1887 / 167 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 20 Jul 1887 18:00:01 GMT) scan diff

b, Pauschalersaß des auf die Versicherungsanstalt ent- fallenden Antheils an den gemeinsamen Verwaltungskosten (vergl. §. 16 Absay 4 und §. 17 Absatz 6 des Gesetzes)?

Das RNeichs-Versicherungsamt bemerkt, daß bei Erstattung des Gutachtens nicht zu berücksichtigen ist, daß nah §. 31 a. a. D. ein Theil der Verwaltungskosten auf die Gemeinden entfallen wird. e

Als Resultat der Beantwortung der Fragen zu 1 bis 3 ist ein Prämientarif nah Maßgabe des §. 23 a. a. O. ge- fällig]st zu entwerfen. Hierbei ist insbesondere Absay 2 des 8. 23 zu beachten, welchem, wie die Motive zum Geseßentwurf ergeben, die Erwägung zu Grunde liegt, daß, gleichwie bei den Umlagen in der Berufsgenossenshaft, auch bei den Prämien die Verschiedenheit der Unfallgefahr der einzeln-n Bauarbeiten nicht unberücksichtigt bleiben solle, sofern dieselbe ohne schwie- riges Einschäßungsverfahren nah allgemeinen objektiven Ge- sihtspunkten leicht erkennbar sei; dies sei der Fall, „wenn die Ungefährlichkeit nah Kategorien von Bauarbeiten, nicht aber, wenn sie nah Besonderheiten einzelner Bauarbeiten derselben Kategorie abgestuft wird.“ i

Durch die Prämien sollen der Kapitalwerth der Renten, die Nücklagen zum Reservefonds und die Verwaltungskosten gedeckt werden. E :

Die Prämien dürfen deshalb einerseits nicht, um die Be- rufsgenossenschaften jedes Risikos zu entheben, übermäßig hoch, andererseits nicht allzu niedrig bemessen werden, weil die Be- rufsgenossenschaften eventuell das Risiko der Versictherungs- anstalt zu tragen haben. E

VII. Die Gefahrentarife mehrerer Baugewerks-Berufs- genossenschaften werden mit Rücksicht darauf, daß ihnen Tiefbauarbeiten verschiedener Art (8. 4 Ziffer 1 des Bau- unfallversicherungsgeseßes) als Nebenbetriebe zufallen, der Ergänzung bedürfen.

Das Reichs-Versicherungsamt. Bödiker.

Königreich Preußen.

Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht : den bisherigen ordentlichen Professor Dr. Gasser in Bern zum ordentlichen Professor in der medizinischen Fakultät der Universität Marburg 2u ernennen; : dem ordentlichen Professor in der medizinischen Fakultät der Universität Breslau, Medizinal-Rath Dr. Fischer, sowie dem außerordentlichen ¡Professor in der medizinischen Fakultät der Vniversität Halle, Dr. Schwarßte, den Cha- rakter als Geheimer Medizinal-Rath, dem Kloster-Amtmann Mertens zu Göttingen den Charaktec als Dekonomie-Nath, und : dem Ersten Bürgermeister Dr. Shweineberg zu Mühl- havsen i. Th. den Titel als Dber-Bürgermeister zu verleihen.

Ministerium der geistlihen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten.

Am Schullehrer-Seminar zu Petershagen ist der ordent- liche Lehrer Ziemer zum Ersten Lehrer befördert worden.

Den Stistsgutspächtern Hugo Ulrich in Griesstedt und Julius König in Linderbah ist der Charakter als König- liher Ober-Amtmann beigelegt worden.

Königliche Friedrih-Wilhelms-Universität.

Bekanntmachung.

Das lateinishe und das deutsche Verzeichniß der Vor- lesungen an der hiesigen Universität für das Winter-Semester 1887/88, welche am 16. Oftober d. F. beginnen, ist von heute ab bei dem Ober-Pedell Mertins im Universitätsgebäude, ersteres für 25 S, legteres für 20 F zu haben.

Berlin, den 19, Fuli 1887.

Der Rektor der Universität. Vahlen.

Die große akademische Kunstausstellung voi Werken lebender Künstler des Jn- und Auslandes im Landes- Ausstellungs-Palast am Lehrter Bahnhof wird am

Sonntag, den 31. Juli d. J. eröffnet und am Sonntag, den 2. Oktober d. J. geschlossen. : -

Die Kasse wird täglich um 10 Uhr Morgens geöffnet. Abends findet elektrishe Beleuhtung der Ausstellungs- räume statt.

Eintrittspreis: Montags 1 H, an den übrigen Tagen

P

Berlin, den 18. Juli 1887,

Der Senat der Königlichen Akademie dec Künste, Sektion für die bildenden Künste. C. Beer.

Ministerium der öffentlichen Arbeiten.

Die Königliche Eisenbahn-Direktion zu Berlin is beauf- tragt worden, die bereits angeordneten allgemeinen Vorarbeiten für eine normalspurige Eisenbahn untergeordneter Bedeutung von Schönholz oder einem anderen geeigneten Punkte der Berliner Nordbahn über Tegel nach Velten bis nach Kremmen auszudehnen.

Bekanntmachung.

Die Bibliothek und das Lesezimmer des Königlichen Sta- E Bureaus bleiben während des Monats August des laufenden Jahres geschlossen. Berlin, den 15. Juli 1887. Der Direktor des O Statistishen Bureaus. end.

Bekanntmachung.

Die in Gemäßheit der Bekanntmachung vom 27. März 1878 (Centralblatt für das Deutsche Reih S. 160) beim Beginn des kommenden Winter-Semesters in der hiesigen Chierärztlichen Hoch- E abzuhaltende thierärztlihe Fahprüfung beginnt am 15, Okto-

ér c.

Die Meldungen zu dieser Prüfung sind bis spätestens zum 10. desfelben Monats bei dem Unterzeichneten einzureichen. Bevlin, den 19, Ut 1 L: Der Rektor der Gen Hochschule: üller.

Verzeichniß der Vorlesungen an der Königlichen Landwirthschaftlihen Hochschule zu Berlin, Invalidenstraße Nr. 42, im Winter-Semester 1887/88.

