1930 / 73 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 27 Mar 1930 18:00:01 GMT) scan diff

Reichs8- und Staatsanzeiger Nr. 73 v

Ein großex T unserer Beratungen im Hauptaus]ch war den Eröorterunge1 den zux Zeit dem Reichsrat vorliegenden Gesebentwurxf gewidmet, mi dem die Reichsregierung vreußischen Vorschlägen folgend Ersparnisse auf dem Gebiete der Justiz herbeizuführen hofft. Lassen Sie mih auf diesen Geseßentwurf au an dieser Stelle kurz eingehen:

Die Tatsache, daß der Haushalt der Justizverwaltung troy aller Bemühungen mit einem Zuschußbedarf von 232 Millionen Mark abschließt, und die fernere Tatsache, daß von dem _Fehl- betrag, den der preußische Gesamthaushalt für 1930 aufweist, etwa 16 Millionen Mark anteilmäßig der Justiz zu Lasten ge- shrieben werden, hat dem Staatsministerium Anlaß gegeben, eingehend zu prüfen, auf welhem Wege die Ausgaben für die Nechtspflege vermindert werden können. Auf Grund der Ent- schlüsse, die vom Staatsministerium im einzelnen gefaßt worden sind, hat der Herr Ministerpräsident in einem Schreiben vom 2 November 1929 der sog. Denkschrift an den Herrn Reichskanzler die preußischen Vorschläge übermittelt, weil diese sich in erster Linie auf eine Aenderung der Reichs- gesebgebung bezogen. Die Vorschläge sind alsdann zwischen dem Reichskabinett und den beteiligten prenßishen Ressorts be- s worden. Alsdann hat das Reichskabinett eine Geseßes-

eingebracht, aus deren Inhalt ih folgendes anführen Dabei möchte ih indessen vorweg bemerken, daß ih über

Verminderungen in der Zahl der Kräfte und in den Aus- gaben im Hauptausschuß Angaben gemacht habe, die auf einer vorläufigen sehr groben Schäßung beruhten, JFnzwischen sind uns seitens der nachgeordneten FJustizbehörden Unterlagen über- sandt worden, die eine wesentlih genauere Shäßung ermöglichen. So erklärt es si, daß die Zahlén, die ih nachfolgend nennen werde, mit den im Hauptausschuß genannten Zahlen niht ganz übereinstimmen.

1, Die Zuständigkeit der Amtsgerichte soll von 600 Mark auf 1000 Mark heraufgeseßt werden. (Hört, hört!) Falls diese Aenderung Geseb wird, würden in Preußen etwa 20 Richterkräfte weniger benötigt und auf die Dauer be ¿chnet eine Ersparnis von jährlich etiva 920 000 Mark erzielt werden, (Zuruf bei den Kommunisten.) Ja, auf die Gründe und auf die Frage, ob das nun eine Rechtsverbesserung oder eine Rechtsverschlehterung sei, Herr Kollege Obuch, möchte ih hier im einzelnen nicht noch einmal eingehen. Die Erörterung der An- gelegenheit und ihre Entscheidung liegt ja jeßt drüben im Reiche, und ih glaube, es würde zu weit führen, wenn wir zu jedem einzelnen Punkte dieses Reformwerkes hier noch weitere Aus- führungen machen wollten.

2 An Zivilsachen soli bei vermögensreht- lichen Angelegenheiten die Berufungssumme, die jebt 50 Mark beträgt, auf 200 Mark erhöht werden, Diese Summe ist das Ergebnis längerer Erörterungen, in denen zunächst andere Beträge von Preußen 300 Mark, vom Reichsjustizministerium 150 Mark vorgeshlagen waren, Die Ersparnis, die èn der preußischen Justizverwaltung erzielt werden könnte, wenn auh viése Aenderung zum Gesey erhoben würde, besteht in etwa 94 Richter- und 142 sonstigen Kräften sowie auf die Dauer berechnet einex jährlihen Minderausgabe von 1,440 Millionen Marf.

3. An kleinen Aenderungen enthalt der Gesebßentwurf noh die Erhöhung dex Beshwerdesumme im Falle der Anfechtung von Kostenentsheidungen von 30 auf 50 Mark sowie die Erhöhung dex Wertgrenze für die Zulässigkeit des Schied8§- urteilsverfahrens von 50 auf 200 Mark.

4. Die Gesebesvorlage sicht ferner vor, daß cin Amts- richtex zugleih bei mehreren Amtsgerichten an- gestellt werden kann. Die Bestimmung ist so gefaßt, daß auh ein Landgerichtsdirektor, der auf Grund des bisherigen § 22 des Gerichtsverfassungsgeseßes zugleich Mitglied eines Amtsgerichts ist, ebenso wie ein sonstiger Amtsrichter gleichzeitig mehreren Amtsgerichten angehören kann. Dur eine weitere Aenderung will der Gesebentwurf es erreichen, daß die bürgerlihen Rechts- streitigkeiten eins{ließlch der Konkurs- und Veraleihsverfahren sowie Rechtshilfeersuhen für den Bezirk mehrerer Amtsgerichte cinem von ihnen übertragen werden können.

Diese beiden Bestimmungen des Gesehentwurfs sollen dem Zwecke dienen, die bei kleinen Amtsgerichten beschäftigten Kräfte und bestehenden Einrichtungen nah Möglichkeit rationeller aus- zunußen. An eine Aufhebung kleiner Amtsgerihte das betone ich besonders ist hierbei nicht gedacht.

