1887 / 112 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 14 May 1887 18:00:01 GMT) scan diff

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dann zwei Arbeiten zur Vorgeshichte Nieder-Desterreichs : Diluvial-, Stein-, Bronze- und Eisenzeit, von Graf Gundaker Wurmbrand und Matthäus Much; Römerzeit, von Friedrich Kenner. Illustrationen zu diesen Texten bilden: Der Eisgang auf der Donau von Fr. von Etntinger, das Gödenwasser und Schloß Wolfsthal von J. Marak, ainburg von G. Fischer Feuersteinmesser, Feuersteine, Pfeilspiten, Röhrenknochen 2c. von P. Zeidler, Funde aus der Bronzezeit und der Römerzeit von H. von Charlemont, Fahrenbcuer und K. Fischer.

Land- und Forstwirthschaft. Die „Ld8.-Ztg. f. Els.-Lothr.“ veröffentlicht die Ernteerträge in Elsaß-Lothringen. Die Dur{hschnittserträge vom Hektar für die Jahre 1883 bis einschl. 1886 waren: 1) Getreide und Hülsenfrüchte. a. Körnerertrag. Im Durchschnitt wurde vom Hektar geern:et : 1883 1884 1885 1886 120 12,1 Doppel-Ctr. à 100 kg. 12 122 4 11,0 10,7 96 9,8 144 14,6 101 198 13.1 138 50 556 10,0 10,6 24 141

Winterweizen . . 12,2

Sommerweizen. . 11,1

Winterroggen . . 11,3

Sommerroggen. . 10,4

Wintergerste. . . 14,3

Sommergerste . . 14,8

E 2So

Buchweizen... 6,4

Co... , 106

Aterbohnen . . . 10,4 Den, 108 9,6 10,5 Lupinen 4 49 50

b, Strohertrag.

Im Durchschnitt wurde vom Hektar geerntet : 1883 1884 1885 Winterweizen . 197 20,6 921,4 Sommerweizen. 17,3 173 18,0 Winterroggen . 204 21,9 22,9 Sommerroggen. 194 19,66 19,2 Wintergerste . 15,11 15,8 15,8 Sommergerste . 15,3 15,7 15,9 M4 L 2 Buchweizen . . 102 10,4 8,5 C C L104 109 Aen U 2 126 Wan 40 loo 149 Uen L002 168

2) Hackfrüchte, Doppel-Ctr. :

Durchschnitt8ernie vom Hektar: 1883 1884

ALTo feln, ace O 109,1

v eran C2 0,9

Runkelrüben zu Futter. . . 237,0 208,8

Andere feldmäß. gebaute Nüben

(Möhren, Stoppel- 2c. Rüben) 808 87,8 3) Handels8gewächse. Im Durchschnitt wurde vom Hektar geerntet, Doppel-Ctr. :

1883 1884 1885 Raps, Rübsen, Awehl, Biewißt, (Körner): a. Winter-. 9,1 9,5 9,7 b. Sommer: .. 9,6 8,4 8,6 Hopfén (Fruchtzapfen) LOS8 11,7 13,0 : 4) Futterpflanzen.

Jm Dur@schnitt wurde vom Hektar geerntet, Doppel-Ctr. :

1883 1884 1985 1886

Klee (Se 2,9 2,8 2,6 2,7

O 42 39,1 34,6 42,6

Le O 4606 36,6 40,9 46,6

Esparsette (He). 33,4 29,6 31,5 32,6 Andere Futterpflanzen aller Art (Serradella, Spörgel

O o2 30,1 28,9 306

5) Wiesen.

In den Jahren 1883 1884 1885 1885 wurde durch\chnittlich vom Hek- tar geerntet an Heu, Grummet und Weideertrag (letzterer in

e angeschlagen) in Doppel-

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Doppel-Ctr.

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48,2 42,2 39,3 46,1 h. Weinberge.

Von den im Ertrage stehenden Weinbergen wurde vom Hektar Most gewonnen: 1883 32,7; 1884 29,0; 1885 47,7 und 1886 16,7 hl.

Aus Vorstehendem ergiebt sich, daß für Winterweizen, Winter- roggen, Sommerroggen, Buchweizen und Wicken der meiste Körner- ertrag in das Jahr 1883 fällt, während für Sommerweizen, Winter- gerste, Sommergerste, Hafer, Ackerbohnen und Lupinen das Jahr 1886 das günstigste war. Für Erbsen war der Ertrag 1883 und 1886 der gleiche.

Für den Strohertrag ist das Jahr 1886 fast durchweg a!s das ergiebigste zu bezeihnen ; eine Ausnahme hiervon maht nur Winter- roggen, Sommerroggen, Buchweizen und Erbsen.

Die meisten gesunden Kartoffeln wurden im Jahr 1885 geerntet, die wenigsten erkrankten Kartoffeln 1884; Futter-Runkelrüben und alle anderen feldmäßig gebaute Rüben sind im Jahr 1886 am besten ge- rathen. Winterraps lieferte im Jahr 1885, Sommerraps im Jahr 1883 die meisten Körner, und für Hopfen ist das Jahr 1885 als das günstigste zu bezeichnen. :

&Sür sämmtliche Futterpflanzen mit Einschluß der Wiesen war das Jahr 1883 das ergiebigste; für Luzerne auch das Jahr 1886.

Den meisten Weingewinn brachte das Jahr 1885 mit 47,7 k1 pro Hektar.

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Gewerbe und Handel.

_Nach dem Abschluß der Allgemeinen Versicherungs Gesellschaft für See-, N und Landtransport in Dresden für 1886 betrug die Gesammteinnabme 3671327 M, worin 1208 689 A früherer Vortrag. Ausgaben für Schäden 741 266 MÆ, Storni 26 153 M, Reassekuranzen 77 060 4, sämmtliche Provisionen 279 334 #4, Direktionskosten 2c 126 589 46, Vortrag für \{chwebende Schäden und laufende Risicos 1 364 253 A inkl. der Extrareserve, so daß 363 669 A Gewinn bleiben, woraus wie leßtes Jahr 1009/0 Dividende zur Vertheilung kommen.