1) Landwirthschaft, Forstwirthschaft und Garten- bau. Geheimer Regierungs-Rath, Professor Dr. Settegast : Zucht, Haltung und Ernährung des Fleisch\chafes. Allgemeine Thierzucht. Professor Dr. Orth: Allgemeine Ackerbaulehre, Theil T.: Boden- kunde, Urbarmachung, Ent- und Bewässerung. Landwirthschaftliche Betriebslehre. Prafktishe Uebungen im agronomish - pedologischen Laboratorium. Leitung agronomischer und agrikultur - chemischer Untersuchungen für Vorgerückte. Oekonomie - Rath Dr. Frei- herr von Canstein: Spezieller Pflanzenbau. Professor Dr, Grahl: Landwirthscaftlihe Taxationslehre. Prinzipien und Methoden der landwirthschaftlihen Buchführung. _Landwirth- schaftlihes Seminar. Dr. Hartmann: MRindviehzuht. Dr. Lehmann: Landwirthschaftlihe Fütterungslehre, Theil T. (Die Nährstoffe, Futtermittel und die Grundlagen für die Ableitung der Fütterung8normen.) Schweinezuht, Mo"lkereiwesen, Theil T1. (Nahmgewinnung, Butter- und Käsefabrikation.) Kursus im Untersuhen von Milch, Butter und Molkereistoffen (¿. B. Butter- und Käsefarben, Lab 2c.) Ingenieur Schotte : Landwirthschaftliche Maschinenkunde. Prinzipien der Mechanik und allgemeinen Maschinen- lehre, Zeichen- und Konstruktionsübungen, Forstmeister Krieger : Waldbau. Jagdverwaltung und Jagdbenußzung. Garteninspektor Lindemuth: Obstbau, : :

2) Naturwissenschaften. a. Botanik und Pflanzen- physiologie. Professor Dr. Kny: Anatomie und Entwickelungs- geschichte der Pflanzen in Verbindung mit mikroskopischen Demon- \trationen. Einführung in den Gebrauch des Mikroskops. Arbeiten für Fortgeschrittenere im botanischen Institut. Professor Dr. Frank: Krankheiten der Kulturpflanzen. Ernährung der Pflanzen. Anleitung zu pflanzenphysiologishen Untersuhungen im pflanzenphysiologischen Institut. Arbeiten für Fortgeschrittenere daselbst. —- Professor Dr. Wittmak: Systematishe Botanik. Verfälschung der Nah-ungs- und Futtermittel, mit praktishen Uebungen. Privatdozent Dr. Tschirch: Botanisch-mikrofkopishe Uebungen. Elemente der allge- meinen und speziellen Botanik. Angewandte Pflanzenanatomie E b. Chemie und Technologie. Geheimer Regierungs - Rath, Professor Dr. Landolt: Anorganische ECrxperimental-Chemie. Großes chemisches Praktikum. Kleines chemisches Praktikum. Dr. Degener : Grundzüge der anorganischen Chemie, Die städtischen und gewerblicher. Gffluvien. Professor Dr. Delbrück: Brennerei, Brauerei, Stärke- und Essig-Fabrikation nebst Uebungen. Privatdocent Dr. Hayduck : Gährungschemie. e. Mineralogie, Geologie und Geo- gnosie. Professor Dr. Gruner: Bodenkunde und Bonitirung. Geo- gnosie und Geologie. Uebungen zur Bodenkunde. —- d. Physik. Pro- fessor Dr. Börnstein: Experimental-Physik, 1. Theil. Theoretische Mechanik. Wetterkunde. Physikalishe Uebungen. e, Zoologie und Thierphysiologie. Professor Dr. Nehring: Zoologie und vergleichende Anaiomie mit befonderer Berücksichtigung der Wirbel- thiere. Zoologisches Colloquium. Dr Karsch: Ueber die der Land- wirthschaft shädlichen und nüßlichen Insekten. Professor Dr. Zuntz:

| Physiologie des thierischen Stoffwechsels. Gesundheitspflege der Haus-

thiere. Thierphysiologische Uebungen (mit Dr. Lehmann).

5) Vetrerinärkunde. Professor Dieckerhoff: Seuchen und parasitishe Krankheiten der Hausthiere. Professor Müller: Anag- tomie der Hausthiere Eingeweide —, verbunden mit Demonstra- tionen. Vber-Roßarzt Küttner: Hufbeschlagslehre.

4) RNechts- und Staatswissenschaft. Professor Dr. Schmoller: Agrarwesen und Agrarpolitik Deutschlands. Kammer- gerichts-Rath Keyßner: Reichs- und preußisches Recht, mit besonderer RNücksiht auf die für den Landwirth und Kulturtechniker wichtigen Rechtsverhältnisse. Die Unfallversiherung überhaupt und namentlich die Unfallversiczerung für die im land- und forstwirth\chaftlichen Be- triebe beschäftigten Arbeiter. ——

9) Kultucte{(nik und Baukunde: Meliorations-Bau- inspektor Koehler: Kulturtechnik. Kulturtehnisches Seminar. Ent- werfen kulturtehnischer Anlagen. Professor Schlichting : Wasserbau. Brücken- und Wegebau. Entwerfen wasserbauliher Anlagen. Land- wirthsaftlihe Baulehre.

6) Geodäsie und Mathematik, Pr.fessor Dr. Vogler: Lacndesvermessung. Ausagleichungsrehnung. Praktishe Geometrie. Zeichen- und Rechenübungen. Meßübungen. Professcr Dr. Börnstein : Algebraishe Analysis. Mathematishe Ucbungen. Professor Dr. Reichel: Analqtische Geometrie und Analysis. Mathematische Uebungen. S

Das Winter-Semester beginnt am 15. Oftober 13587, Pro- gramme sind durch das Sekretariat zu erhalten.

Berlin, den 12, Juli 1887. :

Der Rektor der Königl. Landwirthschaftlihen Hochschule. Settega ft.

BeéelkanntmaPGuUn a.

