1887 / 153 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 04 Jul 1887 18:00:01 GMT) scan diff

den von auswärts zuziehenden Persanen zustehende Wahl ge- troffen werden kann zwischen einerseits der betreffenden, mit einem örtlih abgegrenzten Kirhsprengel versehenen Gemeinde und andererseits der Dom- oder der Parochial:Kirche. i

_Da die Ausübung dieses Wahlrehts bisher an eine Frist niht gebunden gewesen ist, so hat sich das Bedürfniß ergeben, den aus einer oft lange vershobenen Feststellung der Gemeinde - Angehörigkeit erwahsenden Uebelständen für die Zukunft vorzubeugen.

Jn Folge der auf Grund Allerhöchsten Erlasses vom 6. September v. J. von dem Herrn Minister der geistlihen Angelegenheiten im Einverständnisse mit dem Evangelischen Ober-Kirchenräth uns - ertheilten Ermächtigung wird demnach hierdurch Folgendes bestimmt: /

s Alle von auswärts nah Berlin ziehenden evangelischen Glaubensgenossen haben ohne Rücksicht auf ihr be onderes Konfessionsverhältniß die Wahl, sich entweder derjenigen Lokalparochie, innerhalb deren sie ihre Wohnung nehmen, öder der Gemeinde der Dom-Kirche resp. der L ade anzu- schließen, deren Mitglieder an keinen bestimmten Wohnort in der Stadt gebunden sind und daher dur die Veränderung der Wohnung innerhalb- der Stadt die Gemeinde und Kirche niht weseln. ;

2) Diese Wahl muß jedoch binnen Jahresfrist, von der Niederlassung in Berlin ab gerechnet, durh eine ausdrückliche Erklärung bei dem Kirchen-Ministerium und dem Vorstande der gewählten Kirche zu erkennen gegeben werden.

3) Wird diese Wahl in der bezeichneten Frist niht aus- geübt, so werden solche evangelische Einwohner als pflichtige Glieder derjenigen Lokalparochie, innerhalb deren sie ihre Wohnung genommen haben, angesehen und behandelt, und gehen bet jeder O der leßteren in diejenige Parochie 8 Mitglieder über, in welcher die neugewählte Wohnung be- egen ist.

Berlin, den 21. November 1859,

Königliches Konsistorium der Provinz Brandenburg.

C. von Voß.

Vorstehende Bekanntmahung wird hierdurch von Neuem A S de erlin, den 22. Juni 1887. Königliches Konsistorium der Provinz Brandenburg. D. Hegel.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 4. Zuli. Se. Majestät der Kaiser und König empfingen vorgestern, Sonnabend, den Militär-:Bevollmächtigten in St. Petersburg, Flügel-Adjutanten Oberst-Lieutenant von Villaume, und hörten den Vort1ag des Chefs des Militärkabinets. -

Gestern, Sontag, empfingen Allerhöchstdieselben eine Deputation des Königs-Grenadier-Regiments (2, Westpreußi- schen) Nr. 7 und nahmen die Meldungen des General-Lieute- nants von Heuduck, kommandirenden Generals des XV. Axrmee- Corps, sowie des Obersten Baumann entgegen. Nachmittags hörten Se. Majestät den Vortrag des Staatssekretärs Grafen von Bismarck-Schönhausen. i

Heute arbeiteten Se. Majestät der Kaiser und König mit dem Chef des Civilkabinets und empfingen den kommandiren- den General des III. Armee-Corps, General der Kavallerie Grafen von Wartensleben.

Allerhöchstdieselben beabsihtigen, heute Abend nah Ems abzureisen. ;

__— Zum Besuch Jhrer Majéstät der Kaiserin und Königin traf gestern Se. Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm, von Bonn kommend, in Koblenz ein und stieg im Königlichen Residenzschlosse ab.

Jn Bezug auf §. 20, 2 des Reichs-Preßgeseßes, nah welchem der verantwortlihe Redacteur einer periodischen Drufshrift als Thäter zu bestrafen ist, wenn nit dur be- sondere Umstände die Annahme seiner Thäterschaft aus- geschlossen wird, hat das Reichsgericht, IV. Strafsenat, durh Urtheil vom 22. April d. J., folgende Rechts\äße aus- gesprochen: Die strafrechtlihe Haftung des Redacteurs als Thäter wird nur durch solche besondere Umstände des kon- kreten Falls ausgeschlossen, welche außerhalb des Willens des Redacteurs liegen , au nicht dur seine Fahrlässigkeit herbei- geführt sind. Der Mangel an der für die Redaktionsthätig- keit im Allgemeinen erforderlichen Bildung oder des erforder- lichen Verstandes bilden keine „besonderen Umstände“, die die strafrehtliche Haftung des Redacteurs als Thäter aus\{liéßen.

__— Die in Bezug auf die Feuerversicherung kauf- männischer Waarenlager in einer Police enthaltene Bestim- mung: „Die Gültigkeit der Versicherung ist dadurch bedingt, daß im Brandfalle der zeitige Waarenbestand durch ordnun ¿mäßig geführte Bücher und resp. Rehnungsbelege glaubhaft nach- gewiesen wird“, ist, nah einem Urtheil des Reichsgerichts, 1IT. Civilsenats, vom 26. April d. J, nicht dahin zu ver- stehen, daß jede Fnkorrektheit der Buchführung schon die Ver- wirkung des Versicherungsanspruchs nah \ih zieht ; vielmehr bleibt die Versicherung wirksam, wenn die an sich nicht korrekt geführten Bücher der Versicherungsanstalt ausreihendes Ma- A gewähren, um die Liquidation des Versicherten zu kon- roliren.

Es ist wiederholt vorgekommen, daß die Provinzial- behörden Projekte zu Bauten in der Strafanstalts- verwaltung durh die Lokal-Baubeamten haben ausarbeiten und sogar veranschlagen lassen, ehe die Vornahme von Vor- arbeiten zum Bau Seitens des Ministers des Innern ge- nehmigt worden war. Die Genehmigung solher Bauten hat dann mehrfah versagt werden müssen, weil es entweder an den zur Ausführung erforderlihen Fonds fehlte oder weil die projektirten Anlagen bei eingehender Prüfung

funden wurdèn. Um die Heranziehung der Lokäl-Baubeaniten zu derartigen, bisweilen umfangreichen Arbeiten, die fih dem- nächst als nuylós ergeben, zu verhüten, hat der Minister des Projet unterm 1. Juni d. F. bestinimt, daß fernerhin über

niht als nothwendig De Drang A als zweckmäßig be-

rojekte zu Bauten in der Strafänstaltsverwalkung, deren

osten nicht aus den etatsmäßigen Fonds der ein-

lnen Anstalten bestritten werden können und zu deren Kusführung es eines Zuschusses aus Centralfonds bedarf, jedesmal an den Minister zu berihten ist, bevor die Lokal-

aubeamten mit dem Ausarbeiten von Anschlägen, spezifizirten Se Ra eingehenden Gutachten u. dergl. beauftragt werden.

