1930 / 82 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 07 Apr 1930 18:00:01 GMT) scan diff

Reichs- und Skaatsanzeiger Nr. 82 vom 7, April! 1930, S, 2

Gebiete in den leßten Fahren stattgefunden haben, sind ja noch in unser aller Erinnerung. Jch möhhte bei diesem Anlaß feststellen, daß in dem Auss{uß, dessen Beratungen ih leider niht mitgemacht habe es ist mir aber von meinen Herren ganz besonders darüber berihtet worden —, die Arbeit, die dort geleistet worden is, von einem großen Ernst für die Ve- deutung der ganzen Sache getragen war. Jh mache diese Fest- stellung im Hinblick auf das, was leider in der Presse über die Art der Verhandlung im Auss{uß gesagt worden ist. Ih bin überzeugt, daß die jeßige Fassung des Gesehes niht nur eine Verbesserung zum Schuße der Fugend und im Kampf gegen den Alkoholismus bedeutet, sondern daß die Lösung, so wie sie den Aus\s{huß verlassen hat, auch eine große Verbesserung für das betroffene Gewerbe geschaffen hat, vor allem darin, daß eine strengere und wirksamere Handhabung der Bedürfnisfrage durch die Konzessionsbehörden eingeführt worden ist. Jnfolge- dessen werden wohl alle Parteien troß widerstrebender Meinungen geneigt und bereit sein, den Geseßentwurf in seiner jebtigen Fassung anzunehmen.

Die Reichsregierung ifff auch ihrerseits wie der Bericht- erstatter der Meinung, daß es nicht “zweckmäßig wäre, auf die Einführung der sogenanten Relationszahl zurückzukommen und damit eine genau umrissene Vorausseßung des Bedürfnisses zu geben. Diese Frage hat Fhr Berichterstatter vorhin ausführlich behandelt. Fch brauche daher niht noch einmal auf alle Momente einzugehen, die dagegen sprachen, die Vorausseßungen der Be- dürfnisfrage so zu umreißen, wie es mit der Relationszahl ver- sucht worden ist.

Auf keinem Fall wäre es möglich gewesen, mit dieser Methode zum Ziele zu kommen, wenn man nicht eine Unmenge von Ausnahmen gemacht hätte, und gerade diese Ausnahmen hätten dann wieder zu allerhand Schwierigkeiten und Reibungen Veranlassung gegeben. Auf der anderen Seite aber wider- sprah auch der Antrag, den die Herren Abgeordneten Leicht und Genossen auf Drucksahe Nr. 1887 Ziffer 1 gestellt haben, die vom Reichsrat beschlossene Fassung des § 1 wiederherzustellen. und damit die Befugnis zum Erlaß von Richtlinien über die Bedürfnisprüfung den Ländern vorzubehalten, dem «nteresse, das wir an einer möglihst einheitlichen Beurteilung der Be- dürfnisfrage haben. Die Regierung - vertritt, wie hon in Drucksache Nr. 347 festgelegt, mit dem Entwurf des Schank- stättengeseßes beziehungsweise wie es jeßt heißt, des Gaststätten- geseßes, nah wie vor den Standpunkt, daß bei der Bedeutung der Bedürfnjsprüfung und bei dem allgemeinen Interesse an einer möglichst einheitlichen Handhabung derselben im ganzen Reich8gebiet auf die Befugnis zum Erlaß einheitliher Richt- linien für die Bedürfnisprüfung durch die Reichsregierung um so weniger verzichtet werden kann, als dadurch den Landes- regierungen keineswegs die Möglithkeit genommen wird, dur ergänzende Bestimmungen besonderen örtlichen Verhältnissen Rechnung zu tragen.

Vom Standpunkt aber des Gewerbes möchte ih sagen ih rede da aus praktischer Erfahrung Heraus, aus meiner lang- jährigen Vevwaltungstätigkeit —, daß füx den Berufsstand des Gastgewerbes “selber ein großer Vorteil darin liegt, daß künftig gegen die Erteilung von Konzessionen Arbeitgeber sowohl wie Arbeitnehmer zu vekurrieren în der Lage sind. (Sehr rihtig! bei der Wirtschaftspartei.) Jch halte das für die beste Lösung des Problems. Schon immev habe ich die Meinung verfohten und Herr Kollege Diez hat vorhin diesen Standpunkt auch ein- genommen —, daß wir Biel zuviel Gastwirtschaften haben. Wer den Kampf um die neuen Wirtschaften aus dem Verwaltungs- getriebe der untersten Fnstanzen kennt, weiß, welhe Momente manchmal hinter diesen Konzessionen gesteckt Haben. (Sehr vichtig! bei der Wirtschaftspartei.) Aber das Gewerbe selbst, das immer gegen unnötige neue Wirtschaften war, war im Kampfe gegen diese Einrichtung machtlos. Künftig wird es von derx Tätigkeit und Tüchtigkeit der Orgazisation abhängen, wieweit sie im- stande sein wird, neue Wirtschaften zu verhindern. Ih hoffe, sie wird dabei guten Erfolg haben und nur da nahgeben, wo es unbedingt notwendig ist, aus irgendwelchen Gründen neue Unter- nehmungen zuzulassen.

Sehr angenehm hat mih die Vorschrift berühvt, die der Aus\chuß in den § 31a des Gesetzes hineingebracht hat, nach der die Klagbarkeit der Forderungen aus der wiederholten Kredì- tierung von Branntwein ausgeschlossen werden soll. Jh stimme diesem Gedanken grundsäßlih zu (bravo! rechts) und halte es für sehr viel zweckmäßiger, diesen Weg zu gehen als den anderen, den man ursprünglih vorgeschlagen Hatte und der in der Richtung lief, man sollte es verbieten, Alkohol odev richtiger Schnaps nur um den handelt es sih hier zu kreditieren. Wenn man diesen Weg gegangen wäre, Hätte man sofort eine Strafvorschrift dahinterseßen müssen. Nun empfiehlt es sih aber nicht, wirtschaftliche Dinge leider muß man ja es tvoß- dem oft tun mit strafgeseblichen Vorschriften meistern zu wollen. Deswegen halte ih es für den besseren Weg, wenn man niht mit Strafen einschreitet, sondern einfah den, der leiht- sinnig pumpt, dadur bestraft, daß seine Forderung nicht klag- bar ist. Jm übrigen wird der Fall in der Praxis keine allzu große Rolle spielen. Jch bitte deshalb, die Anträge Nr. 1865 Differ 5 und 1874 Ziffer 4, die diese Vorschrift streichen wollen, abzulehnen.