Bei der dem Plane gemäß am heutigen Tage vor Notar und Zeugen stattgefundenen 52. Prämienziehung des vormals tuchessischen, bei dem Bankhause M. A. von Rothschild & Söhne in Frankfurt a. M, aufgenommenen Staats-Lottecic- Anlehns vom Jahre 1845 sind auf die 6000 Nummern der cam 1. Dezember v. I. und am 1. Juni d. I. gezogenen 240 Serien dic im beigefügten Verzeichnisse 7 aufgeführien Prämien gefallen.

Die Auszahlung dieser Prämien findet, gegea Rückgabe der Prämierscheine, vom 15. Dezember d. F. ab täglich mit Ausnahme der Somi- und Festtage, bei dem obengenannten Vankhause oder bei der Königlichen Regierungs-Hauptkasse dahier statt. i

Die Erhebung der Pramien kann jedoch auh bei allen übrigen Königlichen Regierungs-Hauptkassen, fowie bei der Kreiskasse in Fcanffurt a. M. und der Königlichen Staatsschulden-Tilgungskasse in Berlin gesehen, in welchém Falle die Prämiznscheine bereits vom 1. Dezember d. J. ab bei ter ketceffenden Kaise eingereiht werden können, da dieselben zunähst an die Regierungé-Hauptkase in Kassel zur Festseßurg übersandt werden müssen.

Zuglei) werden die Inhaber solcher Prämienscheine obigen Anlehns, welche zu einer der im weiter beigefügten Verzeichnisse IT aufgeführten Serien gehören, zur baldigen r.ahträglihen Erhebung der darauf gefallenen Prämien-Beträge gegen Ablieferung der Prämien- scheine hiermit aufgefordert.

Endlich wird auf das unter 111 beigefügte Verzeichniß amorti- sirter Prämienscheine, sowie auf das Verzeichniß 1V derjenigen Prämienscheine, deren Verjährung eingetreten ift, aufmerksam gemacht.

Kassel, am 1. Juli 1887.

Der Regierungas-Präsident. Rothe.

In dem meiner Bekanntmachung vom 1, d. M, über die 92, Prämienziehung des vormals kurhe\sishen Staatslotterie-Anlehns vom Jahre 1845 beigefügten Verzeichniß 1 is irrthümlih statt des Genen Nr. 52 692 der Prämienschein Nr. 54 692 mit cinem

ewinn von 300 M. aufgeführt. Es wird dies hierdurch berichtigt. Kassel, am 9. Juli 1887. Der Ee a dis Althbaus, 1.

Personalveränderungen.

Königlich Preuftische Armee.

Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im aktiven Heere. Ems, 9. Juli. v. Horn, Oberst à la suite des Inf. Regts. Nr. 70 und Kommandant von Kolberg, Har- ni\ ch, Hauptm. à la suite des Inf. Regts. Nr. 68 und Plaßmajor in Kolberg, mit der Wahrnehmung der Geschäfte eincs Komman- danten bezw. Plaßmajors der Feste Boyen beauftragt.

Koblenz, 12. Juli. v. Bonin, Sec. Lt. vom Drag. Regt. Nr. 11, unter Beförderung zum Pr. Lt. und Stellung à la suite des Regts, auf ein ferneres Jahr zur Gestüt-Verwaltung kommandirt.

Königlich Bayerische Armee.

Abschiedsbewilligungen. Im Beurlaubtenstande- 12. Juli. Den Sec. Lts. des Beurlaubtenstandes: Schahinger des 1. Inf. Negts, Weigand des 15. Inf. Regts, Wiest des 18. Inf. Regts, Bruckman des 1. Shweren Reiter-Regts.,— von Miller des 3. Chev. Regts., Diet!l des 1. Feld-Art. Regts., der Abschied bewilligt.

Im Sanitäts-Corps. 12. Juli. Dr. Holling (Aschaffen- burg), Dr. Diederichs, Dr. Held (Kaiserslautern), Assist. Aerzte 1. Kl. des Beurlaubtenstandes, der Abschied bewilligt.

X. (Königlic) Württembergisches) Armee-Corps.

Abschiedsbewilligungen. In der Gendarmerie. 8, Juli. v. Müller, Oberst-Lt. und Stabsoffizier des Landjäger- Corps, unter Gewährung des geseßlihen Ruhegehalts, mit der Er- laubniß zum Tragen der Uniform des Inf. Regts. Nr. 126, die erbetene Verscßung in den Ruhestand ertheilt.

Nictamtlich es. Deutsches Rei ch.

Preußen. Berlin, 20. Zuli. Se. Majestät der Kaiser und König trafen, wie „W. T.B.“ meldet, gestern Nachmittag um 1 Uhr bei bestem Wohlsein in Lend ein, nahmen dort das Diner ein und fuhren um 4/7 Uhr nach Wildbad Gastein weiter.

Die Ankunft daselbst erfolgte Abends 71/4 Uhr. Offizieller Emvfang fand nicht statt; nur der Statthalter Graf Thun, der Bürgermeister Straubinger und der Pfarrer ves Ortes waren zur Begrüßung anwesend.

Vor dem Badeschloß hatte sfich ein äußerst zahlreiches Publikum versamnielt, welhes Se. Majestät den Kaiser mit enthusiastishen Zurufen empfing. Se. Majestät erschienen später wiederholt am Fenster des Scklosses. Der Kurort war festlich ges{chmüdckt.

Heute früh 8 Uhr nahmen Se. Majestät der Kaiser das ersie Bad und machten dann um 10 Uhr in Begleitung des General-Adjutanten Grafen Lehndorff eine Spazierfahrt nah

| Böckstein.

Der Ausschuß des Bundesraths für Zoll- und Steuerwesen hielt heute eine Sizung.

Der Königliche Gesandte in Dresden, Graf von Dönhoff, hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub an- getreten. Für die Dauer der Abwesenheit desselben von seinem Posten fungirt der Legations-Sekretär Prinz von Thurn und Taxis als interimistischer Geschäftsträger.

Der General-Fnspecteur des Militär-Erziehungs- und Bildungswesens, General der Jnfanterie von Strubberg, hat sih mit fünfwöchigem Ur!aub nach Tepliy in Böhmen und der Direktor der Kriezs-Akademie, General-Lieutenant von Lattre, auf 45 Tage mit Urlaub nah Süd-Deutsch- land begeben.