Der General-Lieutenant von Adler, FJnspecteur der T. Jngenieur-Jnspektion, hat sich auf Dienstreisen begeben.

S. M. Segel-Fregatte „Niobe“, Kommandant Kapitän zur See Aschenborn, ist am 1. Juli cr. in Rothesay (Schottland) eingetroffen und beabsihtigt, am 12. desselben Monats wieder in See zu gehen. i ¿

S. M. Sthiffsjungen-Shulschiff „Ariadne“, Kom- mandant Kapitän zur See Barandon, ist am 1. Juli cr. in Vigo eingetroffen und beabsichtigt, am 23. desselben Monats die Reise fortzusetzen. 4

Der Dampfer „Bayern“, mit dem Ablösungskommando für S. M. Kreuzer „Nautilus“ ist am 3. Juli cr. in Southampton eingetroffen und hat an demselben Tage die Reise fortgesetzt. : ä

Der Dampfer „Hohenstaufen“ mit dem Ablösungs- kommando für S. M. Kreuzer „Adler“ ist am 1. Juli cr. in Suez eingetroffen und beabsichtigt, am 4. Juli die Reise fortzusezen.;

Bonn, 2. Zuli. (W. T. B.) Se. Königliche E der Prinz Wilhelm besichtigte heute das Königs-Husaren- Regiment und das 2. Bataillon des 28. Regiments auf dem Exerzierplay am Tannenbusch. Jn der Begleitung des Prinzen befanden sich der Herzog Günther von Schleswig- Holstein und der General von Loë.

Württemberg. Friedrihshafen, 1. Juli. (St. A. f. W.) Die Königin ist mit den Herzoginnen Elsa und Olga von Württemberg heute Nachmittag hier eingetroffen und wurde von dem König am Bahnhof empfangen. Vor leßterem hatte sich die hiesige Einwohnerschaft, die Staats- und Gemeindebeamten an der Spige, zahlreih versammelt und begrüßte Jhre Majestäten, Höchstwelche mit den beiden Prinzesfinnen im offenen Wagen unter Salutshüssen und dem Geläut der Glocken durch die reihbeflaggten Straßen in das Schloß fuhrèn, mit begeisterten Hochrufen.

Sachsen - Weimar - Eisenah. Weimar, 2. Juli. Der Großherzog und die Großherzogin werden \sich in den ersten Tagen der nächsten Woche zu längerem Aufenthalt nah Wilhelmsthal bei Eisenah begeben. Der Erbgroß- herzog, welcher am 30. v. M. von London hier wieder ein- getroffen ist, beabsihtigt in der zweiten Hälfte des Monats einen Badeaufenthalt in Norderney zu nehmen.

Elsaß-Lothringen. Straßburg, 2. Zuli. (W. T. B.) Heute Nachmittag fand die feierliche Einweihung des Denkmals für dert König Ludwig I. von Bayern statt. Die O hielt der Sekretär des Universitäts-Senats Schricker. Der frühere Unter-Staatssekretär von Mayr über- gab das Denkmal, welches von den in Elsaß-Lothringen si aufhaltenden Bayern gestiftet ist, der Stadt Straßburg. Der Beigeordnete Hochapfel übernahm dasselbe Namens der Stadt.

Oefterreih-Ungarn. Wien, 2. Zuli. (W. T. B.) Der Kaiser stattete Nachmittags dem König von Serbien einen Besuh ab, um sich vor seiner Abreise nah Pola von demselben zu verabshieden. Der König von Serbien nahm an dem heutigen Galadiner bei dem Minister des Aus- wärtigen, Grafen Kalnoky, Theil. Aleko Pas cha weilt seit drei Tagen in Wien und is im „Hotel Imperial“

abgestiegen. (W. T. B.) Der Kaiser is heute nach

3. Juli. Pola abgereist. |

_ Prag, 3. Juli. (W. T. B.) Der Senat der böhmischen Universität beschloß, den czehischen Studenten, die eine Dankadresse an diejenigen Abgeord- neten unterzeichnet hatten, von welhen im Reichsrath die Abschaffung der Verordnung über die deutschen Prüfungen beantragt worden war, einen Verweis zu ertheilen und den- selben in deren Abgangszeugniß a zu lassen.

Lemberg, 3. Juli. (W. T. B.) Der Kronprinz Rudolf is gestern 10 Uhr Abends hier eingetroffen und am Bahnhofe festlich empfangen worden. Nach der Fahrt dur die reih geshmüdte und beleuhtete Stadt, während welcher dem Kronprinzen fortw :hrend Ovationen dargebraht wurden, stieg derselbe im Statthalter-Palais ab. Die vor demselben zahlreih angesammelte Menge sang, als der hohe Gast auf dem Balkon erschien, die polnishe und ruthenishe National- hymne. Den Schluß der Ovation bildete ein Fackelzug. Die Ordnung wurde nirgends gestört.

Agram, 2. Juli. (Wien. Ztg.) „Dbzor“ und „Agramer Tagblatt“ bringen heute eine von zwölf Virilisten und ge- wählten Abgeordneten der Unabhängigkeitspartei und des Centrums ne Erklärung, in welcher dieselben mit- theilen, daß sie sih zu einer Partei unter dem Namen „g €- mäßigte Opposition“ vereinigt und der Führung des Grafen Draskovich unterstellt haben. Ebenso hat sich au ein Landtagsklub „gemäßigte Opposition“ konstituirt und den Grafen Jvan Draskovich zum Präsidenten gewählt.