Der Antrag der Abgeordneten Hampe und Genossen auf Nr. 1861 der Drucksachen will gewisse Härten beseitigen, die sih aus diesen Vorschriften für den Handel vielleiht ergeben. Gegen diesen Antrag habe ih keine wesentlihen Bedenken Ih bin mix nur nit klar darüber, ob mit der Einschaltung des Wortes „Wirtschaftsbetrieb“ der von den Herren Antragstellern erstrebte Zweck erreiht wird. Jch hielte es troßdem für gut, wenn dieser Antrag nicht weiter verfolgt würde. Das Ziel die’es An- trags würde eher erreiht werden, wenn der Antrag Bikes auf Nr. 1876 der Druckssachen angenommen würde. Jch halte die darin vorgesehene Ausnahme des Kleinhandels von den Vor- schriften des § 31a zwar nicht für unbedingt notwendig, glaube aber auch nit, daß dadurch in der Praxis großer Schaden an- gerihtet würde oder die Wirkungen dex Vorschrift wesentli beeinträchtigt würden.

Nun möchte ih noch zu einer Anzahl Anträge kurz Stellung nehmen, die heute wieder vorliegen und fast alle in den Aus\{chuß- beratungen s{on eingehend erörtert worden sind. Diese erneute Stellungnahme is deswegen notwendig, weil sie im Ausf\chuß mehrfah gewünsht wurde. Der Vertreter des Ministeriums hat sich {hon im Ausschuß gegen den Antrag Dr. Breitscheid und Ge- nossen auf Nr. 1862 und den Antrag Stoecker und Genossen auf Nr. 1878 gewandt, wona der Ausschauk nichtgeistiger Getränke entweder von dem Erfordernis der Erlaubkis zu befreien oder wenigstens bei der Erlaubnis zum Ausschank nithtgeistiger Ge- tränke auf das Erfordernis des Bedürfnisnahweises zu verzichten sei. Es liegen also zwei Fälle vorz; der eine Fall, daß auf das Erfordernis des Bedürfnisses verzichtet wird, der andere, daß überhaupt auf die Erlaubniserteilung verzichtet wird. Jh möchte bitten, diese Anträge abzulehnen. JZch will niht all die Dinge no einmal erörtern, die Sie shon im Auss{huß besprochen haben, sondern nur für die Reilhsregierung sagen: Die Reichsregierung ist der Meinung, daß eine unterschiedlihe Behandlung des Aus- shanks geistiger Getränke und des Ausschanks nichtgeistiger Ge- tränke aut bei der Bedürfnisprüfung im einzelnen Falle statt- finden muß. Die Reichsregierung ist deshalb entschlossen, in den Ausführungsbestimmungèn, die sie zu erlassen hat und die für die erlaubniserteilenden Behörden bindendes Recht schaffen, und gleihzeitig der vom Herrn Abgeordneten Sollmann bemängelten, anders, eingestellten Praxis ein Ende bereiten werden, auf die Notwendigkeit dieser unterschiedlichen Behandlung besonders hin- zuweisen und darüber hinaus noch zu bestimmen, daß bei An- trägen auf Erteilung der Erlaubnis zum Auss{hank alkoholfreier Getränke, insbesondere von Milch, unbeschadet des pflihtgemäßen Ermessens dexr Erlaubnisbehörde im Einzelfall das Bedürfnis in der Regel bejaht werden soll. Jch glaube, hier sind wir weit genug gegangen. (Abgeordneter Köster: Kletterkonzession!) Jch wollte nur noh diesen Saß beenden. Jch glaube, daß man mehr zur Förderung des Ausschanks nichtgeistiger Getränke nit vertreten kann, als hier vorgeshlagen ist, und ih mache mir da die Gründe zu eigen, die vorhin der Herr Kollege Diez {hon kurz gestreift hat und die auch im Ausshuß s{hon besprochen worden sind. Aber aus der praktischen Erfahrung heraus wollte ih son selbst das sagen, was mir eben zugerufen worden ist. Bei völliger Freiheit besteht immer die Gefahr. daß die einzelnen Betriebe fih „weiter entwickeln“, namentlich wenn der- Betrieb in Konkurrenz mit anderen steht. Aus der alkoholfreien Wirtschaft wird dann mit der Zeit zunächst eine Wirtschaft mit Wein, dann mit Bier und shließlich mit Schnaps, Das ist die sogenannte Kletter- konzession. Jh glaube, es ist aweckmäßig, die Geseßgebung so zu machen, daß diese Gefahr vermieden wird. Aus diesen Gründen also möchte ih den Standpunkt ablehnen, daß man von dex Er- laubniserteilung überhaupt absieht oder auch die Prüfung der Bedürfnisfrage beseitigt.

