1907 / 296 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 13 Dec 1907 18:00:01 GMT) scan diff

enden. Wenn irgend ein räudiges Schaf es einmal wagte, sich auf sein Veemeintlides Recht aus dem bestehenden deutshen Börsengese zu be- ziehen, so kamen die offiziellen Börsenorgane und wiesen ihn aus. Gs mag auch hin und wieder vorgekommen sein, daß, wie der Minister sagte, Kaufleute sich im ausländischen Geschäft ihren Ver- pflihtungen durch den Registereinwand entzogen, aber dann traten doch für den Betreffenden die Folgen immer im Inland ein, er wurde hier von der Börse verwiesen. Wo es eine Möglichkeit gab, Unredlihkeiten vorzubeugen, ist es geshehen. In Hamburg, wo ih Anwalt von kommerziellen Kreisen bin, ist in den zehn Jahren feit Bestehen des Gefeßes weder bei mir noch bei angesehenen Kollegen für einen Dritten der Registereinwand erhoben wotden. Wir er- blicken in der Tatsache, dah der vorliegende Entwurf nun mit diesem Börsenregister wieder aufräumt, eine befreiende Tat. Ein Ge- seß, das - insbesondere dem moralischen Empfinden der be- troffenen Kreise niht nur anfänglich widersprochen hat, fondern au in zehnjährigem Bestehen überhaupt niht zur sittlihen Geltung fommen fann, muß möglichst {nell wieder beseitigt werden. Es kann niht darauf ankommen, ob das Register ein personelles oder ein Firmenregister ift, das ist gleihgültig. Jch weiß, daß man mit dem Gedanken umgegangen ist, einen Deklarationszwang eintreten zu lassen, aber ein fkaufmännishes Geschäft verträgt rechtlich feinen Deklaration8&zwang. Man kann ein Geschäft wohl \tempeln, wie es geschieht, und nachträglich durch den Stempelfiskal durch Stichproben kontrollieren, ob die geseßliche Verpflichtung ein- ehalten ist. Will man wirklich Banken und Börsen, an denen Geschäfte abgeschlossen werden und dazu sind fie doch da —, dann ‘môge man mit dem Deklarationszwang niht weiter Spielerei treiben. Man hat von einer Art Deklarationszwang zu statistishen Zwecken ge- prochen. Welche Weitläufigkeiten, welhe Schwierigkeiten würden daraus entstehen! Anderseits war die Rede von einer Stempelung. Soll das Geschäft durch die Stempelung gig werden? Und wo sollen unsere Landwirte hin gegenüber dem Versuch eines Deklaralions- iwanges, und wie sollen sie s\ch dem Stempelfiskal gegen- über verhalten? Die Aufhebung des Terminhandelverbots ift für den deutschen Handel eine Notwendigkeit. Jn Hamburg wurde seinerzeit ein Terminmarkt für Kaffee Are, weil man er- kannte, daß Unsummen ins Ausland, vor allem nah Havre, gefandt werden mußten. Nur wo ein großer Terminmarkt vorhanden ift, kann ein grcßes Lager gehalten werden, das den gleichmäßigen und gesiherlen Absay erhalten und Preistreibereien vorbeugen will. Dem Terminmarkt für Kaffee folgte in Hamburg bald der Terminmarkt für Zucker, der ebenfalls mit großem Erfolge wirksam geworden ist, wie das Anwachsen der Zuckerbestände vollauf beweist. Es ist dringend erwünsht für den deutshen Handel, daß er die in ihm liegende Expansionskraft, daß er die Intelligenz des deutschen Kaufmannstantes auch zu verwerten in der Lage ist. Dem deutschen Handel ist dadurch, daß er dazu niht in der Lage war, eine Menge von Intelligenzen entzogen worden, eine große Zahl von O Existenzen haben als selbständige verschwinden müssen. Ein Teil der Verantwortung für den Rückgarg des mittleren Bankiergeshäfts S eben dieses Börsengeset ; viele Bankiers sind gezwungen gewesen, ihr Geld in die Industrie zu \tecken, wohin es eigentlich nah der Meinung dieser Bankiers niht gehört. Die Vorlage spriht einmal bezeihnenderweise von der Auswanderung unferes Spekulationsge\{chäfts in Effekten. In Bremen hat fs das ausländishe Geschäft in den leßten Jahren verfünffaht. Daß diese Geschäfte tatsäcklich ins Ausland gegangen sind, kann ih aus meiner eigenen Erfahrung bestätigen. Meine Praris bestätigt, daß nah dem Börsengeseß Kommissionshäuser in Effekten von deutshen Agenten im Auslande errihtet worden sind. Ich könnte darüber ganze Bände erzählen ; ich will das in der Xom- mission gern tun. Von großer Wichtigkeit is auch die nationale Bedeutung der Börse, über die ein Hamburger Kaufmann si in be- deutsamer Weise ausgesprohen hat. Er fagte, wir müssen die Börse im Frieden so einrichten, daß wir fie auch im Kriege gebrauhen können. Eine große, ftarke aufnahme- und abgabe- fähige Börse ist ein mächtiger Bundesgenofse für den Kriegs- fal. Wir sind niht wirtschaftlich fkriegsbereit infolge der desorganisierten Börse. Nun noch ein Wort über die Einzelheiten des Geseßes. Die Bestimmungen über die Zulassung zur Börse sind nicht unbedenklich. Die Sprache unserer Se D läßt manhmal zu wünschen übrig, das gilt auch von dem § 49 dieses Entwurfs, ebenso vom § 2. Man wird die Fassung klarer machen müssen. Wie soll es mit den Landwirten gehalten werden, die zu wiederholten Malen ihren Jahreébedarf verkaufen? Jn agrarishen Fragen wollen wir Ihnen (rechts) die Entscheidung überlassen, in anderen Fragen aber nicht. Bedenken erweckt auch die Bestimmung über . die Sicherheitsstellung. Nehmen wir an, ein Portier hat eine Hypothek von 5000 4 Soll das Geschäft gültig sein oder niht, wenn er damit die Sicherheit stet? Diese Frage muß gelöst werden, wie, ist mir elnerlei. Wir find bereit, den Entwurf in der Kommission zu einem Gesey umzuarbeiten, das geeignet ist, die Uhr dieser Ge- jetgeburg wieder richtig einzustellen. Wir beantragen die Ueberweisung der Vorlage an eine Kommission von 21 Mitglitdern.

