1887 / 113 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 16 May 1887 18:00:01 GMT) scan diff

die in Angelegenheiten der Polizeiverwaltung zu erlassenden Zahlungsordres und die Verhängung von Disziplinarstrafen gegen Polizeibeamte nah Maßgabe des §. 58 al. 1—3 der Städteordnung von der jedesmaligen Mitwirkung des Magistratsdirigenten abhängig bleiben müssen. Dagegen kann es nicht für zulässig erahtet werden, zu bestimmen, daß das e Magistratsmitglied die Ortspolizeiverwaltung unter der Aufsicht des Bürgermeisters zu führen habe und daß dem Letteren die Generalien, Personalien und die Arbeitsver- theilung vorbehalten bleibe.

Auf Allerhöchsten Befehl findet die Besichtigung des Lehr-Jnfanterie-Bataillons am Dienstag, den 17, Mai, um 111/, Uhr Vormittags, das Stiftungsfest des\elben am 2. Pfingstfeiertage, Montag, den 30. d. M., statt.

Der General der Kavallerie unt Chef der Land- Gendarmerie, von Rauh, hat eine Dienst-eise nah Westfalen angetreten.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Bürgermeister der freien und Hansestadt Hamburg, Dr. Versmann, ist hier angekommen.

Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren: Dr. Rosenstein, Dr. Löwenmeyer, Dr. Nemig, Dr. Moll und Dr. Albrecht, \ämmtlich in Berlin, Dr. Dumrath in Stral- A Dr. Zachariä und Dr. Wiesinger in Göttingen, Aue in Borsum.

.— Der Dampfer „Salier“ mit dem Ablösungs- fommando für S. M. Kreuzer „Albatroß“ ist am 14. Mai cr. in Aden eingetroffen und an demselben Tage wiedex in See gegangen.

Potsdam, 15. Mai. (W. T. B.) Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz ist heute früh auf der Wildpark-Station eingetroffen und hat Sich von dort zu Wagen nah dem Neuen Palais begeben.

Württemberg. Stuttgart, 14. Mai. (W. T. B.) Der König ist von seinem Aufenthalt in Nizza heute hier eingetroffen und feierlich empfangen worden.

16. Mai. (W. T. B.) Der „Staats-Anzeiger für Württemberg“ schreibt bezüglih der Rückehr des Königs aus Nizza: Der Extrazug habe behufs Vermeidung des Gotthardtunnels, dessen Passirung dem König stets besondere Athemnoth verursahe, den Weg über Marseille und Genf genommen. Der Winteraufenthalt habe guten Einfluß auf das Befinden des Königs gehabt, doch seien die mannigfachen traurigen und aufregenden Ereignisse, welche den König im vergangenen Winter betroffen hätten, niht ohne NRüewirkung auf seine Gesundheit geblieben, weshalb sich der König auh künftig Schonung aufzuerlegen genöthigt sei.

2 Vaden. Baden, 15. Mai. (W. T. B.) Fhre Majestät die Kaiserin ist gestern Abend hier eingetroffen. Allerhöchstdieselbe wohnte heute dem Gottesdienste bei.

Oesterreih-Ungarn. Wien, 14. Mai. (Wien. Abdp.) Das Abgeordnetenhaus führte heute die Spezialdebatte über den Untecrichts-Etat zu Ende und genehmigte sämmtliche zur Verhandlung gelangten Titel unverändert nah den Aus- schußanträgen.

Pest, 14. Mai. (Wien. Ztg.) Jn der heutigen Sizung des Abgeordnetenhauses überreichte der Minister Baross einen Geseßentwurf über die der Ungarisch-galizischen Eisenbahn- Gesellschaft behufs weiterer Jnvestitionen zu gewährende Staats- garantie. Derselbe wurde an den Finarzaus\chuß zur beschleunigten Berichterstattung gewiesen. Hierauf folgte die Berathung des Quotengesetßes, welches Referent Hegedüs zur Annahme empfahl. Enyedy lehnte die Vorlage vom Standpunkt der äußersten Linken ab. Eugen Gäáal erklärte sch zwar für die Vorlage Namens der gemäßigten Opposition, knüpfte jedoh an seine diesbezügliche Erklärung eine abfällige Kritik des Vorgehens der Quoten-Deputation in der Frage des zwei- prozentigen Präzipuums. Hierauf ergriff der Ministerpräsident von Tisza das Wort, um auf die gegnerischen Einwürfe zu antworten. Schließlih sprach noch Orban gegen die Vor- lage, welche hierauf im Allgemeinen und Speziellen ohne weitere Diskussion votirt wurde. Nur die äußerste Linke stimmte dagegen.

Schweiz. Bera, 15. Mai. (W. T. B.) Das Alkohol- Geseg mit dem Bundes-Monopol für den Verkauf von gebrannten Wassern ist in der heu:e stattgehabten Volks- abstimmung mit 252791 gegen 127 474 Stimmen ange- nommen worden.

Belgien. Erüssel, 14. Mai. (W. T. B.) Dem „Peuple“ zufolge ist eine von angeblih 10 000 Arbeitern füx morgen in Braine le Comte (im Hennegau) beabsichtigt gewesene öffentliche Kundgebung, zu der die Erlaubniß vom Bürgermeister bereits ertheilt worden war, wieder ver- \choben worden.

Großbritannien und Jrland. London, 14. Mai. (W. T. B.) Die Königin hat heute Nachmittag, umgeben von den Prinzen und Prinzessinnen, das imposante, „Pa last des Volks“ genannte Gebäude, das im volkreihen Mile- End, im äußersten Osten Londons, gelegen ist, feierlich eröffnet. Der Königliche Zug bewegte sh dur die Stadt vom Paddington-Bahnhof bis Mile-End unter enthusiastishen Zurufen einer ungeheueren Menschenmenge. Die Straßen und Häuser waren beflaggt und ges{chmüdckt; 10 000 Freiwillige und 5000 reguläre Truppen bildeten Spalier. Das Wetter war prachtvoll.

_ Frankreich. Paris, 14. Mai. (W. T. B.) Die äußerste Linke beschloß heute mit 35 gegen 4 Stimmen, bei 6 Stimmenthaltungen, die von der Budget-Kom- mission vorgeschlagene Tagesordnung anzunehmen.

Jn der Deputirtenkammer wurde die Berathung der Zudckersteuer-Vorlage fortgeseßt.

