1887 / 109 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 11 May 1887 18:00:01 GMT) scan diff

Füs. Regts., im aktiven Heere, und zwar als Sec. Lt. mit einem Pa- tent vom 5. Mai 1887 bei dem Garde-Füs. Regt., Graf v. d. Groeben, Sec. Lt. von der Res. des Regts. der Gardes du Corps, im aktiven Heere, und zwar als Sec. Lt. mit einem Patent vom 5. Mai 1887 bei dem Regt. der Gardes du Corps, angestellt. Berlin, 6. Mai. Prinz Albert zu Sahsen-Alten- burg Herzog zu Sachsen Dur(laucht, zuleßt Kaiserlih Russischer General à la suite, mit dem Charakter als General-Major bei den Offizieren à-la suite der Armee angestellt. i Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. Berlin, 5. Mai. v. Scheliha, Gen. Lt. und Inspecteur der 4. Feld-Art. Insp. in Genehmigung seines Abschiedsgesuhes mit Pension zur Disp. geftellt. Königlih Bayerische Armee.

Ernennungen, Beförderungen und Verseßungen. Im aktiven Heere. 19. April. Frhr. v. Kreußer, Hauptm. à la suite des 1. Inf. Regts., unter Enthebung von der Funktion als persönliher Adjut. Sr. Königliben Hobeit des Prinzen Ludwig von Bayern, als Comp. Chef in das Inf. Leib-Regt., mit der Wirk- famkeit vom 18. Mai 1887, verseßt. Ferchl, Hauptm. des 10. Inf. Regts., unter Stellung à la suite dieses Truppentheils und unter Bestätigung der von Sr. Königlichen Hoheit getroffenen Wahl des- selben als Erzieher der Königlichen Prinzen Carl, Franz und Wolf- gang, zum persönlihen Adjutanten Sr. Königlihen Hoheit des Prinzen Ludwig von Bayern, mit der Wirksamkeit vom 18. Mai 1887, ernannt. - d

Abschiedsbewilligungen. JmaktivenHeere. 20. April. v. Steinle, Gen. Lt. a. D., das Vrâdikat Excellenz verlieben.

Nichtamtliches. Deutsches Rei ch.

Preußen. Berlin, 11. Mai. Se. Majestät der Kaiser und König empfingen heute den Feldmarschall Grafen Moltke und begaben Sih um 101, Uhr zu Wagen na dem Tempelhofer Felde, woselbst Se. Majestät das Garde- Pionier-Bataillon, das Garde-Schüßen-Bataillon und das Kaiser Alexander Garde-Grenadier-Regiment Nr. 1 besichtigten.

Nach dem Palais zurückgekehrt, empfingen Se. Majestät den Besuch Jhrer Königlichen Hoheit der Herzogin Wilhelm von Mecklenburg-Schwerin, hörten den Vortrag des Chefs des Civilkabinets, Wirklichen Geheimen Raths von Wilmowski, und empfingen den Oberst-Jägermeister Fürsten Pleß und Se. Hoheit den Herzog Albert von Sachsen-Altenburg.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für das Landheer und die Festungen, für das Seewesen und für Rechnungswesen hielten heute eine Sizung.

Die Schlußberichte über die gestrigen Sigungen des Reichstages und des Hauses der Abgeordneten befinden ih in der Ersten Beilage.

Jn der heutigen (27.) Sizung des Reichs- tages, welcher der Staatssekretär des Innern, Staats-Minister von Boetticher, der Staats-Minister Dr. von Scholz und der Staatssekretär des Reihs-Schaßamts, Dr. Jacobi, nebst Bevoll- mächtigten beiwohnten, erhielt bei der Fortseßung der Berathung des Geseßentwurfs, betreffend die Besteuerung des Branntweins, der Abg. von Wedell-Malhow das Wort: Die Konservativen ständen im Großen und Ganzen auf dem Boden der Vorlage, weil es nothwendig sei, dem Reich aus dem Branntwein Mehreinnahmen zu verschaffen. Sie billigten das Bemühen der Vorlage, die Jnteressen der land- wirthschaftlihen Brennereien zu wahren. Das Gesetz sei aber, so einfah es ausseche, ein so s{chwieriges, daß eine Kommissionsberathung nöthig fei. Ein Bedenken dex Konservativen sei bereits vom Finanz-Minister von Scholz erledigt worden: das Verlangen, die Kredite noch weiter aus- zudehnen. Der Minister habe aber seine Bereitwilligkeit ausge- fsprochen, einem darauf bezüglichen Antrage zu entsprechen. Sie wünschten ferner den Rektisikationszwang; wenn nur gesund- heits\{hädliher Spiritus zur Konsumtion käme, so wäre das Bedenken, das eine Vertheuerung des Branntweins mit O bringe, weniger berechtigt. Es würde noch zu prüfen sein, o man bezüglih der Nachsteuer den Termin verlegen könne auf eine so frühe Zeit, daß eine Nachsteuer niht mehr nöthi sei. Die Ausführungsvorschriften würden aber nicht so hne hergestellt werden können, denn man müßte den Einführungstermin in die Zeit vom Juni bis September ver- legen. Die Skala für die landwirthschaftlichen Brennereien passe eigentlih nicht für die norddeutschen Brennereien ; diesen Punkt würde man in ernstliche Erwägung nehmen müssen. Eine Nachsteuecr würde nicht mehr als den niedrigsten Saß betragen dürfen, sonst würde sie allein von den Produzenten getragen wer- den müssen. Die Theilung des Branntweins in zwei Konsum- steuerstufen sei ein sehr glücklicher Gedanke ; die Folgen, welche die Gegner des Geseyes befürchteten, würden niht ein- treten. Das zu den niedrigsten Säßen versteuerte Quantum betrage etwa ein Drittel der Produktion. Wenn die Brenner die volle Differenz der beiden Steuersäge als A erlangen sollten, dann müßten sie ihre Produktion auf 1/; der jeßigen beschränken, was für Norddeutschland nicht möglich sein dürfte; die Preissteigerung dürfte also höchstens 1/; der Differenz von 20 4, also 6?/z bis 7 H betragen. Diese Steigerung würde aber vielleiht noch vermindert werden durch die Spekulation. Ein Geschenk würde, wenn überhaupt, dann doch eher den kleinen Brennern gemacht werden , als den großen. Die kleinen Vortheile müßte man aber den Brennern schon gewähren, als Ersay für den Rückgang des Konsums. Wenn die Steuer ohne jedes Aequivalent auferlegt würde, dann wären die Brenner ruinirt. Die landwirthschaftlihe Brennerei könnte aber ebenso wenig die Einführung einer Fabrikatsteuer er- tragen, was bei der Großbrennerei noch allenfalls möglich wäre wegen ihrer vollkommeneren Apparate. Außerdem würde die Konkurrenz des Rübenspiritus bei der Fabrikat- steuer der Kartoffel verderblich werden. Die Freisinnigen würden das Geseg nicht annehmen, sie hätten überhaupt noch kein Auergaes angenommen. Die Konservativen seien aber troy einiger Bedenken bereit, dem Gesey zuzustimmen, weil es die Möglichkeit gewähre, die süddeutshen Staaten anzuschließen. Eine condicio sine qua non hierfür sei aber die vorgeschlagene Behandlung der gewerblichen Brennereien. Fn der Annahme der Vorlage sah Redner ein ebenso starkes Moment zur finanziellen Stärkung des Reichs, wie in der Militärvorlage eine Bürgschaft für die Erhaltung des Friedens.