Nach dem Abschluß der Allgemeinen Rentenanstalt zu Stuttgart für 1886 beträgt der Reingewinn des abgelaufenen Jahres 433 608 46 Derselbe fließt vollständig den Reserve- und Sicherheitsfonds zu, deren Stand, nachdem er durch die letztjährige Dividendenzahlung von 4 231 857 M auf 3 970295 4 zurückgegangen war, ih dadurh wieder auf 4403 903 4 erhöht. Davon entfallen 356 807 M auf den Siherheitsfonds der Renten- und Kapital- versicherungen, 1334 901 „6 auf den Sicherheitsfonds der Lebens- versicherungen, 2630930 auf den allgemeinen Reserve- fonds und der Rest auf fklcinere Kassen und Stiftungen. Die Anstalt hatte am 31. Dezember 47,41 Mill. 4 hypothe- farische Forderungen aus\tehen, wogegen 20,47 Mill. 4 4% und 0,49 Mill. 4 34 9% Obligationen in Umlauf waren. Das Deckungs- kapital für die Renten- und Kapital-Versicherungen figurirt mit 14,26 Mill. M und für die Lebensversicherungen mit 6,01 Mill. X unter den Passiven. An Depositen \huldete die Anstalt 8,69 Mill. 4, wogegen in baar, Bankguthaben und Wechseln 2,48 Mill. .46., in Cffekten 0,96 Mill. 4 vorhanden waren, im Lombard standen 1,21 Mill. # und in laufender Rechnung, durch Hypotheken oder Effekten sichergestellt, 2,16 Mill. 4 aus. Der JImmobilienbesitz be- läuft sich auf 0,76 Mill. 4, an Prämienraten der Renten- und Lebens- Versicherung sind 0,36 Mill. X rückständig.

Brüssel, 13. Mai. (W. T. B.) Dem „Peuple“ zufolge ist unter den Grubenarbeitern des mittleren Kohlenbassins ein Strike ausgebrochen.

Wien, 14. Mai. (W. T. B.) Die Generalversammlung der Karl-Ludwigsbahn beschloß die Auszahlung einer Dividende von 7 Fl. 35 Kr. Das alte Nez weist eine Mindereinnahme von 414 000 Fl. und eine Minderausgabe von 349 000 Fl. auf. Der Betriebsübershuß des neuen Netes beträgt 279 671 Fl., es ist daher eine Inanspruchnahme der taats8garantie im Betrage von 1311 728 Fl. erforderlich. Die Garantieshuld beträgt somit im Ganzen 152/10 Millionen.

Prag, 14. Mai. (W. T. B.) Der Rechnungs8abs{hluß der Böhmischen Nordbahn für 1886 weist einen Betriebs-Ueberschuß von 759 774 Fl., d. i. 103 537 Fl. mehr als im Jahre 1885 auf. New-York, 13. Mai. (W. T. B) Baumwollen- Wochenbericht. Zufuhren in aklen Unionshäfen 13000 B,, Ausfuhr nah Großbritannien 10 000 B., Ausfuhr nach dem Kontinent 5000 B., Vorrath 390 000 B.

Submissionen im Auslande.

Niederlande. 1) 17. Mai. Im Bureau der Plaatselyke Werken zu Rotterdam (Timmerhuis) : —— Lieferung von 3 eisernen Schiffsbojen (Gewicht je ca. 1150 kg) nebst zugehörigen drei eisernen Schrauben-Ankern mit Ketten. Bedingungen zu beziehen durch Wed. P. van Wacsberge & Zoon, Buchdrucker zu Rotterdam, Houttuin Nr. 73. e .

2) 18, Mai, Mittags 12 Uhr. Direktion der Artillerie-Jnrich-

tingen zu Delft (Houttuinen) in 7 Abtheilungen : i Lieferung von Eichen-, Eschen-, Tannen-, Fichten, Kiefern- und Eibenholz für den Gebrauch in den Stapelmagazinen.

Auskunft an Ort und Stelle. Einschreibung muß durch in Holland wohnhafte Personen erfolgen.

3) 27. Mai, Mittags 12 Uhr. '8s Ryks Centraal Magazyn van Militaire Kleeding 2c. zu Amsterdam im Direktions - Bureau Larphatistraat daselbst :

Lieferung von 27 000 waschledernen Militärhandschuhen.

Bedingungen auf Franko-Anfrage bei der genannten Direktion Éäuflih für 50 Cents.

Spanien.

4. Juni, 2 Uhr Nachmittags, im Bureau des Tefe de la Sección de Telégrafos in Madrid. Königlich spanische Post- und Telegraphen- Direktion:

Lieferung von 100 Tonnen Eisendraht.

Kaution 10 9/6 der Lieferungssumme.

Näheres an Ort und Stelle.

Verkehrs - Anstalten.

London, 13, Mai. (W. T. B.) Die Castle-Dampfer „Norham-Casftlc“ und Pembroke-Ca stle sind am Mittwoch, ersterer auf der Heimreise von Capetorwn, letzterer auf der Ausreise von London abgegangen.

Sanitätsäwesen und Quarantänewesen.

Niederlande.

Zufolge Veröffeatlihung im „Nederlondshe Staats-Courant vom 7. Mai 1887 haben die Königlich niederländishen Minister des Innern und der Finanzen angeordnet, daf, die Verfügungen vom 11. und 20. Januar d. I., wonach die Ein- und Durchfuhr von Lumpen, gebrauchten Kleidungsstücken und ungewaschenem Leib- und Bettzeug aus der Argentinishen Republik und aus der Republik Uruguay verboten wurde, vom 13. Mai d. J. ab außer Kraft treten. (Vergl. „Reichs-Anzeiger“ Nr. 15 und 24 vom 19, und 28. Januar 1887.)

Berlin, 14. Mai 1887.

Die erste englische Post vom 13. Mai ist ausgeblieben. Grund: Verspätete Ankunft des Schiffes in Ostende, sowie Zugverspätung auf belgisher Strede in Folge Heißlaufens der Axe des belgishen Postwagens.

