1887 / 186 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 11 Aug 1887 18:00:01 GMT) scan diff

Württemberg. Stuttgart, 11. August. W. T. B.) Der „Staats-Anzeiger für Württemberg“ meldet: der König habe in Friedrichshafen während der leßten zwei Monate zur Bekämpfung von neuralgishen Schmerzen und einer Schwäche in der Bewegung des linken Beins die Knetkur des Dr. Röchling gebraucht. Der Erfolg sei ein günjtiger: die Shmerzen hätten abgenommen und die Bewegung des Beins habe sich gebessert.

Schweiz. Bern, 10. August. Das eidgenössische Handelsdepartement wird, dem „Bun zufolge, dem- nächst mit den Vorarbeiten für die Einführung der allgemeinen Unfallversiherung der Arbeiter. be- ginnen. Zu diesem Zweck ist bereits eine Kommission bestellt worden, bestehend aus den Herren Dr. Kummer, Direk- tor des ceidgenössishen Versiherungsamts, Dr. Milliet, Direktor des eidgenössischen statistishen Bureaus, Arbeiter- Sekretär Greulich (Zürich), Dr. Guillaume, Strafhaus-Direktor (Neuenburg), Professor Dr. Kinkelin (Basel), Näf, Chef des aargauischen statiftishen Bureaus (Aarau), und _Fabrik- inspektor Dr. Schuler (Mollis). Dieje Kommission ist, wie man vernimmt , beauftragt, eine Statistik der Unfälle in den verschiedenen Berufsarten in der Schweiz aufzunehmen, um damit die ersten Grundlagen zu gewinnen für das weitere Vorgehen in dieser wichtigen Frage. Die Kommi)sion wird si noch in diesem Herbst (in der ersten Hälfte des Oktober) versammeln, um über die ihr gewordene Aufgabe und deren Durchführung Berathung zu pflegen.

Großbritannien und Jrland. London, 11. August. (W. T. n In einer Rede, welhe Lord Salisbury gestern Abend bei einem Banket im Mansionhou}e hielt, betonte derselbe die Pflicht der Regierung, die ihr vom Volk gewordene Aufgabe zu erfüllen, nämlich die Einheit des Reichs aufreht zu erhalten. Die Regierung müsse die ihr vom Parlament be- willigten Vollmachten zur Aufrechterhaltung der Ord: nung in Jrland in der ihr geeignet erscheinenden Weise anwenden. Was das Arrangement in Betre]] der afghanishen Frage angehe, fo _jet dasselbe ein durhaus billiges; es sei dabei feinerlei Opfer weder dur Rußland, noch durch England gebracht worden. Es sei Raum genug in Asien für die beiden Staaten. Die ge- troffene Verständigung beweise, daß Beide den Frieden wünschten. Was die egyptishe Konvention anlange, 10 habe die Türkei troy vieler ihr gemachter Vorschläge es ab- elehnt, die Konvention zu ratifiziren. Die Pflicht der eng- ishen Regierung sei es, jederzeit Egypten vor inneren und äußeren Gefahren zu beshüßen; man müssg daher noch einige eit daselbst verbleiben. Die Gefahren für den Frieden e seien jeßt völlig vershwunden; er, Salisbury, erwarte die Erhaltung eines tiefen Friedens. -

Edinburg, 10. August. (W. T. B.) Se. Kai]}er- lie und Königliche Hoheit der Kronprinz traf heute früh hier ein und besuchte am Nachmittag das antiquarische Museum, das Schloß und die Nationalagalerie.

Frankreich. Paris, 9. August. (Fr. C.) Der Kaiser von Anam hat einen Brief an den Präsidenten Grévy gerichtet, worin er seine Bes chwerden über die fran- zösische Protettorats-Handhabung aufzählt. Es wird darin u. A. verlangt, daß der General-Resident in Hué residire oder wenigstens der Ober-Resident für Annam alle die nöthigen Vollmachten erhalte, um die vertragsgemapße Aus- übung des Protektorats zu sichern. Der Kaijer beklagt die Einmischung der französischen Beamten in alle Verwaltungszweige Tongkings, die Wegnahme der Zölle und meisten indirekten Steuern, die Mißachtung der Tempel dur die französishen Truppen u. ). w. Andererseits hat der Monarch dem Ober-Residenten in Hué das Recht zuerkannt, den Sitzungen des Geheimen Raths anzuwohnen, und ihn gleich: zeitig mit den Funktionen eines Raths im Finanz- und Kriegs- Ministerium bekleidet. e i:

Die indirekten Steuern haben in den erten 7Monaten des Jahres einen Ertrag geliefert, der denjenigen des Vorjahres um 9576 700 Fr. überschreitet, aber immer noch um 30 445 202 Fr. gegenüber den zu hoh gegriffenen Voranschlägen des diesjährigen Etats zurükbleibt. Die Haupt- ursache dieses Ae ist der Zucer, der allein im Juli d. J. 6 225 000 Fr. weniger abwarf, als im Budget- voranshlage in Aussicht genommen war.

Serbien. Orsowa, 10. August. (W. T. V.) Der Minister des Auswärtigen, Natschewit\ch, und die zur Hof- altung des Prinzen Ferdinand von Coburg ge- E Personen sind Nachts hier angekommen, um die An- kunft des Prinzen hier abzuwarten. Von hier wird sih der Prinz zu Schiff nah Rustschuk begeben. :

10. August, Abends. (W. T. B.) Prinz Fer- dinand von Coburg ist heute Abend 11 Uhr hier ein- getroffen und wird im Laufe der Naht nah Bulgarien weiter: reisen.

11. August. (W. T. B.) Der Prinz Ferdinand von Coburg wurde bei seiner Ankunft auf Leh hiesigen Bahnhof von dem Minister Natschewitsch empfangen und begab sich mit mehreren Personen seines Ge- folaes alsbald nah einem für ihn bereit gehal- tenen Absteigequartier, wo er mehrere Stunden ver- weilte. Heute früh 5 Uhr seßte der Prinz auf einem kleinen SÚif seine Reise nah einem in der Nähe des rumäni- hen Gebiets vor Anker liegenden, gemietheten Dampfer fort, welher im Laufe des heutigen Tages mit der der bul- garishen Regierung gehörigen Yacht, auf welcher sih

die Regenten und Minister befinden, zusammentreffen soll.

Bulgarien. Sofia, 10. Augusi. (W. T. B.) Die Regenten sind gestern Abend in Lompalanka eingetroffen und beabsichtigten, heute mit den in ihrer Begleitung befind- lihen Ministern nah Orsowa weiter zu reisen, um dort den Prinzen Ferdinand von Coburg bei seiner Ankunst zu begrüßen.