ei Shluß des Blattes erhielt der Abg, Richter das

Jn der heutigen (52.) Sißung des Hauses der Abgeordneten, we der Vize-Präsident des Staats- Ministeriums , Minister des Jnnern, von Puttkamer, der Minister der öffentlichen Arbeiten, Maybah, der Staats- Minister von Boetticher und mehrere Kommissarien beiwohnten,

nd zunächst auf der Tagesordnung die dritte Berathung

es Geseßentwurfs, betreffend die Theilung von

Sre ies in den Provinzen Posen und West-

preußen. :

Jn der Generaldiskussion protestirte der Abg. von Wierzbinski Namens der polnischen Bevölkerung gegen die Tendenz der Vorlage, die dahin gehe, das Polenthum zu ver- gewaltigen. 5

In der Spezialdiskussion spra sih der Abg. Jensch gegen die Theilung des Kreises Adelnau in die Kreise Adelnau und Ostrowo aus; es sei hiervon eher eine Shädigung, als eine Förderung des Deutschthums zu erwarten.

Der Regierungskommissar, Geheime Regierungs-Rath, Dr. von Bitter berief ih dem gegenüber auf das sachverständige Urtheil des Landraths des Adelnauer Kreises, welcher die Theilung dringend empfohlen habe.

Der Abg. von Tiedemann (Labischin) machte die übermäßige Belastung des Landraths für die Theilung geltend.

Der Abg. Dr. Windthorst maß dem Urtheil des mitten in dem Kreise Adelnau (als Landgerichts-Direktor in Ostrowo) amtirenden Abg. Jensch die größte Kompetenz bei und erklärte sih mit diesem gegen die Theilung, die unzweckmäßig und überflüssig sei. Auch der Abg. Czwalina sprah sich gegen die Theilung aus.

Die Theilung des Kreises. Adelnau wurde, entsprechend dem Beschlusse zweiter Lesung, vom Hause angenommen, ebenso ohne Debatte die Theilung der Kreise Birnbaum, Fraustadt, Kröben, Buk.

Aus dem Kreise Pleschen sollen zwei Kreise, Jarotschin und Pleschen, gemaht werden. Nach den Beschlüssen zweiter Lesung sollten den Kreis Jarotschin bilden:

vom bisherigen Kreise Pleschen :

die Stadtgemeinden Jarotshin und Neustadt a. W.,

der Polizeidistrikt Jarotschin,

der Polizeidistrikt Kotlin und

der Polizeidistrikt Neustadt a. W. ;

vom Kreise Schrimm:

die Stadtgemeinde Jaratshewo, die Gemeinden Chytrowo, Gola,

Lowencice, Wojciehowo, sowie die Gutsbezirke Chytrowo, Gola,

Lowencice, Lukaszewo, Niedzwiady, Wojciechowo.

Den Kreis Pleschen follent bilden :

vom bisherigen Kreise Pleschen :

die Stadtgemeinde Plescken,

der Polizeidistrikt Pleschen I.,

der Polizeidistrikt Pleschen IL.,

der Polizeidistrikt Sobotka,

__ Der Abg. Kennemann beantragte, zum Kreise Jarotschin hinzuzufügen: „Vom Kreise Wreschen: die Stadtgemeinde Zerkow, den Polizeidistrikt Zerkow“, und für den Fall der Annahme dieses Antrages, statt „der Polizeidistrikt Kotlin“ zu segen: „Der Polizeidistrikt Kotlin mit Ausnahme der Ge- meinden und Gutsbezirke von Fabianowo , Sucharzewo, Orpiczewo und Kurcew“, diese Gemeinden und Gutsbezirke dafür dem neuen Kreise Pleschen hinzuzufügen.

Der Abg. Dr. von Stablewski sprach sih gegen die Ab- zweigung der Stadtgemeinde und des Polizeidistrikts Zerkow vom Kreise Wreschen aus; der Regierungskommissar dagegen empfahl dieselbe und die Zulegung zum Kreise Jarotschin ; das Haus beshloß mit 172 gegen 137 Stimmen dem- gemäß, Mit dieser Modifikation wurde die Bildung des

reises Jarotshin nach dem Beschlusse zweiter Lesung ge- nehmigt, nachdem der Antrag des Abg. Kennemann bezüglich des Polizeidistrikts Kotlin abgelehnt war.

