1887 / 189 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 15 Aug 1887 18:00:01 GMT) scan diff

Bekanntmachung.

Dem Paul Harlandt, geboren zu Liebenau, Regierungsbezirk Frankfurt a. d. Oder, is nach vorschriftsmäßig bestandener Prüfung unter dem 9. Juli d. J. die Berechtigung zur selbständigen Aus- führung von Markscheiderarbeiten für den Umfang des preußischen Staats von uns ertheilt worden und bat sich derselbe zu Bochum, Augustastraße Nr. 3, als Markscheider niedergelassen.

Dortmund, den 11. August 1887.

Königliches Ober-Bergamt.

Bekanntmachungen auf Grund des Reichsgesezes vom 21. Oktober 1878.

Die nicht periodishe DrudLschrift, überschrieben : ,Die drei Zauberformeln. Von Dr. Joh. Jakoby“, datirt: Königsberg, im November 1371, wird hiermit auf Grund der 88. 11 und 12 des Reichsgesezes vom 21. Oktober 1878 nachdem solche auf Grunt des 8. 15 des gleichen Geseßzes vom Großherzoglichen Bezirksamt Säckingen unterm 8. d. M. vorläufig mit Beschlag belegt worden ift verboten.

Konstanz, den 10. August 1887.

Der Großherzoglich badische Landeskommissär für die Kreise Konstanz, Villingen und Waldshut. Engelhorn.

Nichtamtliches. Deutsches Neich. Preuszen. Berlin, 15. August. Se. Majestät der

Kaiser und König machten, wie „W. T. B.“ meldet, am Sonnabend Nachmittag im Park von Babelsberg eine Spazierfahrt.

Gestern nahmen Se. Majestät mehrere Vorträge ent- gegen, machten sodann eine Spazierfahrt durh den Park und hörten später noch den Vortrag des Unter-Staatssekretärs Grafen Berchem.

Nachmittags fand bei Sr. Majestät Familientafel statt.

Heute Vormittag einpfingen Se. Majestät der Kaiser den Ober-Hof: und Hansmarschall Grafen Perponcher und den Geheimen Ober-Regierungs-Rath Anders vom Civilkabinet zum Vortrage.

Zum Diner waren heute die in Berlin weilenden aktiven D R fowie die Commandeure der Potsdamer Regimenter geladen. -

he Majeliat die Kalserin und Knigin empfing gestern in Homburg v. d. H. den Besu Sr. König- lichen Hoheit des Prinzen von Wales.

Jhre Majestät gedenkt heute Se. Königliche Hoheit den Großherzog von Sachsen in Schloß Wilhelmsthal bei Eisenach u besuhen und morgen die Reise nah Schloß Babelsberg A

Nath der im Reichs-Ei*enbahnamt aufgestellten, in der Zweiten Beilage veröffentlißten Nachweisung über die Un Mon! JUNt 0 9), auf deusGen Bahnen (us- shließlih der bayerischen) beförderten Lüge und deren Verspätungen wurden auf 39 größeren Bahnen bezo. Bahn- komplexen mit einer Gesammtbetriebslänge von 32 798,10 km befördert: An fahrplanmäßigen Zügen: 16069 Courier- und Schnellzüge, 137 451 Persone1züge, 67 306 gemischte Züge und 117016 Güterzüge; an außerfahrplanmäßigen Zügen: 4643 Courier-, Scnell-, Personen- und gemischte Züge und 25 962 Güter-, Materialien- und Arbeitszüge. Fm

anzen wurden 763 410 951 Achskilometer bewegt, von denen 243 003 809 Achskilometer auf die fahrplanmäßigen Züge mit U entfallen. Es verspäteten von den 220 826 fahrplanmäßigen Courier-, Schnell-, Personen- und gemischten Zügen im Ganzen 1297 oder 0,59 Proz. (gegen 1,38 Proz. in demselben Monat des Vorjahres und 0,89 Proz. im Vormonat). Von diesen Verspätungen wurden jedoch 481 durch das Abwarten verspäteter Anschlußzüge hervorgerufen, so daß den aufgeführten Bahnen nur 816 Verspätungen (= 0,37 Proz.) zur Last falle (gegen 0,52 Proz. im Vormonat). Jn demselben Monat des Vorjahres verspäteten auf den eigenen Strecken der in Vergleih zu ziehenden Bahnen von 209 001 beförderten fahrplanmäßigen Zügen mit Personen- beförderung 1705, oder 0,82 Proz., mithin 0,45 Proz. mehr. n Folge der Verspätungen wurden 504 Anschlüsse versäumt gegen 1003 in demselben Monat des Vorjahres und 669 im Vormonat). Wird eine Gruppirung der Eisenbahnen nah den auf je eine Anschlußversäumniß entfallenven Zugver- spätungen vorgenommen, so kommen in erster Reie die Elsaß-Lothringischzn Eisenbahnen (59 Anschlußversäumnisse auf 50 Verspätungen) mit 0,93, die Weimar-Geraer Eisenbahn (1 Anschlußversäumniß auf 1 Verspätung) mit 1,00, die Königliche Eisenbahn - Direktion (rehtsrheinishe) zu Köln (54 Anschlußversäumnisse auf 70 Verspätungen) mit 1,30, während die Werrabahn (1 Anschlußversäumniß auf 12 Ver- spätungen) mit 12,00, die Sächsishen Staats - Eisenbahnen Ul Anjchlußversäumniß auf 13 Verspätungen) mit 13,00, die tönigliche Eisenbahn-Direktion zu Altona (5 Anschlußversäur1- nisse auf 76 Verspätungen) mit 15,20 die leßten Stellen ein- nehmen, und auf 4 Eisenbahnen 6 Verspätungen ohne An- \{chlußversäumnisse, und auf 13 Eisenbahnen weder Vecspätungen noch Anschlußversäumnisse vorgekommen sind.

Der Kaiserliche Gesandte bei der Schweizerischen Cid- genossenschaft, Wirkliche Geheime Legations-Rath und Kammer- berr von Bülow, ist auf seinen Posten in Bern zurü- gekehrt und hat die Geschäfte der dortigen Gesandtschaft wieder Übernommen.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich sächsische Oberst-Lieutenant von Schlieben, ist in Berlin wieder eingetroffen.

