1887 / 176 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 30 Jul 1887 18:00:01 GMT) scan diff

y. Crousaz, Hauptm. und Comp. Chef vom Kadetten- hause zu Plön, in das Füs. Regiment Nr. 86, Bull- rich, Hauptm. und Comp. Chef vom Inf. Regiment Nr. 132, zum Kadettenbause in Plön, verseyt. v. Ebert, Yr. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 132, zum Hauptm. und Comp. Chef befördert. v. Beyer, Hauptm. und Comp. Chef vom Inf. Regt. Nr. 50, dem Regt., unter Beförderung zum überzähligen Major, a gregirt. Heiß, Hauptm. à la suite des Inf. Regts. Nr. 50, unter ntbindung von dem Kommando als Adjutant bei der 2. Inf. Brig., als Comp. Chef in das Regt. einrangirt ; derselbe verbleibt jedo bis nach Beendigung der diesjährigen großen Herbstübungen bei der 2. Inf. Brig. zur Dienst- Dan Stellbrink, Hauptm. und Comp. Chef vom Füs. Regt. Nr. 86, dem Regt., unter Beförd. zum überzähl. Major, aggreg. Bölling, Hauptm. und Comp. Chef vom Inf. Regt. Nr 28, dem Regt., unter Beförderung zum überzähligen Major, aggregirt. Kolbe, Hauptm. von demselben Regt., zum Comp. Chef ernannt. v. Gabain, Pr. Lt. à la suite des Inf. Regts. Nr. 28, unter Be- fans in seinem Kommando als Erzieher bei dem Kadettenhause zu Wahlstatt, in das Regt. wiedereinrangirt. Kaulen, Sec. Lt, vom Inf. Regt. Nr. 45, unter Beförderung zum Pr. Lt. und unter Be- lassung in seinem Kommando als Erzieher bei dem Kadetten- hause zu Bensberg, à la sguite des Regiments gestellt. v. Porembsky, Major vom Inf. Regt. Nr. 87, dem Regt. aggregirt. Stelzer, Major aggregirt demselben Regt., in dieses Regt. einrangirt. Deichmann, Hauptm. vom Inf. Regt. Nr. 82, als Comp. Chef in das Infant. Regt. Nr. 60 verseßt. v. Alt- Stuütterheim, Hauptm. aggreg. dem Inf. Regt. Nr. 82, unter Belassung in seinem Kommando als Assist. bei der Militär-Schieß- \hule, in das Regt. einrangirt. Finner, Pr. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 114, in das Inf. Regt. Nr. 57, Sabel I., Sec. Lt. vonyInf. Regt. Nr. 70, unter Beförderung zum Prem. Lt. mit Patent vom 16. Juli cr., in das Infant. Regt. Nr. 114, Baron v. Ludchaire, Sec. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 113, in das Inf. Regt. Nr. 29, 04A v. Eelking, Sec. Lt. vom Jäger-Bat. Nr. 5, in das Gren. Regt. Nr. 5, verseßt.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 30. Juli. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen, wie „W. T. B.“ aus Bad Gastein meldet, heute früh 8 Uhr ein Bad und machten um 10 Uhr einen Spaziergang auf dem Kaiserwege.

An dem gestrigen Diner haben der General Timießki und der Senats-Präsident Parrisius theilgenommen.

Gestern Abend 6 Uhr machten Se. Majestät eine Spazier- fahrt nach dem Kößschachthal.

An Zöllen und gemeinschaftlihen Verbrau chs- steuern sowie anderen Einnahmen sind im Reich für die Zeit vom 1. April 1887 bis zum Schluß des Monats Juni 1887 einschließli der kreditirten Beträge zux Anschreibung gelangt : Zölle 62510741 M (+ 7042054 M), Tabacksteuer 1 779 007 M6 (+ 317 936 M), Budersteuer 47 639 939 M (— 14812 094 M), Salzsteuer 7 983 381 M6 (— 12 266 A6),

Branntweinsteuer 9496 616 #6 (+ 1191 064 M), Ueber- O von Branntwein

30843 J (+ 6345 M),

rausteuer 5 281 867 M (+ 263694 S), Uebergangs- abgabe von Bier 557742 #(# (+ 63893 #4); Summe 40 000 258 M6 (— 5939374 MÆ). Spielkartenstempel 299 573 M. (+ 41 731 M), Wechjelstempelsteuer 1 641 243 (+ 20965 M), Stempelsteuer für a. Werthpapiere 1317883 Æ (— 139348 M), b. RKauf- und sonstige Anschaffungsgeschäfte 1 795 740 4. (— 167 236 H), e. Loose zu Privatlotterien 89 203 # (— 204 776 H), Staatslotterien 1071666 M (+ 121 976 M) Post- und Telegraphen-Ver- waltung 44 626 683 M. (+ 1700 663 H), Reichs-Eisenbahn- verwaltung 11 825910 M (+ 606 010 M).

Die zur Reichskasse gelangte Ft -Einnahme ab- züglih der Ausfuhrvergütungen und Verwaltungskosten be- trägt bei den nachbezeihneten Einnahmen bis Ende Juni 1887: Zölle 52860983 M (+ 5205169 A), Tabacksteuer 1515189 M (+ 166106 M), Zuckersteuer E 657 333 M. (+ 12 943 451 M), Salzsteuer 9154012 M + 80963 6), Branntweinsteuer und Uebergangsabgabe von Branntwein 11 066 557 # (— 50992 4), B-austeuer und Uebergangsabgabe von Bier 4 963 508 M (+ 279 295 A), Summe 139 217582 M (+ 18 725976 M). Spieltarten- stempel 278 996 M (— 1064 M6).

Erwirbt Jemand eine auf einem zur Subhastation gestellten Grundstü eingetragene Hypothek, um das Grundstü, durch Auss{chluß des Cedenten vom Mitbieten, mit möglichst geringen Kosten zu erstehen, und ersteht er sodann dur das von ihm gemachte Meistgebot, welhes aber die von ihm erworbene Hypothek nur zum Theil oder gar nicht deckt, das Grundstü, so hat er, nah einem Urtheil des Reich s- gerihts, V. Civilsenats, vom 4. Mai d. J, wegen des Ausfalls ein persönliches Forderungsreht gegen den S!:b- hastaten, selbst wenn sih der Cedent jener Hypothek dem Cessionar gegenüber verpflichtet hatte, bei der Subhastation niht mitzubieten.