Rußland und Polen. Sit. Petersburg, 11. August. (W. T. B.) Das „Journal de St. Pétersbourg“ sagt anläßlih der Reise des Prinzen Ferdinand von Coburg nah Bulgarien: Wir haben dikse Reise bereits als Abenteuer bezeichnet, als davon zum ersten Male die Rede war, und wir können diese Bezeihnung nur wiederholen. Der Prinz definirte, als er die bulgarishe Deputation empfing, die vorgängigen unerläßlihen Bedingungen, unter denen allein

fommen, daß es müßig wäre, dieselben hier zu wieder- holen. Man kann nur erstaunen und in erster Linie für den Prinzen selbst bedauern , daß er dieselben so \{nell vergessen hat. Sicherlih kann sich unseres Er- achtens Rußland durch dieses Vergessen aller Bedin- gungen der Geseglichkeit sowie aller Rücksichten nicht veranlaßt fühlen, seine Anschauungen über eine Wahl Ui ändern, die eine Versammlung vollzogen hat, deren Geseßlich- keit Rußland stets bestritten hat. Was die anderen Großmächte und die hohe Pforte angeht, so liegen die Ungeseßlichkeit und die Unzukömmlitßkeit der Entschließung des Prinzen gegenüber diesen so offen zu Tage, daß keine diefer Regierungen dieselbe wird billigen können. Es scheint uns daher, daß die Reise, welche der Prinz soeben angetreten hat, einen bedauerlichen Zwischenfall bildet, welcher allen denjenigen anzureihen ist, an denen die neuere Geschichte des Fürstenthums Bulgarien bereits so reich ist. Derselbe oietet von keinem Gesichtspunkte aus eine Lösung, und man muß bis auf Weiteres die Ent- widelung der Ereignisse in diesem 10 sehr geprüften Lande abwarten. : s : Auh die anderen hiesigen Blätter bezeichnen die Reise des Prinzen von Coburg nah Bulgarien als ein Aben- teuer, das demselben nur UÜnannehmlichkeiten und Enttäu- schungen bereiten werde. a i : Der Botschafter Nelidoff ist aus Konstantinopel hier eingetroffen. Der hiesige französische Botschafter Laboulaye ist mit seiner Familie über Helsingfors nach Stockholm gereist und wird d von da aus später nah Kopen- hagen und Frankrei begeben.

Zeitungsstimmen.

In der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ lesen wir: E

Der Handelskammer zu Solingen gercidt es zur besonderen Freude, in ihrem Jahresbericht für 1886 die in den leßten Jahren stereotvv gewordenen Klagen verstummen zu laffen und konstatiren zu fönnen, daß Industrie wie Handel des Bezirks sich während der Be- rihtsperiode etwas gehoben haben, wenngleich man auch nit ver- fennen dürfe, daß noch manche Fabrikationszweige alle Ursache zur Unzufriedenheit haben. íInsonderbeit habe das Erportgeshäft im ver- gangenen Jahre an Ausdehnung wieder zugenommen ; bei den englischer- und französisHerseits gemahten außerordentlichen Anstrengungen und bei dem Wettbewerb der inländischen Erzeuger hätten die Verkaufspret]e aber leider nit die gewünschte Höhe erreihen können und der erzielte Unternebmergewinn sei nur in vereiuzelten Fällen zu dem angelegten Kapital und der aufgewendeten Mühe und Arbeitékraft im richtigen Verhältniß. Wie sich aus den Spezialberihten ergiebt, war die Natbhfrage nah Waffen gering, in Tischmessern und _ Gabeln der Geschäftsgang normal, in Tashen- und Federmessern der Absaß nah den Vereinigten Staaten und den meisten auswärtigen Konsumtionsländern größer, aber die einheimishe Konkurrenz drückte die Preise; in Scheeren übertrifft das Solinger Fabrikat in Bezug quf Qualität und Preise die Fabrikate aller Länder der Welt. Wenn aud die englischen Fabrikanten Alles aufbieten, um die Solinger Er- zeugnisse aus ihrem eigenen Lande fernzubalten und dies dur sehr ermäßigte Preise und durch den Appell an den Patriotismus der Händler zu erreichen fuen, 1/0 baben sie bis jeßt doch nur wenig Erfolg damit gehabt.

Die „Danziger Allgemeine Zeitung“ schreibt :

In dem bekanntli strikt, freihändlerisch gehaltenen volkêwirth- \chaftlihen Theile des „Leipziger Tageblatt“ lese wir, Mar- garine betreffend: : 2 / L

Wir baben vor Kurzem das deutsche Kunstbutter-Gefeß an diefer Stelle veröffentliht und bei Gelegenheit darauf bingewiesen, daß diesem Geseze eine jeden Mißbrauch vorbeugende Bedeutung inne- wohne. Jedenfalls dürfen bei uns nit Verbältnifse dur die Kunst- butter-Fadrikation geschafen werden, deren Nachtheile au für den Konsumentan evident sind. Ein lehrreihes Beispiel bictet Holland în dieser Beziehung. Die Gesammt-Erzeugung von Naturbutter beträgt jährlih 45000000 kg. Hiervon abgezogen diejenige Butter, welche im Lande selbst verzehrt wird, so verbleibt eine für die Ausfuhr ver- fügbare Menge Kuhbutter von rund 30000000 ks. Gleichwohl geben die Auéfuhrmengen dessen, was man Butter nennt, bis über das Dovpelte dieser 30000000 kg hinaus, weil unter dem Namen Butter auch all’ das Fett wieder in das Ausland geht, welches zur Butterfabrikation erst in Holland eingeführt wird. Die BVer- wirrung, welche dadur in dem altberühmten niederländischen Ausfuhr- artifel cingetreten ist, hat, fo beri&ten die Facbblätter, den Ruf der niederländischen Butter auf dem Weltmarkt gänzlich vernichtet, die Preise überall geworfen, Dänemark und theilweise auch Deutschland die Gelegenheit gegeben, in die Stelle der Niederlande einzutreten, und damit den gesammten ntederländischen Molkerei-Intereffen, welche einen Werth von über 100 Millionen Gulden für das Jahr dar- stellen, einen \{chweren Slag verseßt. Man regt fich von allen Seiten, um Ordnung in diese Verbältnisie zu bringen.“ : :

Die Gewalt der Thatsachen in der Praxis erscheint hier wieder einmal stärker gewesen zu sein als die den freibändlcrishen Theorien innewohnende Krast.