Die Theilung des Kreises Schildberg in die Kreise Kem- pen und Schildberg, des Kreises Krotoschin in die Kreise Koschmin und Krotoschin und des Kreises Kosten in die, Kreise Schmiegel und Kosten wurde ohne Debatte angenommen.

Der Landkreis Posen sollte in zwei Kreise, Posen (Oft) und Posen (West), getheilt werden. Den Kreis Posen (Oft) sollten nah dem Beschlusse zweiter Lesung bilden :

vom bisherigen Landkreise Posen: die Stadtgemeinde Schwersenz, der Polizeidistrikt Posen I, von dem Polizeidistrikte Owinsk die Bemeinden Barcinek, Bolechowo,

Bolechowko. Czerwonak-Dorf, Czerwonak-Hauland, Dembogóra,

Heinrichsfelde, Kitschin, Kliny, Mienkowo, Praemnit, Skorzentichin

und die Gutsbezirke Bolechowo, Owinsk I, Owinst 11, Wilczenica

und Wilczonka;

vom Kreise Schroda : die Stadtyemeinden Kostrzyn und Pudewit, der Polizeidistrikt Pudewiß, vom Polizeidistrifkte Kostrzyn die Gemeinden Glinka herrs,

Glinka geistl,, Gowarzewo, Jagodno, Izdebno Kol., Vorwerï

Kostrzyn, Libartowo, Patshkowo, Sarbinowo, Sickierki (Klein)

mit Tulipow, Sokolniki, Gwiazdowskie, Strumianv, Szewce,

Taniborz, Tulce, sowie die Gutsbezirke Bushkowiec, Sowarzewo

mit Vorwerk Synowice, Gwiazdowo b. K. mit Hufen, Libartowo,

Puszczykowo, Sarbinowo, Siekierki (Groß), Strumin Kgl. Do-

mäne, Tarnowo, Tulce mit Vorwerk Zademby.

Den Kreis Posen (West) sollten bilden: vom bisherigen Landkreise Posen: die Stadtgemeinde Stens{ewo, die Polizeidistrikke Posen Il, Komornik, Sady und Stenscewo,

sowie von dem Polizeidistrikte Owinsk die niht dem Kreise Posen

(Ost) zugetheilten Gemeinden und Gutsbezirfe. __ Hierzu beantragte der Abg. Kennemann, dem Kreise Posen Rote vom Kreise Schroda nur die Stadtgemeinde und den

olizeidistrikt Pudewiß zuzutheilen und für den Fall der An- nahme dieses Antrages außerdem diesem Kreise Posen (Oft) zuzulegen :

1) vom Polizeidistrikt Owinsk:

die Gemeinden Chludowo, Choynica, Elinienko, Lagiewnik, Neudorf-Hauland, Radojewo und Trzuskotowo und die Gutsbezirke Chludowo, Choynica, Glimno, Knyschin, Lagiewnik, Morasko, Neudorf bei Radijewo, Radojewo, Trzu2kotowo,

2) vom Polizeidistrikt Posen Il:

die Gemeinden Naramowice Dorf, Naramowice-Alt- und Neu-Hauland, Strze8zyno, Suchylew und Winiary, sowie die Guts- Leine Golcncin, Naramovice, Piatkowo, Schönherrnhausen, Sedan,

olacz.

Der Regierungskommissar befürwortete diese Anträge, welhe im Einverständniß mit der Staatsregierung gestellt seien; sollten dieselben abgelehnt werden, so empfehle er, auf die Regierungsvorla e zurücfzugehen.

_ Der Abg. Dr. Windthorst hielt die Theilung des Land- kreises Posen für absolut unnöthig.

Der Vize-Präsident des Staats-Ministeriums, Minister des Jnnern, von Puttkamer, meinte, die Regierungsvorlage verdiene unter den obwaltenden Verhältnissen den Vorzug vor

Wort.

Der Abg. von Rauchhaupt beantragte hierauf die Wieder-

herstellung der Regierungsvorlage. j

Diesen Vorschlag empfahl auch der Abg. Graf zu Lim- burg-Stirum. i . |

Der Abg. Kennemann zog nunmehr seine Anträge zurück.

Nach einigen kurzen Aeußerungen der Abgg. Seer,

Hobrecht und Dr. Windthorst wurden die Beschlüsse der zweiten Lesung abgelehnt, und die Regierungsvorlage hergestellt. Danach bilden

den Kreis Posen (Ost): vom bisherigen Landkreise Pofen: die Stadtgemeinde Schwersenz,

der Polizeidistrikt Owinsk,

der Polizeidistrifkt Posen T, / ;

vom Polizeidistrik'e Posen [T die Gemeinden Gerczyn, Jersiß.

St. Lazarus, Naramowice Dorf, Naramowice - Hauland, Strzeszyno, Sucylas, Ober-Wilda, Unter-Wilda und Winiary, sowie die Gutsbezirke Golentshin, Naramowice, Piontkowo, Schönherrnhausen, Sedan und Solacz; den Kreis Posen (West):

vom bisherigen Landkreise Posen :

die Stadtgemeinde Stenschewo,

der Polizeidistrikt Komornik, E «

vom Polizeidistrikte Posen IT die nicht dem Kreise Posen (Oft)

[Nr. 15] zugelegten Gemeinden und Gutsbezirke,

der Polizeidistrikt Sady,

der Polizeidistrikt Stenshewo. : e :

_ Die Theilung des Kreises Czarnikau in die Kreise Czar- nikau und Filehne, des Kreises Gnesen in Gnesen und Wit- kowo, ebenso die Bildung des Kreises Znin wurde ohne Debatte nach der zweiten Lesung beschlossen.