Das 1. und das Füsilier-Bataillon des 4. Garde-Regiments ._ F. und das 3. Garde- Grenadier-Regiment Königin Elisabeth trafen heute Vormittag, behufs Theilnahme an den Früh- jahrsöbungen vom 14. bis 26. d. M., per Fußmarsh aus Spandau hier ein und bezogen, nochdem die Fahnen in üblicher Weise nach dem Königlichen Palais gebracht worden, in der Nähe des Kreuzberges BVürgerguartiere, welche vorgestern von Fourier-Kommandos vorbzreitet waren. Das 2. Bataillon des 4. Garde-Regiments z. F. ist zur

Wahrnehmung des Garnison-Wachtdienstes in Spandau zurück- geblieben.

Ueber Emia Pascha (Dr. E. Schniter) becihtet die „Gothaische Ztg. “: Aus MWadelai, der Station des im Oberen Nilgebiet alb- ge\chlosenen (Beneral-Gouverneurs der Cgyptischen Aequator-Provirz, Emin Pascha, langte gestern durch Vermittelung des englischen Konsulats in Zanzibar ein Packet mit Briefen an den Karto- graphen B. Hassenstein îin der Geographishen Anstalt in Gotha an, deren Inhalt fowohl, wie *auch eine Anzahl von Beilagen an Tagebüchern, Originalkartenskizzen und wissenschaft- lihen Beobachtungen um so höheres Interesse für sh be- anspruchen dürfen, als sie durch die Ungunst der Verhältnisse seit nahezu vicc Iahren in Ladó und Wadelai liegen geblieben waren und erst jeßt, nahdem bekanntlich Dr. W. Junker hie Verbindung des Innern mit ter Ostküste Afrika's wieder herstellen konnte, den Weg an ihren Ad: essaten gefunden haben. Der leyte dieser Briefe ist vom 24, Oktober 1886 datirt. Der Inkalt der kostbaren Sendung gewährt sowohl einen deutlihea Einblick in die namenlosen Entbehrungen, welhe seit 1883 die vier, von aller Civilisation abge\{lossenen Männer: Emin Pascha, Dr. W. Junker, der englische Gouverneur Luptcn Bey und der ita- lienishe Forscher Kapitän Casati, ertragen o wie auch in die Vielseitigkeit und Ausdauer, mit welcher sie ihre Einsamkeit wissen- \haftlich auszubeuten bemüht waren. So enthalten die Briefe Dr. Schnißzer's (Emir Pascha) in der ihm eigenen, un- gemein bescheidenen Ausdrucksweiïe, Crläuterungen zu dem Tagebuhe einer Inspektions- und Forschungsreise, von der Station Lató aus in das Land der 33 Grad westliher wohnenden anthropophagen Monbuttu, dessen kartographishe Konstruktion die Möglichkeit einer genaueren Festlegung in den Kart-n von Afrika er- möglicht, als dies nah den Aufnahmen Dr. Schwernfurth's und Dr. JIunke:'s möglich ist, welche dort nicht in der Lage waren, Orté- bestiinmungen vorzunehmen. Eine große Reihe von meteorologischen Ablesungen des Kapitän Casati aus den in diesem Gebiet neu gegrün- deten Stationen ermöglihte nach ihrer Berehnung sichere Auf- \{hlüsse über die Höhenverhältnisse dieses, im äußersten Norù- osten des Congostaates und seines Haupizuflusses, des Uelle, gelegenen Gebietes. Briefe und eine Kartenskizze Lapton Bey's, des \rüheren Gouverneurs der Bahr-el-Ghasal-Provinz, verbreiten \ich über seine geographischen Entdeckungen der nördlich an Emin's Pro- virzen anschließenden Länder. Einige Briefe nebst Uebersichtskarte des nächstens für längece Zeit in Gotha eintreffenden Dr. W. Junker, rait Datum Oktober 1883, werden zwar durch die inzwischen von dem Heimgekehrten in Berlin und St. Petersburg gehaltenen Vor- träge Üüberholt, enthalten aber durch die Ursprünglichkeit in den Mittheilungen persönlicher Erlebnisse so viel des Interessanten, daß eine Veröffentlichung in diesem Blatte niht ausgeschlossen sein dürfte, falls Hr. Dr. Junker seine Einwilligung dazu geben sollte. Von rührender Anhänglichkeit an seine europäishen Freunde zeugt ferner ein längerer Vrief Dr. Schniter's an den inzwischen gestorbenen Dr. E, Behm, Obwohl inzwischen der Verfasser die Todesnachricht

erhalten und um Ueberbringung seiner tiefsten Beileidsbezeugung

bittet, wurde dieser Brief dennoch der Seudung beigeshlossen, weil er in der Form eines, den Zeitraum vom Oktober 1883 bis Mai 1884 umfassenden Tagebuchs die wichtigsten Ereignisse enthält, welche der treu auf seinem Posten verharrende General-Gouverneur erlebt hat, so z. B. von glücklichen die Ankunft Dr. Junker's in Ladó6, und von trüben die Gefangennahme Lupton Bey's durch die Aufständischen und feine Abführung in die Gefangenschaft nah Khartum, in dessen Nähe er noch heute festachalten wird. Trübe Ahnungen über die zunächst bevorstehenden Ereignisse erfüllen die Schlußzeilen des hoch- interessanten Briefes. Möge es der Expedition Stanley's gelingen, Emin Pascha und seine Leute bald aus der Abgeschlossenheit zu be- freien und einen Abzug nah der Ostküste oder nah Egypten zu ermöglichen. __Im Deutschen Theater wird morgen, Sonntag, „Das Käthchen von Heilbronn“ und am Montag das Lustspiel „Goldfische“ gegeben. Am Dienstag, d. 17.,, wird Frl. Hausner in „Ein Erfolg“ als zweite Gastrolle die Eva Drofssen spielen. Am Mittwoch, d. 18., geht das fünfaktige Trauerspiel „Die Hochzeit auf dem Aventin“, von Paul Heyse, zum ersten Mal in Scene. Am Donnerstag wird das Lustspiel „Unter vier Augen“, von Ludwig Fulda, wieder aufgenommen, in Verbindung mit „Ehrenschulden“ von Paul Heyse und „Die Burgruine“ von Carl Caro. In letzterem Stück beginnt Hr. Eduard Schacht ein Gastspiel in der Rolle des Eduard Leuthold. Außerdem bringt das Wotenrepertoire noch Aufführungen von „Die Hochzeit auf dem Aventin“ und „Goldfische.“

_Wallner-Theate r. Der fortgeseßt rege Besuch des Schwanks „Die Nachbarinnen“ veranlaßte die Direktion, die Première der Posse „Im neuen Berlin“ bis auf Weiteres zu vertagen.