-—— 15. Mai. (W. T. B.) Bei den heutigen Stichwahlen zum Pariser Gemeinderath wurden 13 Autonomisten, 12 Opportunisten, 5 Sozialisten und 1 Konservativer gewählt.

gm Departement Cher wurde der Radikale Pau- [iat mit 348 Stimmen gegen den Konservativen Marquis Vogué, welcher 334 Stimmen erhielt, zum Senator gewählt.

Griechenland. Athen, 14. Mai. Ein Telegramm des „Reuter’shen Bureaus“ meldet: Der General- E von L Trt die Deputirtenversamm- ung eröffnet. Die christlihen Mitglieder der Ver- sammlung erhoben eine Reihe von Beshwerden und er-

klärten, an den Berathungen nicht theilnehm en zu wollen, so lange denselben nicht abgeholfen sei.

Rumänien. Bukarest, 14. Mai. Kaiserin von Oesterreich ist heute Vormittag inSinaja eingetroffen. Dieselbe wurde auf dem Bahnhofe von dem und der Königin empfangen und in das Schloß

15. Mai.

(W. T. B.)

(W. T. B.) Die Königin von Serbien hat gestern Abend Bukarest verlassen, wird heute in Jassy eintreffen und am Montag nah Rußland abreisen.

(W. T. B.) Die Kaiserin von Dester- reich is gestern nah zweitägigem Aufenthalt im Schloß Pelesh von Sinaja wieder abgereist. Königin gaben der Kaiserin bis nah Predeal das Geleit und verabschiedeten sih dort auf das Herzlichste von derselben.

Belgrad, 14. Mai. Minister-Präsident Garaschanin hat die Namens des Kabinets eingereihte Demission zurückgezogen. Kabinet bleibt sonach unverändert.

Rußland und Polen.

16. Mai. Der König und die

Serbien. (W. T. B.)

St. Petersburg, 15. Mai. (W. T. B.) Wie hiesige Blätter melden, ist die Frage betreffs der Erhöhung der Paßsteuer für Reisende nah dem chsrath auf neue Schwierigkeiten ge- stoßen, weshalb die Erhöhung so bald niht zu erwarten fein

) (W. T. B.) Der Kaiser, die Kaiserin, der Großfürst-Thronfolger und der Großfürst Georg sind gestern nah Südrußland abgereist.

New-York, 14.-Mai. Friedrih Leopold von Preußen hat: heute auf dem

Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Eider“ die Rückreise nah Europa angetreten.

Auslande im Rei

16. Mai.

Amerika. (W. T. B.) Prinz

HZeitungsfstimmen.

Der „Reichsbote“ bemerkt zu dem Aufruf, welchen die freisinnigen Reichstags-Abgeordneten gegen cine Erhöhung der Getreidezölle erlassen habe :

Erstlih is es unwahr, daß die Zölle auf landwirthschaftliche Produkte eine Belastung der nothwendicen Lebensmittel und eine von dem deutshen Volk zu tragende Steuer bedeuten. weder die Getreidepreise noch die Brodpreise erhöht; die Zölle find also auch nicht eine Steuer, welche das deutshe Volk zu tragen hat, sondern welche bisher das Ausland und die Händler an uns bezahlen müssen, welche ihre landwirthschaftlichen Produkte nach Deutschland einführen wollen. Zweitens ist es unwahr, daß die Zölle ausshließlich dem Großgrundbesiß zu gute kommen; sie nüßen vielmehr jedem, der Land- wirthschaft treibt. Nicht die Zölle bestimmen den Preis der Lebensmittel, sondern der Zwischenhandel, wie die Thatsache beweist, daß die Lebens- mittel, wenigstens in den Städten, troß der niedrigen Getreide- und Viehpreise nicht billiger geworden sind. Die Zölle drücken also auch nicht die Arbeiterbevölkerung, wohl aber drückt es dieselbe, wenn die freihändlerishe Konkurrenz mit auswärtigen Produften ihr die Arbeit und den Verdienst wegnimmt und die landwirthschaftliche Bevölkerung verarmt, so daß sie dem Handwerker und Krämer nichts abkaufen Der Freihandel nüt{*aur dem Großhandel und dem Schacherer, der mit allem handelt, was sh nicht wehrt, und der die Noth der Arbeiter und Bauern durch den Wucher ausbeutet. geradezu komish, wenn die Freihändler sih der deutshen Industrie chutzölle anbieten. Viertens ist es That- sache, daß der Freihandel die deutsche Arbeit an den Rand des Ban- kerotts gebracht, daß die Schutzollpolitik sie aber wieder emporgehoben und es ihr au) dur die innere Stärkung möglih gemacht hat, durch ihre besseren Leistungen sich den Weltmarkt in früher nie dagewesenem Wahrend in der Freihandelsperiode die dbeut- schen Waaren sich unter eigener Firma koum hinauswagten, sondern immer unter englischer oder französischer ¿Firma in die Welt gingen, geben sie seit 1878 unter deutschem Namen hinaus und haben in von Sahr zu Jahr steigendem Maße sogar die englischen und französischen Wenn von ciner Gefahr für die deutsche rbeit geredet werden soll, so fann sie nur kommen von einer Rickkehr Freihandelspolitik.

Die Zölle haben

Drittens ist es

als Beschütßzer gegen die S

Umfange zu erobern.

vielfah verdrängt. überwundenen

hen und sachli@ ohne Partcivorurtheil zu denken vermag, längst sehen und deshalb wird es auf diefe freihöndlerischen Lockrufe Die Herren könnten sich die Mühe sparen. Furt vor ven Zöllen, die das Ausland zahlen muß, \{chreckt das Volk, sondern die Furt vor den Aufschlägen, welche ihnen die Schacherer und Hausirer machen, von denen es, Dank der mancheste::- lichen Freiheiten, nothgedrungen seine Waaren kaufen muß. die Herren den armen Leuten helfen, dann mögen sie uns in der Be- fämpfung des unreellen Zwischenhandels, des Schacher-, Wucher- und Haufirerthums unterstützen; denn das sind die Elemente, welche das Volk aussaungen.

