1887 / 137 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 15 Jun 1887 18:00:01 GMT) scan diff

den Kommunen das E gebe, den Branntwein zu besteuern, man ihnen auch das Recht geben müsse, den Wein zu besteuern, wie sie auch das Bier zu besteuern das Recht hätten. Das Haus sei sehr wohl im Stande, diese Angelegenheit hier zu erledigen. Wenn den Kommunen gestattet würde, die Getränfe im Allgemeinen der Besteuerung zu unterziehen, so wäre ihnen damit eine wirkliche Hülfe geleistet, denn was ihnen bisher zugewiesen sei, sei niht im Stande, der Noth abzuhelfen. Man werde einwenden, der jeßige eitpunkt, wo man den Branntwein ohnehin besteuere, sei nicht der ge- eignete, um auf dem Wege der kommunalen Besteuerung ihn noch mehr zu belasten. Das Getränk würde schließlih zu theuer werden, und die Einnahmen des Reichs könnten auch geshmälert werden. Deshalb sei der Antrag so formulirt, daß den Kommunen nicht ein unmittelbares Recht der Besteue- rung gegeben werde, sondern nur die Landesgeseßgebungen in die Lage geseßt würden, ihrerseits die bestehenden Schranken zu beseitigen und zu prüfen, wie weit in der That 1m ein- zelnen Lande ein Bedürfniß vorliege, den Kommunen die Möglichkeit der Besteuerung zu bieten. Und damit die Landes- geseßgebungen die Einnahmen des Reichs nicht allzu sehr zu \{hmälern in der Lage seien, seien gewisse Maximalgrenzen gezogen worden, über die niht hinausgegangen werden solle. Der Antrag sei au so gefaßt, daß die Besteuerung der Ge- tränke niht auf die städtishen Kommunen allein eingeschränkt werde. Auch den ländlichen Gemeinden und den Kreisen fönnte die Erhebung einer folhen Abgabe danach gestattet werden. Jn zahlreichen Kommunalverbänden würde es den freudigsten Widerhall finden, wenn der Antrag angenommen

würde.

. Der Staats-Minister Dr. von Scholz äußerte sich folgendermaßen: : _ L

Meine Herren! Ich habe {hon in der Kommission die Pflicht gehabt, einem gleihen Antrag zu widersprechen. und muß es au heute gegenüber dem Antrage auf Nr. 205 der Drucksachen thun.

Der Hr. Abkg. Struckmann nimmt an. daß die Theilnahme, welche bei der Geseßgebung vielfa sowohl hier als im Landtage den Gemeinden ausdrücklich bezeugt worden wäre, immer nur eine sehr platonische gewesen sei, und daß es daravf ankomme, ibnen einmal etwas unmittelbar zu überweisen. Nun meine i, wir haben den Vorwurf nit verdient, und ich glaube auch für den preußischen Landtag in Anspruch nehmen zu müssen, daß dort die Bedürf- nisse der Gemeinden von Preußen ernst und aufrihtig gewürdigt worden \ind, und daß es ih dabei keineswegs nur um platonische Neigung gehandelt hat.

Fch möchte viel eher der Meinung fein, daß dieser Antrag, wenn er als ein wirkliher Hülfsantrag für die Gemeinden aufgefaßt wird, irrig aufgefaßt würde, daß er nid;ts be- deuten könnte in diesem Geseß, als das Bekenntniß der vlatonishen Liebe für dia Gemeinden. Für die Gemeinden, für die Kommünen, wie der geehrte Herr Vorredner mit dem bestimmten Artikel gesagt hat, hat der Antrag gar feine Bedeutung. Wenn wir große Mittel bekommen aus den Quellen, die der Besteuerung dur das Rei vorbehalten sind, dann ist es in die Hand der Bundes- staaten gegeben, den Bedürfnissen der Gemeinden abzuhelfen. Wir sind ja wohl darüber zum großen Theil einverstanden, daß diese Be- dürfnisse hauptsächlih z. B. auf dem Gebiete des Sculwe/ens liegen, daß dur Uebernahme eines erheblichen Theils der Ausgaben für das Schulwesen den Gemeinden zu Hülfe zu kommen ist, und zwar ganz gleihmäßig für die große Stadtgemeinde wie für die kleinste Land- gemeinde. Daß aber solche Verbrauchsabgaben in allen Gemeinden gleihmäßig einzuführen nicht möglich ist, liegt auf der Hand. Es würden nur einige, namentlich städtishe, Gemeinden in der Lage fein, von diesem Mittel Gebrau zu machen und einige Verbesserung ihrer Lage herbeizuführen. :

Wenn der Herr Abgeordnete meint, es beschränke sich diese Hülfe niht auf Einzelgemeinden, sondern sie dehne sich aus auf größere Gemeindeverbände, auf ganze Kreise, so muß ih sagen, es fehlt mir das Verständniß dafür, wie eine Verbrauhéabgabe von Branntwein in einem preußishen Kreise zum Beispiel erhoben werden sollte. Wenn die Herren eine Zollbarrière an den Kreisgrenzen aufrihten wollten, müßten wir uns do ernstlih wehren! Vom Standpunkt der Freiheit des Verkehrs ersheinen {on Verbrauchsabgaben, wie sie auf manchen Artikel in den einzelnen Gemeinden gelegt sind, sehr bedenk- lich zu erheben. Ih habe im Allgemeinen Bedenken gegen die 8 lassung derartiger Verbrauchsabgaben, die nit in der Form der Zu- \chläge zu den indirekten Steuern erhoben werden fönnen, geltend zu machen. Wir wollen aber ganz gewiß nicht die Kreise mit Zoll- \{ranken umgeben, noch mit ganz unwirksamen Konzejsionen zur Er- hebung solher Abgaben ausrüîten.

Der Herr Abgeordnete hat gesagt, jeßt sei der Rechtszustand ein überaus ungleichmäßiger. Ih gebe das vollkommen zu. Aber i frage Sie: ist denn sein Antrag auch nur im geringsten geeignet, die Ungleihmäßigkeit zu beseitigen? Das gerade Gegentheil. Der Landes- gesegebung soll es überlassen sein wir haben 25 Landesgesetz- at —, hier und da dies und das einzuführen. Wirkt das da- ür, daß in Deutschland ein gleihmäßiger Zustand eintreten wird ? Ic glaube, das Gegentheil würde der Fall fein. Seine Schilderung don der Verschiedenbeit, die jeßt in der einen und der anderen Ge- meinde hervortritt, würde künftig ebenso zutreffend sein für die ver- schiedenen Gemeinden.