Bei Schluß des Blattes begann die Berathung der Thei- lung der westpreußischen Kreise.

Nach der im enva aufgestellien, in der Zweiten Beilage veröffentlihten Nachweisung über die im Monat März d. J. auf deutschen Bahnen (aus- shließlih der bayerischen) beförderten Züge und deren Verspätungen wurden auf 40 größeren Bahnen bezw. Bahn- fomplexen mit einer Gesammtbetriebslänge von 32 598,30 km befördert: An fahrplanmäßigen Zügen: 14337 Courier- und Schnellzüge, 132 458 Personenzüge, 64 893 gemischte Züge und 123938 Güterzüge; an außerfahrplanmäßigen Zügen: 2056 Courier-, Schnell-, Personen- und gemischte üge und 22301 Güter-, Materialien- und Arbeitszüge. Fm anzen wurden 785 466 288 Achskilometer bewegt, von denen 219 023 932 Achsfkilometer auf die fahrplanmäßigen Züge mit Personenbeförderung entfallen. Es verspäteten von den 211 688 fahrplanmäßigen Courier-, Schnell-, Personen- und ‘gemishten Zügen im Ganzen 970 oder 0,46 Proz. (gegen 1,25 Proz. in demselben Monat des Vorjahres und 0,46 Proz. im Vormonat). Von diesen Verspätungen wurden jedoch 344 durch das Abwarten verspäteter Anshlußzüge hervorgerufen, so daß den aufgeführten Bahnen nur 626 Verspätungen (= 0,30 Proz.) zur Last fallen (gegen 0,31 Proz. im Vormonat). Jn demselben Monat des Vorjahres verspäteten auf den eigenen Strecken der in Vergleih zu ziehenden Bahnen von 198 206 beförderten fahrplanmäßigen Zügen mit Personen- beförderung 1671, oder 0,84 Proz., mithin 0,54 Proz. mehr. In Folge der Verspätungen wurden 444 Anschlüsse versäumt (gegen 1384 in demselben Monat des Vorjahres und 398 im ormonat). Wird eine Gruppirung der Eisenbahnen nah den auf - je eine Anschlußversäumniß entfallenden Zugpver- spätungen vorgenommen, so kommen in erster Rethe die Lübeck-Büchener Eisenbahn (4 Anshlußversäumnisse auf 3 Ver- spátungen) mit 0,75, die Nordhausen-Erfurter Eisenbahn (1 An- schlußversäumniß auf 1 Verspätung) mit 1,00, die Königliche Eisenbahn-Direktion zu Frankfurt (19 Anschlußversäumnisse auf 25 Verspätungen) mit 1,32, während die Königliche Eisenbahn-Direktion zu Altona (4 Anschlußversäumnisse auf 23 Verspätungen) mit 5,75, die Oldenburgishen Staats- eisenbahnen (1 Anschlußversäumniß auf 8 Verspätungen) mit 8,00, die „Württembergischen Staatseisenbahnen (2 An- s{lußversäumnisse auf 52 Verspätungen) mit 26,00 die legten Stellen einnehmen, und auf 4 Eisenbahnen 6 Verspätungen ohne Anshlußversäumnisse, und auf 13 Eisenbahnen weder Verspätungen noch Anschlußversäumnisse vorgekommen sind.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Königlih bayerisher Staats-Minister der Finanzen, Dr. von Riedel, und Großherzoglih badischer Wirklicher Geheimer Rath El[l- stätter sind von hier abgereist.

Der heutigen Nummer des „Reichs- und Staats- Anzeigers“ ist eine „Besondere Beilage“ (Nr. 3), enthaltend Entscheidungen des Reichsgerichts, beigefügt.

n Vayern. Der Münchener „Allg. Ztg.“ wird über die Rundreise des Prinz-Regenten gemeldet:

_Passau, 9. Mai. Zur Ankunft des Prinz-Regenten in Passau hatte der Kaiser von Oesterreih im besonderen Auf- trage den Erzherzog Johann entsendet, welcher aus Wien mit einer halbftündigen Verspätung eintraf. Zur Begrüßung Namens des Kaisers waren indeß Statthalter Baron Weber von Linz fowie Bezirkshauptmann von Hebenstreit aus Schärding anwesend. Der Erzherzog und die beiden leßteren Herren waren zu der Nachmittags vom Prinz- Regenten gegebenen Tafel geladen. Der Prinz-Regent hat mehrere Auszeichnungen verliehen: das Komthurkreuz des Kron-Ordens erhielt Reichsrath Graf von Preysing, das Ritterkreuz des Kron-Ordens Bürgermeister E Der Prinz - Regent stattete dem Bischof von Weckert, welcher wegen Erkranfung am Erscheinen beim Empfange am Bahn- hofe verhindert war, einen halbstündigen Besuch ab. Landshut, 10. Mai. Hochbefriedigt von der festlichen Begrüßung in Passau, wo die gestrige Jllumination no ein großartiges Bild bot, verließ der Vrinz-Regent heute frü halb 9 Uhr den dortigen Bahnhof. Erzherzog Johann hatte den Prinzen nah dem Bahnhof begleitet und reiste nah der Verabschiedung zu Schiff nah Linz. Die Fahrt ging von Passau über Vilshofen, Plattling und Landau, wo kurzer Aufenthalt stattfand, unter großem Jubel der herbeigeströmten Bevölkerung hierher. 11%, Uht erfolgte die Ankunft in Landshut.