Die „Magdebur den Schluß der Session des

.. Und doch hat auch diese stille Session die materielle Wohlfahrt des Landes an wesentlihen Punkten gefördert. Wir rechnen dahin vor Allem die Segnungen, welche die Sekundäcbahn-Vorlage wiedcrum weiten Strichen unseres engeren Vaterlandes gebracht hat. Wie man auch über die Verstaatlihung der Eisenbahnen denken mag, daë wird Niemand bestreiten können, daß eiy Ziel, wie es sich die preußische Eisenbahnverwaltung bei dem weiteren Auébau des Eiseri- bahnnegtes gejtellt, ein Ziel, bei dem niht auf die Rentabilität der einzelnen Linien, sondern auf die Frage das Hauptgewicht gelegt 1e, bisher nur wenig prosperirende Theile Hauptadern zu bringen und auch ihnen somit die Theil- nahme an den Vortheilen einer sih hebenden Kultur zugänglih ¿u machen, von Privatverwaltungen niemals angestrebr ist und billiger- weise auch niht angestrebt werden konnte. ch die Ausdehnung der Verwaltungsreform auf die Rhein- provi:1z wird man als einen Fortschritt anerkennen mü}

Gbenso wenig können wir dem Gesetze, welches das haus noch in seinen leßten Sißungen beschäftigt, dem Kreistheilungs- unsere Zustimmung versagen. administrativer und wirthschaftlihec Art zu Grunde; es

Charakter,

nicht hören.

ische Zeitung“ schreibt über andtages :

wurde, gerade abge! Vaterlandes lebens in Verbindun

Abgeordneten- Demselben liegen Motive

Wirksamkeit i ( Propaganda en. Es dient uns als Beweis dafür, daß Deutschthums ergriffenen Maßregeln mit Entschiedenheit und keit, welche die Politi früherer Jahre an diesen Stellen leider hatte vermissen lassen, zur Durchführung gelangen werden. Kampfesmaßregeln gegen unsere polnishen Mitbürger. mögen ihre Sprache und ihre Nationalität auch fernerhin bewahren, aber sie sollen sih auch als Glieder des preußischen Staates fühlen [ernen und geschüßt werden vor einer gewi}senlosen Agitation, welche, indem sie dem Phantom eines selbständigen Polens nachjagt, u mit revolutionären Bewegungen in seinen Östmarken

die zum Schutze des

Es sind keine

Vaterland bedroht. . ..

Ueber denselben Gegenstand äußert der „Hann o- versche Courier“:

Der preußische Landtag is nach einec Tagung von vier Monaten So ruhig und friedlich ist seit dem Bestehen der

ge\chlossen wor

Verfassung noch keine Landtagssession in Preußen verlaufen, wie die soeben beendete. Am 15. Januar einberufen stand der Landtag voll- fommen unter dem Einfluß der alle Kreise auf das Tiefste erregenden Wahlen zu dem Reichstage. Die Berathungen des Staatshaushalts, welhe sonst immer den Anlaß zu einem erregten Aufeinander- plaßen der Geister boten und viele Tage in Anspruch zu nehmen pflegten, wurden diesmal mit einer beispiellosen Gleichgültigkeit auf allen Seiten des Hauses geführt und in wenigen Stunden erlebt. Die Wortführer der Parteien, durhch die Wahlbewegung bollklommen in Anspruch genommen, ließen si nur selten im Abgeordnetenhause blicken, und entbehrten daher die Debatten jedes tiefer gehenden Interesses. Erst nachdem die Wablen beendet waren, begann im Landtage sich eine regere Thätigkeit zu entfalten.

Von den Aufgaben höherer Ordnung, welche zu erledigen waren, ist die kirhenpolitishe Vorlage in erster Linie zu nennen. Durch die Kundgebung des Paostes zu Gunsten des Geseßentwurfes war dem Centrum die Stellung vorgezeichnet, welche es in dieser Angelegenheit einzunehmen hatte. . . . Der Entwurf ist nach den Abänderungen des Herrenhauses Geseß geworden, und darf der Kampf mit Rom damit als abgeschlossen betrachtet werden, d. h. so lange der gegen- wärtige Papst unter den Lebenden weilt. .

Die von dem Landtage erledigten wirthschaftlihen, \ozialpoli- tishen und anderen Vorlagen waren vorwiegend bestimmt, bereits vorhandene Einrichtungen weiterzuführen, wie u. A. die Ausdehnung der Unfallversicherung auf die land- und forstwirthschaftlicben Arbeiter, welche, im Gegensaß zu den industriellen Berufsgenossenschaften, unter Rücksichtnahme auf die eigenthümliche Stellung dieser Gewerbe nah Kreisen und Provinzen geordnet worden ist. Die Verwaltungsreform wurde auf die Rheinprovinz ausgedehnt, unter angemessener Berücksichtigung der am Rhein vorherrschenden besonderen Verhältnisse. Wenn dabei die liberalen Gesichtspunkte, unter denen die Verwaltungsreform in den siebziger Jahren ins Leben gerufen wurde, auch niht in dem er- wünsch{chten Maße zur Geltung gekommen sind, so ist es doch immerhin erfreulich, daß die rheinländishe Bevölkerung endlich auh zur Mit- wirkung bei der Verwaltung der Kreise wie der Provinz herangezogen wird und ihren Sinn für eine gesunde bürgerlihe Freiheit und Unabhängigkeit bethätigen kann. /

Auch das Staats-Eisenbahnwesen hat in der Session eine Er- weiterung erfahren; der Landtag hat den Ankauf einiger kleineren Linien genehmigt und die Mittel bewilligt, damit der Staat verschie- dene für den Lokalverkehr wichtige Bahnen zur Ausführung bringen fönne. Es gehören diese Anlagen zu der folgerihtigen Entwickelung der Eisenbahnverstaatlihung; denn Privatgesellschafsten werden sih niemals dazu verstehen, Bahnen zu bauen, welche sich von vornherein als nicht gewinnbringend herausstellen. Aber dec Staat darf nicht sowohl den Gewinn aus der einzelnen Linie ins Auge fassen, als viel- mehr den wirthschaftlihen Werth derselben für die Gesammtheit. Nach dieser Richtung liegt der große Segen, welcher dem Lande aus der Verstaatlichung erwächst und der. selbst diejencgen niht mehr in Abrede zu stellen wagen, welche die leidenschaftlihsten Gegner des {S bergangs der Cisenbaënen an den Staat gewesen sind.