Bayern. München, 19. Juli. Zu der Begegnung des Kaisers und des E von Bayern ¡chreiben die Münchener „Neuesten Nachrichten“:

„Ts war das erste hohe Freudenfest in Bayern, als am 19, Juli des vorigen Jahres, nah den herzbrechenden Tagen der Königs- fatastcophe, Kaiser Wilhelm hier auf dem Bahnhofe in München eine Begegnung mit Bayerns Regenten, Prinz Luitpold, hatte. In früheren Jakren war des Kaisers Extrazug in aller Stille und im Abend- duitel an München vorbeigesahren. Nun war ein weithin sihtbares Leichen, daß in Bayern. etne Wendung eingetreten, diesc Fürsten- legegnung im Königssalon des Münchener Bahnhofes, und wenn auch der Bevölkerung unserer Stadt es nicht ver- gönat war, den Deutschen Kaiser und den bayerischen Regenten Hand in Hand zu sehen, weil die um die Gesundheit des greisen Monarchen beforgten Aerzte jede Vermehrung der Reisestrapa- zen untersagten, sc klang damals doch dur ganz Bayern ein lauter Ruf der Freude; des Kaisers Fahrt von Lindau über München bis zur bayerishen Grenze in Kusstein war ein wahrer Triumphzug. Dieêmal berührt der Kaiser bayerischen Voden nicht auf seiner Meise zu den heilfräftigen Quellen Gasteins. Sein ehrwürdiges Alter, eine faum überwundene Crkrankung, die Pflicht größtmögliher Schonung seiner Kräfte erheischen es gebieterisch, daß er die kürzeste Reiseroute von de: Insel Mainau nah dem Alpenbade wähle, und diese führt durch den Arlberg. Aber unser Prinz-Regent hat sih die Freude nicht nehmen laffen wollen, seinen erhabenen Vetter und Freund, des Reiches Haupt, persönlich zu begrüßen. Mitten auf dem herrlihen Bodensee treffen sich die beiden Fürsten, und der Reiseplan ist troy aller nüchternen Ziffern und Daten mit einem romantishen Schimmer umhauht. Möge es beiden Fürsten vergönnt sein, in den kommenden Jahren noch oft si von Angesicht zu Angesiht zu sehen. Feder Hâändvedruck, der zwischen dem Deutschen Kaiser und dem bayerischen Prinz-RNegenten gewechselt wird, bekräftigt die {chönen und erhabenen Worte, welhe Se, Königliche Hoheit Prinz Luitpold nah den ershütternden Juni-Ereignissen an den Kaisec schrieb: „Mögen Eure Kaiserliche und Königliche Majestät sich überzeugt halten, daß auch Ich Meinerseits nichts sehnlicher erstrebe, als die Aufrehthaltung und Befestigung der so glücklih bestehenden innigen und vertrauensvollen Beziehungen, welche zum Heile Deutschlands die Kronen Preußens und Bayerns verbinden,“ *

Württemberg. Lu dwigsburg, 18. Juli. (St.-A. f. W.) Der Prinz und die Prinzessin Wilhelm mit der Prin- zessin Pauline haben sih heute nah Norderney begeben.

effen. Darmstadt, 19. Juli. (Darmst. Ztg.) Der Großherzog wird zu Anfang der nähsten Woche aus England hier wieder eintreffen. Morgen finden im Großherzogthum die regelmäßigen Ersaßwahlen für die Zweite Stände- fammer und zwar für den Bezirk der Landgemeinden statt.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 19. Juli. (W. T. B.) An- läßlich der Ankunft Sr. Majestät des Deutschen Kaisers auf österreichishem Boden schreibt die „Wiener Aben d-

post“: „Der innigen Freundschaft gedenkend, welche die beiden Kaiserhöfe “und deren Reiche segensvoll verbindet, be-

L E R 1E

grüßen die Völker Oesterreih:Ungarns mit Freude den Be- Ser des befreundeten Deutschen Reichs auf österreichishem

oden. Den Aufenthalt des Kaiserlichen Freundes und Gastes unseres Monarchen begleiten in diesem Jahre doppelt warme Segenswünsche, da ihm vergönnt war, nach den Tagen Des ene wieder das österreichishe Alpenland auf- zusuchen.“

Das „Fremdenblatt“ begrüßt gleichfalls S e. Majestät den Kaiser Wilhelm als Friedensfürsten und allverehrten Freund und Bundesgenossen des österreichischen Monarchen. „Desterreihs Völker“, sagt das Blatt, „werden mit sympathi- e Theilnahme den Verlauf der Kur verfolgen, welche von egensreicher Einwirkung auf die kostbare Gesundheit des greisen Herrschers sein möge“.

20. Juli. (W. T. B.) Die „Wiener Zeitung“ veröffentliht den zwishen Oesterreih und Dänemark abgeschlossenen Handels- und Schiffahrtsvertrag.

Vier Mitglieder der bulgarischen Deputation sind heute Vormittag nah Kasanlik abgereist.

Schweiz. Bern, 18. Juli. (Bund.) Zur Durch- führung des Alkohol-Monopols hat das eid- genössishe Finanzdepartement diejenigen Spritfabrik- besißer, welche eine Weiterführung ihres Brennerceibetriebes (auf Rehnung des Bundes) bis zum 1. Oktober 1887 be- absichtigen, eingeladen, ihm bis spätestens den 19. Zuli d. J diese Absicht schriftlih kundzugeben, unter Beantwortung ver- schiedener diesbezügliher Fragen, welche Qualität, Preis u. \. w, des Sprits betreffen. Ferner haben diejenigen Sprit- JZmporteure, welhe ihre mit ausländischen Lieferanten noch nicht effektuirten Lieferungsverträge auf den Bund zu über- tragen gedenken, ihr bezüglihes Gesuh bis spätestens am 29. Zuli s{hriftlih und unter Beifügung der näher bezeichneten Daten dem cidgenössishen Finanzdepartement einzureichen.