Abg. Dr. Bitter (Zentr.): Wir stehen niht auf dem Standpunkt, daß das Gese von 1896 dem Börsenhandel zu enge Grenzen ge- zogen hat. 8 sind prinzipielle allgemeine Gründe für die Not- wendigkeit einer Aenderung des Gesehes heute niht angeführt worden. Sind denn die gegen das Geseß erhobenen Ginwände wirkli stihhaltig? Durchaus niht. Man beruft sih auf die Freiheit des menschlichen Handelns und die absolute Berehtigung der Spekulation. Die Freiheit des Handelns wollen wir niemandem nehmen, aber an der Börse werden viel mehr Waren gehandelt, als effeftiv geliefert werden. Jh gebe zu, daß das ganze kaufmännishe Geschäft von Spekulationen durchdrungen ist. Sobald aber die Spekulation zum Selbstzweck wird, wenn der eine nur gewinnt, der andere nur verliert, wie soll man ein solches Geschäft für legitim halten! Gewiß hat der Börsentermin- handel volkswirtshaftlihe Vorteile, er hat einen ganz hervorragen- den Einfluß auf die Preisbildung, aber niht auf die rihtige Preis- bildung. Er bildet den S von Irrtum uud Fälschung der Preisbildung, er begünstigt die fkünstlihe Preisbildung. Der Bôörsenterminhandel läuft den Interessen des verkaufenden Produzenten und des kaufenden Konsumenten s{nurstracks entgegen, wie {on 1889 der Abg. Gamp ausgeführt hat. Der elt- marfkftpreis wird dadurch unter die Produktionskosten der Land- wirte in minder günstig gelegenen Gegenden heruntergedrüdt, Der Börsenterminhandel [löst das andel8ges{häft los von der Produktion und nimmt auf diese keine Rückficht. Er ift aber auch der Ausgangspunkt von Irrtum, Täushnna und Fälshung in bezug auf den Weltmarktpreis, Wenn dieselbe Ware 10, 20, 30 mal verkauft mird, dann ist doch das Verhältnis von Angebot und Nach- frage nicht mehr rihtig, sondern falsch, und dann muß au der Preis naturgemäß ein durchaus falsher scin. Weiter bietet der Terminhandel an sich die Möglichkeit, direkte Preisbewegungen zu erzeugen. Der verkaufende Spekulant will hohe, der kaufende Spe- fulant will niedrige Preise; der Terminhandel kann also gar nit auf die rihtige Preisbildung fördernd einwirken, er wird „vielmehr der Ausgangspunkt yon Irrtum und Fälschung, er läuft tat- sächlich den Interessen von Produzent und Konsument direkt uwider. Sind die landwirtshaftlihen Produkte durch den

örsenhandel gedrückt, so kann der Landwirt gleichwohl nicht, wie dies der Spekulant in Papieren und dergleihen kann, seine Produktion liegen lassen, sondern er muß sie verkaufen, er wird also der Börse ausgeliefert, Der vorgelegte Entwurf will nun das Verbot des Terminhandels ia Bergwerk- und Fabrik- anteilen völlig aufheben, das Verbot desselben in Getreide- und Mühlenfabrikaten wesentlich einshränken und Ausnahmen gestatten. Die Motivierung führt aus, das Verbot habe den gewollten Erfolg niht gehabt, der Börsenterminhandel in Bergwerks- und. Fabrik- anteilen werde ebenso chwunghaft betrieben wie vorher; dagegen habe

es der Allgemeinheit zum Nachteil gereiht, daß die Börsen-

interefsenten jeßt unvollkommenere Geschäftseinrihtungen zu be- nußen gezwungen wären. Tatsächlih ist es unrichtig, daß die Kurs- sürze L Bergwerk- und Fabrikanteilen in letzter Zeit stärker ge- wesen find als früher; einen ßatistishen Nahweis dafür haben die

verbündeten Regierungen gar nicht angetreten. Die Schwankun en waren 1890 in der ehrbcit größer als im Jahre 1900; mit e en Schwankungen läßt ih die Aufhebung des Terminhandels in Mon fue werten nit rechtfertigen, Die Preisbildung ist doch L n Selbstzweck. Es ist auch nicht richtig, daß an sih das e Ñ nicht gewirkt habe. Die kleinen und mittleren Bankiers in Sta

und Land könnten ja niht mehr eristieren, lautet die Klage; dieser Grund kann also niht mehr stihhaltig sein. Scließlih wird die Aufhebung des Verbots damit motiviert, daß jeßt ein zu großer Geldbedarf für die Spekulation erforderlich sei, Das ist doch kein Grund, eine an sich vernünftige Bestimmung aufzuheben. Die Spielböllen sind verboten; wer sein Geld verspielen will, muß jegt nach Monaco reisen. Da könnte man ja auch deduzieren: Das gute deutshe Geld fließt ins Ausland, erlauben wir also wieder die Spielhöllen. 8 sind doch die Aktienbanken selbst, die als Vermittler der Spekulation im Auslande aufgetreten sind. Fast in jeder Nummer des „Berliner Tageblatts finden ih Aufforderungen zum Spiel in ausländischen Papieren. Daraus ergibt sich, daß wir an dem Verbot des Terminhandels in Bergwerk- und Fabrikanteilen festhalten müssen. Die Bestimmungen des § 50 Nr. 1 und 2 sind nicht zu halten, sie bilden weiter nihts als eine Uns dur wel{he die in diesem Paragraphen sonst ge- troffenen Bestimmungen in ihrem allerwesentlihsten Teile illusorish gemacht werden. Man mag sich über die Frage streiten, ob es richtig ist, die besondere Einrichtung des Börsenregisters durch eine andere zu ersezen. Diese Frage werden wir in der Kommission prüfen; wenn aber die Bankiers etwas Anstößiges darin erblicken, ih in das Bôösenregister eintragen zu lassen, so müssen sie doch davon. ab- gehen, es zwingt sie ja niemand. Welhe Fülle von Prozessen aber wird \sch aus dem § 54 ergeben, wonach zu den Kaufleuten, für die das Bôörsentermingeshäft verbindlich ift, auch diejenigen Personen gehören, die zur Zeit des "Geschäfts- abs{chlusses oder früher berufsmäßig Börsentermingeshäfte oder Bankiergeshäfte betrieben haben. Wie viele Beweismittel können vorgebraht werden, um einen solchen Nachweis zu führen! Diese Bestimmung ist nihcht dur{hsihtig genug, sie öffnet neuen Prozessen nur Tür und Tor. Was die Sicherheits\telung anbetrifft, so sagen die Börsenfreunde, das Geseß würde den Vertragsbruch sanktionieren, wenn, nachdem einmal eine Sicherheit gestellt worden sei, es dem- jenigen, der fie gestellt hat, freistehe, den Differenzeinwand zu erheben. Man hat ganz generell behauptet, in der Erhebung des Differenzeinwandes E überhaupt etwas Unmoralisches. (Sehr rihtig! links.) FJhr „Sehr richtig“ steht auf sehr {wachen Füßen. Die darin liegende Behauptung ist in der Auffassungsweise unlogisch, in der Ausdrucksweise völlig schief. Bei dem Differenzeinwand handelt es sich um etwas, was der Richter ex officio zu beahten hat. Die Berufung auf den Differenzeinwand ist im ge- gebenen Augenblick sogar etwas Moralishes. Wer den Differenz- einwand erhebt, stellt das Geschäft wahrheitsgemäß dar, während derjenige, der ihn vershweigt, si die rihterlihe Hilfe ershleihen will, um den Sptielgewinn einzuheimsen. Das Unmoralische liegt nicht in der Einrede, sondern im Spiel selbs. Weshalb hat denn fonst der Gesetzgeber das Spiel verboten? Dies wissen doch beide Teile. Wir "tehen auf dem Standpunkt, daß das Verbot des Termin- handels in Bergwerk- und Fabrikanteilen aufrecht zu erhalten it, ebenso ohre jede Ausnahme dasjenige in Getreide und Mübhlen- fabrikaten, daß die Unwirksamkeit eines nicht verbotenen Börsen- termingeschäfts sch auch erstrecken muß auf die gestellten Sicher- heiten. Wir find nit gewillt, den Riegel, den das Geseß von 1896 vorgeschoben hat, jeßt wieder zurückzuztehen. vis N

