1907 / 259 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 30 Oct 1907 18:00:01 GMT) scan diff

3) Mitteilungen der Königlichen Eisenbahndirektionen über die im Perfonenzugfahrplan eingetretenen wichtigeren Aendérungen sowie über die für den Sommer 1908 in Aussicht genommenen Aenderungen des Personenzugfahrplans.

4) Wahl von 2 stellvertretenden Mitgliedern für den Aus\{huß des Bezirkseisenbahnrats.

5) Wahl eines stellvertretenden Mitglieds für den Landes- eisenbahnrat. i n Fahrplanänderungen auf der Streke Freienwalde a. O.— erlin.

Berlin, den 25. Oktober 1907.

Königliche Eisenbahndirektion. Behrendt.

heutigen Nummer des enehmigungs- der. Stadt

weiten Beilage zur „Reichs- und Staatsanzeigers“ ist eine urkunde, betreffend eine Anleihe Gelsenkirchen, veröffentlicht.

n der

Nichtamltliches.

Deutsches Reich.

Preufen. Berlin, 30. Oktober.

Jhre Majestät die Kaiserin und Königin haben den Stein Elisabeth von Kalckreuth und Marie Brückner in Potsdam das silberne Frauenverdienstkreuz am weißen Bande Allergnädigst zu verleihen geruht.

Die Nr. 10 der „Amtlichen Nachrichten des Reichs- versiherungsamts“ vom 15. Oktober 1907 enthält im amtlichen Teil, Abschnitt À (Unfallversicherung), ein Rundschreiben des Reichsversiherungsamts, betreffend den Giroverkehr der Berufsgenofssenshaften mit der Reichsbank, vom 24. April 1907, sowie folgende Entscheidungen und Beschlüsse:

„Ueber cinen Rentenminderungsbescheid, den die Berufs- genossenschaft nah Ablauf von fünf Jahren seit der Rechts- kraft der ersten Rentenfestseßung ohne ein ausdrücklihes Ein- verständnis des Empfangsberechtigten erlassen hat, darf das von diesem angerufene Schiedsgericht ohne dessen ausdrückliche Billigung sahlih nicht entscheiden.“ (2201.)*)

Ueber Tragweite der Rechtskraft. (2202.)

Kein Grund zur Wiedereinsezung in den vorigen Stand, wenn der rechtzeitig mit Einlegung des. Rechtsmittels beauf- tragte Nechtsanwalt dasselbe verspätet eingelegt. (2203.)

Ueber den Gegenstand der Anhörung des behandelnden Arztes. (2204.)

„Betriebe für Jnstallationen von Heizungs- und Lüftungs-

anlagen haben den Eisen- und Stahl-Berufsgenossenschaften anzugehören.“ (2205.) E g e Zugehörigkeit der Sensenschmiede. 2206. Kunsthonigfabriken sind bei der Berufsäenossenschaft der chemischen Jndustrie versichert. (2207.)

Die Abteilung B (Jnvalidenversiherung) enthält eine Bekanntmachung des Reichsversiherungsamts vom 2. Ok- tober 1907 über die zeitlich unbeshränkte Geltung der von der Landesversicherungsanstalt Hannover erlassenen und vom Reichs- versicherungsamt genehmigten Kontrollvorschriften.

In den sih anschließenden Revisionsgentscheidungen werden folgende Grundsäße ausgesprochen :

Das Schiedsgericht darf seine Entscheidung niht im voraus davon abhängig machen, ob ein noh ausstehendes ärzt- lihes Gutachten sich für oder gegen Erwerbsgunfähigkeit aus- sprechen werde. (1319.)

Der Bezug einer Pran aus der am 1. Januar 1901 ins Leben getretenen Pfälzishen Pensionsanstalt rechtfertigt die Anwendung des 8 48 Abs. 1 Ziffer 2 des Jnvaliden- versicherungsgeseßes. (1320.)

Freiwillige Beiträge, die ein Dritter nämlich in einem Falle der S ohn, in einem anderen Falle der Ortsarmen- verband für einen Versicherten ohne dessen Zustimmung entrichtet, find rechtswirksam, wenn der Versicherte die Ent- rihtung nachträglich ausdrüdÆlich oder stillshweigend genehmigt. (1321)

Es folgen Entscheidungen aus Z 155 des Jnvaliden- versicherungsgeseßes, in denen ausgesprochen wird, daß als ent- richtete Beiträge im Sinne des §6 Abs. 2 S. 1 des Jnvaliden- Serien aT Mes auch solhe Beiträge gelten, aus denen die Anwartschaft erloschen ijt (1322), und in denen die Versiche- rungspflicht von Provisionsreisenden (1323) sowie die Ver- siherungspfliht eines Hausshlachters (1324) bejaht wird.

Daran schließen ih folgende Bescheide und Beschlüsse.

Ein innerhalb der Frist des § 44 Abs. 3 des Jnvaliden- versiherungsgeseßzes unter Ueberreihung der Aufrechnungs- bescheinigungen und der leßten Quittungskarte des verstorbenen Sis beim Gemeindevorsteher mündli gestellter Antrag einer Witwe auf Gewährung „einer Rente“ ist als rehtzeitig und wirksam gestellter Antrag auf Beitragserstattung anerkannt worden (1325).

Ferner is ausgesprochen worden, daß der im Jnvaliden- rentenverfahren auf schiedsgerihtlihe Anordnung zur ärztlichen Beobachtung in einer Krankenanstalt untergebrachte Renten- bewerber Anspruch auf angemessenen Ersaß der dadurch ent- standenen Erwerbsversäumnis hat und daß diese Kosten ge- rihtlihe Kosten der Beweiserhebung sind und deshalb dem- jenigen Versiherungsträger zur Last fallen, gegen dessen Bescheid die Berufung eingelegt ist. (1326.)

Den Schluß machen Uebersichten über die Rentenzahlungen und Beitragserstattungen der 31 Versicherungsanstalten im Monat August 1907 sowie über den Erlös aus Beitrags- marken im Monat September 1907.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrat, Königlih sächsische vorsißende Staatsminister und Minister der Finanzen Dr. von Rüger ist in Berlin angekommen.

*) Die neben den einzelnen Entscheidungen stehenden ein- geklammerten Zahlen geben die Ziffer an, unter welcher diese in den „Amtlichen Nachrichten" veröffentlicht sind.

Der Kaiserlich russische Botschafter Er von der Osten- S acten ist nah Berlin zurüEgekehrt und ‘hat die Leitung der Botschaft wieder übernommen.