_ Die Hinweisung auf das, was die verbündeten Regierungen seiner Zeit bei dem Branntwein-Monopol vorgeschlagen baben, ist niht für diesen Antrag geltend zu mawen. Damals handelte es si um eine wie ih in der Kommission mir auszuführen erlaubte das finanzielle Interesse an diesem Artikel erschöpfende Vorlage, neben welcher es sehr wobl angängig war, den Kommunen eine Bethei- ligung zu geben in unmittelbarer Benußung derjenigen Einrich- tungen, welche das Reich seinerseits hergestellt haben würde. Es war bei dem Monopol gar nicht erforderli®, daß in der ein- zelnen Kommune nun etwa noch besondere Erhebungsmotalitäten beschlossen und eingeführt wurden, sondern es wäre einfa durch die Organe der Monopol-Verwaltung der beschlossene Zuschlag zu der Reichsabgabe mitzuerheben und an die Gemeinde- fassen abzuliefern gewesen. Das hat denn doch einen ganz anderen Charafter als die Erhebung felbständiger Verbrautsabgaben inner- halb einer Gemeinde. Au war damals nit der Landesgeseggebung irgend ein Einfluß eingeräumt, fondern die Reichégesetgebung bcthei- ligte ihrerseits gleihmäfig und unmittelbar die bedürftigen Kom- munen, und das Interesse, welhes dabei materiell bestand, war für die Reicsgeseßgebung zugleih au das, auf die Preissteigerung des Branntweins an gewissen Orten einwirken zu können, wo der Mo- nopolpreis vielleidt zu gering ersien. Alle diese Rücksichten sind bier nit in medio,

Das Bedenken, daß der Antrag auch den Wein in das Branrt- weinsteuergeseß einführen will, hat der Herr Abgeordnete zwar selbst hon bervorgeboben, aber nur für formell und gering eracbtet. Ih möchte do glauben, daß irgend cine Vorbereitung dieser gesculichen Maßregel in Bezug auf Wein vollständig fehlt und daß es nit ge- ratben wäre, derartige Gelegenbeitszusäße in das Gese aufzunehmen. Im Ganzen aber das ist die Hauptsache, ih muß Sie bitten, daran festzuhalten Art. 35 der Verfassung bat das Reich in den aussóblicßlihen Besiß dieser Steuerquelle geseßt und wir sind nit der Meinung, daß das Reich namentli bei ibrer bisberigen Aus- beutung und bei der Beschränkung, die sch die verbündeten Regie- rungen hierin auferlegt baben, ni&t im Stande ist, den Einzelstaaten ein Condominium an dieser Steuerauelle zu gestatten. Ich bitte Sie deshalb, lebnen Sie den Antrag mit der Entschiedenheit ab, wie die Mebrbeit der Kommission ihn abgelebnt bat.

Der Abg. Frhr. von Huene meinte: Der Finanz-Minister habe angedeutet, daß das jezige Gese noh nicht vollauf das-

jenige befriedige, was man vom Branntwein zu erwarten habe. Dem gegenüber müsse er (Redn::) mit aller Bestimmtheit erklären und wohl auch im Namen aller seiner Freunde, daß sie gar niht daran dächten, den Branntwein einer weiteren Besteuerung zu unterwerfen. Den Antrag Strucmann habe der Minister zutreffend charakterisirt. Es sei ein absolut städtisher Antrag, der das Land den Städten tributpflichtig machen wolle.

Der Abg. Meyer (Halle) wunderte sich, daß dieser Antrag, den er als Bürgermeister-Antrag bezeichnet habe, aufs Neue wieder aufgenommen worden sei von einem anderen Bürger- meister, der gar nicht daran denke, einen praftishen Gebrauch davon zu machen. Anträge dieser Art gehörten nicht hierher, sondern in die Kommunalsteuer-Gesezgebung.

Der Abg. Orterer sprah sich für den Antrag aus. Na- mentlih den süddeutschen belasteten Gemeinden sei ein so be- \cheidener Antheil an der Steuer wohl zu gönnen.

Der Abg. Miquel bat, den Antrag zurüczuziehen, da derselbe wirklih niht genügend vorbereitet sei, um dieses shwere Gesetz mit einem sehr shweren Anhang zu belasten. Auch er habe bedauert, daß der Finanz- Minister sich mit der Hoffnung trage, demnächst den Branntwein noch mit einer höheren Steuer zu belasten, während er (Redner) überhaupt die Steuerreform im Reich mit den beiden jeßt vorliegenden Ge- seßen der Zucker- und Branntweinbesteuerung in absehbarer Zeit für völlig abgeschlossen halte. Er bemerke ausdrüdli, daß die Nationalliberalen gerade deshalb für den vollen Sag der Regierungsvorlage gestimmt hätten in der Hoffnung, daß dann auch die Branntweinsteuerfrage zur Ruhe komme. Sie befürchteten gerade, daß, wenn fie in diesem Augenblick zu niedrigeren Säßen griffen, wir dann im nächsten Jahre auf die Sahe wieder zurückkommen müßten. Das wollten sie vermeiden. Er betrachte in Uebereinstimmung mit seinen politishen Freunden die Branntweinbesteuerung in diesem Gesey als definitiv abgeschlossen. :

Der Abg. Struämann zog hierauf seinen Antrag zurü.

Der Abg. Richter meinte: Man habe hon Manches an der Steuergeseßgebung erlebt, aber das habe man nit er- wartet, daß in einem Augenblick, wo die Mehrheit sih an- \chicke, der Reichsregierung eine Steuerbelastung von Millionen zu bewilligen, der Finanz-Minister es für angemessen erachten würde, zu erklären, es sei die Belastung des Brannt- weins noch nicht abgeschlossen, und er behalte sih vor, ihn zum Gegenstande weiterer Steuerexperimente zu machen. Diejenigen, die die Verantwortung für diese Belastung auf si nähmen, hätten sich mit dem Gedanken beruhigt, daß nah Annahme dieses Gesetzes für lange Zeit die Erwerbsverhältnisse ungestört bleiben würden von neuen Steuervorlagen. Schon heute maten sie nun die Erfahrung, daß die bisherige Beunruhigungspolitik auch nach diesen großen Bewilligungen fernerhin herrschen solle. Der Minister habe ih nicht gescheut, eine folhe Erflärung abzugeben, troßdem gestern der Abg. Miquel eine Verwahrung gegen weitere Steuerpläne abgegeben habe. Das zeige, wie wenig von Seiten des Ministertisches auf solhe Erklärungen nahestehender Parteien gegeben werde. Eine Hoffnung, die der Minister ausgesprochen habe, sei heute con zerstört, er (Redner) fürchte, es würden demselben in der Praxis noch mehr Hoffnungen zerstört werden zum Schaden des Vaterlandes.