In der gestrigen Vorstellung des „Freischüß“ traten im Kroll’\chen Theater wieder mehrere neue künstlerishe Kräfte auf, welche Interesse verdienen. In erster Linie haben wir Frl. Sander zu erwäl,nen, eine junge Künstlerin, welche bei reiher natür- licher Begabung eine tüchtige Schulung erfahren hat; sie sang die Agathe mit wohlklingender und angenehmer Stimme und wird, wenn sie niht mehr unter dem bangen Druck des Debuts steht, gewiß noch schöne Leistungen zu bieten haben. Hr. Müller gab den Max recht geschickt; der Sänger besißt eine kräftige und ausdrucksvolle Stimme ; recht Erfreuliches leisteten auch Hr. Lehmler und Frl. Gantz, welche \chauspiclerisch und gesanglich gleichmäßig befriedigten. Auch diese zweite wohlgelungene Aufführung erfrevte sh des ungetheilten und dauernden Beifalls des Publikums.

Kroll’s Theater. Gounod's „Margarethe“, welhe am Donnerstag mit großem Beifall aufgenommen wurde, wird morgen (Sonntag) wiederholt. Von besonderem Jnierese dürfte der erste, am Mittwoch stattfindende Gaslabend der italienischen Primadonna Sgra. Bendazzi sein. Die für Berlin und Deutschland überhaupt neue Gesangsfünstlerin beginnt thr Gastspiel als „Traviata“. Am Montag wird Lorßing's beliebter „Waffenschmied“ gegeben und am Dienstag der „Troubadour“ mit Fr. Carlotta Grossi als Gast.

Im Belle-Alliance-Theoter bringt morgen das Gesammt- Gastspiel der Mitglieder des Nesidenz-Theaters als zweite Gabe den dreiaktigen Schwank „Familie Hörner“, von Anton Anno. Derselbe hat vermöge seiner höchst komischen Situationen hon früher an dieser Stätte und auch kürzlich bei seinen Aufführungen im Residenz- Theater cinen außerordentlihen Erfolg gehabt. Für den Sommer- garten is morgen wieder der Eintrittspreis auf 50 H angeseßt.

Im Walhalla-Theater versammelt die Operette „Das verwunshene Schloß“ alabendlih einen zahlreihen Hörerkreis, der sih stetig erweitert. Am 24. Mai schließt die Saison für Berlin. Mitte Juli bis Ende August versammelt Direktor Steiner dann noch einmal in Baden-Baden das Ensemble des Berliner Walhalla- Theaters zu einem künstlerishen Sommer-Feldzuge.

Yür die dritte Chor-Aufführung zum Besten des Garantie?onds des Philharmonischen Orchesters war ‘Nax Bruch's „Achilleus“, nach der Dichtung Heinrih Bulthaupt's Tomponirt, gewählt worden. Die Wiederholung dieses durch den Sttern’shen Gesangverein in Verbindung mit der Philharmonischen Kapelle dem hiesigen Publikum bereits vorgeführten Werkes mit den- selben künstlerishen Kräften hatte gestern im Saale der Philharmonie eir. außerordentlich zahlreiches Auditorium versammelt. Die Kom- position Bruch's ist entschieden cine der großartigsten und werthvollsten, wehe die Neuzeit in dieser Stilgattung produzirt hat. Décr Komponist folgt dem Vorbilde der klassishen Meister, ist aber doch in der Erfindung durchweg selbständig, die tecqnishe Behandlung der vokalen und instrumentalen Mittel dea fortgeschrittenen Ideen unserer Zeit entsprehend. Einzelne Theile des Wecks sind als, ganz besonders gelungene, lobend hervor- :uheben. Der erste Chor der Griechen, die Arie des Odysseus: „Jhr Rasenden, haltet ein!“ mit den dazwischen ertönenden Rufen des kriegerischen Volkes, die Klage des Achilleus mit der s{chösnen, \tim-

¿ mungsvoll gehaltenen instrumentalen Einleitung, der Chor „Tief-

unters im Meeresgrund“ mit seinen tonmalerischen Bässen, die Sopran-Arie der Thetis, in welcher die das Pizzicato derGeigen sanft beglei- tenden Hörner einen wundervollen Effekt machen, endlih der feier- liche höchst wirkungsvoll gehaltene Schlußchor des erften Theils lassen die {öpferische Kraft des Komponisten in hohem Grade erkennen. Aus dem zweiten Theil, der mit einer Scene vor dem Königs- palast în Troja beginnt, ist die Arie der Andromace: „Noch lagert Dämmeruna auf Berg und Thal“, in der fast nur das Streichquartett als Begleitung mitgeht, und der rhyth- misch sehr belebte, {wungvolle Morgengesang hervorzuheben, während das Abschiedsduett Hektor's und der Andromache weniger Interessantes darbietet. Der sehr \{wungvolle Schlußchor „Heil dir, Achilleus!“ nähert sih in der Stimmung den Jubeltönen der neunten Symphonie Beethoven's. Der dritte Theil beginnt mit der sehr charaëteristisch gehaltenen Leichenfeier des Patroklus, in der Achilleus mit dem Chergefang abwechselt. Unter den hierauf folgenden Wett- spielen zu Ehren des Patroklus, die nur durch Instrumentalsäße an- gedeutet werden, zeihnet sih besonders das Spiel der Ringkämpfer durh seine an den Stil Händel's erinnernde Kraft des Rhythmus aus. Auch das \chöône, melodiereiche, für die Sänger besonders dank- bar fompouirte Duett zwischen Priamus und Acbilleus wirkt sehr vortheilhaft. Höchst ergreifend is auch der Klagegesang der Andromahe: „Jlium, Ilium, du sinkt in Asche zusammen!“ Die Ausführung dieses großartigen, über drei Stunden einnehmenden Werkes war, was Chor und Orchester betrifft, eine ganz ausgezeichnete. Die frische, unermüdliche Kraft des Dirigenten, Prof. Mannsftätt, trug zum Gelingen sehr wesentlich bei. Für die Beseßung der Soli war eine ganz besonders glückliche Wahl getroffen worden. Die Damen

rl. Zerbst und Asmann, sowie die Herren Dierich, Franck und Felix

chmidt leisteten, was Klangschönheit der Stimme und Präzision im Zusammenwirken anbetrifft, höchst Lobenswerthes. Reicher Beifall belohnte die Leistungen sämmtlicher Künstler.