5. Jch habe nun noch zwei Punkte zu erörtern, in denen die Reichsregierung davon abgeschen hat, die preußischen Vorschläge in ihre Gesebesvorlage aufzunehmen.

a) Es handelt sih hierbei zunächst um den Vorschlag Preußens, bei den Landgerichten in vermögensrehtlichen Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von 6000 RM die Zivilkammer durch den erkennenden Einzelrichter zu erseßen. Da das Staatsministerium in dieser Maßnahme ein Mittel sicht, durch welches ohne Beeinträchtigung der Rechtspflege wesentliche Ersparnisse erzielt werden können, ist Preußen dafür eingetreten, daß sein Vorschlag noch nachträglih in die Gesebesvorlage auf- genommen wird. Ob diesem Antrage stattgegeben wird, unter- liegt zunächst der Entscheidung des Reichsrats. Jch darf noh bemerken, daß bei Erseßzung der Zivilkammer durch den Einzel- rihter in dem von mir bereits angeführten Umfange die preu- Fische Justizverwaltung eiwa 104 Richterkräfte weniger benötigen würde, und daß die hieraus erwahsende finanzielle Ersparnis, auf die Dauer berehnet, jährlih etwa 1,195 Millionen Reichsmark betragen würde.

b) Auch dex weitere aus der drücckenden finanziellen Not unserer Zeit entstandene Vorschlag Preußens, die Gebühren der Armenanwälte herabzuseßen, ist von der Reichs- regierung in der Geseyesvorlage nicht berücksihtigt worden. Auch in diesem Punkte glaubt das Staatsministerium, auf die durch die Herabsezung der Armenanwaltsgebühren eintretende finan- zielle Entlastung nicht verzichten zu können, und wird deshalb weiterhin für seinen Vorschlag eintreten.

Jch habe bereits im Hauptausshuß darauf hingewiesen, daß die Aufwendungen für Armenanwaltsgebühren im Fahre 1929 etiva 20 Millionen Reichsmark betragen. Welche Bedeutung dieser

