1907 / 286 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 02 Dec 1907 18:00:01 GMT) scan diff

Nun, meine Herren, was zunähst den leßten Punkt betrifft, dieses Respektieren der Nehte der polnischen Seite, so darf ih davon ausgehen, baß jcdem Recht eine Pflicht entspricht, und daß das Recht auf der polnishen Seite sein Korrelat findet in tem, was ih eben aussprach, in einem ofnen und rückhaltlosen Bekenntnis zum Deutsch- tum oder wenigstens zu einem national-preußishen und deutsGen Staate. (Sehr rihtig!) Und von diesem rückhaltlosen Bekenntnis habe ih in den gestrigen Ausführungen des Herrn von Jazdzewski au kein Wort ‘gehöct. Wir haben es doch erleben müssen, daß ein Mitglied der polnischen Fraktion erklä:t hatte, daß die Oberschlesier das Recht hätten, |ch nicht Preußen, sondern Polen zu nennen. (Hört! hört! rechts und bei den Nationalliberalen, Sehr richtig! bei den Polen.) Sehr rihtig! das ist die vollste Be\tätigung dessen, was ih sagte, und in derselben Versammlung wurde eine Resolution beantragt, wona die Polen nicht die Loslösung vom preußishen Staate erstreben. Diese Resolution fand Widerspruch und ist nicht zur Abstimmung gestellt worden. (Hört! hört! rechts und bei den Nationalliberalen.)

Und, meine Herren, Herr von Jazdzewéki hat vor einiger Zeit eine Rede gehalten, die ih zweifle nicht durchaus loyal gemeint war, aber die doch, wie mir \cheint, in der Offfentlihkeit den \s{chwerslen Mißdeutungen ausgeseßt war, und ih meine, er bätte folhe Mißdeutungen unter allen Umständen vermeiden müssen. Es handelte sich um das Begräbnis eines Geistlichen, der aktiv an der großpolnischen Bewegung, an dem Aufstand von 1863 sich beteiligt hatte und deswegen hier in Moabit neun Monate im Gefängnis gesessen hat. Auf dem Begräbnis dieses Mannes hat Herr von Jazdzewski gesagt:

Und die Seelforge ist in unserer Nation doch so wichtig! Mit ihr ist nämlich unsere nationale Vergangenheit verknüpft. Der polnishe Priester soll seine Parochianen auf ehrenvolle Beispiele unserer Vorfahren hinweisen. Der polnische Priester soll nicht nur ein Hirte in kirhliher Beziehung sein, sondern er soll für die Zukunft vorbereiten, an die wir alle glauben.

Hört! hört! rechts und bei den Nationalliberalen.) ) Pfarrer Boleslaus hat sein Herz zwishen zwei Arbeiten gestellt, indem er es dem nationalen und kirhlihen Gebiete weihte. Jm Jahre 1863 is der Aufftand ausgebrochen, vielleiht übereilt, der aber aus Quellea hervorgegangen ist, die niemand gewahr wird und die für würdige Herzen doch verständlich sind. Als si die Komitees zur Unterstüßung der Kämpfenden bildeten, gehörte Pfarrer Boleslaus

den Familiennamen lasse ich weg zu den ersten, die sich dieser schwierigen Arbeit widmeten. Dafür traf ihn cine siebenmonatige Strafe im Moabiter Gefängnis zu Berlin. Er war ein Mann, der gekämpft und gelitten hat und dem diese Zeiten nicht leid getan baben.

Meine Herren, ih babe bisher immer angenommen, daß der Geistlihe dazu da wäre, die Heilswahrheiten der hristlihen Kircke den Parochianen zu übermitteln, gleihviel ob sie Deutse oder Polen find, nicht aber, daß der Geistliche auh die Aufgabe hat, die nationalen Aspirationen zu fördern. Meine Herren, wenn folhe Aeußerungen fallen, die gewiß in keiner bösen Aktsicht gefallen find, fo, meine i, muß man si klar werden, wie solche Aeußerungen auf breite Kreise der Bevölkerung, denen sie turch die Presse b:kannt werden, wirken können, und ich glaube, Herr von Jazdzewski hätte besser getan, solche durchaus mißverständlihen Ausführungen zu vermeiden, nah dem Sage: wer Wind säet, wird Sturm ernten.

Meine Herren, dann hat der Herr Abg. von Dziembowski darauf hingewiesen, daß lediglih die Arbeiter nah Pommern, Ostpreußen usw. auf Einladungen gingen, daß also von einer Bedrohung dieser Teile nicht die Rede sein könne. Meine Herren, es handelt sich doch nit bloß um die Arbeiter, sondern in erheblihem Maße auch um die An- eignung und den Erwerb bäuerliher Besitzungen und selbs Groß- grundbesizes in diesen Provinzen.

Aber ih weise weiter darauf hin, daß dieses Eindringen ja nicht nur in die benachbarten Landesteile stattgefunden hat, fondern daß wir genau dieselbe Entwiklung im Westen sehen. Auch dort sehea wir eine fortlaufende, sh immer vershärfende Absonderung der Polen von allen deutshen Elementen. Jch glaube also, die Behauptung, daß die Deutschen gewissermaßen die Friedensstörer wären und die Polen mit den Deutschen durchaus friedlich leben wollten, ist nicht rihtig. Haben wir es do erlebt, daß wenigstens nah Zeitungs» nahrichten ein katholisher Priester sogar in Berlin boykottiert wurde, daß Streikposten auf die Straße gestellt wurden, die ten Zuzug zur Kirche verhindern sollten, weil dieser Priester sih geweigert hatte, seinen Gottesdienst in polnischer Sprache abzuhalten.