Nun muß ich mich noch mit dem Antrag der Abgg. Köster und Genossen auf Nr. 1865 HZiffer 1, Hampe und Genossen auf Nr. 1871 Biffer 1 und D. Dr. Kahl und Genossen auf Nr. 1875 Ziffer 1 beshäftigen. Dieser Antrag î}stst Gegenstand weitgehender Ausführungen des Herrn Kollegen Diez gewesen. Jch möchte auch meinerseits dringend bitten, es în dieser Beziehung bei den Béschlüssen des Ausschusses zu belassen. Es handelt sih bei der Vorschrift des § 2 Ziffer 2 doch nur um die Betonung der zur allgemeinen Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden gehörenden sozialew Zuverlässigkeit, die durch die Arbeitsverhältnisse gerecht- fertigt ist, unter denen die Arbeiter und Angestellten im Gast- wirtsgewerbe im Hinblick auf die besondere Art dieses Gewerbes stehen. Die Ausführungen des Herrn Kollegen Dr. Kahl über diesen Punkt habe ih gelesen, und sie haben mir immerhin zu denken Veranlassung gegeben; aber ih glaube, man muß troßdem bei dem Standpunkt bleiben, daß diese Bestimmung in das Gese hineingehört. Jm übrigen steht auch die Anwendung dieser Vorschriften für den betroffenen Gewerbetreibenden untex dem Schutze der zulässigen Rechtsmittel, so daß eine einseitige miß- bräuhlihe Anwendung nicht befürchtet zu werden brauht. Für die Axbeitnehmer aber bedeutet die Vorschrift eine wesentliche Beruhigung, die man ihnen nicht nehmen sollte. (Abg. Köster: Das gilt do für jedes Gewerbe! Aber es ist doch keine allzu große Gefahè dabei, wenn etwas, was an sich shon Bestandteil der allgemeinen Zuverlässigkeit ist, hier noch einmal aus- gesprochen wird.

Nun komme ih zu der Frage der Straußwirtschaften, die der Herr Kollege Diez auch {hon besprochen hat. Es dürfte sich empfehlen, hierfür die Regelung so zu treffen, wie es der Aus- {uß vorgeshlagen hat. Jch kenne auch den Streit, den Baden mit der Reichsregierung gehabt hat, will jedoch hier nit darauf eingehen. Jch bin derx Meinung, man sollte dem Antrag derx Abgeordneten Köster und Genossen, der die Straußwirtschaften nux auf sechs Monate zulassen will, die er dann innerhalb des Kalenderjahres festlegen möhte, niht stattgeben. Man sollte es bei dem ‘jeyigen Vorschlag belassen, der die Wirtschaften dieser Winzer, die Straußwirtschaften, für vier Monate konzedieren und dabei vorsehen will, daß diese vier Monate in zwei Raten verbraucht werden können. Die ganze Sache scheint mir nit so sehr wihtig zu sein. Bei uns in Baden war es ungefähr so, daß die Wirte ohnehin die Leute niht mehr hätten bedienen können. Wir haben eine ungeheure Weinernte gehabt, und nachdem alle Wirtschaften bis auf den leßten Stuhl beseßt waren, haben si die Leute noch zu den Bauern hineingeseßt und dort den Wein um fünf Pfennige das Viertel billiger bekommen. Wenn bei uns die Klagen, daß die Leute ihren Wein nicht verkaufen können, niht so stark sind wie an der Mosel, so ist das in erster Linie darauf zurückzuführen, daß die Badener unter Zuhilfenahme einer tüchtigen Portion Schweizer und Württemberger einen erheblichen Teil der Weinernte gleih mit Hilfe dec Straußwirtschaften aus- getrunken habe. (Abg. Köster: Am Rhein und an der Mosel werden die Wirtschaften {ließen müssen!) Ih gebe zu, daß es nit ganz korrekt bei der Sache zugegangen ist.

Nun komme ih zu der Frage der Polizeistunde. Sie hat den Ausschuß ganz besonders beschäftigt, und es sind drei ver- shiedene Meinungen nebeneinander gestanden. Die eine Mei- nung ging dahin, man solle die Polizeistunde überhaupt frei- geben. Wenn man so individuell eingestellt ist wie ich, könnte man genöigt sein, sih dieser Meinung anzusthließen und zu sagen:

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Wozu braucht man diese Reglementiererei? Das Uebersißen z ja eine allgemeine Volksgewohnheit, zum mindesten in gewiß Gegenden des Deutschen Reichs. Die andere Meinung war s; man sollte die Vorlage wiederherstellen, also die ganze Angeleg heit den Ländern überlassen. Die dritte Meinung war die, di dann s{chließlich in den Auss{hußbeschlüssen ihren Niedersgly gefunden hat. Jch möchte namens der Regierung dem Hau empfehlen, diesen leßteren Standpunkt zu akzeptieren, obwohi wie ih weiß, auch der größte Bundesstaat, Preußen, Bedenty dagegen hat. Mir {eint darin eine Verbesserung zu liegen, u bei der großen Elastizität der Fassung scheint mir au d Landesbehörden noch genügend Spielraum gelassen zu sein, u den örtlichen Verhältnissen Rechnung zu tragen.

Was den Autrag der Abgeordneten Dr. Breitscheid yy Genossen auf Nr. 1862 Ziffer 3 betrifft, so möchte ih entpfehley ihn abzulehnen, und zwar ledigli aus verwaltung, mäßigen Gründen. Das Biel der Antragsteller ist, zuy (ti reihen, daß von allen Landesregierungen nah JInkrafttretn des Gaststättengesezes neue Vorschriften übex die Polizj, stunde erlassen werden müssen. Nun, meine sehr verehrt Damen und Herren, das hat do gar keinen Zweck. Soweit dj gegenwärtig geltenden Bestimmungen mit dem Inhalt des 8 1 des neuen Gesetzes inf Widerspru stehen, ist das, was der Antr will, selbstverständlich, und soweit das nicht der Fall ist, kann my von dem Verlangen, daß die Bestimmungen erneuert werda müssen, absehen. Soweit in den Ländern Vorschriften bestehen, die gegen die neue Regelung verstoßen, wird es natürlich pflidk gemäß Aufgabe der zuständigen Behörde sein, diese JInkongruey s{leunigst zu beseitigen. Damit würde dem Antrag Dr. Brejz {heid und Genossen entsprochen sein, Es würde also durch Ap nahme des Antrags lediglich eine unnötige Arbeit verursagt werden.