Ueber den Aufschwung des deutschen Speiseöl-Gewerbes wird der „Kölnischen Zeitung“ geschrieben: :

Mit Ausnahme der kleinen Hervorbringung an deutschem Moknöl bezog Deutschland bis vor etwa 10 Jahren den größten Theil seines Bedarfs an Salatsl von Frankrei, wo si, begünitigt durch die Seeschiff- fahrt, namentlih in Marseille, ein gewaltiges Oelgewerbe entwickelte. Wenn es gegenüber diesen natürlichen Vortheilen und dem altbegründeten Ruf der französisck@en Oelfabriken gelungen ist, eine deutsche Erzeugung von Speiseölen zu hafen, so war dies nur dadurch möglich, daß die Herstellung von deutschen Firmen aufgenommen wurde, die bereits âls Oelbändler sh seit Jahrzehnten das Vertrauen der betreffenden Kundschaft erworben hatten, welhen weiterhin in der neuen Zoll- und Kolonialpolitik des Deutschen Reichs cine mächtige Anregung und Unterstützung gegeben wurde. Die deutshe Speiseöl-Industrie hat beute die französis@e durch Verwendung besserer Maschinen bereits überflügelt und gleiht hierdurch die etwas ungünstige Lage für den Bezug der überseeishen Oelsaaten aus. Nicht nur der deutshe Markt ist dem heimischen Erzeugni fast aus\chließlich ge- wonnen, sondern daéselbe tritt mit Erfolg gegen Frankrei in Holland, der Schweiz und Oesterrei in Wettbewerb. Die be- treffenden, in Deutschland neu eingerichteten Fabriken verarbeiten jährli etwa cine Million Centner Oelfaaten, beschäftigen eine große Menge Arbeiter und Handwerker und fübren der deutschen Landwirth- saft jährlih mehrere Hunderttausend Centner Oelkuchen als billiges Viehfutter zu.

Statistische Nachrichten.

Ueber die Ein- und Ausfuhr der wichtigeren Waaren- artikel im deutschen Zollgebiet enthält das soeben heraus- gegebene Junibeft zur Statistik des Deutschen Reichs den Nahweis für den Monat Juni, fowie für die Zeit vom 1. Januar bis Ende Juni, also das erste Halbjahr 1887. Eine Vergleichung mit dem entsprechbenden Zeitraum des Vorjahrs ergiebt, daß der auêwärtige Waarenverkehr des deutschen Zollgebiets im Allgemeinen an Umfang zugenommen hat. Die Einfuhr ist bei

seiner Erwählung stattgegeben werden könne, so voll-

fast allen Getreidearten, wenn auch nit beträchtlich, gestiegen, so bei

Weizen von 1155 992 Doppel-Centnern im 1. Halbjahr 1886 auf 1451 958 D.-Ctr. im 1. Halbjahr 1887, Roggen von 2 083 649 D.-Ctr. auf 2 212 361 D.-Ctr. und Hafer von 8378 304 D.-Ctr. auf 451 185 D.-Ctr., nur die Einfuhr von Gerste und von Mais nebft syrishem Dari zurückgegangen (von 1 442957 D.-Ctr. auf 1 348 358 D.-Ctr. bezw. von 921 323 D.-Ctr. auf 758453 D.-Ctr.). Vom Vieh weisen eine Steigerung der Einfuhr auf Kühe (von 26 733 auf 38 447 Stü), Jungvieh (von 14586 auf 18 624 Stü) und Stiere (von 212 auf 1098 StüX); im Uebrigen ist die Einfubr zurück- gegangen, namentlich bei den S(weinen (von 252 687 auf 186 518 Stück), Spanferkeln (von 128 346 auf 84 624 Stück) und Pferden (von 38 329 auf 34 340 Stü). Eine Steigerung der Ein- fuhr, und zwar zum Theil eine recht bedeutende, zeigt ih ferner bei sämmtlichen wichtigeren Kolonialwaaren und anderen Verzehrungs8gegenständen, bei rohem Kaffee von 587109 auf 591 798 D. - Ctr., unbearbeiteten Tabakblättern von 172715 auf 194567 D.-Ctr., Arrak, Cognak und Rum (im Zusammenhang mit der Aenderung der Branntweinsteuergesetgebung) don 26 032 auf 60 869 D.-Ctr., Wein in Fässern von 288 277 auf 308 751 D.-Ctr. und Reis von 367 507 auf 425913 D.-Ctr., ferner bei Thee, Kakao, Südfrüchten, Gewürzen, Heringen u. 1. w. Nur die Einfuhr von Zucker, von Kochsalz und von Butter ist zurückgegangen. Recht beträhtlich gestiegen ist die Einfuhr rober Spinnstoffe, nämli der rohen Baumwolle von 999 301 auf 1 200401 D.-Ctr., des Flachses von 2% 002 auf 347408 D.-Ctr., des Hanfs von 156 779 auf 272967 D.-Ctr., der Jute von 237 892 auf 265 984 D.-Ctr. und der Schafwolle von 605 919 auf 625 741 D.-Ctr. Auch die anderen Rohmaterialien weisen fa#t durchweg cine Steigerung der Einfuhr auf, so namentli Bau- und Nutholz (unbearbeitetes von 4 343 128 auf 5 101546 D.-Ctr.) und Petroleum (von 1601 399 auf 2 103 654 D.-Ctr.). Eine nennenswerthe Ausnahme von dieser Regel bilden nur Robeisen (Einfuhr von 702459 D.-Ctr. im I. Halbjahr 1886 zurückgegangen auf 644 048 D.-Ctr.) und grüne Rindsbäute (von 131 723 auf 96 759 D.-Ctr.). Betreffs der A us- fubr liegt ein bemerkenswerther Rückgang vor bei den Kartoffeln (von 832536 D.-Ctr. auf 632272 D.-Ctr.), beim Spiritus (von 366 104 auf 184822 D.-Ctr.), beim Wein in Fäffern (von 132470 auf 56499 D.-Ctr.) und beim Vieh; im Uebrigen ist dieselbe fast durchweg, und zum Theil recht beträcht- li gestiegen. Namentlich zeigt s\ch{ eine Steigerung der Ausfuhr bei den Produkten der Eisenindustrie (z. B. bet den Eisen- babnshienen von 758027 auf 796 391 D.-Ctr., dem \{chmiedbaren Eisen in Stäben vou 750 303 auf 999876 D.-Ctr., den \{chmiede- cisernen Platten und Blecen von 203 887 auf 246 966 D.-Ctr. und dem Cisen- und Stahldraht von 1213391 auf 1 305241 D.-Ctr.), der Textilindustrie (bei dihten gefärbten Baumwollwaaren von 59213 auf 67951 D.-Ctr, baumwollenen Strumpf- waaren von 42078 auf 46301 D.-Ctr., halbseidenen Zeugen von 20606 auf 23935 D.-Ctr., wollenen Tuchwaaren von 89 908 auf 92 335 D.-Ctr. und Kleidern nebst Pußwaaren von 22038 auf 24470 D.-Ctr.), der Leder-, Glas- und Porzellanindustrie, ferner beim Zuder (von 2298420 auf 3310121 D.-Ctr.), dem Vier (von 612 894 auf 840 790 D. - Ctr.), dem Getreidemebl (von 551 819 auf 582 977 D.-Ctr.) und der Stärke (von 192 617 auf 240 213 D.-Ctr.) : E E Unter Zugrundelegung der in der „Zeitschrift des Königlich Preußischen Statistisben Bureaus“ mitgetheilten tabellaris{en Ueber- ict über die Gebürtigfkeit der Bevölkerung gehören von der Ge- sammtbevölkerung des preußischen Staats der Geburt nach mehr bezw. weniger Perjonen, als die durch die leßte Volkszählung ermittelte ortsanwesende Be- völkerung der bezüglihen Provinz beträgt, an: Ost- preußen + 127 908 (— 70898 männl. und + 57 010 weibl.), West- preußen 34 334 (+ 13 582 männl. und —+ 20 752 weibl.), Berlin 660 765 (— 316 137 männl. und 344 628 weibl.), Brandenburg 4 64054 (+ 13462 männl. und + 50592 weibl.), Pommern —— 86 889 (+ 36 411 männl. und + 50478 weibl.), Posen + 91611 52428 männl. und + 39 183 weibl.), Swletien + 101 989 73947 männl. und + 28042 weibl.), Sachsen 64 094 35 139 männl. und 28955 weibl.), Shleswig - Holstein 20 894 (— 71 384 männl. und 49519 weibl.), Hannover S971 (— 70221 männl. und 48050 weibl.), Westfalen 793 (— 58 775 männl. und —23018 weibl), Hessen 68 495 (— 24431 männl. und 44064 weibl.), Rheinland 231 537 (— 128894 männl. und 102643 weibl) und Hoben- llen 5901 226 mann m a Die vorstehende Zusammenstellung veranfchauliht im Großen und Ganzen die Bewegung der Bevölkerung innerhalb des preußischen Staatsgebiets. Der Uebershuß an Arbeitskraft in den östlihen Pro- vinzen: Ostpreußen, Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Posen und S&lesien findet seine Verwerthung in den westlihen und Berlin. Bemerkenêwerth ist es, daß mehr weiblie Personen aus Branden- burg und Pommern aus- und in Berlin, Hessen-Nassau und Hoben- zollern einwandern als männli§e, während bezüglich der anderen Pro- vinzen das Umgekehrte Plaß greift.