Meine Herren, ich kann nur sagen: wenn die Herren die Taten ihren Worten folgen lassen, so werden wir gern mit uns sprechen [afen über die Beilegung des Streits, über ein friedlihes Verhältnis ; aber erst, meine Herren, müssen wir die Taten auf polnisher Seite sehen und können uns nit mit bloßen Worten begnügen ; ers müssen wir sehen, daß die Polen tatsählih nach allen Richtungen hin den Deutschen entgegenkommen und mit ihnen in einem friedlichen Ver- hältnifse leben wollen.

Herr Abg. von Jazdzewski sagte ferner, wie ih etngangs erwähnte: die Polen wollen die Nehte der deutschen Nation ta keiner Weise antasten. Ja, meine Herren, nun sehen Sie sich einmal die Verhältnisse in Wirklichkeit an! Jeder, der in Posen lebt, weiß, wie die Polen, die irgend welche Beziehungen zu den Deutschen haben, die aus irgend einem deutschen Geschäft kaufen, öffentlich in den Zeitungen an den Pranger gestellt werden, Ich könnte Ihnen Dugende folher Beispiele vorlegen, wo eine Dame, die \ich aus etnem deutshen Geschäft eine Bluse gekauft hat, cin Student, der ein paar Shlipse aus einem deulshen Geschäft getauft hat usw., kurz, jede Beziehung zu Deutschen irgend welcher Art ôffentlich gebrandmarkt wird; und das allershlimmste Verbrechen ist gewesen, daß die Frau des Nedakteurs vom „Goniec" sogar auf etner deutschen Nolle hat rollen lassen. „Die Frau des Redakteurs vom „Goniec“ [läßt ihre Dienstmädchen bei einer Deutschen rollen. Wehe euch, polnische Rollen !* (Heiterkeit)

Nun, meine Herren, wäre die Sah: ja zum Lachen, wenn sie niht so tieftraurig wäre (sehr rihtig! rets), denn dur diese täglichen kleinen Nadelstitzve, dur Boykottierung Aller, die in der Provinz irgendwelhen Verkehr mit den Deutschen pflegen, wird das Verhältnis zwischen Deutschen und Polen geradezu vergiftet (sehr richtig! bei den Nationalliberalen) und den Deutschen der Aufenthalt in der Provinz unleidlich gemacht. - Meine Herren, diese Agitation gegen alles Deutsche rihtet fh selbst gegen die katholishe Kirche, soweit ihre Träger Deutsche sind. (Sehr

rihtig! rechts und bèi den Nationaliberalen.) Was in polnischen

ih hier nit wiedergeben; Material genug steht mir dafür zur Ver- fügung. Jch kann nur sagen, daß es an S{(ärfe, Anmaßung und Beleidigung wirkli alles Denkbare übersteigt. (Hört, hört! bei den Nationalliberalen.)

Und, meine Herren, selbst vor noch hzheren Autoritäten und Instanzen mackt die poluishe Presse nicht Halt. Bei der silbernen Hochzeit der Majestäten hab:n ih zahlreiche Polen an der Jllumination beteiligt. Sie wurden unter genauer NamenÖênennung, sodaß sie jeder Mensch erkennen kann, in den polnischen Blättern an den Pranger gestellt; sie wurden als Elende bezeichnet, die si an der Illumination beteiligt hätten, und es wurde der Nat gegeben, die Broschüren, die bet dieser Gelegenheit verteilt wurden, in den Papterkorb zu werfen. (Hört, hört! Pfui! rechts und bei den Nationalliberalen.)

Meine Herren, so steht es mit der Handhabung im. einzelnen, und ih glaube, es wird zunächst Sache der polnischen Seite sein, ihren Worten, denen wir gern Glauben shenken, au die Taten draußen folgen zu lassen. Die Herren in der Fraktion haben Einfluß genug auf ihre Stammesangehörigen draußen, daß endlich wirkli cin fried- lies Verhältnis zu den Deutschen hergestellt werde, daß die Deutschen wieder sch wohl fühlen können in der Provinz; und das ist erst mögli, wenn in der Tat Entgegenkommen von der polnischen Seite gezeigt wird.

Meine Herren, bei dieser Enteignungsfrage müssen wir uns dohch die Alternative klar machen, vor die wir gestellt sind. Wir sehen ein Fortschreiten des Polentums auf allen Gebieten, numerisch, in der Besißverteilung auf dem Lande und in der Stadt, und erst in den legten Zeiten ist dieser Nückgang des Deutshtums einigermaßen zum Stillstand gebradßt worden. Geht die Entwicklung so weiter, \o werden wir cinfah vor die Frage gestellt, ob wir zusehen wollen, daß in 50 Jahren die Provinz Posen und der größte Teil der Provinz Westpreußen wiederum polnische sind, ob wir zuschen wollen, daß wenige Tagemärsche von Berlin sih ein innerlih vollkommen fremder Staattkörper entwickelt, der nur auf den Moment wartet, wo er sich au äußerlid wieder vom preußischen Staatsganzen löfen kann. Das ist die Frage; und wenn man diese tiefernste Situation ins Auge faßt, so wird man sih au zu ernsten Maßregeln ents{ließen müssen. Meine Herren, glauben Sie uns und der Herr Ministerpräsident hat das schon ausgesprochen —, daß uns der Entschluß, eine so {chwerwiegende Maßregel vorzushlagen, außerordentli chwer ceworden ist. Wir haben lange überlegt, cb sich niht andere, minder ein- \hneidende Maßregeln finten lassen, und wir haben solche, wenn sie wirksam sein sollten, nit gefunden. Nur, wenn wir den Weg, den wir biéher gegangen find, geradeaus, siher und erhobenen Hauptes weitergehen, nur dann werden auch endlich die Polen lernen, si vor der Gewalt der Staatsautorität zu beugen und den Frieden mit der deuishen Seite zu \{ließen, den wir alle von Herzen wüns@en. (Sehr richtig! rechts.)