Großbritannien und JFrland. London, 19. Zuli. (A. a Der Schaßamtskanzler Goschen hielt au Sonnabend vor der Union der konservativen Vereine Londons im Alexandra-Palast eine Rede, in welcher er seiner Befriedigung über die Genehmigung der Verbrechen- Bill Ausdruck gab. Die Landbill, meinte derselbe, würde gewiß auh noch auf große Hindernisse stoßen, allein auch diese würden überwunden werden. Zweck der Land- bill sei, die Schwierigkeiten so lange zu überbrüen, bis die Negierung ihr Ziel erreichen könne, nämlich ehcliche und fleißige Pächter zu Eigenthümern ihrer Stellen zu machen. Goschen verwahrte sich dagegen, daß die Regierung nuc das Juteresse der Gutsherren wahrnähme. Sie habe vielmehr eine Revifion der Pachtzinse vorzunehmen sich geweigert, da sie einen endgültigen Landankaufsplan dem Parlament vor- zulegen beabsichtige.

Von dem vom Parlament zur Untersuchung der Armee- und Marine - Voranschläge eingeseßten Ausshuß wurde gestern der Sekretär im Kriegs- Ministerium, General - Major Harman, vernommen. Derselde war der Ansicht, daß \sich die Zahl der höheren Beamten des Kriegs-Ministeriums kaum herab- Jeßen lasse. Ebenso sei bei den bestehenden Verhält- nissen in Frland ein Stab in Dublin nothwendig. Die Zahl der Offiziere ia den Kavallerie-Regimentern sei auch nit zu groß, habe vielmehr während des egyptishen Feldzuges kaum ausgereicht. Wes aber die Miliz betreffe, so empfehle es sich, die Uebungszeit derselben, welche gegenwärtig nur 2 oder 5 Wochen einmal im Fahre betrage, auszudehnen.

Nach einem dem Parlament vorgelegten amtlichen Bericht wurden sür die irishe bewaffnete Polizei in dem mit dem 31. März abgelaufenen Jahre 1 445 402 Pfd. Sterl. verausgabt. Die Löhne der Offiziere betrugen 113 790 Pfd. Sterl. ,-die der Mannschaften 938 357 Pfd. Sterl, während der Rest von 396 215 Pfd. Sterl. für Uniformen, Waffen, KFasernenmiecthe, Transport u. A. verwandt wurde.

Aus Bixumoa berichtet ein Telegramm der „Times“:

Rangun, 17, Juli, Zwei Prätendenten, wel he vorschüßen, die Alaungprc-Prinzen zu sein, sind im Yau-Distrikt aufgetreten und haben beträhtlihen Anhang gewonnen. Im Tsagain-Distrikt, wo Hlaoo lange hauste, verüben drei Insurgentenführer starke Crpressungen. Hr, Crosthwaite trifft im Einvernehmen mit den Militärbebörden eingreifende Maßregeln dagegen. Sowohl das Yau- wie das Tfagain-Gebiet cignen si vortrefflich für die Verwen- dung von Kavallerie, und es ist eine beträchtliche Masse Reiterei deshalb na den unruhigen Distrikten abgesandt worden. Das Wetter ist den Operationen günstig Die berittene Infantecie von der Brigade des Generals Low hatte zwei Gefechte mit glülichem Ausgang mit den In- surgenten, nahm 50 Mann gefangen und erbeutete eine Anzahl Waffen. Hr. Crosthwaite reist am 19. d, M. von Mandalay nach Bhamo. Nach seiner Rückkehr nah Mandalay wird er einen großen Durbar von Birmanen und Shans abbalten. In Mandalay werden demnächst eine städtische Verwaltung und hygienishe Verbesserungen eingeführt werden. Straßen sollen angelegt und die Stadt Nachts beleuchtet werden.

Aus Simla, vom 18. Juli, meldet eine Depesche des „Reuter'schen Bureaus“:

Wie verlautet, haben sih 30000 aufständishe Stamm- genossen in Ataghai zusammengeschaart, um Gholam Hyder Khaa1 Widerstand zu leistzn. Es hat sich ihnen ein Theil der Meuterer von Herat angeshlossen. Aus Herat werden neue Ruhestörungen gzmeldet. Der Emir hat Regimenter aus Vadakshan zur Verstärkung der Garnison von Kabul requirirt.

(W. T. B.) Fn der heutigen Sigung des Unterhauses erklärte der Unter-Staatssekretär Fergusson auf eine be- zügliche Anfrage: die Unterhandlungen, betreffend die Natififation der egyptish-türkishen Konvention, rüdten jegt nicht vor; es sei auch nicht wahrscheinlich, daß die- elben in Kurzem wiever aufgenommen werden würden. Drum- mond Wolff habe die Ratifikation der Königin nicht übergebei1; daher könne dieselbe auch nicht zurückgezogen werden. Die Frage wegen Zustimmung zu der Wahl des Prinzen von Loburg zum Fürsten von Bulgarien entstehe für die Signatarmächte nicht eher, als bis der Sultan die Wahl janktionirt habe.

,— 20. Juli, früh. (W. T. B.) Das Unterhaus hat die Vorlage, betreffend die Förderung der Errichtung tech- nischer Schulen, in erster Lesung angenommen. Bei der Einbringung der Vorlage wurde von Hast Dyke auf die egel der Herstellung eines N technishen Unter- rihts Nngewiesen, welcher anderen Nationen ermöglicht habe, England in mehreren een der Zndustrie zu überflügeln.

20. Juli. (W. T. V.) Jn einer gestern unter dem Vorsit Lord Salisbury's abgehaltenen Versammlung m konservativen Mitglieder beider Parlaments- e user theilt: der Premier mit: die Regierung habe, um den Anschauungen der liberalen U nionisten Rechnung zu tragen und deren Unterstüßung zu behalten, beschlossen, Sewisse Zugeständnisse in der irishen Boden

geseßbill zu machen, welche den Wegfall der Bankerott- flausel und die provisorische Revision der gerichtl i ch festgeseßten Pachtzinse umfassen würden.