Ausg&@be im Haushalt der Justizverwaltung zukommt, mögen Sie daraus ersehen, daß .die Einnahmen der streitigen Zivilgerichts- barkeit sich im Jahre 1929 shäßungsweise auf etwa 71 Millionen Reichsmark belaufen haben. Ueber ein Viertel dieser Einnahmen müssen also für Armenanwaltsgebühren verwendet werden. Nun ist im Hauptaus\{huß darauf hingewiesen worden, etn e Verringerung der Ausgaben für Armenanwalts- gebühren sei zunächst einmal dadurch herbeizuführen, daß das Armenrèécht nur in wirklich begründeten Fällen und nicht in so weitgehendem Umfange, wie es jevt der Fall sei, bewilligt werden möge. (Abg. Obuch: Hört, hört!) Ja, Herr Kollege, Sie haben doch die Erörterungen, die wir im Ausshuß darüber gepflogen haben, mit angehört, und diese Erörterungen sind durchaus be- rechtigt. Jn Verbindung mit dem Herrn Minister für Volks- wohlfahrt bin ih shon seit langem darum bemüht, den Ver- waltungsbehörden, denen es obliegt, die Armutszeugnisse aus- zustellen, mit Nachdruck zur Pflicht zu machen, daß sie die Ein- kfommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse aufs sorgfältigste nachprüfen, ehe sie cin Armutszeugnis ausstellen. Schon im September 1925 ist ein neues Muster für Armutszeugnisse ein- geführt worden, das die Verwaltungsbehörden zwingt, das Er- gebnis ihrer Ermittlungen {riftlich darzulegen. Soweit ein Antragsteller niht eine Bescheinigung darüber vorlegt, daß er in öffentlicher Fürsorge steht, soll ein Axmutszeugnis nur auf Grund des lebten Veranlagungsbescheides zur Einkommens- und Ver- mögenssteuer oder auf Grund einer Bescheinigung des Finanz- amts darüber, daß und aus welchem Grunde eine Veranlagung nicht erfolgt ist, oder auf Grund einer Bescheinigung des Arbeit- gebers über die Höhe der Arbeitsvergütung erteilt werden. Fm Hauptausschuß ist angeregt worden, die Gemeinden an den Kosten für Armenrechtsgebühren zu beteiligen; davon sei eine Verminde- rung der Armenrechtsbewilligungen gu erwarten. Jch bin bereit, diese Anregung zu prüfen. E Die Bewilligung des Armenrechts duxch das zu- ständige Gericht ist ein rihterlihe Entscheidung, die eine Einfluß- nahme der Justizverwaltung nicht zuläßt. Jh habe aber die Gerichte darauf hingewiesen, daß sie hinsihtlih der Frage, ob jemand die Prozeßkosten niht ohne Beeinträchtigung seines und seiner Angehörigen Unterhalts aufbringen fönne, an die Auf- fassung der Verwaltungsbehörde nit gebunden seien, sondern gegebenenfalls die im Armutszeugnis angegebenen Unterlagen vor sich aus nachprüfen müßten, (Hört, hört! bei den Kom- munisten.) Diese Prüfung soll den Gerichten dadur erleichtert werden, daß, wie erst im Sommer v. J, angeordnet worden ist, die von dem Antragsteller beizubringenden Urkunden mit dem Armutszeugnis dem Gericht vorgelegt werden. Endlich habe ih den Gerichten empfohlen, vor der Entscheidung über die Be- willigung des Armenrechts durch Anhörung des Gegners fest- zustellen, ob etwa die Möglichkeit einer gütlihen Einigung besteht oder ob ctwa die Rechtsverfolgung der armen Partei aussihtslos exschcint. (Sehr rihtig! bei dex Wirtschaftspartei.) Jch werde auch hier prüfen, ob sih eine Statistik darüber herstellen läßt, in wieviel Fällen eine Partei, der das Armenrecht bewilligt ist, im Prozeßwege obgesiegt hat; zur Zeit ist eine solche Statistik nicht vorhanden. Jhre Anfertigung würde wesentlihe Mehr- arbeit verursahen, auch erscheint zweifelhaft, ob sie einen siheren Anhalt dafür geben kann, ob das Armenreht zu Recht oder zu Unrecht bewilligt worden ist. (Abg. Obuh: Also an den Armen sparen wollen, das ist kennzeihnend!) Nein, der Grundsaß in allen diesen Ausführungen, die ih eben gemacht habe, Herr Kollege, ist doch durchaus nicht der,”an den Armen sparen zu wollen, sondern es soll eine völlige Gerechtigkeit bei Erteilung der Armutszeugnisse herbei- geführt werden. Soweit Mißbräuche bisher vorgelegen haben, sollen die beseitigt werden, nichts anderes ist der Sinn. Die Aufstellung der Statistik ist nicht so einfah; denn wenn eine arme Partei unterliegt, dann folgt daraus niht ohne weiteres, daß die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung von Anfang an aussihtslos oder mutwillig war. (Abgeordneter Obuch: Na also!) Also habe ih einmal wieder Jhre Zustimmung. (Sehr gut! und Heiterkeit.) Jm übrigen, meine Damen und Herren, will ich nah wie vor bemüht sein, der wirtshaftlichen Lage der Anwaltschaft, es drückt ja jeßt eine neue Sorge, die Einbeziehung in die Gewerbesteuer, ganz be- sondere Fürsorge zuzuwenden sowie auf Wahrung und Hebung ihres Ansehens bedacht zu sein. Auf dem Anwaltstage in Hambuvg ist im September 1929 der Beschluß gefaßt worden, daß ein Anwalt, genau so wie ein Mediziner, sich als Fa h- anwalt niederlassen dürfe. Jch begrüße diesen Beschluß und verspreche mir von der Möglichkeit, daß ein Rechtsanwalt seine Tätigkeit jeyt auf Spezialgebiete beschränken kann, die ihm be- sonders liegen oder auf denen er sih besondere Kenntnisse ver- schafft hat, eine beträchtliche Verbesserung in der wirtschaftlichen Lage der Rechtsanivaltschaft. Eine Erweiterung des Tätigkeits- feldes, auf welche die Rechtsanwalischaft meiner Ansiht nah ständig bedacht sein sollte, würde ih auch darin sehen, daß Rechtsanwälte sih als Fahanwälte auf dem Gebiete des öffentlihen Rechts und der ihm angehörigen Einzelmaterien niederlassen. Wenn des öfteren aus Kreisen der Rechtsaniwaltshaft der Wunsh geäußert wird, es möchten Rechtsanwälte in die Rihterlaufbahn über- nommen werden, so stehe ih dem durchaus wohlwollend gegen- über. Eine derartige Uebernahme ist in den vergangenen Fahren bereits wiederholt erfolgt; abgesehen davon, daß eine beträcht- liche Zahl von Gerichtsassessoren, die zur Rechtsanwaltschaft zu- gelassen war, dann aber nach verhältnismäßig kurzer Zeit ihre Rückübernahme in den Justizdienst gewünscht hatte, regelmäßig wieder als Gerichtsassessoren aufgenommen worden sind, sind in den leßten Jahren 23 Rechtsanivälte und Notare als planmäßige Richter zum Teil auch als Oberlandesgerichtsräte in die Richter- laufbahn übernommen worden. Auch für die Zukunft bin ih bereit, Rechtsanwälte, die die erforderliche Eignung für den ZJustizdienst besipen, zu itbernehmen. Am 1. April d. J. wird, wie Jhnen inzwischen aus der Presse bekannt geworden ist, außerdem ein Rechtsanivalt als Referent in mein Ministerium einberufen, um hier insbesondere die Angelegenheiten der Rechts- anwälte und Notare zu bearbeiten. (Abgeordneter Falk: Jst das

om 27, März 1930. S, 4,

eine hauptamilihe Stellung?) Gewiß, das ist eine hauptamt. lie Stellung, sie nimmt seine volle Arbeitskraft in Anspru, er soll später Ministerialrat werden, nachdem er zunächst eins Probezeit durhgemacht hat. Die Auswahl der Person j übrigens das darf ich einshalten auf Vorschlag der zus ständigen Vertretung der Anwaltskammer Berlin und dez Berliner Anwaltsvereins erfolgt.