Im Zoologischen Garten findet heute Nachmittag 45 Uhr das erste große Militär-Doppel-Concert, ausgeführt durh die Musik- corps des Garde-Füsilier- und 2. Garde-Dragoner-Regiments, unter Leitung der Königlichen Musik-Direktoren Frese und Rosin statt.

Redacteur: Riedel.

Berlin: Verlag der Expedition (Scholz).

Druck der Norddeutshen Buchdruckerei und Verlags-Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Acht Beilagen

(einschließlich Börsen-Beilage).

9. Mai. Bödicker, Hauptm. und Vorstand des Fes

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

2 A112.

Berlin, Sonnabend, deu 14. Mai

1887.

Personalveränderungen.

Königlich Preußische Armee. F Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im aktiven Heere. Berlin, 3. Mai. v. Alt-Stutter- heim, Pr. Lt. aggreg. dem Inf. Regt. Nr. 82, kommandirt als Assist. bei der Militär-Schießschule, Lueder, Pr. Lt. à la suite des Inf. Negts. Nr. 82, kommandirt als Adjut. kei der 19. Inf. Brig,, He i ß; Pr. Lt. à la suite des Inf. Regts. Nr. 50, kommandirt als Adjut. bei der 2. Inf. Brig, v. Vogelsang, Pr. Lt. à la suite des Inf. Regts. Nr. 67, kommandirt als Adjut. bei der 16. Inf. Brigade, unter vorläufiger Belassung in ihrem Kommando, zu über- zähl. Hauptleuten befördert. Bacmeister I., Pr. Lt. à la suite des Inf. Regts. Nr. 53, unter Belassung in seinem Kommando als Adjut. bei der 29. Inf. Brig., zum Inf. Negt. Nr. 42, à la suite desfelben,

Noell, Pr. Lt. à la suite des Gren. Regts. Nr. 2, unter Belassung in etnem Kommando als Adjut. bei der 26. Inf. Brig., zum Inf. Regt. Nr. 13, à la suite desselben, v. Donop, Pr. Lt. à la snite des Inf. „Regts. Nr. 94, unter Belassung in seinem Kommando als Adjut, bei der 5. Inf. Brig., zum Inf. Negt. Nr. 24, à la suite desfelben, verseßt.

__ Berlin, 5. Mai. Ziethen, Hauptm. vom Festungsgefängniß in Rastatt und kommandirt zum Festungsgefängniß in Danzig, unter Verleihung cines Patents seiner Charge, zum Vorstand des Festungs- gefängnisses in Danzig ernannt. Weiße, Pr. Lt. vom Fest1ngs- gefängniß in Straßburg i. E., der Charakter als Hauptm. verlieben. Wenzel, Pr. Lt. vom Inf. Negt. Nr. 111 und kommandirt zur Dienstleist. bei dem Festungsgefängniß in Köln, zu diesem Festungs- gefängniß, Freiherr v. Liebenstein, Premier - Lieutenant vom Infanterie - Regiment Nr. 47, in das Infanterie - Regiment Nr. 111, Lazarowicz, Sec. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 81, unter Beförderung zum Pr. Lt., in das Infanterie-Negt. Nr. 47, versetzt. v. Keller, Rittm. und Escadr. Chef vom Ulanen-Regt. Nr. 8, unter Stellung à la suite des Negts., zur Assistenz des ÎInspectcurs des Militär-Veterinärwesens in Ausübung seiner Funktionen bei der Militär-NRoßarztschule fommandiri. Adametz, Pr. Lt. vom Ulan. Regt. Nr. 8, zum Rittm. und Escadr. Chef, Croll, Sec. Lt, von demselben Regt, zum Pr. Lt-. befördert.

_ Berlin, 7 Mai. v. Engelbrecht, Major aggreg. dem Generalstabe, unker üeherweisung zurn Großen General\tabe und unter Belassung in seinem Kommando bei der Botschaft iy Rom, in den Generalstab der Armee einrangirt. Frhr. v. Ho iningen gen, Huene, Hauptm. vom Großea Generalstabe, unter Belassung in seinem Kommando bei der Botschaft in Paris und unter Verleihung des Charakters als Major, dem Generalstabe der Armee aggregirt. v. Peuold, Sec. Lt, von der Ins. des 1. Bats. Laudw. Negts. Nr. 9, früher im Infant. Regiment Nr. 61, im aktiven Heere, und zwar als Sec. Lt. mit Patent vom 13, August 1879 bei dem Gren. Regt. Nr. 9, v. Bennigsen, Sec. Lt. von der Ref. des Ulan, Regts. N früher in diesem Regt., im aktiven Heere, und zwar als Sec. Lt. bei dem Inf. Negt. Nr. 72, wiederangestellt. Frhr. v. Shorlemer, Sec. Lt. vom Kür. Regt. Nr. 4, in das Drag. Regt. Nr. 19 versetzt. i C O G a Sn Nr. 72, zum Pr. Lt. befördert.

Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. Berlin, i : | ) stungsgefängnifses in Danzig, als Major mit Pension und der Uniform des Inf. Negts.

Nr, 82 der Abschied bewilligt,

__ Berlin, 7. Mai. Todt, Rittm. a. D, zuleßt Comp. Chef im Train-Bat. Nr. 14, die Erlaubniß zum Tragen der Uniform des Ulan. Regts. Nr. 16 ertheilt.

Berlin, 10, Mai. Müller IL, Sec, Lt, vom Inf. Negt.

Nr. 50, als halbinvalide mit Pension ausgeschieden und zu den Offizieren der Landw. Inf. übergetreten. Nonne, Major à la suite des Fuß-Art. Negts. Nr, 6 und Direktor der Geschoßfabrik in Sieg- burg, als Oberst-Lt. mit Pension und seiner bisher. Uniform, Pietsch, Major à la suite des Fuß-Art, Bats. Nr. 9 und Direktor der Art. Werkstatt in Straßburg i. E,, mit Pension nebst Aussiht auf An- stellung im Civildienst und seiner biéher. Uniform, v. Grolman, Sec, Lt. vom Train-Bat. Nr. 14, mit Pension und der Armee-Uni- form, der Abschied bewilligt.