Der Königlich großbritannische Botschafter am hiesigen Allerhöchsten Hofe, Sir Edward Malet, ist vom Urlaube nah Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Botschaft wieder übernommen.

Der General der Jnfanterie von Strubberg, General-Jnspecteur des Militär - Erziehungs- und Bildungs- wesens, ist von Urlaub nah Teplitz hierher zurückgekehrt und

heute nah Kassel zur Besichtigung der dortigen Kriegsschule abgereist.

Der General der Jnfanterie von Voigts - RNhet, General-Fnspecteur der Feld-Artillerie, hat ih behufs Vor- nahme von Besichtigungen nah den Schießpläßen bei Jüterbog, Falkenberg und Hammerstein begeben.

Der General-Lieutenant von Grolman, Direktor des Departements für das FJnvalidenwesen im Kriegs- Ministerium, is von Urlaub zurückgekehrt.

Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren: Dr, Facob in Waldbröl, Dr. Fuhlrott in Hohengandern, Dr, Jacoby in Elbing, Dr. Glupe, Dr. Bardeleben, Dr, Vowinkel, Dr. Wreschen, Dr. Englinder, Dr. Orthmann in Berlin.

S. M. Schiffsjungenschulschiff „Ariadne“, Kom- mandant Kapitän zur See Barandon, ist am 13. August cr. in Cadix eingetroffen und beabsichtigt am 1. September cr. wieder in See zu gehen.

S. M. Kanonenboot „Wolf“, Kommandant Kapitän- Lieutenant Jaeschke, ist am 10. August cr. in Newshwang angekommen.

Der Dampfer „Preußen“, mit der abgelösten Be- saßung S. M. Kanonenboots „Wolf“, ist am 15. August cr. in Colombo eingetroffen und hat an demselben Tage die Heimreise fortgesetzt.

Homburg v. d. Höhe, 15. August. B „hre Majestät die Kaiserin und Königin ist heute Morgen 9/, Uhr mittelst Sonderszugs bei bestem Wohlsein von hier abgereist. Se. Königliche Hoheit der P rinz von

Wales traf gestern Abend 7 Uhr zur Kux hier ein und

machte später Jhrer Majestät der Kaiserin einen Besuch.

Bayern. Kissingen, 13. August. (W. T. B.) Der Reichskanzler Fürst von Bismarck ist heute Abend kurz nah 7 Uhr hier eingetroffen.

Sachsen. Dresden, 13. August. (Dr. J.) Der Brinz Georg sowie die Prinzen Johann Georg, Max und Albert und die Prinzessin Mathilde sind gestern von Heiligendamm hier angekommen.

Großbritannien und Zrland. London, 13. Auçust. (W. T. B.) Dem Unterhause wurde heute von Hart Drfke das Budget für den öffentlichen U nterriht vorgelegt, welches für das laufende Jahr auf 3 458 807 Pfo. Sterl. veranschlagt ist. Nach sechsstündiger Berathung wurde die Sißung vertagt.

Frankreich. Paris, 12. August. (Fr. C.) Wie bereits gemeldet, begab sih der Kriegs-Minister Ferron gestern nah Fontainebleau, um die dortige Artillerie- und Genieschule sowie die Truppen der Garnison zu inspiziren. Die Blätter geben heute den Text der Rede wieder welche der Kriegs-Minister an die Zöglinge der Ecole d’application hielt. Dieselbe lautete:

«Junge Kameraden! Vor 35 Jahren war ih, wie Ihr, Unter- [ieutenant in der Applikations\chule der Artillerie und des Genie. aber in einer anderen Stadt. Damals hatte ich keine Ahnung von