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Kunft, Wissenschaft und Literatur.

Strafgeseßbuch für das Deutsche Rei. Nebst cinem Anhang, enthaltend Reichs-Straf-Nebengeseße, sowie Vor- schriften über Zuständigkeit. Terxtauëgabe mit Anmerkungen und Sadtregister zum prafktischen Gebrauh von Dr. Justus Ols- hausen, Kammergerihts-Ratb. Dritte vermehrte Auflage. Berlin 1887, Verlag von Franz Vahlen, Mohrenstraße 13/14. Daß der Herausgeber mit dieser Ausgabe des Reichs - Strafgefeß- bus einem wirklihen Bedürfniß entgegengekommen ist, erhellt daraus, daß zwischen der ersten Auflage und der vorliegenden dritten ein Zeitraum von nur 34 Jahren liegt. Nachdem in der vor drei Jahren erschienenen zweiten Auflage dem ursprünglichen Inhalt der Tertausgabe das sogenannte Dvynamitgeseß vom 9, Juli 1884 hinzugefügt worden war, ist jeßt auch die dieses Gesey vetreffende Bekannt- machung des Bundesratbs, vom 13. März 1855, im Anbang zum Ab- druck gelangt. Beim Nahrungsmittelgese bat die dazu erlassene No- velle Aufnahme gefunden; auch ist diesem Gese mit Rüdcsicht auf die innere Verwandtschaft das Gese, betreffend die Verwendung ge- sundheitsgefährlicher Farben 2c., vom 9. Juli d. I., angeschlossen worden. Die Aufnahme dieser letzteren Gesetze bedingte andererseits die Streichung der in den früheren Auflagen abgedruckten Bestimmungen aus der St.-P.-D. i

Neunundsechzig Jabre am vreußischen Hofe. Aus den Erinnerungen der Ober - Hofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voß. Leipzig, Verlag von Duner und Humblot. 1887. Von der fünften Auflage dieser hocinteressanten, unter dem unmittelbaren Eindruck des Selbsterlebten entstandenen Grinnerungs®- blätter, in denen sih nicht nur ein ereignißreihes Menschenleben vor dem geistigen Auge des Lesers darstellt, sondern sich au cin be- deutendes Stück aus der Geschichte des Hobenzollernhauses und des deutshen Volkes zwar aphoristisch, aber aufs Ungeshminkteste wider- spiegelt, sind soeben die dritte und vierte Lieferung (im Ganzen 6 Lieferungen zu je 1 F) erschienen. Die ersten Aufzeihnungen datiren aus der Zeit vom 15. Juli 1796 bis 3. August 1798, in welche u. A. die ESeburt des Prinzen Wilhelm, Sr. Majestät des jeßt regierenden Kaisers und Königs, dèr Tod Fricdrih Wilhelm's 1I., die Thronbesteigung Friedrich Wil- belm's III. und die Huldigungsreisen in den Provinzen fallen, während die zweite Lieferung Erinnerungen an die_ erste Zusammenkunft des Königspaares mit dem Kaiser Alexander I. von Rußland im Iahre 1802 in Memel und aus den Jahren 1806 und 1807 bis zum 27. Auguïît enthält. ; A2

Das soeben ausgegebene 8. Heft 33. Bandes, 1887, von „Dr. A. Petermann’s Mittheilungen aus Justus Perthes Geographischer Anstalt“, herausgegeben von Professor Dr. A. Supan (Gotha, Justus Perthes), hat folgenden Inhalt: Vor- läufiger Bericht über die Erpedition nas Transkaspien und Nord-

Choraffan im Jahre 1886. Von Dr. G. Radde. I. Einleitung.

I1. Geologischer Ueberblick Transkaspiens. Von A. M. Konschin. 1) Der Mineralreihtbum Transkaspiens. 2) Geologis-orographi- \cher Ueberblick der Gebirge und der Kulturzone Transkaspiens. 3) Die Wüsten Transkaspiens und das alte Bett des Amu-darja. Volumetrishe Berehnung von Gebirgen mittels des Prismatoids. Von Dk. Paul Elfert in Berlin. Zur Statistik Griehenlands, Von Dr. Bernhard Ornstein in Athen. Der Kina-balu-See in Borneo. Von Dr. Th. Posewiß. Eingesendet: Von Dr. Gürich. Geographiscer Monatsberiht. Literaturverzeihniß. Beilage: Literaturberiht. Karten unter Redaktion von B. Hassenstein: Tafel 12. Karte der Transkaspishen Gebiete und von Nord- Chorafsan. Hauptsählich nach General I. Stebnizki’s Karte von Transkaspien (1885) mit Nachträgen und den Routen der Fors{chungs- Expeditionen unter Dr. G. Radde, Dr. Walter und A. M. Konschin, 1881 bis 1886. Maßstab 1 : 2 000 000. Nebenkarte : Oase Merw. Maßstab 1 : 1 000 000.