Wenn die in dem Sparmaßnahmegesey vorgesehenen Be, stimmungen durchgeführt werden, nah denen ein Amtzri@ter fünftig mehreren Amtsgerichten angehören und die Landesjuïstiz, verwaltung die bürgerlichen Rechtss\treitigkeiten einem Amtz, geriht für die Bezirke mehrerer Amtsgerichte übertragen kann so wird hiervon ein Anstoß zu einer weiteren Durchführung bas Kleinen Justizreform ausgehen; denn gerade bei den kleinen Amtsgerichten, bei denen der Amtsrichter nit voll be, shäftigt ist, konnte die Kleine Justizreform bisher noch nit in vollem Umfange durchgeführt werden. Es wäre umwirtschaftlig gewesen, nit voll beschäftigte Richter noch zu entlasten. Für die Zukunft werden also mehr Rechtspfleger gebraucht als bisher. Unter diesen Umständen liegt uns die Frage der Fort- bildung der Recchtspfleger besonders am Herzen. Der Haushaltsplan für 1930 sieht Sondermittel für Fortbildungs- zwecke nicht vor; auch die im vergangenen Jahre von der Finanzverwaltung bereitgestellten Mittel in Höhe von ctwa 70 000 RM haben nicht entfernt ausgereiht, um den von da Justizverwaltung gehegten Plan für die Fortbildung der Rethts pfleger ausführen zu können. Jmmevhin war es im ver- gangenen Jahre möglich, eine große Zahl von Beamten in allen Bezirken zu fördern; namentlich dur die Verwaltungs» akademien ist uns hierbei wertvolle Unterstüßung geleistet worden aber au die Opferwilligkeit dex Beamten muß anerkannt werden, die ohne staatlihe Beihilfe die niht unbeträchtlithen Kosten für Fortbildungskurse selbst aufgebraht haben. Da eine Fortbildung der Rechtspfleger im Fahre 1930 fkeinesfalls ent- behrt werden kann, habe ich mix vorbehalten, im Laufe des Jahres noch Anträge an die Finanzverwaltung zu stellen. Zh habe mit Freuden den Antrag der Deutschen Volkspartei le grüßt, dex für diesen Zweck 75000 K “fordert, die dann hei tinem anderen Fonds gestrichen werden sollen.

Dem Wunsche der Rechtspfleger, ihre Zuständigke möge in Zivil- und Konkurssachen, in Strafsachen sowie in An- gelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit weiter aus- gedehnt werden, kann zur Zeit uiht Rechnung getragen werden. Das Entlastungsgesehß des Reiths vom 11, März 1991, auf welchem die bisherige Uebertragung von rihterlihen Ge- schäften auf Rechtspfleger beruht, ist in Preußen voll aus: genußt und müßte daher vorx einer Erweiterung der Zuständig- keit der Rechtspfleger zunächst geändert werden. Fm übrigen aber darf ich bei dieser Gelegenheit bemerken, daß die Mehrzahl der Länder îin der Ueberträgung von Geschäften auf Rethfs- þfleger noch niht so weit sind wie die preußishe Justiz verwaltung. :

Jh wende mich nunmehr den Personalvecrhält nissen der preußishen Justizverwaltung zu, einem Gegenstande, der bereits gelegentlich der vorjährigen Haushaltsberatungen ein- gehend erörtert worden ist und der uns auch in diesem Fahre im Hauptauss{huß wiederum lebhaft beschäftigt hat. Jh bin gar niät erstaunt darüber, daß die Personalangelegenheiten bei den Haus haltsberatungen fast regelmäßig einen breiten Raum einnehmen. Denn ob - die Rechtspflege gut oder s{chlecht funktioniert und im welchem Geiste Recht gesprochen wird, dafür sind ja neben dem anzuwendenden Geseh in erster Linie die Menschen maßgtbend, denen die Rechtspflege anvertraut ist; ebenso steht in dem stän digen Bestreben der Justizverwaltung, das Vertrauen der Ye- völkerung zur Rechtspflege zu gewinnen und zu erhalten, Personalpolitik an erster Stelle. Dieser ganz besonderen Bedeutung der Personalpolitik bin ich mir in vollem Umfange bewußt; ih muß deshalb auch an dieser Stelle einige grundsäßliche Worte übér die Personalverhältnisse meiner Verwaltung sagen

Jm vergangenen Jahre habe ih noch darauf hinweist müssen, daß es für uns Gegenstand ernster Sorge ïei Nas wuchs in der erforderlichen Zahl, namentlich für dic Staats antwvaltshaft, zu bekommen. Heute kann ih über Mang! an Nat wuchs in keinem Dienstzweige der Justizverwaltung meh: tagen Was uns in diesem Jahre Kopfzerbrechen macht, ist der Uv? starke Zustrom zum Justizdienst. Fch kann niht umhin, Jhntl in diesem Zusammenhange einige Zahlen zu nennen:

Im Wintersemester 1928/29 hat sih die Zahl der Studierende der Rehtswissenschaft gegenüber der entsprehenden Zahl für des Wintersemester 1907/08 rundweg verdoppelt, während Die Zt dierenden aller Fakultäten eine zahlenmäßige Zunahme von k etwa 50 vH aufweisen; die Zahl der Furisten unter den Stud renden ist also doppelt so stark gestiegen wie die Zahl der L8 dierenden überhaupt, Jm Fahre 1928 gab es 15900 preupif Studenten der Rehts- und Staatswissenshaften, während es E Zahre 1908 in dem damals größeren Staatsgebiet und 97 en längeren Dauer des Universitätsstudiums nur etwa 7000 98 Dabei darf man sih nicht der Hoffnung hingeben, daß der 0 stand erreicht ist; es muß ganz im Gegenteil befürchtet wer daß die Zahl der sich dem Studium der Rechte hingebenden junf

Leute noh steigen wird, Dieser gewaltige Zustrom zum Jh

dienst muß unbedingt verringert werden, Fm Hauptaus{us wenn ih die Herren Kollegen, die sich mit diesem Thema v tigt haben, richtig verstanden habe, im wesentlien übrt stimmend dahin Stellung genommen worden, daß jhon 1 Schule die Anforderungen wesentlih zu erhöhen seien, dami! N der wirklich Begabte auf hie Universität gelangen könnt F kann mich dieser Auffassung nux anschließen.