der hohen Ehre, die mir bevor‘tand, und dec {weren Verantwortung,

die eines Tages auf mir lasten würde. Dennoch nahm ih dieje Verantwortung ohne Zaudern an, niht aus Nuhm- sucht, sondern aus Hingebung an das Heer, an mein Land und an die Regierung der Republik. Fch hegte die Ueberzeugung, daß die meisten Ursachen der Schwächen unserer militärishen Orga- nisation nicht recctzeitig vershwinden würden, wenn man ch darauf beschränkte, dem Parlament verwickelte (Seseße zu unterbreiten, deren gründliche Gröriecung und Anwendung Jahre erfordern konnten. Ich war der Ansicht, daß, wenn nicht gleichzeitig mit der Berathung diefer Gesetze sehr wirksame Einzel maßregeln s{chleunigst getroffen würdepy, unser Land den größten Gefahren ausgesezt fein könnte. Das Parlament hat meine Befürchtungen getheilt und meine Absichten ve:standen. (Che es auseinanderging und nachdem es die Titel 1 un 2 des NRekrutirungsgesctes angenommen Latte, faßte cs zwei bescheidenere, aber für die Entwikelung unserer Militärmacht höchst wichtige Be schlüsse. Durch einen derselben wurde unsere Infanterte reorgänisirt. Statt der Gerippe von Compagnien und Bataillonen wer? en wir nun volle Einheiten für die Unterweisung und den Kampf haben. Stakt der Gruppen unzusammenhängcndec Bataillone, welhe die Garnisonen der Plätze unserer vorgeschober sten Linie ar8machen und die dur ihren Wechsel eine so tiefe Stôrung in unseren Regimentern des Innern verursacen, werden wir nun wahre, feste Regimenter mit ißrem Corpsgeist haken. die bereit find, von heute auf morgen einen Feldzug anzutreten, Un'’ere Kavollerie wird ebenfalls vermehrt werten. Zwar besteklt unsere Ixferiorität an Escabdrons fort aber fie wird bz- deutend vermindert sein. Und niht ec (n cinigen Jahren werden dicse Fortschritte zur Verwirkliung gelangen, sondern schon in einigen Wochen, Das ist aber noch nicht Alles : nah der Jufanterie und Kavallerie wicd man für bie Artillerie und das Genie sorgen müssen, In beiden Waffffengaittungen sind die Reformen minder nothwendig. Es bandelt fich namentli darum, die Shwächen ¿u vermeiden, welche aus einer allzu großen Cinförmigkeit der Organisirung entspringen können, und für besondere Objektive au besondere Einheiten zu schaffe, wahre Fachstudieu zu machen. Für den Artilleristen die Kanone, die ganze Kanone auf dem Schlachtfeld und in den Festungen. Für den Sapeur Alles, was auf dcis Ingenieurfach, den Vorhutdienst, das VBrückey\chlagen und die Berthcidi- gungsarbeiten der fesicu Plätze Bezug hat. Das ist wabre Spezialisirung. Nach der Rückkehr der Kammern werde ih neue Entwürfe, die fch auf dies? Verbesserungen beziehen, einbringen. Ich hege feste Zuversicht in den Patriotisinus des Parlaments, in seine Bereitwilligkeit, di-:fe neuen Sesete anzuneh\nen, die sogleih durGgefühßrt werden können, und bin überzeugt, daß es mic nicts verweigern wird, was unsere Wehrkraft auf ihr Maximum bringen kann. Glaubt es mir, dics wird unse»e beste Friedensgarantie sein. Ich bin ein alter Republikaner aus dec Jahre 1848, Noch teht lebhaft vor meinem Geiste der Gnthusiasmus, mit dem wir dama!3 die MNepublik begrüßten, und das tiefe Weh, die Bangigkeit, mit der wir wenige Jahre später die Nation ohne einen tristigen Grund jene edlen republikanischen (Finrich- tungen verwerfen \alen, die ihr als Schußzwebr hätten dienen können, wenn sie ihr treu geblieben wäre, Uns, den jungen Mepublikanern, dünkte der Sturz der Republik das Ende Frankieihs. Unsere Bangigkeiten waren leider allzu gerecht- fertigt, und unsere unglü&lihe Generation sollte troß helden: müthiger Anstrengungen die Zerstückelung des Vaterlandes erleben. Wenn aber heute etwas meinen Schmerz als Soldat und Patriot lindern könnte, so wäre es die Wahrnehmung der hochherzigen, patriotishen Gesinnung, von der die französi!che Jugend beseelt ist. Ihr werdet, liebe Freunde, das Banner Frankreichs zu ehren wissen durch Curen Muth, Eure militärische Ausbildung, Eure Hingebung an das Vaterland und an die Republik !“

R O 20) Der Conseils-Präsident Rouvier hat für den 18. August eine Œinladung zu einem Bankett der „Vereinigung von Spielwagren fabrikanten und des

Musterlagers von Bijouterie-, Schmuck- und Goldschmiede- waaren“ angenommen.

13. August. (W. T. B.) Dem „Journal des Débats“ zufolge würde der Mobilmachun gsversuch wahrscheinli am 6. k. M. seinen Anfang nehmen.

14. August. (W. T. B.) Nath einem Telegramm aus Limoges ist daselbst ein ministerielles Nun d- shreiben eingegangen, welches anordnet, daß die Nichter und Beamten, welche zu dem Bezirk des Gerichtshofs von Limoges gehören, troy der gegen- wärtig stattfindenden Gerichtsferien an ihren Amtsfiten sih aufzuhalten haben für den Fall, daß das 12. Armge- Corps mobil gemacht werden sollte. Man zieht daraus den Schluß, daß das 12. Armee-Corps für den Mobilisirungs- versuch in Aussicht genommen sei.

Spanien. Madrid, 13. August. (W. T. B.) Die Königin-Regentin ist in San Sebastian eingetroffen und bei der Ankunft Namens der französischen Negie- rung von dem General Coarnat bewillkommnet worden.

Bulgarien. Sofia, 13. August. (W. T. B.) Heute Vormittag wurde in der Hauptkirche ein Tedeum abgehalten, welchem auch Abordnungen der Garnison beiwohnten. Der Metropolit Clement verlas darauf eine an das bulgarische Volk gerichtete Proklamation und fnüpfte daran die Mahnung, daß alle Parteien \sich um den Prinzen schaaren müßten, in der Hoffnung, daß es demselben gelingen werde, das Land aus der gegenwärtigen Krisis heraus zu führen und gute Beziehungen zwischen Rußland, das Bulgarien befreit habe, und dem bulgarischen Volke herzustellen.

Für RNiza Bey, welcher auf Urlaub nah Konstantinopel gegangen ist, führt die Geschäfte der Sekretär On ik B ey. Als definitiver Vertreter wird Artin Effendi genannt, welcher demnächst hier eintrifft.

14. August. (W. T. B.) Der Minister des Aus- wärtigen, Natschewitsch, ist hier angekommen.

Tirnowa, 14. August, früh. (W. T. B.) Prinz Fer- dinand von Coburg, welcher in Sistowa nur eine ein- stündige Nast gemacht hatte, ist gestern Abend 8 Uhr hier eingetroffen. Am Eingange der reih mit Fahnen ge- schmückten und glänzend illuminirten Stadt empfing der Prinz die Deputationen, welche sich dort auf: gestellt hatten; hierauf begab sich derselbe durch die ein dichtes Spalier bildende, ihn mit enthusiastischen HZurufen begrüßende Menge nah seiner Wohnung. Die Ovationen der Bevölkerung seßten sih auch während des Abends vor der Wohnung des Prinzen fort. «n Sistowa war der Empfang des Prinzen durch die Bevölkerung eben- falls ein sehr warmer und lebhafter gewesen.