Der Königlich. griehishe Gesandte Cléon Rangabé ist nach Berlin zurückgekehrt und hat die Leitung der Gesandt- schaft wieder Übernommen.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Moltke“ am 26. Oktober von Rio de- Janeiro nach Pernambuco in See gegangen. : :

S. M. S. „Jltis“ ist vorgestern von Nanking ab- gegangen und in Tschingkiang (Yangise) eingetroffen.

Der ausreisende Ablösungstransport für das Kreuzergeschwader (Fähnrichstransport) ist mit dem Reichs- postdampfer „Prinzregent Luitpold“ vorgestern in Neapel ein- getroffen und hat an demselben Tage die Reise nah Port Said fortgeseßt.

Der ausreisende Ablösungstransport für S. M. S. „Sperber“ ist mit dem Reichspostdampfer „Lucie Woer- mann“ vorgestern in Lome (oge) eingetroffen und hat an demselben Tage die Reise nah Victoria (Kamerun) fortgeseßt.

Posen, 29. Oktober. Von maßgebender Seite wird dem „W. T. B.“ mitgeteilt, daß der Schulstreik nunmehr auch in der Provinz Posen vollständig erloshen is und in sämt- lihen Schulen die Antworten im Religionsunterriht ohne Widerspruch in deutsher Sprache erfolgen.

Oesterreich-Ungarn.

__ Das ósterreihishe Abgeordnetenhaus seßte in seiner gestrigen Sizung die erste Lesung der Ausgleich8s- vorlagen fort.

Nach dem Bericht des „W. T. B.“ betonte der Ministerpräsident Freiherr von Beck im Laufe der Dekatte, daß die Ersetßzung des Zoll- und Handelsbündnifses durch eine Vertragsform absolut nit im Widerspruch mit der 1867er Gesetzgebung stehe, die an keiner Stelle die Forderung nach einem Zoll: und Handels- bündnis erhebe, vielmehr nur von „von Zeit zu Zeit zu vereinbarenden Grundsäßen®* spreche. Da der gegenwärtige Vertrag auch vom Standpunkte des internationalen Veitrags- rechtes einen Anspruh auf Mitgenuß aus Titel „meistbegünstigte Be- handlung“ vollständig aus\schließe, könne gegen die Bezeichnung „Ver- trag“ auch wegen der in Betraht kommenden materiellen Interessen ein begründeter Einwoand niht geltend gemacht werden. Was die Zollangelegenheiten betreffe, so gebörten diese nicht zu den gemein- samen Angelegenheiten, sondern bildeten nur den Gegenftand einer vertragsmäßigen Disposition. Der Ausgleih sehe vor eine ein- heitlihe SZollarenze, ein vereintes Zollgebiet und einen ge- meinsamen Vertragszolltarif, im übrigen werde die bis- herige MRechtslage vollständig festgehalten. Der Miuister- präsident widerlegte dann eix pehend die Einwendungen, die gegen die Form der Untersertige 4 der künftigen wirts{aftlihen Ver- träge mit den Auóslandsst&ätes “erhoben wurden, und betonte, durch Unterzeihnung dieser Verträge seitens des Ministers des Aeußern werde der Zusammenschluß beider Staaten bekundet und anerkannt, daß der Abs&luß des Vertrages ein Akt der gemeinsamen Regterung set. Gleichzeitig komme auch das Mitwirkungsreht der beiden Regierungen bei der Unterfertigung zum Ausdruck. Gegenüber den mehrfach geäußerten Besorgnissen bezüglich der Rückwirkung des Ausgleihs auf die Armeefrage kônne er die beruhigende Versiherung geben, daß der Ausgleich in keinem Zusammenhange mit der Militärfrage stehe und daß zu der Befürchtung, als ob die bewährten Grundlagen der Armee einer Gefährdung oder Erschütterung ausgeseßt wären, kein Anlaß vorliege. Hinsichtlih der Frage über die Zuziehang der geseßlichen Vertreter Kroatiens zu den Ausgleihsverhandlungen verwies der Ministerpräsident darauf, daß in allen Geseßen nur vom ungarischen Neichstag, nicht aber vom fkroatishen Landtage gesprochen werde; die Bosnien und die Herzegowina betreffenden An- gelegenheiten könnten, wie bisher, nur in Form von Gesetzen ge- regelt werden, die zwishen den beiden Staaten der Monarchie zu ver- einbaren seien. Der Ministerpräsident besprah hierauf eingehend die Frage der Konversion des ungarishen Blocks. Er wies nah, daß \o- wohl die bezüglich der Zinsfußbonifikation bei Konvertierung dieses Blocks wie hinsihtlich des sogenannten Domänenanlehens gebrachten Opfer, wern von solchen überhaupt die Nede sein könne, durchaus billig ge- nannt werden müßten, und stellte insbesondere fest, daß es ich bei der Zinsfußbonifikation nicht um fünfzig oder gar sebenundfünfzig, sondern rund um vierzig Millionen Kronen handle. Es gehe aud nicht an, der Quotenerhöhung diesen eventuellen Entgang gegenüberzustellen. Freiherr von Beck betonte \chließlich, daß von einer erheblichen Beeinträchtizung Oesterreihs dur die Ver- wendung der gemeinsamen Zolleinnahmen zur Bestreitung der gemein- samen Auslagen niht gesprohen werden könne, und empfahl die Prüfung des Ausgleihs, der, wiewohl nicht vollkommen, doch be- rufen fei, für ein Jahrzehnt die wkitshaftlichen Beziehungen der beiden Staaten in echt freundnahbarlihem Sinne zu ordnen und Produktion und Verkehr auf s\sihere Grundlagen zu stellen. In der weiteren Debatte betonte der Abg. Abrahamovicz, der Ausgleih enthalte, namentlich vom agrarishen Standpunkte aus betrachtet, enorme Vorteile. Die Polen begrüßten ihn als gerechten Ausgleich und wollen in der Ueberzeugung, daß wtrtschaftlihe Gemein- samkeit die wichtigste Vorbedingung für die Fortdauer aller gemetin- samen Institutionen und für die Machtstelung de3 Reichs sei, die Vorlagen genau prüfen. Der Abg. Iro trat in entschiedenster Weise für vollständige wirtshaftlihe Trennung ein.

Die Weiterberatung wurde auf heute vertagt.