Land- und Forftwirthschaft.

Die „StatistisWwen Mittheilungen über das Groß- herzogthum Baden“ bringen in der Nr. 2 V. Bandes (Iahrgang 1887) eine Zusammenstellung der Ernteergebnisse des Jahres 1886. Derselben liegen die Ernteberihte der Großherzoglichen Bezirks- ämter mit ibrer neunstufigen Einschäßung zu Grunde. Der Gesammt- ausfall war dana folgender: Sehr gut (1—1,5): —; gut (1,6—2,5): Klee, Luzerne, Esparsette, Runkelrüben, Stoppelrüben, Hopfen, Oehmd (Futterernte, Futterbackfrüchte); ziemliG gut (2,6—3,5): Gerste, Hafer, Mischfruht, Hanf, Zuckerrüben, Heu (Getreide, Ge- sammternte, Strob); wenig über Durchschnitt (3,66—4,5): Weizen, Spelz, Roggen, Flachs, Taback, Cichorien, Kraut, Wein nah Güte (Handels- gewächse); Durchschnitt (4,6—5,5): Kartoffeln, Mohn; wenig unter Dur{schnitt (5,6—6,5): Wein, Obft ; ziemlih s{lecht (6,6—7,9): —; {let (7,6—8,5); Raps, Wein nach Menge; sehr {let (8,6—9): —. Die meisten Fruchtarten erscheinen biernach in der zweiten, dritten und vierten Stufe des Erntewerths oder der Ausfallsgüte ; die Gesammt- ernte stebt also auf der dritten Stufe, d. b. sie ist als ziemli gut zu bezeihnen. Die Kartoffelernte hat im Gegensaß zu den drei Vor- jahren, in welchen sie zu den besten der beiden leßten Jahrzehnte zählte, im Jahre 1886 nur den Durchschnitt erreiht. Die Qualität des Weins dagegen hat den Durchschnitt früherer Jahre übertroffen ; jedo war das quantitative Erträgniß, namentli in Folge der zur Zeit der Traubenblütbe herrs{enden, böcft ungünstigen regnerisben Witterung, ein \chlechtes; die Weinernte des Iahres 1886 steht daher nur auf der 6. Stufe des Erntewerths, auf welcher au die Obsternte ers{eint. Die näheren Werthziffern der hauptsätlihen Kultur- und Ertrags- arten (ausgedrückt in 9 Stufenziffern mit Dezimalbruch) sind îim Vergleih mit denen für die Durchschnittserträge der 22jährigen Beobachtungs- Periode 1865/1886 und des leßten Vorjahrs 1885 die folgenden:

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für 1886 für 1 Getreide (Körner und Stroh). Sloh E Kartoffeln . E gutterhadckfrüchte : Handelsgewähse. . . . Wein (Menge und Güte) . D D Sa S : Ein Verglei mit den einzelnen früheren Iahreserträgen ergiebt, daß in den 22 Beobactungsjabren die Gefammternte nur dreimal besser ausgefallen ist; die Futterernte ift nur in einem Jaßre der Beobachtungsperiode besser und in zwei Jahren gleich gut aus- gefallen ; ebenso war der Ertrag der Futterhackfrühte nur in einem Sahre besser. Bezüglih des Getreides nimmt die Ernte von 1386 unter den 22 beobachteten Ernten den 6., bezügli der Handels- gewähse den 11. Play ein; dagegen ist die Obst- ernte innerhalb des bezeihneten Zeitraums nur 8 Mal, die Karteffelernte nur 7 Mal \ch{le@ter gerathen als im JIakre 1886. Den Landesgegenden nah hatte die verbältnißmäßig beste Gesammt- ernte die Odenwald-, Neckar- und Taubergegendz; ihr zunächst kommt die See- und Donaugegend; am Ungünstigsten, aber immer noch den Dur({schnitt übersteigend, war das Ernteergebniß im hoben Schwarz- walde und seinen Thâlern. Die See- und Donaugegend, die untere Nheinebene nebst dem begleitenden Hügellande und die Odenwalds-, Necktar- und Taubergegend hatten eine bessere, der hohe Schwarzwald und die S{warzwaldthäler, sowie die obere Rhbeinebene und die ge- birgigen Theile derselben cine \chlechtere Gesammternte als im Jahre 1885, Die Reben hatten, wie im Jahre vorber, das relativ beste Erträgniß in der oberen Rheinthalebene und dem sfeitlihen Gebirge, aber au bier wurde der Durcbsch{nitt früherer Jahre nicht erreicht. Die Getreidepreise stellten ich im Landesdurbschnitt nach den Angaben von 15 Fruchtmarktorten für das Kalenderjahr 1886 pro 100 kg folgendcrmaßen: Weizen 18,32 #Æ, Kernen 18,16 M, Roggen 14,30 4, Gerste 13,62 #4, Hafer 13,10 # Für sonstige Lebensmittel 2. ergaben sich im Landesdur(fchnitt nah den Angaben aus 25 Städten die natstebenden Preise; Kartoffeln (100 kg) 4,42 A, Weizenmehl Nr. 1 (F kg) 0,20 Æ, Roggenmehl Nr. 1 (+ kg) 0,15 #4, Brod, ganabarste Sorte {F kg) 0,125 MÆ, Ocbsenfleish (4 kg) 0,66 , Rindfleish (F kg) 0,58 M, Kubfleish (4 kg) 0,55 , Kalbfleisch (F kg) 0,59 (, Hammelfleisch (3 kg) 0,66 # Schweinefleish (2 kg) 0,60 #Æ, Butter (F kg) 0,98 K, Eier (10 StüdF) 0,62 M, MRapsöl (1/1) 0,82 4, Erdöl (1 1) 0,25 4, Strob (100 kg) 5,68 M, Wiesenbeu (100 kg) 7,00 M, Buchenholz (4 Ster) 39,00 , Fichten- und Tannenholz (4 Ster) 27,00 MÆ, Rubr-Grubenkohlen (100 kg) 1,92 4, Saar-Grubenkohlen (100 kg) 1,76

Washington, 10. August. (W. T. B.) Der Bericht des Landwirthschaftlihen Bureaus für Juli konstatirt einen Durcbscchnittsstand für Mais von 80,7, fowie ein weiteres Sinken in Folge der Dürre; einen Dur&schnittsftand für Frühiahrsweizen von 78,8, für Hafer von 85,6, für Gerste von 86,2. Der Stand der Baumwolle ist für die Jahreszeit ein sehr guter und wird während der letzten 10 Jahre nur zweimal, 1882 und 1885, übertroffen. Der Durc!chnittsftand wird auf 93,3 angegeben.