Die für Preußen im Jahre 1881 durch den Minister der öffentlichen Arbeiten berufene „Kommission zurUnter- suchung und Prüfung der Sicherheitsmaßregeln

egen schlagende Wetter“ hatte nah Abschluß ihrer um- fangreidieit Arbeiten als Ergebniß der leßteren, im Juni 1885, ihr technishes Gutachten in der Form kurzgefaßter „Grundsätze für den Betrieb von Schlagwetter-Gruben“ aufgestellt. Diese Grundsäße sind seiner Zeit veröffentlicht worden und La seitdem niht nur urter den Bergwerksbetreibern ereits die vielseitigste praktishe Verwerthung gefunden, sondern namentlich auch bei den Bergbehörden des Staats als Unterlage für die Umänderung und Erweiterung der bestehenden E Verordnungen gedient. Inzwischen sind auch die von Seiten der Kommission zur näheren Begründung ihres Schluß-Gutachtens erstatteten eingehenden Berichle der Oeffentlichkeit übergeben worden und liegen nunmehr vollständig (Verlag von Ernst u. Korn zu Berlin) in einem abschließenden Haupt- beriht und fünf, die Einzelarbeiten umfassenden Anlage- Bänden nebst einem Atlas vor. Es ist damit die erfolgreiche Thätigkeit der Kommission auch äußerlih zu einem wirksamen Abschluß gelangt... [3] Der Königlich niederländische Gesandte am hiesigen Allerhöchsten Hofe, Jonkheer van dær Hoeven, hat Berlin mit mehrwöchentlihem Urlaub verlassen. Für die Dauer der Abwesenheit desselben von seinem Posten fungirt der Legations- Rath Jonkheer de Wee de als interimistisher Geschäftsträger.

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Magdeburg, 30. Juli. Die „Magdb. Ztg.“ schreibt : Jn der Zahl der Generale, die, um unsern Kaiser geschaart, an den Kämpfen für die Wiederherstellung Deutschlands glor- reichen Antheil genommen haben, wird als einer der hervor- ragendsten und verdientesten stets der jeßige Commandeur des IV. Armee- Corps, General der Jnfanterie Graf von Blumenthal, genannt werden. Sechzig eh hat der sein 77. Lebensjahr vollendende greise M err in treuester Pflichterfüllung drei Königen gedient. Wie hoch Se. Majestät der Kaiser die Verdienste des Generals schäßt, dafür spricht die Allerhöchste Bestimmung, daß dieser Ehrentag des Grafen Blumenthal in feierliher Weise be- gangen werden soll.

Die Bürgerschaft Magdeburgs wird an der Feier des Ehrentages ihres berühmten Ehrenbürgers freudig bewegt Theil nehmen und ihm ihre Glück- und Segenswünsche von Herzen darbringen.

Seitens der Stadt Halle ist General Graf von Blumenthal, Chef des dort stehenden 36. JFnfanterie-Regi- ments, heute, anläßlich seines Jubiläums, zum Sir enbürger ernannt worden.

30. Juli. (W. T. B.) Zur O des 60jährigen Dienstjubiläums des kommandirenden Generals des IV. Armee-Corps, Grafen von Blumenthal, fand heute früh große Reveille statt, welche dur alle Theile der vielfach mit Flagg?n geshmüdten Stadt ging. Das Rathhaus war zur Feier des Tages besonders festlih geshmüdt. Der Magistrat hat dem General ein Glückwunsch- Tele- gramm übersandt, das folgendermaßen lautet:

„Erfüllt von innigster Theilnahme, gestatten wir uns, Ew. Excellenz zu dem heutigen Festtage, an welchem es Ew. Excellenz durch Gottes Gnade vergönnt ift, auf 60 an Ruhm und Ehren reihe Dienstjahre zurückblicken zu können, Namens der Stadt Magdcburg die ehrerbietigsten und berz- listen Glückwünshe zunähst auf diesem Wege zu übermitteln. Gott erhalte Ew. Excellenz, den ruhmreichen Feldherrn, noch lange

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zum Heile und Segen unseres Vaterlandes! Der Magistrat: Bötticher.“ Bayern. München, 29. Juli. (Allg. Ztg.) Der Prinz-Regent ist gestern Abend von Schloß Wildenwarth hier wieder eingetroffen. Durch Allerhöchstes Dekret des Nrinz-Regentel wird die Einberufung des Landtages auf Mittwoch, den 14. September, angeordnet werden.

Württemberg. Stuttgart, 28. Juli. Der „St.-A. f. W.“ berichtet : „Am 15. Juli d. F. wurde in Freudenstadt von Bevollmächtigten der Königlih württembergischen und der Großherzoglih badishen Regierung ein Staats- vertrag wegen Herstellung der nah dem Geseg vom 924. Mai 1887 zu erbauenden Lokalbahn von Schram- berg nah Shqhiltah, die zum größeren Theil auf badisches Staatsgebiet zu liegen kommen wird, zum Ab- {luß gebraht. Anläßlich der Verhandlungen über den Staatsvertrag wurde auch eine Verständigung über die techni- chen Grundlagen für die Art der Benußung der badischen Staatsstraße von Schiltah nah Schramberg zu dieser Bahn- anlage herbeizuführen gesucht. Hierbei hat sich ergeben, daß die Zustimmung der Großherzoglih badischen Straßenbau- Verwaltung zur Benuzung der Straße in der Weise, wie in dem von der württembergischen Eisenbahn - Verwaltung auf- gestellten Projekt angenommen war, nicht zu erlangen sein wird. Es ist daher eine neue Bearbeitung des Projekts nothwendig geworden, welche voraussihtlich zu einiger Er- höhung des bisher angenommenen Kostenvoranshlags führen wird. Wann die Jnangriffnahme der Bauarbeiten jelbst wird stattfinden können, läßt sich unter diesen Umständen zur Zeit noch nicht genauer bestimmen.“

Anhalt. Dessau, 29. Juli. (Magdb. Ztg.) Der Herzogliche Hof, welcher seit einigen Wochen in Ballen- stedt verweilte, reist am Sonnabend, den 30. d. M., zu längerem Aufenthalt nah Berchtesgaden ab, wird aber auf der Durchreise noch einige Tage in Gehren zum Besuh der Fürstlih Schwarzburg-Sondershausen' schen Herrschaften Aufent- halt nehmen. Das Eintreffen in Berchtesgaden wird am 5. August erfolgen.

Oesterreih-Ungarn. Wien, 29. Juli. (Wien. Ztg.) Der Minister des Auswärtigen, Graf Käálnoky, ist e früh, begleitet von einem Sekretär, an das Kaiserliche Hoflager in- F\chl abgereist, wo er zwei oder drei Tage verbleiben dürste. Vorgestern früh haben \sich der Minister- Präsident, Graf Taaffe, und der Handels - Minister, Marquis von Bacquehem, ebenfalls dorthin begeben.