14. Auguît, Abends. (W. T. B) Heute Vormittag fand in der Kathedrale ein Tedeum statt, an welches sich die Eidesleistung des Prinzen auf die Verfassung anschloß. Der Prinz begab si mit den Regenten, den Ministern und zahlreichem Gefolge, unterwegs von enthustiastishen Kund- gebungen der Bevölkerung begrüßt, nach der Kirche und nahm dort in dem Fürstenstuhl Plaß. Der Klerus hatte vor einer in der Nähe des Prinzen befindlichen Tafel, auf welcher die heiligen Bücher lagen, Ausstellung genommen. Nach dem Absingen des Tedeum begab sih der Prinz zu Wagen, von der aus Sofia eingetroffenen Leibgarde begleitet, nah der Sobranje. Der Prinz wurde beim Eintritt mit stürmishen Hfütrrahrufen begrüßt und nahm auf einer Efsirade Plaß; zu seiner Rechten standen Stambuloff und Stoiloff, zu seiner Linken Offiziere und die anderen Mitglieder der Re- gierung; das Gefolge des Prinzen bildete Spalier. Der Exarch, welcher ein Kreuz in der Hand trug, richtete eine Ansprache an den Prinzen, in welcher ex ihn dazu beglückwünschte, daß er den Wünschen der Sobranje Folge gegeben habe. Darauf sprach ein Pope mehrere Gebete und verlas die auf die Eidesleistung des Fürsten bezüglichen Bestimmungen der Verfassung. Der Prinz

| hatte inzwischen den Handschuh von seiner rechten Hand ge-

zogen und cin Schriftstück in die linke Hand genommen, von welchem er seine Antworten auf die vou Exarchen an ihn gerihteten Fragen in bulgarischer Sprache verlas. Hierauf küßte der Prinz das ihm von einem Popen dar- gereihte Kreuz und begab sich ‘dann zu einem Tische, an welchem er die Terxtesworte des Verfassungseides unter- zeichnete, die Stambuloff alsbald mit seiner Gegen- zeichnung versah. Nachdem der Prinz auf seinem Sessel wteder Plaß genommen hatte, verlas Stoiloff eine an die Versammlung gerichtete Proklamation. Die Versammlung nam dieselbe mit begeisterten Zurufen auf, der Prinz aber erhob sich und rief: „Es lebe die bulgarische Nation !“ Hierauf verließ der Prinz unter unausgesetßten Hurrahrufen der Depu- tirten die Versammlung. Am Abend fand ein aroßes Fest- banfet statt. Dem Vernehmen nach soll morgen die Bildung des neuen Kabinets und übermorgen die Abreise des Prinzen nah Philippopel stattfinden.

Zeitungsstimmen,

Die „Deutsche VolkswirthschaftliheCorrespon- denz“ bringt „Weitere Beiträge zum sozialen Ausgleich“ und sagt in dem betreffenden Artikel bezüglich der Unfallversiche- rung der Arbeiter:

Nunmehr, nach einem Zeitraum von dret Jahren zeigen fich die wohlthätiaen Folgen einer Gefeßgebung, welcher die Freisinnigen nah althergebrahter Sitte „im Prinzip“ zustimmten, dabei aber so viel Bedingungen und abweichende Meinungen zu Tage förderten, daß nach den von ihnen vorgelegten Plänen die Durchführung des Gesetzes von keinerlei Wirkung gewesen wäre. Jeder umsichtige Arbeiter ist allmählih bereits zu der Ueberzeugung gelangt, daß die Negie- ruag und mit ihr die anderen Bevölkerungsschihten des Reichs den ernsten Willen haben, immer mehr und mehr zu helfen und den sozialen Ausgleich durch friedliche Arbeiten und auf friedlihen Wegen sih vollziehen zu lassen. Dec schlechte Theil der Arbeiterbevölkerung wird leider noch von den aufrührerischen Phrasen jener Partei ver- führt und seine Gefundung wird zum größten Theil wegen der von Seiten der freisinnigen Partei stets erneuten prinzipiellen Nörgelei und Wühlerei gegen alle Regierungsmaßregeln verzögert ; allein es steht zu hoffen, daß angesichts positiver Grfolge allmählih das Phrafenthum gänzli in den Hintergrund gedrängt werde und den Vollzug des inneren Friedens im Reich niht mehr störe.

Zwei Momente sind es, welche von einem großen Theil der Handelskaunnerberihte hervorgehoben werden, wenn sie auf die Unfall- versicherung der Arbeiter zu sprechen kommen. „Der Berleßzte resp. dessen Hinterbliebenen“, bemerkt unter Anderem der Bericht der Handelstammer in Frankfurt a. M, „haben nicht, wie beim früheren Haftpflichtgesetze ihre Entschädigungsansprüche auf dem Prozeßwege zu erstreiten, ihre Renten werden nun dur das Gese vom 14. Juli

1884 nach den betreffenden Bestimmungen in allen Fällen gewährt, und glückliherweife niht mehr in Form einer Abfindungs\summe, sondern in einer unveräußerlihen, unpfändbaren Rente. Mit dem Auf- hören des Haftpflichtprozesses ist ein Moment weggefallen, welches den Frieden zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern bäufig untergrub.“ So wie hier gerade die Gegensäßze, welche in den Prinzipien der Fortschritts- resp. freisinnigen Partei denjenigen der Regierung gegen- über gelegen sind, dankbar hervor eboben werden, ebenso geschieht dies in Ansehung der Organisation, deren Grundzüge, wie die Handels- kammer von Aachen und Burtscheid bemerkt, die vollste An- erkennung verdienen, wenngleich in der Ausgestaltung noch Berbesserungen für nöthig gehalten werden. Die Handels- fammer von Dresden betont , die schon jeßt erkenn- bare segensreihe Entwickelung unserer sozialpolitischen Gesetzgebung“, während die Handelskammer von Offenbach a. M. sih dahin aus- {pricht, daß der Arbeiterstand bei der Reformgeseßgebung der Jahre 1883/84 keineswegs zu kurz gekommen fei. 43 Millionen Deutsche seien gegen die wirthschaftlihen Folgen der Krankheit, 35 Millionen Deutsche gegen den Schaden aus Betriebsunfällen gesichert. „Man kann“, {ließt der Bericht, „son heute sagen, daß ter Wunsch der Kaiferlichen Botschaft vom 17. November 1881 erfüllt ist, nämlich den Hülfsbedürftigen größere Sicherheit und Ergicbigkeit des Bei- standes zu gewähren, auf den sie Anspruch haben; wir zweifeln nicht, daß sich auf dem solchermaßen betretenen Wege einer organischen Sozialreform mit der Zeit auch die Hoffnung jener Botschaft erfüllen wird, dadurch dem Vaterlande neue und dauernde Bürgschaft seines inneren Friedens zu hinterlassen.