Gewerbe und Handel.

Der Minister der öffentlichen Arbeiten hat mittelst Verfügung vom 28. Juli d. J. den Provinzialbehörden die nachstehenden neuen Normen für einhbeitlive Lieferung und Prüfung von Portland-Cement mitgetheilt, welhe an die Stelle der im Iahre

878 veröffentlichten und bisber in Geltung gewesenen Normen treten. S Normen für einheitliche Lieferung und Prüfung von Portland- i, Cement. Begriffserklärung von Portland-Cement.

Portland-Cement ist ein Produkt, entstanden durch Brennen einer innigen Mischung von falk- und thonhaltigen Materialien als wesent- lihsten Bestandtheilen bis zur Sinterung und darauf folgender Zer- kleinerung bis zur Meklfeinheit.

I. Verpackung und Gewicht.

In der Regel foll Portland-Cement in Normalfäffern von 180 kg brutto und ca. 170 kg netto und in halben Normalfäffern von 90 kg brutto und ca. 83 kg netto verpackt werden. Das Brutto-Gewicht soll auf den Fässern verzeichnet fein.

Wird der Cement in Fässern von anderem Gewicht oder in Säcken verlargt, so muß das Brutto-Gewi{t auf diesen Ver- packungen ebenfalls dur deutlihe Aufschrift kenntlich gemacht werden.

Streuverlust, sowie etwaige Schwankungen im Einzelgewiht können bis zu 29% nit beanstandet werden.

s Die Fäffer und Sâcke sollen außer der Gewichtsangabe au die irma oder die Fabrikmarke der betreffenden Fabrik mit deutlicher rift tragen.

für 1885

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Z _ Begründung zu T. S Im Interesse der Käufer und des sicheren Geschäfts ist die Durh-

* besonderen Eigenschaften des

weitaus gebräuchlihste und im Weltverkehr fast aus\{ließlich geltende

Gewicht von 180 kg brutto = 400 Pfo. englisch gewählt worden.

L II. Bindezeit.

Je nat der Art der Verwendung kann Portland-Cement langsam oder rasch bindend verlangt werden. :

_Als langsam bindend sind folche Cemente zu bezerchnen, welche erst in zwei Stunden oder in längerer Zeit abbinden.

; Erläuterungen zu Il.

Um die Bindezeit eines Cements zu ermitteln, rühre man den reinen langsam bindenden Cement 3 Minuten, den rasch bindenden 1 Minute lang mit Wasser zu einem steifen Brei an und bilde auf einer Glas- platte durch nur einmaliges Aufgeben einen etwa 1,5 ecm dicken na den Rändern bin dünn auslaufenden Kuchen. Die zur Herstellung dieses Kuchens erforderliche Dickflüssigkeit des Cementsbreies soll so beshafen fein, daß der mit einem Spatel auf die Glasplatte gebrachte Bret erst durch mehrmaliges Aufstoßen der Glaëplatte nach den Rändern hin ausläuft, woju in den meisten Fällen 27—30 %% Anmachhwasser ge- nügen. Sobald der Kuben fo weit erstarrt ift, daß derselbe einem leihten Druck mit dem Fingernagel widersteht, ist der Cement als abgebunden zu betraten.

Für genaue Ermittelung der Bindezeit und zur Feststellung des Beginns des Abbindens, welche (da der Cement vor dem Beginn des Abbindens verarbeitet fein muß) bei rashbindenden Cementen von Wichtigkeit ist, bedient man sih einer Normalnadel von 399 g Gewicht, welche einen cylindrishen Querschnitt von 1 qmm Fläche bat und senkrecht zur Achse abgeschnitten ist. Man füllt einen auf eine Glasplatte gesezten Metallring von 4 em Höbe und 8 cm li6tem Durdbmefser mit dem Cementbrei von der oben angegebenen Diflüssigkeit und bringt denselben unter die Nadel. Der Zeitpunkt, in welchem die Normalnadel den Cementkuchen nit mehr gänzli zu dur{dringen vermag, gilt als der „Beginn des Abbindens“. Die Zeit, welche verfließt, bis die Normalnadel auf dem erstarrten Kuchen keinen merklihen Eindruck mehr binterläßt, ift die „Bindezeit“.

Da das Abbinden von Cement durh die Temperatur der Luft und des zur Verwendung gelangenden Wassers beeinflußt wird, insofern bobe Temperatur daëselbe beschleunigt, niedrige Temperatur es dagegen verzögert, fo empfiehlt es si, die Versuche, um zu übereinstimmenden Ergebnifsen zu gelangen, bei einer mittleren Temperatur des Waffers und der Luft von 15—18®9 Celf. vorzunehmen. _ Während des Abbindens darf langsam bindender Cement #ch niht wesentli erwärmen, wohbingegen rasch bindende Cemente eine merkflide Wärmeerböhung aufweisen können.

Peortland-Gement wird durch längeres Lagern langsamer bindend und gewinnt bei trockener zugfreier Aufbewabrung ax Bindekcaft. Die noch vielfa berrshende Meinung, daß Portland-Cement bei längerem Lagern an Güte verliere, ift daber eine irrige, und es follten Bertragsbestimmungen, welche nur frische Waare vorschreiben, in Wegfall kommen. |

i IIT. Volumbeständigkeit.

Portland-Cement foll volumbeständig sein. Als entscheidende Probe soll gelten, daß ein auf einer Glaëéplatte bergestellter und vor Austrocknung ges{üßter Kuchen aus reinem Cement, nah 24 Stunden unter Wasser gelegt, auch nach längerer Beobachtungszeit durchaus keine Vertrümmungen oder Kantenrife zeigen darf. : :

: Erläuterungen zu III.

Zur Ausführung der Probe wird der zur Bestimmung der Binde- zeit angefertigte Kuchen bei langsam bindendem Cement nach 24 Stunden, jedenfalls aber erst nach erfolgtem Abbinden, unter Wasser gelegt. Bei rasch bindendem Cement fann dies {hon nach kürzerer Frist gesheben. Die Kuchen, namentlich von langfiam birdendem Cement, müssen bis nal erfolgtem Abbinden vor Zugluft und Sonnen- schein geschüßt werden, am besten durch Auftewabren in einem bedeck- ten Kasten oder auch unter nassen Tüchern. Es wird bierdur die Entstehung von Swindrifsen vermieden, welche in der Regel in der Mitte des Kuchens entstehen und von Unkundigen für Treibriste ge- halten werden fönnen. :

Zeiaen si bei der Erhärtung unter Waffer Verkrümmungen oder Kantenrisse, so deutet dies unzweifelhaft „Treiben“ des Cements an, d. h. es findet in Folge einer Volumvermehrung ein Zerklüften des Cements unter allmähliher Leckerung des zuerst gewonnenen Zu- sammenhanges statt, welches bis zu gänzlihem Zerfallen des Cements führen kann.

x Die Erscheinungen des Treibens zeigen si an den Kuen in der Regel bereits nach 3 Tagen; jedenfalls genügt eine Beobachtung bis

zu 28 Tagen. i IV, Feinheit der Mahlung.