Schweiz. Genf, 29 Qu S L V) DA dor C offiziellen Eröffnung des internationalen chübßenfestes wies der Bundes-Präsident Droz in seiner Rede darauf hin, daß, Dank der Weisheit der leitenden Kabinette, der Frieden gesichert sei. Die Völker wollten nit den Krieg, sondern eine friedlihe Entwickelung. Die Schweiz wolle in dieser Hinsicht vorangehen; es sei aber auch Pflicht ihrerseits, alle Opfer zu- bringen zur Aufrecht- erhaltung der internationalen Pflichten einerseits und ihrer Unabhängigkeit andererseits. Jhre Neutralität werde die Schweiz niht nur durch Verträge, sondern auch durch eigene Energie zu bewahren suchen. Hierzu trügen vor Allem bei: die Verbesserung militärisher Jnstitutionen, die Schügenfeste, die Erziehung der Jugend und ein freier eidgenössischer Geist.

Belgien. Brüssel, 29. Juli. (W. T. B.) Die Repräsentantenkammer hat heute mit 83 gegen 35 Stimmen abgelehnt, den Antrag des Deputirten Guillery, betreffend die Revision des Artikels 47 der Verfassung im Sinne einer weiten Ausdehnung des Wahlrechts, in Erwägung zu nehmen.

Großbritannien und JFrland. London, 28. Juli. (A. C.) Der Herzog von Connaught verläßt England am 22. August, um auf seinen Posten in Jndien zurück- zukehren. Seine Gemahlin und Familie folgen ihm erst Ende Oktober. :

Dem Parlament wurde gestern der erste Theil de Berichts der Gold- und Silber-Kommission vorgelegt. Die Kommission hat 24 Sigzungen abgehalten und 20 Sach- verständige vernommen. Zuerst suchte sie sih zu informiren über Angebot und Nachfrage nah den edlen Metallen und den da- dur etwa bestimmten Preis der Lebensbedürfnisse. Hierauf wurden A vernommen, deren N durch das ver- änderte Verhältniß des Werthes von Gold und Silber gelitten haben, und dieselben aufgefordert, Mittel zur Abhülfe anzu-

eben. Die Untersuchung is übrigens noch nit abgeschlossen, bndean wird fortgeseßt werden.

Aus S i mla meldet ein Reuter’shes Telegramm: Taimar Shah, der Führer der Aufstär. dischen in der Fugsn aria in Herat, wurde am 13. d. in Kabul hinge- rihtet.

29. Juli. .(W. T. B.) des Oberhauses erklärte Beantwortung einer bezüglihen Anfrage: Der König von Abessinien isst ein Freund, über den wir niht zu klagen haben; die Ftaliener sind unjere Freunde seit langer Zeit; unsere Freundschaft mit ihnen ist niemals gestört worden. Wir würden daher mit großem Kummer auf einen Krieg sehen, in welchen R und Jtalien mit einander verwickelt würden. Wir sind bereit, jede legitime Hülfe zu leisten, können unsere Vermittelung aber nur anbieten, wenn wir versichert sind, daß dieselbe mit Befriedigung aufgenommen wird. Wir werden ernstlih zu Gunsten der Erhaltung des Friedens wirken.

Im Unterhause erwiderte der Unter-Staatssekretär Fergusson auf eine bezüglihe Anfrage: die Re- gierung habe keine Bemühungen gescheut, um Franfk- reih durch freundlihe Vorstellungen zur Er- füllung seiner formellen Verpflihtungen bezüglich der Neuen Hebriden zu veranlassen; er könne nur sein tiefes Bedauern aussprehen über den ungeregelten Zu- stand, in welhem diese Frage bleibe. Der vierte Artikel der irischen Landbill wurde mit 143 gegen 111 Stimmen angenommen.

30. Juli. (W. T. B.) Das Unterhaus nahm im weiteren e der gestrigen Sißzung alle Artikel der irischen Landbill bis zum Artikel 20 incl. ohne wesent- lihe Amendements an und vertagte die Fortseßung der Be- rathung auf Montag.

Kapstadt, 6. Juli. (N. B.) Der Premier-Minister und Schazmeister der Kolonie, Sir J. Gordon Sprigg, legte gestern der geseßgebenden Versammlung der Kolonie sein Budget vor. Er führte dasselbe mit einer Rede ein, worin er auf das Wiederaufblühen von Handel und Wandel hinwies. Die Ausfuhr der Kolonie habe sih im vergangenen Jahre merkwürdig gehoben, und die “Verminderung uier Einfuhrprodukte beweise, daß in der Kolonie jeßt mehr Bodenerzeugnisse gebaut würden als früher. Die Fi- nanzen seien geordneter als seit vielen Jahren, und die Summe der in den Sparbanken'hinterlegten Gelder sei merklich gestiegen. Obgleich ein bedeutendes Defizit vorhanden gewesen sei, als die jeßige Regierung ans Ruder kam, habe weise Sparsamkeit es so weit gebracht, daß jeßt endlih im abgelaufenen Finanz- jahr das Gleichgewicht zwischen Ausgaben und Einnahmen her- gestellt sei. Jm verflossenen Fahre seien 141 000 Pfd. Séerl. géspart worden. Die voraussichtlihen Ausgaben im laufenden Finanzjahr seien auf 3 147 000 Pfd. Sterl. geschäßt worden : der niedrigste Etat, welcher seit 1881 dagewesen sei. Von finanziellen Vorschlägen der Regierung sind zu erwähnen : der Plan, die Accise auf Bier abzuschaffen und diejenigen Gesellshaften, deren Haupt- siß in Europa ist, zu besteuern ; ebenso sollen auch die Agenten aus- ländisher Firmen, welche keine Geschäftshäuser in der Kolonie haben, zur Steuer herangezogen werden. Der Minister erwähnte auch die Absicht, einen Zollverein für die südafrikanishen Staaten Zolleinnahmen in den Häfen der Kapkolonie im Juni waren um 11400 Pfd. Sterl. größer als in demselben Zeitraum des Vorjahres. Jn den ersten sechs Monaten des Sahres wurden 44 401 H. Straußenfedern im Werthe von 56 153 Pfd. Sterl. verkauft. An Gold wurden im Juni 1094 Unzen im Werthe von 3956 Pfd. Sterl. und in den ersten sehs Monaten des Jahres 7543 Unzen im Werthe von 27 421 Pfd. Sterl. ausgeführt. Aus dem östlichen Theil der Kolonie werden starke Schneefälle gemeldet, welche jedoch den Heerden nur geringen Schaden zugefügt haben.