Abg. Graf von Kani enf) : Jch weiß nicht, ob der Zeitpunkt für die Regelung dieser Materie besonders geeignet ist. Die wirtschaft- liche Gesamtlage stellt sih gegenwärtig höchst ungünstig dar, nament- lih die Börse bietet ein sehr unerfreulihes Bild. Alle Börsen des In- und Auslandes leiden unter der fast unerhörten Geldknappheit, die noch nit dagewesen ift. Wenn wir jeßt vor die Aufgabe gestellt werden, an das Börsengeseß von 1896 die bessernde Hand zu legen, werden wir wohl zu prüfen haben, weldje Mißstände auf die all- gemeine Ungunst der Verhältnisse zurückzuführen A welche Un- zuträglihkeiten in den Börseneinrihtungen zu suchen find. Jch glaube nit, daß es richtig ist, was vielfach behauptet wird, daß nämli gerade unser Börsengeseß zu der immer mehr zu Tage getretenen Ab- hängigkeit unserer Börsen von dem amerikanishen Geldmarkt bet- etragen hat. Das ift deshalb nicht richtig, weil wir in London die- felben Vorgänge sehen. Auch London kann fich nur durch eine fort- währende Erhöhung des Diskonts gegen die amerikanishen Gelüste {chütßen. Gerade dieser Stoß gegen unseren Geldmarkt jeigt uns, wie {wach es mit der Widerstandskraft unserer Börsen bestellt ift. Der Redner bricht bei diesen Worten, anscheinend von Unwohlsein be- ien. seine rer ab u N sich_ i e ab zurück. Er wird von Fraktionsgenofsen aus dem Saal geleitet.

Abg. Pa BVolksp.): Jh bedauere auf das lebhafteste, daß ih das Vort ergreifen m nahdem ein soeben von uns hohverehrter Kollege diesen Plat verlassen hat, da er durch sein körperlihes Be- finden verhindert ijt, weiterzusprehen, und ich spreche die Hoffnung aus, daß wir in den nächsten Tagen seine Ausführungen, die er zu machen hatte, des weiteren hören werden und ich bin überzeugt, daß wir ihm, wenn wir auch mit seinen Anschauungen nit über- einstimmen, doch die vollste Aufmerksamkeit senken werden, wie wir dies heute getan hätten, wenn er in seinen Ausführungen weiter fort- gefahren wäre. Die wenigen Worte, die der Abg. Graf Kaniyz gesprohen hat, veranlassen mich, mich an diese anzuschließen.

b bin der Meinung, daß gerade der jeßige Augenblick uns mahnt, an eine Reform der Börsengesezgebung heranzugehen, daß gerade der jeßige Augenblick dringend uns auffordert, daran zu denken, wie wenig Widerstandskraft die coigil) ju Börsen gezeigt haben gegenüber den Ansprüchen anderer Börsen. enn wir heute von den amerikanishen Ereignissen und deren Einfluß auf Deutschland sprechen, so \prehen wir von den berechtigten deutshen Börsen. Die Börsen müssen betrachtet werden von dem Gesichtspunkte des all- gemeinen wirtschaftlichen Lebens des Volkes. Die Börsen stehen im engen Zusammenhang mit unserer Finanz- und Wirtschaftspolitik. Wenn ungeeignete Maßnahmen bezüglih der Börse ergriffen N dann hat den Schaden davon au das gesamte Wirtschaftsleben. Da das Bôörsengeseß von 1896 eine ungeelgnete und falsche Maßnahme gewesen ist, darüber sind die Ansichten zwar ung hier noh geteilt, im großen und ganzen aber hat sich ein Umshwung vollzogen. Im großen und ganzen wird außerhalb dieses Hauses und zum großen Teile auch innerhalb dieses Hauses jene Maßnahme als eine unge- eignete und falshe anezkannt. Jh will bei dieser Angelegenheit nicht alte Wunden aufreißen, sondern die Sache objektiv behandeln. Eins kann auh von den Gegnern einer Börsengesehreform niht bestritten werden, daß durch die Börsengeseßgebung dem Verkehr die Rechtssiherheit genommen ist, daß das Vertrauen in die geshäftlihe Vertragstreue ershüttert worden ist, und daß ein für die Volksernährung und namentlich für die Gr- nährung des Heeres im Kriege notwendiger Geschäftszweig, der Ge- treidehandel, gelähmt worden ist, und endlih, daß das Verbot des Terminhandels in gewissen Wertpapieren dazu beigetragen hat, die Geldteuerung zu vershärfen. Die Konzenträtion zum Großbetriebe, auch im Bankgewerbe, ift wesentlich dur das ende unterstüßt worden. Daß unter diesen Umständen die Börse ihre Aufgabe auf dem internationalen Markte nicht hat erfüllen können, liegt auf der Hand. Deswegen ist es au niht Sache einzelner Parteien, auf eine Aenderung der Börsen- gesegebung hinzuwirken. Allen, denen daran liegt, daß unsere Volks- wirtschaft auf gesunden Bahnen wieder weiter wandert, haben ein Interesse daran, ihre B anzulegen, daß das ungesunde Geseß von 1896 beseitigt wird. Die Regierungen haben den guten Willen ge- zeigt, ein neues logishes System aufzustellen. Allerdings hat die Logik dieses Systems zuweilen Schiffbruch gelitten în Nücksichtnahmen, die von außen her an die Verfasser dieses Geseßes herangebracht worden sind. Dies gilt namentlich von den Bestimmungen über den Terminlieferungshandel in Getreide und Mühlenfabrikaten, Am richtigsten wäre es gewesen, wenn der Entwurf einfah zu den Ver-