Portland-Cement soll so fein gemablen sein, daß eine Probe desselben auf einem Sieb von 900 Masten pro Quadratcentimeter böôdstens 109/% Rücstand binterläßt. Die Drahtstärke des Siebes soll die Hâlfte der Maschinenweite betragen.

Begründung und Erläuterungen zu IV.

Zu jeder einzelnen Siebprobe sind 100 g Cement zu verwenden.

Da Cement fast nur mit Sand, in vielen Fällen fogar mit bohem Sandzusat verarbeitet wird, die Festigkeit eines Mörtels aber um jo größer ist, je feiner der dazu verwendete Cement gemahlen war (weil dann mehr Theile des Cementes zur Wirkung kommen), so ist die feine Mahlung des Cementes von nit zu untershäßendem Werthe. Es scheint daher angezeigt, die Feinheit des Korns dur cin feines Sieb von obiger Mascenweite einheitlich zu prüfen. i Es wäre indessen icrig, wollte man aus der feinen Mahblung allein auf die Güte eines Cementes schließen, da geringe weide Cemente weit eher sehr fein gemahlen vorkommen, als gute scharf gebrannte. Leßtere aber werden felbst bei gröberer Mahlung doch in der Regel eine böbere Bindekraft aufweisen als die ersteren. Soll der Cement mit Kalk gemischt verarbeitet werden, so empfiehlt es sich, hart gebrannte Cemente von ciner sehr feinen Mahlung zu verwenden, deren höhere Herstellungskosten durch wesentlihe Verbesserung des Mörtels aus- geglihen werden.

V, Festigkeitsproben.

Die Bindekraft von Portland-Cement soll durch Prüfung einer Mischung von Cement und Sand ermittelt werden. Die Prüfung soll auf Zug- und Drufestigkeit nah einheitliher Methode gesehen, und zwar mittelst Probekörver von gleicher Gestalt und gleichem Querschnitt und mit gleihen Apparaten. __ Daneben empfiehlt es si, auch die Festigkeit des reinen Cements festzuttellen. Die Zerreißungêproben sind an Probekörpern von 5 gem Quer- {nitt der Bruchflähe, die Druckproben an Würfeln von 50 gem Fläche vorzunehmen. 2 E Begründung zu V. Da man erfabrung2gemäß aus den mit Cement ohne Sandzusaß gewonnenen Festigkeitsergebnissen nit einbeitli% auf die Bindefähig- feit zu Sand s{ließen kann, namentlich wenn es sich um Vergleichung von Portland-Cementen aus verschiedenen Fabriken handelt, fo iît es geboten, die Prüfung von Portland-Cement auf Bindekraft mittelst Sandzusaß vorzunehmen. Die Prüfung des Cements ohne Sandzusat empfiehlt sich nament- lih dann, wenn es sich um den Vergleich von Portland-Cementen mit gemischten Cementen und anderen bydraulischen Bindemitteln handelt, weil dur die Selbstfestigkeit die höhere Güte bezw. die b ortland-Cements, welche den übrigen bydraulischen Bindemitteln abgehen, besser zum Ausdruck gelangen, als durch die Probe mit Sand. Obgleich das Verhältniß der Druckfestigkeit zur Zugfestigkeit bei den hydraulishen Bindemitteln ein verschiedenes ist, so wird doc vielfah nur die Zugfestigkeit als Werthmesser für verschiedene bydraulishe Bindemittel benußt. Dies führt jedoch zu einer unrih- tigen Beurtheilung der leßteren. Da ferner die Mörtel in der Praxis in erster Linie auf Druckfestigkeit in Anspruch genommen werden, so kann die maßgebende Festigkeitsprobe nur die Druck- probe sein. Um die erforderliche Einheitlichkeit bei den Prüfungen zu wahren, wird emvfohlen, derartige Apparate und Geräthe zu benutzen, wie sie bei der Königlichen Prüfungsftation in Charlottenburg - Berlin in

führung eines einheitlihen Gewichts dringend geboten. Hierzu ist das

E _VI. Zug- und Druckfestigkeit.

Langsam bindender Portland-Cement soll bei der Probe mit 3 Gewichtstheilen Normalfand auf ein Gewihtstheil Cement nah 28 Tagen Erbärtung 1 Tag an der Luft und 27 Tage unter Wasser eine Minimal-Zugfestigkeit von 16 kg pro Quadrat- centimeter baben. Die Drudckfestigfkeit soll mindestens 160 kg pro Quadratcentimeter betragen.

_Bei \ch{nell bindenden Portland-Cementen ift die Festigkeit nah 28 Tagen im Allgemeinen eine geringere, als die oben angegebene. Es soll deshalb bei Nennung von Festigkeitëzahlen stets auch die Bindezeit aufgeführt werden. z

- _ Begründung und Erläuterungen.

Da verschiedene Cemente binfi&tlih ihrer Bindekraft zu Sand worauf es bei ihrer Verwendung vorzugsweise ankommt, si sebr vershieden verhalten können, so ift insbesondere beim Verglei meh- rerer Cemente eine Prüfung mit hohem Sandzusaß unbedingt erforderli. Als geeignetes Verhältniß wird angenommen: 3 Ge- wihtstheile Sand auf 1 Gewichtêtheil Cement, da mit 3 Theilen Sand der Grad der Bindefähigkeit bei vershiedenen Cementen in hinreihendem Maße zum Ausdru gelangt.

__ Cement, welcher eine böbere Zugfestigkeit bezw. Druckfestigkeit zeigt, gestattet in vielen Fällen einen größeren Sandzusaß und bat, aus diesem Gesichtspunkte betrachtet, sowie oft s{chon wegen seiner größeren Festigkeit bei gleihem Sandzusa8, Anrecht auf einen ent- prechend höheren Preis. s

_Die maßgebende Festigkeitsprobe ist die : weil in kürzerer Zeit, beim Verglei ve Bindekraft niht genügend zu erkennen ift. . B. die Festigkeitsergebnisse verschiedener Cemente bei 28 Tageprobe ein- ander gleich fein, während si bei einer Pr Tagen noch wesentlie Unterschiede zeigen.

