1908 / 32 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 06 Feb 1908 18:00:01 GMT) scan diff

dings totgeshofsen bin, dann kann es mir ganz gleih sein, wie diese Be- \timmungen gewesen sind. komme jeßt zu der Rede des Abg. Noske. Seine Rede war lang, aber sie war eigentli nichts. Ueber die Zustände in der prets Armee könnte ih Ihnen gedrucktes Material unter- breiten, daß Sie Ihr blaues Wunder erleben würden; die Schweizer Offiziere müssen die unglaublihsten Antworten einstecken, aber es ist au vorgekommen, dah einem Rekruten dreimal mit dem Säbel über den Kopf geshlagen worden ist. Das ist die Kehrseite der Medaille ; zügelloser Freiheit und Frechheit folgt unmittelbar die Diktatur des Säbelregiments. Der Abg. Noske sagte, Sie brächten keine Mißhbandlungsfälle diesmal. vor, Sie hätten aber gavze Stöße. Wer lacht da? Sie haben nischt! Diese Beratung des Militäretats zeihnet sch dadurh aus, daß nicht eine einzige Mißbandlung hat vorgebraht/ werden können. Auch der Abg. Dr. Müller-Meiningen hat Pgeiamnen, daß die Mißhandlungen von Jahr zu Jahr abgenommen haben; die Militärbehö:de tut, was in ihrer Kraft steht, um sie hintanzuhalten, und wenn in einem folhen riesenhaften Organismus wie dem deutschen Heere kein Fall mebr aufgetreten ist, der sih einigermaßen zur Sensation eignet, so ist das eine folofsale Leistung, die keine andere Armce auf- zuweisen hat. Der Abg. Noske meinte dann, es sollte der Ton zwischen Vorgeseßten und Untergebenen ein lieben8würdigerer sein. Ich bin auch dafür, ih halte diese furchtbare Grobbeit und das Schimpfen nicht für erforderlih. Ob Sie (zu den Sozialdemokraten) das gerade durchführen würden, weiß ih nicht; wir kennen ja das Wort: Wer nicht pariert, der fliegt! Und wenn Sie nun die Disziplinarstrafgewalt abschaffen wollen, wenn Sie es unerhört finden, daß ein Offizier einen Untergebenen einspunnen kann, nun, ein Schwadrons- oder Kompagnieauss{uß hat uns gerade now gefehlt ; und wenn Sie eine kolofsale Härte darin finden, daß der Betreffende erst eingesperrt wird und sih dann beschweren fann, so bedenken Sie doch, wie der Gerichtshof bei den Zivilgerihten dann und wann jemand wegen Ungebühr sofort abführen läßt, der dann brummen muß. Daß der kommandierende General für Dienstreisen entsprechende Diäten bekommen muß, ift doch selbstverständliß. Im AlUensteiner Fall haben Sie Be- denken wegen der Ueberführung Angeschuldigter in eine Irrenanstalt zur Untersuchung ihres Geisteszustandes. Das haben wir shon lange für bedenklih gefunden, auch bei den Zivilgerihten, daß jedem Nowdy, jedem ruchlosen Verbrecher gegenüber zuerst daran gedaGt wird, ob er auch noch seinen Verstand hat. Hier müssen der Wissenschaft Zügel angelegt werden, einer Wissenschaft, die dahin geht, diese Fälle mehr als oft unter dem Gesihtswinkel des gestörten Ver- standes zu betrahten. Dann sind die bedauerlichen Vorgänge erwähnt worden, die sich an die Namen Lynar und Hohenau knüpfen. Sie (zu den Sozialdemokraten) haben da auch Ihre Ansichten einer Re- vision unterzogen in der Richtung zu dem Standpunkt, den wir immer eingenommen baben. Sie waren es früher, die gewisse Dinge als eine Art selbstverständlihe Ausübung menschliher Rechte betrachtet haben; gestern haben Sie gesagt, daß dies eigentlich mit Zuchthaus bestraft werden müßte. Das if ganz unsere Auffassung. Ich bin kein Spion, und was hinter vershlosfenen Türen vor fi eht, hat jeder mit seiner Ebre und seinem Gewissen abzumachen ; aber für einen solhen Mißbrauch von Untergebenen gibt es in der deutschen Sprache fein Wort der Verurteilung, das hart genug wäre. Zuchthaus, meinetwegen, obwohl, wenn einer fo hoh gestanden hat und so tief fällt, es ziemli glei bleibt, ob der Richter thm Zuchthaus oder Gefängnis zudiktiert ; er ist und bleibt gerichtet. Der Abg. Noske fagte dann, in keiner Institution der Welt stießen die Klafsengegen- säße so chrof auf einander wie im Militär, insonderheit in der deutschen Armee zwischen Offizieren und Mannschaften, Wer das sagt, der hat von dem Geist der deutshen Armee keinen Hauch verspürt. Vergessen sind die Zeiten der Abg. Wieland hat heute daran erinnert —, wo die deutshen Armeen uns das Deutsche Reich ereus haben. Wer spriht jegt noch davon, daß das erste baverishe Korps im Verlust an Offizieren nur noch übertroffen wird van dema.dritten preußishen Korps, wer spriht noch von den S(hlachten von Saint-Privat, wo die preußische Garde 315 Junker hat liegen lassen, in einer Zeit, wo hier nur noch geshimpft wird auf die Junker und das Gardekorp3? Wer spriht noch von der Waffenbrüdershaft zwishen Preußen, Sachsen und Hessen ? Mir wollen das nicht vergessen, und wenn Sie an diese Zeit wir leben ja {nell nicht mehr zurückdenken wollen, dann darf ih Sie gerade angesihts der Angriffe, die auf die Gardekavallerie in den Zeitungen fortgesezt gestanden haben, an Ereignisse aus allerleßzter Lu erinnern. Am Waterberg sind céiálien der Leutnant von Bodenhausen und der Graf Arnim von den Gardes du Corps. Sie glauben, sich in den Dienst Ihrer Mitmenschen zu stellen, indem Sie ihnen einen Zukunftsstaat heranbringen wollen, der die irdische Glüdckseligkeit enthält; wir alle glauben im Dienst unserer Mitmenschen zu handeln, wenn wir einem, dem es \hlehter geht wie uns, nügen können. Graf Arnim. ist gestorben, weil er einen seiner Neiter vor dem Verbluten \{chüßen wollte; er batte allen Warnungen zum Troß, sih nicht dem sicheren Tode preis- zugeben, fein junges, glüdlihes, reihes, hoffnungsvolles Leben hin- eworsex, obne zu zucken, er sagte si: Hier hilft keiner, ich werde