Landshut, 10. Mai. Mittags 11 Uhr 40 Minuten traf der Galatrain mit Sr. Königlichen Hoheit dem Prinz-Regenten von Passau aus hier ein. Zum feierlihen Empfange waren die Spigen der Behörden am Bahnhofe versammelt. Unter Vorantritt dreier geharnischter Ritter erfolgte bei Glocken- geläute und Kanonendonner die Einfahrt des Regenten dur die Altstadt zur Königlichen Residenz. Vorauf fuhr der Re- gierungs-Präsident von Nieder-Bayern, Hr. von Lipowsky.

allen andern Vorschlägen.

Die Vereine bildeten Spalier und defilirten naher an der Residenz; die Gesangvereine begrüßten den hohen Herrn mit

sigesang. Blauweißgekleidete Mädchen standen an den enpforten, andere bestreuten den Weg mit Blumen. Der Jubel der Bevölkerung is groß.

Baden. Karlsruhe, 10. Mai. (W. T. B.) Die Kronprinzessin von Shweden und Es ist von Amsterdam zur Kur nah Franzensbad abgereist. Der Großherzog und die Großherzogin sind heute mit der Kronprinzessin in Frankfurt a. M. zusammengetroffen.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 9. Mai. (Wien. Abdp.)

Abgeordnetenhause wurde heute die Spezialdebatte über den Staatsvoranschlag fortgeseßt. Zun gelangte der Etat des Ministeriums für Landesvertheidigung zur Verhand- lung. Derselbe wurde nah kurzer Debatte unverändert ge- nehmigt. Sodann begann die Berathung des Voranschlages des Ministeriums für Kultus und Unterricht. An der Debatte betheiligte sich der Minister für Kultus und Unterricht, Dr. von Gautsch.

Belgien. Brüssel, 10. Mai. (W. T. B.) Die Repräsentantenkammer hat den von Dumont ein- geen Gesegentwurf, betreffend die Eingangszölle auf Vieh und Fleis, mit 69 gegen 54 Stimmen definitiv angenommen. Fünf Mitglieder enthielten sich der Ab- stimmung.

Großbritannien und Jrland. London, 9. Mai. (A. C.) Die Wähl er des Londoner Wahlbezirks St. George, Hannover Square, gaben zu Ehren ihres Vertreters im Hause der Gemeinen, des Schaßkanzlers Goschen, am Sonn- abend Abend im Criterion ein großes Festmahl, bei welchem der Marquis von Salisbury den Vorsiß führte. Der Premier hielt bei Tisch eine Rede, in welher er über die irishe Frage sih folgendermaßen äußerte: „Die Gegner der Regierung begehen den großen Irrthum, zu vergessen, daß es in Jrland zwei Nationen giebt, von denen die eine die andere bedrücken will, die eine zahlreich und gegenwärtig stark ist, während die andere shwach ist und mit Schwierigkeit um ihre Rechte kämpft. Die Regierung ist entshlo}sen, die Schwachen gegen die Starken zu shügen, die legalen Rechte und Gerechtigkeit gegen Druck, Freiheit gegen verbreherishen Zwang. Dies ist die Politik, bei welher wir zu stehen gedenken, und das isst die Sache, in welcher wit, ih bin dessen gewiß, siegen werden. Goschen beantwortete den auf thn ausgebrachten Toast mit einer Rede, in welcher er der großen vorjährigen Ver- sammlung im Her Majesty's Theatre gedachte, wo das Bündniß zwischen den Tories und den dissentirenden Liberalen hergestellt wurde. Die Prophezeiungen, daß dieses Bündniß sehr bald in die Brüche gehen würde, hätten sich noch nicht erfüllt. Es unterliege feinem Zweifel, daß dieUnionisten im Stande sein würden, Gesege zu geben, ‘den Ruf des Hauses der Gemeinen zu retten und es aus seiner augenscheinlihen Hülflosigkeit, in welche es ge- rathen sei, zu befreien. Er sei stolz auf die Stellung, die er jeßt befleide, und entshlossen, Lord Salisbury und der Sache, deren Führer derselbe sei, feine herzliche und beste Unter- stüßung angedeihen zu lassen. : /

Der „Observer“ schreibt: Unter der Tonservativen Partei gewinnt die Meinung an Boden, daß die Regierung das Parlament bald werde angehen müßen, außerordentliche Maßnahmen zu treffen, um die irishe Zwangsvorlage zu fördern. Wenn die Obstruktion gegen den Fortschritt der Berathung beharrlih andauern sollte, dürfte es die Regierung für nothwendig erachten, das Haus zu ersuchen, einen Tag für die Ueberreihung des Berichts über die Bill festzuseßen, und wenn sie zu dieser Zeit niht erledigt sein sollte, dürften sämmtliche Klauseln und Amendements sofort vom Sprecher zur Abstimmung gebraht werden. _ :

Die Mehrheit gegen Gladstone's Amendement zur Privilegienfrage bestand aus 273 Konservativen und 46 liberalen Unionisten, die Minderheit aus 158 Glad- stonianern, 2 liberalen Unionisten und 75 Parnelliten. Ab- wesend waren 43 Konservative, 34 Gladstonianer, 26 liberale Unionisten und 12 Parnelliten. /

10. Mai. (W. T. B.) Jn der heutigen Sizung des Unterhauses theilte der Sekretär für die Kolonien, Holland, mit, daß die Kolonialkonferenz den Geseß- entwurf, betreffend die Verwaltung Neuguineas, ge- billigt habe; es sei jedoch die Sanktion der folonialen Re- gierungen und geseßgebenden Körperschaften erforderlich und daher niht erwünscht, hon jezt Details mitzutheilen; die Interessen der Eingeborenen seien völlig ge\{üßt.