Frankreich. Paris, 29. Juli. (W. T. B.) Das „Journal des Débats“ meldet: die Regierung habe {d im Prinzip für die Theilnahme an der inter- Konferenz über die Ausfuhrprämien ausgesprochen, zu welcher England die Jnitiative ergriffen habe; die Regierung verlange nur, daß die Fragen, welche der Konferenz unterbreitet werden sollten, vorher genau fest- gestellt würden. °

Dem Vernehmen nah wird den Kammern nach ihrem Wiederzusammentritt ein Gelbbuch vorgelegt werden, welches die diplomatische Correspondenz über die bulgarische Frage, die Shnäbele-Angelegenheit und die egyp- tishe Frage umfaßt.

Der „Köln. Ztg.“ wird geschrieben: Der Finanz- Minister soll beabsichtigen, eine besondere parlamentarische Kommission zu ernennen, welche während der Ferien die Alk oholfrage zu prüfen hat, um das bestehende Fiskalsystem abzuändern und die Mittel ausfindig zu machen, um die öffentliche Gesundheit zu s{hügen. Hr. Rouvier möchte deshalb, ohne die gegenwärtigen Steuern zu er- höhen, so viel wie mögli das Schmuggeln verhindern Rektifizirung des Alkohols geseglich vor- schreiben. Die Steuer würde dann bezogen im Augenblick, wo der Alkohol die Rektifizirungsanstalten verließe. Denn darin würde man ein wirksames Mittel zur Kontrolirung finden. Die Kommission wird sich außerdem noch mit der Frage der Beibehaltung oder Unterdrückung der Privat- brennereien zu beschäftigen haben. Der Minister hofft, gleich nah den Ferien im Stande zu sein, der Kammer einen Entwurf in diesem Sinne vorzulegen.

Jtalien. Rom, 29. Juli. (W. T. B.) Der Minist er- G Depretis ist heute Abend in Stradella ge- storben.

30. Juli. (W. T. B.) Der Ministerrath wird heute zusammentreten, um darüber zu berathen, ob das Kabinet in Folge des Todes von Depretis seine Demission einreichen soll.— Der Minister des Jnnern, C ris pi, begiebt sich heute Nach- mittag nah Stradella und von da nah Monza, um mit dem König, der Nachts aus Verona dort eintrifst, zu kfonferiren.

Bulgarien. Sofia, 29. Juli. (W. T. B.) Der Minister des Auswärtigen, Natshhevitsch, ist nah Ebenthal abgereist.

Dänemark. Kopenqgagen, 30. Juli. (W. T. B.) Der König der Hellenen ist heute Vormittag hier ein- getroffen und hat sih alsbald mit den Mitgliedern des Kön1g- lichen Hauses, die ihn am Bahnhof empfingen, nah Schlo þ Bernstorff begeben.

n der heutigen Sißung Lord Salisbury in

nationalen

und die

zu gründen. Die -

Heitungsftimmen.

Unter der Ueberschrift „Die Ungeduldigen“ sagt die Deutsche Volkswirthschaftlihe Correspondenz“: " Die „Deutshe Volkswirthschaftlihe Correspondenz“ kann mit Genugthuung auf die Thätigkeit hinweisen, welche sie im Interesse der nationalen Wirthschaftspolitik unserer Regierung entfaltet hat. Niemals aber war diese Thätigkeit von größerer Bedeutung, als gerade in der jeßigen Zeit der Ungeduld, wie sie den Genesenden zu ergreifen pflegt, nahdem die sorgsame Pflege des Arztes die hweren Gefahren ge- bannt hat, die sein Leben düster bedrohten. Die Sehnsucht, recht bald wieder der fürsorglichen Einschränkungen ledig zu fein, welche die bessere Einsicht des Arztes für ebenso dringlich hält, wie sie der Kranke abzustreifen fut, wirkt auf den Genesenden häufig in einer geradezu unbezwinglihen Weise und läßt ihm seinen Zustand in einem übermäßig günstigen Licht erscheinen. Ein Schritt vom Wege, eine Unvorsichtigfeit im Gebrauh von vermeintlichen Kräften, die gleih- wohl den Dienst versagen, führt dann zu einer verderblichen Recidive und all die sorgsame Pflege von Wochen und Monaten wird durch einen einzigen Augenblick mißbrauhter Freiheit zu nihte ge- macht. Zu wiederholten Malen sind wir nach der _Richtung hin als Warner aufgetreten, daß wir die mähtig fortschreitende Besserung im Organiêmus unseres Wirthschaftslebens, die allseitig wiederkehrende Lebensfreudigkeit, die wiedererwahende Lust am Schaffen, nicht etwa als das Zeichen der bereits vollkommen über- wundenen Krise betrachten und uns geberden, als ob nunmehr der Mirthschaftsorganismus genügend gekräftigt wäre, um den Kampf mit - den Elementen allüberall erfolgreih bestehen zu Tönnen. Unsere Ansicht, daß gerade jene Angriffe auf die deutsche Wirthscaftspolitik, die nicht etwa von Seiten unjerer erklärten Gegner, sondern eben von derjenigen Seite kommen, die aller Wahrsceinlihkeit_ nah optima fide, verführt durch oft einseitige Wünsche gewisser Industrieller, vorgeht, am meisten zu befürchten sind, wurde unlängst wieder durch die bekannten Aeußerungen der „Nationalliberalen Correspondenz“ bestätigt, welche vor einiger Zeit ein gewisses Aufsehen erregten und bereits în der „Nordd Allg. Ztg.“ eine Widerlegung erfahren haben. Den Be- rihten einzelner Handelskammern entsprechend , welche die Er- gebnisse des Jahres 1886 als ungünstige bezeichnen und dieses Resultat der jeßigen Wirthschaftspolitik zuschreiben , hatte diese Correspondenz der Rückkehr zu dem früheren System der Oeffnung unserer Grenzen für ausländishe Waaren in einer Weise das Wort gesprochen, welche an die s{limmsten Enun- ziationen der manchesterlihen Presse erinnerte. Mit allen Fehlern, welche sie von dieser Presse annehmen, können jene Herren Kritiker

‘Toch nicht umhin, darauf zu verweisen, daß unsere Industrie den in-

ländishen Markt derart beherrsche, wie es in einem nicht von einer dinesishen Mauer umgebenen Lande nur möglich sei. Die Erkennt- niß, daß dem so sei, daß unsere Industrie vor Allem jenes Gebiet ch erobert babe, welches ihr am nächsten liegt und an Aufnahmefähigkeit mit jedem anderen konkurriren kfann, hin- dert aber die Ungeduldigen nicht, unserer Regierung und deren Politik Vorwürfe der herbsten Art zu machen, an dem Be- stehenden zu zerren und si den falshen Rathgebern anzureihen. Die Herren ignoriren eben, wenn die Luit zum Kritisiren sie überkommt, gar zu gerne, daß jener glücklihe Zustand, wie er von den Kritikern selbst dargestellt wird, das Werk unserer nationalen Wirthschafts- politik ist. Diese Politik hat den Schutz der inländischen Industrie tamit am vollkommensten erreiht, sie hat aber auch, wie nicht ge- leugnet werden kann, niht versäumt, Vorkel,rungen aller Art zu treffen, um dem Export dieser Industrie, der stetigen Erweiterung unserer Absaßtzgebiete die Wege zu bahnen, was beispielsweise durch die Subvention der Dampsschiffverbindungen mit Ost-Asien und Australien geschehen ist. : :