—- «Fn einer Correspondenz derx „Kölnischen Zeitung“ aus London lesen wir: :

Ueber hundert neue Konsularberichte liegen vor ; sie behandeln einmüthig die Verdrängung der Briten voin Weltmarkt, haupt- fächlich infolge der Thâtigkeit deutscher Handlungsreise:. den. Dies- mal ruht der Nachdruck auf Spanien. Der Konsul in Malaga droht mit dem vollständigen Verlust des englischen Geschäfts, wenn Enzland nicht das Beispicl Deutschlands nachahme und junge Leute in spanische Häuser zur Ausbildung schicke. Der Konsul in Corunna klagt über die Wegnahme des Abfaßes von Schwefelsäure, Natron- salpeter, Alkali, Papier und Ziegelsteinen durch die Deutschen. Die Konsuln in Bilbao und Cadir verurtheilen das englische System der Handelérundschristen in englischer Sprache und empfehlen \cinen Ersatz durch Handlungzreisende. In ähnliwem Sinne _sprechen_ sich die Konsuln in Nizza und Lissabon aus, Jn der russischen Stadt Charkow wurden bei der leßten Messe in einem einzigen Hotel dreißig deutsche Reisende gegen einen einzigen Engländer gezähit. Eragliscbe Eisenwaaren werden in Beiruï stetig durch deutsche und öfterreicische verdrängt, und zwar, weil die deutschen Waaren nich dem Orts- bedürfniß besser anpassen als die englishen, Ia Süd-Amerika schlagen ebenfalls die Deutschen neben den Nord - Amerikanern die Vriken aus dem Felde. In Brasilien geht der Handel in Töpferei und Glas1caoren vollständig in die Hönde von Deutschen über. Persien bezieht in jüngster Zeit feine Tuche ausfch{ließlich aus Deutscbiand und Oefterreih ÜLcr Konstantinopel, weil sie Lilliger sind und daher bei den ncthwendigen Änzügen für Neujahrstag vor- gezogen werden. In Beirut aber tragen umgekcbrt die theueren Stoffe aus Deutschland den Sieg davon, ebenso Filz. N Genua und Italien überhaupt nisten sich deutsche und belgische Kleiderfabrikate zum Nachtheil der englischen cin

ventralblatt für die gesammte Ünterrihts-Ver- waitung in Preußen. Juli-August-Heft. Inhalt { Gesetz, be- treffend die Errichtung cines Seminars für orientalishe Sprachen. Vom 23. Mai 1857. Gesetz, betreffend die Feststellung von An- forderungen für Bolksschulen. Vom 26, Mai 1887, Geseg, be- treffend die Theilung von Kreifen in den Provinzen Posen und West- preußea. Vom 6. Juni 1887, Theiiung des Kreises Mülheim a. d. Nuhr in den Kreis Mülheim a. d. Ruhr und in den Kreis Ruhror:, Veipackung ber Nickelmünzen zu zwanzig Pfennig. Viectcijährlihe Vorausbezahlung von Funktions- und fonstigen Zu- lagen, fowie die Gewährung des Gnadenquartals von diesen Zulagen. Versteuerung der den Kirchengemeinden bez. Kirchen c. ausscließlich zu wohlthätigen, gemecinnötigen und Unterrichtözwelen ausgeseßten Zuwendungen und Anfälle. Ausgrabungen der Ueberreste der Vorzeit; Erhaltung der Funde an “llterthümern. Zusammensezung der Wissenschaftlihen Prüfungs- tomamissionen für das Iahc 1. April 1887/88, Preußiscver Beamten-Verein: Nachrichten über seine Zwecke, Geschäftsabschluß für das Jahr 1886. Zusammenstellung der im Ressort des Ministeriums der geistlichen 2. Angelegenheiten während des Jahres 1886 durch Allerhöchste Erlasse genehmigten Schenkungen und letztwilligen Zuwendungen, na) Kategorien geordnet. Zulassung der Prioritäts- Obligationen der Berlin-Dreédener, der Nordhausen-Erfurter, der Oberlausitzer, der Aachen - Jülicher und der Angermünde- Schwedter Eisenbahnen zur Bestellung von Amtskautionen Mitwirkung der Lehrer bei den von dem Kustos bei der Köntg- lic)en Utäversitäts-Bibliothek zu Marburg Dr. Wenker anzustellenden Forschungen über die Dialekte der deutschen Sprache. Ausdelnung der ârztl’hen Prüfung auf die Schußpockenimpfung. Unterweisung der Studirenden der Medizin in der Impftehnik. Bestätigung der Rektorwabl an _ der Universität Halle. Erstattung einbeitlicher Jahresberichte Seitens der Direktoren der stationärcn Kliniken wie der Polikliniken behufs Herausgabe eines „Klinischen Jahrbuches*. —— Aufforderung zur Bewerbung um ein Stipendium der Jacob Saling- schen Stiftung, Königliches akademisches Institut für Kirchen- musik zu Berlin, Bekanntmachung eines Verzeichnisses derjenigen höheren Lehranstalten, welche zur Ausstellung von Zeugnissen über die wissenschaftlihe Befähigung für den einjährig-freiwilligen Militär- dienst berechtigt find. Unterricht in der neueren vaterländischen Geschichte an den höheren Unterrichtsanstalten. Betheiligung der Zeichenlchrer an den höheren Schulen an den allgemeinen Kon- ferenzen des Kollegiums; Einsendung der VBerwaltungsberichte. Bewilligung von Schulgeldbefrciungen an die Söhne der Lebrer bei den staatlichen höheren Lehranstalten. Entlassungsprüfunaen an den mit Kealanstalten verbundenen maschinentehnischen Fabshulen. Ncuer Kursus der Turnlehrer-Bildungsanstalt. Befähigungszeug- nisse aus der Turnlehrerprüfung im Jahre 1887. Termine für die Prüfungen der Zeichen-Lehrer und -Lehrerinnen zu Berlin und Breslau. Befähigungbzeugnisse aus dem Kursus zur Ausbildung von Taub- stummenlehrern. Verzeichniß der Lehrer, welche die Prüfung für das Lehramt an Taubstummenaustalten im Jahre 1886 be- standen haben. Einberufung von Lehrern ¿zu den Kursen zur Ausbildung von Turn-, Taubstummen-, Zeihenlehrern 2c. Uebertritt cines Volkss{chullehrers in den Bezirk ciner anderen Königlichen Megiermg; Aufhebung der vorgeschriebenen drei- monatlichen Kündigungefrist. Zweite Wanderversammlung des Deutschen bienenwirt)"haftlihen Ceutralvereins, verbunden mit einer Bienenzucht-Ausstellung. Verfahren bei NVebertragung des wider- ruflicen Auftrags zur Führung der Ortsschulaufsiht. Jahres- bericht über die Allgemeine Deutsche Pensionsanitalt für Lehrerinnen und Erzieherinnen für das Jahr 1886, Ertheilung des Unterrihts- Grlaubnißshcins an Hanclehrer, Erzicher und Etzieherinnen. Vervflichtung der Lehrer zur Zahlung von 25% der Gehaltésver- besserungêsgelder an die Elementarlehrer-Wittwen- und Maisenkasse. Kurse zur Ausbildung ron Handarbeitslehrerinnen für Landschulen im Regierungsbezirke Osnabrück. Wählbarkeit von Lehrern, welche an Schulen angestellt sind, deren Endziele über den obligctoris{chen Volksschulunterriht hinausgehen, zu Stadtverordneten. Staat- lihe Dienstalterszulagen sind grundsäßlich nur Lebrern und Lehrerinnen an öffentlichen Volksschulen zu bewilligen. Voraus- feßungen, unter welchen solche ausnahméweise auch Lehrern und Leh- rerinnen, die an anderen niederen Schulen, als an Volks\chulen, z. B. an Mittelschulen, #. g. Rektorats\chulen 2c. angestellt sind, bewilligt