Die im vorigen Jahre beschlossene Germanisation der polnischen Provinzen ist durch die neue Kreiseintheilung in Posen und West- preußen um einen guten Schritt vorwärts gekommen; denn nunmehr werden die deutschen Beamten in ihrem um so viel kleineren Wir- kungskreise die Bestrebungen zur Entpolonisirung jener Landestheile mit größerem Nachdruck fördern können. Die Herbeiziechung deutscher An- siedler muß. dabei mit der Hebung des Schulwesens Hand in Hand gehen. Gerade in der Velksschule haben die Polen den Hebel an- gesetzt, das Deutschthum ¿u verdrängen, und wie sehr es ihnen in wenigen Jahren gelungen ist, haben die Verhandlungen des Landtages im vorigen Jahre gezeigt.

Ein hochwichtiger Gesetzentwurf betraf die Leistungen füc die Volksschulen, welcher der unmittelbaren Anregung des Fürsten Bismark \zin Entstehen verdankt. .

Non den weiteren Arbeiten des Landtages sei noch die Erneuerung des Vertrages mit Waldeck erwähnt. Das kleine Fürstenthum ist olne den Zuschuß von Preußen nicht im Stande, seine Pflichten gegen a3 Reich zu erfüllen, und nichts wäre daher natürlicher, als daß es alt Kreis dem preußishen Staatsverbande einverleibt würde. Aber gegen diese natürliche Lösung eines unhaltbaren Zustandes sprechen zur Zeit noch höhere Rücksichten. Man will auch den Schein ver- meiden, als strebe das große Preußen darnach, die Kleinen aufzusaugen. Zunächst genügt auch, daß die waldecks{che Stimme im Bundesrath vo Preußen geführt wird. . ..

Jn einem „Die Jsolirung des Freisinns“ überschriebe- ven Artikel sagt die „Post “:

Zu den beimerkenëwerthesten Erscheinungen auf dem Gebiete des varlamentarishen Lebens gehört unfraglich die stetig zunehmende JIso- lirung der freisinnigen Partei. Während sie im leßten Reichstage den Kern des cinen Flügels der demokratisch-ultramontanen Mehrheit

* bildete und in manchen wirthschaftlihen Fragen auch enge Berührung

mit den Nationalliberalen hatte, löst #sich dicse Verbindung nah beiden Seiten mehr und mehr. Dies tritt nicht nur gegenüber der Branntweinsteuer - Vorlage, bei welcher Nationalliberale wie Ultramontane den negativen Stand- vunkt des Freisinns auch nicht entfernt theilen, sondern wicd auch durch die weiteren Verhandlungen der letzten Tage drastish klar- gestellt. Die Handwerker- und Innungsfrage hatte bisher einen der- jenigen Punkte gebildet, bei denen die Freisinnigen und National- liberalen zusammengingen und zwar nicht blos in der Abwehr extrem zünftclerisher Bestrebungen, sondern auch im Gegensaße zu den auf Stôrkung und Ausbildung der fakultativen Innung gerihteten Ten- denzen. Diese mehr negative Auffassung wurde zwar keineswegs von allen nationalliberalen Politikern getheilt, und insbesondere hatte Hr. SMiquck stets einen positiven Standpunkt vertreten. Allein in der Zeit des parlamentarischen Interregnums der Parlei waren die alten manchester- lichen Auffassungen mehrals gut vorherrschend geblieben, Miquel's Rede zu der Jnnungsvorlage läßt erkennen, daß cs ihm gelungen ist, den bisher vorherrschenden Doktrinarismus in der Partei zu überwinden und seiner eigenen realpolitischen Auffassung Geltung zu verschaffen... Die JIsolirung nah der Richtung des Centrums trat sodann besonders \charf bei dem Militär-Reliktengeseß hervor. Hier hatte das Centrum sich von Anfang an noch entgegenkommender verhalten, als die Nationalliberalen. Bei der zweiten Lesung im Plenum vereinigte \ich dasselbe mit ven Nationalliberalen, um das leyte der Geseße zur besseren Versorgung der aus dem Dienst geschiedenen Funktionäre und der Hinterbliebenen zu Stande und damit eine soztalpolitish loch- wichtige Maßregel zum Abschluß zu bringen. Obwohl es sich um die Beseitigung einer {weren Unterlassungssünde handelte und in der nah Lage der Sache denkbar positivsten Form_ von dem Staatssekretär von Boetticher die Gleichheit zwischen den Subaltern- Offizieren und den geringer besoldeten Beamten in Aussicht gestellt wurde, verharrte der Freisinn doh auf dem völlig ablehnenden Stand- punkte und isolirte sih so au in dieser Frage gänzlich. Doch nein. So völlig die Vereinzelung nah der Seite der positiven Parteien au war, so_ blieb vem Freisinn doch in beiden Fällen die Unter- stüßung der Sozialdemokraten. Hand in Hand fordecn \o die Herren Richter und Hasencliever ihr Jahrhundert in die Schranken.

Landtags - Angelegenheiten.

Die dur Königliche Verordnung vom 3. Januar 1887 einbe- rufenen beiden Häuser des Landtages haben seit dem 15. Januar d. J. getagr. In dieser Zeit hat das Herrenhaus 17, das Haus der Abgeordneten 5% Plenar-Sitzungen abgehalten, Dem Landtage sind Seitens der Königlichen Staatsregierung, abgesehen von Berichten, Denïschriften, Uebersichten und Rechenschaftsberichten, zugegangen und zwar zunächst dem Herrenhause:

1) und 2) Entwürfe einer Kreisordnung sür die Rheinprovinz und eines Gesetzes über die Einführung der Provinzialordnung vom 20, Iuni 1875 in dieser Provinz.

3) Gesetzentwurf, betreffend die Feststellung der Leistungen für Volksschulen.

4) Gesetzentwurf, betreffend die Aufhebung des §. 95 des Hannoverschen Gescßes vom 13. April 1836 über die Ablösbarkeit des Lehnsoerbandes, die Verhältnisse bleibender Lehne und die Er- richtung von Fam:lien-Fideikommissen. i : Bud 5) GeseBentwurf, betreffend die Aufhebung des Amtsgerichts in

uckau.

6) Gesetzentwurf, betreffend die Heranziehung der Fabriken 2c. und Präzipualleistungen für den Wegebau in der Provinz Sachsen.

: 7) Gesetzentwurf, betreffend die Errihtung eines Amtsgerichts

in der Stadt Trebbin. ;

L 9 Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung von Amtsgerichts- ezirken.