Wo, mödhten wir fragen, hielten wir denn wohl, wenn nicht be- reits vor 8 Iahren durch die Voraussicht unseres leitenden Staats- mannes die neue Aera inaugurirt worden wäre, welche eine voll- kommene Veränderung in dem bisher Gewohntên, die Verhütung der vollständigen Uebershwemmung des Reichs mit fremden Waaren be- deutete? Sind wir also bisher gut gefahren, so ist wohl fein Grund vorhanden, jeßt plößlih mit aller Gewalt eine „Sturm- und Drangperiode“ herbeizuführen und die Gefahr heraufzubeschwören, daß leichtfertiges Vorgehen die bisher er- rungenen Vortheile vollständig wieder in Frage stelle. Außerdem ge- hôren nach der Theorie des „do ut des“ zum Abschlusse von Handels- verträgen, wie jene Ungeduldigen sie wollen, bekanntlich zwei Parteien ; die „Neue Freie Presse“ macht in dieser Beziehung in ihrer Nummer vom 23. d. M. die folgende Bemerkung, die wir den Drängern zur Beherzigung mittheilen: „Jeder möchte, daß der Andere seine Grenze ¿ffne, ohne daß er selbs an seinen Zöllen irgendwie Zugeständnisse zu machen braucht.“

Die „Elberfelder Zeitung“ schreibt:

Die deutihe Industrie hat neuerdings eine Reihe ehrenvoller Aufträge zu verzeichnen, wel&e für den guten Ruf der deutschen Ar- beit im Anslande Zeugniß ablegen. Die große Hartmann'sche Maschinenfabrik in Chemniß ist beauftragt, eine Reibe von Tuch- webestühlen in Rumänien aufzustellen, und die Gruson'she Hartguß- fabrik in Magdeburg hat aus der Schweiz einen bedeutenden Auftrag an der Befestigung des Gotthardtunnels, sowie gleifalis aus Rumänien einen Auftrag auf Geschüße und Geshüßmaterial in Höhe von 7 Millionen Francs erhalten. Ferner ist den Werken von Krupp und Gruson die ge- sammte Auérüstung der neuen belgischen Maasforts mit Kanonen, Panzerthürmen und Panzerplatten übertragen worden; leßteres, wie die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ bemerkt, auf Empfehlung der Generale Brialmont und Nicaise, von denen der Erstere bekanntlich im vorigen Jahre in Bukarest die Wettschießversuche zwischen den Svstemen Krupp und Bange (Franzose) geleitet hatte. Daß der Firma Siemens u. Halske in Berlin der Bau einer elektrischen Straßenbahn Seitens der Stadt Pest übertragen worden sei, wurde {hon früher erwähnt.

CentralblattfürdasDeutsheReic. Nr. 30, Inkalt : Konsulatwesen: Ernennung. Ermättigung zur Vornahme von (Civilstands-Akten. Zoll- und Steuerwesen: Abberufung eines Stations-.: ontroleurs. Finanzwesen: Nachweisung über Einnahmen des Reichs vom 1. April 1887 bi? Ende Juni 1887. Justizwesen : Abänderungen der Dienstweisung, betreffend die Einziehung und Ver- rechnung der für die Geschäfte des Ce in Ansa kommen- den Kosten. Marine und Swiffahrt : Erscheinen des 11. Nachtrags zur amtlihen Schiffsliste für 1887. Polizeiwesen : Auéweisung von Auétländern aus dem Reichsgebict. :

Amtsblatt des Reichs-Postamts. Nr. 46. Inhalt Verfügungen: vom 20. Juli 1887. Aufhebung der getrennten Buch- führung bezüglih der verschiedenen Ausgaben der Reichs-Wechsel- \tempelmarken; vom 21. Juli 1887. Zulässigkeit von Postpacketen im Verkehr mit Nassau (Bahama-Inseln) und mit Tanger (Marokko.)

JFustiz-Ministerial-Blatt. Nr. 2, Inhalt: Allge- meine Verfügung vom 23. Juli 1887, betreffend den Stempel zu Schuldverschreibungen.

Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 31, Inhalt : Amtliches: Cirkularerlaß vom 14. Juli 1887. Personalnachrihten. Nichtamtliches: Das Geschäftshaus für das Landgericht und Amts- geriht Berlin 11. Die Pariser Stadtbahnen. Aus dem neuen Rom (Fortseßung). Zur Berechnung der Schienenlaschen. Ver- mishtes: Preisbewerbungen auf dem Gebiet des Beleuchtungswesens in Rußland. Ausgrabungen in der Türkei. Schneepflüge der Gotthardbahn. Ruß- und Funkenfänger. Ueber den technischen Unterricht in den Vereinigten Staaten.

‘Quellen berubender Form

Statiftische Nachrichten.

Unter Benußung der in Heft IlI1/IV der „Zeitschrift des Königlich preußishen Statiftisben Bureaus“ (Jahrgang XXV1T) ent- haltenen tabellarishen Uebersicht übec den Beruf und Erwerbszweig der im preußishen Staat während des Jahres 1885 Gestor- benen bezw. der Eltern derselben (mit Auss{chluß der Todtgeborenen) ergiebt es sich, daß die Kinder (über 0 bis 15 Jahre) bezw. Erwachsenen (über 15 Jahre) an der Sterblichkeit mit folgenden Prozentsägen betheiligt sind: 1) bei der Land- wirthschaft, Viehzucht, Weinbau, Gärtnerei, Forstwirthschaft und Jagd mit 60,89% bezw. 39,11 %%, 2) bei der Fischerei mit 63,21 9/0 bezw. 36,79 9/0, 3) beim Bergbau, Hütten- und Salinenwesen mit 76,94 9/0 bezw. 23,06 9%, 4) bei der Industrie der Steine und Erden mit 63,50 % bezw. 36,50 9/0, 95) bei der Metallverarbeitung mit 65,63 % bezw. 34,37 °/o, 6) bei der Fabrifation von Maschinen, Werkzeugen, Instrumenten 2c. mit 63,43 %/o bezw. 36,579/o, 7) bei der chemischen Industrie mit 45,15 9/0 bezw. 54,85 %, 8) bet der Industrie der Heiz- und Leuchtstoffe mit 47,38 9% bezw. 52,62 9/o, 9) bei der Tertil-Industrie mit 51,31 9% bezw. 48,69 %/0, 10) bei der 0 Bun Lederindustrie mit 58,48 °/9 bezw. 41,52 °%/6, 11) bei der