Der Staats-Minister von Scholz entgegnete:

Der Hr. Abg. Richter hat konstatirt, daß ich_ mi nicht gescheut bätte, eine Erklärung heute abzugeben, welche alle Hoffnungen, daß die Branntwein-Industrie und alle am Branntwein betheiligten Induitrien zur Ruhe kommen könnten, wieder zu Grabe getragen. Ich bin viel- leiht vorher \chon, von dem Hrn. Abg. Dr. Miquel glaube id, miß- verstanden worden, indem derselbe gesagt hat, ih bätte beute eine Er- flärung abgegeben, daß „demnächst“ der Branntwein weitere Leistungen für das Reich und seinen Bedarf zu übernehmen haben werde. Meine Herren, ich habe weder heute etwas Neues erklärt, noch überhaupt irgend ctwas, was nicht gedruckt seit dem Beginn der Session in Jhrer Aller Besiß sich befände, gesagt. Die Thronrede, mit der der Reichstag eröffnet worden ist, bat in Aussicht gestellt, daß die Arbeiten aufgenommen werden würden zur Fortsezung der Reichs- steuerreform. -

Wenn der Hr. Abg. Ritter sodann die Begründung, mit der dieses Geseß dem Reichstage vorgelegt worden ist, eines Blites ge- würdigt bätte und sch od gegenwärtig hielte, was darin gesagt ift, so würde er selbst wenigstens vor der Annabme behütet worden fein, als bâtten die verbündeten Regierungen auf dasjenige, was sie seit Fahren als ihr Finanzprogramm dem Reichêtage offen und ebrlich mitgetheilt haben, irgend verzibtet. Ih habe dem gegenüber feinerlei neue Erklärung abgegeben und insbesondere beute nichts Anderes ge- sagt, als was auc der Leser des Kommissionsberihts schon finden konnte, und der Hr. Abg. Dr. Orterer, der vorhin gesprochen, hat doc auc anerkannt, daß meine heutige Aeußerung \chon in dem Kom- missionsberict steht, und daßich heute nicht entfernt neue Bemerkungen gemaht habe. Sie lesen auf Seite 44 des Kommissionsberihts also den Herren, die heute diesen Antrag hier aufgenommen baben, sehr bekannt —:

Der Herr Staats-Minister Dr. von Scholz erwiderte darauf, daß, wenn man auch mit der Tendenz des Antrags einverstanden fei, derselbe do für die verbündeten Regierungen nit annehmbar fei, weil das jetzige Gesetz nit wie das Branntwein-Monopol erichöpfend und für alle Zeiten die Ansprüche des Reichs an den Branntwein als Steuerobjekt befriediate.

F glaube, daß der Versu des Hrn. Abg. Richter, die national- [iberale Partei mit Zorn und Abneigung zu erfüllen deshalb, weil i auf eine gestrige Érflärung des Hrn. Abg. Dr. Miguel nit beute daë Gegentbeil von dem erklärte, was i vfliétmäßig und nach diesen S&riftstücken gar nit anders erflären fonnte i sage: i bofe, daß der Versu des Hrn. Abg. Richter, Unfrieden zu säen, obrmättig bleibt. Ic wenigstens bitte die Herren dringend, si ni&t dur solde Einflüsse bestimmen lassen zu wollen.

unter Berufung auf die Thronrede und den Kommisfions- beriht dem Hause vom Finanz-Minister klar und bestimmt

die Éventualität gestellt worden sei, daß diese Bewilligung nur |

eine erste Etappe sei, um demnähst zur vollen Ausnußung des Branntweins als Steuerobjekt zu gelangen. Das habe das Haus si absolut zu vergegenwärtigen, und es sei des- halb ganz rihtig, daß der Abg. Huene dagegen Protest aue und erkläre, daß er mit seinen politishen Freunden diese An- gelegenheit als definitiv abgeschlossen erachte. Der Abg. Miquel hat. sih dieser Erklärung chließlich angeschlofssen. Er sage ausdrüdlich „ließli“, denn gestern habe jener ge- sprochen von einem Abscbluß auf mehrere Jahre, heute von absehbaren Zeiten und endlich sei er dem Abg. Huene bei- getreten. Er (Redner) wisse, daß diese Erklärung voll und ganz so gemeint sei, wie sie abgegeben worden sei, und hoffe, daß der Abg. Miquel und seine Freunde die Erklärung so auf- gefaßt wissen wollten, wie sie der Abg. Huene abge eben habe. Aber er mache ausdrücklich darauf aufmerksam, da

anderer Reichstag, wenn er wieder so vaterlandslos sein sollte,

i: d ( : alle diese ! Ecklärungen an fich Bindendes nicht hätten und daß ein |

die Branntweinsteuer niht so zu bewilligen, wie die

würde, was das Haus jeßt für abgethan erachte. Er deshalb für besser gehalten, die Sumrae nicht so hoh und die Taschen festzuhalten, bis sih das Bedürfnig Er wiederhole, das Haus sei absolut nicht sicher, daß gemacht würden.

Der Abg. Richter äußerte: Jhn habe die ä Ministers nicht im Mindesten le: B Nach ier

mache auch

habe, was er (Redner) immer gegen ihn und die R

zerstört habe.

eine solche Erklärung abgebe.

ganz fern. Der Staats-Minister Dr. von Scholz entgegnete:

__ Meine Herren: Der Hr. Abg. Riter fährt fort, zu versu mir etwas in den Mund zu legen, was ih nicht gesprochen habe. Zj muß deshalb fortfahren, zu versuchen, namentli da er diesen Theil C u maÍ durch erneute Klarstellung. Hr. Richter hat alfo feststellen GAA ih hâtte mi nicht gescheut, heute irgend eine neue Erklärung bezüg! li baldiger weiterer Besteuerung des Branntweins abzugeben, hâtte mir aber größere Klugheit zugetraut (Das ift nun seine Sat: ob er mir Klugheit zutraut oder nit; darauf kommt es mir nit an.) Er glaubt, ih müßte meiner Sache do fehr sicher sein, di ih son in zweiter Lesung so offen mit den Ankündigungen weiter Alles dies, meine Herren, sind Fabeln, va

seiner Rede nab außen gehalten bat, ihm das unmögli

Pläne ber-orgetreten sei.

Hrn. Richter verfaßte Fabeln, denen ih ganz fern ftebe.