Großbritannien und Jrland. London, 2, Juli. (W. T. B.) Die Königin hielt heute Nachmittag vor dem Buckingham-Palast eine Revue über die Freiwilligen- Truppen ab, von denen etwa 30000 Mann zusammen-

ezogen waren. Der Prinz und die Prinzessin von Wales, owie die übrigen Mitglieder der Königlichen Familie und andere hier anwesende Fürstlichkeiten wohnten dem militärischen Schauspiel bei. Die versammelte Volksmenge begrüßte die Königin mit enthusiastishen Kundgebungen.

(A. C.) Die Jubiläumsfeierlihkeiten in Dublin haben ihr Ende erreiht, und die Prinzen Albert Victor und Georg von Wales traten gestern Abend die Rückreise nah London an. Die Dubliner Universität hat dem Prinzen Albert Victor von Wales den Grad eines Doktors beider Rechte honoris causa verliehen.

In der gestrigen Sißung des aier dauf es stellte Bradlaugh einen Antrag, wonach der Bodenbesiz die Pflicht der Kultur în si {ließen solle, und in allen A Land, das des Anbaues mit Nuzen verknüpft fähig sei, aber in wüstem und unbebautem Zustande gehalten werde und nicht irgend einem Zweck von öffentliher Nütlichkeit oder des Genusses gewidmet sei, von den Lokalbehörden kompulsorish angekauft und für Anbauzwecke verpachtet werden solle. Im Lause seiner den An-

trag begründenden Ausführungen hob Bradlaugh hervor, daß einer naa ren Schäßung zufolge es im Vereinigten Königreith 12 000 000 Acres unkultivirten Landes gebe, das, wenn ez für die von ihm angedeuteten Zwecke angekauft werde, vollauf Arbeit für die Beschäftigungslosen bieten, die Armuth ver- mindern und. die HAN gr sowie die Einkünfte des Landes vermehren würde. ah zweistündiger Debatte wurde der Antrag mit 173 gegen 97 Stimmen verworfen.

3. Juli. (W. T. B.) Nach einer Meldung aus Simla bestätigt es sih durch die weiteren dort eingegangenen Nat: rihten, daß die Ghilzais in den Kämpfen mit dem Emir unter großen Verlusten \{chwere Niederlagen erlitten haben. Das erste Gefecht der Ghilzais mit den Truppen des Emir hat «am 13. d. M., das zweite am 16. d. M stattgefunden. L A

4. Juli. (W. T. B.) Anläßlih des für die Tory: partei ungünstigen Ausfalls einer Parlamentswahl in Spalding, empfiehlt die „Morning Post“ eine Rekonstruktion des Ministeriums durch eine Verstärkung desselben aus den Reihen der liberalen Unionisten.

Frankreih. Paris, 2. Juli. (W. T. B.) Der Ministerrath beschäftigte sich in seiner heutigen Sigzung wiederum mit der durh das deutsche Branntweinsteuergeseg geschaffenen Lage der Spiritusindustrie und wird auß in der nähsten Sizung die Berathung hierüber fortseßen, 7 Ga soll geneigt sein, den Zoll auf Alkohol zu erhöhen.

(Köln. Ztg.) Die Zollkommission der Depu- tirtenkammer hat heute den Beschluß gefaßt, unverzüg- lih den Zoll auf fremden Branntwein zu erhöhen, den Geldsaß für den Eingangszoll aber erst anzuseßen, nachdem die Regierung vernommen worden. Der Aus\{uß ernannte, um die Sache zu beschleunigen, Marty zum zeitweiligen Berichterstatter. Roche beantragte eine Steuer auf Alkohol von 75 Fr. L:

Die Kommission für N hat den Bestand der indo-chinesishen Armee folgendermaßen festgesetzt: 11 Bataillone französishe Truppen, 5 eingeborne Regimenter von je 3 Bataillonen, 4 anamitische Bataillone und 6 Batterien Artillerie. Der Effektivbestand würde somit 30 000 Mann be- tragen. Der Oberbefehl soll von einem Divisions-General mit 2 Brigade-Generälen geführt werden.

Das „Journal officiel“ veröffentliht ein Dekret des Prä- sidenten der Republik, dur welches die sämmtlichen General- räthe Frankreichs auf den 25. Juli zu einer fünftägigen Session einberufen werden.

4. Zuli. (W. T. B.) Der Minister für Handel, d'Autresme, und der Minister für öffentliche Arbeiten, de Heredia, besihhtigten gestern die Arbeiten zur Ver- besserung des Laufes der unteren Seine. Auf ihrer Reise dorthin wurden, namentlich in Vernon, Elboeuf und Rouen, vielfah Hochrufe auf General Boulanger laut.

Spanien. Madrid, 3. Juli. (W. T. B.) Der General-Direktor der Jnfanterie, General Primo de Rivera, ist in Folge seines Auftretens gegen den Kriegs-Minister im Senat, bei Gelegenheit der Verhandlungen über die militäri- sen Vorlagen der Regierung, seines Postens enthoben worden.

4. Juli. (W. T. B.) Hier eingegangenen Nachrichten zufolge haben in Valencia aus Anlaß der Grbóbueg b Octroi-Abgaben auf Vieh Ruhestörungen stattgefunden ; fast alle Octroi-Hebestellen wurden in Brand geste. Aehn- liche Unordnungen werden aus Barcelona gemeldet.

__ Türkei. Konstantinopel, 2. Juli. (W. T. B.) Ein Telegramm des „Reuter'shen Bureaus“ meldet: Sir Drummond Wolff übergab heute der Pforte die Ant- wort der englischen Regierung, welche es ablehnt, in eine weitere Verschiebung der Ratifikation der Konvention betreffs Egyptens zu willigen. Jn Folge dieser Antwort hat ein Ministerr ath stattgefunden.

_ Serbien. Belgrad, 2. Juli. (W. T. B. Der Minister-Präsident Ristic empfing Vormittags ine D epu- tation von 150 Bürgern des Bezirks Nil, welche zwei Adressen für den König und für das Ministerium über- reichte. Jn der Erwiderung auf die gehaltene Ansprache be- tonte Ristic die Nothwendigkeit der Erhaltung der besten Beziehungen zu den Großmächten, sowie der Aufrechterhaltung der bestehenden Steuern behufs Er- füllung der finanziellen Verpflihtungen gegen das Ausland. Der Viinister-Präsident mahnte zur Aufrechterhaltung der Ordnung, und verhieß innere Reformen und eine sparsamere Verwaltung; derselbe stellte gleichzeitig die Ersezung einzelner Organe der Regierung dur solhe Personen in Aussicht, die das Vertrauen von Regierung und Volk besäßen. Der Empfang {loß mit einem Hoch auf König und Vaterland.