ir helfen. Wir wollen alle an unsere Brust {lagen und uns prüfen, ob wir in unserem Leben einen ähnlihen Zug von

Nächstenliebe zu einem der Aermsten und Elendesten aufzuweisen haben, wie ihn dieser Offizier von den Gardes du Corps durch seinen Tod besiegelt hat. Ih habe bei der Rede des Abg. Bebel gefunden, daß wir manche Berührungspunkte haben. Der Abg. Bebel und ih halten beide den Revisionismus für Schwindel. Der Abg. von Liebert hat {on in dankenswerter Weise erwähnt, und ich will es trotdem noch einmal tun: wenn es noch eines Beweises bedürfte, wie Sie (zu den Sozialdemokraten) zu dem Revisionismus steben, würde er durch den Umstand erbraht sein, wie Sie sich bei der Verlesung der ershütternden Mordnachriht aus Lissabon verbalten haben. Ih führe das hier an, damit den Nacht- müßen und Tranlampen im Deutschen Reiche, die noch glauben, daß man Ihnen (zu den Sozialdemokraten) mit Schokolade bei- fommen fann, ein Licht aufgehe. Ihr Haß _ gegen das Offizierkorps und die Armee und Anlei Liebe zu Offizierkorps und Armee geben eigentlich aus demselben Boden hervor. Sie wissen so gut wie wir, daß erst noch eine Macht, die legte, überwunden werden müßte, ehe Ihre Ideen in Erfüllung gehe, ehe Ihr Zukunfts- staat kommt, über den \sich immer noch kein Mensh klar ift, ob er ein allgemeines Irrenhaus oder allgemeines Zuchthaus ift. Der Faktor, der davorsteht, ist die deutsche Armee und ist das deutshe Offizierkorps. Sie wissen es, und wir wissen es, daß, wenn in ter Geschichte unseres Vaterlandes ein neuer Tag von St. Privat heraufziehen sollte, dann die deutsche Armee, die preußischen Garden und unser unüberwindlihes Offizierkorps stehen würden auf der Sonnenböhbe ihres alten Ruhms.