ältnissen vor 1896 zurückgekehrt wäre. Vielleicht erleben wir die Rük- Khems no, und i glaube sogar. daß der jeßige Entwurf nihts weiter darstellt als cine Etappe auf dem Wege zur Rückkehr zu dem allgemeinen und gesunden Zustand, wie er sich ergibt, wenn man ein großes Geschäft wie die Börse nicht unter Ausnahmebestimmungen stellt. Auch das Verbot des Terminhandels ist ja nichts Neues gewesen. In der Revolutionszeit war der Terminhandel .in Assignaten mit dem Tode bedroht ; der Terminhandel in \panishen Werten ist in Preußen verboten und mit Strafen bedroht gewesen. Alle diese Beschränkungen sind ohne Wirksamkeit geblieben, die Wirklichkeit ist über fie zur Tagesordnung übergegangen. Wir haben aber genau zu prüfen, welche Punkte des Entwurfs noch weiter verbesserungsbedürftig sind. Der Redner des Zentrums hat doch eigentlich nur aussprehen wollen, der Terminhandel müsse überhaupt verboten werden. Aus den hohen Preisen, die der Produzent haben, und aus dén niedrigen, die der Konsument zahlen will, ergibt sich eben der mittlere Preis, der dem Angebot und der Nachfrage entspriht. Im Interesse der allgemeinen Volkswirtschaft müssen die Manipulationen, die dahin führen, erleihtert werden; das KANageian erschwert sie. Das Kassageschäft" hat, wie shon die gewöhnlichste, oberflählichste Beobachtung ergibt, auch zur Verteuerung des Geldes mit- gewirkt; dazu brauht man gar nicht einmal große volks- wirts{haftlihe Vorlesungen gehört zu haben. Statistische Na- weisungen von Kurs\{wankungen darf man niemals abfolut be- trachten, meinte der Abg. Bitter selbst; damit hat er den Wert der von ihm verwerteten Statistiken selbst rihtig charakterisiert; für mi sind sie keinesfalls beweiskrästig. Wäre es möglich, das Kassa- geschäft einzushränken und auf den Terminhandel hinüberzuleiten, so wäre das für die Allgemeinheit ein außerordentlicher Segen. Mit der Aufhebung des Verbots des Terminhandels in Bergwerk- und Fabrikanteilen, mit der Beseitigung des Börsenregisters sind wir einverstanden. Bezüglih des Registers hat der Abg. Bitter sich zum Anwalt derer gemacht, die es benußt haben, um sih böôswilligerweise ihren Verpslihtungen zu , entziehen. Ich spreche troßdem kein Wort weiter über diese Guan: die gute Absicht, die man damit verband, hat sich nicht erfüllt, es muß beseitigt werden, es ist tot, nur daß von diesem Toten das Wort do mortuis nil nisi bene niht gilt. Die Bemerkung des Abg. Bitter, daß diejenigen, die auf Treu und Glauben halten, sich die Hilfe des Richters erschlihen, wurde ja durch seine eigene Ausführung widerlegt, daß der Richter ex offficio zu prüfen habe. Der Entwurf will den Kreis der termingeschäftsfähigen Inländer genau umschreiben; man würde das konzedieren unter der Vorausseßung, daß dadurch niht eine neue Rechtsunsicherheit eingeführt und der Anreiz zu böswilligen Einwänden gegeben wird. Die Möglichkeit dazu ist vorhanden, weil die Kaufleute, die zwar ins Handelsregister etngetragen sind, aber den Kreis des kleinen Gewerbes niht überschreiten, ausgeschlossen fein sollen. Damit wird ein Grundsaß des allgemeinen deutschen Handelsgesebuches durh- brochen, der den Eingetragenen unter allen Umständen als Vollkaufmann betrachtet wissen will; dem Registerrichter kann nicht seinerseits diese Prüfung zugemutet werden. Diese Schwierigkeit muß beseitigt werden. Wir sind au damit einverstanden, daß eine bestellte Sicherheit auch als Sicherheit gilt; das ist doch eigentlih selbstverständlih. Bares Geld, Banknoten, Wertpapiere, die amtlih notiert sind, follen dafür gelten können, aber Reichskafsenscheine sollen ausgeshlossen sein. Das \heint mit lediglich auf einem Irrtum zu beruhen, denn der Aus- \{chluß ist ganz unverständlih. Daß nachträglih gegebene Anezrkennt- nisse keine Gültigkeit haben sollen, ist uns sehr bedenklich; ih meine, die Mehrheit wird auf dem entgegengeseßten Standpunkt wie 1904 au jeßt stehen bleiben. Die größten Bedenken ergeben sih aus den Bestimmungen über den Getreidehandel. Am 2. Januar 1897 hörte die Berliner Produktenbörse auf, bald danach wurden allerlei Versuche gemacht, einen geeigneten Schlußschein herzustellen, der allen Beteiligten und au der Landwirtschaft gegeben wurde. Der Berliner Schlußschein ist zustande gekommen , es is auf Grund desselben jahrelang gehandelt worden, zu einer Einführung oder geseßlichen ixierung ist es aber niht gekommen, weil auf diesem Umwege die inführung eines Getreideterminhandels befürchtet wurde. Aber der Lieferungshandel in effektivem Getreide ist volkswirtshaftlih not- wendig, das gaben sogar die Motive zu. Der Gntwurf versuht, diesen Schlußschein zu legalisieren. Die Absicht is gut, aber die Un- flarheiten des Entwurfs lassen wiederum die Befürchtung entstehen, daß die gute Absicht ins Gegenteil verkehrt wird, wenn nicht diefe Unklarheiten beseitigt werden. Bei Lieferungsgeshäften in effektiver Ware dürfen doch die Beftimmungen über Spiel und Wette aiht mehr zur Anwendung kommen, damit wird nur Mißstimmung hervorgerufen. Die Bestimmungen über den Getreidehandel tragen überhaupt den Charakter von Ausnahmebestimmungen. Sie tragen ihn auch deswegen, weil man für den Handel in anderen Waren, in Kaffee und Zucker, alle diese Fußangeln niht kennt. Soweit ih die Stimmung in E kenne, werden gerade diese Beschränkungen am bittersten empfunden, die dem Getreide- handel gewissermaßen auferlegt werden, um ihn unter ein „Caudini- {hes Joh* zu zwingen. Jch bedauere den, der fich unter dieses Fo beugen muß, aber den Nachteil hat in der Regel derjenige, der es aufrihtet. Jch brauche nicht besonders zu betonen, eine wie roße Bedeutung ein kräftiger Getreidehandel für unsere gesamte Volkswirtschaft hat, und wie notwendig es auch mit Rücksicht auf etwaige Eventualitäten i, ihn aufrecht zu erhalten. Wir verehren alle die außerordentliße Tüchtigkeit unseres General- stabs und find beruhigt bei dem Gedanken, daß er nur auf den Knopf zu drücken braucht, um einen ganzen Apparat in Bewegung zu setzen. Er wird dies aber nicht bewerkstelligen, wenn niht ein kräftiger Getreidehandel da ist, und die Nachteile werden sich fühlbar machen, wenn einmal Not am Mann ist. Derartige Bestimmungen wirken am s{wersten auf unseren Entschluß ein, dem Geseß unsere Zustimmung zu geben. Ich erkenne aber an, paß die verbündeten Regterungen uns einen mit logisher Schärfe und feinem juristishen Verständnis aufgebauten Entwurf vorgelegt haben, der eine Grund- lage zur Verständigung bietet. Jh komme zu der Frage, in wêlher Weise die Börsen mit unseren wirtshaftlichen Verhältnissen und namentlich unserer Finanzpolitik zusammenhängen. Zwei Auf- gaben müfsen dringend erledigt werden, zumal fie in den Grenzen des Erreichbaren liegen: erstens die Beseitigung des Defizits im Pet tose zweitens die Schaffung gesunder Börsenverhältnifse. Beides hängt eng miteinander zusammen. Der Kurs unserer Staats- papiere wird an den Börsen festgestellt; ist er niedrig, fo wird damit der Kredit des ganzen Landes berührt. Sie können nicht ver- langen, daß bei niedrigem Kursstand der Staatspapiere unsere Volks. wirtschaft prosperiert. Nun find aber \ämtlihe Staaten in volks- wirtschastliher Beziehung zurückgegangen, wenn sie mit einem dauernden Defizit zu rechnen hatten. Erst wenn dies beseitigt war, nahm die Volkswirtshaft wieder einen Aufschwung. Jch erinnere nur an Italien. Bei der außerordentlich wichtigen Stellung der deutshen Börsen für den internationalen Kredit, die geradezu ent- sheidend ist für unsere wirtschaftlißhe Weiterentwicklung, be- dauere ih die Ausführungen der Abgg. Dr. Arendt und Raab vom vorigen Sonnabend. Der Abg. Raab wies darauf hin, daß in Charlotten- burg durch ein Plakat angezeigt sei, die Gehälter und Pensionen würden wegen Mangels an Gold nur zu 10 °%/% in Gold, im übrigen aber in Silber oder Papter ausgezahlt. Die Tatsahe ist richtig, aber sobald der Inhalt dieses Plakates zu Ohren der vorgeseßten Be- hörden gekommen ist, ist das Plakat wieder lee Sie wissen, daß Bestrebungen im Gange sind, durch Ausgestaltung des Ueber- weisungs- und Scheckverkehrs bare Zirkulationsmittel zu sparen. lag in diesem Falle nur ein dadurch herbeigeführtes Mißverständnis vor, das sofort refktifiziert is. Der Abg. Dr. Arendt wollte die Währungsfrage nit berühren, hat aber doch die Freizügigkeit des Goldes angegriffen, und die ist eine Währungsfrage, wie sie wichtiger gar nicht gedacht werden kann. Man hat behauptet, Deutschland sei niht in der Lage, seine Goldwährung aufrecht zu erhalten. und verweist immer auf Amerika, von dem wir abhängig seien.