(Fortsehung in der Ersten Beilage.)

Verantwortl. Scchriftleitex; Direktor Dr. Tyrol. Charlotten Verantwortlich für den Anzeigenteil: RNechznungsdireftor Mengering in Berlin E Verlag der Geschöftsstelle (Mengering) in Beflin ad Druck der Preußischen Drueerei- unh Verlags-Aktiengeitl? Bexliu, Wilhelmstraße 22. i Acht Beilagen N (einschzließl, Börseubeilage und drei Bentralhandelsregistert!

r. 73.

(Fortfezung aus dem Hauptblatt.)

am 1. Januar 1930 befanden sih 7005 Referendare preußischen Vorbereëtungsdienst, während in der Borkriegszeit péchststand im Fahre 1940 mit 7667 Referendaren erreicht e Jn der Voxkriegszeît betrug der Vorbereitungsdienst aghre; da etwa 40 vH der Referendare während des Vorberei- dienstes der Militärpflicht genügten, muß der Zeitraum von e hren unt ewa 5 Monate verlängert werden. Unter Berück- der si auf etwa 4 Jahr belaufenden Examenszeit man hinsihtlich der Berechming der durchs{nittkihen

; des Vorbereitungsdienstes für die Vorkriegszeït auf einen qum von etiva 5 Jahren. Bet einer Zahk von 7667 Referen- » entfallen demnach für die Vorkriegszeit auf einen Jahrgang z Referendare. Zur Zett entfallen dagegen bei entsprechender „nung etwa 2001 Referendare auf eînen Jahrgang. Bei n kleineren Staatsgebiet enthält akso augenblicklich jeder gang etwa 468 Referendare mehr als în der Vorkriegszeit.

Auh die Zahl der Gerichtsassessoren hat eineu

ciiand crreihht, wie er in den leßten 10 Fahren uicht da- |

jen ist. Am 2. März d. F. befanden sih 2760 Affessoren im dienst. Ein erheblicher Teil von ihnen kann entgeltlih ut ¡itigt werden. Die Zahl der Assessoren, die unentgeltlich be- iigt werden mußten, betrug am 2. Januar d. J. 567, ist zwax

¿ von Erkrankungen am 2. März d. J. auf 422 herab- |

len, wird aber, wie die Erfahrung gelehrt hat, nach Ablauf Kintermonate bald wieder zu steigen beginneu. giernah steht einer Verminderung des Kräftebedarfs ein ig steigender Zustrom von fungen Kräften zum höheren dienst gegenüber. Die Zustizverwakttung beschäftigt sich an- s dieser Verhältmisse ernstlich mit der Frage, ob und auf em Wege sie hiex eingreifen soll. Natürlich kann amtlih jem Rechtsstudium gewarnt und insbefondere die leïder vielfach tene, aber völlig irrige Auffassung zerstört werden, als werde Referendar schon kuxz nah Eintritt in den Vorbereitungs- ; durh Gewährung eines. Unterhaltszuschusses besoldet. Tat- kh können bei der hohen Zahl der Referendare Unterhalts- Wre nicht einmal mehr einem Viertel von ihnen gewährt m, und wer in seinen Leistungen den Durchschnitt micht nilih überragt, hat wenig Ausficht, bei der Vergebung von haltszuschüssen berücksichtigt zu werden. Aber, ob eine qung vor dem juristischen Studium, die Aufklärung über die Unterhaltszushüsse zur Verfügung stehenden beschränkten el und ein Hinweis darauf, daß selbst der Gerichtassessor auf dauernde entgeltliche Beschäftigung im Justizdienst für die hien Jahre kaum rechnen kann, zu- einer Abschreckung vor dem Fiihen Studium führt, bleibt doch sehr zweifelhaft. Mit : Erfolg veriprechenden Mitteln zur Eindämmung des roms junger Juristen find zum Teil nicht unerhebliche Be- n verbunden, so daß zunächst noch genau geprüft werden ob die Justizverwaltung sich ihrer bedienen kann. Erst i haben ja auch Vertreter der Anwaltschaft in. Leipgig be- sen, den Zustrom zur Justiz duxch Einführung eines nerus CIauSuUs CINZUdAMMEen.

| Fe größer zahlenmäßig der Zustrom zum Fustizdienst ift, um

nehr muß die Justizverwaltung Wert daranf kegen, tüchtige je heranzuziehen und gerade dieje dem Justizdienst zu erhalten. dieser Richtung sind bereits eine Reihe von Maßnahmen er- m worden. Die Aenderung der Ansbildungs- dnung für Referendare ist inzwischen verivirklicht den: Die Referendarprüfung ‘ist wieder auf einen Tag zuU- engezogen und die Ausbildung des Referendars beginnt wie r beim kleinen Amtsgericht. (Sehr gut!) Auch sonst sind mach Kräften bemüht, die Ausbildung des Referendars müg-

Ÿ eingehend, abex auch vielseitig zu gestalten. Allerdings

et uns die große Hahl der Referendaxe auch in diejer img Schwierigkeiten; denn sie läßt die Gefahr entstehen, daß Lferendare durch die vorhandenen geeigueten Richterkräste mehr ordnungsmäßig ausgebildet werden können. Erwähnen

i ih noch, daß im Anfang dieses Monats der Plan einer ein-

ih fir alle Länder und sowohl für die Justiz- als au für Lerwaltungsjuxistien gelienden Ausbildungsorduung durch Veratung der Ländervextreter im Reichsjustizministerium er- ) vorwärts gebracht worden ift.