Jn der gestrigen Sißung des ungarischen Ab- geordnetenhauses ergriff der Ministerpräsident Dr. Wekerle bei der Verhandlung über die Jndemnitäts- vorlage das Wort und drückte sein Bedauern darüber aus, daß viele Vertreter der Nationalitäten bemüht seien, Ungarn vor der öffentlihen Meinung Europas als Unterdrücker hin- zustellen, während sie selbst die Rolle der Märtyrer spielen.

Der Minister erklärte, obigér Quelle zufolge, im weiteren Verlauf seiner Rede, taß in Ungarn nicht bloß die persönliGen Rechte der Staatsbürger ho&hgehalten würden, sondern man den spezifishen Ne@(hten der Nationalitäten immer mehr Zugeständnisse mae. Aber je größeres Entgegenkommen Ungarn zeige, desto lärmender ertönten die Klagen über Beraubung von Rechten, desto beflissener werde im Auslande die Meinung verbreitet, der ungarische Staat könne nur durch künstlihe Mittel und durch Gewalt- tätigkeit aufrechterhalten werden. egen solhe falshe Behauptungen verwahre er si entshieden. Bezüglih des Vorwurfs der Magyart- iung sagte der Ministerpräsident: Wir wünschen nichts anderes, als allen ungarishen Staatsbürgern die Anetgnung der ungarisch:n Staatssprahe zu ermöglihen. Abg. Polit (Serbe) zwischen- rufend: Das is gerade genug. Ministerpräsident Wekerle: Zeigen Sie mir einen Staat in Europa, der an seine fremd- \sprahigen Staatsbürger so geringe Anforderungen ft[llt. Abg. Bredieanu (Numäne) zwischenrufend : Ueberall achtet man in den Volks\{hulen die Muttersprache. Ministerpräsident W ekerle: Gehen

Sie nah Rumänien, um zu erfahren, welche Ansprüche dort der Staat an die Schulen fremdsprahiger Staatsbürger stellt! Sie werden dann einsehen, wie duldsam und wahrhaft liberal Ungarn allen Nationalitäten gegenüber verfährt.

Großbritannien und JFrland.

Der König und die Königin von Spanien sind „W. T. B.“ zufolge, mit dem Kronprinzen aefteen abend in London angekommen.

Der Staatssekretär des Krieges Haldane hat gestern in Newcastle eine Rede gehalten, in der er ausführte:

Solange nit vollständige Eintracht unter den Völkern herrs{he dürfe England die nationale Verteidigung niht vernachlässigen; die Haager Friedenskonferenz habe gezeigt, daß die übrigen Staaten mit den Wünschen S nicht einverstanden seien. Der fortgeschrittene Sozialismus strebe nah einer Verbesseruyva der herrschenden Zustände es ergäben sich aber Schwierigkeiten, sobald er den Versuh mate, diese Bestrebungen in die Praxis umzusetzen. l

Frankreich.

Die Deputiertenkammer hat gestern die Beraiung desg Budgets begonnen. Der sozialistishe Ergänzungsantrag um Budget des Ministeriums des Junern, der die Ab\chaffung er Stellungen der Unterpräfekten verlangt, wurde, „W. T.Y? zufolge, mit 339 gegen 225 Stimmen abgelehnt, die Titel der Budgets des Jnnern und der Justiz wurden angenommen, Darauf wurde die Sißung geschlossen.

Rußland.

Der finnische Landtag hat den Antrag des Verfassungs- auss{husses, betreffend Bewilligung von 20 Millionen Mark aus finnishen Staatsmitteln an die russische Staatskasse, „W. T. B.“ zufolge, angenommen. Die Ae nahmen an der endgültigen Abstimmung nicht teil.

Wie aus Wladiwostok gemeldet wird, hat in einem dort garnisonierenden Mineurbataillon eine Revolte statt: gefunden. Ein Teil der Gemeinen eines Mineurbataillons, die von Agitatoren und einer Gruppe Zivilpersonen geleitet wurden, nahm gestern in ihren Kasernen die Gewehrpyramiden auseinander und eröffnete ein Feuer gegen die Kaserne, in der zwei Kompagnien des zehnten Shüßenregiments standen. Als die Auf: ständischen gegen die Kaserne des Schüßenregiments vorgingen, wurde auf sie mit Maschinengewehren gefeuert. Die Auf: ständischen liefen auseinander und lieferten nahher die Waffen ab. Von dem Mineurbataillon wurden zwei Offiziere und zwei Feldwebel verwundet und ein Wachtsoldat getötet. Von der Kompagnie des Schüßenregiments wurde ein Soldat qe- tôtet. Von den Aufständishen wurden zwei Mann getötet und fünf verwundet, außerdem wurde ein Zivilagitator getötet,

Türkei.

Wie die „Agence d’'Athònes“ meldet, sind in Mazedonien von bulgarishen Banden neue Bluttaten verübt worden, Jn der Nacht des 25. Oktober ermordete eine bulgarische Bande, die sich in einer Mühle zwishen Serino und Nahowa im Distrikt Zichini in den Hinterhalt gelegt hatte, sehs griehishe Bauern, deren Leichen verstümmelt wurden. Eine andere bulgarische Bande ermordete in dem im Wilajet Monastir gelegenen Walde Neret zwei griehische Bauern. Acht griehishe Soldaten, die sich auf dem Marsche von Pelepe nah Tizfes befanden, fielen einer starken bulgarishen Bande in die Hände und wurden von ihr gefangen genommen. Die zur Unterstüßung der Mazedonier eingeseßte Kommission hat 35 000 Francs für die Opfer der Zerstörung der Dörfer Rakovon und Njegovan bewilligt.

Norwegen.

Der König Haakon hat vorgestern im Staatsrat Ab- schied von dem bisherigen Ministerpräsidenten Michelsen ge nommen und ihm, dem „Morgenbladet“ zufolge, in warmen Worten für die unshäßbaren Dienste, die er in shwieriger Zeit dem Vaterlande geleistet habe, gedankt. Der König sprach ferner die Hoffnung aus, daß Michelsen seine Gesundheit wieder: erlangen und dann bereit sein werde, in den Dienst des Vater- landes zu treten, wenn dieses ihn rufe.

Dänemark.

Im Folkething erklärte gestern der Minister des Aeußern gegenüber den Ausführungen Dr. Möllers vom 23. d. M Uber den dänish- deutschen Vertrag, betreffend die nord- \hleswigshen Optantenkinder, er habe es für fein Recht und seine Pflicht angesehen, zu versuchen, die Lage der nordshleswigshen Bewohner zu erleichtern.