werden dürfen. Gehaltszahlungen bei Beurlaubungen von Lehrern und Lehrerinnen wegen Krankheit und zur Herstellung der Gesundheit. Betrieb des Unterrichts im Obstbau an den Schullehrer-Seminaren in der Rheinprovinz. Ausbildung von Seminar- und Volks\chul- lehrern in der Anstalt zu Geisenheim. Nachrichten über die im Jahre 1886 für Seminar- und Volks\{ullehrer abgehaltenen Obstbau-

kurse. Die Vorausfetzungen der Anwendbarkeit des 8.46 Abs. 1 und des §. 47 Absatz 1 des Zuständigkeitsgesetzes vom 1. August 1883. Rechtlihe Bedeutung der gemäß S8. 66 der Scchulordnung vom 11. Dezember 1845 aufzunehmenden Schulmatrikeln. Befugniß der Regierungen, in Schulangelegenheiten auch der größeren Städte sich der Landräthe als ibrer Kommissarien zu bedienen. Anhörung und Betheiligung der städtishen Behörden bei dem Verfabren zur Pensio- nirung von Lehrern -an städtischen Schulen. Ist der Erwerber eines Trennstückes, nahdem er den übzc die aus dem Schulverbande entspringenden Leistungen, in Anwendung des Geseßcs vom 25. August 1876 aufgestellten Vertheilungéplan unangefohten gelaffen, gegenüber ciner darauf gestützten Atgabenforderung noch mit dem Einwande zu hören, die Abgabe unterliege gesetzli der Bertheilung nicht ? Gegenstand und Umfang der Rechtsprehung der Verwaltungs- gerichte gegenüber den Seitens der Betheiligten angefochtenen Beschlüssen der Sculaufsichtsbehörden, betreffend Neu- und Reparaturbauten bei Schulen. Der Bau und die baulihe Unter- haltung der Schule liegt im Geltungsbereich. des General-Landsc{ul- Reglements vom 3, November 1765 und des Schulreglements für die niederen katholisGen Schulen vom 18. Mai 1801 der politischen Ge- meinde und der Gutsherrschaft, falls es ab:r an der Ersteren fehlt, der Gutsherrschaft allein ob. Zu den Gutsherren im Sinne der Preußischen Schulordnung gehören nicht nur die Eigenthümer der vom Landesherrn zu adligen Rechten auszethanen Güter, sondern auch die Besißer ebemaliger, auf Grund der Domänen-Veräußerungs- Instruktion vom 25, Oktober 1810 unter Beilegung der Ritterguts- qualität veräußerter Domänen- Vorwerke, sowie endlich die Besitzer folcher Güter, welche nah Maßgabe des Geseßzes vom 14. April 1856 zu felbständigen Gutsbezirken erhoben sind. Die Aufbringung des Mehrbedarfs an Brennmaterial in Fällen, in welchen die Erweiterung der in cinem Domänendorfe belegenen Schule dur die wachsende Ginwohnerzahl der Schulgemcinde nöthig geworden und der Schule neben domänenfiskalischen Dörfern au nicht zum Domanium gehörige Gemeinden, Ortschaften 11nd Güter zugewiesen sind, Die für den Unterhalt der Lehrer an den katholischen Elementar schulen Schlesiens den Domin en gesetlich auferlegten Beiträg2 sind nicht nur von dem Gutsherrn des Shulorts, fondern von allen zum Sc{ulbezirk gehörigen Dominien 0 A Se zu einer katholischen Clententarshule in Schlesien ges{chlagenen Herr- schaften und Gemeinden dilden keine Schulgemeinde mit juristischer Persönlichkeit und werden durch dea Schulvorstand nit vertreten. Streitigkeiten über einzelne Schulbeitragsraten, welche der Schulvor- ftand umgelegt und eingefordert hat, find zwischen diesem und dem Herangezogenen im Wege des Einspruchs und der Klage zu ecledigen, Wird im Geltungsbereih der preußishen Shulordnung die Er- weiterung ciner \chon bestehenden Schule dur die wachsende Ein- wohnerzahl der Schulgemeinde selbst nothwendig, so sind die Leistungen der Gutsherren bei Bauten für das erweiterte D dürfniß -— sofern bezüglih dcs einzelnen Baufalls nicht beson- dere Vereinbarungen zu Stande kommen ledigliG nach dem Gesetze und niht nah Herkommen oder Verträgen zu bestimmen, durch welche die Schulbaulast im Allgemeinen in “abweichender Weise geregelt ift. Nach §, 13 des Gcneral-Landschulreglements für Schlefien vom 5. November 1765 trifft die Verpflichtung, für die fatholishen Schulen neben den Gemeinden Baubeiträge zu leisten, nicht ledigli die Gutshercschaft des Schulorts, sondern die sämmt- lichen zur Schule ges{chlagenen Dominien, ohne Nüctsicht darauf, ob die Dominial-Besißer im Schulbezirk wohnen odec nicht. Sind Herrschaft-n und Gemeinden an der Baulast betheiligt, so steht im Mangel gültiger Verträge oder rehtsbeständiger Gewohnheiten der Regierung die Bestimmung darüber zu, was jeder Kontribuent zu ge- währen hat. Squlvesuh und Entlassung der Kinder aus dem Schulunterriht. Ge*angunterriht in den Volksschulen. Per- fonalronif.