___ Bulgarien. _Sofia, 3. Juli. (W. T. B.) Zur Er- öffnung der Sobranje sind die Minister und fast alle Deputirte hier eingetroffen.

Rußland und Polen. Kronstadt, 4. Juli. (W. T. B. Der Kaiser und die Kaiserin haben A Freitag Abend im Vjörkesund die Panzerkorvette „Wladimir Monomach“ verlassen, um auf der Yacht „Zarewna“ einen Ausflug nah den finnishen Scheeren zu unternehmen. i

Schweden und Norwegen. Stockholm, 29. Juni. (Köln. Ztg.) Die von der Regierung vorgeschlagenen gerte: rungen der Königlichen Verordnung vom 29. Mai 1874, be- treffend Schweden und Norwegens gegenseitige Handels- und Shiffahrtsverhältnisse, sind von beiden Kammern des Reichstages angenommen worden. Es handelt sich dabei um das sogenannte Zwischen- reichsgeseß, dur welches den Fabrikaten beider Länder gegen- seitige ZoUfreiheit gesichert ist.

Zeitungsstimmen.

Vie „Preußischen Jahrbücher“ bringen einen Artikel über die neuen Reichs\teuern auf Branntwein und Zucker und das Verhalten der Parteien zu denselben. Dort heißt es :

, Die beiden Steuergeseße sind zuleßt mit überwältigenden Ma- joritäten angenommen worden, Jn den Annalen der deutshen Ge- schichte darf es dereinst nicht übergangen werden, daß der „Deutsche Frei sinn“ auch gegen die Zuckersteuer-Reform stimmte. Der Zustand der Zuckerbesteuerung gehört zu den wenigen Punkten unseres öffent- lihen Dascins, gegen welche die Kritik des Deutschfreisinns si shon seit Jahren niht mit Unrecht richtete. Nicht als ob darin ein bkeson- deres Verdienst zu schen wäre, als ob die Opposition hier einen Scarffinn

igt hätte, den jeßt auch die Gegner anerkennen müssen. Das wäre, orze e gen es Jemand zum Verdienst anrechnen wollte, wenn er in der Lotterie gewinnt. Die deutschfreisinnige Opposition matLeben Alles \chlecht, was die Regierung thut, prop ezeit fortwährend Unheil, hält immer von zwei vershiedenen Wegen den für den richtigen, den die Regierung niht geht: da ist es also ganz natürlih, daß sie, da denn die Regierung niht unfehlbar ist, auch ein oder das andere Mal Recht behält. Einige zufällige Umstände sehr zuckerreihe Rüben in zwei Ernten hintereinander haben diesmal ihre Prophezeiungen besonders shnell wahr werden lassen. Man sollte meinen, froh ihres Triumphes, froh der Gelegenbeit, zu zeigen, daß sie auch eine „positive Partei“ sei, hâtte sie nun laut verkündigt, daß die Regierung endlich ihr altes Programm erfülle, und sie in der Durch- führung desselben eifrig unterstüßt. Weit gefehlt! Ihr eigener, bester Sachkenner, der Abg. Witte, gestand ofen zu, daß ein plöt- liches völliges Abschaffen des Prämiensystems unmögli sei, Niemand bestritt, daß die Novelle die Prämien auf die Hälfte herabsete, die spätere völlige Beseitigung wurde ins Auge gefaßt, das Unerhörte war geschehen; die Regierung hatte sih im Zuckter zum Deutschfreisinn bekebrt: dennoch stimmte_die Fraktion gegen das Gesetz. Warum ? Weil, wie der Abg. Schrader ausflibete, früher die Prämien doch nur faktisch, aber nicht ofen zugestandener Weise ge- geben wurden, in dem jeßigen Geseg aber liege das ofene Eingeständniß dieses fal\chen Prinzips deshalb müsse die Fraktion bedauerliher Weise wieder mit „Nein“ stimmen. Das Raifonnement ist wirklich so s{ön, daß man es gleih noch einmal, nämlich auf den Sprecher selbs anwenden kann: früher hat die Fraktion nur thatsächlih immer mit „Nein“ gestimmt, jeßt hat sie das mit „Ncin-Stimmen" offen zum Prinzip erhoben, deshalb war es au der Mühe werth, diesen Spezialfall hier besonders zu er- wähnen. Politish fehr viel wichtiger ist cine andere Abstimmung bei derselben Gelegenheit, nämlih die Abstimmung des Abg. Windthorst über die Branntweinsteuer. _Hr. Windthorst stimmte mit der Hälfte seiner Fraktion für dieses Geseß. Das hat zu bedeuten: die Politik, die Regierung knapp zu halten, um ihr Konzessionen abzupressen, i|ff auf- gegeben ; sie ist nicht mehr durchführbar ohne die M da kehrt man aljo den Spieß um und sucht den Nationalliberalen in der Gunst der Regierung den Rang abzulaufen. ... Wir können uns nihts Besseres wünschen. Die Idee des Konstitutionalismus ist damit erfüllt: in parlamentarishen Staaten muß \ich die _Regierung um die Gunst der Parteien bemühen fo sehr, daß sie sich endli ab- wechselnd bald mit der einen, bald mit der anderen Partei identifizirt. Im konstitutionellen Staat bemühen sich die Parteien um die Gunst der Regierung. Die Regieruna, gegründet auf eine erbliche Monarchie, stellt das reine Staaksinteresse dar, die Par- teien einzelne Interessen im Staat und einseitige An- schauungen vom Staate. In fortwährendem Kontakt mit all diesen Einzelinteressen, sich fortwährend mit ihnen auseinandersetzend, „aber nie abhängig von ihnen, nie in die Einseitigkeiten parlamentariscer Parteiregierung verfallend, verbindet die monarchisch-konftitutionelle Regierung die Energie und Stetigkeit des Absolutismus mit der freien Bewegung, der steten Rücksihtnahme und den lebendigen Anregungen einer Republik. Den idealen Ausdruck dieses Staats- wesens bildete der Kaiserlihe Dank für die Thätigkeit des Reichstags am Schlusse der Session: eine Scene, welche in keiner andern Volksvertretung möglih wäre, als in der deutscen. Denn in Staaten, wo der Monar nur formell, in Wahrheit die Partei regiert, die sich in offiziellen Kundgebungen selbst anredet, könnte ein folher Dank nihts weiter sein als eine Formel im Kanzleistil, die unbemerkt vorübergcht. Jm Deutschen Reichétag gehören solche offiziellen Erklärungen zu dén eindruckvollsten Momenten des parlamentarishen Lebens, die oft für die sahlide Nüchternheit und den ungentilen Ton der Verhandlungen selbst entshädigen. Die kÉlangvolle, vornehme Art, in der der Minister von Boetticher, ohne jedes Pathos, ohne jedes Streben nah Effekt, aber mit dem ganzen Gewicht einer Persönlichkeit, die sh bewußt und von der Natur be- fähigt ist, einen großen Augenblick zu repräsentiren, den Dank des Kaisers aus\prach, gab dem \chönen Înhalt auch die \{chöne Form. . ….