Der Minister legte ferner, „W. T. B.“ zufolge, dar, daß dem Vert1age entsprehend bisher 2834 Optantenkinder und außerhalb des Vertrages 356 Optanten in den preußischen Untertanenverband au!- enommen worden seien. enugen, zum Vorteil der Nordschleswiger wirken zu können.

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Nr. 47 des „Zen tralblatts für das Deutsche Reith“ herausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 25. Oktober, ha! folgenden Inhalt: 1) Konsulatwesen: Ernennungen; Exequatur erteilungen. 2) Finanzwesen: Nachweisung der Einnahmen tet Deutschen Reichs für die Zeit vom 1. April 1907 bis Ende Sep- tember 1907. 3) Maß- und Gewtchtswesen: Zulassung neuer Systeme von Elektrizitätszählern zur Beglaubigung dur die Eleb trishen Prüfämter. 4) Versicherungéwesen : Beaufsichtigung einer privaten Versicherungsunternehmung durch die Landesbehörde. 5) Zoll- und Steuerwesen: Zulassung eines zollfreien Veredelungé- verkehrs mit Cisenblech und rohen Waren aus niht s{chmiedbaren! Eisenguß; desgl. mit Vbfällen von verzinktem Eisen. Rangerhöhung eines Stationskontrolleurs. 6) Polizeiwesen : Ausweisung von Aut- ländern aus dem Reichsgebiet. Beilage. Handels- und Gewerbe wesen: Verzeichnis von Gartenbau- usw. Anlagen, welche regelmäßigen Untersuchungen unterliegen und als den Anfordérungen der Reblau? konvention entsprehend erklärt worden sind.

Nr. 86 des „Zentralblatts der Bauverwaltung berausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 23. d. M, hat folgenden Inhalt : Das Klässenkrankenhaus mit Schwesternhau? in Stettin und die Gemeindedoppelschule in Grabow bei Stettin. Die Stromschnellen des Dnjepr Vermischtes: Wettbewerb u Aufteilung von Baublöcken am Neuen Botanischen Garten in Berlin Bücherschau.

Nr. 46 des „Eisenbahnverordnungsblatts“, heraut

egeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 23, Oktober, ha!

fo genden Inhalt : Erlaß des Ministers der öffentlichen Arbeiten, betreffend Freifahrtordnung. Vom 15, Oktober 1907.

Er wolle auh fernerhin jede Gelegenheit

Statistik und Volkswirtschaft.

Beruf der in den preußischen Anstalten - kranke usw. i. J. 1905 verpflegten Air rigiftes

Ja der Morbiditätsstatistik der Heilanstalten usw. des yreußi Staats für das Jahr 1905, die îin Band 208 der *Preusichen Statistik“ enthalten it, finden sch im sechsten Abschnitt, der die Morbidität in, den Anstalten für Geisteskranke usw. behandelt, auch Angaben über die Berufe der in diesen während des Jahres 1905 perpflegten 3007 (2770 männlichen und 237 weiblichen) Trunksüchtigen, die in die für die Berufszählung üblichen 25 Gruppen eingeteilt sind. Danach gehörten 217 Personen (darunter 5 weiblihe) der Landwirt- haft, 4 der Forstwirtshaft, 15 dem Bergbau und Hüttenwesen, 26 (1 w.) der Industrie der Steine und Erden, 147 (1 w.) der Metall- verarbeitung, 44 dem Maschinenbaufach, 17 der chemischen Industrie, 18 (1 w.) der Textilindustrie, 9 der Papierindustrie, 27 der Leder- industrie, 98 (1 w.) der Industrie der Holz- und Schnißstoffe, 115 (3 w.) der Industrie der Nahrungs- und Genußmittel, 153 (20 w.) der Bekleidung und Reinigung, 275 (7 w.) dem Baugewerbe, 34 dem polygraphischen Gewerbe an, 3 waren Künstler, 35 (1 w.) Fabrik- arbeiter, 382 (19 w.) gehörten dem Handelsgewerbe, 4 dem Ver- siherung8gewerbe, 160 (1 e dem Berkehrsgewerbe, 125 (11 w.) dem Gast- und Schankwirtsgewerbe, 684 (57 w.) den häutlihe Dienste Perrichtenden, 161 (8 w.) den Militär-, Hof- und bürgerliche Dienste Perrichtenden an, und 255 (darunter 106 w.) waren ohne Beruf oder hatten keine Berufsangabe gemacht. Jn besonderen Tabellen sind für die Berufsgruppen „Verkehrsgewerbe"“ und „Militär-, Hof- und bürgerlihe Dienste“ noch eingehendere Angaben ges macht. Hiernach entfallen von den 160 L 1 weibl.) Personen des Verkehrsgewerbes 32 auf das Postfach, 20 auf das Eisenbahnfach, 83 (1 weibl.) auf Fuhrwesen, 4 auf Straßenbahnen, 13 auf Schiff- fahrt, 6 auf Dienstmannsinstitute und 1 auf Leichenbestattung, Von den 161 (8 weibl.) Personen des Militär-, Hofdienstes usw. gehörten 7 L weibl. Familienangehör.) dem Offizters\tande, 1 dem Unteroffiziers- tande an, 23 waren höhere Beamte, 18 Subalternbeamte, 23 (1 weibl.) Unterbeamte, 4 (1 weibl. Angeh.) Geistliche, 20 (3 weibl.) Lehrer und Lehrerinnen, 2 Kandidaten der Philologie, 1 Erzieher, 10 (1 weibl.) Aerzte, 1 Kandidat der Medizin, 4 Krankenwärter, 3 Privatgelehrte, ps C Musiker, 6 Schauspieler, 9 Schreiber, 1 Professor und 3 Studenten.

Zur Arbeiterbewegung.