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

zum Deutschen Reichsanzeiger und Köni

„14 296.

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Gewiß sind wir das. Die

se Abhängigkeit hat sich in letzter Zeit gezeigt, aber deswegen,

seinem Ge-ldbedürfnis uns große Posten von Waren geshickr hat, die sofort bezahlt werden mußten, fonst im Laufe der natü:lihen Entwicklung der pensation mit unseren Exportwaren hätten beglichen werden können. Diese großen Beträge haben wir in Gold bezahlt und dadurch den so schwierigen Verhält- l Nah Mit- einer Persönlichkeit, and besondere Sym-

weil Amerika bei während sie Dinge durch Kom-

j daß wir auch unter nissen unsere Goldwährung aufreht erhalten können. teilungen des amerikanischen Münizdirektors,

die nicht im Nufe stehen kann, für Deutschl. thien zu haben, zirkulieren in Deutschland und liegen in der eihsbank zusammen 3853 Millionen Mark in Gold. sind in der Bank und in der 2300 Millionen Mark. in der Bank 1500 Millionen das vielgerühmte Frankreich übert des Goldbestandes nur um 500 M liegen in der Reichsbank nur 716 Millione Verkehr sind 3336 Millionen, also 80 9/,. Millionen in der Bank und 1500 im Verkehr. der Lage, mit 1500 Millio Zahlungsverkehr zu erle

Beweis geliefert,

In England ixkulation vorhanden insgesamt nur land hat also in Zirkulation und Gold mehr als England. Selbst fft Deutschland in der Gesamtheit Von dem deutshen Golde n, also 20 9%, und im

In England sind 790 l England alfo ist in nen Gold seinen um das Vielfache größeren digen, während wir mehr als das Doppelte gebrauchen. Sie es gerechtfertigt finden, Goldbestande liegt es, sondern an der falshen A Goldbestand benugt.

zu wirken, daß hierin Wandel

nicht an unserem e rt und Weise, wie Bevölkerung keine wihtigere Aufgabe, als dahin geschaffen wird, ‘dadurch, daß die deutshe Bevölkerun

g_ andere Ge- ch des Ueberweisungs- und

Scheckverkehrs3 unnötigerweise im Verkehr Deshalb möchte betreffend Einführung des Post- Schwierigkeiten Genossenschaften fürchten, | Abbruch getan werden. selbft wenn ihnen in gewissem Umfan chieht, fo ist die Einführung des Postscheckverkehrs

weil dadur dazu mitgewirkt wird, üß tim Lande umlaufen. i für eine Währungsödebatte für Wir treten mit vollem Ernst an die des Geseßentwurfs heran, und hoffen, daß er in dec Kommi allen annehmbare Fassung erhält.

Abg. Dr. Arendt (Np.): Ich danke freundlißen Worte, die er klagten Zwischenfall widmete, E@lücfiicherweise ift st fônnen hoffen, daß d

wohnheiten annianmt, bedient, und auf diese Weise die ganz befindlichen Goldmünzen in die Reichsbank ih bitten, uns bald eine Vorla sheckverkehrs die ländlichen

es könnte ihnen durch das Scheckwesen Ich bezweifele das, aber

Allgemeinheit doch viel wichtiger, daß unsere Goldmünzen niht unn aber den gegenwärtigen Zeitpunkt durchaus ungeeignet.

zunächst dem Vorredner für dem von uns allen fo \{chwer be- der den allvcrehrten Grafen Kanitz hon eine Besserung eingetreten, und wir |, herbeigeführte Zwischen- ald wieder an unseren Der Vorredner hält es für einen Fehler, jeßt hervorzurufen.