Was die Zulässigkeit der Anordnung \{napsfreier Tage aw geht, so hat der Herr Abgeordnete Dieß schon darauf hingetviese, daß es sich nur um Uebernahme einer Bundesratsverordnun handelt, die seit dem Jahre 1915 besteht, von der ein maßvoller, aber immerhin auch wirksamer Gebrau gemacht worden ist. Jh glaube, daß an sich, soweit der Ausshank von Séhnaps in Fragt kommt, ernstliche Bedenken niht obwalten. Die Bedenken [iegen auf anderem Gebiet,

Gegen den Antrag der Herren Abgeordneten Bickes und Ce nossen auf Drucksache Nr. 1793, der eine materielle Voraussetzung für die Anivendung des § 15 in das Geseß aufnehmen will und ferner in einem Absay 2 den Kleinhandel mit Trinkßranntwein in vershlossenen Flaschen von den Branntweinverboten und Ys shränkungen ausnehmen will, bestehen, wie {on der Vertretaæ meines Ministeriums in den Auss{hußverhandlungen erklärt hat, auf seiten der Reichsregierung keine Bedenken. Das ist eine der Erklärungen, die Sie hier haben wollen.

Zunächst die materielle Voraussezung, daß eine Maßnahme im Sinne des § 15 nux dann getroffen werden soll, sofern die örtlichen Verhältnisse sie im öffentlihen Fnteresse rechtfertigen, ist an sich selbstverständlich, da sonst ein Ermessenmißbrauch de zuständigen Behörde - vorliegen würde. Die ausdrüdlihe Er- wähnung im Gesetz ist deshalb nicht erforderlich, aber infolgedessen in diesem Falle auch unschädlich. Deswegen habe ih keine Be denken, wenn Sie den Antrag annehmen.

Wichtiger erscheint mir die zweite Frage der Herausnahm des Kleinhandels aus den in §8 15 vorgesehenen Beschränkungén zu sein. Was diese Herausnahme des Kleinhandels anlangt, s gebe ih zu, daß die Erstreckung der zeitlihen Branntiweinverbote auf den Kleinhandel im Einzelfall zu gewissen Härten führen kann, die mit der Vorschrift nicht gewollt sind. Andererseits glaube ih nit, daß die Verbote durch die Herausnahme des Kleiw handels an Wirksamkeit einbüßen würden, da die Gefahr, daj an Stelle des Branntweinverbrauchs in Schankwirtschaften während der Sperrzeiten der Branntiweinverkauf im Kleinhandel entsprehend zunehmen wird, kaum, jedenfalls niht in weiten Umfang gegeben sein dürfte.

Bei dieser Gelegenheit möchte ih einem in den Ausschuß beratungen geäußerten Wunsche entsprehend auch hier mitteilen, daß beabsichtigt ist, in die nah § 1 Absaßt 3 zu erlassenden Richb- linien eine Vorschrift aufzunehmen, nach der in Geschäften, bei denen der Branntwein ein übliher und notwendiger Verkauf artikel ist, das Bedürfnis für den Kleinhandel mit Branntweit in verschlossenen Flaschen in aller Regel anerkannt werden soll Ih glaube, das ist eine ziemlih wichtige Erklärung, die mant Beunruhigungen beseitigen wird.

Den Antrag des Herrn Abgeordneten Mumm auf der Drud- sache Nr. 1869 Ziffer 3, der den § 19 dur einen Absay 3 mil dem Fnhalt ergänzen will, daß die Anträge auf Erteilung einer

Schankerlaubnis 4 Wochen vor der Entscheidung in ortsüblicher

Weise zu veröffentlichen find, bitte ih abzulehnen, da ein all gemeines Einspruhsrecht gegen die Kongzessionserteilung nit besteht, und es dürfte sich empfehlen, das Kongzessionsverfahren niht mit dieser Bestimmung unnötigerweise zu belasten. Di Interessenten werden ohnehin bei dex Art der Dinge rechtzeitih von dem Vorhaben Kenntnis erlangen.

Nun ist in der Regierungsvorlage noh ein sehr umstrititenet Punkt die Frage der Konzessionssperre gewesen, also die A ordnung der Landesbehörde, daß innerhalb gewisser Fristen Kot gessionen überhaupt nicht erteilt werden dürfen. Diese Kol zessionssperre war in der Regierungsvorlage so gefaßt, daß [it höchstens ein Jahr betragen sóllte. Jm Auss{huß ist sie dant dahin geändert worden, daß die Frist auf drei Jahre erstreck ivurde. Nun will der Antrag des Herrn Abgeordneten Mum auf Drucksache Nr, 1869 Ziffer 4 zwar das Erstrecken auf drei Jahre, dabei aber anordnen, daß nach diesen drei Fahren eint Freifrist, innerhalb deren eine Konzessionsfperre nit verhängt werden kann, nur von einem Jahre besteht, während der Aub hußberiht vorsieht, daß die Freifrist genau so hoc ist wie dit Sperrfrist. Jch glaube, man sollte diesen leyteren Stand akzeptieren und demgemäß au hier im Plenum des Reichstag entscheiden. :

Auf die Frage der Polizeistunde für Vereine und Körper haften will ich nit näher eingehen. Dazu hat der Berichl/ erstatter schon das Erforderliche gesagt. Jh stimme dem gu.