Zur Beendigung des Ausstandes der Berliner Töpfer be- richter die „Voss. Ztg*.: Eine Versammlung des Zentral - verbandes der Töpfer beschäftigte fih gestern mit déèm Ergebnis der Einigungêsverhandlungen. Der Berliner Filialleiter teilte mit, daß der Frieden nunmehr gesichert set, nachdem die gestrige Generalversammlung des Arbeitgeberschußverbandes für das Berliner Töpfergewerde \sich mit dem Ergebnis der Einigungsverhandlungen einverstanden erklärt habe. Der neue Tarifvertrag bringe zwar den Arbeitnehmern in einigen Punkten eine kleine Lohnherabseßung, diese würde aber reihlich durch die Erhöhung des Lohnes in anderen Punkten ausgeglihen. Den Kampf jeßt noch weiter fortzuseßen, wäre zwecklos, da man doch kaum noch etwas erreichen würde, es sei daher nur zu empfehlen, daß auch die Töpfer- gesellen diesem Tarife zustimmten. Auch der Vorsizende des Zentralverbandes spcach sich für die Annahme des neuen Tarifes aus. Gegen diesen Vorshlag sprach nur der Vor- sißende der lokalistishen CTöpfervereinigung, der ausführte, daß durhaus kein Erfolg errungen sei, sondern man habe si sozar eine Lohnherabseßzung um 4 v. H. gefallen lassen müssen. Seine Ausführungen wurden von den vorgenannten Rednern widerlegt. Sämtliche anderen Redner sprahen sih für den Friedens\chluß aus und mit großer Mehrheit beshloß die Versammlung demgemäß.

In der Zigarrenfabrik des Kommerzienrats Steneberg in Barntrup sind, wie die „Köln. Ztg." meldet, gestern die Arbeiter in den Ausstand getreten.

In Leipzig steht, der „Lpz. Ztg.“ zufolge, eine Tarifbewegung

der Brauergehilfen und Brauereiarbeiter bevor. Wie deren Ugitationskommission in einer Versammlung berichtete, läuft der mit den Brauereibesigern vereinbarte Tarif am 15. April ab. Die Kom- mission hat deshalb bereits die Vorarbeiten zu dem Entwurfe eines nenen Tarifvertrages begonnen. Den Besißern wurde vorgeworfen, daß; sie die Bundesgehilfen vorzögen und die Arbeitslosen nicht der Reihe nah, fondern willkürlih wieder einstellten. __ In Rotterdam begann gestern, wie ,W. T. B.“ meldet, ein Sciffslader, der nicht dem Verbande der Schiffslader angehört, die Getreideshiffe „Abbotsford“ und „Usher“ mit Hilfe von streikenden Dodckarbeitern löshen zu lassen. In Anbetracht dessen, und um die den Schiffen durch die gegenwärtigen Umstände uferlegten Verzögerungen einzuschränken, gewährleistete die Arbeit- gebervereinigung allen Needern, die Schiffe zum Löschen in Rotterdam haben, eine bedeutend ermäßigte Prämie.

_Nach einer vom „W. T. B.® übermittelten Meldung der „Asscctated Preß* aus Omaha hat die Union Pacific-Eisen- bahngesellshaft zwishen 4000 und 8000 Arbeiter ihrer Werk- slätten- und Bauabteilung entlassen, ihre Betriebsabteilung da- gegen vollzählig aufrehterhalten.

Kunst und Wissenschaft.

In der letzten Sißung des Vereins für Geschichte der Mark Brandenburg hielt Dr. Skalweit einen Vortrag über die Agrarpolitik Friedrihs des Großen. Die Betrachtungen des Vortragenden stüßten sich im wesentlichen auf Stadelmanns Ürkundenpublikation und die reihe landwirtschaftliche Literatur des 18, Jahrhunderts. Dr. Skalweit führte aus, wie die Agrar- volitik Friedrich Wilhelms 1. vorwiegend eine Domänenpolitik gewesen sei, Seine Meliorationen und ländlihen Kolonisattonen, leine Korneinkäufe, sie alle hatte er mehr oder weniger im Interesse seiner Domänen unternommen. Seiner Domänenpolitik ent- sprangen auch seine Getreidesutzoll- und seine Magazinpolitik : damit die Preise nicht unter die Kammeitaxe sänken, M: der König die Grenzen für die Einfuhr sperren und bei einem Tiefstand der Preise den Domänenpälhtern das Korn zum Satze der Kammertaxe, ja auh wohl zu einem höheren Preise abkaufen. Er war eifrig bemüht, das Domantum zu vergrößern, kaufte Rittergüter und legte auch wohl auf Bauernlande neue Vorwerke an, und nicht selten sahen sh Private und Stadtkämmereien infolge seiner Begünstigung der Domänenämter in thren alten Brau- und Mahlprivilegien gekränkt.

__ Alles das hörte unter Friedrih 11. auf. Er hatte eine andere, eine großartigere Staatsauffassung. Er trieb niht mehr eine ein- seitige Domänen-, sondern eine auf alle Landbewohner si erstreckende Agrarpolitik. Wenn er im Lande Getreide kaufte, wurden niht mehr die Domänenpächter bevorzugt, oder man nahm ihnen gar zu einem besonders hohen Preise ihr Getreide ab, nein, dann wurde die gesamte onkurrenz zugelassen, und niht die Kammertaxe, sondern der Markt- preis war für den Kauf maßgebend. Aller Plusmacherei, „so mit anderer Leute Unglück ges{ähe*, war Friedrih abhold, und, von West« breußen abgesehen, wo er den polnischen Adel auskaufte, weil er nicht ¡u wirtsasten verstand und für die Landkultur {ädlich sten, kaufte er grundsäßlih keine Rittergüter mehr an. Wo er nur konnte, wurde der Privyatgrundbesit gefördert, und herrshte trgendwo Not- stand, dann matte er bet feinen Getreidespenden keinen Unterschied ¡wischen Domänenpächter und Gutobesißer: im Gegenteil, dem hter gegenüber berief er sch gern auf seine kontraktlih aus- gemachten BerbfliWtungen, während er dem Adel gegenüber nicht lelten große Generosität walten ließ. Im Adligen achtete er setnen Vsfizter, der Butter war für ihn nur Geschäftsmann. An dem System der Domänenverwaltung hat Friedrih nichts Wesentliches geandert. Auh das Verpachtungsverfahren mit seiner kurzfristigen Pachtdauer wurde beibehalten, nur daß in den späteren Jahren bet der Vergebung der Pachten dem freten Wettbewerb weiter, als es dorher gesehen, die Tore geöffnet wurden.