ndustrie der Holz- und Scchnißstoffe mit 61,08 9% bezw. 38.92 %/o, 12) bei der Industrie der Nahrungs- und Genußmittel mit 62,69 9/0 bezw. 37,31 "/, 13) beim Gewerbe für Bekleidung und Rei- nigung mit 55,68 9% bezw. 44,32 %/%, 14) beim Baugewerbe mit 64,91 %/% bezw 35,09 */, 15) beim polygraphishen Ge- werbe mit 57,94 % bezw. 42,06 %, 16) beim Tünstserischen Betriebe für gewerblihe Zwecke mit 57,12 ?/ bezw. 42,88 9/0, 17) beim Handel und Versicherungswesen mit 57,38% bezw. 42,62 %/o, 18) beim Verkehrégewerbe mit 67,85 9/0 bezw. 32,15 9%, 19) bei der Beherbergung und Erquickung mit 59,75% bezw. 40,2 %%o, 20) a] bei den Dienstboten ünd persönlihen Dienstleistungen mit 69,62 9/0 bezw. 30,38 9%, b] bei den Fabrifarbeitern mit 73,59 °/9 bezw. 26,45% und e] bei den Tagelöhnern und Arbeitern mit 58,82 9/0 bezw. 41,18 9%, 21) bei der Gesundheitspflege und dem Krankendienst mit 27,79 9/9 bezw. 72,21 9/0, 22) bei der Erziehung und dem Unterricht mit 57,40 9/0 bezw. 42,60 9/0, 23) bei den Künsten der Literatur und Presse mit 48,99 9/o bezw. 51,01 2/9, 24) bei der Kirche, dem Gottesdienst und der Todtenbestattung mit 35,23 %/o bezw. 64,77 °/o, 25) bei der Kaiserlihen und Königlichen Hof- und Haus-, sowie Reichs-, Staats-, Gemeinde- und anderen öffentlichen Verwaltungen, soweit nit anderswo inbegriffen, mit 54,91% bezw. 45,09%, 26) bei dem stehenden Heere, der Kriegsflotte und Gendarmerie mit 50,02 %/ bezw. 49,98 9/0, 27) tei allen übrigen Berufsarten mit 56,35 %/ bezw, 4365% und 28) bei den Personen ohne bestimmten und bekannten Beruf mit 11,91% bezw. 88,4990 überhaupt mit 53,61 9/% bezw. 46,39 9/0. Bemerkenswerth ist der hohe Prozent- antheil der Kinder an der Sterblichkeitéziffer bei Gruppe 3 und 20 b

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

Im Verlage von Freund & Ieckel (Carl Freund), Berlin 1887, erschien eine Biographie Scheffel's unter dem Titel: „Sch eff els Leben und Dichten“ von Johannes Proelß. Mit vielen Original-Briefen des Dichters und 10 Abbildungen. Bisher fehlte es an einer erschôpfenden Biographie Scheffel's: Alles, was bis dahin über ihn geschrieben war, ist nur als einzelner Beitrag anzusehen. Johannes Proelß hat sih der dankenswerthen Mühe unterzogen, uns ein vollständiges Bild des Dichters zu geben, welhes das Werden, Schaffen und Vollenden desselben in eingebender, auf authentischen von Anfang bis zu Ende zeigt. Der staunenêwerthe Fleiß, welchen der Biograph auf seine Arbeit ver- wandte, ist von \chöônem Erfolge gekrönt worden und mat sein Buch zu einer werthvollen Bereicherung der Biographik. Die durchaus sachlihe, Vorzüge und Fehler des da- hingegangenen Dichters in gleiher Weise würdigende Darstellung ift ein besonderer Vorzug des Proelß’shen Werkes und unterscheidet es vortheilhaft von Büchern ähnlicher Gattung, welwe nur zu oft auf Kosten der Wahrheit den Gegenstand der Behandlung im denkbar günstigsten Licht darzustellen bemüht sind. Die beiden ersten Ab \chnitte des Werks behandeln die Jugendzeit Scheffel’'s und beshäf- tigen ih mit seinen Knaben- und Studentenjahren. Es waren behag- lie Verhältnisse, denen der junge Scheffel entstammt: die Noth des Lebens is nie an ihn herangetreten, und seine VJugendzeit unterscheidet sich wesentlich von den trüben Kinderjahren, der Zeit der Entkehrung und des mühsamen Durhs{hlagens, welche so manchem unserer namhaften Dichter beschieden war. Eine gewisse Aehnlichkeit zwischen den Familienverhältnissen des jungen Goethe und denjenigen Scheffel’ läßt sih nicht verkennen. Hier wie da wohlgcordnete Ver- mögensverhältni\se, cin Elternpaar, das mit Liebe und Verständniß die erste Entwikelurg des Knaben leitet und -beobahtet; der Vater ein ernster Mann, die Mutter eine genial veranlagte Frau, welche von dem weitgehendsten Einfluß auf den Leist des Knaben ist, Ioseph, wie der eigentlihe Vorname des Dichters heißt, soll Jurist werden, und obwokbl er hierzu nicht die geringste Lust verspürt, fo wagt er doch niht gegen den entschiedenen Willen des Vaters anzukämpfen. Wie er über scin juristishes Studium dachte, das hat er wohl in jener bekannten Stelle des „Trompeters von Säingen“ ausgesprohen. Nachdem Proelß in seinem „Das Karls- ruher Stadikind“ Üübershriebenen ersten Kapitel die Knabenjahre an- \haulih und mit liebevollem Verständniß geschildert, macht er uns im folgenden Abschnitt mit dem „Studiosus Scheffel“ bekannt, dem zu fröhlihen Späßen aufgelegten Burschen, der troß reger Betheili- gung an dem afademishen Treiben fleißig ins Kolleg ging, um zu rehter Zeit sein erstes Examen zu mahen. Proelß giebt in seinem Buch auch Aufsbluß über die Stellungnahme des jungen Scheffel zu den studentishen Korporationen, und wir erfahren, daß Scheffel sich der Heidelberger Burschenschaft anschloß, deren Richtung feinem Wesen zu- sagte. Am 2. November 1848 wird der zweiundzwanzigjährige Scheffel Rechtépraktikant, nachdem er zuvor als diplomatischer Sekretär am Siß der Bundesregierung in Frankfurt a. M. gewirkt und Welcker bei einer staatsmännishen Mission an die dänische (Grenze begleitet halte. Proelß giebt ein anscaulihes Bild jener unruhigen Zeiten und läßt uns aus handscriftlihen Aeußerungen des jungen Scheffel dessen Stellungnahme zu den politischen Ereignissen kennen lernen. Der Eintritt Scheffel's in den „Engern“, cinen Kreis lebensfroher begabter Leute, regte ihn zu manchem frischen Lied an, das später in seinem „Gaudeamus“ Aufnahme fand. Im _ Jahre 1850 zog der Rechtépraktikant und Dr. jur. Scheffel na Säckingen, um als Dienstrevisor beim dortigen Bezirksaint in den Verwaltungszwoeig der juristishen Praxis eingereiht zu werden. Eine Inschrift auf dem dortigen Kirchhof wurde die Ber- anlassung zu der Dichtung des „Trompeter“, der ¡edoch erst weit später vollendet wurde. In diese Zeit fällt das Erwachen des künst- lerischen Dranges, die Erkenntniß, daß sein Beruf ein anderer fei als die nüchterne Geschäftsthätigkeit eines praktisben Juristen, und wunderbarer Weise verfällt der junge Scheffel in eine eigenthümliche Selbsttäuschunz, indem er sich, statt auf den mächtig si in ihm regenden Dichtergenius zu hören, für die darstellende Kunst, und zwar für die Malerei bestimmt glaubt. Eine hohbegabte, von ihm heiß- geliebte Schwester hat auf diefem Gebiet recht erfreu- lihe Fortschritte gemacht, ibr Bruder _ beschließt jeßt, sich gleichfalls der Kunst zuzuwenden. Schwer war és, den Widerstand des Vaters zu besiegen, welcher gegen das Ver- lassen der sicheren juristisden Laufbahn \chwerwiegende Bedenken hatte, {ließli aber doch dem Zureden der Mutter nahgab, sodaß Joseph im Jahre 1852 einen längeren Urlaub nachsuchte und noch im Früh» ling des'elben Jahres das heiß ersehnte Italien betrat. So anregend und werthvoll diese Reise für den zu krankhafter Verstimmung neigen- den jungen Scheffel war, so verhängnißvoll sollte dieselbe für ihn werden. Seine Kunstgenossen sahen ihn als einen tüchtigen. Zeichner an, betrachteten ihn jedoch nur als Dilettanten und gaben {ließli ihrer Verwunderung darüber Ausdruck, daß er, statt eines Dichters durchaus ein Maler werden wolle, zu _ dem ihm das Zeug fehle. Tief verstimmt, konnte sh Scheffel ihrer Ansicht