Frankreich. Paris, 8. Mai. (Köln. Ztg.) Die

„Agence as bringt über die Gemeinderaths- wahlen folgende genaueren Angaben: „Von den ahtzig Pariser Stadtvier‘eln haber gestern blos in fünfzig die Wahlen ein endgültiges Ergebniß geliefert. Jn den übri- en dreißig muß zur Stichwahl geschritten werden. Die fünf ig endgültig Erwählten vertheilen fich wie folgt: 32 aditale Autonomisten, 3 republikanishe Anti-Autonomisten, 6 revolutionäre Sozialisten und 10 Konservative. Die Sozialisten aben dabei bis jeßt einen Siß gewonnen, die Reaktionäre ihre Stellung behauptet. Nur die Anti-Autonomisten sind merklih zurückgeblieben. Jn den Stadtvierteln, wo die Stichwahl stattfinden wird, stehen an der Spiye 10 radikale Autonomisten, 15 republikanishe Anti - Autonomisten, 3 revolutionäre Sozialisten und 2 Konservative. Jn jedem Fall wird der neue Rath sich nur wenig von dem vorhergehenden unterscheiden. Jn den aht Kantonen des Seine-Departements, worin die dem Munizipalrath beizufügenden Mitglieder zur Bildung des Departementsraths erwählt werden jollten, sind sechs Wahlen zum endgültigen Ergebniß gekommen. Jn zwei derselben muß zur Stichwahl geschritten werden.“ i

10. Mai. (W. T. B.) Der Senat hielt heute eine kurze Sißung, um die Tagesordnung für die nächste Zeit fest- zustellen. Lalanne beantragte die Zurückstellung des Ent- wurfs, betreffend den Generalrath der Seine. Songeon und Bozerian erklärten ih gegen die Zurüdckstellung, welche darauf auch mit §87 gegen §84 Stimmen abgelehnt wurde. Hierauf vertagte si der Senat bis zum nächsten Donnerstag.

der Deputirtenkammer brachte der Kriegs- Minister Boulanger den Geseßentwurf wegen ver- suchsweiser Mobilisirung eines Armee-Corps im Oktober ein. Der Entwurf verlangt eine Aufwendung von 49/19 Mill. Fr., jedoch stellt sich nach Abzug von Supplementar- beträgen, die bereits in dem Ordinarium des Budgets für Vertheidigungszwecke eingestellt waren, der effektiv neu zu deckende Bedarf nur auf 365/79 Mill. Fr. Nah den

Motiven werden als Maximum der Einberufungs- dauer 12 Tage für die eservisten und 10 Tage ür die Territorial-Armee festgesest. Das Expoîé bestätigt, die Mobilisirung im Oktober bei den Armee-Corps im Westen oder Süden stattfinden soll, um dadur zu zeigen, daß es sich bei dieser Maßregel O um einen Versuh handele. Der Entwurf wurde der Budget-Kom- mission überwiesen. Auf den von dem Präsidenten der N unterstüßten Antrag Wilson s beschloß die Kammer sodann, das Gesey über die Zuckersteuer vor dem Heeresgesey zu berathen, und genehmigte ersteren Geseßentwurf, betreffend eine Zushlagstaxe von 10 Fres. auf 100 kg Zucker jeder Art und jedes Ursprungs. Die nächste Sißung findet am Donnerstag statt.

Griechenland. Athen, 10. Mai. (W. T. B.) Der König, die Königin und der Kronprinz sind in Kala- mata eingetroffen und von der Bevölkerung enthusiastish empfangen worden.

Zeitungsstimmen.

Die „Staatsbürger - Zeitung“ Reihs-Einkünfte und die Opposition :

Wenn man von den bei der Besteuerung des Branntweins in Betracht kommenden speziellen Fragen absieht, die in den Berathungen des Reichstages zur Besprehung und boffentlich zur Erledigung kom- men werden, so kann man mit dem Endzweck, dem Erträgniß der Branntweinsteuervorlage, wohl zufrieden fein. Der Ertrag ist be- fanntlich auf 143 400 000 Æ veranshlagt, was nach Abzug des bis- berigen Nettoertrages der Branntweinsteuer eine Mehreinnahme ron jährli 96 400 000 M ergeben würde. Durch etwaige Abänderungen der Vorlage könnte diese Summe wohl eine kleine Verschiebung er- fahren, die aber im Allgemeinen nicht sehr ins Gewicht fallen würde. Rechnet man dazu nun noch die von einer Reform der Zuckersteuer erhofften Mehrerträgnisse von rund 30 Millionen Mark, so würde eine jährlihe Gesammteinnahme von ca. 126 Millionen Mark reful- tiren, wenn die beiden vorgenannten Entwürfe Gefeße würden.

Dieses Erträgniß ist in der That etwas mehr, als der augen- blilid übersehbare Bedarf des Reis erfordert, und die demo- fratishe freisinnige und zum Theil leider auch die nationalliberale Presse erklärt diesen Umstand für einen sehr bedenfklichen Punkt der Vorlagen. Die „Frankfurter Zeitung“ ift beispielsweise der Meinung, daß es Aufgakte des Reichétages sei, zu prüfen, wie die Einnahmen mit den Ausgaben in Einklang zu bringen seien. Gegen ein folches Verfahren und gegen ein folches Vorgehen muß von vornherein ent- schieden Widerspru erhoben werden. Bisber ift von allen Seiten immer und immer wieder betont worden, daß eine Ver- mehrung der Reichseinnahmen und eine Erschließung von neuen Einnahmeauellen mit Rücksicht auf die nothwendiger- weise wachsenden Bedürfnisse des Reichs, sowie im Hinblick darauf nothwendig sei, daß die Reichsfinanzen möglihst unabhängig von denen der Cinzelstaaten sein müßten. Alle Parteien mackten Vorschläge zur Erreichung dieses Zieles, und nun die Regierung einen Entwurf vorgelegt, der Erträgnisse verspriht, um jenen Zwecken ge- recht zu werden, erklärt ein großer Theil der Presse, es sei ein Fehler des Entwurfs, daß dadur voraussihtlich zu große Einkünfte erzielt werden. Dabei werden, wohlgemerkt, keine Klagen über eine zu hohe Bemessung des Konsumsteuersazes für Branntwein laut, man scheint im Gegentheil denselben durchaus gere{tfertigt zu finden, was au der Fall ist, da andere Staaten den Branntwein noch weit höher be- steuern und weit größere Erträge aus dieser Steuer beziehen, die an- erkanntermaßen wie keine andere geeignet ist, sittlihend und erziehlich auf das Volk einzuwirken. G : :