Abg. Ha eusler (Zentr.): Auf die Frage der Iwelidhrigen Dienstzeit bei der Kavallerie und reitenden Artillerie muß ih mit Rücksicht auf die Ausführungen des bayerishen MilitärbevollmäWhtigten kurz zurüd- fommen. Ob ih sahverständig bin oder niht, kann hier vollständig gleihgültig sein. Ich bin überzeugt, daß in einem Volk in Waffen, wie dem deutshen, das derartige materielle und persönliche Opfer für die Ausgestaltung und Erhaltung seiner Webrkraft bringt, jeder einzelne Abgeordnete berechtigt und verpflichtet ift, nit nur finanziell, sondern auch in sahlicher Richtung auf die Ausgestaltung unseres Heerwesens einzuwirken. Wir dürfen diefe lawte Ausgestaltung durhaus nicht den m litärishen Sathverktändigen allein überlassen. Daß mein Antrag auf Herabseßung der Dienstzeit auf erheblihen Widerstand stoßen würde, konnte dem nicht zweifelhajt sein, der die Schwierigkeiten kennt, die der Verkürzung der Dienstzeit bei den Fußtruppen seinerzeit entgegengestelt wurden. Fn der Tat waren denn auch die Argumente des bayerishen Be- vollmächtigten genau dieselben, die seinerzeit von den Gegnern der ¿weijährigen Dienstzeit vorgebraht wurden. Sind die Truppenteile mit zweijähriger Dienstzeit {hlechter geworden ? Ganz entschieden muß ich zu der Auffassung des bayerishen Vertreters Stellung nehmen, daß meine Forderung eine Vermehrung der Soldaten-

mißbhandlungen hervorrufen würde. Da möchte ih: wissen, wié es in einzelnen Infantexietruppenteilen draußen in der rovinz in wenig beliebten Garnisonen aus müßte. Dem Abg. Liebermann von Sonnenberg möchte ih. meinen Dank auss\prehen, daß er in objektiver Würdigung des Für und Wider anerkannt hat, daß meine Forderung unter Umständen dur en: ist. Den Grafen Oriola mötte ih hon jeßt darauf hinweisen, daß, wenn die Sache fich zu einer Geldfrage gestalten sollte, der Reichstag verpflichtet wäre, unbedingt, wie er die Mittel zur Durchführung. der zweijährigen Dienstzeit damals aufgebraht hat, au hier die notwendigen Mittel aufbringen ms ie sind dazu dur die Art. 57 und 58 der Reichsverfafsung verp

Abg. Hilpert (Mittelfränkisher Bauernverein) wendet si gegen den sozialdemokratishen Antrag auf aNgRne ine Einführung der ein- jährigen Dienstzeit und befürwortet insbesondere die Refolution be- treffend Gewährung von Ernteurlaub.

Abg. Köhler (wirtsch. Vgg.) begründet ausführlich die von ihm eingebrahte Resolution wegen des. Militärunterrihts in der lands wirtschaftlichen Naturkunde. Seitdem der Reichékanzler sich als den agrarishen Reichskanzler, im Gegensaß zu dem Kanzler aprivi, be» kannt babe. dürfe man auf bessere Zeiten für die Landwirtschaft hoffen. Dann müsse aber auch in allen Kreisen, au in militärischen, auf- flärend gewirkt werden. Die Zeiten Caprivis dürften niemals wiederkehren. Bisher habe man in den Fortbildungs|chulen Gutes geleistet, aber wie man den landwirtschaftlichen Unterricht in den Fortbildungs\chulen erteilen könne, haben wir nicht gewußt. Es müsse die Zeit kommen, wo die Bauern niht nur physische Kraft, sondern auch geistige Kraft besäßen. Das würden au die Sozialdemokraten zu ihrem Schaden erfahren. Solle aber dieses Ziel erreiht werden, so müsse der Unterricht in den Kasernen au nah einer rihtigen Methode und einem richtigen System gegeben werden. Dann würden sih die Bauern auh nicht mehr fo leiht von den Parteien der äußersten Linken einfangen lassen. Die Bauern hbâtten heute \{chon ein lebendiges Bildungsbedücfnis, sie müssen von oben herab unterstüßt und geföcdert werden. i