Was nun die Realrehte angeht, die der Antrag des Hertt

Abgeordneten Sparvex auf Drucssahe Nr.- 1874 Hifser het

Reichs- uud Staatsauzeiger

Nr. 82 vom 7, April 1930, S, 3,

E R R E

delt, so wird in diesem Antrag gerade die Streichung der- ha orte in § 24 begehrt, die den allmählihen Abbau der O erbeberechtigungen herbeiführen sollen. Mit einer solchen sl iu würde der ganze Zweck des § 24 hinfällig, Jh muß s dringend bitten, den Antrag abzulehnen. (Abgeordneter E eini: Bravo!) Der im § 24 vorgesehene Abbau betrifft D. ¿cit nur die ruhenden Realgewerbebere{tigungen, also die, ch4 ¡berhaupt nicht ausgenußt wurden, und die während dreier ine nicht ausgeübt worden find. Der vorgeschlagene Abbau

20 demna so shonend wie möglih geschehen. Andererseits er-

scheint es mir unmögli, auch auf diese vorsihtigen Abbaumaß-

1hmen ganz zu verzichten. Fch möchte doch zu bedenken geben, Es shon bei Erlaß der Gewerbeordnung im Jahre 1869 das S int der Realgewerbeberehtigung als abbaureif insofern an- Sie worden ist, als man die Neubegründung solcher Rechte für E Zukunft in § 10 der Gewerbeordnung shlechthin ausgeschlossen hat. Feder, der den Verwaltungsdienst kennt, weiß, daß in den leßten dreißig Jahren von diesen Dingen ständig die Rede ge- wesen ist, und daß bei den Verwaltungsbehörden unterster Instanz die Frage dieser ruhenden Realgewerberehte fortgeseßt eine Rolle gespielt hat. Die Erlaubnis des S1 Abs. 1 trägt höchstpersön- lihen Charakter, mit dem das Institut der Realgewerbebereti- gung in Widerspruch steht. Das ist ja ganz klar. Da es sich ferner bei den von dem Herrn Abgeordneten Sparrer bean- standeten Worten nux um die Zulässigkeit der Prüfung des Be- dürfnisses, der Lage der Räume und ihrer Verwendung in bezug auf das öffentlihe Fnteresse handelt, die Versagung der Er- laubnis gegebenenfalls also das Ergebnis dieser Prüfung im Einzelfalle ist, kann von einer Entschädigung nicht die Rede sein. Daran hat auh nie jemand in all den Jahrzehnten, in denen diese Realgewerberehtsfrage erörtert worden ist, gedacht.

Nun wollten aber die Herren eine Erklärung, wann die drei- jährige Frist beginnt, die für das Erlöschen der Realrechte maß- gebend ist. Dazu möchte ih sagen, daß für solche Realrehte, die hei Fnkrafttreten des Geseßes nicht ausgeübt werden, die Frist selbstverständlih erst am Tage des Fnkrafttretens des Gesetzes beginnt. Das ergibt sich aus dem allgemeinen Grundsaß des 8 1 Abs. 2 der Gewerbeordnung, nah dem gewerberechtliche Vor- shriften an sih keine rückwirkende Kraft haben. / :

Nun ist noch ein Wort über die Frage der Konzessionspflicht für den Kleinhandel mit Bier und Wein zu sagen. Hier ist vor- gesehen, daß die Länder das Recht haben sollen, diese Kongzessions- pfliht einzuführen. Fch möchte für meinen Teil in diese Fragen shon deswegen nit tiefer hineinsteigen, weil ich die Verhand- lungen über diese Dinge niht mitgemacht habe. Jch sehe aber, daß die Möglichkeit für die Länder, den Kleinhandel mit Wein konzessionspflihtig zu machen, hier ausgeschaltet werden soll. Fch würde meinesteils empfehlen, es auh hiex bei dem zu belassen, was der Aus\{chuß beschlossen hat.

Die Frage des Verkaufs von Branntwein in Apotheken endlih ist Gegenstand von Anträgen der Abgeordneten Peyold, Diez, Loibl, Bickes und Genossen, Nr. -1860, die auf Streichung der Ziffer 5 in § 27 hinausgehen. Hierzu habe ih eine Er- flärung abzugeben. Die Begründung verweist, . was den Fnhalt des Vegriffs „Branntwein“ angeht, auf den Sprahgebrauch der Vranntweinsteuer- und Monopolgeseßgebung, in welcher dieser Vegriff cindeutig feststeht. Danach stellt Branntwein die um- sassendste Bezeihnung für alle durch Gärung und Destillation ge- wonnenen Flüssigkeiten dar. Fm einzelnen sind nah dem herrschenden Sprachgebrauch und somit nah dem Geseyß als Branntwein anzusehen:

Erstens alle Arten von Trinkbranntwein, einerlei mit welhen Zusäßen und in welchem Alkoholgehalt fie zubereitet sind;

zweitens der unverarbeitete Branntwein (reiner Spiritus jeden Progentgehaltes).

Alles andere fällt niht unter den Begriff Branntwein, also nicht:

Erstens der vergällte Branntwein, der, wie schon bisher gemäß § 107 des Branntweinmonopolgeseßes vom 8. April 1922, dur § 27 Ziffer 4 ausdrücklich ausgenommen wird;

zweitens branntweinhaltige Genußmittel, die nicht Ge- tränke sind; sie werden in § 16 Ziffer 1 #nd 4 im Zusammen- hang mit den Fugendshubbestimmungen besonders erwähnt;

drittens die branntweinhaltigen Arzneimittel, da sie weder ils Trinkbranntwein noch als unverarbeiteter Branntwein an- sehen sind, außerdem aber auch nach § 6 Abs. 1 Sah 2 der Gewerbeordnung in Verbindung mit § 35 von den Vorschriften dieses Geseyes nit betroffen werden.

Und endlih viertens die sonstigen verarbeiteten, Brannt- wein enthaltenden Zubereitungen.

Es bleibt somit für die Erlaubnispfliht des Abs. 1 nur der Verkauf von Trinkbrauntwein und von unverarbeitetem Vranntwein. Wird, wie beantragt, die. Ziffer 5 des § 27 ge- lrihen, dann bleibt der bisherige Rehtszustand erhalten. Da- nh ist die Abgabe von Branntwein auch in Apotheken und Drogerien nur dann erlaubnispflichtig, wenn der Branntwein nit als Arzneimittel begehrt und verkauft wird. Das Vor- liegen dieses Zweckes hat der Verkäufer nötigenfalls durch sach- emäße Erkundigung festzustellen. Da bei dieser Rechtslage ein Alkoholmißbrauch auf dem Umwege über den Arzneimittelverkauf s zu befürchten ist, erklärt sih die Reichsregierung nach noch-

ager derstanden.