4 g

seiner großen Objektivität nicht ver- : wie möglih auf seine Bemerkungen ant- worte. Haben wir denn die Anforderungen erfüllt, die Amerika an uns stellte? Jawohl, aber dadurch, daß wir dem Lande einen Diskont von 7# 9% auferlegten! Ditkont wichtige wirtschaftliche

Die Krisis ist dadur hervorg markt fich an die Londoner Börse

wodurch der Bankdiskont in London bank mußte folgen. vershleiern; es ist eben di S äßungen des amerik find ja niht unbedingt die aus den

ieser dur Ueberarbeit fall {nell vorübergehen und Graf Kani b Arbeiten teilnehmen wird. Währungsdebatte

denken, wenn ich so kurz

Und stehen niht einem so hohen Interessen unseres Landes entgegen ? , daß der amerikanishe Geld- hielt und von dort Gold zog, auf 7 % stieg; fen klaren Zusammenhang sollten wir nit e Folge der Freizügigkeit des Goldes. anischen Münzdirektors über den Goldumlauf zuverlässig; sie beruhen eben auf Angaben,

falsch und übertrieben. chland, die einmal gemacht und die jetzigen ner Behauptung die in Deutsch- Bei vns liegt wir haben jeßt die troßdem ist aus dem Verkehr Gold Für die Einführung des für alle Maß- Aber die Schwierig- 000 Millionen Gold Wir müssen es denn doch es da weg, Auf diese Frage will ih aber Dem Gesetzentwurfe stehen wir mit ernsten werden aber in der Kommission mitaxbeiten daß “in der zweiten Lesun daß unsere Stellungnahme dem Ausfall der stimmungen des Gese ershüttert hatten, zu be beabsichtigte Folge des Gesetzes auh nit dahin gewirkt, diese diese Beshwerden längst aus der Welt geshafft werden können. chöônheitsfehler gegen das ganze Börsen- t. Der Vorredner hat die Anforderungen ftelung bemängelt. Ich bemängle sie auch, t _Ske müssen geändert ichecheitsstelung erfolgen muß für das Ge- {äft selbst. Der Vorredner vermißte die Kassenscheine als Deckungs- praetor; \chließlich könnte man au ttel verwenden. Von Feindschaft gegen uns nicht die ges unentbehrclihes Verkehrs:nittel in unserem Wirtschafts- verpflichtet ,' dur diese l hervorgerufen i -{reundshaft ist dec Gegensaß, sondern der, daß dic einen sagen : „Das Land ist der Börse wegen da,“ die anderen : „Vie Börsen sind des Landes wegen da.“ E L cine av i Be R eE S arke, durch keinerlei Börsengeseßgebung eingeshränkte ie maßlose Spekulation hat einen Zusammenbru anze Land in PVitleidenshaft gezogen hat.

unsere Beichs-

Ländern gemacht gabe aus Deutschland halte ih für ganz “Eine Schäßung des Talerumlaufs in Deuts de] ch damals für falsch erklärt,

statistishen Aufstellungen haben die Nichtigkeit mei bewiesen. Wir wollen uns über die Goldbestände,

: doch keiner Täuschung hingeben.

nur ein ganz kleiner Bestand in der Bank, kleinen Banknoten eingeführt ; ßen Mengen niht herauszuholen. Postschi ckverkehrs werde auch regeln, die den Barumlauf im Lande ethöhen.

keiten sind dadur niht LBeseitigt, wenn wir 1 aus dem Verkehr in die Reichsbank leiten. Reichsbank festhalten könn dann sind wir doppelt s{limm daran. jeßt nit weiter eingehen. Bedenken gegenüber, in der Hoffnung,

lein wird,

worden war, leiden, sollen da nicht die deutshen Staatspapiere wie alle ähnlichen land umlaufen, können denn unsere Konsols auf pari bleiben, wenn wir 74 9/9 legten Zeit kann die Börse gar niht ankämpfen. Was die Börse wieder stark und kräftig machen kann, ist eine Aenderung unserer Gold- und Bankpolitik, aber nicht des Börsengeseßes. 1899 hatten wir, also unter dem jeßigen Gesetz, eine A1

Börfsengeschäfts wie nie zuvor. Noh im leßten Jahr und vor zwei Zahren war eine außerordentliche Ausdehnung zu verzeihnen. Gerade in den Bergwerks- und Jndustrieerzeugnissen hatten wir den größten Aufschwung. Wie kann man da sagen, daß das Börsengeseß das Geschäft unterbunden hat? Es geht hier ähnlich wie mit der Börsensteuer. Damals hieß es: Heben Sie diese Steuer für die Neih8s- und Staatépapiere auf, dann werden die Kurse steigen. Wir haben das getan ih bin mit der einzige gewesen, der dagegen gekämpft hat —, und was ist eingetreten? Kein Mens weiß etwas davon, daß diese Steuer niht mehr gezahlt wird. Der Kurs ist so niedrig geblieben wie zuvor, und dem Reich ist ein Einnahme- auêtfall entstanden, während ‘die Steuer gar ait fühlbar war. Diese Erfahrung müssen wir uns zur Lehre dienen lassen, Ich bin nicht boshaft genug, um die Ausführungen auf dem Hamburger Bankter- tage vor dem Reichstage zu fcitisieren, aber ih habe doch selten elwas gelesen, was mich so frappiert hat wie die Naivität, mit der die Herren dort ihce Weisheit vortrugen und si gegenseitig be- weihräuherten. Das Geseß von 1896 war ein Notwehrgesetß, es wurde gegeben, weil die Ausschreitungen der Börse und die Verluste des Publikums fo tief in unsere gesamte Volkswirtschaft ein- geiffen, daß eine elementare Bewegung entstand. - Dieser hat der

ih eintreten, wie

die Gestaltung etne ch mildern. wir uns natürli ommissionéberatungen vorbehalten. die den Verlaß auf Treu und Glauben citigen, waren wir ftets bereit. Das war eine-un- und die troßige Haltung der Börse bat bhilfe zu beschleunigen. Sonst hätten Man hat diesen kleinen S geseß als Sturmbock benußz bezüglih der Sicherheits aber vom entgegengese werden dahin, daß die

en Standpunkt aus,

mittel, minima non curat Kupfermünzen als Deckungsmi Börse ist bei

Bei der bevorstebenden Abänderung des Börsengeseßzes, bei der eine Reihe von Einzelheiten durchaus ersprießlih sind, müssen wir gerade ais den {weren wirtschaftlihen Zuständen, in denen andere

siht vorgehen. Wir werden in der Kommission daran mitarbeiten, daß das Gesetz cine annehmbare Gestalt annimmt. Wir hoffen dies, werden aber unsere Entscheidung abhängig mahen müssen von der Faffung, die das Ans in der Kommission erhält.

9.

einzurichten, die Volkswirtschaft Börsenfeind\haft und

Der Vorredner spr j f ie New Yorker Börse war au bündeten Regierungen sich enèlih den Ansichten angeshlossen haben, die die Sachberständigenkreise gegenüber dem Börsengeseß immer eirgenommen haben. Was fie vorschlagen, ist aber au das Allermindefte, um den ‘eiugetretenen Schäden einigermaßen entgegenzutreten. Mit dem Kollegen Arendt werben wir uns übec dic Frage der Währung, der Bankpolitik usw. niht so leiht verständigen, aber sie haben Gott sei Dank mit diesem Geseßentwurf nichts zu tun und wir haben allen Grund, diese Fragen hier auszuschalten. Gs gibt, wie aus der Nede des Abg. Dr. Arendt hervorgeht, noch Differenzpunkte enug. Es ist mir bedauerlich, „abzesehen von meinem persönlichen Bedauern, daß uns durch das Unwohlsetn des Grafen Kaniy dic Ansicht der konservativen Partei über dieses Gesey bisher nicht

1h herbeigeführt, der das Dieser Vorgang muß uns vorsichtig machen, Die Rede des Abg. Kaempf hte von der Börse: „Kein Engel ist so rein.“ Jn der Wirklichkeit liegen die Dinge do wesentli anders. Der Abg. Semler von den spanishen Stiefeln, in die die Börse gesteckt würde, er sprach von einem Schwamm, Eine Börse wird stark und groß Das Gefe von 1896 sollte weit

och außerordentli machte den Eindru

ein unglücklihes Bild. dur den Umfang threr Spekulation. e Volkskceise vor der Spekulation

Das Geseß hat hierin außerordentlichß gut gewirkt.