Friedrich Wilhelm 1. hatte sich bei seinen Kolonisationen und Meliorationen von dem finanziellen Gesichtspunkt leiten lassen, die Domäneneinkünfte zu vermehren, und deshalb vor allem die Anlage von Domänenvorwerken betrieben, die größere Einkünfte als Bauern- kolonien versprahen. Friedrihs des Großen Streben war da- gegen auf die Vermehrung der Produktion im ganzen gerichtet ; ob das Domanium oder der private Grundbesiß die Kultur verbesserten, war ihm zunächst gleihgültig; er wandte au den Guts- besißern zur Vornahme von Meliorationen reihe Mittel zu. Aber au auf den Domänen ging er anders vor als sein Vater. Er bielt auf unkultiyiertem und \hlechtem Boden den Kleinbesiß für produktiver ganz abgesehen von dessen sonstigem Wert für den Staat —, deshalb verwandte er das durch Meliorationen gewonnene Neuland vorwiegend zu Bauernkolonien; ja, er parzellierte Domänenvorwerke, wenn sie sich für den Großbetrieb als unrentahel erwiesen. Und in der Meinung, daß der freie Eigentümer für Urbar- machung und Kultivierung des Bodens am besten sorgen werde, pflegte der König die aufgeteilten Domänenländbécien in Erbpacht zu geben, ein Verfahren, das sein Vater als eine Veräußerung des Domanialbesißes durchaus abgelehnt hatte. Da die großen Domänenbauerhöfe zu einer intensiven Nußung gewöhnli zu groß waren, wurden sie zershlagen, und so entstanden neue Dorf- schaften, die mit den zweiten Söhnen der Besiger besiedelt wurden. Gs sollte mit diesen Maßnahmen kein fiskalisches Interesse verbunden sein, sondern nur der Zweck verfolgt werden, „alles das Land in eine bessere Kultur zu bringen, daß. es nußbarer wird“.

Daneben ging des Königs Bestreben, dem Mißverhältnis zwischen Produktion und Absatz entgegenzuwirken, ein Mißbverhältnis, das bei den damaligen s{lechten Verkehrsmitteln, größer und bedeutungêvoller war, als es heute ist. Ershwerend fiel ins Gewicht, daß damals die Landwirtschaft fast aus\ließlich Getreidebau trieb, es ihr also an Mitteln fehlte, eine \{chlechte Getreideernte durch andere Produkte zu ergänzen. Infolge der Gründung von Manufakturen und der raschen Städteentwicklung stieg damals der Wert des Getreides und infolge- dessen entstand „die krankhafte Sucht", imrzermehr Land dem Getreide- bau nußbar zu machen. Darunter mußte die Viehzucht leiden, zumal auch Wiesen und Weiden si vershleckterten, und während si das Acker- land ständig erweiterte, nahm die Düngerproduktion mit dem {wäcer werdenden Viehstande ab. Raubbau und Bodenverschlehterung waren die Folge. Das Dreifeldersystem, das ein Jahrtausend lang den An- sprüchen genügt hatte, wurde mit einem Mae als rückständig empfunden. Friedri erkannte, daß der Kardinalfehler an der \{lechten Viehhaltung und Düngerwirtshaft läge. Für das an allgemeiner Unterernährung leidende Vieh mußten Futterkräuter angebaut und die Stallfütterung eingeführt werden. Wenn Friedrich die englische Lands wirtschaft einführen wollte, so verstander darunter dieKultivierung von Klee, Gräsern und anderen Futtergewächsen; es war das dasselbe, was er au „artifizielle Wiesen“ nannte, und diese Bezeihnung . Wiesen“ macht deutlih, wie er sih diesen Futterbau dachte: nit im Wechsel mit den Halmfrücbten, sondern neben den Halmfrüchten, so wie die natürlihen Wiesen immer nur zur Futtergewinnung genußt werden, Dem Fruchiwechselsystem is Friedriß sehr nahe ge- wesen, und wenn es au Thaer vorbehalten blieb, diese wichtige Verbesserung einzuführen, so hat er ihr doch wirksam vorgearbeitet. Der Vurhführung dieser Reformen standen große Hindernisse, vor allem die alte Flureinteilung, entgegen, Solange die alte Gemenge- lage mit den Gemeinhutungen und dem Flurzwange, solange die Gemeinheiten in dem altea Zustande blieben, war auf eine dauernde Besserung nit zu hoffen. An die Zusammenlegung der im Gemenge liegenden Bauernäcker hat der ens wohl gedacht, fie aber nit ernstlich betrieben. Mit größerem Nahdruck befahl er dagegen die Separierung der königlihen und privaten Gutsbezirke, die Ablösung der Hutungs- servitute und die Gemeinheitsteilung. Die Teilung der Gemeinweiden wurde am dringendsten gefordert, da man ihrer s{chlechten Verfaffung die erbärmlihe Ernährung des Viehes {Guld gab. Wieweit Friedri diese Bestrebungen durchgesezt hat, ist mit Bestimmtheit nicht zu sagen. Am besten, wenn auh nicht überall, gelang wohl noch die Auseinander- seßung der Amtêyorwerke und Rittergüter mit den Gemeinden, während sih gegen die übrigen Reformen zum Teil unüberwindliche Widerstände erhoben; erft das 19. Jahrhundert sollte zur Vollendung bringen, was Firiedrih begonnen.

Gleichwohl ist Friedric,s Hauptziel, die landwictschaftlihe Pro- duktion zu vermehren, gelungen: niht nur, daß die Produktion absolut und relativ stieg, auch die Bodenkultur hob sich in über- raschender Weise. Und dazu kamen dann noch zwei Errungenschaften, die für das allgemeine Volkswohl die allergrößte Bedeutung hatten: Durch eine vermehrte Fleishproduktion und die Einführung des Kartoffel- baues {uf Friedrih der Bevölkerung Nahrungsmittel, dem Landwirt Einnahmequellen, dîe sie aus der bisherigen Abhängigkeit von dem Getreidebau befreiten. Durch die Kartoffel wurden die Gefahren einer Hungersnot geringer, bekam der landwirtshaftlihe Betrieb ein anderes Aussehen und mußte die Getreidehandels- und Magazinpolitik einen Teil ihrer oft als drückend empfundenen Bedeutung einbüßen. Das waren Wandlungen, die Friedrih der Große in ihrer vollen Wirkung niht mehr erleben konnte, aber vorausahnte und angebahnt hat.

In der am Sonnabend, 2. November d. J., Abends 7 Uhr, im großen Saal des Architektenhauses (Wilhelmstr. 92) statt- findenden Allgemeinen Sigzung der Gesellshaft für Erd- kunde zu Berlin wird Herr Dr. Jean Charcot aus Paris als Gast einen Vortrag mit Lichtbildern halten über das Thema: „L’'Expédition Antarctique Française de 1903—1905“, Jn der auf Montag, den 18. November, Abends 7 Uhr, im Hause der Gesell- haft (Wilhelmstr. 23) anberaumten Fachsißung wird der Professor Dr. K. Kaßner: „Ueber meteorologishe Globen“ sprechen.