Die „Augsburger Abendzeitung“ berihtet aus Augsburg, 1. Zuli: : /

Die Süddeutsche Textil-Berufsgenossenshaft {loß gestern die Reihe der diesjährigen Hauptversammlungen ihrer Ausführungsorgane mit der ordentlihen Genossenshaftsversammlung, zu welcher si zahl- reihe Delegirte aus Bayern, Württemberg und Baden im Gasthofe zu den „Drei Mohren“ dahier zusammenfanden. Die Versammlung wurde von dem Vorsißenden des Genossenschaftsvorstandes, Direktor A. Reh-Augsburg, geleitet, welcher dieselbe mit dem Bericht über die genossenschaftlihe Wirksamkeit im Rechnungëjahre 1886 er- öffnete. Der Bericht ließ entnehmen, daß die günstigen Aussichten, welhe {hon in der vorigen Jahresversammlung Ausdruck fanden, sh immer mehr verwirklihen. Obwohl der Zuschlag zur Bildung eines Reservefonds fast im dreifahen Betrage der geset- lihen Mindestforderung von 300 9% der gezablten Entschädigungen eingehoben wird, obwohl ferner die Verwaltungsrehnung noch schwer- wiegende einmalige Ausgabeposten für Organisation, erste Einrichtung und Ablösung privater Versicherungsverträge aufweist und obwohl endlich außer den Verwaltungskosten des Jahres noch ein weiterer und höherer Betrag zur Bildung eines ständigen Betriebsfonds zur Umlage gelangt, bleibt die Gesammtumlage für die Betriebsunter- nehmer noch weit hinter denjenigen Summen zurück, welche dieselben früher an Privatversicherungsgesellshaften in Gestalt von Prämien und Präâmiennachzahlungen zu leisten hatten

Centralblatt fürdasDeutscheR ei. Nr. 26. Inhalt: Zoll- und Steuerwesen: Aenderung in dem Verzeichniß derjenigen Börsen, an welchen Termiupreise für gewisse Waaren notirt werden; Erhöhung der Ausfuhrvergütung für Liköre auf die Zeit vom 1. Juli bis 30. September d J.; Transportkontrole für Rind- vieh in den Grenzbezirken der Haupt-Zollämter Kleve und Kaldenkirchen. Allgemeine Verwaltungssachen : Statut für das Kaiserlich deut\ce arhäologishe Institut. Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet.

Marine - Verordnungs- Blatt. Nr. 13, Juhalt: Pauschsummen für Dienstreisen. Messeproviant. Beförderungen an Bord, Havarieverfahren. Kadetten-Messegeld. Heiraths- konsense. Verzeichniß der Konsulate. Servisreglement. Kriegéfeuerwerkerei. Proviantlieferungsverträge. Ortsklassen- eintheilung zum Servistarif. WVerpflegungszushuß. Brot und Fourage. Personalveränderungen. Benachrihhtigungen.

IJustiz-Ministerial-Blatt. Nr. 26 Inhalt: All- gemeine Verfügung vom 21. Juni 1887, betreffend die Uebersicht über die Thätigkeit der Schiedsmänner im Jahre 1886. Allgemeine Verfügung vom 21. Juni 1887, betreffend die Gewährung von Tage-

eldern und Reisekosten an die als Zeugen vor Gericht vernommenen Geibabnita, Bekanntmachung vom 23. Juni 1887, betreffend die Herausgabe einer Uebersihtskarte der Verwaltungsbezirke der preußi- schen Staatseisenbahnen.

Statistische Nachrichten.

Ueber deutshe Häfen, Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam sind im Monat Mai d. I. 14375, in der Zeit von Anfang Januar bis Ende Mai 48537 Deutsche nah überseeischen Ländern aus- gewandert. Die Steigerung im Vergleich gegen das Vorjahr, in welhem im Mai 11258 und in der Zeit von Anfang Januar bis t Mai 34690 Deutsche ausgewandert sind, dauert demnach noch fort.

Die preußishe Staatsangehörigkeit haben im Jahre 1885 4767 Personen erworben und zwar aus anderen Bundesstaaten durch Aufnahmeurkunden 1465 (841 m. und 624 w.), aus dem Auslande durch Naturalisationsurkunden 2544 (1473 m. und 1071 w.), dur