Fh babe nur das wiederholt geäußert, was in dem gedrudta Bericht \chon seit Tagen in Ihren Händen war, und ih habe nr nit zugeben können, daß man mir etwa vorwerfen soll, irgend ein Zusage für eine unabsehbare Zukunft gegeben zu baben. irgend n Schranke aufgerihtet zu haben, die dann, wenn es nöthig ist, anda Séritte zu thun, entgegengehalten werden könnte und als Treubruß Meine Herren, dagegen bin ih verpflichtet, die verbünden Tegier Wenn Ihnen in t Begründung der Vorlage der Standpunkt der verbündeten R gierangen so flar, wie nur irgend etwas sein kann, gegeben ift unh daraus bervorgeht, daß die praftische Beschlußnahme, welche jeßt ai die Besteuerung des Branntweins gerichtet ist, die Beschränkung be verbündeten Regierungen an den Tag legt, jeßt nur die Ziele l erreiben, welche als die dringendsten und notbwendigsten erreitl werden müssen, dann baten Sie niht das Recht, nun, wie hr das ist blos eine Etappe, Sie sollen vielleit! in der nächsten Session hon vor weitere Aufgaben gestellt werden i Nein, meine Herre als was Ihnen vorgelegt worden ist; j innerbalb der verbündetn noch nit vorbanden. Es ist ble

ander und gemacht werden müssen uri fann die Zukunft beherrschen, wer in die Bedürfnisse der näbsten Jahre mit Sicherheit übersehen? - hier baben t daß diese Sache nicht mehr angerührt wad ranntwein an und für fi einen höheren Ertt:

gedeutet. 1 Regierungen zu wahren, indem i fie vertrete.

Richter, zu deduziren :

Bezug auf die Besteuerung des Branntweins. es ist nichts beschlofsen, etwas Anderem ist eine Verständigung Regierungen gar gebaut, daß, wenn in der Richtung gemacht werden anderen Umständen wer

Zukunft Vorlagen in

daß dann nicht Jhrerseits gesagt werden soll: das Versprechen, soll. Das nun der B

nod geben könnte nach Ueberzeugung der verbündeten Negierungen, 1 in dieser Vorlage angenommen wird, das wissen Sie, daß daé ! Herren, a haben wir eine Vorl: gemacht, die cinen größeren finanziellen Ertrag vom Brannt bringen sollte, und Sie werden beute nit annehmen können, daz vor einem Jabre eine Vorlage gemacht haben, die wir für unaut Alo nah dieser Seite bi entbielt meine Bemerkung auch nichts Neues und war sie etenta Pflicht, damit später nicht etwa cinmal das Gegentßÿeil als anerfan

verbündeten Regierungen ist, meine

denn damals

Meinung der bi wenigstens einem Jahre;

bar, für thôricht gehalten haben würden.

entgegengebalten werden möchte. Fb will noch binzuseßen :

„demnächst* niht gesprochen. Der Abg. von Kardorff bezweifelte, Richter vielleiht zur Beruhigung diene,

Abschluß der Branntweinsteuer als einen definitiven anst , so werde hw ranntwein vorg! den der ak À u verzichten, eônne ein Finan

Man denke nur an den Kriegsfall oder anf Die Konservativen und der ganze Reit betrachteten vorläufig diese Vorlage als einen definitiven * aus, daß in zu einmal wieder der Branntwein angefaßt werden könnte La der Abg. Richter versuht habe, hieraus eine große Agita® nah außen zu machen, so jollte er doch wissen, daß * seine Agitation in der legten eit wirklich {chlecht hefomt üsse bestimmen l y | sei. Er disfkreditire fich nur sel

Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, nicht um irgend welchen | Unfrieden, sondern um Klarheit zu schaffen, konstatire er, daß |

Seien die großen Parteien dieser Meinun nächstens wieder eine neue Steuer auf * werden. Anders sei der Standpunkt, treten habe. der Branntwein höhere Erträge gäbe, Minister nicht. Kalamitäten.

-

Auf immer und ewig darauf

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\schluß. Dies schließe natürlih nicht

über.

Branntwein an sih ein Gegenstand sei, der, wenn au demnächst, einen höheren Betrag abwerfen könne.

wolle deshalb fein Kondominium der Gemeinde in Bezuß

Eine solche Situation zu marfire, f

A

die 2 ähnli

die Steuererträge. er (Redner) der Klarstellung der ganzen Sachlage sein. Ob im Schooße der verbündeten Iegierungen erörtert werde oder nicht, sei gleihgültig. 1884 1elen Erklärungen abgegeben, und ÿ

erschienen.

habe nicht gesagt, wie auh nur în dieser Legislaturperiode legten Wahlen seien die den Vordergrund geshoben worden, indem

Kriegéerregung hervorgerufen habe. Die heutigé tion trage wesentlich dazu bei, klarzustellen, worau! cs d Zukunft hier unmittelbar praftisch anfommen werbe,

stehe. 6 Steuercfragen

Erklärungen und nah denen des Reichskanzlers R

sich nit anders versehen können, als daß diese beiden St vorlagen nur die erste Etappe, nur das erste Kapitel darstel] zu noch umfangreicherer Vermehrung der Steuern. Er (Redner uch dem Minister keinen Vorwurf, er sei ba i Gegentheil dankbar, daß derselbe von Amtswegen bestäti vorgebracht habe, daß er die Beruhigung, welche die R, liberale Partei in der legten Zeit zu verbreiten si bemüh zer Etwas fklüger hätte der Finanz-Minister m insofern handeln fönnen, als niht heute son in diese Moment, so offen mit dieser Erklärung hervorzutreten d der That müsse derselbe seiner Sache , und der Bewilligun sehr sicher sein, wenn er schon mitten in der zweiten Lesun | ] Eine Abneigung zwischen dey Nationalliberalen und dem Minister hervorzurufen, liege ihn

ald darauf sei die Tabad] Die Érklárung des Abg. von Kardorff kön nit beruhigen. Derselbe sprehe von einem „Vorläuss er zu weiteren Steuer!

gierung es wolle, die Trommeln gerührt werden und gls lles wieder in Angriff genommen 11nd neu gestaltet werda

L zu normir anders gestalt:

folgenden Jahren niht neue Forderungen an den Branntne

ng dez heren man euer:

Mf Pun

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. in demselben Gedankengange habe i mich auch noch dem Hrn. Dr. Miquel gegenüber verwahrt, das | „demnächst“ von mir nicht veranlaßt gewesen it ; ih habe von eir!