_Als Prüfungsprobe für di elieferte Waare dient die Zug- probe nach 28 Tagen. Will i jedoch die Prüfung s{chon nah 7 Tagen vornebmen, fo fann dies dur eine Vorprobe gesehen, wenn man das Verhältniß Zugfestigkeit nach 7 Tagen zur 28 Tagefestigkeit an dem den Cement ermittelt bat. Auch fann diese Vorprobe mit reinem Cement ausgeführt werden, wenn man das Verhältniß der Festigkeit des reinen Cements zur 28 Tage- festigkeit bei 3 Th. Sand festgestellt hat.

_Es empfiehlt si, überall da, wo dies z Festigkettêproben an, zu diesemZweck vorräthig

R - . rc E \ auf längere Zeit auszudebnen, um das L en

T + L R Ua Cemente auch bei längerer Erbärtungédauer kennen zu

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Um zu übereinstimmenden Ergebnissen zu gelangen, muß überall ¡d von gleiher Korngröße und gleicher Beschaffenheit benußt werden. ser Normalsand wird d gewonnen, daß man möglichft reinen arzsand wäs{t, trocknet, durch ein Sieb von 60 Machen pro uadratcentimeter siebt, dadur die gröbsten Theile ausscheidet und aus erhaltenen Sand mittelst cines Siebes von 120 Maschen pro Q imer noch die feinsten Theile entfernt. Die Draht- stärke der Siebe foll 0,38 mm beziebungêweise 0,32 mm betragen.

_Da nit alle Quar:ande bet der aleihen Behandlungêäweise die gleihe Festigkeit ergeben, fo hat man sih zu überzeuc ob der zur Verfügung stehende Normalsand mit dem unter der Prüfung des Vorstandes des Deutschen Cementfabrikanten-Vereins gelieferten Nor- malsand, welcher auch von der Königlichen Prüf sstation in Char- lottenburg-Berlin benußt wird, übereinstimmende Festigkeitsergebnisse giebt. E Beschreibung der Proben zur Ermittelung der Zug- und Drufestigkeit.

_Da es darauf ankommt, daß bei Prüfung des?elben Cements an verschiedenen Orten übereinstimmende Ergebnisse erzielt werden, so ist auf die genaue Einhaltung der im Nachstehenden gegebenen Regeln

besonders zu adten. S i Zur Erzielung richtiger Dur{schnittszahlen sind für jede Prüfung

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F mindestens 10 Probekörper anzufertigen. Anfertigung der Cement-Sandproben. : _Zugproben. Die Zugprobekörper können entweder durch Handarbeit oder ch mascinelle Vorrichtungen hergestellt werden. . Handarbeit. Man legt auf eine zur Anfertigung der Proben oder starfe Glaëplatte 5 mit Water getränkte Und seßt auf diese 5 mit Wasser angenette 250 g Cement und 759 g trodenen Normal- s in einer Schüssel gut durcheinander. : t = 100 g reines süßes Waffer hinzu u eitet die ganze S 5 Minuten lang tücbtig durch. Mit dem so erhaltenen Mörtel werden die Formen unter Eindrücken auf einmal so boch angefüllt, daß fie starf gewö Man f\ÿlägt nun mittelst eines eisernen Spatels von 5 auf 8 cm Fläche 35 cm Länge und im Gew 250 g den überstebenden Mörtel anfangs shwach und von de dann immer stärker, so lange in die Formen ein, bis derselbe e wird und an seiner Oberfläche h Wasser zeigt. Ein bis zu diesem Zeitpunkt fortge!eßtes Cinschlagen von etwa 1 Minute pro Form isl unbedingt erforderli. Ein nachträglihes Aufbringen und Eins&lagen von Mörtel ist nicht statthaft, weil die Probekörper aus dem!elben Cement an verschiedenen Versuchsstellen gleiche Dichten erbalten scllen. Man fstreiht nun das die Form Ueberragende mit einem Messer ab und glättet mit demselben die Oberfläche. Man löst die Form vorsihtig ab und seyt die Probekörper in einen mit Zink ausges{lagenen Kasten, der mit einem Deckel zu bedecken ist, um un- gleihmäßiges Austrocknen der Proben bei verschiedenen Wärmegraden zu verhindern. 24 Stunden nach der Anfertigung werden die Probe- förver unter Waffer gebracht und man bat nur darauf zu achten, daß dieselben während der ganzen Erhärtungs8dauer vom Waßer be- deckt bleiben. b. Mascinenmäßige Anfertigung. Nabdem die mit dem Füll- kasten versehene Form auf der Unterlagsplatte durch die beiden Stell- shrauben festgeschraubt ift, werden für jede Probe 180 g des wie in a bergestellten Mörtels in die Form gebrabt und wird der eiserne Formfkecn eingeseßt. Man giebt nun mittelst des Swlagapparats . Böhme mit dem Hammer von 2 kg 159 Schläge auf den Fntfernung des Füllkastens und des Kerns wird der Probe- ichen und geglättet, sammt der Form von der Unterlags- abgezogen und im Uebrigen behandelt wie unter a. i 1er Einhaltung der angegebenen Vorschriften geben nashinenmäßige Anfertigung gut übereinstimmende reitigen Fällen ift jedoch die mashinenmäßige An- gebende.

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Ergebnisse. fertigung die maf Druckproben. Um bei Druckproben an verschiedenen Versuchsstellen zu überein- stimmenden Ergebnissen zu gelangen, ist mashinenmäßige Anfertigung erforderli. L Man wiegt 409 g Cement und 1200 g trockenen Normalfand ab, mist beides in einer Sbüssel gut durceinander, bringt 160 ccm = 160 g Wasscr binzu und arbeitet dea Mörtel 5 Minuten lang tüchtig durch. Von diesem Mörtel füllt man 860 g in die mit Füllfasten versehene und auf die Unterlagsplatte aufgeschraubte Würfelform. Man setzt den cisernen Kern in die Form ein und giebt auf denselben mittelst des Sélagapparats von Dr. Böhme mit dem Hammer von 2 kg 150 Schläge. Nach Entfernung des Füllkastens und des Kerns wird der Probe- körper abgestrihen und geglättet, mit der Form von der Unterlags- platte abgezogen und im Uebrigen behandelt wie unter a. Anfertigung der Proben aus reinem Cement. Man öôlt die Formen auf der Innenseite etwas ein und seßt die- selben auf eine Metall- oder Glasplatte (obne Fließvapier unterzu- legen). Man wiegt nun 1000 g Cement ab, bringt 200 g 200 ccm Waßer binzu und arbeitet die Masse (am besten mit einem Pistill) 5 Minuten lang durch, füllt die Formen stark gewölbt voll und ver- fährt wie unter a. Die Formen kann man jedoch erft dann ablösen, wenn der Cement genügend erhärtet ist. Da beim Eins@&lagen des reinen Cements Probekörver von gleicher Festigkeit erzielt werden follen, so ist bei fehr feinem oder

Gebrau sind.

bei rasch bindendem Cement der Wasserzusaß entsprechend zu erhöhen.