Die Gründung eines Freiluftmuseums für Ostpreußen ist dieser Tage im Oberpräsidium zu Königsberg erörtert worden. Nach Eröffnung der Sitzung dur den Oberpräsidenten gab, wie die „Königsb. Hart. Ztg.“ ;mitteilt, der Geheime Rat Bezzenberger, der Vorsißende der Altertumsgesellshaft „Prussia“, einen kurzen Ueberblick über Wesen, Wert und Aufgabe eines Freiluftmuseums und wies besonders auf das berühmteste Beispiel hin: das von ferofessor Hazelius in Stockbolm ins Leben gerufene „Skansen“. Wolle man dergleichen in Ostpreußen ins Leben rufen, so müsse es bald geshehen. Immer mehr verschwänden von den Aeckern, Scheunen und Dachböden die alten Geräte, die gleihsam bodenständig find und zum Charakter der Heimat gehören. Was man in Königs- derg E aufbauen könnte, wären zwei litauishe Haustypen, ein Haus des Fischers und ein Haus des Bauers. Die Kosten für die Anlage wären aus freiwilligen Beisteuern der Oeffentlichkeit sowie aus Beiträgen der Stadt, der Provinz und des Staates zu bestreiten. Erpfessor Dr. Stettiner teilte dazu ergänzend mit, daß auß der Verein zur Hebung des Fremden- verkehrs selbständig der Sache angenommen und {on mit ver- \hiedenen Gesellschaften über die Geländefrage verhandelt habe, und Mos Or. Peiser stellte unter Vorlegung von Karten als ganz esonders srine Gelände die Freigrabenschlucht auf den Hufen sowie etnen bestimmten Play in Maraunenhof vor. Der Oberbürgermeister Körte empfahl die Freigrabenshluht {on wegen ihrer Angrenzung an den jeßt leerstehenden Völkerpark des Tiergartens. Dieses Gelände wurde auch vom Stadtverordnetenvorsteher Krohne aufs wärmste befürwortet, der noch empfahl, frühzeitig in der Angelegenheit mit dem Ttergartenverein Fühlung zu nehmen. Auch der Provinzialkonservator Dethlessen begrüßte die neue Idee vom Stand- punkt der Denkmalpflege aufs lebhafteste und trat ebenfalls für Be- Fhleunigun ein, indem er noch anregte, ob es vielleicht mözlih sei, etne oder die andere der dem Untergang geweihten hochinteressanten hölzernen Dorfkirhen Ostpreußens für die geplante Anlage zu er- werben. Die Versammlung wählte zulegt einen Aus\{huß, dur den die Vorfragen wegen des Geländes und der Geldbeshaffung gefördert

werden follen.

Literatur.

Südafrika. Eine Landes-, Volks- und Wirtschaftskunde von Professor Dr. Siegfried Passarge. (Verlag von Quelle und Meyer in Leipzig.) In dem vorliegenden, mit zahlreichen Ab- bildungen, Profilen und 33 Karten ausgestatteten Werke hat einer der gründlihsten Kenner Afrikas eine auf langjährigen Studien und eigenen Beobachtungen im Lande fußende Gesamtdarstelung Süd- afrikas geboten, die Pobl dem Wirtschaftsgeographen und National- öfonomen wie dem Kaufmann, Offizier und Kolonialpolitiker eine reiche Fülle des Wissenswerten und Interesfsanten in objektiy zu- verlässiger Darstellung übermittelt. Das Buch, das sich nicht in erster Linie an Fachleute, sondern an die gebildeten Kreise überhaupt wendet, soweit sie an Kolonialdingen Interesse nehmen, verdankt seine Entstehung Vorlesungen, die Professor Pafsarge im Winter vorigen Jahres hielt. Die Anordnung des reihen Stoffes ist derart erfolgt, daß, um zwishen dem physish- und kulturgeographishen Teil der Darstellung eine organishe Verbindung herzustellen, zunächst die all- gemeine physishe Geographie eins{ließlich Tier: und Pflanzenwelt als S der Kapitel über die natürlichen Landschaften behandelt wurde. Daran {ließt sich eine Darstellung der allgemeinen Kulturgeographie und an diese die Staatenkunde. Diese Einteilung des Stoffes ermöglicht in der Tat einen ungezwungenen und klaren Gesamtüberblick, und der Umstand, daß in den beiden legten Abschnitten naturgemäß gelegent- lih auf die beiden voraufgegangenen zurückgegriffen werden mußte, dürfte den aufmerksamen Leser nicht stören, ihm vielmehr den Aufbau der Gesamtdarstellung um so deutliher machen und ihm die Zusammen- hänge nahdrüdcklich einprägen. Durchaus angebracht ist es au, daß in einem bet allen seinen wissenshaftlihen Qualitäten doch in erster Linte für Laien bestimmten Buche das äußere wissenshaftlihe Beiwerk möglichst zurückgedrängt wurde. Der Leser wird durch keine Zitate und Fuße noten abgelenkt, sofern er sih aber über die einzelnen Angaben und Probleme näher unterrcihten will, bietet ihm ein Literaturanhang die nötigen Hilfsmittel für ein eingehendes Studium. Bei dem neu- belebten Interesse, das heute für Afrika und für die dortigen deutschen Sqchuygebiete in weiten Kreisen hercs{cht, dürfte das gediegene Pafsargeshe Werk die Beachtung finden, die es durchaus verdient.