Frankreich. Paris, 19. Juli. (W. T. B.) Jn der heutigen Sizung des Senats brachte der Kri egs- Minister Ferron die Vorlage, betreffend die ver- suchsweise Mobilisirung eines Armee-Corps, ein und beantragte die Dringlichkeit. Nachdem darauf zweimal mit zweifelhaftem Resultat abgestimmt worden, ward mit 137 gegen 92 Stimmen die Dringlichkeit erklärt. General Campenon beantragte, die Vorlage nah der Prüfung durch die Militärkommission der Finanzkommi*sion zu über- weisen. Der Senat stimmte dem zu. Die beiden von der Deputirtenkammer bereits angenommenen Gesezentwürfe

erron’'s, betreffend die Bildung neuer Kavallerie- Regimenter und die Reorganisation der Jnfant erie, wurden vom Senat gleichfalls angenommen, später au die Vorlage über die direkten Steuern.

Die Deputirtenkammer verwarf mit 237 gegen 208 Stimmen die Vorlage, betreffend die Genehmigung zur Legung eines Kabels nach den Antillen und Guyana. Rivet richtete eine Fnterpellation an die Negierung über die durch den Bischof von Grenoble erfolgte Beförde- rung des Curé's in Château Villain, welher im Jahre 1886 bei dem Zwischenfall in einex Fabrik in Lacombe, deren Leiter die Behörde an der Schließung einex Kapelle hindern wollten, betheiligt war. Dex Unter- rihts-Minister Spuller erwiderte: er habe den Bischof aufgefordert, die Ernennung zu widerrufen. Zanjuinais, von der Rechten, beantragte, die Interpellation auf einen Monat zu verschieben. Dieser Antrag wurde jedoch mit 317 gegen 166 Stimmen abgelehnt und hierauf ver- schiedene Tagesordnungen eingebracht, welche dahin gingen, das Concordat zu fündigen. Nivet beantragte eine Tagesordnung, in welher die Regierung aufgefordert wird, den Geseßen Achtung zu ver‘chaffen. Der Unterrichts- Minister erklärte sich mit dieser Tagesordnung einverstanden, und dieselbe wurde s{hließlich mit 388 gegen 144 Stimmen angenommen. Délisse brachte einen Antrag ein: die Regierung zu ermächtigen, während der Abwesenheit der Deputirtenkammer glle Maßregeln zu treffen, welhe zum Scquß der einheimishen Jndustrie gegen die Einfuhr des deutschen Alkohols nothwendig seien. Nachdem die Dringlichkeit erklärt worden, wurde dieser Antrag der Zoll- Kommission überwiesen.

Süd - Amerika. Uruguay. Montevideo, 19. Juli. (W. T. B.) Der Minister der auswärtigen Ange- legenheiten hat seine Entlassung gegeben. Nachfolger ist Jldefonso Garcia Lagos worden.

ernannt

Zeitungsstimmen.

Unter der Ueberschrift: „Die Handelskammerberihte und die Freihändler“ äußert sich die „Deutsche volkswirth- schastlihe Correspondenz“ folgendermaßen:

Die Freihändler bemühen sih, aus den Berichten der Handels- kammern pro 1886 heraus den Beweis zu erbringen, daß eine Umkehr zum Freihandel nöthig sei, und sie suhen eifrig nah solchen Argu- menten in den Berichten, aus denen sich die Behauptung anscheinend begründen läßt, daß die Induitrie des Zollshuzes müde sei. Eine solche Unterstüßung ihrer Absichten finden die Ee in dem Berichte der Handelskammer für Niederbayern. Nach Ansicht der Kammer ist die Ablehnung eines Schutzolles auf Wolle der Wendepunkt gewesen, an dem die Mehrzahl unserer Industriellen zu der Einsicht gekommen ist, daß ein weiteres Fortschrciten auf dem Wege der Schutzzoll- geseßgebung ihnen wenig nützen, dagegen wegen der von Seite anderer Staaten zu gewärtigenden Repressalien unverhältnißmäßig {aden müßte ... „G8 ist nicht zu verkez1nen“, schreibt die Kammer, „daß die auf den Exportartikeln aller Länder gleihraäßig lastenden Zoll- abgaben einen ungünstigen Einfluß auf das Erträgniß der exportirenden Geschäfte äußern müssen, weil diese, um ih den einmal gewonnenen Markt zu erhalten, zu Konzessionen der verschiedensten Art gedrängt werden. Man hat seinerzeit viel darüber debattirt, wer den Schutz- zoll zu tragen habe, der Prodvzent oder der Konsument, Bei näherer Betrachtung dieser Frage zeig sih edoch, daß sie in dieser einfachen Form \chwer zu beantworter. ist, weil es sih hierbei niht blos um Angebot und Nachfrage handelt, sondern au darum, ob die Wirkun des Zolls niht durch billigere Hecstellung der Waare und hierdur ) ermöglichte Preiskonzessionen, sowie durch Herabsetzung der Frachten auf den Erxportlinien paralysirt werden könne. Wenn dies nicht der Fall wäre, müßten die Exportausweise der vershicdenen Länder sehr starke Rückgänge zeigen, was im Allgemeinen niht zutrifft; dieselben weisen sogar theilweise bedeutende Zunahme auf, wäkrend die Dekla- ration ihrer Werthe sih umgekehrt proportional hierzu verhält. In diesem Umstande dürfte neben der erdrückenden Konkurrenz und UÜcber- produkticn die Erklärung für die Abnahme des Geschäftszewinns in vielen Zweigen unserer vaterländishen Industrie zu suchen sein.“