Ges 9) Gesetzentwurf, betreffend Abänderungen der kirchenpolitischen ejeße. :

10) Gesetzentwurf, betreffend die Vertheilung der öffentlichen Lasten bei Grundstückstheilungen und die Gründung neuer Ansiedelungen in der Provinz Hannover. : :

11) Entwurf einer Haubergordnung für den Dillkreis und den Ober-Westerwaldkreis. ;

12) Gesetzentwurf über das Bergwerkseigenthum in den chemals Gas und Landgräflich hessischen Gebietstheilen der Provinz essen-Nassau. : 13) Entwurf einer Landgüterordnung für den Regierungsbezirk

Kassel, mit Ausnahme des Kreises Rinteln.

Zunächst dem Hause der Abgeordneten gingen zu:

14) Geseßentwurf, betreffend das Verfahren und das Kostenwesen bei der Güterkonsolidation im Regierungsbezirk Wiesbaden, mit Aus- nahme des Kreises Biedenkopf und der durch die Kreisordnung vom 7, Juni 1885 (Gesez-Sammlung S. 193) mit dem Regierungsbezirk Wiesbaden vereinigten Gemeinden. :

15) und 16) Gesetzentwürfe nebst Staatshaushalts - Etat für 1. April 1887/88, betreffend die Feststellung des Staatshaushalts- Etats für das Jahr vom 1. April 1887/88 und betreffend die Er- gänzung der Einnahmen in dem Staatshaushalts-Etat für das Jahr vom 1. April 1887/88, und ;

17) und 18) Geseßentwürfe nebst Nachtrags-Etat für 1, April 1887/88, betreffend die Feststellung eines Nachtrags zum Staats- haushalts-Etat für tas Jahr vom 1. April 1887/88 und betreffend die Ergänzung der Einnahmen in dem Nachtrage zum Staatshaus- halts-Etat für das Jahr vom 1. April 1887/88. -

19) Gesetzentwurf, betreffend die Aufhebung mehrerer älterer Verordnungen über das Feuerlöshwesen in der Provinz Schlesien.

920) Gesetzentwurf, betreffend die Abgrenzung und Organisation der Berufsgenossenschaften auf Grund des §. 110 des Reichsgeseßes über die Unfall- und Krankenversicherung der in land- und forstwirth- schaftlichen Betrieben beschäftigten Personen vom d. Mai 1886. (Reichs-Gesctblatt S. 132.)

21) Gesetzentwurf über das Verfahren bei Vertheilung von Immobiliarpreisen im Geltungsbereiche des Rheinischen Rechts.

22) Gesetzentwurf, betreffend die weitere Herstellung neuer Eisen- bahnlinien für Rechnung des Staats und sonstige Bauausführunagen auf den Staats-Cisenbahnen. :

23) Geseßentwurf, betreffend den weiteren Erwerb von Privat- Eisenbaÿnen für den Staat. i

24) Gesetzentwurf, betreffend die Verlängeruug der im §. 7 des Gesetzes, betreffend Ergänzung und Abänderung der Bestimmungen über die Aussonderung des steuerartigen Theils aus den sogenannten stebenden Gefällen in der Provinz Schleswig-Holstein vom 25. Mai 1885 (Gesetz-Samml. S. 170), festgeseßten Frist.

95) Geseßentwurf, betreffend (Frgänzungen des Ausführungsgesehes, von 24. April 1878, zum deutschen GerichtsverfassungsgeseBß.

26) Gesetzentwurf, betreffend das Theilungsverfahren und den N Nerkauf von Immobilien im Geltungsbereich des Rheinischen Rechts. 5

27) Gesetzentwurf über die Aufhebung des Frankfurter Gefeßes vom 1, November 1846, die Breite der Nadfelgen des Lastfuhrwerks betrefferd. (Geseßz- und Statuten-Samml. der Freien Stadt Frank- furt, Band VIII. S. 182/183). :

98) Gesetzentwurf, betreffend Abänderungen der Kirchengemeinde- und Synodalordnung für die Provinzen Preußen (Ost- und _West- preußen), Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien und Sachsen vom 19, September 1873 und der General-Synodal-Ordnung für die evangelishe Landeskirche der aht (neun) älteren Provinzen der Monarchie vom 20. Januar 1876. _ L i

99) Gesetzentwurf, betreffend die Kantongefängnisse in der Rhein- provinz. O

30) Gesetzentwurf, betreffend die Theilung von Kreisen in den Provinzen Posen und Westpreußen. : |

31) Gesetzentwurf, betreffend die Fürsorge für Beamte în Folge von Betriebsunfällen.

32) Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung der Verordung vom 17. Márz 1839, betreffend den Verkehr auf den Kunststraßen (Geseß- Samml. 1839 S. 80) und der Kabinetsordre vom 12. April 1840, betreffend die Modifikation des §. 1 der Verordnung vom 17. März 1839 wegen Verkehrs auf den Kunftstraßen (Gesez-Samml. S. 108).

33) Vertrag mit Waldeck über die Fortseßung der Verwaltung der Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont durch Preußen. :

Alle vorangeführten Gesetzentwürfe und Vorlagen haben die Zu- stimmung beider Häuser des Landtages gefunden. Nur ein von der Königlichen Staatsregierung dem Hause der Abgeordneten zugesandter Gesetzentwurf, betreffend die Gewährung einer Staatsbeihülfe an die Rheinische Provinzial-Hülfskasse für die Rheinprovinz behufs Hebung des Grundkrediis, ist in demselben unerledigt geblieben. Dagegen hat die Zustimmung beider Häuser des Landtages noh der aus der Jni- tiative des Hauses der Abgeordneten hervorgegangene 34) Gesetzentwurf, betreffend die Ergänzung des Gesetzes über die Veräußerung und hypothckarishe Belastung von Grundstücken im Geltungsbereiche des N RN-chts vom 20. Mai 1885 (Ges.-Samml. S. 139), ge- unden.