T Deurtaubren rande Derlin 0 Mat v Below; Nittm. a. D,, zuleßt in der Garde-Landw. Kav, der Charakter als ‘Major verlichen.

XEFEL, (Königlih Württembergisches) Armee-Corps.

_ Ernennungen, Beförderungen und Versekßungen. Im aktiven Heere. 30, April. Prinz Herrmann zu Sawhfen-Weimar- Eisenach Hoheit, Gen. der Kav. à la suite der Armee, à la suite des Drag. Negts. Nr. 26 gestellt,

Kaiserliche Marine.

Srnennungen, Beförderungen, Versetzungen 2. Berlin, 5. Mai. v, Wiede, Vice-Admiral und Chef der Marine-Station der Ostsee, in Genehmigung seines Äbschiedsgesuches mit Pension zur Disposition gestellt.

Berlin, 7. Mai. Van felow, Lt. zur See, von der Stellung als Hafen-Kommandant von Kamerun entbunden. Graf v. Spee, Lt. zur See, zum Hafen-Kommandanten von Kamerun ernannt. Heer, Feuerwerks-Lt., zum Feuerwerks-Pr. Lt. befördert.

vom Inf. Negt.

Nichtamtliches.

__ Preufßzen. Berlin, 14. Mai. Jm weiteren Verlauf der gestrigen (29) Sißzung des Neichstages erklärte bei fortgeseßter zweiter Verathung des Geseßentwurfs, beireffend die Fürsorge für die Wittwen und Waisen von Angehörigen des Neichsheeres und der Marine, der Staats-Minister von Boetticher :

O folge der Auffordcrung des Herrn Vorredners fehr gern, um über die Stellung, die Seitens der Regierung in der von ihm gestellten Frage cingenommen wird, eine Auskunft zu geben, Ich kann diese Auskunft nit Namens der verbündeten Regierungen ertheilen, denn die verbündeten Regierungen haben in neuerer Zeit keinen Anlaß gehabt, fich mit der Frage der Neliktenbeiträge für Civilbeamte besonders zu beschäftigen und diese Frage zum Gegenstande ihrer Beschlußfassung zu inachen, Ich kann aber über die Auffassung der preußischen Regierung und über die Ziele, welche die Reichsverwaltung auf diesem Gebiete verfolgt, die Erklärung abgeben, daß, und zwar nicht blos zu dem Zwecke, um das Zustandekommen dieses Geseßes zu fördern, sondern auch aus all- gemeinen und insbesondere aus Billigkeitsgründen, bei uns die Auf- fassung vorwaltet, daß dahin gestrebt werden müsse, die Reliktenbei- trâge enkweder ganz oder doch wenigstens in dem Umfange abzu- \caffen, in welhem sie durch den vorliegenden Gesetzentwurf für „die Militärpersonen abgeschafft twerden sollen. Unsere Bemühungen werden fortgeseßt darauf gerihtet sein, dieses Biel zu _ erreihen. Jn dieser Beziehung hat \chon neulih mein preußischer Kollege, der Herr Finanz-Minister, unter den Auf-

gaben, welche durch die vermehrten Reichseinnahmen zu lösen sein werden, gerade diesen Punkt bezeichnet. Wenn die Reichéregierung bisher noch nit aftiver auf diesem Gebiete vorgegangen ift, so ist das, woran s{hon Hr. von Benda crinnerte, die Rücksiht auf die Verhältnisse in den Einzelstaaten, auf die Lage der NRelikten- geseßgebung in den Einzelstaaten und auf ihre finanzielle Situation. Darüber darf man sich ja nit täuschen, daß, wenn ein- mal das Reich die Reliktenleiträge abschaft, nothwendigerweise eine Nückwirkung auch auf die Budgets und die Gesetzgebung in den Einzelstaaten sih äußern muß. Die Verhältnisse liegen, wie gleich- falls Hr. von Benda hervorgehoben hat, in den Bundesstaaten fo verschieden und namentli in einzelnen Staat:-n so, daß die Regie- rungen dieser Staaten zur Zeit noch Anstand nehmen müssen, eine größere finanzielle Belastung ihrer Budgets durch die Abschaffung der MNeliktenbeiträge für die Landesbeamten eintreten zu lassen.

Das ist der einzige Grund, weshalb man auf diesem Gebiete zur Zeit noch nicht weiter gegangen ift; allein wir werden ja unsere finanzielle Situation durch die in der Berathung begriffenen Steuer- projekte bessern, wir werden dann auch zu der Hoffnung berechtigt sein, daß auf diesem Gebiete ein, wie auch von uns anerkannt wird, nahezu recht dringendes Bedürfniß seine Befriedigung findet. Wir \treben, wie gesagt, dahin, daß das baldmöglichst geshehen wird: allein, meine Herren, wir können nicht in Aussicht stellen, daß, wie es die Resolution des Hrn. von Benda erfordert, dies {hon in der nächsten Session geschehen wird. Ih gebe mi der Hoffnung hin, daß es möglich sein wird, schon in der nächsten Sefsionsperiode eine solche Vorlage zu mmahen. Ob abec diese Vorlage bis dahin alle Schwierigkeiten überwunden haben wird, 5b sie die Zustimmung der verbündeten Megierungen bis zur nächsten Session erlangen wird, das,- wie gescgt, ist eine Frage, die ich nicht mit voller Bestimmtheit heute zu ent- {eiden vermag. Jh glaube aber, der Reichstag und die cinzclnen Mitglieder des hohen Hauscs werden ih mit meiner Erklärung ge- nügen lassen können, und sie werden die Bedenken, die sie aus der differentielen Behandlung dexr Civilbeamten gegenüber den Militärbeamten rücksihtliÞ der Beitragspfliht etwa ableiten Éönnten, zurüstellen türfen, wenn sie von mir die wieter- holte Versicherung empfangen, daß die Reichsregierung und die preußische Regierung all ihren Einfluß und ihren Eifer dahin ver- wenden werden, um die Reliktenbeiträge entweder in toto oder doch pro parte abzuschaffen.