Auch nach bestandener großerStaatsprüfsung

E die preußische Justizverwaltung dem jungen Gerichtsassessor

tere Aus- und Fortbildung nuach Kräften g u- i. Fch will auf Einzelheiten hier niht eingehen, sondern kurz auf den Austausch der Gerichtsassessoren zwischen den iedenen Oberlandesgerichtsbezirken, auf den Wechsel zwischen tinzelnen Zweigen des Fustizdienstes, auf die Ausbildung bei Polizeiverwaliungen und auf die gelegentliche Ent-

mg zu rechts- und siaatéwisseuschastlichen Kursen hiuweisen.

i besonderer Soxgsalt werden aus der Zahl der Gerichts-

diejenigen ausgesucht, die sür den Justizdienst sich

n. Bei dieser Auslese lege ih nicht nux Wert auf die Zeug- die der Assessor in den Staatsprüsungen erhalten hat, n ih berüdcksichtige in ganz besonderem Maße, wie ex sih in Praxis bewährt und ob er neben seinen sachlichen Kenntnissen

Ÿ die allgemeinen menschlichen Eigenschaften mitbringt, die Släßlihe Boraussebung für den Umgang mit der rechtsuhenden

ferung und überhaupt für die Ausübung des Richter- 45 mnd.

Vird so nah Möglichkeit dafür Sorge getragen, daß

É dem vorhaudenen Nachwuchs gerade die tüchtigen und be

en Kräfte dem Justigdienst erhalten bleiben, so sind wir seits auch bestrebt, Kräfte, deren Unbrauchbarkeit sich gestellt hat, möglichst zeitig darauf hinzuweisen, daß sie fner Anstellung im Justizdienst nicht zu rechnen haben. Es * eine Maßnahme, die einmal îm Fnteresse des Assessors

E, die andererseits aber auch bezwecken soll, ungeeignete

* aus dem JFustizdienst zu entfernen.

Erste Beilage n Deutschen NeichSanzeiger und Preußischen Staatsanzeiger

_Berlin, Donnerstag, den 27, März

f Nach erfolgter planmäßiger Anstellung des Richters oder Staatsauwalts wird die Auslese derx guten Kräste iveiter fortgeseht, indem der in der Praxis Bewährte eine Be- förderungsstelle erhält. Dabei bin ih bestrebt die Stellen von Landgerichtsdirektoren und Oberlandesgerihtsräten nicht nux mit Mitgtiedern des Landgerichis, sondern auch urit geeigneten Amtsgerichisräten zu bejeßen (sehr gut!); für diese besteht zwar noch die besondere Beförcdexung zum Aufsichtscichter und Amts= geri tsdtrektor, die Zahl dieser Stellen reiht aber vielfsach nicht aus, um die zur Beförderung heranstehenden Anxrtsgerichtsräte unterzubringen.

Ebenso ist mein Besireben geeignete Staats- anwälte in Rihterstellen zu verseyen odex in ge- hobene Richterstellen zu befördern; umgekehet erscheint es mir gelegentlich auch erwünscht, einen Richter in die Staats- anwaltschaftslaufbahn zu übernehmen

(Sehx gut!)

Ein vor einigen Tagen erschienener Prejjeartifel hat jih mit den Personalverhälinissen bei der Staatsanwaltschaft be- faßt. Es freut mi, daß in diesem Artikel die staatstreue Ein- stellung der Siaatsanwaltschast und ihr Verhalten in politischen Strafsachen anertannt wixd; hiexbei handelt es sich meiner An- sicht nah uur um Selbstverständlichkeiten. Dagegen kaun ich die in jener Presseäußerung erhobene Befürchtung, daß die Staats» anivaltshaft von der Justizvexwaltung vernachlässigt wecde, und daß die fogenannie „Hand des Ministers“ uicht kräftig genug gefördert und gestaltet werde, nit als zutrefseud anzuerkeunen. Seit Beginn meiner Amtstätigkeit hat bei uix die Sorge, die Staatsanwaltschaft als ein bedeutsjames Fustrument dec Verwal- tung tüchtig und schlagkrästig zu erhalien, im. Vordergrund meines Interesses gestanden. Jede Versammlung dec General- staatsanwälte und Obexrlandesgerichtspräsidentien ist von mix dazu benußt worden, ausführlich und eindriuglich auf diese Be- strebungen hinzuweisen. Zwar ist es rihtig, daß, wir jahrelang unter mangelndem Nachwuhs bei der Staatsauwaltschast ge- litten haben, und daß die Abueigung gegen diejen Dienstzweig fühlbar war. Die Gründe hierfür, die zum Teil in der Axt der Tätigkeit bei der Staatsanwaltschaft, zum Teil in dem Prestigeverlust liegen, den die Staatsanwaltschaft durch Weg- nahme weiter Arbeitsgebiete erlitien hat, mögen hier dahiu- gestellt bleiben, Jedenfalls. ist der Maugel an Nachwuchs durch eine Reihe von Maßnahmen abgestellt worden, die in den leßten Fahren vorgenommen worden find, und deren Wixkung sich zeigt. Es ist auch richtig, daß, das Duxchschuittsdieustalter der Siaatsanwaltschaftsräte von 11 Jahren 10 Monaten im Fahre 1913 auf 15 Jahre 7 Monate im Jahre 1929 gestiegen ist. Dieses Duxchschnittsdieustalter der Staatsauwaltschaftsräte hält sich aber immerhin noch unter den Durchschuiitsdienstaltier der Landgerichtsräte und der Amtsgerichtsräte, das z. Zt. 16 Jahre 2 Monate bzw. 18 Jahre 8 Monate beträgt. Eiue Verjüngung der Staatsanwaltschaft ist auch mein ernstes Bestreben, jedoch wird sie nur allmählich erreiht werden können.