Außerdem haben den beiden Häusern des Landtages noch vor- gelegen und sind von denselben in Berathung gezogen:

a, Uebersichtlihe Darstellung des Ergebnisses der im Jahre 1886 stattgehabten Verhandlungen des Landes-Cisenbahnraths. :

b. Rechenschaftsberiht über die weitere Ausführung des Gesetzes n E Dezember 1883, betr. die Konsolidation preußisher Staats- anleihen.

c. Denkschrift, betr. die in der Zeit vom 1. April 1885 bis zum 31, März 1886 erfolgten Bauausführungen an denjenigen Wasser- straßen, über deren Regulirung dem Landtage besondere Borlagen ge- macht sind. i

d. Bericht über die Ergebnisse des Betriebes der für Rechnung des preußischen Staates verwalteten Eisenbahnen im Betriebsjahre 1885/86.

e. Bericht über die Bauausführungen und Beschaffungen der Eisenbahn-Verwaltung während des Zeitraums vom 1. Oktober 1885 bis dahin 1886. |

f. Nahrichten von der Verwaltung der preußischen Staats-Berg- werke, Hütten und Salinen während des Etatsjahres 1885/86.

o. Bericht über die bisherige Ausführung der §8. 3, 4 9 in den verschiedenen Gesetzen, betreffend den Erwerb von Privat-Eisenbahn- unternehmungen für den Staat. i

h, Denkschrift über die Ausführung des Geseßes vom 26. April 1886, betreffend die Beförderung deutscher Ansiedelungen in den Pro- vinzen Westpreußen und Posen für das Jahr 186.

i, Achtunddreißigster Beriht der Staatsschulden - Kommission über die Verwaltung des Staats\huldenwesens im Rechnungsjahre L A B |

k. Rechenschaftsbericht über die Verwendung der flüssig gemachten Bestände der im §. 94 der Hinterlegungsordnung vom 14. März 1879 bezeihneten Fonds und der im §. 9% Abs. 3 daselbst erwähnten Gelder für die Zeit vom 1. Januar bis 31, Dezember 1886.

1, Bericht über die Verwendung des Erlöses für verkaufte Ber- liner Stabtbahn-Parzellen. ;

wm. Denkschrift über die Ausführung des Gescßes vom 14. Juli 1886, betreffend die Bewilligung von Staatsmitteln zur Beseitigung der im unteren Weichselgebiete durch die Frühjahrsfluthen herbei- geführten Verheerungen.

n. Allgemeine Rechnung über den Staatshaushalt des Jahres vom 1. April 1883/84 nebst den dazu gehörigen Anlagen, einem Vor- berihte, den Bemerkungen der Ober-Rehnungskanmer und der Rech- 124 D roaD die Fonds des ehemaligen Staats\chaßes für 1. April

0. Uebersicht von den Staatseinnahmen und Ausgaben aus dem Nachweise von den Etatsüberschreitungen und den der nachträglichen Genehmigung bedürfenden außeretatsmäßigen Ausgaben für das Jahr vom 1. April 1885/86.

p. Rechnungen der Kasse der Ober-Rechnungskammer und des MeSnuugshoses des Deutschen Reiches für das Jahr vom 1. April

/86.

Selbständige Anträge sind im Herrenhause zwei gestellt, von denen der eine dur mmabine erledigt, der andere wegen Schlusses des Landtages nicht zur Verhandlung im Plenum gelangt ift. Im Hause der Abgeordneten sind 7 solcher Anträge eingebracht ; davon ift ein Antrag durch Annahme des betreffenden Beseß-Entwurfs erledigt. Auf einen Antrag wurde eine Resolution beschlossen, ein anderer abgelehnt, ein dritter durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt ; ein Antrag wurde zurückgezogen und 2 sind unerledigt geblieben.

Petitionen gingen beim Herrenhause 56 ein, von denen 17 zu Geseßentwürfen gehörten und mit diesen erledigt wurden. Die übrigen bis auf 2 wurden im Besonderen berathen. Im Hause der Abgeordneten sind 516 Petitionen eingegangen. Von den verschiedenen Kommissionen sind darüber 51 schriftliche Berichte erstattet und

51 mündlihe Berichte vorbereitet, von denen 49 schriftlihe und 42 mündliche im Plenum erledigt worden sind. Von den Petitionen find 153 zur Erörterung im Plenum nicht für geeignet erahtet, 127 dur Uebergang zur Tagesordnung erledigt, 92 der Königlichen Staats- regierung Überwicsen, 40 durch Annahme von Resolutionen oder Geseß- entwürfen für erledigt erklärt, 79 sind unerledigt geblieben.

Im Herrenhause wurde cin Matrikelbericht erstattet, im Hause der Abgeordneten sind über Wahblverhandlungen \hriftliche Berichte und cin mündlicher Berit im Plenum erledigt.

Im Herrenhause hab-n 11 Abtheilungs- und 66 Kommissions- sißungen. im Hause der Abgeordneten 26 Abtheilungs- und 142 Kom- missionssißzungen stattgefunden.

Statiftische Nachrichten.

Die Wasserversorgung der italiecnischen Gemeinden. Bei de: kürzlich erwähnten Enquete über den hygienisch - sanitären Zustand sämmtlicher Gemeinden Italiens im Fahre 1885 wurden folgente Daten über die Verforgung mit Trink- wasser ermittelt. In 2491. Gemeinden mit 6 196 584 Einwohnern wurde nur Quellwasser getrunken; 1583 Gemeinden mit 5 267 744 Bewohnern hatten nur Brunnenwasser, 1732 (5 965 703 Einwohner) Quell- und Brunnenwasser, 130 (721 893 Cinwohner) nur in Cisternen gesammeltes Wasser zum Trinken. In 1321 (Bemeinden mit 7 026 229 Bewohnern wurde Cisternenwasser in Verbindung mit Quell- und Brunnenwasser getrunken, während 946 Gemeinden mit 3 901 803 Einwohnern aus\{ließlich oder hauptsählih ihr Trink- wasser aus Flußläufen und 55 Gemeinden mit 79 154 Bewohnern aus Seen vezogen. Quellwasser wird vorzugsweise von der Bevölke- rung Liguriens, Latiums, der Abruzzen, der Basilicata, Calabriens, Siziliens und Sardiniens getrunken; Brunnenwasser überwiegt in Piemont, in der Lorabardei und Emilia ; Cisternen finden fh am häufigsten, in Toscana, in der Mark, Emilia, in Campanien, Apulien und Sizilien, Flußwasser in Venetien und bei der Bevölkerung, welche in der Nähe der Gebirge der Lombardei, Piemonts, Liguriens und Toscanas wohnt. Seewasser wird in der Nähe der großen Seen Norditaliens getrunken. In 2720 Gemeinden wird das Trinkwasser aus größerer oder geringerer Entfernung durch metallene oder hölzerne Röhren, durch Leitungen aus Mauerwerk, Cement oder Thon herbeigeführt, in 447 anderen Gemeinden geschieht die Zuleitung einfah durch offene Kanäle. In 614 Kommunen dienen Blei- röhren zur Ueberführung des Vrinkwassers in die Stadt bezw, in die Häuser. In 6763 italienishen Gemeinden mit einer Be- völkerung von 22 434 735 Perfonen ist das nöthige Trinkwasser in genügender Menge vorhanden, in 1495 anderen Gemeinden mit 6 024 375 Köpfen ist das vorhandene Quantum nicht auLreihend. Bezüglich der Qualität werden folgende Angaben gemacht.

bei genügender bei nicht ausreichender

Menge Menge Gzmeinder. Bewohner Gemeinden Bewohner gut 5 555 16 152 301 842 9 784 968 mittelmäßig 882 3 305 074 381 1 674 973 \chlecht 346 9 977 360 272 1 564 434

Bei genügender Trinkwassermenge haben 81,8 °/9 der Gemeinden gutes, 13,1 9% wittelmäsiiges und 5,1 9% s{chlechtes Wasser, bei nicht genügender 56,3 bezw. 20,5 und 18,2 °%o.