Also nur um dem Reih keine größere Einnahme zu verschaffen, als es augenblicklich zur Deckung der nothwendigen Ausgaben ge- braucht, soll der Versu gemadbt werden, die Erträgnisse einer an ih gerechten Steuer zu \chmälern. Jene Vaterlandsfreunde, die in diesem Sinne den Entwurf tadeln, sind eher geneigt, dem Schnapstrinker den Branntwein zu verbilligen, als dem Reich einen kleinen Fonds zur Verfügung zu stellen. Dem Reich stehen so große Aufgaben auf sozial - reformerishem Wege bevor, daß es eine Verwendung für die Mehr- Einnahmen wohl finden wird. Sollte das in den ersten Jahren noch nicht der Fall sein, fo sind die Finanzen der Einzelstaaten derartig, daß diesen eine Ueberweisung aus Reich8mitteln niht sckchadet, und der Reichéidee würde damit sicherlich auch kein Abbruch geschehen. Im ersten Augenblick könnte es seinen, als ob es lediglih Kurzsichtigkeit und Engherzigkeit Seitens jener oppositionellen Politiker sei, welche sie veranlaßt, an der Höbe der Reichseinkünfte zu mäkeln, nahdem man si lange bemüht hat, ge- nügende Einnahmequellen zu ershließen. Aber wir glauben nit, daß den Herren der Opposition eine solche Kirhthurmsêpolitik zuzutrauen ist, wir glauben vielmehr, daß sie dem Reih die einträglice gerechte Branntweinsteuer nicht gönnen, weil damit die Be- dürfnisse des Reichs voraussihtlich auf eine lange Zeit gedeckt wären. Denn - dann könnten die Herren von der Opposition ihre Wähler niht mehr mit der Furcht vor neuen Steuern kange machen und sie würden dadurch zweifellos den größten Theil ibres Einflusses verlieren. Darum bekämpfen die Gegner der Re- gierung den Steuersaß der gerechten Branntweinsteuer, der der Re- gierung ein gutes Erträgniß liefern würde, weil sie die Regierung in der Nothlage erhalten und fie zwingen wollen, öfter mit neuen Steuer- plänen zu kommen, damit die Herren von der Opposition darauf ver- weisen und ihren Wählern daran die angebliche Unfähigkeit der Re- ierung zeigen können. Hoffentlich macht indeß der Reichstag derartige Absichten zu schanden.

Der „Kölnischen Zeitung“ wird aus Berlin ge- schrieben :

„Wenn man

äußert über die

den in den verschiedenen mehr oder minder be- laubigten Parteiorganen, natürlich mit Ausnahme der gewerb8mäßigen Néitisager, zum Ausdruck gelangenden Standpunkt übershaut, fo läßt ih bezüglih der Branntweinsteuer-Vorlage so viel sagen, daß das

Wesen derselben in seinen Hauptgrundzügen Anerkennung und Billi- a findet Wenn auch noch viele wihtige Streitpunkte bleiben, so ist damit doch \chon ein großer Schritt vorwärts gethan. Diese Annäherung an ein allgen:in gebilligtes L denn daß eine - hôöhere Besteuerung des Alkoholgenusses aus den verschiedensten Gründen wünschens- und billigenswerth ist, bat noch Niemand leugnen können verdankt man unzweifelhaft den vertraulichen Besprehungen, welche zwischen den Führern der jeßigen Mehrheitsparteien unter sich und mit Vertretern der Re- gierung stattgefunden haben. . Die Hauptgrundlagen des Ent- wurfs: Verbindung von Material- und Verbrauchsabgabe, periodische Revifion der veésBledenéit Steuerverhältnisse und Ermöglihung des Eintritts der Südstaaten in die Brennsteuergemeinshaft und damit Gewinnung eines neuen einheitlihen Reichs\teuergebietes, werden, wenn nicht Alles täuscht, sichere Errungenschaften bleiben, mag au noch über so manches nach anderen Richtungen heiß gestritten werden müssen. An der Hoffnung, wenn auch erst nah ernstlihen Kämpfen, zu einer geseh- geberischen Einigung zu gelangen, darf man sih au dadur nicht beirren lassen, daß von sämmtlichen Interessengruppen ihren bis erigen Aeußerungen nah keine einzige zufrieden ist. Bei einer so vielfach verschlungenen Aufgabe, wie die vorliegende, ist es vielleiht das beste Vorzeichen, daß zu dem Zustandekommen des Ganzen jede betheiligte Richtung etwas an ihren Wünschen und Forderungen nachgeben muß. Nur auf diesem Wege kann der Ausgleich gefunden werden, welcher, so lange die Welt steht, bei solchen sih kreuzenden Interessenströmungen in das richtige, allen gemeinsame Bett überleitet. Wir glauben, daß noch ein weiterer Umstand für Alle, welche nicht in ver- neinender Parteiverbissenheit der Vorlage gegenüberstehen, die Aus-

sihten auf ein vorläufiges Einverständniß verstärkt. Die sicheren Grundlagen für die dauernden Zahlenverhältnifse bei der beabsichtigten gerechten und ausgleihenden Besteuerung müssen erft durch die Er- fahrung gewonnen werden, und der in dem Geseßentwurf gemahte Schritt dazu kann von verständigen Menschen, welhe die Branntweinfteuer- Reform als nothwendig anerkennen, nicht wohl abgelehnt werden. Man darf deshalb darüber ganz beruhigt sein, daß die wüste Agitation, welche nach gewohnter Manier gegen die Vorlage in Scene geseßt wird und wozu der deutshfreisinnige Klingelbeutel {hon wieder auf der Reise ift, bei der Reichstagsmehrheit selber keinen Eindruck macht.“