Zweite Beilage glih Preußischen Staatsanzeiger.

1907.

Berlin, Freitag, den 13, Dezember

————————— T pTTTDTDUD —— L C E D I N

Wenn die Börse die Mittel wie ein Schwamm auffaugt, dann fehlt die notwendige Reserve im Volke. Es sollen viele Leute aus tem Mitteistand ihr Brot verloren haben. Das ist ja sehr betrübend ; aber auf der anderen Seite find durch die Art, wie die Börse die Spekulationen in weiten Kreisen getrieben hat,

unzählige Existenzen bedroht worden, deren Schuß ‘unser Be- |

streben ist. Es heißt, das Börsengeseß habe die Spekulationen ins Ausland getrieben. Das if nicht rihtig, Die Spekulation ist eine allgemeine. Die Börsen, die keinem Geseg unterliegen spekulieren gerade so wie bei uns, und in New York werden tägtith Tausende von Aktien für England gekauft und verkauft. Jh erinnere an die große Minenspekulation. Es wird von der Konzentration des Bankiergewerbes gesprohen. Dieselbe Erscheinung sehen wir überall, in Gngland, Belgien usw. Unter den Bankiers gibt es gewiß ehr- bare, nüglihe Männer, aber es sind unter ihnen zahlreiche Elemente gewesen, die kleine Leute zum Spekulieren verleitet und zur Ber-

Gewerben, welche diese Gefahren wesentli verhindert haben. Ich bezweifele auch, daß die kleinen Bankiers mit ihrem Hin- und Herziehen der Wertpapiere ein Verdienst s|ch erworben baben. Das ift das, was man im gewöhnlichen Leben Jobberei nennt. Die Klage über das Gesetz ist mir ein erfreuliher Beweis dafür, daß das Geseg das Börsenspiel wesentli eingesränkt hat. Hierin dürfen wir das Geseß nit zurückrevidteren. Etwas anderes ist es, ob das Börfenreaister richtig ist. Hierüber läßt sid disku- tieren. Wenn eine Gewähr gegeben wird, daß das Termin; eshâft sich lediglich vollzieht ¡wien Vollkaufleuten und börfen- mäßigen Börsenbesuczern, so ließe ich gern mit mir reden. Etwas anders liegt es mit der Frage ter Aufhebung des Termingeschäfts. Der Abg. Semler spra si teils für die Beibehaltung, teils für die Beseitigung des Termingeshäfts aus. Ih weiß nicht, welcher Teil beweiskräftiger war. Mir kommt es in erster Linie ouf die praktische Wirkung des Verbotes des Termingeschäftes in landwirt- \chafilihen Werten an. Diese Pn war gut. Wir betrachten das Verbot des Termingeschäfts in landwirischaftlichen Gegen- ständen für ein noli me tangere. Wir werden feiner Bestimmung zu- stimmen, die das Termingeschäft erleichtert ; wix wollen auch keine Hintertür öffnen. Die Bestimmung über das handel3rechtLihe Lieferungs- geschäft halte ich für bedenklih, insofern der Jahresverbrauh der Landwirte zu Grunde gelegt werden kann. Die Beftimmungen des § 90 reichen niht aus, um das Verbot des Terminhandels in Getreide sicher zu stellen. Nicht unbedenklih ist, daß der Bundesrat gewisse Bestimmungen zu treffen hat. Auch diese Fafsung werden wir in der Kommission abändern müssen, der Bundekrat wird mindestens seine Entschließungen dem Reichstage mit- teilen müssen. Noch besser wäre es, wenn seine Ent- s{ließungen der Genehmigung des Reichstages unterstellt werden. Unlogisch ist es, daß man zwar das Verbot für die Getreidetermin- eshäfte aufrecht hält, aber für Bergwerk- und Fabrikanteile be- feitigt, Bei einem Bergwerk oder einer Fabrik ändern ih do die Dinge in vier Wcchen niht fo, wie bei landwirtschaftlichen Pro- dukten. Mit der Aujhebung des Verbots des Termingeschäfts in industriellen Werten ist der Weg der Gesetzgebung von 1896 in einem sehr wichtigen Punkte verlassen. Wir werden prüfen müssen in der Kom- mission, ob wir einen solhen Weg beschreiten können. Es beschuldigt sih hier die Börse selbst, daß fie durch das Zeitgeschäft zur Ver- teuerung des Geldes beigetragen hat. Hier muß ih die Börse egen sich selbst verteidigen. Hier ist die Börse volllommen un- {buldig. Dieser Vorwurf wird nur erhoben, um von dem Kassa- geschäft wieder zum Termingeshäft zu kommen. Es ift nur ein orwand. Die Krisis ist hervorgerufen durch Mangel an Gold in der Reichsbank, in der Bank von England und von Amerika. Die Geschäfte an der Börse werden großenteils nicht mit Gold voll. zogen, sondern viel aus Mitteln, die der Abg. Kaempf empfohlen hat. Wir haben au keinen zu großen Banktnotenumlauf. Mit dem alten Gerede, daß die hohen Ansprüche der Industrie den hohen Bank- diskont hervorgerufen baben, kann man uns beute niht mehr konmen. Die Erweiterung der Termingeschäfte wird an den Verhältnissen des Geldmarktes nichts ändern. Man mag dem Börsengesetz alles mögliche Böse nachsagen, daß es aber den Kurs der Staatipapiere beeinflußt hat, wird keiner behaupten, der die Bewegung der englishen Konsols verfolgt hat. Wenn die englischen Konsols einen Nückgang von 114 auf 82 er-

internationalen Staatspapiere mit fortgerissen werden? Wie

Bankdiskont haben? Gegen solhe Weltbegebenheiten wie die der

18dehnung des

eihstag dur das Gesetz. das erfolgreih gewesen ist, Ausdruck gegeben.