Auf die Frage der Reklame will ich nit weiter eingehen. ;

Ÿ glaube, man kann au diese Frage so erledigen, wie es vorgesehen ist. Die Rechtslage bezüglih der Reihsbahn kennen e Herren ja. Sie wissen, daß wir dort dur die Bestimmungen des Bahngesetes in unserem Vorgehen nit frei sind. (Abge- neter D. Strathmann: Es wäre wichtig, wenn Sie sih gerade jierüber eingehend äußern würden!) Jch tann mi auch er diesen Punkt noch etwas näher äußern. Es handelt sich rum, wieweit eine Reklame in den Verkehrsgesellshaften „Mlih ist. Dabei ist zu bedenken, daß die Vorschrift des § 31 ! Regierungsvorlage auf die zum Betrieb der Deutschen Reichsbahn gehörenden Verkehrsmittel und Verkehrse!nrihtungen ‘tine Anwendung finden würde. Das ergibt sich aus €£ 16 Abs. 5 de Reichsbahngesees vom 830. August 1924, wonach die Vor- riften dex Gewerbeordnung auf den Betrieb der Deutschen

Prüfung mit der Streichung der Ziffer 5 des § 27 ein-

Reichsbahn keine Auwendung finden Zwar würde es sich hier niht um eine Vorschrift der Gewerbeordnung selbst, aber doch um eine polizeiliche Vorschrift handeln, die in einem Gesep enthalten ist, das an Stelle des S 33 der Ge- werbeordnung getreten ist. Nah einem Urteil des Reichsbahn- gerichts vom 24. Juli 1928 gilt aber die Vorschrift des § 16 Absaÿ 5 des Reichsbahngeseßes auch hinsihtlich solcher geseblicher Vorschriften. die an die Stelle der Gewerbeordnung getreten find. Jch darf bemerken, daß diese Auffassung auch in dem Be- riht des Unterorganisationskomitees für die Deutshe Reichsbahn festgehalten worden is. Das war also bei den leßten Verhand- lungen, die stattgesunden haben.

Jch glaube daher, daß dieser Rechtsstandpunkt, den ich auch aus meiner Tätigkeit im Kabinett überhaupt und aus meiner Mitarbeit an den Verhandlungen im Haag gewonnen habe, un- anfechtbar ist. Jch möchte von meinem Standpunkt aus sagen: leider. Das hilft uns aber nicht über die Schwierigkeit hinweg, die hier besteht. (Abgeordneter D. Mumm: Läßt sich da nichts ändern?) Diese Gesegze sind international gebunden, und eine Aenderung ist nur im Wege der Verhandlungen möglich. Jn einigen Fahren wird es ja wahrscheinlich so weit sein, daß man über derartige Dinge mit einem Ruck hinwegkommt. Aber gegen- wärtig müssen wir doch schließlich die Vertragstreue in diesen Dingen halten, weil wir uns unser Leben sonst unnötig {wer machen für wichtigere Dinge, als es vielleicht diese Frage hier ist.

Damit, meine Damen und Herren, habe ih wohl das gesagt, was Sie von der Regierung an Erklärungen noch haben wollten. Ih bedauere sehr, daß ih selbst mit diesen Dingen vielleicht nit so gründlih vertraut bin, wie es notwendig wäre, obwohl ich sie ja von früher her sehr gut kenne. Aber ih bin so über Nacht in die ganze Sache hineingekommen.

Ich möchte zum Schluß der Hoffnung Ausdruck geben, daß es nun endli gelingt, dieses Geseß zu verabshieden. Wenn man an die Kämpfe und an die Schwierigkeiten zurückdenkt, die diese Fragen draußen in der Oeffentlichkeit hervorgerufen haben, wenn man auf der anderen Seite weiß, welhe Sorgen wir sonst noch zu bewältigen haben, dann wäre es wirklich gut, und ih glaube, au für viele Staatsbürger draußen eine wahre Erlösung, wenn der Streit um diese Dinge nun endlih dur ein Gesetz erledigt würde. Die mittlere Linie aber, die man gehen kann, glaube i, haben Sie im Auss{huß gefunden. (Zustimmung in der Mitte.)

Die Regierung legt Wert darauf, daß dieses Gesetz, das schon jahrelang herumgeshleppt worden ist, endlich einmal erledigt wird. Jh möchte deshalb bitten, gleih mit der Abstimmung in der nähsten Sizung zu beginnen und daran die dritte Lesung anzuschließen. (Zurufe: Warum niht um 4 Uhr?) Man weiß nie, was dann passiert. Wenn vorn etwas herangeseßt wird, kommt die Sache ins Stocken, und nachher wird die ganze Disposition zershlagen. Jch habe also die größte Sorge und möchte mih mit aller Energie dagegen wenden, daß wix das Gesey niht zur Abstimmung bringen.

Preußischer Landtag. 158. Sitzung vom 5. April 1930, 10,15 Uhr.

(Bericht d. Nachrichtenbüros d. Vereins deutscher Zeitungsverleger.)

u Beginn der heutigen Landtagssizung gibt Abg. Dr. Gr ass erba) bs Grkläcuns ab zu der fel r ánigeleliten Be- T Cts des Abg. Kube (Nat. Soz.), das E habe gegen- über dem Kapp-Oberpräsidenten n R sich bereit erklärt, wenn die Kapp-Regierung fest abe, mit ihr zusammenzuarbeiten. Als Mittelsmann des sclesishen Zentrums war dabei der frühere Zentrumsabgeordnete des Preußischen Landtags Schulte vom Abg. Kube genannt worden. Dr. Grass erklärt Hierzu, dêr frühere Abgeordnete®Schulte habe erklärt, er hätte mit Herrn von Kessel über die Frage der Anerkennung oder Nicht- anerkennung der D eSernng niemals verhandelt. (Lebhaftes Hört, hört! bei den Regierungsparteien.) :

Bei der Erledigung kleiner Vorlagen übertwveist das Haus einen sozialdemokratishen Antrag auf Bereitstellung von Mitteln zu dem durch das West-Harztal-Sperren-Geseßz vorgesehenen Bau der Odersperre an den Hauptaus\{chuß.