Meine Herren, ich knüpfte {hon vorher an an frühere Vorgänge. Uns gemahnen die Fußtapfen unserer großen Altvordern, die einst das ganze slavische Land über die Elbe und über die Weichsel hinaus bis zum Pregel der deutschen Kultur unterworfen haben; uns gemahnt noch jeßt die Marienburg, das größte und \{chönste Profanbauwerk Deutschlands, an die Tatcn jener Männer, die das Land mit einer großen Kultur, einer glänzenden Verwaltung überzogen haben. Aber, meine Herren, auf die Marienburg folgte das Schlachtfeld von Tannen- berg und der Friede von Thorn, derjalles das, was dur jahrhunderte- [ange Arbeit gewonnen war, wleder verloren gehen und in slavische Kultur zurückfallen ließ. Und was war der Grund? Der alte Erb- fehler der Deuts(en: die Uneinigkeit, die wieder zum Verfall des großen Reiches führte.

Meine Herren, lassen sie uns doch in einer für die ganze Ent- wicklung unseres Ostens hohbedeutsamen, ja entscheidenden Frage einig sein; lafsen Ste niht wieder in der Uneinigkeit über die einzu- s{chlagenden Wege uns auch bas Ziel verfehlen, dem wir alle entgegen- streben. Gehen wir hier geradeaus weiter, dann, des bin ih überzeugt,

werden wir in abschbarer Zeit au zum Frieden kommen, während sonsi die Situation für die Deutschen immer unerträgliher wird und uns dann nah Jahren noch zu ¿anz anderen Maßnahmen zwingen wird. Wenn irgendwo, gilt hier der Saß: salus publica suprema lex esto! (Bravo!)

Abg. von De wi h (freikons.): Die nächsten Wahlen werden zeigen, daß die Herren hier im Hause von der polnischen Fraktion gar nicht den beruhigenden Einfluß haben können, den ihnen der Minister zu- gestanden hat; die Herren hier sind den Polen nicht radikal genug, um fo mehr müfsen wir an den seit 1886 verfolgten Zielen fest- halten. Der Ministerpräsident hat es als Ziel der Ansiedlungspolitik bezeichnet, deutshe Inseln im polnisen Meer zu bilden. Wir find der Meinung, daß diese Massierung des Deutshtums nicht so weit getrieben werden darf, daß dadurch das Deutschtum in den anderen Landesteilen des Ostens vernachlässigt wird; es genügt, wenn das Deutshtum im politishen und Kommunalleben den nötigen Einfluß hat. Vor allem muß wieder der freie Gütermarkt hergestellt werden. Die Polen haben es dur zwel große Ansiedlungsbanken für Groß- grundbesip und viele Parzellierungsbanken dahin gebracht, daß die polnischen Großgrundbesizer unterstüßt und der deutsche Groß- grundbesiß aufgekauft wird für die Parzellierung an polnische Häusler, von denen 2295 000 nur darauf warten. Wir werden daher ein Parzellterungsverbot vorshlagen. Die Enteignung wird nicht zu ent- beßren sein, um einmal Ansiedlungsbezirke entstehen zu lassen und vor allem, um dem vorzubeugen, os die Polen fih ein Vorverkaufsreht in das Grundbuch eintragen lassen, wenn die Ansiedlungkommission den Ankauf ciaes Gutes beabsichtigt. Durch die Enteignung allein werden wir aber nit die noch nôtigen 100 000 deutschen Ansiedler bekommen, um das Gleihgewiht im Osten herzustellen ; dazu wären noch 1500000 ha nôtig, und im polnischen Großgrundbesit be- finden sich etwa nur nech 560000 ha. Ganz abjehcn will ih davon, daß die in der Denkschrift angegebene Verzinsung von 2,2% des Ansiedlungsfends niht richtig ist. Wir müssen ben der Gnt- eignung andere Mittel heranziehen, und für das Beste halte ih da die Anseßung von Arbeitern. Setzen wir eine Prämie von 600 4, wenn ein deutsher Arbeiter aus dem Westen sih drei Jahre auf einem Rentengüthen gehalten hat. Meine Fraktion wird in dieser

diese |

| Dahin | kommission aufgekauften Güter, ehe sie

Richtung bestimmte Anträge stellen. Herrn von Oldenburg fann ih nur zustimmen in seinen Angriffen gezen die Orgari- sation der Ansiedlungskommission. Es müssen Gründe vorliegen, wenn die Anfiedlungskommission fo wenig beliebt ist, wie fle es ift. ehört vor allem der Umstand, daß die von der Anstiedlungs- parzelliert werden, von Posen aus durch Assessoren verwaltet werden, ohne daß die um- wohnenden Deutschen hinzugezogen werden. Auch der vorgeschlagene Beirat t für uns so lange nicht acceptabel, als er das Latenregiment

Zeitungen über deutsche katholishe Geistliche gesagt wird, das mödte |

: Gefahr der Abwanderung der zu verkennen, aber ih fürhte, die Blockpoliiik wird niht \tand- j halten, wenn wir mit ihrer Hilfe hierfür ein Einspruchsreht bet Gutókäufen der Polen erlangen wollen. Herr Dr. von Jazdzewskti hat das Recht auf Nationalität festgelegt. Wir wollen ihm diesen

daß die haben. ir würden noch zu weiteren Konzessionen den Polen gegen- über bereit fein, aber solange sich die Polen nicht, wie Herr von Turno, offen auf den Standpunkt des preußischen Staatsbürgers stellen, so- lange solhe Blüten aufsprießen, oder wie der jeßt angekündigte Boykott der polnischen Landarbeiter, so lange können Sie (zu den Polen) sicher sein, Staat nicht kapitulieren wird.

