänderung des allgemeinen Berggescßes vom 24. Juni 1865.

Das Herrenhaus hat bekanntlich in dem Beschluß des Abgeordnetenhauses zu Art. I, der u. a. vorschreibt, daß der Staat, abgesehen von den ihm vorbehaltenen 250 Maximal- feldern, das Necht der Aufsuhung und Gewinnung der Stein- kohle an andere Personen übertragen soll, eine Aenderung beschlossen. Der leßte Saß dieses Artikels lautete: „die Uebertragung erfolgt durch Geseß“; das Herrenhaus hat folgende Fassung gewählt: „die Ordnung der Ueber- tragung erorgi durch Geseh“.

Jn der Generaldiskussion bemerkt der

Abg. Graf von der Gröben (kons.): Die Verhandlungen in der Kommission sind so verlaufen, daß wir zunächst versucht haben, diese Ordnung ins Gesetz aufzunehmen. Daran sind wir gescheitert, und auch die Königlihe Staatsregierung, die zunächst erklärt hatte, daß der einz Antrag, der in dieser Hinsicht gestellt war, ein geeigneter Boden der Verständigung wäre, hat nachher er- klärt, daß die Sahe so doi) nit ginge. Die weitere Fassung zu wählen, daß die Negelung durch ein späteres Ge- seß geordnet werden sollte, fand aber au} Widerspru, und zwar nicht nur bet den Feinden, sondern auch bei Freunden des Gesetzes, denn zunächst konnten wir die moralishe Berechtigung, eine Reihe von An- trägen zur Abänderung des Berggeseßes abzulehnen, nur daraus ent-

nehmen, daß wir diese spezielle Materie ohnedies gründlich erledigen

wollten. So sind wir auf die Fafsung gekommen, Tas die Negelun in jedem einzelnen Fall durch Gese erfolgen solle. Es erga sich dies daraus, daß „wir einsahen, daß es mindestens zweifelhaft sei, ob es überhaupt möglich wäre, allgemeine Bedingungen aufzustellen, Denn in jedem einzelnen Punkte ergab ih, daß mindestens Ausnahmen davon gemacht werden mußten. Schon die Entgeltlichkeit der Uebertragung mußte mit Ausnahmen verbunden werden, da die Staatsregierung das Recht beanspruchte unter Umständen das Bergwerkseigentum auch ris zu übertragen. Ferner konnte kein bestimmter Zinsfuß fest- geseßt, infolgedessen auch keine Regelung der Amortisation ge- troffen werden. Kurzum es ergab \ich, daß man entweder die Vebertragung völlig ins Belieben der Regierung stellen oder in jedem einzelnen Fall ein Geseß erlassen müsse. Dabei war noch zu berück- sichtigen, daß es doch mindestens bedenklih war, einseitig eine Ordnung aufzustellen, wenn \sich naher keiner fand, der auf diese Bedingungen eingehen wollte. Denn \{ließlich is die Uebertragung des Bergwerks- eigentums doch ein zweiseitiger Vertrag. Troßdem bitte ih namens meiner politischen Freunde, die Vorlage in der Form des Herrenhauses anzus nehmen. Jh will die Bedenken, die-das Herrerhaus gegen die ursprüng- lihe Fassung hatte, nicht verkennen, und ein Teil meiner politischen Nee hält die abgeänderte Vorlage tatsächlih für eine Verbesserung. [ber au wir, die sie nicht als Verbesserung ansehen können, find bereit, für diese Fassung zu stimmen, und zwar aus folgenden Gründen: erstens schwebt über uns bekanntlich das Damokles\chwert des Ablaufs der lex Gamp, zweitens hat der Minister ja zugesagt, demnächst eine generelle Neu- regelung des Berggeseßes vorzunehmen, und wir können ihm überlassen, bei dieser Gelegenheit Mens den Versuh zu machen, sol eine Ordnung aufzustellen. Gelingt ihm das nicht, so ist meines Erachteas

immer noch nihts yerloren; denn so schnell werden weitere Anträge auf Verleihung von Bergwerkseigentum noy nicht an die ; Nun find und

herantreten. Die Sache if also wohl keinesfalls eilig. Nun find uns von Personen, die dem Bergwerkswesen nahe stehen, gegen die Fassung, die das Herrenhaus gewählt hat, Bedenken entgegengehalten, dahin gehend, daß die Regierung es nah dieser Fassung ja völlig in der Hand habe, die Angelegenheit zu verschleppen, die eingehenden Anträge auf Berg- werkverlethung mit der Begründung zurückzuweisen, sie babe ja ad nit die geseßliche Ordnung erlassen. Ih für meine Person halte diese Bedenken nicht für gerechtfertigt. Einmal glaube ih nit, daß der lepige Minister jemals zu einem Verfahren, das den Intentionen des Geseßes widersprähe, bereit sein würde; ih habe aber auch zu der Regierung im ganzen das Vertrauen, daß ein solches Ver- halten niemals Play greifen wird. Nachdem diese Bedenken uns aber einmal entgegengehalten find, möchte ich den Minister bitten, auch seinerseits zu erklären, daß eine solche Vershleppung nicht statt- finden wird. Unter dieser Vorausseßung bitte ih, die Vorlage in der Kassung des Herrenhauses anzunehmen.