Angenommen werden Anträge d es Hauptaus- \chusses, die eine außerordentliche staatliche Unterstüßung für die Altmärkischen Wische as steuerlichem und kulturellem Gebiet fordern sowie das Ministerium ersuchen, die aus An- laß der Hochwassershäden in der Provinz Brandenburg in den Fahren 1926 bzw. 1927 gewährten staatlichen Kredite bei

älligwerden im Bedürfnisfalle niederzuschlagen bzw. zu aa A i

Weiter werden Ausschußanträge angenommen, die zur Förderung des Frühgemüsebaues unter Glas für den Land- wirtschaftsetat 1930/31 500 000 RM für Zinsverbilligung, zur Förderung des Obstbaues 300 000 RM und zur Förde- rung der Geflügelzuht 800000 RM verlangen, Ein an-

enommener Antrag des Hauptausschusses wünscht weiter, daß

die Regierung durch alle geeignet erscheinenden Maßnahmen, insbesondere durch Umschuldungskredite, Steuerstundungen usw. dem notleidenden Gaststättengewerbe in Kur- und Er- holungsorten, vor allem in Schlesien, in weitestem Umfange entgegenkomme, um den Zusammenbruch einer großen Zahl von Betrieben zu verhindern. j

Genehmigt werden ferner Anträge de 8Landwirt- shaft8auss\chusses, die das Staatsministerium er- suchen, das Projekt der Eiderabdämmun Del en dem Landtag vorzulegen, ferner die Sicherung der Fnsel Sylt mit Be L Er, dahin zu wirken, daß die Sctäden, ie die Binnenfisherei im harten Frostwinter 1928/29 erlitten hat, wieder voll behoben werden, die Kulti- vierungsarbeiten und Landgewinnungsarbeiten bei den ost-

iesishen Mooren bzw. an der Nordseeküste in vollem Um- ange weiter fortzuführen, auch Eindeichungen südlich des großen Friedr1

i

ch8grabens bei den Gemeinden Ägilla und nburg durchzuführen. Dann wird ein Antrag des angenommen, im Be- nehmen mit den kirhlihen Behörden dem Landtag einen Geseßentwurf vorzulegen, durch den dec Bußtag auf einen Sonntag verlegt wird. E

Weiter werden Anträge des Verkehrsaus- schusses angenommen, neue Mittel für den Fonds des

Ma ml ia firdlifea Bee

Baues von Kleinbahnen anzufordern und daraus auch die staatliche Beihilfe zum Ausbau der Hümmlinger Kreisbahn bereitzustellen, Bei der Reichsbahn soll eine stärkere Siche- rung vor Verkehrsunfällen an Bahn- und Wegekreuzungen verlangt werden. Fn Pommern soll eine Brüe bei Zecherin in Angriff genommen werden. Die Regelung der Fährgelder für Kraftwagen soll einheitlih erfolgen, die Höhe der Fähr- gelder ermäßigt werden. Auf die Reichsregierung soll ein- gewirkt werden, beim weiteren Verfolg der Kanalbaupläne rechtzeitig einzuwirken, daß ein Anleihegesey zur Kanali- sierung der Mittelweser von Minden bis Bremerhaven ver=- abschiedet werde. Schließlich soll der schon lange projeftierte Bahnbau von Herzberg (Harz) nach Sieber endlih durch- geführt werden.

Der zur ersten Beratung vorgelegte Gesezentwurf auf Erweiterung des Stadtkreises Trier geht debattelos an den Gemeindeauss{chuß. Annahme findet noch ein Antrag des Ausschusses für die Grenz- ge biete, in Verbindung mit der Reichsregierung sofort Schritte zu unternehmen, daß der Bau des Aachen-Rhein- kanals beschleunigt in Angriff genommen werden kann.

Hierauf wird die Aussprache über den Abschnitt Kunst“ bei der zweiten Beratung des Kultushaus- halts fortgeseßgt. j

Abg. Dr. Schu ster (D. Beratungen nicht zuleßt stehen She der oe frage handle.

Bp.) erklärt, daß die Kunst in den sollte, da es sih doch auch um eine 0 i Die Rembrandtaussftellung zeige die Höhe der Kunstideen und die Tiefe der E, aus denen wahre Kunst immer schaffen müsse. Rembrandt habe immer wieder das Bild vom barmherzigen Samariter gemalt. Die Art vieler jeßiger Theateraufführungen lasse die Kluft zwischen einer großen Ver- genie und unserer in der Weltanjschauung zersplitterten egenwart nur zu deutlich in die Erscheinung treten. Der neue Generalintendaut möge unsere klassischen Schauspiele wieder zu Ehren bringen, aber auch darauf ahten, daß eine strengere Anpassung an das erfolgt, was L Dichter wirklih O und gedacht haben. Der Redner lenkt die Aufmerk- amkeit der Regierung auf die Notlage der Theater in den Pro- vinzen, z. B. in Breslau, Königsberg, Saarbrücken, Trier. Die leßteren Bühnen seien besonders auh darum wichtig, weil von ihnen deuts e Theateraufführungen jenseits unferer Grenzen, insbesondere für die deutsprehenden Teile der Bevölkerung in Luxemburg, durhgeführt würden. Dem Antrag des Zentrums, den Landesbühnen 600 000 RM mehr zuzuführen und diese Summe dem Fonds für die Krolloper zu entnehmen, stimme seine Fraktion zu. Es müsse endli ein Weg gefunden ‘werden, um der Theaternot in der Próôövinz entgegenzutreten. Die Be- {werden der Sozialdemokraten, daß die sozialen Aufgaben dur Aufgabe der Krolloper in Berlin leiden pee g seien doch nit vollständig stihhaltig. Man könne E wohl dafür sorgen, daß diese sozialen „Aufgaben durch die indenoper oder in Ver- handlungen mit der Stadt Berlin dur die städtischen und dur die anderen Bühnen erfüllt würden. Jedenfalls dürften die sozialen Aufgaben im Lande darüber nicht zu kurz komuten. Der Redner {ließt mit einem Ausblick auf die Zukunft der deutschen Kunst. Wenn sie Geltung haben wolle, sie vorbildlih fein und aus dem deutschen Volksgefühl heraus arbeiten. Nur die Kunst, die auf dem Boden des Gen Volkes sih bewegt, werde Bestand haben. (Beifall bei der & eutshen Volkspartei.)