Zusammenhang mit der Verfassungsfrage muß in der Kommission eingehend geprüft werden.

sprucbslose Zustimmung gefunden. Herr von Oldenburg hat Bedenken gegen die Höhe der Summe geäußert, und wir müssen doch daran

von dem Volke aufgebraht werden müssen. Es wäre besser, wenn folhe Summen uns nicht zu Werken des Kampfes, sondern zu Werken des Friedens zur Verfügung gestellt werden könnten, und in dieser Hinsiht werden wir bei dem Etat vorauésidtlich große Ent- täuschungen erleben. Die Vorlage is mit dem furchtbaren Mangel der Enteignung bepackt. Dieses Enteignungsrecht hat bei allen Parteien das böseste Unbehagen erzeugt. „Mit \{chwerem Herzen und nur im äußersten Notfalle“ will man anx die Ent- eignung herangehen. Hoffentlih wird die Kommission alle diese s{chweren Herzen durch Ablehnung der Enteignung er- leihtern. Wenn alle Preußen vor dem Geseß gleih sind, kann niht ein Gescß gemacht werden, welches den einen Volfêtetl zu Un- gunsten des anderen bevorzugt. In Art. 9 der Verfcssung handelt es sih nicht um das „Staatswohl“, sondern um das „Öffentliche Wohl“. Herr Dr. Friedberg bat sih diese Sache leicht gemacht, aber do nicht so leiht wie der Herr Justizminister. Ich bedauere ais Jurist, daß von dem Herrn Justizminister niht andere Gründe vorgebracht werden konnten als jene, die er vorgebracht hat. Art. 4 der Verfassung spricht niht bloß von der Gleichheit im Gegensaß zu den früheren Standesvorrechten, sondern diese Standesvorrechte sind nur der äußere Anlaß dazu gewesen, daß dieser Artikel in die Ver- fassung gescßt wurde. Jch habe bisher geglaubt, daß die Verfassung die „Magna Charta“ der Kronrehte und der Volksrehte set. Wenn aber alles {wankt je na der Parteistellung, dann weiß ih niht m-:hr, was die Verfassung für eine Bedeutung hat. Hier wird die Verfassung gegen ihren Geist ausgelegt. Diese Gnteignung ist ohne jeden Vorgang in der preußischen Ge- shichte. Wenn der Justizminister meinte, daß mit dem bestehenden Enteignungsgeseße die Sache niht zu machen sei, so beweist das, daß man das Entetanungsgesez von 1874 für solche Zwecke nicht zulassen wollte. Was find die bestimmten Gebiete der Vorlage für die Enteignung ? Jedenfalls nihts Bestimmtes. Auch die Zeit- begrenzung für die Enteignung wird dur Königliche Verordnung bestimmt, die Leute können vielleiht auf zehn Jahre hinaus vor der Gefahr der Enteignung stehen. Ganz veu ift, daß au das Zubehör eines Grundstückes enteignet werden darf. Wenn nun von diesem Geseß wieder nur die Polen den Vorteil haben werden, was dann? Fürst Biêmarck wat clbst zweifelhaft über die Erfolae des Gesetzes von 1886 und drohte eventuell’ die Enteignung an. Ein verständiger Mann fagt niht, wenn es niht mehr gehe, werde er weiter sehen, sondern er überlegt alle Folgen vorher. Fürst Bülow sagt : Auf diesem Gebiete gibt es kein Zurück mehr. Besonders staatsmännish ist das niht. Wenn man einsieht, daß der Weg einen Mikßerfol ge- braht hat, soll man den Schritt zurücktun, wie es auch Fürst Bismarck gemacht hat.

Justizminister Dr. Beseler:

Es war nit meine Absicht, auf die Nechtsfrage, welche der vor- liegende Geseßentwurf zur Erörterung stellt, beute nohchmals einzu- gehcn. Aber die Worte des letzten Herrn Redners veranlassen mich doch, ein Weniges zu bemerken. Jch will zunähst nur einige Irr- tümer berichtigen, die bei der heutigen Erörterung vorgekommen sind im Hinblick auf das, was ih gestern gesagt haben soll.

Es ist erwähnt worden, ich hätte den Art. 4 unserer Verfassung ledigiih dahin verstehen wollen, daß „Standesvorredte aufzuheben“ der Zweck der Beftimmung sei. Ich habe alsbald hinzugefügt, daß der erste Saß sehr wohl seine besondere Bedeutung haben könne, und daß man nah einer solhen suhen müsse, und ich habe dann keinc8wegs allein aus meiner eigenen Arschauung heraus, sondern gestüßt auf die Ansichten, die ich in der WissensCaft vertreten gee funden babe, gesagt, was die Worte: „Alle Preußen sind vor dem Geseßze gkeih“" bedeuteten. Was foll ih das wiederholen! JIch habe ausgeführt, daß, sobald gegen einen Preußen das Geseß Anwendung findet, es gegen ihn in derselben Weise angewendet werden muß wie gegen jeden andern Preußen. Das ist der Sinn, und zwar der, welchen nit ctwa ih allein, sondern die Wissenschaft diesen Worten keigelezt hat. Also wenn gesagt ist: ih hätte einzig und allein das zuerst Er- wähnte in dem Artikel gefunden, so ist das nicht richtig.