Abg. König (Zentr) teilt die Ansicht des Vorredners, daß die Regierung niht etwaige Anträge auf Verleihung des Rechts zur Ge- winnung von Materialien aus dem Grunde ablehnen dürfe, weil die Ordnung der Uebertragung noch nit geseßlich erfolgt sei, vielmehr sollte fie aus den an sie etwa herantretenden Anträgen nun den Anlaß nehmen, die Vorlegung des Spezialgesetzes möglihst zu beschleunigen. Die Gassurg des Artikels 2 des Geseyzes sei durchaus gut und zweckmäßig, weil sie sich auf den Boden der realen Verhältniffe gestellt habe. Wie die eingehenden Beratungen der Kommission gezeigt hätten, sei es nicht möglih ge- wesen, in dem Gesetz, das erst in einer näheren oder ferneren Zukunft zu wirken bestimmt sei, jezt {hon bestimmende Bedingungen fest- zulegen. Auch die Regierung habe von all den Bedingungen, die fie versuht habe, in das Geseß hineinzubringen, nur zwei durchseßen können: das Prinzip der Entgeltlihkeit und das Prinzip, daß die Verleihung auf Zeit erfolgen soll; alle übrigen Be- dingungen habe fie der Festlegung von Fall zu Fall über- lassen müssen. Anderseits müsse man doch bei Erlaß des zu er- wartenden Spezialgeseßes auch auf die Wünsche und Forderungen der Privatindustrie einigermaßen Rücksicht nehmen. Mit Rücksicht darauf, daß die lex Gamp demnächst ablaufe, daß auch der Schluß der Session bevorstehe, das Gese also unter allen Umständen verabschiedet werden me ganz besonders aber au de8halb, weil bei dem späteren Geseß der Landtag so wie so noch mitzuwirken haben werde, sei das Zentrum bereit, der vom Herrenhause vorgenommenen Aenderung zu- zustimmen.

Abg. Junghann (nl.) erklärt namens der Nationalliberalen, daß sie der Aenderung des Herrenhauses zustimmen würden. Gegenüber dem Abg. Freiherrn von Gamp, der sich selbs als nihtsah- verständig, ihn aber als sahverständig bezeihnet habe, bemerke er persönli, daß diéser ihm troß seiner Nichtsahverständigkeit Lehren gegeben und Fragen gestellt habe, die er (Redner) leider nicht beants worten könne, wie das in solhen Fällen immer so sei.

Abg. Kraus e- Waldenburg (freikons.): Meine Freunde halten au jeßt noch die Fassung des Abgeordnetenhauses für brauchbar, glauben aber, daß man auch mit der Fassung des Herrenhauses wird auskommen können, und stimmen deshalb den Herrenhausbeschlüssen zu.

Hierauf ergreift der Minister für Handel und Gewerbe Delbrück das Wort, dessen Rede morgen im Wortlaut mitgeteilt werden wird.

(Schluß des Blattes.)

Statiftik und Volkswirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Zur Aussperrung in der Metallindustrie in Frank- furt a. M. und Umgegend teilt die „Frkf. Ztg.“ mit, daß der Arbeitgeberverband eine Versammlung abhielt, um feine Mitglieder über den Stand der Offenbaher Verhandlungen zu unterrichten. Man will die neuen Vereinbarungen {hon am 1. Juli in Kraft treten lassen und hofft, daß noch diese Woche eine Einigung erzielt wird. Die nicht ausgesperrten Arbeiter der Adlerwerke, etwa 1000, haben mit 150 Stimmen Mehrheit beshlossen, heute, Freitag, die Arbeit niederzulegen, wenn bis dahin die Aussperrung nicht aufgehoben ist.

Der Ausstand der Hafenarbeiter in Königsberg i. Pr. ist, wie die „Frkf. Ztg.“ erfährt, am 5. d. M. nach längeren Ver- handlungen beendet worden.

In Cassel haben, nah der „Köln. Ztg.", die Buchbinder den vor zwei Jahren abgeschlossenen Tarifvertraa gekündigt. Sie ver- langen eine Lohnerhöhung von 15 9/6 und eine Verkürzung der Arbeits-

zeit um wöchentlih sieben Stunden.

In Gelsenkirchen treten, nach demselben Blatte, die Klempner und Installateure in den Ausftand. Sie verlangen die Anerkennung des Tarifvertrags.

Ein in Straßburg |. E. ausgebrohener Ausstand der Maler ist, wie die „Frkf. Ztg." meldet, beendet. Der vor dem Bürger- meisteramt vereinbarte Tarif wurde bewilligt. Die Jnnung ließ die Bedingung fallen, daß die Stadt die in Submission zu stellenden Arbeiten nur an die Innung vergeben solle.

Die eingeschriebenen Seeleute von Bordeaux, Saint Nazaire, Agde, Cherbourg und Nantes sind, wie ,W. T B.“ meldet, dem Beispiel ihrer Kameraden in Havre und Marseille efolgt und haben den Ausstand für beendigt erklärt, während die von ünkirchen und Toulon noch im Ausftande verharren.

Aus Arras wird dem „W. T. B.* gemelbet: Aus Anlaß des Ausstands der Arbeiter der Papierfabriken, der Steinbrüche und der Metallfabriken im Atixtale kam es in Wizernes zu einem Zusammenstoß zwishen Ausftändigen und Gen- darmerte. Ein Gendarmerierittmeister stürzte vom Pferde und erlitt ernste Verleßungen.

Die Dampferlinie Rotterdam—London hat, wie

„W. T. B.* erfährt, für ihre dem Import und Export dienenden Schiffe die von dem Verband der Seeleute aufgestelltén