Statistische Nachrichten.

Die landwirthschaftlidben Haupt- und Neben- betriebe in Preußer. 1882, (Stat. Corr.) An den Ergebuisser der landwirthschaftlichen Betriebssta-istik, welcbe aus den Materialien der Berufszählung vom Iahre 1882 hergestellt worden ist, wurde \. Z. bemängelt, daß von unverhältnißmäßig vielen Haushaltungen aus die Landwirthschaft betrieben werde, in Preußen beispielsweise von 3040196 oder voi 534% aller überhaupt bestehenden Haus- haltungen. Es dürften, so wurde eingewendet, zahlreiche kleine Land- wirthschaftsbetriebe, für welche die Bodennußzung kaum noch eine irgend wesentlide ökonomische Stüße der Haushaltung abgebe, fo wenig ftlatistisck wie wirthschaftlih der Landwirthschaft zugerechner werden; das gelte auch für viele nur nebenfer betriebene Landwirtt- schaften (Nevenbetriebe).

Allerdings kommt es für eine Landwirthschaftsstatistik nicht allein auf die Zaÿ)l der Betriebe, sondern auch auf deren wirthschaftliche Leistungs¡ähigkeit an. und letztere zu beurtheilen, bot die Unter- ¡heidung der Größenfklassen der Betricbe auch in jener Stastitik schon einigen Anhalt. Allein die Wichtigkeit der berübrten Frage erforderte, daß noch weiter zu ermitteln versucht würde, für wie viele Haushaltungeti die Landwirthschaft alleinige oder hauptsählihste Nahrcungsquelle wäre. Das Berufszählungsmalterial bot hierzu nach ciner Seite bin cine Unterlage, insofern cs die Unterscheidung der Wirthscaften gestattete, je nachdem sie von ihrem Inhaber hauptberuflih oder nebenteruflih betrieben wurden. Das Königlich preußische Statistische Bureau hat diese Trennung für Preußen durchgeführt und damit eine: weiteren Beitrag zur Schilderung unserer wirth\chaftlichen Organi- sation geliefert.

Wean hiernach die 3 040 196 Landwirthschaftsbetriebz Preußens in Hauptbetriebe und in Nebenbetriebe zerlegt werden, o bestanden im Jahre 1882 der ersteren 1232 168, der letzteren 1 808 028. In 213 % aller Haushaltungen Preußens war somit nach der eigenen Erklärung der Betheiligten der selbständige Landwirth\chaftsketricb Hauptberuf des Inhabers, in der Regel also wohl auch die haupt- sächli)ste oder alleinige wirthschastlihe Grundlage; denn von den Hauptberuf dar? erwartet werden, daß er für gewöhnlih seinen Mann nährt.

Die vorbezeichnete Thatsache gewinnt ihre volle Bedeutung aber erst durch jene andere, daß diesen Hauvtbetrieben 902%, der gesam:nten Wirthschaftsfläche des Staars zugehörten und jeder derselben im Durchschnitt 11,46 ha bewirth\chastete. Immerhin war au) unter den Hauptbetriebea der Parzellenbesitz(betrieb) nob verhältnißmäßig stark vertreten; denn 21,99% aller Hauptbetriebe hatten noch unter 2 ha Anbaufläche, bewirthschafteten aber allerdings zusammen nur 365 769 ha oder 1,52%/0 der gesammten Wirthschaftsfläche dieser Hauptbetriebe. Der Kleinbauerwirthscbaft (2—5 ha) gehörten 27,46% der Haushaltungen und 9,81% der Wirthschastsfläche an, dem gewöhnlichen bäuerlichen Besitz (Mittelbauern, 5—20 ha) 34,30 bezw. 22,73%, ter Großbauerschaft (20—100 ha) 14,63 bezw, 34,15 9%, und zu den Grofbetrieben (über 100 ha) zählten 1,62%, die 35,79% der Wirthschaftsflähe aller Hauptbetriebe in Anspruch nahnen.

Aber auch von deu übrigen landwirthschaftlihen Haushaltungen, die im Gegensatz zu den eben besprohenen Hauptbetricben als Neben- betriebe angesehen werden müssen, fällt noch ein beträhtlicher Theil in die Kategorie der reinen Landwirthschaften. Im Durchscnitt fommt näinlich auf jede derselben 1,36 ha Wirthschaftsfläche, und noch 5,97 %/a derselben mit 23,19 9% der nebenbetrieblih be- wirthschafteten Fläche würden zu den Kleinbauerwirthschaften, 2,87 %/o mit 22,88 9% der Flähe zu den Mittelbauern, 0,37 2%

mit 13,28 %/6 der Fläche zu den großbäuzrlihen Wirthschaften gehören ;

Wirthschaftsfläche. Dienfstländereien

dienern u. \. w., Diensteinkommens

verbleiben Staats der lediglich nebenberu splitterung des Bodens vorbehalten.