Schließlich ist es richtig, daß die Bemühungen der Justiz- verwaltung auf Schaffung weiterer Beförderuugsstellen für den Dienstzweig der Staatsanwaltschaft bisher mit Rücksicht auf die Finanzlage des Staates ohne Erfolg geblieben sind. Jch bin jedoch bisher bemüht gewesen und werde au weiterhin bemüht fein, dies durch Beförderungen von geeigneten Staatsanwälten in höhere Richterstellen auszugleichen.

Fch glaube, mit allen diesen Ausführuugen. genügend dar getan zu haben, daß ich mich auf dem Gabiete der Pers- sonalpolitik in allererster Linie von dem Grundsaß leiten lasse, jede Stelle mit dem für sie geeigneten Manne zu besegzen. Bei allen Personalmaßnahmen erfolgt eine objektive Entscheidung, bei dex die fahlihe Eignung im Vordergrund steht. Fch habe bereits dargelegt, daß. ich mir der besonderen Bedeutung, welche die Persanalpolitik für die Justiz- verwaltung und für den Erwerb des Vertraueus der Bevölkerung hat voll bewußt bin. Daher habe i auch in den drei Fahren meiner Amtstätigkeit von vornherein der Perjonalpolitik meine ganze Aufmerksamkeit zugewandt und widme mich ihr. in allen Einzelheiten. Keine Anstellung, keine Verseßung oder Befôr- derung eines Beamten des höheren Dienstes erfolgt, ohne daß mix vorhex dux den Referenten und den zuständigen Abteilungs- leiter eingehender, mündlicher Vortrag gehalten worden ist; in gleiher Weise werden au die gehobenen Stellen des oberen Dienstes besetzt. Fast in allen diejen Fällen gelange ich mit den beteiligen Herren meines Ministeriums zu voller Ueberein- stimmung hinsichtlich der Auswahl der Beamten für die zu be- seyenden Stellen. Wenn ih darauf hingewiesen habe, daß der Gesichtspunkt der Eigmung bei den Persoualentsheidungen für mich im Vordergrunde steht, so will ich Jhuen au zeigen, auf welhem Wege ih mir selbst und meine Personalreferenten sich ein Bild von der Eignung der mir unterstellten Beamten verschaffen. Wir sind vielfach angewiesen auf die Berichte, die uns von den zuständigen Provingialdienstvorgeseßten erstattet werden. Die Erörterungen, die bei der vorjährigen Beratung des Justizhaushalts daran geknüpft worden sind, ob diese Be- rihte ein rihtiges Bild über die einzelne Persönlichkeit zu geben vermöchten, haben mir Anlaß gegeben, in einer längeren Ver- fügung Richtlinien dafür zu geben, welche Gesichtspunkte bei der Einreichung von Qualifikationsberichten zu beachten seien, damit diese Berichte eine. brauchbare Unterlage für meine Entscheidung geben könneu. Jh felbst verschaffe mir einen persönlichen Ein- druck über meine Beamten durch Dienstreisen, die mich nunmehr

in alle OLG.-Bezirke geführt haben und bei denen ih fast alle | größeren Landgerichte habe besuchen können. Ebenso unternehmen auch der Leiter und die Referenten meiner Personalabteilung öfter

als früher Dienstreisen, durch die sie mit den Richtern ihrer Bezirke in Verbindung kommen. Jch betrachte es feruer als eine Selbsiverständlichkeit, daß die Tür meines Amtszimmers

jedem Bewerber offensteht, der mi persönkich auffuhen will. | L Während meiner dreijährigen Amtsführung sind an die zwei-

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tausend Beaute bei mir ershienen, und gerade dieje groye Zat glaube ich als einen Beweis dafür ansehen zu können, daß sie mir Vertrauen euigegenbringen und bei mir Verständnis für ihre Wünsche erhoffen

Da fowohl im Hauptausshuß des Laudtags wie auch 111 der Oeffentlichkeit leßthin mehrfach meine Personalpolitik zum Gegen- stand von Erörterungen gemacht worden is und diese nicht immer von zutreffenden Vorausseßungen ausgehen, muß ich mich mit diesen Fragen noch etwas uäher beschäftigen, Es tut mir leid, meine Damen und Herren, durch diese Darlegungen Fhre Zeit heute eiwas mehr in Anspruch nehmen zu müssen. Aber ih glaube, diese Dinge müssen einmal gesagt werden. Das soll ohne jede Schärfe und in voller Objektivität geschehen. Jch Halte es für sehr notwendig, mit Rüsiht auf das große Ressort, das mir untersteht, und seinen großen Perfonalbestand diese Dinge hier einmal etwas eingehender zu erörtern