Wiederverleibung der Staatsangehörigkeit ohne Rückkehr des Wieder-

aufgenommenen in das Inland 500 (268 m. und 232 w.) und dur Wiederverleihung der Staatsangehörigkeit unter Rückkehr des Wieder- aufgenommenen in das Inland 258 (170 m. und 88 w.). Unter den in den preußishen Staatsverband Aufgenommenen bezw. Wieder- aufgenommenen befanden sih der Religion nah 2282 oder 47,87% Evangelische, 2218 oder 46,539 Katholiken, 9 oder 0,10% an- dere Christen, 248 oder 5,20% Israeliten und 10 oder 0,219/6 fonsti- gen und unbekannten Religionsbekenntnisses. Die preußische Staats- angehörigkeit haben im Jahre 1885 10 657 Personen verloren, und zwar: durch Erwerb der Staatsangehörigkeit in anderen Bundesstaaten 490 (280 m. und 210 w.) und durch Auswanderung in das Ausland 10167 (7314 m. und 2853 w.). Unter den aus dem preußischen Staatsverband Entlassenen befanden si der Religion nah 8175 oder 76,72 °/o Evangelische, 2185 oder 20,50 9% Katholische, 33 oder 0,30% andere Christen, 241 oder 2,26 9% Israeliten und 23 oder 0,22 9% sonstigen urd unbekannten Religionsbekenntnisses. Ein Vergleich des Erwerbs der Staatsangebörigkeit mit dem Verlust ergiebt einen Gesammt-Mehrverlust von 5890 Personen, welcher lediglih die Evangelischen, sonstigen Christen und die sonstigen und unbekannten Religionen trifft; denn dieselben haben 5593 bezw. 24 und 13 Per- sonen verloren, während die Katholiken und Israeliten einen Mehrerwerb von 33 bezw. 7 Personen hatten. An dem Mehrverlust hatten unter den Regierungsbezirken den größten Antheil, wie in 1885 : Stettin, Stade und. Kaßssel mit bezw. 1211, 897 und 688 Personen, wogegen die Regierungsbezirke Düsseldorf, Breslau, Wiesbaden und der Stadtkreis Berlin, nähstdem auch die Regierungsbezirke von Ost- und Westpreußen, sowie Aachen, Liegnitz und Arnsberg einen Ueber- \{uß des Erwerbs über den Verlust zu verzeihnen hatten. Die Ziffern des Erwerbs, des Verlustes und des Mehrverlustes erreichen übrigens für das ganze preußische Staatsgebiet mit 4767 bezw. 10657 und 5890 nicht den Durchschnitt der Jahre 1872 bis 1885, welcher 4984, 13 511 und 8527 Köpfe beträgt.

Im deutschen Reichsgebiet sind im Jahre 1886 wegen uner- Tlaubter Auswanderung 18888 C G verurtheilt und 15796 noch in Untersuchung gewesen. on den Verurtheilten bezw. noch in Untersubung Semefentn fommen auf den Bezirk: des II. Armee-Corps 17,15 9% bezw. 20,74 9/0; des I. Armee-Corps 12,37 9/0 bezw. 12,04 °/9; des XV. Armee-Corps 10,04 %/, bezw. 13,55 9/0; des XTII. (Königlich württembergishen) Armee-Corps 7,49 %/o bezw. 4,89%; des IX. Armee-Corps 6,84 9% bezw. 5,46 9/0; des X. Armee-Corps 9,90 9/0 bezw. 4,39 9%, des II. (Königlich bayerishen) Armee-Corps 9,88 9/9 bezw. 6,69 9/0; des VII. Armee-Corps 4,72 9/ bezw. 1,76 % ; des IIT. Armee-Corps 4,43 9% bezw. 2,86 9/6; des VI. Armee-Corps 3,98 9/0 bezw. 3,94 9/0; des XIV. Armee-Corps 3,53 9/9 bezw. 2,10 9/0; des V. Armec-Corps 3,49 9% bezw. 6,41 %%o; des VIII. Armee-Corps 3,24 %/o bezw. 3,92 9/0; der Großherzoglich hessischen Division 3,09 9% bezw. 1,62%; des XI. Armee-Corps 2,75 9/0 bezw. 3,79 %/9; des X17. (Königlich fäcsischen) Armee-Corps 2,44 9/0 bezw. 2,17 9/0; des IV. Armee-Corps 1,99% bezw. 2,19% und des I. Königlich baye- rischen Armee-Corps 1,07 9% bezw. 1,48 %. Die meisten Ver- urtheilungen fanden demna in den Bezirken des II., T. und XV, Armee- Corps, die wenigsten in den Bezirken des XII. (Königlich sächsischen), IV. und I. (Königlich bayerishen) Armee-Corps statt. :

Eine im bayerischen Justiz-Ministerium aufgemahte Zusammenstellung über Gefangenenarbeit beziffert, nach der „Magdeb. Ztg.“, die Gesammtzahl der männlichen Ge- fangenen _ in den Strafanstalten und Arbeitshäusern des König- reihs am Schluß des Jahres 1885 auf 6721. Hiervon waren un- beschäftigt 308; beschäftigt wurden für den eigenen Bedarf der Anstalten 756, mit landwirthschaftlihen und Taglohn- arbeiten, sowie mit Arbeiten für Rechnung des Staates 2155, für die Anstaltsbeamten und Bediensteten 63 und für Rechnung von Gewerbetreibenden 2623. Von diesen Leßteren waren u. A. beschäftigt mit Schneiderei 427, Schuhmacerei 411, Weberei 241, Sthlosserei 29, Schreinerei 541, Holzschniterei 196, Goldleisteu- fabrikation 206, Brillengestellfabrikation 410, Spulen und Federn- \{leißen 22, Dütenanfertigen 120, Zündholz;shahtelmahen 88, Korb- flehterei 62, Schreiben 11 u. . w. Für Rechnung der Anstalten zum Verkauf an Geschäftsleute waren 406 beschäftigt, für Rechnung der Anstalten zum Verkauf überhaupt, dann für Rechnung von Pri- vaten 405. Unter leßterer Zahl befanden sich 195 Gefangene, die mit Steinbrehen, Steinklopfena und Steinhauen beschäftigt wurden. Die Gesammtzahl der weiblichen Gefangenen belief fih auf 1129, Hiervon waren unbeschäftigt 65; beschäftigt waren für den cigenen Bedarf der Anstalt 141, mit Arbeiten auf Rechnung des Staates 73, für die Anstaltsbeamten und Bediensteten 4, für Reh- nung von Gewerbetreibenden 753; von den Letteren waren beschäftigt mit Tabackausrippen 10, Dütenanfcrtigen 32, Gipsarbeiten 24 und mit weiblichen Handarbeiten 687. Für Rechnung von Privaten wurden mit Spinnen, 2 urin und weiblichen Handarbeiten 93 weib- lihe Gefangene beschäftigt.