Es ift ferner von einem der Herren Vorredner bemerkt worden : auh das Freizügigkcitsgeses im Abs. 2 der Nr. 3 des § 3 sei in unserem Geseßentwufe niht gewahrt. Es heißt dort :

In d2:r Auéübung dieser Befugnisse

nämlich, Grundeigentum zu erwerben

darf der Deutsche, soweit nicht das gegenwärtige Geseß Ausnahmen zuläßt, weder turch die Obrigkeit seiner Heimat, noch dur die Obrigkeit des Ortes, in welchem er sih aufhalten oder niederlassen will, gehindert oder dur fonstize Bedingungen bes{chränkt werden. Das hat mit der Gescßgebung selbs nichts zu tun, sondern besagt nur, daß die Obrigkeiten der einzelnen Orte den zuziehenden Deutschen

aus ihrer obrigkeitlihen Disposition heraus treffen zu können, weil er kein Einheimischer sei. Der Ansicht bin ih heute nit begegnet, daß diese Bestimmung etwa bedeute: unter keinen Umständen dürste einem Deutschen nunmehr von der Obrigkeit irgend etwas in den Weg ge- legt werden, fobald er nur irgend wie ein Grundstück erwerben wolle. Diese Dedukliion ist früher wohl gemaht worden: ich bin gestern gar nit darauf zurüFgekommen, weil ich annehme, daß sie jeßt auf- gegeben ist (Zuruf und Heiterkeit). Meine Herren, das ist wirk- lih eine ‘Auffassung, die damals geäußert worden it.

Dann hat der eine der Herren Redner gesagt, cs sei nit mögli,

stalten, weil das geltende Enteignungsgeseß doch auch, wie ih selbst hervorgehoben hätte, nur wirtshaftlide Verhältnisse beträfe. Ich habe niht gesagt, daß das Gese nah seiner Entstehungsgeschichte nur die wirtschaftlihen Zustände treffen wollte. Jch habe nur gesagt: „in der Hauptsache“ und in der Tat hat das Geseg auch anderweit Anwendung gefunden: wir haben Expropriattionen gehabt bei der An- legung von Festungen. Das sind doch keine wirtschaftlichen Zwedcke, fondern Zwecke im Interesse der Landesverteidigung. Man [lönnte

nicht berüdsihtigt; zwei Mitglieder müßten von der Landwirtschafts- kammer und drei vom Provinzialaus\{chuß gestellt werden. Die

-

au an die Erwerbung von Militärtruppenübungeplägen denken, au

Polen in die Nachbarbezirke ist nicht k

Anspruch nicht streitig machen, aber das kann nit dahin führen, | olen im Osten allein noch ein Recht auf Grund und Boden

2 lautet: wie im vorigen Jahr der Schulstreik |

daß der preußische | Abg. Müller - Koblenz (Zentr.): Die Frage der Enteignung im |

Die Vorlage hat bei keiner Partei wider- | î in dieser Nichtung ergebe.

denken, daß folhe Summen dur die \{önfsten nationalen Redes j wendungen nicht aus dem Boden gestampft werden können, sondern |

Ï lies Wohl ?

F nicteinmal davon mitberührt werden soll, was würde denn da übrig bleiben ?

M zugute kommt, das ist ja unzweifelhaft rihtig. Das öffentliche Wohl M soll eben weiter reihen und auch dann zur Geltung kommen, wenn B einzelne Mitglieder im Staate niht davon einen Vorteil genießen ; M es ist eben das stärkere Recht.

Y gegen meine Person gesagt hat. sagt haben: jeder könne die Verfassung auslegen, wie er wolle, das

F handeln dürfen. Ÿ Geist der Verfassung eine Rechtfertigung für Maßnahmen suchen oder

Y einen Widerspruch dagegen herleiten könnte. M das ist ein \{chweres Ding, den Geist einer Verfassung zu definieren,

keine Hindernisse in den Weg legen dürfen, welche sie etwa glauben,

das Enteignungsreht, wie es vorgeschlagen würde, derartig zu ge- -

da wäre die Expropriation möglich \{chon auf Grund des jeßigen Gesetzes. Aber jedenfalls habe ih betont, um jeden Zweifel zu be- heben, daß es die Absicht der Staatsrezierung sei, die Frage jeßt durch tas Gese klar zu stellen. Das is, meine ih, ein ganz loyales Vo1 gehen, wogegen gar nichts zu sagen ift.

Nun heißt es: dur das Enteignungsgeseß werde auch das Gigentum getroffen, welches im Bürgerlihen Geseßbuch geregelt sei. § 903

Der Eigentümer einer Saße kann, soweit niht das Gese oder Nechte Dritter entgegenstehen, mit der S3he nah Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen.