Wenn ih vorhin betont habe, welche besondere Bedeutung 1d dex fahlihen und menschlihen Eignung eines Beamten bet Besebung freiwerdender Stellen zumesse, so Handelt es [ih (l dieseu Ausführungen niht um Fragen theoretisher Erwägungen, sondern um Fragen der. Praxis, wie sie fast täglich bei uns vor- fommen. Bei der Beseßung von Beförderungs- stellen spielt das sog. „Goldene Buch“ eine besondere Rolle, weil in dieses Buch alljährlih von ven Provingialvorgefeßten die- jenigen Herren eingetragen werden, die sich vorzugsweise zur Besörderung eignen. Auf die Eintragungew in das Goldene Buch“ nehme ich keinerlei Einfluß; die Provinzialvorgeseßten sind vielmehr voll selbständig. Nun kann ih feststellen, daß, frühexeu Jahren, fo auch im Jahre 1929 nicht eimetinzl Beamter ineinehöhereStellebefördert worden ist, der nicht im „Goldénen Buch“ verzeichnet gewesen wäre. Eine Ausnahme hiervon maheu uur die in meinem Ministerium beshäftigten Herren, über deren Eignung die Provinzialvorgeseßten sich naturgemäß kein Urteil bilden föunen. Grundsävlih halte ich daran fest, daß bewährte Herren meines Migisteriums wieder in die Praxis zurückehren, weil ih mix einen wertvollen Einfluß davon verspreche, wenn die während der Beschäftigung im Ministerium, namentlich auch durch die enge Berührung mit dem Parlament, gewonnenen Erfahrungen in dec Praxis verwendet werden und wenn andererseits für die aus dem Ministerium aussheidenden Herren neue Beamte aus der Praxis einberufen werden, die nun gleihfalls wieder di Lage kommen, sich während dexr Tätigkeit im Ministerium be- sondere Keuutuisse. und eine größere Uebersicht zu vershaffen. Es wax mix eiue Freude, zu hören, daß die überwiegende Zahl del Herxceu Kollegen im Hauptaus[{huß diese Handhabung geblligi haben, und da im Hauptausshuß auch anerkannt worden ist, daß die Herveu, die aus dem Ministerium wieder in die Praxis zurüd gelehrt seien, noch nie zu irgeuwelchen Klagen oder Bean- standungen Anlaß gegeben hätten, so glaube ih sagen zu dürf daß ich wich bisher in der Auswahl dieser Herren über 1h Eignung nicht getäuscht habe. Auch ium übrigen, soweit die B segunmg von. Beförderungsstellen auf Grund des Buches“ exfolgt, wird ernstlih nicht in Zweifel gezogen we1 fönnen, daß den in ihm vergeihneten Herren die Eignun die. Stelle, auf die sie berufen werden, besien. Jch darf feststellen, daß in der Frage der Gignung alles geschieht, geschehen kaun, um nah menshlichem Ermessen für jede den geeignetsten Mann zu finden

(BOoLDenen

Nun besteht, wie Fhnen bekannt 1jt, der Landta! beschluß aus dem Jahre 1922, der es dem Dia ministerium zur Pflicht macht und daher auch für mich binde ist, leitende Stellen nur mit solchen Beamten zu bejeben, die z verlässige Vertreter der republikanischen Verfassung find. Diesem Landtagsbeshluß wird von mir niht nur aus formellen Gründen Rechnung getragen, sondern auch deshalb, weil ich der Ueber- zeugung bin, daß kein geordnetes Staatswesen es zulafsen kann, daß die leitewden Stellen im Staatsorganismus mit Beamten beseyt werden, die der bestehewden Staatsform feindlich oder auch nur innerlich fremd gegenüberstehen. (Leb- hafte Zustimmung bei der Sozialdemokratishen Pariei, bei den Deutschen Demokraten umd im Zentrum.)

Die Befolgung des erwähnten Grundsaÿes hat niht das geringste mit Parteipolitik zu tun Sie rehtsertigî auch in keiner Weise die Behauptung, die einenr Aufsaß in der „Deufshen Juristengeitung“ vom 15. März d. F. enthalten ist und die dahin geht, „es sei eine festsbehend von den maßgebenden Fnstanzen nicht bestrittene Tatsache, daß die Parteizugehörigkeit eines Richters bei der Beseßatng Hoe Stellen von wesenilihem Einfluß sei, ja, daß es cine so auSgeprägie parteipalitishe Beeinflussung, wie sie heute üblich fei, selbst unter

dem alien bürokratishen System nit gegeben habe.“ Diese

Behauptung ist völlig haltlos. Jh habe vor einem Fahr an dieser Stelle zu demselben Thema ausgeführt, daß ich zwar bei der Besetzung leitender Stellen den Landtagsbeschluß von 1922 berücksihtige, daß ich darüber hinckus aber nah der partel politishen Einstellung des Beamten nicht for\che. Die Behauptung, es fei von den maßgebenden ¡Fn- stanzen nicht bestritten, daß parteipolitishe Rücksichten bei der Be- sezung hoher Richterstellen wesentlichen Einfluß erlangt hätten, ist also unrichtig. Jeder Herr meiner Verwaltung, der mit

Personalsachen befaßt ist, kann dies bestätigen. Daß ih nah der parteipolitischen Einstellung der zu befördernden Beamten uicht forshe, möchte ich nur durch ein Beispiel erhärten. Fm ver gangenen Fahre find 29 Herren in leitende Stellungen befördert worden; bei der Mehrzahl von ihnen if mir und meinen Herren noch jeßt unbekannt, ob fie überhaupt und welcher Partei sie gegebenenfalls angehören.

Andererseits kann naturgemäß die Zugehörigletit cines Be- amten zu einer bestimmten Partei an und für sih mich nicht

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