ob es dem wenn er (Red seinerseits, und er glaube auch im Namen eines großen Thel seiner politishen Freunde, erfläre, daß sie den jest erfolg

st dadurch dem Lande (#

Der Abg. Richter bemerkte: Der Finanz-Minister aus freien Stüen erklärt, daß keineswegs hiermi! die Zl bewilligungen beendigt seien (Finanz-Minister von =,

Eine solhe Erklärung habe er nit abgegeben !); daf

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e niht, daß die Wähler schon selbst die rihtigen Kon- of en ziehen und sich mehr als bisher vorsehen würden, Steuererhöhungen, selbst über das Maß der nöthigen Aus-

hen hinaus, herbeizuführen.

g er Abg. von Helldorff erklärte, daß, nachdem einmal in dieser Frage es so enorm \hwierig gewesen sei, eine Verstän- digung zu erzielen, seine Partei diese Vorlage nicht als ein Provisorium, sondern als ein Definitivum auffaßte. ;

Der Abg. von Bennigsen hielt sih für verpflichtet, in Uebereinstimmung mit dem Abg. Dr. Miquel, auf das hestimmteste zu erklären, daß er, und das könne er au von seinen Freunden wohl sagen, sich nur schwer ent- lossen habe, angesichts lediglih der großen Bedürfnisse des Reichs und der Finanzen in den verschiedenen deutschen Bundes- staaten cine so große Bewilligung aus dem Branntwein zu machen. Er habe es gethan, weil der Branntwein als ein sehr steuerfähiges Objekt bis dahin niht genügend herangezogen sei. Penn aber diejes Gese zu Stande komme, so müsse er auf das bestimmteste hoffen und erwarten, daß der Reichstag aus] weitere Ansprüche an diesen Artikel nicht eingehe. Ér möchte überhaupt damit die Bitte verbinden, daß, wenn das Haus in dieser Woche, wie wohl anzunehmen sei, die Steuervorlagen hinsichtlih des Branntweins und Zuckers zum Abschluß bringe ind damit weit über 100 Millionen den verbündeten Regie- rungen bewillige, daß dann dieser Reichstag in dieser Legis- saturperiode mit anderen Steuervorlagen nicht weiter belästigt werde. Was die Zukunft bringe, möge einem künftigen Reichs- age Sorge machen. Es wäre aber sehr gerathen, wenn die verbündeten Regierungen nah so großen Bewilligungen in der ersten Session dieser Legislaturperiode nicht den Anspruch erhôben, diesen Jieihstag noch mit weiteren Steuerforderungen anzugehen. Was den Abg. Richter anlange, so sei man ja von ihm gewohnt, daß er bloß die Re- gierung , sondern auh die anderen Parteien in einer agitatorishen Weise und auch hier im Hauje anzugreifen pflege, wie, er dürfe es wohl sagen, namentlich, was die Angriffe gegen seine eigene Partei anlangte, es nur n Gleiches finde in der Presse und den Agitationen Seitens der Sozialdemokraten. Der Abg. Richter habe wiederholt das Ergebniß der Wahlen ein Angstprodukt genannt. Heute habe man von ihm gehört, daß die Wahlen aus der Kriegsausregung hervorgegangen seien. Er möchte doch den Abg. Richter bitten, sich genau zu überlegen, was in diesem lezten Ausdruck liege. Menn der Abg Richter in dieser Weise die Regierung und die Parteien weiter angreife, und dies in der Absicht thue, niht hier im Reichstage, sondern nah außen hin eine Wirkun hervorzurufen, so fonstatire er (Redner) mit Vergnügen, da der Abg. Richter von seinen Reden im Reichstage sih nicht mehr denselben Erfolg verspreche wie früher, daß er jeßt nur noch sih bemühe, an die Massen draußen zu appelliren. Früher habe er au seine Reden ihrem Jnhalte nah höher geschäßt, als er es jeßt zu thun scheine. Wenn er aber heute Hoffnungen hervorgekehrt habe, daß andere Parteien als jeßt später die Mehrheit bilden und die Nationalliberalen einst in shwächerer Zahl als er und seine Freunde zurückfehren würden, so könne er (Redner) nur sagen, daß das Haus, wenn in dieser Weise die Führung der deutschfreisinnigen Partei fortgeseßt werde, ruhig sein fônne. Auf dem Wege werde die Partei den Einfluß, den sie früher gehabt habe, niht wieder gewinnen, und bei der rein negativen Haltung, die sie seit 20 Jahren behauptet e fönne Niemand wünschen, daß sie jemals ihren verderb- ihen Einfluß wiedergewinne. E

Der Abg. Richter entgegnete: Wenn die Deutschfreisinnigen seit zwanzig Jahren nichts gethan hätten, als das Volk vor einer höheren Belastung und vor einer unberechtigten Be- shränkung der persönlichen Freiheit zu bewahren, so hätten sie sich shon darum im Volksinteresse und auch im Jnteresse des Reiches verdient gemaht. Wenn er gejagt habe, er spreche nah außen, so sei er dem Beispiele des Mannes gefolgt, der sont für den Abg. von Bennigsen maßgebend sei. Wie oft habe der Reichskanzler, wenn er mit seinen Plänen in der Minderheit gewesen, gesagt: er sprehe nach außen, um das Volk zu überzeugen. Genau das- selbe thue er. Sozialistish nenne der Abg. von Bennigsen diese Methode. Nein, sozialistisch sei es, die ein- zelnen Erwerbsflassen gegen einander aufzuheßen. Er gebe zu, er habe eine große Wirksamkeit in der Presse; Niemand werde aber ihm einen Widerspruch nachweisen können außer- halb des Reichstages und innerhalb desselben. Der Abg. von Bennigsen scheine ein aufmerksamerer Leser der deutsch- freisinnigen Presse als seiner eigenen zu sein. Jn jedem nationalliberalen Blatte sei er (Redner) Gegenstand der hef- tigsten und niedrigsten Anfeindung, der persönlichen Angriffe. Die nationalliberale Presse unterscheide sich in keinem Stücke mehr von der Reptilienpresse, deren unwürdige Haltung der Abg. von Bennigsen früher so oft verdammt habe; der Abg. von Bennigsen meine, die geringe Bade in der die Deutsch- freisinnigen hier erschienen seien, sollte fi