Abg. Dr. Bohne r (Dem.) verlangt, daß nah Eïledigung des Theaterstreits mehr für die Museen, vor allem auch für die Nationalgalerie, getan werde. Gegenüber dem Abg. Koch (D. Nat.), der gestern unser Kunstzeitalter ein negroid-jüdishes nannte, er- klärte der Redner, es sei bedauerlich, daß gerade die Leute auf der Rechten, die immer glaubten, allein das deutshe Volkstum reprasentieren - zu könuen, doh s B. bei Ausge taltuüng des Museums für deutsche Volkskunde völlig versagt hätten. Da- gegen [tamme gerade auh in diesem Museum mindestens jeder vierie Gegenstand aus Spenden israelitisher Staatsbürger. Das rechtfertige doch wirklich nicht die antisemitishen Angriffe des Abg. Koch. Bei der Bitte, an den Mitteln für die Unleamn junger Künstler nichts abzustreihen, fordert der Redner, da das Ministerium mit den Organisationen der Künstler zusammen arbeite. Die Südschule in Zehlendorf habe geschickt verstanden, lebendige Kunst in die Schule hineinzubringen. Er wünsche, daß andere Schulen sich dies als Beispiel nehmen. Bes sondere Aufmerksamkeit müsse der Minister der Hoch- {lut sogenannter literarischer Hochverratsprozesse widmen. Die Dummheit jenes „Staatsanwalts, der sogar Goethef Gedichte als staatsgefährlich beshlagnahmte, be der Ab- ane Schulz-Neukölln mit Recht in die Erinnerung gerufen.

em Abgeordneten Koch, der sih dagegen wandte, daß im „Fonny spielt auf“ ein Schauspieler fi schwarz s{chminken muß, rufe er nur in Erinnerung, daß au Mes der Große außerordentli für das Exotische \chwärmte nterbrehungen bei den Deutsch- nationalen). Sie (nah rechts) haben dazu beigetragen, daß unter dem alten System die Kunst jo langweilig war. Kein Hohen- zoller durfte auf die Bühne gebraht werden. Deshalb ist bei uns im Gegensaß zu England die dramatishe Auswertung der Ge- shihte fast ganz unterblieben. (Rufe bei den Deutschnationalen: Prinz von Homburg!) Auf dessen Aufführung mußte 50 Jahre ewartet werden. Für Sie (nach rechts) ist alles unmorali ch. nn Sie aber selbst einmal etivas machen wollen, dann greifen Sie zu Heinrich Manns Roman „Professor Unrat“ und machen daraus einen Tonfilm, freilich nit, ohne hinterher den lebenden Künstler noch zu beshimpfen, wie es Hussong getan hat. (An- Ee Unterbrehungen «echts.) Wegen dieser Fhrer Auf- assung, die sich noch an vielen anderen Beispielen t i, be- streiten wir Jhnen die Attivlegitimation, für deutshe Volkskunst wirken zu können. A fter Beifall bei den Demokraten.) E

Abg. Me n (Wir d, P.) wendet sih gegen die Defizit wirtschaft bei den Staatstheatern. Seine Partei protestiere hier- gegen vor alleut au deshalb, weil der Hauptteil der deutschen

nstgemeinde vom deutschen Mittelstand gestellt werde. Dem Ab- geordneten Bohner möchte erx nur sagen, daß das Verdienst, an dem Vorhandensein so vieler Sen in Deutschland, die in der VergangenHeit auch nur mustergültig gewirkt hätten, voL allem den deutschen BELT(NETDA er zukomme. (Lebhafte Zustint- mung rechis und bei der Wirtschaftspartei.) Der deutsche Mittek- pes glaube, daß die deutshen Theater ein starkes National- bewußtjein pflegen müßten, wie es auch Frhr. vom Stein für erforderlih gehaTten Habe. Daß unser Volk seine großen Männer und seine große Vergangenheit anzuerkennen weiß, geiat die Tat- sache, daß Filmdarbietungen, wie die über Bismar _und Luther, immer ausverkauft waren. Der gesunde deutshe Sinn zeigt fich au darin, daß man sich abtoendet von ges{hmadcklosen Theater- vorführungen, wie man sie uns heute immer wieder zu bieten wagt, in denen deutshe Sitte und Art verunglimpft werden. (Sehr wahr! rechts. Unterbrehungen bei den Kommunisten und Sozialdemokraten.) Da ist es kein Wunder, wenn S deutsche Bürgertum die StautEpeatex Lon mehr besuchen will. Die realistishen Jnszenierungen, die jedes romantishen Schims mers entfleidet sind, lehnt es eben ab. Staatstheater find ni dazu da, daß kirchlihe Einrihtungen verhöhnt und daß religiöse Empfindungen verleßt werden, daß der Kashemmenton immer mehr ins Theater verpflanzt wird. Hoffentlich wird das Staats- theater wieder eine Stätte in dem Sinne, wie Schiller ihn ge- kennzeihnet hat. Bei den Verträgen muß darauf geaŸHtet werden, daß die Künstler nit so viel Urlaub erhaïten und ihren vertrag- lihen Verpfliltungen dadurch entzogen werden. sonders in den legten ren haben die Zu fri e für die Staatstheater den Voranschlag um Millionen übe tten. Der Vertrag mit dex