Dagegen verstößt der Geseß-ntwurf nicht; es soll ja gerade der Fall eintreten, daß das Gesetz in die freie Entscheidung des Eigentümers eingreift, und das Bürgerliche Geseßbuh hindert niht, daß ein Gesetz

Nach der Auffassung des leßten Herrn Redners soll der Artikel 9 der Verfassung der ganzen Maßnahme entgegenstehen. Denn, sagt er, es sei da von Gemeinwohl und öffentlihem Wohl die Rede, aber niht von Staatswoßl. IJft denn aler das Staatswohl kein öfent- (Zuruf : Natürlich nicht, niht immer!) Nicht immer? Das Staatswohl ist ein sffentlißes Wohl, und zwar im höôdsten Sinne ein öffentlihes Wohl. (Sehr richtig! rechts.) Wenn das

Daß das öffentlihe Wobl nicht immer j:dem einzelnen Staatsbürger

Nun komme i zu dem, was der leßte Herr Redner besonders (Oho! im Zentrum.) Jh soll ge-

sei ihm unbenommen, er solle vielleicht auch im einzelnen danach Es war gestern die Rede davon, daß man aus dem

U:d da habe ih çesagt:

sodaß man daraus nachher seine Schlußfolgerungen ziehen kann. Das ist doch auch ganz richtig. Aber daß ih nun gesagt hätte: ih für meine Person oder au andere hätten freie Hand, mit der Ver- fassung zu machen, was fie wollten das ist, nehmen Sie es mir

8 nicht übel, so absurd, daß man dagegen weiter gar nihts anzuführen brauŸte.

Es ift mir damit ja vorgeworfen worden, daß ich kein juristishes

Î Gewissen hätte. Meine Herren, ih glaube kaum, daß der Herr Vor- redner sich die Tragweite seiner Worte in dieser Nihtung ganz klar gemacht hat; ih glaube nicht, daß er dann so gesprochen haben würde. Ich habe die Empfindung, daß mein juristisches Gewissen eb: nso fein- fühlig ist wie das des Herrn Vorredners. (Bravo! rets.)

Was soll ich weiter zur Sache sagen? Was rechtlich vorgebracht werden kann, ift gestern gesagt worden; es ift heute nihts Neues dazu gekommen, was irgend eine wesentlihe Aenderung in der Nechts- auffassung herbeiführen könnte. Nah unserem Geseß und unserer Verfassung bleibt es immer das einzig Richtige, daß die vor- liegende Frage nach dem Artikel 9 geregelt werden muß, und dieser unterscheidet das Staatswohl, das ösöffentliGe Wohl im Gegensaß zum Privatwohl, indem er sagt: das Eigentum soll

Ÿ geshüßt werden, aber das Eigentum darf sozar vom Staate in Anspruch genommen werden, wenn das öffentliche Wohl es verlangt.

M Das heißt: das öôffentliße Wohl çeht vor. Diese Frage

Ÿ steht zur Entscheidung; das habe ich gestern behauptet und dabet bleibe

l ih au heute. Das ist eine Frage, die niht auf dem Re@ßtsgebiet

} liegt, und de8halb find die ganzen Deduktionen, daß wir lediglih eine

N Nechtsfrage zu entsheiden hätten, unzutreffend, und deshalb find auch

D die Vorwürfe, die der Herr Vorredner gegen mi als Person und als

F Minister erhoben hat, meiner Ueberzeugung nah dur&aus haltlos.

M (Bravo! rets.)

Darauf wird ein Schlußantrag gegen die Stimmen des

M Zentrums, der freisinnigen Volkspartei und der Polen an-

M genommen.

4 Jn persönliher Bemerkung erläutert

Abg Dr. von Jazdzewski (Pole) seine ihm vom Finanz- minister vorgehaltene Rede bei dem Begräbnis eines Geistlichen.

Die Vorlage wird einer Kommission von 28 Mitgliedern überwiesen.

Schluß nah 31/4 Uhr. Nächste Sißung Donnerstag, F 11 Uhr. (Quellenshußgeseß; Anträge aus dem Hause.)

S L

E

Parlamentarische Nachrichten.

\ Dem Hause der Abgeordneten ist der nachstehende M Entwurf eines Polizeikostengesezes -nebst Begründung F und Anlagen zugegangen:

E In denjenigen Gemeinden, in welchen die örtliche Polizeiverwal- tung ganz oder teilweise von einer Königlichen Behörde geführt wird, F bestreitet der Staat alle durch diese Verwaltung unmittelbar ent- # stehenden Kosten und erhebt unbeschadet der Bestimmung im § 7 l Abs. 3 des Gesetzes, betreffend den Erlaß polizeiliher Strafverfügungen F wegen Uebertretungen, vom 23. April 1883 (Geseysamml. S. 65) alle F mit dieser Verwaltung verbundenen oder aus deren Anlaß zur Hebung 9 0OANeRNiE Einnahmen. ;

L lte Gemeinden tragen vorbehaltlich der Bestimmung im §8 F Abs. 2 zu den Kosten zwet Fünftel bei und nehmen an den Einnahmen F zu zwei Fünfteln teil.

S2

Als unmittelbare Kosten dex örtlichen Polizeiverwaltung im F Sinne des § 1 gelten nur solche Ausgaben, für welhe im Vor- F anschlage des Staatshaushalts ein Titel vorgesehen und als der An- | teilsberechnung (Abs. 2 des § 1) unterliegend bezeichnet ist. Von dem F hiernah sih ergebenden Ausgabesoll der Mugioen Polizeiverwaltung # zu Berlin werden jedoch chento wie von den Einnahmen dieser Polizet- F verwaltung vier vom «ata als nicht auf der öôrtlihen Poltzeiver-

[waltung beruhend abgeseßt. Den der Anteilsberechnung unterliegenden Ausgaben treten hinzu 1) zur Bestreitung der Pensionen und Wartegelder für Beamte der Königlichen Ortspolizeiverwaltung sowie der Witwen- und Waisen- gelder für Hinterbliebene solWer Beamter ein Pauschbetrag von fiebenzehn vom Hundert der Gesamtsumme der im Staatshaushalts- u für diese Beamten ausgebrahten Gehälter und Wohnungsgeld- zu\chü}e,