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

Vor Kurzem is der Bericht über die Verwaltung der Königlichen Universitäts-Bibliothek zu Kiel im Etatsjahre 1886/87 ershienen. Demselben zufolge wurde in der genannten Bibliothek der bereits im voraufgegangenen Jahre begonnene Doubletten-Katalog im leßten Jahre vollendet, wodur der- selbe von 1836 Nummern auf 3616 Nummern wuchs, Nebenher ging die Verzettelung der Kartensammlung, nach welcher die Ge- sammtzahl der Kartenblätter rund 2900 Stück beträgt. Ferner wurde ein Verzeichniß der laufenden periodishen Schriften, welche in der Bibliothek geführt werden, angefertigt und zu Kiel in Kommission bei Lipsius u. Tischer 1887 (VIII., 16 S. hoh 4) herausgegeben. Auch wurde für die bevorstehende Redaktion der systematischen Ka- taloge, soweit solche fehlen, als Vorarbeit eine Durhprüfung des vorhandenen bibliographis&en Systems vorgenommen. Schließlich sei noch erwähnt, daß im leßten Jahre eine niht unbedeutende Ver- mehrung der Bibliothek stattgefunden hat. Der am Schluß des Vorjahres nahgewiesene Bestand derselben stieg hierdurch auf 188 454 Bânde separater Bücher, 6404 Dissertationen und Programmenbände und mit Einrechnung der Manuskripte (2327) auf 197 185 Bände gedruckter Bücher und Handschriften (nebst 73 Urkunden).

Im Verlage von Alexius Kießling in Berlin 8,, Brandenburg- straße 64 erschien soeben in zweiter Auflage: Kießling's Großer Verkehrsplan von Berlin bisSpandau und Lichterfelde im Maßstab 1 : 25 000, entworfen von H. Berger, neu bearbeitet von Gust. Müller, mit vollständigem Bebauungs plan von den Um-

ebungen nebst Straßenverzeichniß Berlins und sämmtlicher Ort- aften der Umgegend. In d farb. Druck eleg. kart. Preis 3 4, in 3 farb. Druck 25 #4, in shwarzem Druck 2 #4 Der in sauberstem Farbendruck hergestellte Plan umfaßt einen vollständigen, bis auf die jüngste Zeit fortgeführten Plan von Berlin mit seiner ein- bis zweimeiligen Umgebung. Leßtere reiht westlich bis hinter Spandau, umfaßt also auch den ganzen Grunewald, geht südli bis Lichterfelde, Sou und Brig, östlih bis hinter Lichtenberg und nördlich bis Oere , Pankow und Tegel. In der neuen Auflage sind Eisen- ahnen und Pferdebahnen \ckchwarz, sämmtliche Chausseea jedo roth ge- drudckt, so daß die Verkehrswege zwischen Berlin und den Ortschaften der Umgegend in übersichtlihster Weise hervortreten. Bei den von Jahr zu Jahr stärker werdenden Beziehungen Berlins zu seiner Angen wird der neue Plan sicher dem Publikum willkommen sein, Au dem minder Begüterten ist die Anschaffung durch die Veranstaltung billiger Ausgaben Seitens der Verlagshandlung ermögliht worden.

Von dem Prachtwerk: „Die österreihisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild* ist soeben die 39. Lieferung erschienen, welche das zehnte Heft des ersten Bandes von Ungarn bildet. Dieselbe enthält Aufsäße von Maurus Jokai über : die Eigen- thümlihkeiten der magyarishen Sprache, Ursprung, Beschaffenheit und wehrhafte Gesinnung des magyarishen Volkes, Gemüthsart und Temperament des magyarishen Volkes, Familienleben, Glaube und Urreligion, Sagenkreis von Attila und Csaba-Almos. Zahlreiche Illustrationen, sämmtlih von Michael Zichy, zieren das Heft.

Die soeben erschienene I. Quartals-Nummer von „Mode und Haus“ bietet im Hauptblatt neben einer großen Anzahl ge- \hmadckvoller Handarbeiten-Vorlagen und werthvollen Mode-Illustra- tionen, eine kfünstlerisch arrangirte, aus sechzehn Personen und Per- sönchen bestehende Gruppe. Ein der Nummer beigegebener großer Schnittmusterbogen ermöglicht Selbstanfertigung der verbildlihten Kindergarderoben sowohl als der mannigfaltigen Kinder- requisiten, wie Steckifsen, Läßhen, Jäckchen, Natchtröckchen 2c.L2c. Aus der vielseitigen Hausrubrik heben wir die Abhandlung über „Frauenemanzipation“ von Josephine Calé und die Fortseßung des in voriger Nummer begonnenen Aufsatzes „Ueber Kinderpflege“ hervor. Der Inhalt der „Illustrirten Belletristik“ von „Mode und Haus“ mit dem Portrait Anton Anno's, des neuernannten Direktors des Königlichen Schauspielhauses zu Berlin, bleibt auf der Höbe der Zeit. In der „Illustrirten Reisezeitung“ wird das prafktiscke Reisebedürfniß vorwiegend berücksichtigt. Die Expedition von „Mode und Haus“, Berlin W., Lüßowstraße 81, verabfolgt Probenummern gratis. Der Abonnementspreis beträgt 1 Æ vierteljährlich.

Schwerin, 2. Juli. Wie {hon kurz gemeldet, ist mit dem Charakter eines Arhiv-Raths zum Chef des Großherzoglihen Geheimen und Haupt-Archivs hierselbft zu Michaelis d. J. der bisherige Stadt- arhivar zu Frankfurt a. M. Dr. Hermann Grotefend designirt. Derselbe entstammt einer bekannten Gelehrtenfamilie. Geboren am 18. Januar 1845 zu Hannover als Sohn des 1874 verstorbenen Ge- heimen Archiv-Raths Dr. C. L. Grotefend, studirte Hermann Grote- fend in Göttingen erst Medizin und sodann Geschichte unter dem jüngst verstorbenen Professor Waitz, deïsen historische Uebungen er besuchte. Alsdann beschäftigte er sih unter Jaffé’s Leitung in Berlin mit Chronologie und Palâographie sowie Diplomatik und bestand im Januar 1870 zu Göttingen das philosophische Doktor-Examen, worauf er als Aspirant am Staatsarchiv zu Breslau einberufen wurde. Fünf Jahre später, 1. Oktober 1874, ward der Genannte mit der Vorstandschaft des Staatsarchivs zu Aurich betraut, nahm aber Anfang 1876 das Amt eines Stadtarchivars in Frankfurt a. M. an. Literarish hat ih Grotefend, der sich speziell den historischen Hülfswissenschaften, der Urkundenlehre, Sphragiftik und Heraldik widmete, durch ein 1872 erschienenes Handbuch der historishen Chronologie einen Namen er- worben, Das Werk ist bereits ein unentbehrlihes Hülfsbuch jedes Historikers geworden. Die Vorbereitungen für die von Grotefend intendirte Herausgabe eines ausführlihen Handbuches der historischen Chronologie des deutschen Mittelalters werden wohl innerhalb Jahresfrist beendigt sein.