nicht

; ie zur Einkehr mahnen. Sei dieses Schifsal den Nationalliberalen niht noch in viel größerem Maße widerfahren? Von 170 Mitgliedern seien sie in der lezten Legislaturperiode bis unter 50 herabgesunken gewesen, Hätten sie da Einkehr gehalten © Qurel von national- liberaler Seite: Ja!) Er danke für dieje Erklärung, das habe er provoziren wollen. Sie hätten auc vollständige Umkehr gehalten, allerdings zunächst ohne die Abgg. von Ben- nigsen und Miquel ; sie hätten das bequemere Theil erwählt. Sie hätten sich unter ungünstigen Verhältnissen aus dieser politishen Arena zurüc{gezogen, vielleiht um im Stillen zu büßen. Erft wie die Sonne des Reichskanzlers wieder gelacht e und ihnen die äußeren Verhältnisse n a gelegen ätten, seien sie wieder vor der Front als Marschälle erschie- nen, Darin ahme er ihnen nicht nach; Sache eines Mannes sei es, auch gegen eine Majorität festzustehen, ungeachtet der Verdächtigungen und Anseindungen. Der Abg. von Bennigsen sei auch auf die legte Wahl zu sprechen gekommen. Sei es nicht künstlihe Kriegserregung gewesen? Die gefährliche Situation, in welcher das Neich sich seit 1870 befinde, sei auch in dieser Zeit vorhanden, aber überaus fünsllih sei es ge- wesen, eine akute Kriegsgesahr hinzumalen und es so dart tellen, als ob bavon, ob die Heeresverstärkung bis zum Jahre 1890 oder bis 1894 bewilligt werde, ab- unge, ob Frankreich Deutschland mit Krieg üÜberziehe odernicht. ie Kriegsgefahr habe sih freilich bald anders dargestellt, Herr oulanger, der bamals eine so große olle gespielt habe, sei sang: und flanglos von der Tribline verschwunden, Nun würden die Nehnungen vorgelegt in der Höhe von 20 Millionen. Da wolle man es den Deulschsreisinnigen nun verübeln, wenn sie auf diese Verhältnisse verwiesen, wenn sie obendrein noch 09 ungeschickt provozirt würden, Troy der neuen Steuer- bewilligungen hätten die Nationalliberalen nicht so viel Ein-

fluß auf die Regierung und den Finanz-Minister, um wenigstens etwas größere Beruhigung in große Erwerbsfreise N utragen. Der Abg. von Bennigsen habe für sihch und eine Parte eine Erklärung abgegeben. Aber sei er im Stande, mit seinen Erklärungen die Beruhigun hervorzubringen, welche die Erklärung des Zinanz-Ministers - wahherhalten müsse? Die Nationalliberalen bewilligten weit über das Be- dürfniß hinaus im Vertrauen au} die Zukunft und seien nicht im Stande, die Regierung zu binden, daß sie auch ihrerseits eine solhe Erklärung abgebe. Parteien würden groß und ver- minderten sih. Die Deutschfreijinnigen seien hon als Fort- schrittspartei einmal noch kleiner als jeßt gewesen, nah der künstlihen Erregung in Folge des Sozialistengeseßes. (Ruf: Künstlih?) Ja woh! künstlih, denn man habe die Meinung hervorzubringen gesucht , als ôb man durch das Sozialistengesez im Stande sei, Attentate zu verhindern. Die Deutschfreisinnigen hätten sich dadur nicht beirren lassen. Die Nationalliberalen aber hätten auch damals nah den Wahlen ein großes Cp si entrollen sehen und die Verantwortung dafür übernommen. Die Deutschfrei- sinnigen seien dann von 30 auf 60 und auf 100 Mann ge- kommen, und so hoffe er, werde es auch einmal wieder kommen, wenn sie si erst wieder unter einem anderen Regierungs s\ystem befänden, das die Wahlen nicht als bloße Machtprobe ansehe, wie weit die Regierung durch Benußung amtlicher Mittel die Wahlen beeinflussen könne, wenn erst freie Wahlen in Deutsch: land si vollzögen, in denen die Ueberzeugung des Volkes ganz zum Ausdruck gelangen könne.

Der Abg. Freiherr von Mirbach bemerkte, seine Erwerbs- genossen, die von der Steuervorlage so schwer betroffen seien, seien der Ansicht, daß die Geseßgebung auf diesem Gebiete, soweit die Mitwirkung der Konservativen möglich sei, definitiv abgeschlossen sei.

Da der Antrag Struckmann zurückgezogen war, so er- folgte eine weitere Abstimmung nicht.

Die Debatte über §. 43 (Nachsteuer) wurde auf Vor- \chlag des Präsidenten ausgeseßt.

L. 44 bestimmt zunächst, daß für die der Branntwein- steuergemeinschaft neu beitretenden Staaten die zum niedrige- ren ÄAbgabensay herzustellende Menge Branntwein auf 3 1 pro Kopf festgestellt wird. Diese Vorschrift sowie die Vor- schrift, betreffend die Vertheilung der Erträge nah Maßgabe der matrikularmäßigen Bevölkerung, kann ohne Zustimmung der betreffenden neu beigetretenen Staaten nicht geändert werden.

Der Abg. Frhr. von Gagern stellte und begründete ausführ- li den Antrag, daß auch die Abänderung der in der Brannt- weinsteuergemeinschaft zum niedrigeren Abgabensay zu produ- zirenden Menge Branntwein niht ohne Zustimmung der neu eingetretenen Staaten erfolgen dürfe.

Der Staats-Minister von Scholz bat, den Antrag des Abg. von Gagern abzulehnen. Er (Redner) wolle nur den einen Grund dafür anführen : der Absay 2 des Ï 1, welcher die Hauptbestimmung des Ge)eßzes über die periodische Revision enthalte, gelte für die Branntweingemeinschaft als Recht. Wenn einer der süddeutschen Staaten beigetreten wäre, würde dies absolute Recht der großen Gemeinschaft nicht mehr dieser selbst angehören, sondern unter das Reservatrecht fallen. Es würde lediglich von Bayern abhängen, ob der Paragraph be- stehen bleiben solle. i: i

Dex Abg. Dr. Windthorst meinte: Der §. 44 könne nicht acceptirt werden, weil er die e wesentlih hindere. Das Haus müsse si die volle Freiheit wahren, um die Legis- lative ungehindert walten lassen zu können. Bei der Neuheit des Gesetzes, bei den scharfen Eingriffen, welche das Geseß in die ganze Gewerbeordnung mache, bei den Erwägungen, wle die verschiedenen Jnteressen ausgeglichen werden sollten, sei es wer, gleih das Richtige zu treffen, und auch er sei über- zeugt, nah drei Jahren werde man nicht bloß eine Revision des §. 1 vornehmen müssen, sondern vor einer sehr großen, vielmehr totalen Revision stehen. Jnsoweit liege der §. 44 nit im Interesse des Centrums, er glaube aber auch nit, daß durch die erwähnten drei Punkte die Jnteressen Bayerns durchaus geshügt würden. Die wirthschaftlichen Jnteressen Bayerns würden eine noch weitere Beschränkung verlangen, wenn sie vollkommen gesichert sein sollten. Das sei aber nicht seine Sorge, sondern die der Herren aus Bayern. Aber die gewährten Zugeständnisse hüße die Form des 8. 44 nit, der ja, im Wege der egislative geschaffen, auch so beseitigt werden könne. Nur durch einen formalen Vertrag könnte Bayern geschüßt werden.