Die Kammer begründet in der HauptsaŸhe ihren Wunsch nah Sreihandel damit, daß sie hofft, andere Staaten werden ih eben- falls dadur zu Zollermäßigungen bewegen lassen. Sie . scheint niht zu begreifen, daß dur solche Konzessionen gleiche Vergünsti- gungen von anderen Staaten nicht zu erlangen sind. Das beste Bei- spiel dafür ist Rußland, das feine Zölle ruhig erhöhte, troßdem ihm Deutschland seine Grenzen offen hielt. Wenn nun aber die Kammer glaubt, daß der allgemeine Freihandel den Gewinn der Fabrikanten erhöhen werde, so ist das wohl großer Optimismus. Schon jeßt, bei Bestehen der Zollshranken, ist die Konkurrenz eine so große, daß dié mög- lichsten Konzessionen gemacht werden müssen, um den Absatz zu erhalten ; weni nun erst dem Export keine Schranken mehr geseßt sein werden, dann wird die Konkurrenz noch größer werden, und die Preise werden nit, wie die Kammer glaubt, steigen, sondern fallen, der Gewinn wird sich verringern. Die Aklehnung des Zolles auf Wolle: ist ferner niht ein Wendepunkt in der Schutzollpolitik, sondern diese Thatsache zeigt nur, daß die Verfechter der Schutzzollpolitik nah vernünftigen Grundsäßen handeln, und sih niht für irgend ein Prinzip in jedem Fall engagiren. Wie die genannte Kammer zu ihrem Urtheil fommt, ist auh nicht recht ersihtlih, denn viele ihrer Spezialberichte sind des Lobes des Scuyzolles voll. So hob neulich die „N. A. Ztg." hervor, daß eine Parquetfabrik jenes Bezirks erklärt habe, die Ausdehnung ihres Fabrikbetriebes sei nur möglich gewesen dur die Zollerhöhung auf Parquetfabrikate, es habe seitdem die Parquetfabrikation überall in Deutschland an Aus- dehnung und Umfang bedeutend zucenommen, so daß heute bereits fast an jedem kleineren Plate cine Fabrik und in allen größeren Städten zahlreiche Fabriken sih mit diesem Industriezweige beschäftigen. Einem Sägewerke im bayerischen Walde ist der Holzzoll troß der im Jahre 1885 eingetretenen bedeutenden Erhöhung noch zu niedrig, weil er immer noch niht verhütet hat, daß aus dem Auslande rohe und bearbeitete Hölzer über die Grenze kommen; der Bericht des Sägewerkes meint demgemäß, eine abermalige „Erhöhung der Holzzölle dürfte daber den deutshen Säge- besißern im Großen und Ganzen sehr zu Statten kommen.“ Die leßtere Ansicht theilen wir nun zwar aus denselben Gründen nicht, aus denen wir den Wollzoll bekämpften, doch bewcist sie auch nur,

Zu feinem

daß selbst im Bezirke der niederbayerishen Handelskammer die Stim- mung für den Schutzzoll bedeutend is. Den Freihändlern gelten natürlich folhe Urtheile prafktisher Leute weit weniger, als die am grünen Tisch verfertigten E uunciationen des Sekretariatsberihts, und dessen Aeußerungen halten sie allein für gültig. Das bezeichnet die Kampfesweise der Freihändler.

Dié „Bexläner Börsen-Zoitung“ theilt folgende Auslassung des „Orendownik“ über die Ankäufe polnischen Grundbesißes durch die Ansiedelurgskommission mit:

Er (der „Orendownik“) habe sich nicht geirrt, als er nah den ersten Ankäufen Seitens der Kommission gesagt habe: es werde der Kommission, als koulanter Käuferin, welche gut zahlt, niht an Solchen fehlen, welche gern mit ibr in Handelsverbindungen treten. Der Handel gehe in Wirklichkeit über alles Erwarten gut, und es vergehe keine Woche, in welcher niht polnische Güter zur Ansiedelung verkauft würden. Die polnischen größeren Besitzer sagen ofen: An die Ansiedelungskommission verkaufen, das is noch das einzige gute Geschäft, welches heute der Pole machen kann. Der Verkauf polnischer Güter zur Ansiedelung müsse aber auf die künf- tigen Wahlen einwirken, und zwar in zweifaher Nichtung; einerseits werden dadurch die Polen vieler Stimmen bei den Landtags- und Retichstagswahlen beraubt, und in vielen Kreisen, wo die polnischen Kandidaten bisher nur mit {wacher Majorität durhkamen, werden jeßt die Deutschen siegen; andererseits bedrohe der Verkauf polnischer Güter zur Ansiedelung die polnishe Wahlorganisation, welche bisher fast ausscließlich von den größeren ländlichen Besißern gehandhabt wurde, mit der Zertrümmerung.

Veröffentlihungen des Kaiserlihen Gesundheits- amts. Nr. 29. Inhalt: Gesundheitsstand. Volkskrankheiten in der Berichtswohe. Choleranachrihten. Epidemien in Italien, 1887. 1. Vierteljahr. Sterbefälle in deutshen Städten von 40 000 und mehr Einwohnern. Desgl, in größeren Städten des Auslands. Crfkranfungen in Berliner Krankenhäusern. Desgleichen in deutschen Stadt- und Landbezirken. Grundwasser- stand und Bodentemperaturen in Berlin und München. Juni 1887.

Gesundheitszustand 2c. in Leipzig 1885, Witterung. Zeit- weilige Maßregeln gegen Volkskrankheiten. Thierseuhen in der Schweiz, März und April 1887, Desgl. in Rumänien 1886, 2. Halbjahr. Desgleichen in den Niederlanden. -— Medizinalgesetz- gebung 2c. (Berlin.) Verkehr mit frischer Kuhmilch. (Braun- schweig.) Beseitigung von Ansteckungsstoffen bei Viehbeförderung auf Eisenbahnen. (Reuß-Plauen.) Untersuhung des Schweinefleis ches auf Trichinen. Rechtsprechung. (Landgericht München I. und Reichs8geriht.) Bereitung von Wurst unter Zusetßzung von Stärke- mehl. Vermischtes. (Berlin.) Geheimmittel. (Aussig.) In- struktion für die Stadtärzte.

Eisenbahn» Verordnungs-Blatt. Nr. 22, Inhalt: Allerhöchster Erlaß vom 20. Juni 1887, betreffend Verlängerung der Frist für die Herstellung der Eisenbahn von Farge nach Vegesack. Erlaß des Ministers der öffentlichen Arbeiten vom d. Juli 1887, betreffend Nachträge zu den Statuten der Pensionskassen für die Lohn- arbeîter der Staats-Cisenbahnverwaltung. Nachrichten.

Statistische Nachrichten.