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

Wörtecbuß und kurzgefaßte Grammatik des Otji-Hérero mit Beifügung verwandter Ausdrücke und Formen des Oshi-ndonga-Otj-ambo von H. Brincker, Missionar der rheinishen Missions-Gesellshaft. Mit Unterstüßung der Königlichen Akademi: der Wissenschaften in Berlin sowie verschiedener Missions- gesellschaften herausgegeben von C. G. Büttner. Leipzig, T. D. Weigel, 1886, -— Die in dieser Wörtersammlung nebs Grammatik vorliegende Arbeit ist nach dem Autspruch des Verfassers, Missionars Brinter, das Resultat jahrelanger Mühen und Nachforschungen. Verschicdene Missionare der rheinishen Eesellshaft haben sich angelegen sein lassen, das Material dafür zusammenzutragen. Da es ihnen ge- lungen ist, dein Munde der Eingeborenen eine Menge neuer Wörter und neuer Formen abzulauschen, fo unterscheidet sich das Werk viel- fah sehr betcächtlih von der Hahn'shen Grammatik des Hérero, welche bereits 1857 erschienen ist. Der Verfasser hatte bei seiner Arbeit den Wunsch und Zweck, für Deutsche bis zum Kuando (Tshobe) und oberen und mittleren Zambesi über Dkavango sprachlih den Weg zu bahnen, denn die beiden darin behandelten Dialekte werden bis dahin, wenn nicht überall gesprohen, so doch verstanden, Aus der Zugabe aber des Oshi-ndonga-Otj-ambo-Dialekts in Ausdrücken und Formen, die denen des Otji-Hérero in Begriff und Wesen ent- sprechen, dürfte die vergleichende Sprachwissenschaft Nußen ziehen. Mit Unterstüßung der Akademie der Wissenschaften sowie ver- schiedener Missionsgesellshaften hat vann der Herausgeber, Missions- VFnspektor C. G. Büttner, die Ergebnisse der Sprachforshung der rheinishen Missionare in Damara-Land von Rath und Hahn an nebst der Sammlung Brincker's bis auf die neueste Zeit zusammen- gefaßt und vervollständigt. Seine Arbeit hat sih jedo fast aus- \cließliß auf die Redaktion des Buches beschränkt. Was er aus seinen eigenen Wörtersammlungen noch hinzuzufügen ‘gefunden, ist in eckige Klammern danebengeseßt. Die Wörter der beiden Sprachen

sind dur das ganze Buch mittels verschiedenartigen Satzes auseinander- | gehalten. Ueber die P findet der Lernende das Nöthige in ; ie

dem Wörterbuch selbst. Die Ethnographen erhalten in dieser Wörter- sammlung einen Einölick in den Gedankenkreis zweier afrikanischen Völker, wie ihn selbst der Afrikareisende in der gewöhnlih nur kurzen Zeit seines Aufenthalts niemals gewinnen kann, zumal aus den im Auhange mitgetheilten Fabeln und Märchen der Ovaherero. Praktisch aber dürfte das Werk ein vorzügliches Hülfsmittel zur Beförderun der Missionsarbeit in dem südwestafrikanishen Schußtzgekiet und zur Erweiterung des Verkehrs der Deutschen mit den Eingeborenen darbieten.

Das soeben ae Maiheft 33. Bandes 1887 von „Dr. A. Petermann's Mittheilungen aus Justus Perthes' Geographischer Anstalt“ (herausgegeben von Prof. Dr. A. Supan, Verlag von Justus Perthes in Gotha) bringt an der Spiye einen Beitrag zur Ethnologie British Columbiens, von dem Nordpol-