änder und wir uns gegenwärtig befinden, mit außerordentlicher Vor-

Mommsen (fr. Vgg.): Wir begrüßen es, Loh die ver-

| bekannt geworden ist. Wir haben aber den Eindruck, als ob tat- j [Ali au auf konservativer Seite die Meinung weit verbreitet

ei, daß das jeßige Gesey einer gründlihen Reform bedarf. Ich habe heute nit nötig, die Abstimmung meiner Freunde von 1896 p entshuldigen, denn die üblen Folgen haben meine Freunde damals don vorausgesagt. Vielleicht _i|st es nur noch s{limmer gekommen. Dr. Semler meinte, die Regelung der Frage des Ge- treideterminhandels sei wesentli eine agrarische. Man mag so agrarish denken wie man will, daß aber“die Regelung des Getreide- terminhandels auss{ließli4 Sache der Aagrarier ist, glauben diese selbst nit, denn als damals die Produktenbörsen geschlossen wurden, traten sie mit den Händlern zusammen, um Grundlagen zu finden, auf denen der Handel weiter betrieben werden könnte. Dr. Semler hat die Sache rein vom Standpunkt des Juristen dargestellt, der ih um wirtshaftlihe Dinge gar nicht zu kümmern brauht. Er hat gar

nicht Nücksicht darauf genommen, daß beim Hand r d armunag gebraht haben. Insofern begrüße ih die Konzentration in ! ia f C ies U Lee P

die Ware nicht direkt an den Konsumenten abgibt, sondern daß sche viele Zwifchenstadien nötig sind; ein möglicsi aus8gebildeter Pet ist ein durhaus notwendiges Instrument der Volfkswirt- daft, und für diesen brauchen wir den Terminhandel. Nach den Grklärungen des Abg. Arendt ift ja niht damit zu renen, daß das Verbot des Getreideterminhandels jeßt aufgehoben wird. Aber ih denke, in 30 Jahren wird man s\o weit ein. Feden- falls ist darüber gar kein Zweifel, daß das Verbot des Termin- * handels in Bergwerk- und Fabrikanteilen das Kassageshäft befördert und große Kapitalien in den Banken festgelegt hat. Man hat jeßt ziemlich abfällig von den kleinen Bankiers gesprochen. Ich möchte Sie doch wirklich bitten, sich daran zu erinnern, daß die kleineren, soliden Bankiers das Publikum viel besser beraten als die Angestellten großer Banken. Das Börsengesch hat gerade die soliden Bankiers ge[chädigt. Wenn der Entwurf si die Aufgabe stellt, an Stelle der früheren, unklaren Bestimmungen des Börsengeseßes klare zu feyen, fo kann ich das nur mit Freude begrüßen. Für den Barkier ist Klarheit und Sicherheit die Hauptsahe. Gegen die S cherheits\tellung läßt sih an sich nichts einwenden, über Einzelheiten läßt sich ja streiten. Dagegen gehen uns andere Bestimmungen teils niht weit genug, teils find fie uns bedenklih; dies gilt nameatlih bezüglich der Bestimmungen über bie Vollkaufleute. Man hat bezweifelt, ob der gegenwärtige Augerblick für eine Börsengesetreform geeignet set, und der Abg. Arendt hat auf die amerikanische Krisis hingewtesen. Ih meine, je \{neller wir die Reform machen, um so \chnellec be- seitigen wir wenigstens die Steinchen, die der Ueberwindung der Geldkrisis im Wege stehen. Wir betrachten eine möglist {nelle Durhberatung dieses Gesetzentwurfes für eine absolute Notwendigs- keit, nicht für die sogenannten Börsenfreunde, sondern für unser aue Wirtschaftsleben. Dies ist keine konservative oder liberale age, sondern etne Notwendigkeit, um mögli bald Ordnung zu afen.

[ch

Hierauf wird nah einer persönlichen Bemerkung des Abg. Bitter die Fortsezung der Beratung kurz nach 6 Uhr auf Freitag 1 Uhr vertagt; außerdem Rechnungsvorlagen und erste Lesung der Novelle’ zum Vogelschußgesetß.

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 6. Sißung vom 12. Dezember 1907, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegräphischem Bureau.) Auf der Tagesordnung steht zunächst die erste Beratung

des Entwurfs eines Polizeikostenges eßes.

…_ Nach der Vorlage sollen die Gemeinden, in denen die örtliche Polizeiverwaltung von einer Königlichen Behörde ge- führt wird, von den dem Staate daraus erwachsenden Kosten

2/5 (nah dem Geseg von 1892 etwa 1/;) übernehmen; für

die Stadt Berlin sollen jedoch von den Gesamt- kosten vorweg 4 Prozent als Kosten der landespolizeilihen An-

gerdeneen in Abzug gebraht werden. Zu den Gesamt-

osten werden auch 31/2 Proz. des Werts der Gebäude

und FJnventarien gerehnet, ferner zur Bestreitung der Pensionen und Reliktengelder ein Pauschbetrag von 17: Proz. der gesamten Pensionssumme für Polizeibeamte. Vom Geltungsbereih des Geseßes sollen ausgenommen sein die Gemeinden der rovinz Hannover, wo die Ortspolizeiverwaltung durch die Landräte geführt wird, die Gemeinden der Provinz Posen, die den Distriktskommissaren unterstehen, und die Gemeinden in der Umgebung von Potsdam, wo die Polizeiverwaltung Staatsbeamten übertragen ist. Fns- gesamt wird die Zahlung der Gemeinden an den Staat um etwa 4,8 Millionen sih erhöhen.

Minister des Jnnern von Moltke: Meine Herren! Es sei -mir gestattet, die Einbringung des

Polizeikostengeseßes mit einigen einführenden Worten zu begleiten. Dabei möchte ih voraus\hicken, daß mir nicht einen Moment darüber Zweifel bestehen, daß der Entwurf, der der erste is, den ih in meiner Eigenschaft als Minister des Junern an dieses hohe Haus bringe, bei einem großen Teil unserer großen und größten Städte keine will» kommene Aufnahme finden wird. (Sehr rihtig! Heiterkeit.) Das bedauere ich auch und hätte vor Jhnen, meine H:rren, viel lieber mit einem Gesehentwurf debütiert, der Jhnen allen Freude macht. Aber, meine Herren, wir haben das allgemeine Interesse wahrzunehmen. Wir sind verpslitet, da einzutreten, wo der Staat und die Gesan:t- ianteressen offenbar und offenkundig übervorteilt werden. Wir baben andererseits für die Parität einzutreten bei den auf öffentli - reht- lichem Gebiet liegenden Ansprüchen an die Gesamth-it unsérer städtishen Gemeinwesen, und deshalb sind wir troy alles Wohlwollens und alles Interesses, das wir der gedeihlihen Entwicklung au der hier betroffenen Städte entgegenbringen, gehalten, Ihnen diese Vors- lage zu machen.

Dieser Gegenstand, die Verteilung der Poltzeikoften in den

Städten mit staatlicher Polizeiverwaltung, hat dieses hohe Haus des öfteren und lange beschäftigt, zuleßt im Jahre 1892. Immer war die Betätigung des Abgeordnetenhauses auf diesem Gebiet zu bezeicknen als ein Suhen und Tasten nach einem gerechten Abkommen, nach einer gerechten Scheidelinie in den Verpflihtungen, welche zwischen Staat und Stadk obwalten.

Die Wirkung dieses Gesetzes ist ja scheinbar eine den betroffenen

Städten ungünstige, aber sie rechtfertigt si aus den inneren Grünten und aus der Notwendigkeit, die Gesamtheit der Jateressen in den Vordergrund zu stellen.

D E An E A E E y En

C R P L T T E vis E E

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