doch nicht verschließen und ihnen ist es zu verdanken, wenn er endlich seinem eigentlichen Gebiet, der Dichtkunst sih völlig zuwandte. Der Schmerz aber über die erlittene Täushung war eines jener trüben Momente, welches wesentlih zu der späteren Verbitterung Scheffel's beitragen sollte. Nachdem Scheffel auf Capri im April 13853 den „Trompeter“ vollendet, wandte er ih in einjamer Schaffensthätigkeit einem bistorishen Stoff, dem „Ekfehard“ zu, dessen Vollendung ihn, wie er selbst sagt, einen außerordentlihen Aufwand an Zeit und Mühe ekostet, an dem „er ih hier zu Schanden gearbeitet hat“. Dieser

oman ist denn auch das vollendetste und werthvollste Werk des Dichters geworden, und die Zeit, wo S{effel an ihm arbeitete, bedeutete den Höhepunkt seines künstlerishen Schaffens. Das nächstfolgende Kapitel hat Proelß mit einer gewissen Absichtlihkeit „Katastrophen“ überschrieben, und wirklich finden wir in demselben alle jene trüben Ereignisse im inneren und äußeren Leben des Dichters aufgezeichnet, welhe die hoffnungsfreudige fünstlerishe Laufbahn desfelben wider Erwarten kürzen sollten. Eine {were Krankheit mit ihren verderb- lihen Einflüssen raubte dem Dichter auf lange Zeit hin die zur Schaffung neuer Werke erforderlißhe Schwungkraft; als er genesen, bezeichnet er ih selbst als „sensibel, frittlig, s{wermüthig.“ Der Tod der heißgeliebten Schwester trug wesentlih zur Verdüsterung der ohnehin traurigen Gemüthsverfassung des Dichters bei. Proelß schließt das Kapitel mit den Worten: „Viel s{chwere Heimsubung und Ent- täushung, Krankheit und Gram hatten , seit er nad Beendigung des „Effehard“ das geliebte Heidelberg verlassen, am Mark feiner Lebensfraft gezehrt und das Feuer seiner Lebenélust s{einbar zu Asche gewandelt ; aber noch genügte ein starker Anhauch aus den Lenzgefilden der auf- gefrishten Jugenderinnerungen, um die \{lummernden Funken zur Flamme zu entfachen, die lustig binüberzüngelte in die Schöpfungen einer gereiften humoristishen Kunst.“ Der folgende Abschnitt zeigt uns den Dichter, im Banne der Wartburg.“ Zu dem Burghauptmann von Arnswald stand die Scheffel’she Familie in freundschaftliher Be- ziehung. Arnswald machte den Großherzog von Sachsen auf den „Effkehard“ und dessen Dichter aufmerksam, und der kunstsinnige Fürst, welcher die Restaurirung der Wartburg gerade in Angriff nahm, ließ dem Dithter durch Arnêwald die Anregung zugehen, sich durch ein Werk nach seiner Wahl an der Erneuerung der Wartburg zu betheiligen. Der Großherzog suchte Scheffel für seine Umaebung zu gewinnen, und dieser war troy mancher Bedenken nicht abgeneigt, dem ehrenvollen Ruf zu folgen, wenn nicht ein anderes, bereits zu dem Fürsten von Donaueschingen eingegangenes Verhältniß ihn auf ein Jahr als Bibliothekar der Fürjitlihen Bibliothek zu Donaueschingen verpflichtet bätte, sodaß von dem dauernden Aufenthalt am Hofe des Groß- her:09s8 vorläufig abgesehen werden mußte. Scheffel machte sich ¡edo i ein neues Werk, einen Roman in der realistischen Darstellungs- weise des „Ekkehard*“, welher den Sänge:krieg auf der Wartburg be- bandeln sollte, der aber niemals zur Vollendung gelangt ist; die Hauptergebnisse seiner dicsbezüglihen Vorarbeiten legte Scheffel \pâter in lyrisher Form in der Liedersammlung „Frau Aven- tiure“ nieder. Proelß giebt eingehend darüber Aufschluß, warum der Roman nicht zu Stande gekommen ist. Von nieder- drückendem Einfluß auf das ohnehin reizbare Gemüth des Dichters war in dieser Zeit die für ihn \{hmerzlihe Absage, welche thm zu Theil wurde, als er um die Hand einer von thm hochgescätßten jungen Dame in Heidelberg anhiclt; die bittere Gnttäuschung, welche Scheffel hier erfuhr, ist von nahhaltiger Wirkunz auf seine Gemüths- stimmung gewesen. Er sagt selbst in einem Brief: „Ich hab' seither nit gewußt, daß folche Dinge so tief in den Menschen s{neiden und die Seele in ungewohnte-Sturmbewegung jagen.“ Lange hat es ge- währt, bis der Dichter diesen Schmerz einigermaßen verwunden hatte. Im Winter 1862—63 machte Scheffel die Bekanntschaft des jungen Anton von Werner, eine Freundschaft, welche sich zu einer innigen ge- staltete. Im Jahre 1863 finden wir Scheffel in ländlicher Abgeschlossen- heit zu Pienzenau in Ober-Bayern, von wo aus er die Gedicht- sammlung „Frau Aventiure“ dem Großherzog von Sachsen-Weimar übersandte. Die Nähe Münchens und der Ümgang mit ihm wahr- haft sympathishen Menschen verhinderte, daß der Dichter sich trüben