Unter den 500 Gymnasien, Progymnasien und Anstalten gleicher Art des Deutschen Reichs (295 in Preußen und 205 in den übrigen deutschen Staaten) gab es im Jahre 1886 nah Heft II1L, IV der „Zeitschrift des Königlich Preußischen Statistischen Bureaus“ (Jahrgang XXVT1) mit einem Schulgeldsaß bis 69 125 und zwar in Preußen 5, Bayern 72, Württem- berg 18, Baden 17, Hessen 1, Mecklenburg-Streliß 1, Sachsen- Coburg-Gotha 1, Schwarzburg-Sondershau}fen 2, Schwarzburg- Nudolstadt 1 und Elsaß-Lothringen 7, mit einem S(bulgeldsaß von 70 bis 74 29 und zwar in Preußen 15, Sachsen 4, Württem- berg 1, Hessen 2, Sahsen-Weimar 3, Meklenburg-Strelitz 1, Olden- burg 1, Sachsen-Coburg-Gotha 1 und Elsaß-Lothringen 1, mit einem Schulgeldsaß von 75 bis 79 / 7 und zwar in Preußen 3, Sachsen 1, Hessen 1 und Sachsen-Altenburg 2, mit einem Schul- geldsaß von 80 bis 84 4_ 37 und zwar in Preußen 20, Sachîen 3, Mecklenburg-Schwerin 4, Oldenburg 1, Anhalt 4, Schaumburg-Lippe 1 und Elsaß-Lothringen 2, mit einem Schulgeldsaß von 85 bis 89 M 3, und zwar in: Preußen 2, und Lippe 1 mit einem Schul- geldsaß von 90 bis 94 4 104, und zwar in: Preußen 93, Sachsen D Mecklenb1rg-Schwerin 4, Meklenburg-Strelitz 1, Waldeck 1, Neuß j. L. 2 und Clfaß-Lothringen 1, mit einem Schulgeldsaßz von 95 bis 99 6 21, und zwar in: Preußen 14, Oldenburg 2 und Braunschweig 5, —- mit einem Schulgeldsaß von 100 bis 104 M 85, und zwar in: Preußen 79, Sachsen 2, Hessen 1, Mectlenburg-Schwerin 2 und Lippe 1, mit einem Schulgeldsaß von 105 bis 109 ( 25, und zwar in: Preußen mit einem Schulgeldsaz von 110 bis 114 4 10, und ¿war in : Preußeu 9 und Clfaß-Lotbringen 1, mit einem Schul- geldsatz von 115 und mehr 454 und zwar in: Preußen 30, Sachsfen 17, Mecélenburg-Shwerin 1, Reuß à. L. 1, Lübeck 1, Bremen 2 und Hamburg 2. —- Die Sculgeldfäßc sind demnah im Ganzen am höchsten in Hamburg, Bremen, Lübe und Reuß ä. L, am niedrigsten in Bayern, Württemberg, Baden, Schwarzburg-Sondershausen und Schwarzburç-Nudolstadt.

Ucber die Nordsecfischerei und die Fischerhäfen an der Nordsee in den Niederlandcn, Belgien, England, Schottland und Deutschland bringt die „Zeitschrift für Bau- wesen“ (37. Jabrgang 1887, Heft 7—9) Mittheilungen aus einem MNeise- beriht des Neçterungs- und Bauraths Tolle, Danach bestand die Nordsec-Fisherflotte Großbritanniens im Jahre 1884 gus etwa 20 000 Fahrzengen mit etwa 65 000 Mann Besaßung, von welchen gegen 10700 Fahrzeuge mit 31 250 Mann Besatzung auf die Nord- jecküste, die Dstküste Fnglands, und etwa 9390 Fahrzeuge mit 39 790 Mann Besaßung auf Schottland zu rcchnen sind. Die hervor- ragendsten Häfen für Ein- und Ausfuhr von Secfischen sind in England : Great Griméby, Hull, Yarmouth und Lowestoft, in Schottland: Änstruther, Pcterhcad, Fraserburgh, Buckie und Wiek Außer den Fischern selbst siad in Schottland noch 42700 Personcn, im Ganzen 76450 Personen bei dem Nordsee-Fischereibetriebz beschäf- tigt, und auf eine ungefähr gleiche Zahl is für England zu renen. Der Werth der aus 9300 Fahrzeugen bestehenden \chottischen Nordsece- Ficerflotte, welhe größtentheils aus offenen Böten besteht, wird mit der Ausrüstung auf rund 30 Millionen Mark ge\chäußt, während der Werth der 10700 zur Ausühung der Seefischerei in der Nordsee be- stimmten englischen (größer und stärker gebauten) Schiffe auf 40 Mil- lionen Mark zu veranschlagen ist. Die gesammte Nordsce-Fischer- flotte repräsentirt somit ein Kapital von 70 Millionen Mart. Nimmt man zur Berechnung des Ertrazes der Nordfeec-Fischerei (zie es in (England geschieht) an, daß das Anlage-Kapital mit 199% ver- zinst werden muß und daß jede beim Fischereibetricbe beschäftigte Person eine Jahres-Einr.ahme von 40 L = 800 erzielt, und \chäßt man *erner die Gesammtzahl der beim Nordsee-Fischereibetriebe beschäftigten Personen auf 150 000, so ergiebt sich ein Jahres-Ertrag von 127 000 000 A Secefischerei und Fishhandel sind in Eugland wie in Schottland in fstetigem raschem Auf\{hwunzge. So zählte der Hafen von Great Grimsby (der größte englishe Hafen für die Ein- und Ausfuhr frischer Fische) im Jahre 1853 nur 10 kleine Fischer-Fahrzeuge, dagegen im Jahre 18384 bereits 737 größere Schiffe (smaks 2.). In Schottland wurden im Iahre 1874 ewa 1 Million Barrels (Tonnen), 1884 aber {hon rund 1 700 000 Barrels O gefangen. Davon wurden 1874 700 000, 1884 aber 1 156 000 Barrels nach dem Festlande ausgeführt. Von der Gesammt-Ausfuhr der schottishen Heringe kommen über 90/4 auf Deutschland und zwar auf die vier Häfen Stettin, Danzig, Königsberg und Ham- burg, 8% auf Nußland und die übrigen 2% auf Irland 2c. In den Niederlanden betrug die Gesammtzahl der Fischer-