_Meine Herren, die verbündeten Regierungen begrüßen es mit

großer Freude, daß endlich die Meinungsverf Hiedenheciten, die si über dite Gestaltung des Militärreliktenwesens bisher herausgestellt haben, an der Hand der gegenwärtig zur Behandlung stehenden Vorlage thre Grledizung finden werden. Es liegt ihnen die Fürsorae für die Armeerelikten ganz besonders am Herzen und sie freuen sich, daß endlich) cine Basis gegeben is, auf welcher ein zu ihrem lcbhaften Bedauern bis dahin zurückgehaltenes Bedürfniß aun endlich seine ge- rechchte Befriedigung finden kann. : _ Der Abg. Baumbach bemerkte: Die Vorlage hätte {hon früher erledigt werden können, wenn die Regierungen den Weg betreten hätten, den die Mehrheit der Parteien vorge- schlagen. Die Offiziere follten den Beitrag nicht leisten können, weil sie mehr joziale Verpflichtungen hätten als die anderen Beamten. Das sei nicht richtig, die Civil- beamten seien ganz in derselben Lage. Sie bedürften au des Heirathskonsenses, freilih ohne daß sie cin hestimmtes Ver- mögen nachweisen müßten. Aber deshalb könne man doch die Stellung der Offiziere niht geseßlih vollständig anders ge- stalten, als die der Beamten. Der Offizier komme schon in sehr jungen Fahren zu einem reht ansehnlichen Einkommen, wie es in keiner anderen Karrier- vorkomme. Die Deutsch- freisinnigen ständen mit ihrer Auffassung von der Gleich- berechtigung aller Beamten jeßt ziemlih isolirt da, troßdem srüher sogar aus den Reihen der Neichspartei der Prinz von Schönaich-Carolath sih auf ihre Seite gestellt habe und von der konservativen Partei wenigstens ein: Beitrag von 1 Proz., vom Centrum von 11/, Prozent des Gehalts beantragt worden sei. Die Nationalliberalen hätten noch bis in die letzte Zeit hin- ein sih mit den Freisianigen auf den gleichen Boden gestellt. Er habe früher schon angedeutet, daß die Neliktenbeiträge auf die Dauer nicht erhoven werden könnten; aber er wisse, daß ihre Beseitigung jeßt nicht möglih sein werde. Die Resolu- tion des Abg. von Benda beziehe sih auf die unverheiratheten Reichsbeamten. Wenn man darnach verführe, so würden die unverheiratheien Civilbeamten eine Zulage von 3 Prozent erhalten, während die verheiratheten Kollegen weniger erhiel- ten, Die Erklärung des Ministers von Boetticher sei ja sehr wohlwollend, aber ohne den richtigen Nach- druck. Die Nationalliberalen stimmten nur unter der Bodinguno für die Vorlage, daß die zukünftige Negelung nah ihren Wünschen ausfalle. Welche Garantie hätten sle denn »afür? Wenn man eine solche Bedingung geltend machen wolle, dann müsse man die Vorlage doch so lange be- anstandea, bis diese Bedingung erfüllt sei. Für die Frei- nmnigen liege keine Veranlassung vor, ihren Standpunkt zu verlassen. Wenn die Regierung das Prinzip selbst aufgehe und nur die Konsequenz noch aufreht halte, daun sollte der Reichstag doch erst recht an jeinem Prinzip, der Gleichstellung aller Beamten, festhalten. Seine Partei stimme gegen die Vorlage aus Gründen, die früher auch die Gründe der Mehr- heit gewesen seien.

Der Abg. von Ellrihshausen sprach seine Freude darüber aus, daß durch dieses Geseß eine einheitlihe Regelung der Wittwen- und Waisenversorgung für die Angehörigen des Neichsheeres und der Marine herbeigeführt werde. «Fm Namen der RNeichspartei erkläre er, daß dieselbe für den Antrag von Benda stimmen werde, da es Aufgabe aller Parteien sei, die Lage der Unterbeamten zu verbessern. Durch die Annahme dieses Geseßes werde den Angehörigen Derer, welche in einem nächsten Feldzuge den Heldentod sterben sollten, ihr Schicksal erleichtert.

Der Abg. Freiherr von Huene meinte, nach dex Erklärung des Ministers von Boetticher könnte die Resolution wegfallen, da sie einen materiellen Werth nicht mehr habe. Auf die rage des Unterschieds zwischen den Offizieren und den anderen

eamten wolle er nicht eingehen; für ihn sei entscheidend, daß der Staat selbst von dem Offizier für den Fall dec Ver- heirathung ein Privatvermögen verlange. Damit sei aner: kannt, daß die Verheirathung auf Grund des Gehalts nicht erfolgen könne. Deshalb sei er für den Erlaß des Betrages und wünsche, daß die gleichartig gestellten Civilbeamten ebenso gestellt würden.

Der Abg. Hahn bemerkte, eine Verschiedenheit zwischen den Offizieren und Civilbeamten bestehe niht in dem Um-

fange, wie es behauptet werde. Die Lieutenants erhielten allerdings sehr früh ein etatsmäßiges Gehalt, aber sie müßten darum auch 10—12 Jahre länger Beiträge bezablen, als die Civilbeamten, welche erst im 30. Lebensjahre etwa eine etats- mäßige Stelle erhielten. Ebenso wie die unverheiratheten Offiziere beitragsfrei sein sollten, sollten au die unver- heiratheten Civilbeamten nah dem Antrage freigelassen werden. Das wäre eine Ungleichheit unter den Civilbeamten, die seine Partei vermeiden wolle dadurh, daß die Beiträge ganz auf- gehoben würden. Diese Aenderung solle so {nell als möglich erfolgen.