Gedanken bingab. Im Winter 1863—64 reiste Scheffel wieder nah

* Karlsruhe und verlobte sih dort mit Karoline von Malzen, der

Tochter des damaligen bayerischen Gesandten zu Karlsruhe, Freiherrn von Malzen, welche \chon seit einigen Jahrcn in dem Scheffel’schen Hause verkehrte. „Es war Neigung, und zwar auf beiden Seiten dur vorber erlebte Enttäuschungen gefestete Liebe, was die Herzen zu einander führte,“ sagt Proelß. Am 22, August 1864 fand dann zu Karlêruhe die Hochzeit ftatt. Die Freude über dieses Ereigniß, von welchem man den wohlthätigsten Einfluß auf die Gemüthsverfassung des Dichters erwartete, wurde leider {on im Frühjahr darauf dur den Tod der Frau Majorin Steffel getrübt, cin Unglück, welches den Dichter feiner treuesten Freundin beraubte und ihn selbst in Verhältnisse drängte, welche {wer auf ihm lasteten, denn jeßt mußte er die Sorge für den bis- ber von der Mutter gepflegten geistes\{chwachen Bruder Karl über- nebmen und dieser Sorge wie der Verwaltung des Vermögens feine Pläne auf Reisen wie Studien und Arbeiten in ländlicher Zurückgezogen- beit opfern Er siedelte von jeinem Landhause zu Seon wieder nach Karlsruhe über. Daß das cheliche Leben Scheffel's ih zu keinem glücklicen gestaltete, ist hinlänglih bekannt. Proelß fieht den Grund dafür bauptsächli in der großen Verschiedenheit in wesentlihen Auf- fassungen des Lebens, in Sceffel's Antipathie gegen konventionelle G efellig- feit, der Reizbarkeit seines Wesens, seinem Bedürfniß bald nah Einfam- feit, bald nach der heiteren Geselligkeit im Kreise gleichgesinnter Männer. Seine Frau stand diesen Neigungen fremd gegenüber. A. von Werner sagt darüber in seinen Erinnerungen: „Zwischen den beiden Ehegatten war eine Entfremdung, eine Erkältung eingetreten, „Gott wet wann und wie“, schrieb mir Sheffel . . .“ Der Umstand, daß ihm das hausliche Glück versagt war, hat ihm das dichterishe Schaffen verleidet und der fröblihe Liedermund des Gaudeamus-Sängers blieb bitter und ver- \chlossen. Der „Juniperus“, das „Gaudeamus* und die „Berg- vsalmen* sind die leßten namha'ten poetischen Produkte dieser Zeit ; weniger bedeutende verriethen die Abnahme des _dichterishen Ver- mögens. Im Jahre 1869 starb der alte Major Scheffel; Joseph er- warb bald darauf die „Seechalde bei Nadolfszel“, welche von da ab sein ständiger Wohnsitz war. Nach langen Iahren und Leiden ift Scheffel am 9. April 1886 in Karlsruhe gestorben, cin Dichter, dessen Frohsinn athmende Werke die in ihm wohnende Verbitterung und Vereinsamung nicht ahnen ließen, die ihm aber einen ehrenvollen Plat in der Literatur und im Herzen des deutschen Volks für alle Zeit sichern. Johannes Proclß hat sh durch fein trefflihes Werk den Dank aller Verehrer des berühmten Dichters erworben.

Der Verein für Geschichte und Alterthumskunde des Herzogthums und Erzstifts Magdeburg hat das 9, Heft 22. Jahrgangs 1887 feiner Zeitschrift, der „Geschichts- blätter für Stadt und Land Magdeburg“ erscheinen lassen (Magdeburg, Verlag der Schäfer'schen Buchhandlung A. Rüdiger). Dasselbe hat folgenden Inhalt: Beiträge zur Seschichte der Universität Halle. Die Cives academici. Von Waldemar Kawerau. Der Streit Kardinals Albreht, Erzbischofs zu Magdeburg, mit dem Kurfürsten Johann Friedrih von Sachsen uw die maagdeburgische Burggrafschaft. Von Fr. Hülße. Bernhard, Graf von Wölpe, erwählter Erzbischof von Magdeburg. Von H. Holstein. Geschichte des Nabrungs- zustandes und der Erwerbsquellen der Stadt Aken a. Elbe. Bon W. Zahn, Pfarrer. Die beiden ältesten Siegel der Stadt Magde- burg. Von L. Clericus,

Land- und Forstwirthschaft.

Im Deutschen Reich wurden nah der „Zeitschrift des König- liden preußishen Statistishen Bureaus* geerntet (die Ernte- statistik umfaßt das Deutsche Reich ohne Lippe, das Erntejahr die Zeit vom 1. Juli des einen bis zum 30. Juni des folgenden Jaßhres, die Ein- und Ausfuhrstatistik das deutsche Zollgebiet eins{chl. Lurem- burg) während des Erntejahrcs: 1880/81: 4952525 t (zu 1000 kg) Noaggen, 2 345 278 t Weizen, 2145 617 t Gerste und 4228128 t

afer; 1881/82: 5 448 404 t Roggen, 2 059 139 t Weizen, 2076160 t Gori und 3759 789 t Hafer; 1882/83: 6390407 t Roggen,