Bet dieser Gelegenheit sei zugleih zweier im Verlage von Ger- hard Stalling in Oldenburg erschienenen Schriften gedacht, die sich, freilich in ganz anderer Weise, aub mit afrikanisch-n Dingen be- \chäftigen: Hermann Alverdes: Mein Tagebuch aus Süd- west (3 #4, geb. 4 M) und Reiterbriefe aus Südwest, heraus- gegeben von A. von Liliencron (1,40 M, geb. 2,25 4). Alverdes hat als Beamter der Militärverwaltung vom Dezember 1904 ab lange Zeit an den fkriegerishen Operationen in Südwest teilgenommen, und bei einem längeren Aufenthalt auf der gefährdeten Etappenstation Gibeon hat er die Gefahren und fast übermenshchlichen Anstrengungen, denen die wackeren deutshen Truppen im Kampfe gegen die Auf- \tändishen ausgeseßt waren, aus nächster Nähe beobahten könren. Seine Tagebuchblätter sind recht anschaulih geschrieben. Der Leser erhält aus ihnen ein lebensvolles Bild von dem Treiben, wie es sh während der Kämpfe gegen die Hereros und Hotten- totten auf der langen Stre von Windhuk bis Gibeon und weiter bis in die Kalahari hinein abgespielt hat: vou den gewaltigen Schwierigkeiten, die der Verwaltung aus der Ernährung und Be- kÉleidung der Truppen erwuchsen, von dem mit Heroismus und echter Soldatentreue durchgeführten Kampf gegen einen durch das Gelände begünstigten vershlagenen Feind, der ih fast aus\{hließlich an die vorgeshobenen Patrouillen, Heliographenposten und chwach bedeckten Trantportkolonnen machte, den Borstößen größerer Abteilungen, deren Bewegungéfähigkeit durch den {chlechten Zustand der Pferde berabgemindert wurde, aber meist aus8zuweihen verstand. Das hbeldenmütige Ver- halten der deutschen Truppen in Südwest ift aus Gründen, die bier nicht erörtert werden follen, durha"s niht überall in der Heimat und nicht in genügendem Maß: gewürdigt worden. Das But von Alverdes ist in seiner wahrhaftigen und s{lichten Art wobl geeignet, dem Leser eine folhe Würdigung abzunöiigen. Es sei ihm deshalb eine weite Verbrei- tung gewünscht. Daëselbe gilt von der oben erwähnten Sammlung von Briefen und Gedichten aus dem Feldzuge in Südwestafrika 1904 bis 1906, die A. von Liliencron zusammengestellt und herausgegeben hat. Man wird diese {lichten Aufzeihnungen, die meiffft mitten unter Ges fahren und Entbehrungen entstanden, nicht ohne Freude und eine aewisse Nührung lesen, denn sie legen Zeuanis für den trefflichen Geist ab, der in der Truppe herrschte: von Tapferkeit, Treue, Gott- vertrauen und Heimatsliebe.

Dantes Werke. Neu übertragen und erläutert von Richard Zoozmann. Die Dante-Uebersezer baben fih bisher auf die Uebertragung der Göttlihen Komödie beschränkt. Zoozmann ver- mittelt seinen Lesern auh die Bekanntschaft mit dem Erstling8werk des großen Florentiners, dem „Neuen Leben“, das das Verständnis der Göttlihen Komödie in vieler Hinsiht vermittelt. Die vier- bändige Ausgabe, in einem handlihen Band zusammengefaßt, gibt zunächst eine Beschreibung des Lebens des Dichters mit fünf Porträts, bringt dann etne Ueberseßung des Neuen Lebens im Versmaß des Originals mit dem Verständnis genügenden Anmerkungen, hierauf eine Ueberseßzung der Göttlihen Komödie in Terzinen und mit einer Uebersicht, Inhaltsangabe und erklärenden Anmerkungen sowie ein Gesamtregister über den bisherigen Inhalt. Die leßte Ab- teilung (Band n ist „Dante in Deutschland“ über)rieben. Sie enthält eine sorgfältige Bibliographie von deutshen Werken von 1556 1907, die sch mit Dante dichterisch be- fassen oder Ueberseßungen enthalten. Eine Uebersetzungstafel gibt Gelegenheit, an der Hand von 52 Verdeuts{hungsproben der ¿Franzeska da Nimini-Episode (Hölle V, 97—142), interessante Ver- gleihe zwishen der Ueberseßungskunst der haupisähli{hiten Dante- verdeutsher feit 1763 anzustellen. An diese Ueberseßungen schließt si ein Verzeichnis aller illustrierten Handschriften und illuftrierten deutshen und - fremdländishen Komödienausgaben. Ein Autoren- register \chließt die sorgfältige, jedenfalls vielen willkommene Aus-

gabe ab. Land- und Forftwirtschaft. Zur Ansiedlung von Land arbeitern.

Immer zahlreiher werden die Bestrebungen in den verschtedenen Teilen des Reichs, dem herrshenden Arbeitermangel dur Seßhaft. machung von Landarbeitern entgegenzuwirken. So fand am 18. d. M. in Burgdorf i. H. eine Versammlung der Gemeindevorstände und führenden Landwirte des Kreises Burgdorf statt, um Maßnahmen zur Besserung der landwirtshaftlichen Arbeiterverhältnifse im Kreise zu beraten und zu beschließen. Die Besprehung führte zur Wahl einer Kom- mission ¿wecks Gründung einer Gesellschaft m. b. H. mit dem Ztel, Heimstätten für landwirtshaftlihe Arbeiter zu hafen. Der Kommission gehören Landwirte aus allen Teilen ‘des Kreises an, den Vorsig hat der Landrat von Baumbach übernommen. Als Grund- kapital der Gesellshaft wurden fofort 10 500 4 gezeichnet, für weitere noch nôtige 10 000 Æ liegen außerdem Zusagen vor. In den Verhand- lungen legte der Landrat von Baumbach in überzeugender Weise dar, wie eine etwaige allmählihe Entwickelung von Heimstätten und kleinen Nentengütern zu mehr oder weniger RIbEIu digen Wirts@hafts- betrieben durhaus niht dem Endztele der Gesells{haftsbestrebungen, eine Besserung der landwirtschaftlihen Arbeiterverbältnifsse zu er- reihen, widersprehe, im Gegenteil dazu beitrage, die Versorgung der größeren Landwirtschaftsbetriebe mit Hilfskräften auf eine breite Grundlage zu tellen.

Dem gleichen Banenimt war auch eine im Regierungsgebäude zu Allenstein am 22. d. M. abgehaltene Konferenz gewidmet, an der alle Landräte des Regierungsbezirks Allenstein sowie ein Kommissar der Negierung in Gumbinnen teilnahmen. Beraten wurde die Sha ffung von Arbeîiterstellen im Wege der Anstedlung dur die Kreiskommunalverbände nach dem Muüsket derjenigen im Kreise Briesen. Der frühere Rittergutsbesizer Richter, der Verfasser der Schrift „Landarbeiteransiedlung dur den Kreis?ommunalverband*, nahm ebenfalls an der Konferenz teil und beri{htete über die Er- fahrunaen, die man im Kreise Briesen in dieser Beziehung qgë- sammelt hat.