Nach dem Ausgeführten wird die hierunter folge der landwirthschaftlichen Hauptbetriebe und der Ne! die Wirthschaften nah den einzelnen Größenklassez zur Darstellung bringt, nit ohne Interesje sein. Unter d 1882 ernittelten Landwirthschaftsbetrieben in Preußen befanden si

mit ciner

Anbaufläche Zahl von fläche (ha)

18 453 3 040 594 539 62 093 396 793 394 439 569 836 304 079 182/328 0/049 6: O22 258 201 219 825 30 5974 2439 89: 1 256 114116 8 246 : 291 53 374

8 196 3 459 2: 8D 71 871

C .)

Unter 0/20 0,20 bis

D. A. L S S M M S

waaren,

von Deutschland.

ja, es befinden si darunter sogar 388 Großbetriebe mit 155 617 ha

In der That würde die Bewirthschaftung der von Beamten aller Art, von Kirchen- und Shul- deren Ertrag meist einen wesentlihen Theil des bildet, bei der Statistik der Bodennutzung bezw. für die Erzeugung von Nahrungsmitteln mit Necht als vollgültige Landwirtbschaft zu rechnen sein; nicht minder gilt dies von den größeren Landwirthschaften, welche häufig mit Zuckerfabriken, Brauereien und fonstigen Gewerbebetrieben äußerlich verbunden sind. höchstens 31/7 % der gesammten Wirthschaftsflähe des flihen Benutzung bei größter Zer-

Hauptbetricbe: Nebenbetriebe : Wirthschafts- Zahl

1 95 648 73 621 748 084 2 156 364 289 107 291 570 Ö 338 300 02115 154 954 10 240 278 2 100 O 36 699

149 672 5 799 348 5 456

3 136

über 1000 473 954 385 10 13 120

2457 567

überhaupt 1232 168 1508028

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Das im Auswärtigen Amt bearbeitete Verzeichniß der erlih deutschen Konsulate (Juli 18 der Königlichen Hofbuchhandlung von E. S. Mittler und Sohn hierselbst, Kochstraße 68—76, erschienen (Preis 1 46 25 4). Gleich- zeitig erschien ebenda und in derselben Weise redigirt ein Ver- zeihniß der Konsuln des Auslandes im Deutschen J L897 Qa S0 S)

Veterinärwesen.

Nachrichten über Verbreitung von Thierkrankheiten

im Auslande. Oesterrei. Laut der am 7. Juli 1887 vorliegenden Meldungen Land. Zahl der infizirten Orte. Lungenseuche. Mähren Böhmen j; Nieder-ODesterreich Schlesien N Schafräude. Meder Dee (t der am 14. Juli 1887 vorliegenden Meldungen. Lungenseuche. Mähren Böhmen Z Nieder-ODesterreich Schlesien

Schafräude.

Nieder-Desterreich N i der am 21. Juli 1887 vorliegenden Meldungen. Lungenseuche.

r

Mähren Böhmen ; MNieder-Oesterreic Schlesien N Schafräude. Ieder: Deter 5 der am 31. Juli 1887 vorliegenden Meldungen.

Lungenseuche. Mähren. ; Böhmen Nieder-Oefterreich Schlesien : E : Klauenseuche. Böhmen i Schafräude. Vtieder-Desterrcich : Ungarn.

Vom 14. bis 21 Juni 1887. Milzbrand . in 17 Komitaten, 26 Gemeinden. Ugen O 5 2 è

Vom 21. bis 28, Juni 1887, Milzbrand . in 21 Komitaten, 42 Gemeinden. Lungenseuche 4

. "u 9 " Maul- und Klauenseuche, 1 : 1

Bom 29, Vunt bis 5. Juli 1887. Milzbrand... , in 23 Komitaten, 43 Gemeinden. Ce O ; 12 Maul- und Klauenseude, 2 7 0 é

Bom 5. bis 12. Juli 1887.

Milzbrand . in 20 Komitaten, 31 Gemeinden, Lungenseuche O 5 ;

Maul- und Klauen seu(2, 3 : 3 7 Vom 12. bis 19, Juli 1887,

Milzbrand . in 26 Komitaten, 40 Gemeinden.

Lungensfeuche : C

d ; 9 : Maul: und Klauenseuche, 3 E O Schweiz. Born 16. bis 30, Juni 1887. Maul- und Klauenseuche.

Kanton : ; : Au Bern tin 1 Gemeinde, 1 Weide mit 40 Nindern.

Le U y L, O f )

E Ly ? Bom 1, bis- 15, Juli 1887,

Maul- und Klauenseuche: Kanton Luzern in 1 Gemeinde, 3“Weiden mit 36 Rindern, 46 Ziegen und 4 S{hweinen.

l Belgien. : Vom i. bis 30, Juni 1887,

Lungenseuche in 8 Provinzen: 36 Gemeinden, 48 Slälle mit 68 Rindern.

Gewerbe und Handel.

Das „Journal de St. Péterêbourg" entnimint vem Bericht der russischen Zollverwaltung eine Reihe von Angaben über den Außen- Handel Nußlands im Jahrcc 1886, Danach kamen mehr als £ der Cinfuhren aus Deutschland und mehr als 300 britannien. Von 485 891 Pud (1 Pud = 16,381 kg) Kaffee, welche MNußland 1886 importirte, lieferte Deutschland britannien 182 372 Pud.

Thatsächlich

nde Nachweisung venbetriebe, welche 1 der Anbaufläche en im öIahre

Wirthschafts- fläche (ha)

87) ift soeben in

2 Ziegen, 6 Pindern.

/o aus Groß-

264 444 Pud, Groß- Aehnlich ift es mit allen anderen Kolonial- Der amerikanisbe Tabak kommt fast cus\cließlich über Deutschland na) Rußland (1782 Pud von 2163 Pud). Auch die Baum- woll-Einfuhr vermitteln oroßenthcils englische und deutsche Kommissions- häuser. Im Jahre 188 wurden nah Rußland eingeführt 7,2 Millionen Pud Baumwolle, davon 1,7 Millionen Pud von England, 1,47 Millionen Bezüglich des Imperts fabrizirter