Der Abg. Miquel bat, den Antrag Gagern abzulehnen. Die Herren in Bayern sollten sich klar machen, daß man eventuell die Branntweinsteuer au in Norddeutschland allein einführen könnte. Er würde das im wirthschaftlichen Juteresse beklagen, wenn eine Zollgrenze zwischen Bayern und dem Reich hergestellt würde. enn der §. 44 die Revision nah Z Jahren beschränken sollte, würde auch er bedenklich sein vom A DebdeltsGan Standpunkte. Die Schwierigkeiten würden aber in der Zukunft hauptsächlich in der Differenz liegen, welche allerdings auch die Kontingentirung berühre. Aber eine loyale Berücksichtigung beider Theile sei unter allen Umständen verbürgt. Er bitte also, den Antrag von Gagern abzulehnen und den ei mit möglichst großer Mehrheit anzunehmen.

Der Abg. Orterer äußerte: Das Centrum müsse bemüht sein, die gewährten Vortheile festzuhalten. Die Disferenzsäße seien eine unerläßliche Bedingung für das Centrum. Er gehe nicht so weit wie der Abg. Windthorst. Er würde damit zu- frieden sein, wenn eine Mehrheit in diesem Hause den Antrag von Gagern annehmen würde. Diese gewünschte Sicherung sei für das Centrum außerordentlich wesentlich, für die meisten geradezu eine conditio sine qua non,

Der Staats-Minister von Scholz bemerkte: Die verbün:- deten Regierungen, welche jebt in völliger Einmüthigkeit es sih zur Ausgabe gestellt hätten, den Schuß der Schwächeren zu verwirklichen und namentlich die kleineren Brennereien n Süddeutschland zu schüßen gegen die Konkurrenz der größeren Betriebe Norddeutschlands, würden doch wohl au in Zukunft nicht minder besorgt sein für den Schuß dieser Juteressen. Jm Uebrigen hätten auch in Mitteldeutshland und Westdeutschland die kleinen Betriebe ganz dieselben Interessen, wie in Bayern und könnten sich des Wohlwollens der Regierung versichert halten. Zwischen dem Antrag Gagern und dem l1ebigen zweiten Absay des §. 44 bestehe ein prinzipiell bedeutender Unterschied. i : | S

Jm §8. 44 seien allerdings eine Reihe Puulkte sestgelegt, aber nur solche, welche den betr. einzelnen süddeutschen Staat angingen, nicht solche, welche auch die norddeutschen Staalen beträsen. Damit würden die Verhältnisse der Gesammtheit von diesen Staaten nicht abhängig gemacht, wie es in dem Antrag Gagern der Fall sei,

Der bayerische Bevollmächtigte zum Bundesrath, Graf Lerchenfeld-Köfering führte aus:

Meine Herren! Ich habe niht das Wort ergriffen, um Namens meiner Regierung zu dem Antrage Gagern Stellung zu nehmen. Ih fann nah den Aeußerungen, welche in diesem hohen Hause bis jegt gefallen sind, annehmen, daß dieser Antrag wohl nicht genügende tas finden wird, um zur Annahme zu gelangen. Ich halte es aber für meine Pflicht, Ihnen die Annahme des 8, 44 dringend zu empfehlen. Was die Einwendungen gegen diesen Paragraphen be- trifft, die von dem Hrn. Abg. Dr. Windthorst vorgebracht worden sind, so hat auf dieselben bereits der Königlich preußische er Finanz- Minister geantwortet. Meinerseits will ih nur einige Worte auf die Behauptung des geehrten Herrn erwidern, daß Bayern, wenn es feinen förmlihen Vertrag abschließe, die Zukunft vollständig preisgebe, indem dann die Reich8geseßgebung kiederzeit in der Lage wäre, den §. 44 wieder zu beseitigen und damit au das, was Bayern in demselben zugesichert ist, aufzuheben. Meine Herren, diese Ausführung muß ih als eine durchaus irrige erklären. Der 8. 44 bildet seinem Inhalt nach einen Vertrag, wenn auch die Form des Gesetzes gewählt ist. Es sind die Staaten der Branntweinsteuer- gemeinschaft, die gegenüber den süddeutshen Staaten, d. h. jedem dieser Staaten, welcher später dem Gese beitreten sollte, die Ver- pflichtung übernommen haben, gewisse, die beitretenden Staaten be- treffende Bestimmungen dieses Geseßes nur mit deren Zustimmung abzuändern. Wenn das heute geltende Reht über die Besteuerung des Branntweins in den Reservatstaaten ursprünglich in den Bündniß- verträgen \tipulirt worden ift, so sind die betreffenden Bestimmungen do später im Art. 35 der Reichsverfassung in die Form des Geseßes gebracht worden. Heute soll das eventuelle künftige Verhältniß gleih in Gesetzesform gekleidet werden. Ein Unterschied für das Recht der süddeutschen Staaten entsteht hieraus aber keineswegs. Wohl Niemand kann ernstlich daran denken, daß die Regierungen im Bundesrath, daß der Reichstag, wenn er dieses Gesetz mit §. 44 angenommen haben wird, einseitig, ohne Zustimmung des betreffenden Reservatstaats den §. 44 wieder aufheben fönnte. Ich glaube also, daß die Befürchtungen des Hrn. Abg. Windthorst in dieser Beziehung durchaus unbegründet sind. Er kann es übrigens getrost Bayern überlassen, in dieser Beziehung für die Zukunft Sorge zu tragen.