„Rosto ck, 2, Juli. Gestern erfolgte im hiesigen Landgerihts- gebäude die Einführung des zum Präsidenten des Gerihts ernannten bisberigen Ober-Landesgerichis-Raths Albrecht Wendhausen an Stelle des in den Ruhestand getretenen Präsidenten Dr. von Liebe- herr. Am Montag, den 27. v. M,, beging der Letztgenannte unter allgemeiner Tkheilnabme das fünfzigjährige Dienstjubiläum. Anfänglih im Cameraldienst angestellt, gehörte von Liebeherr von 1841—1879 den cinheimischen Justiz-Kanzleien (Obergerichten) zu Güstrow, Schwerin und Rostock mit einer kurzen Unterbrechung an. 21 Iabre lang war derselbe Chef-Präsident des Rostocker Gerichtéhofs und zugleich Konsistorial-Direktor sowie Präses der juristishen Prüfungskommifssion. Vom 10. Oktober 1849 bis 12. April 1%50 stand der jetzt erst 73 jährige Jubilar an der Spitze des Justiz - Ministeriums, nabdem die land- ständishe Verfassung aufgehoben und ein konstitutionelles Staats- grundgeseß für Mecklenburg-Schwerin erlassen worden war. In Folge des Schiedssprubs zu Freienwalde, der die ständishe Ver- fassung wiederherstellte, trat von Liebeherr mit dem damaligen Gesammt- Ministerium (voa Lüßow, Stever und Meyer) zurück, ward erst Justiz-Rath in Schwerin und war sodann von 1855—18§58 Ober- Appellationsgerihts-Rath in Rostock, bis er zur Leitung der Rostockter Justiz-Kanzlei berufen ward (1858), Nah Einführung der Reichs-Justizgesetße (1. Oktober 1879) übernahm der Jubilar, der als Jurist, Beamter und Mensch gleih ausgezeichnet ist, den Vorsitz in dem neu errichteten Rostocker Landgeriht, in welchem er an- fänglih die Strafkammer und in der Folgezeit auch die Civil- kammer dirigirte. Ferner fungirte Liebeherr s\eit 1870 als Kurator der Landes-Universität, die ihn 1879 zum Ehrendoktor der Rechte, 1883 zum Dr. theol. honoris causa freirte. Am Jubiläums- tage ward ihm auch der Ehrendoctor der Philosophie verliehen. Der Großherzog ernannte Liebeherr, der bereits vor 10 Jahren das Groß- Komthurkreuz des Haus-Ordens der wendischen Krone erhalten hatte, zum Geheimen Rath mit dem Prädikat Excellenz und zeihnete ihn durch ein sehr huldreihes Gratulations - Telegramm aus. Der Rath der Stadt Rostock machte den Geheimen Rath von Liebeherr zum Ehrenbürger. Daß die höchsten Dikasterien des Landes Deputationen s{ickten und zahlreiche Private gratulirten, ist selbstverständlih. Dr. Liebeherr bleibt fernerhin Vize-Kanzler und Chef des Landes-Konsistoruums. Am Dienstag starb hierselbst der Landes-Steuerdirektor Kammerherr von Oerßen aus dem Hause Kotelow. Derselbe war erst, nachdem er auf \tändishe Präsentation vom Landesherrn aus Neustrelitz, wo er Mitglied des Kammer- und A O s war, hierher. berufen worden, seit Neujahr 1885 im Amt.

Gewerbe und Handel.

Glasgow, 2. Juli. (W. T. B,) Die Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sich auf 891 741 Tons gegen 787 377 Tons im vorigen Jahre. Zahl der im Betrieb befindlihen Hochöfen 81 gegen 86 im vorigen Jahre.

New-York, 2. Juli. (W. T. B.) Der Werth der in der vergangenen Woche eingeführten Waaren betrug 9570 575 Doll., davon für Stoffe 1 864 712 Doll. Der Werth der Einfuhr in der Vorwoche betrug 9206 282 Doll.,, davon 1648 816 Doll. für Stoffe.

Verkehrs - Anstalten.

Zur bequemen Einlieferung von Packeten ist in Berlin abg¿sehen von den zahlreihen Stadt-Postanstalten, auch durch die Packetbest elleinrichtungen und Padcketwagen der Post Gelegenheit geboten. Sämmtliche im Dienst befindlihe Packetbesteller sind zur Entgegennahme gewöhnlicher S behufs Weiterbesorgung zur Post verpflichtet. Auf schriftlihe Aufforderung mittels Post- farte an das Kaiserlihe Packet-Postamt in Berlin N. (Oranien- burgerstraße 70) findet sih der Packetbesteller zur Abholung der Pakete in der Wohnung des Absenders besonders ein. Auch in diesem Falle ist nur die gewöhnlihe Einsammlungsgebühr zu ent- richten, also ein Betrag von 15 - bis zum Gewicht von 5 kg und von 20 S für Packete von höherem Gewicht, x

Hamburg, 2. Juli. (W. T. B.) Der Ber „Wieland“ der Hamburg- Amerikanischen Ÿ acketfahrt- Aktiengesellschaft hat, von New-York kommend, heute früh 5 Uhr Lizard passirt. :

London, 2. Juli, (W. T B) Der Castle-Dampfer „Roslin Castle“ ist heute auf der Ausreise in Capetown an- gekomnien. -

Berlin, 4. Juli 1887,

Am gestrigen Erinnerungstage an die Schlacht bei König- gräß fand in Fürstenwalde die feierliGe Einweihung des Denk- mals ftatt, welhes die Stadt ihren in den Kriegen von 64, 66 und 70/71 gefallenen Söhnen gewidmet hat. Jm Ganzen hatten sich 22 auswärtige Kriegervereine mit ihren Bannern und Fahnen eingefunden, welhe vom Festcomité am Bahnhof empfangen und mit Musik nach dem alten Schütßenhause geleitet wurden. Den Enthüllungsakt vollzog der Dee des dortigen Vereins und \{chloß mit einem Hoh auf Se. Majestät den Kaiser. Dann übernahm der Bürgermeister das Denkmal und Frachte ein begeistertes Hoh auf die deutshe Armee aus; die Fürsten-