Die „Deutsche volkswirthshaftlihe Cor- respondenz“ schreibt über die Dampfersubvention:

Die vielfaen Angriffe, welche die Thätigkeit unserer Regierung betreffs der Subventionirung von Dampfern nah dem Osten Asiens und nah Australien erfahrea hat, legen uns die angenehme Pflicht auf, jene anerfennenden Urtheile zu sammeln und zu_veröffentlichen, welche in überzeugender Weise die Wohlthat dieser Subvention für die Entwickelung des auswärtigen Handels bekunden. :

In erfreulicher Weise geschieht dies von Seiten des Berichtes der Handelskammer zu Frankfurt a M. für das Jahr 18386. _ „Die Handelskammer“, heißt es dortselbst, „welche für das Zustande- fommen der deutshen Dampfersubvention von Anfang eingetreten ift, hat der ferneren Entwickelung dieses nationalen Unternehmens an- dauernd ein reges Interesse zugewendet, und die günstigen Erfolge, welche die für den Verkehr mit Ost-Asien bestimmten Dampferlinien aufzuweisen haben, mit Genugthuung begrüßt.“

Als am 30. Iuni der erste Reichs- Postdampfer, die „Oder“, von Bremerhafen aus in See gegangen war, hatten \ich bekanntli die Reichsnörgler zusammengethan und ein gewaltiges Kesseltreiben zu veranstaltea ge\ucht. Insbesondere aus dem Grunde verhöhnten fie die Fahrt der „Oder“, weil ihrer Ansicht, wobl auch ihrer Hoffnung nach, der Dampfer ohne die genügende Fracht die Reise angetreten habe, das ganze Unternehmen überhaupt als ein todtgeborenes Kind betrahtet werden fönne. Aber siehe da, die gewaltigen Nörgeler mach- ten ih unsterblih läherlih. Dies galt auch insbesondere für die Rück- fracht, da die Dampfer wohl ausgerüstet zurückamen. Nicht nur ein reger Pafsagierverkehr hatte si ergeben, es entwickelte fich bekanntli ein starker Verkehr für „Durchgangskonnoffemente“ zwishen New-York und China. Die Dampfer brachten auf ihrer Rücffahrt große Quanti- täten Thee von Ostindien für New-York mit in Ladung und der Weg, den die deutschen subventionirten Damvfer befahren, ist nun that- sächlich die vortheilhafteste Verbindung zwischen Asien und New-York aeworden. Als weiteren Erfolg erwähnt die Handelskammer die Thatsache, daß den Reihs-Postdampfern, resv. dem Norddeutschen Lloyd die Beförderung der Donnerstags-Poîst von England nach Amerika übertragen wurde, obwohl sich eine starke Gegenströmung in England geltend machte. ;

Nur in Béeziebung auf die Fratsäge des Norddeutschen Lloyd für die Versendung nach den beiden Indien glaubt die Handelskammer auf Veranlassung Frankfurter Handelshäuser wie uns {eint mit Berechtigung bervorheben zu folien, daß dieselben gegenüber denjenigen der Messageries Maritimes und des óôfterreihisch-ungarischen Llovd zu hoc berechnet sind, und daß es im Interesse des gesammten ]ud- deutsch-indis{-chGinesishen Ervorts gelegen sci, wenn der Norddeutscbe Lloyd binsihtlich dec Verkehrsfacilitäten und Frachtberechnung mit der Messageries Maritimes mindestens gleiden Séhriti balten würde.

Die Unlandung dec Postdampfer in Antwerpen hat fich, den Urtbeilen der Handelékammer zufolge, gut bewährt und fomit haben wir denn im Großen und Ganzen ein ebenso woblbegründetes, wie die patriotishen Bestrebungen der Regierung anerkennendes Urtheil über die Dampfer-Subvention zu verzeichnen, dem gewiß noch viele andere in ähnlihem Sinne folgen werden.

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Von der ungemein reichhaltigen und werthvollen katholi} ch- theologischen Bibliothek, welhe sich in Ludwig Rofsen- thal’'s Antiquariat zu München befindet, ist vor Kurzem ein Verzeichniß der 6. Abtheilung ershienen. Dasselbe führt 947 Schriften (von 4453—%5400) auf, welche aus dem 16, 17., 18, und 19. Jahrhundert datiren, meist in lateinisher Sprache abgefaßt und größtentheils selten sind. s : :

Joseph Baer & Co., Buchhändler und Antiquare in Frankfurt a. M., haben ihren 200. Lager-Katalog unter dem Titel „Manuscrits précieux, incunables, livres avec figures sur bois, Ausgewählte Sammlung von Manuskripten, Incunabeln und Holz- \hnittwerken“ ausgegeben. An Manuskripten werden in dem vor- liegenden Katalog 19 angeführt, welche, fast sämmtlich religiösen Jn- halts, aus dem 11., 14,, 15.,, 16, und 17. Jahrhundert datiren und genau beschrieben werden. Die darauf im Ane folgenden Jn- cunabeln reihen von Nr. 21—461, s des verschiedenartigsten In- halts, datiren aus den früheren Jahrhunderten, insbesondere aus dem 15. und 16., und wurden in verschiedenen Städten Deutschlands, der Schweiz, Frankreichs, Italiens und Spaniens gedrut; ziemlich viele