Als Wert gilt :

a. für die nach dem Inkrafitreten dieses Geseßes in Benußung zu nehmenden Gebäude und Inventarienstücke der aus den Baurech- nungen 10 ergebende Anschaffungs3wert,

b. für die bei dem Inkrafttreten dieses Gesezes in Benußung be- findlichen Gebäude, und Inventartenstücke der in der Anlage festgesetzte Wert. Bei Gemeinden, welche gemäß dem im übrigen in Geltung bleibenden § 4 des Geseßes vom 20. April 1892 (Geseßsamml. S. 87) für Zwecke der Königlichen Ortspolizeiverwaltuag Gebäude und Inventarienstücke hergeben, wird der Jahresnußungswert den Aus- gaben nicht hinzugerechnet, sondern zu drei Fünfteln von dem Kosten- anteil in Abzug gebracht. :

8 3. Die Kostenanteile der Gemeinden werden alljährlich durch den NRegierungspräsidenten, für Berlin und seine Vororte durch den Ober- präfidenten auf Grund der für die einzelnen Polizeiverwaltungen aus- efertigten Kassenetats festgeseßt. Gegen diese Festsezung findet bintièn einer Aus\clußfcist von vier Wochen, jedo ohne aufshiebende Wirkung, die Beschwerde an den Minister des Fnnern und den Finanzminister statt. Die hierauf ergehende Entscheidung ist endgültig.

8 4.

Erstreckt sich die Polizeiverwaltung einer Königlichen Behörde in glei&mäßiger Zuständigkeit auf eine Mehrheit von Gemeinden, fo werden die den Gemeinden zur Last fallenden zwei Fünftel der Ge- famtkosten dieser Verwaltung alljährlich dur den Regierungs- präsidenten auf die einzelnen Gemeinden unterverteilt und zwar zur cinen Lâlfte nah der Zahl der Zivilbevölkerung, wie sie dur die leßte amtlihe Volkszählung ermittelt ist, zur anderen Hâlfte nach dem Staatssteuersoll, wie es in den einem Landkreise angehörigen Gemeinden der Kreisbesteuerung, in Statt- kreisen der Provinzialbesteuerung des laufenden Rechnunçsjahres zu- grunde liegt. Mit Genehmigung des Ministers des Innern können i Gemeinden einen anderen Verteilungsmaßstab unter sich verein- aren.

Gegen die Unterverteilung steht jeder Gemeinde binnen einer Aues{lußfrist von vier Wochen, jedoch ohne aufshiebende Wirkung, die Beschwerde an den Minister des Innern zu. Die hierauf er- gehende Entscheidung ist endgültig.

8 5, Der von den Gemeinden gemäß 88 1 und 2 beizutragente Kostens- anteil ift in vierteljährlihen Teilbeträgen vorauszuzahlen.

Nach Brünn und etwaiger Berichtigung der Jahresrechnung durch die VDberrehnungskammer wird der Kostenanteil beri&tigt. Wegen der hierfür zuständigen Behörde und des zulä|sigen Rechts- mittels findet die Vorschrift in § 3 gleiGmäßige Anwendung.

8 6. Die Bestimmungen dieses Gesetzes finden keine Anwendung 1) auf diejenigen Gemeinden der Provinz Hannover, in denen die Ortspolizeiverwaltung dur die Landräte geführt wird, 2) auf diejenigen Gemeinden ter Provinz Posen, welche hinsichtlich der ôrtlihen Polizeiverwaltung den Distrikttkommifsaren unterstehen, 3) auf diejenigen Geweinden in der Umgebung von Potsdam, in denen einzelne Zweige der Ortépolizeiverwaltung Staat3beamten über- tragen sind. x

8 7.

Die bestehenden Verträge über die Hergabe von Grundstücken und Gebäuden zur Benußung für die Königliche Ortspolizeiverwaltung werden dur dieses Gesey nicht berührt.

Dagegen wird der zwischen der vormaligen Kurhessishen Staats- regierung und der Stadt Cassel abgeschlossene Vertrag vom 28. Ok- tober/28. November 1830 wegen des von dieser Stadtgemeinde zu entrihtenden Beitrags zu den Koften der staatlihen Polizeiverwaltung gegen Gewährung einer einmaligen Abfindung von 2 724 186,25 46 aus -der Staatskafse hierdurh aufgehoben.

8 8,

Dieses Gesetz tritt mit dem 1. April 13908 in Kraft.

Die Durchführung der Bestimmung im § 1 Abs\. 2 erfolgt stufenweise derart, daß von den Mehrleistungen , welhe dana auf die einzelnen Gemeinden über den im Rechnungsjahre 1907 entrichteten Polizeikostenbeitrag hinaus entfallen würden, im NRechnungétjahre 1908 die Beträge über drei vom Hundert, in den beiden solgenden Rechnungsjahren die Beträge über je weitere drei vom Hundert des der Gemeindebesteuerung des jetes- maligen Vorjahres zugrunde gelegten Einkommensteuersols nicht zur Hebung gelangen. In den Fällen des § 4 tritt etne dieser Vor- \hrift entsprehende Kürzung nur bei den gegenwärtig {on bestehenden Königlichen Polizeiverwaltungen und zwar an den nach der Unter- verteilung auf die einzelnen Gemeinden entfallenden Kostenanteilen ein.

8 9,

Der Minister des Innern is mit der Ausführung dieses Gesetzes

beauftragt.

Land- und Forftwirtschaft.