Was nun noch die Anfrage des Hrn. Abg. Dr. Orterer betrifft, die ih leider nicht genau verstanden habe ich glaube, der Herr Abgeordnete hat gesagt, er wäre den Vertretern der bayerischen Regie- rung dankbar, wenn sie sich über die etwaigen Befürchtungen äußern möchten, welche sie bei Einführung dieses Gesetzes in Bayern hegen so kann ih nur darauf verweisen, was von dem Königlich bayerischen Herrn Staats-Minister von Riedel seiner Zeit hier auêëgeführt worden ist. Aus den Darlegungen des Herrn Staats-Ministers möge der Herr Abgeordnete entnehmen, welche Stellung die bayerische Regie- rung zur Sache eingenommen hat. Diesen Ausführungen habe ih meinerseits nichts hinzuzufügen; die Frage, inwieweit dieser Geseß- entwurf für uns günstig wirken wird, hat übrigens seiner Zeit im bayerishen Landtage zur Erörterung zu, kommen.

Der Abg. Dr. Windthorst meinte: Die heutige Ueber- einstimmung der verbündeten Regierungen und des Reichs- tages garantirten ihm nicht die Zukunft. Es kämen andere Leute, andere Verhältnisse, und dann habe die vertrauensselige Stimmung ein Ende. Von einem Vertrage sei absolut nicht die Rede; wenn ein solcher vorliege, hätte er erwartet, daß der Finanz-Minister ihn hier vorgelesen hätte.

Der württembergishe Bevollmächtigte zum Bundesrath,

von Schmid, führte aus:

Meine Herren! In der Sißung des Bundesraths vom 30. April d. I., in welcher die Branntweinsteuer-Vorlage zur Berathung und Bes ({lußfassung gelangte, haben die Vertreter von Bayern, Württem- berg und Baden die Erklärung abgegeben :

Im übrigen nehmen Bayern, Württemberg und Baden im Hin- blidck Wu Art, 7 und 35 der Reichsverfassung an der Abstimmung niht Theil, behalten sih jedoch vor, indem fte ihr Einverständniß mit §8. 44 erklären, je nah dem Ergebniß der weiteren Berathung die in diesem Paragraphen vorgesehene Zustimmung zu der Aus- dehnung des Gesetzes auf ihre Staatsgebiete zu ertheilen.

Die Vertreter der Südstaaten, der Reservatstaaten, haben alfo mit dieser Erklärung den vertragsmäßigen Standpunkt, wie er in der Reichsverfassung niedergelegt ist, hier festgehalten. Es ist von mir \chon in der Sitzung des Reichstages vom 10. Mai darauf hin- ewiesen worden, daß es si hier lediglich bei den bezüglichen Ver- andten um den Vertragsstandpunkt als folchen handelt. Ich kann auch ausdrücklih konstatiren, daß in den Berathungen des Bundesraths selbst von den Bevollmächtigten der süddeutshen Staaten nicht unterlassen wurde, wiederholt darauf hinzuweisen, daß die Aktion, um die es sich handle, im Wesentlichen die eines Vertrages fet, und hier im Plenum des hohen Reichstages ist von meiner Seite mit großer Absicht dieser Standpunkt wiederum klar kundgegeben worden.

Meine Herren, der Hr. Abg. Dr. Windthorst hat am S(hlusse seiner ersten Rede gesagt, nur für den Fall, daß ein formeller Ver- trag zum Abschluß gelange, würde die Meservatbasis für die Süd- staaten eigentlih fonservirt bleiben. Wir stehen thatsächlih in dem Sinne auf diesem Standpunkte, daß wir eben die Vereinbarung, die zum Abschluß kommt, in der Form des Gefegzes bewirken.

Meine Herren, das ändert und bindert in der Sache n@chts. Im dem großen politischen und staatsrehtlihen Leben, und namentlich dollends innerhalb des Deutschen Reichs, der einzelnen Bundesstaaten unter einander, ist es doch da gewiß nicht nöthig, daß man ein formelles Vertragsinstrument so, wie zwischen zwet Privatkontrahenten, die nh wechselseitig ein Lukrum abzuringen suchen, festzulegen hat.

Meine Herren, fo liegt es glücktliherweise im Deutschen Reiche mit der öffentlihen Rechts8ordnung noch niht. Außerdem aver, meine Herren, glaube ich, Sie ausdrücklich darauf hinweisen zu ollen, daß der Inhalt, der Tenor dieses §. 44 der Vorlage wesentlich übereinstimmt mit den bezüglichen Bestimmungen der MReichs- verfassung, in welchen die Reservatrehte festgelegt wurden, mit dem Art. 35 und namentlih mit dem Art. 78 der Reich8verfa]- sung, welche ih den geehrten Hrn. Abg. Dr. Windthorst nachzule}en bitte. Dort wird er finden, daß gerade solche besonderen Rechte, welche den einzelnen Staaten zustehen und gewahrt bleiben sollen, unter den besonderen Schuß der Verfa})sung in dem Sinne gestellt sind, daß gegen das Veto des betheiligten Staates eine Ab- änderung derselben niht stattfinden kann. (Abg. Dr. Windthorst bittet ums Wort.) Jh bin noch nicht fertig, Herr Doktor! Meine Herren, es ift aber von mir des weiteren zu bemerken, daß, 10 lange es überhaupt ein Deutsches Recht giebt, darüber kein Zweifel und keine Sorge bestehen kann, daß ein Reservatrecht auch re)pektipt werden wird, wenn es «in der Meise festgelegt wird, wie es hier von Seiten der MReservatflaaten in einer Vereinbarung mit den gesetzgebenden Faktoren des Deutschen Reihs nmcht dloß, sondern mit dea im Bundesrath vertretenen _deutschen Fürsten und Regierungen geschieht. Meine Herren, diefer Sorge glauben wir ents» hoben zu sein. i l :

Wenn der bochverehrte Hr. Abg. Pr. Windthorst exemplifizirt hat darauf, wie man in Absicht auf die Kompetenzen zweifelhaft fein könne und wie in Folge davon eben verschiedene Interpretakionen nicht bloß in der Theorie, sondern nah Umständen auch in der Praxis gemacht werden, und wenn er speziell den Fall angeführt hat, den Sie }oeden von ibm vernommen haben, ja, meine Herren, da halte ih doch mit vollem Grunde entgegen: in Absicht auf jene Bestimmungen waren vielleicht niht verba clara und noch weniger klarer Sinn, hier aber, meine Herren, was diese Bestimmung in 8. 44 anbelangt, da |\tcht mit nicht miszuverstehenden Worten, daß die besonderen Rechte, um die cs nch hier handelt, und mit der positiven Zustimmung des betheiltigren Staates, und zwar jedes einzelnen, abgeändert werden Es giebt hier keinen Zweifel; und gerade die Stellea, A] welche der Or. Abg. Windthorst selbst 1m rômi!cheza Recht sich berufen hat, beweisen nux, daß meine Auffa))ung die richtige Ut.

Fonnen.