reisenden Dr. F. Boas. Derselbe hat im Herbst 1886 die Küste von Victoria bis zur Nordspitze der Vancouver-Insel bereist und theilt die Resultate seiner Forschungen über die dort ansässige Völkergruppe, ihre verschiedenen Dialekte, sowie die Verbreitung der einzelnen Stämme übersichtlih mit. Leßtere veranschaulicht eine beigegebene Karte. Dr. H. Polakowsky bespricht das neueste Nicaragua-Kanalprojekt. Das Projekt eines Nicaragua-Kanals, ‘welches hon in früheren Jah- ren viclfah ventilirt, vann aber fallengelassen wurde, ist in Folge der \{wierigen finanziellen Lage der Panama-Kanal-Gesellschaft (seit Mitte 1886) sowie dadur, daß die Kosten des Panama- Kanals, wie hon jeßt zu übersehen, sich viel größer als veranschlagt heraus- stellen werden, ferner durch die Bereitwilligkeit von Nicaragua und Costa-Rica, einen den Anforderungen der Regierung in Washington entsprechenden Vertrag über den Kanal abzuschließen, endlich durch die neueste, im Jahre 1885 ausgeführte Untersuhung und den sehr günstigen Bericht des Ingenieurs Menocal in ein reues, der Ver- wirklihung günstiges Stadium eingetreten. Die von Menocal vorge- \chlagene Route, welche in eine dem Heft beigegebcne Karte eingetragen ift, geht von dem kleinen Hafen Brito an der Pacifishen Küste aus bis zur Mündung des Rio Lajas, durch den Nicaragua-See und dann von der Mündung des San Juan, großentheils mit Benußung des Flußbetts, nah Greytown an der Küste des Caraibishen Meeres. Die Totallänge des Kanals würde 273,3 km betragen, wovon 64,8 km zu graben sind, während die Westseite des Sees, um eine Ticfe von 84 m zu erlangen, auf eine Strecke voa 600 m, die Ost- seite auf eine solche von 13 km (bei 42,7 m Breite) vertieft werden müßte. Die Anzahl der Schleusen ist auf 7 angenommen. Als Sceitelbecken würde der Nicaragua-See dienen, dessen Niveau bei hohem Wasserstande 33,5 m über dem mittleren Stande der Meercesoberfläche liegt. Der Verf. des Aufsaßzes beschreibt, dem Bericht der Vermessungs- Expedition folgend, die einzelnen Sektionen der Route eingehend, fritisict alsdann das Projekt, und sucht \chließlich die Frage zu beant- worten: ob Amerika den halbfertigen Panama-Kanal vollenden oder den Nicaragua: Kanal in Angriff nehmen werde. Polakowsky hält das erstere für richtiger, billiger und wünschenswerther ; für richtiger, weil die Panama-Route besser, kürzer und bequemer sei als die von Nicaragua ; für billiger, weil man niht zu befürchten habe, noch weiteres Lehrgeld zahlen zu müssen, wie dies auch bei der Erbauung des Nicaragua-Kanals sicherlich der Fall sein würde; für wünschenswerther, weil die Panama-Route schneller als diè Nicaragua-Route werde fertiggestellt und dem Verkehr übergeben werden können, weil ferner die politishen Schwierigkeiten und internationalen Machtfragen dur) die Garantie der Neutralität dieses Kanals beseitigt seien, und weil endli so Aussicht vorhanden sei, daß die bisherigen Aktionäre und Obligations-Inhaber des Panama-Kanals wenigstens einen Theil ihres Geldes retten, Paul Emmrih in Sheba Range, Transvaal, be- schreibt die neuen de Kaap-Goldfelder in Transvaal und H. Rink tellt die Ergebnisse der neueren dänishen Untersuchungen in Grönland zusammen. Den Schluß der größeren Bei» träge bildet ein ausführliher Bericht über die Verhandlun- gen des VII. Deutschen Geographentages, welcher in der Zeit vom 14. bis 16. April d. J. in Karlsruhe abgehalten worden Ut. Aus dem geographischen Monatsbericht sind von besonderem Interesse die Mittheilungen über die Erpedition von Ramon Lista, welchem es gelang, das ganze „Feuerland“ von Norden nah Süden zu durchziehen. Wie der Reisende in seinen, in Ueberfeßung wieder- gegebenen Briefen vom 1. Januar 1587 an den General Mitre schreibt, ist der argentinishe Theil des Feuerlandes, den er in einer Ausdehnung von 700 km, von der Sebastians-Bai bis zur Le Maire- Straße durchforscht hat, weit fruhtbarer und hat, seiner Meinung nach, eine größere Zukunft für die Industrie als die von Chubut und dem Jungfrauenkay begrenzte patagonische Küste. Auch noch über cinige andere Cxpeditionen wird berichtet. Daß Feuerland so plötzlich in den Vordergrund des Interesses tritt, erklärt sich durch die Funde von Gold am Ufer der Magellanstraße, wodurch die Hoffnung erweckckt wurde, daß \sich ganz Feuerland als reich an Gold erweisen werde. Mit dem reichhaltigen, von Professor Supan redigirten und größten- theils auh verfaßten Literaturberiht schließt das Heft. Wie die Fustus Perthes’\he Verlagsbuchhandlung in einem beigelegten Pro- spekt mittheilt, hat sh schon jeßt, nachdem kaum ein Jahr seit der ersten Ausgabe verflossen, das Bedürfniß nach einer zweiten Ausgabe der großen zehnblättrigen Spezialkarte von Afrika (von Hermann Habenicht) dringend geltend gemacht. Diese zweite Lieferungsausgabe soll dem neuesten Standpunkt der Forschung ent- \yrechen. Die durch Entdeckungen und neue Aufnahmen bedingten Korrekturen sind auf einzelnen Sektionen (z. B. Congo) so bedeutend, daß sie ciner halben Neubearbeitung gleichkommen. Auch das politische Kolorit, Dampfer- und Telegraphenlinien, Missions- und Handels- stationen sowie das auf Bodenbeschaffenheit bezügliche Kolorit haben stellenweise nicht unbeträchtliche Veränderungen erlitten. Einem mehr- seitigen Wunsche entsprehend sollen der Karte auch noch einige spezielle Kärtchen von den benachbarten Inseln beigegeben werden. Die Karte erscheint in 5 Lieferungen (jede mit 2 Karten) zu je 3 ( Alle vier Wodthen erscheint eine Lieferung. Die 1. Lieferung liegt in jeder Buch- handlung zur Ansicht auf.

Veterinärwesen.

: : Nachrichten : über Verbreitung von Thierkrankheiten im Auslande

Oesterrei ch. Laut der am 21. April 1887 vorliegenden Meldunzen. Land. Zahl der infizirten Orte. Lungenseuche. Mähren Q Bohm 280 Nicder-Oesterreih. . . . 2 und V1. Bezirk von Wien. O e Ober-Oesterreh ... . 4 S Schafräude. D E MNieder-Oefterreih. . . . 1 R 4 Klauenseuche. S B . Laut der am 30. April 1887 vorliegenden Meldungen. Lungenseuche. Mähren . . O D 20 Nieder-Oesterreih. . . . 2 und VI. und VII. Bezirk von Wien, Schlesien . 3

Ober-Oesterreih N

i Shafräude. Nieder-Oesterreich . L A 4

Klauenseuche. Schlesien . l Ungarn, Vom 22. bis 29, März 1887, Milzbrand . R Es . in 12 Komitaten 19 Gemeinden, C O 13 ö Maul- und Klauenseuchße. ... 1 Komitat 1 Gemeinde. . Vom 29, März bis 5. April 1887. Milzbrand . in 12 Komitaten 16 Gemeinden, Lungenseuhe . ..., i | y 9 Y Maul- und Klauenseuße. .. . 1 Komitat 1 Gemeinde, s Vom 5. bis 12. April 1887. Va . in 10 Komitaten 17 Gemeinden, Lungenseuche . 7 9

. 0 y ( Scchweiz. Vom 16. bis 31, März 1887. Moul- und Klauenseuche. Kantone:

Bern in 2 Gemcinden 2 Ställe mit 19 Rindern und 1 Schwein, : Freiburg in 3 Gemeinden 12 Ställe mit 87 Rindern, 28 Schafen 3 Ziegen und 16 Schweinen.