Die „Schweizerishe Landwirtschastliche Zeitschrift“ vom 22. No- vember veröffentlicht den folgenden landwirtshaftlihen Herbst- bericht aus der Zentralshweiz: Ein milder, für alle landwirt» \{aftlihen Arbeiten überaus günstiger Herbst ist vorübergegangen und erst die vierte Novemberwohe hat mit ernsteren Vorboten des Winters, mit kalten Nächten und Reifen begonnen. Dke Herbstweide dauerte noch in der dritten Novemberwoche fort und hat viel Heu erspart, selbst die Sense arbeitete zu Martini noch an manthen Orten im Grase. Alles ift befriedigt von der ausgezeihneten Her blaros- nußung. Die Streue konnte au gut gesammelt werden. Der Obst - ertrag übertraf an G:öße und Güte alle Vorausfezungen und führte fogar zu einer s{limmen Obsthandelskrise für voreilige Käufer und Kaufvermittler. Bet alledem erzielten die Obstproduzenten in den günstigeren Ertrag8gebieten ihre annehmbaren bis hohen Preise für die Ware. Die Ernte der Kartoffeln und anderer Hackfrüchte ift durchwegs gut ausgefallen, die Preise {ind ordentlih hoch, weil alle Lebens- und Futtermittel teuer geworden sind. Acrbestellung und Felddüngung konnten vorzüglich auêge/ührt werden, und was dabei etwa noch im Nückstande geblieben, kann jeßt noch nahgeholt werden. Etwas Mißstimmung brachte der merklihe Rückschlag des Winter- milchpreises, allein man darf auch mit dem erreihten noch zufrieden sein. Im ganzen genommen haben wir ein ordentliß gutes Produk- tions- und Produktenverwertungt jahr.

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs- maßregeln,

Bulgarien.

Die bulgarische Negierung hat in Abänderung der unterm 26. Ok- tober d. J. unter 4 erlassenen Bestimmungen verfügt, daß die aus Rußland über Rumänien eintreffenden Reisenden nah erfolgter ärztliher Untersuchung in allen bulgarishen Donauhäfen zu - gelassen werden. Derartige Reisende sollen jedoch während zehn Tagen an E Sn E E werden. (Vergl. ,R.-Anz. yom 13. November d. I. Nr. 271.

Außerdem hat die bulgarische Ca die Städte Horosfan und Hassan-Kalé im Wilajet Erzerum (Kleinasien) für cholera- verseucht erklärt.

Die bulgarische Regierung hat ferner die Stadt Tunis für

t erklärt. pestverseucht erklär Uaaudtei

Der internationale Gesundheitêrat in Alexandrien hat die für Herkünfte von Oran und Tunis angeordneten Quarantäne- maßregeln wieder aufgehoben. (Vergl. „R.-Anz.“ vom 18. d. M,,

Nachweisung

Ungarn

am 27. November 1907

(Kroatien-Slavonien am 20. November).

über den Stand von Viehseuchen in Desterrei-

(Auszug aus den amilihen Wochenausweisen.)

Nr. des Sperrgebiets

Königreiche und Länder

Rog

und

Maul- [Schweine- feuhe und Klauen- |Schweine- seuhe

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der

Notlauf Schweine

Zahl der verseuchten

Komitate (K.) Stuhlrichterbezirke ‘Li Munizipalstädte (M.)

juni

2

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o| Gemeinden

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S C5 C c: n GO DO p

2) als Fahrehunzungteert der der Königlichen Ortspolizei- verwaltung dienenden Gebäude und Inventartenstücke drei und ein halb vom Hundert ihres Wertes.

Nr. 275.)

a. Oesterreich. Niederösterreih

1

2 " 3 "

4 y

z Oberösterreih

Salzburg L Steiermark

S U L

@Q@ S x

b. Ungarn. K. Abauj-Torna, M. Kaschau

Fehör

St. Arad, Borosjenò, Elek, Kisjenö, Pécska, Világos, M. Arad

St. Borossebes, Nagyhal- mágy, Radna, Ternova .

K. Arvya, Liptau (Lipts), Turócz

St. Bácsalmás, Baja, Topolya, Zenta, Zombor, Stadt Zenta, M. Baja, Maria Theresiopel (Sja- badka), Zombor

St. Apatin, Hódság, Kula, Németpalánka, Obecse, Titel, Neusay (Ujvidék), Zsablya, M. Ujvidék

K. RSEUNVO M. Fünfkirchen

cs)

K.Bars, Hont, aan (Selmecz- 68 Bélabánya

K. Békós

K. Bereg, Ugocsa

K. Bistriy (Besztercze)- Naszód

St. Berettyóujfalu De- recske, Ermihályfalva, Margitta, Sjzékelyhid, Sárrót

St. Csóffa, Glesd, Központ, Mezöôkeresztes, Szalácd, M. Großwardein (Nagy- várad)

St. Ból, Belönyes, Ma- yarcsóke, Nagyszalonta, Tenke Vas ó

K. Borfod

K. Kronstadt Háromszók

K. Cfanád, Csongrád, M. Hódmezövásárhely, Sze- gedin (Szeged)

K. Cfik

L Bree Melergom), aa yôr omorn Komäárom), M. Györ, omárom N Sud E ter tu Fejór), M. Stuhlweißenburg (Szókes-Fejórvár) . . K. Fogaras, Hermannstadt (Szeben) K. Gömör 68 Kishont, K.

Sohl (Zólyom) S M. Debreczin ebreczen T es Ki E Ss K. Kleinkokel (Kis-Küküllö) Großkokel (Na y-Küküll ö) ' K. Klausenburg(Kolozs), M. Klausenburg (Kolozsvár) St. Bs d, Soglan Facset,

ánsebes, Lugos, rens Temes, Siädte

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Karäánsebes, Lugos. .

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