__ Der Abg. Kichter äußerte: Bei dem Reichsbeamtengesetß sei vom Reichskanzler die Erklärung abgegeben worden, daß er seinen ganzen Einfluß aufwenden werde, um die Ungleich- n der Besteuerung der Beamten für die Kommune zu be- eitigen. Gleichwohl sei das bis jeßt noch nicht geschehen. Dieser Vorgang sei sehr bedenklih. Der Unterschied zwischen Militär- und Civilbeamten sei doch vorhanden. Der Umstand, daß die Letzteren erst in späterem Lebensalter in eine ctats- mäßige Stellung kämen, sei ebenso gut ein Hinderniß für die Eheschließung wie der Vermögensnachweis für die Offiziere. Der Antrag des Abg. Hahn bedeute eine \ca- blonenhafte Erhöhung der Gehälter aller Beamten um 3 Prozent. Eine jolche Erhöhung der Gehälter der höchsten Beamten halte er nicht für nothwendig. Wenn das Geld vorhanden sei, sollte es in stärkerem Maße für die unteren Beamten verwendet werden. Deshalb stimme er gegen die Resolution des Abg. von Benda, wie gegen die von dem Abg. Hahn vorgeschlagene Aenderung derselben.

__ Der Abg. von Köller bemerkte: der Abg. Nichter wende sich jeßt gegen eine schablonenhafte Erhöhung der Gehälter, troßdem er doch sonst selbst shablonenhaft verfahre. Die Er- höhung in Folge des Fortfalls der Beiträge würde aber für die höchsten Beamten gar niht mehr drei Prozent betragen, da Gehälter nur bis 9000 s beitragspflichtig seien, der Bei- trag für einen Minister belaufe sih also nicht auf ca. 1000 #,

jondern nur auf 270 M

Der Abg. von Bennigsen bemerkte, er habe allerdings in der Kommission gesagt, wenn der von ihm eingebrahte An- trag auf sofortige Gleichstellung der Civil- und Militärbeamten zu §. 4 abgelehnt würde, dann würde er zunächst in der Kommission gegen den lezten Absatz des §. 4 stimmen und dice Abstimmung über die einzelnen Paragraphen und über das Ganze in der Kommission und im Plenum sich vor- behalten. Dabei sei nach seiner damaligen Auffassung vor- zugsweise entscheidend gewesen, welche Stellung die verbündeten Regierungen zu dex Resolution von Benda und zu seinem Antrag hinsichtlich einer Gleichstellung der Civil- und Militärbeamten einnehmen würden. Nun habe man heute eine Ertlôrung des Staatssekretärs von Boetticher gehört, die gar nicht bestimmter hätte ausfallen fönnen, sowohl Seitens der preußischen Regierung, als der Reichs- verwaltung darunter verstehe er eine Ermächtigung des Neichskanzlers als des verantwortlichen Vertreters der Reichs- verwaltung wenn ein formeller Beschluß noch gar nicht gefaßt, eine Jnstruktion für die Vertreter der Einzelstaaten noch nit vorhanden, die Frage im Bundesrath noch gar nicht zur Erörterung gekommen wäre. So bestimmt sei diese Er- klärung gegeben, wie es in der heutigen Lage überhaupt mög- lich gewesen. Nun, der Abg. Baumbach, der übrigens in dieser ¿Frage der vollständigen Aufhebung der Reliktenbeiträge fich in einem merkwürdigen Gegensaß zu dem Abg. Nichter befinde, habe nicht blos in der Kommission, sondern auch heute aus- geführt, daß es dringend wünschenswerth und auch wohl aus- führbar sei, daß die Reliktenbeiträge überhaupt nachgelassen würden, wie es auch schon in den verschiedenen deutschen Siaaten, namenilih einer ganzen Reihe kleiner thüringischer Staaten geschehen sei. Was da möglich gewesen sei zur Be- friedigung eines dringenden Bedürfnisses, könnte ebenso gut auch im Reiche, in Preußen und in den großen Staaten gewährt werden. Der Abg. Richter halte das für eine s{hablonenmäßige, ungerechte Erhöhung von Gehältern und habe nun das Un- glüdck, erleben zu müssen, daß ihm soeben nachgewiesen sei, daß er die Bestimmung in demselben 8. 4 wenige Zeilen vor- her übersehen habe, daß üb:r 9000 M hinaus eine Beitrags- piliht Seitens der Gehälter gar nicht bestehe. Bei dieser Lage der Sache hätte der Abg. Baumbach seine Angriffe gegen die Nationalliveralen füglih unterlassen sollen. Es scheine fast, es jei thm mehr darum zu thun, diese Gelegenheit zu benußen, um die Nationalliberalen in Widersprüche zu verwickeln und ihuen den Wöhlern gegenüber angebliche politische S, wachheiten nachzuweisen, als dieses Gesetz fertig zu stellen. Hätte er das Leßtere vor Augen gehabt und nit wesentlich das Erstere, wie hätte er dant verfahren müssen? Dann hätte er hier nicht erklären müssen, daß die so bestimmte und so weit gehende Aeußerung des Staatssekretärs

eigentlih gar feinen Werth habe und nur eine allgemeine

Sympathiebezeugung zu den Absichten des Abg. von Benda und zu seinem (des Redners) Antrage sei. Nein, roenn es ihm um die Sache zu thun gewesen wäre, um den Relikten des Militärs das Geseß zu sichern, und zugleih in baldiger Zukunft auch dafür zu sorgen, daß eine vollständige G.eichstellung der Civil- und Militärbeamten her- beigeführt würde und daß beiden so bald als möaliqch die Beiträge ganz erlassen werden sollten, dann müßte er die weit- gehenden Erkläcungen des Staatssekretärs dankend acceptiren und den Minister möglichst festhalten bei seinen Aeußerungen ihnen einen möglichst starken und bedeutungsvollen Inhalt zu geben und diesen Jnhalt zu konstatiren. Wenn das nicht ge- schehen, so habe es wohl gegolten, die nachbarliche Fraktion bei dieser Gelegenheit mit Angriffen zu bedenken. Er be- dauere, daß es nichl gelungen sei, in diesem Augenhlick wegen ungenügender Vorbereitung bei den Regierungen und wegen finanzieller Bedenken, die zum Theil noch vorhanden zu sein shienen, eine vollîändige Gleichstellung der Militär- und Civil- beamten an der Hand dieses Geseßzes {hon herbeizuführen. Jm Prinzip sei die Gleichstellung jeßt in der Militärvorlage anerkannt, für einen Theil derSubalternoffiziere sei ein gewisser Uebergangs- zustand in Aussicht genommen, den in vollständige Gleichheit

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