Abg. Zubeil (Soz ): Wenn wir die Teilnahme an der Beileids- kundgebung für den König von S abgelehnt haben, so befinden wir uns in der guten Gesellshaft des ungarishen Parlaments. Nach- dem der starke Mann in Portugal seinen König im Stiche gelassen und die Flucht ergriffen hat, möchte ih dem Abg von Oldenburg den guten Rat geben, an dessen Stelle zu treten. Mag er do einmal ver- suchen, ähnlihe Wege hier einzuschlagen, wie sein Gesianungs enosse Franco. Wir bekämpfen das Militärkabinett, weil es will, daß der Kriegsminister nihts weiter sei als seine lentbare Puppe. Die Militärmißhandlungen sind ja in der Oeffentlichkeit der Zahl nach zurückzetreten, im geheimen aber blühen sie ruhig weiter. Als Offizier hat der Abg. von Oldenburg auf das Parlament hingewiesen. Es scheint, daß auch die Offiziere auf das pfeifen, was der Kriegs- minister und die Allerhöchsten Stellen gegen die Militärmißhandlungen ausgeführt haben, denn sonst würden diese niht in diesem uf fortbestehen. Au wir - sind für Disziplin im Heere, aber. diese darf doch viht ¿u einem Kadavergehorsam herabsinken. Wie es mit dem Beschwerdereht steht, wissen wir dcch hinlänglih ; wir wissen auch alle, wie es in den Stuben der Kasernen zugeht. Die Beshwerdeführer müßten mindestens zu cinem anderen Truppenteil verseßt werden, sonst haben es die Vorgeseßten in der Hand, ihnen das Leben zur Hölle zu machen. Die Miilitär- u igen werden niht cher vershwinden, bis nicht die Soldatenschinder mit Schimpf und Schande davongejagt werden. Die Kompagniechefs müssen sich um ihre Untergebenen bekümmern, auch außerhalb des Dienstes. Im 64. Regiment, 11. Kompagnie, wurde ein Mann von seinem Unteroffizier auf das ärgste mißhandelt, dieser stieß ibm mit dem Seitengewehr durch sämtliche Sachen hin- dur ins Fleish. Ein solcher Unteroffizier müßte unbedingt ent- laffen werden, weil er feine Untergebenen ausbilden kann. Den Mannschaften wurde in derselben Kompagnie der Kaffee eines Morgens entzogen, die Mittagszeit verkürzt. Der Kompagniehef aber hat das übersehen, seine Aufsichtspflicht niht erfüllt. Die Soldaten mußten ihr Unterzeug washen und am nächsten Morgen naß- und kalt wieder anziehen. Darunter muß natür- lih Leben und Gesundheit der Mannschaften leiden. Gegen einen ein- tretenden Bäckergesellen wurde beim Fußartillerieregiment 4 eine Denunziation eingereiht, er sei ein Sozialdemokrat und Vagabund. Darauf wurde ibm von seinen Vorgeseßten eröffnet: Wir wissen, was Du für ein Hallunke bist, und werden {hon dafür sorgen, daß Du nit lebendig davon kommst. Darauf begann für ihn eine Leidenszeit der ebbas Mißhandlungen. Er wurde zum Krüppel ge- \chlagen. Daß die Militärbehöcde seinen Anspru niht für un- begründet hielt, geht hon daraus hervor, daß fie ihm zweimal, ein- mal 40, dann 20 M bewilligt hat. Aus Unkenntnis der Sache hat er es versäumt, \ih seinen Anspruch scriftlich bestätigen zu lassen, so daß er seine vollen Ansprühe bisher nicht hat geltend machen können. Beschämend ist es, daß die Militärbehörde si ge- weigert hat, dem Mann auf sein Verlangen die Namen ter beiden Denunzianten zu nennen. Ein Wort noch für die alten Veteranen. Ein Veteran Naumann hat den Sturm bei Alsen und die Schlacht bei Beaumont mitgemaht und ist {hon bei dem ersten Winter- feldzug an Rheumatismus erkrankt. Er wandte sich an das Bezirks- fommando in Jüterbog wegen sciner Papiere, um seine Ansprüche geltend machen zu können. Das Kommando hat aber die Aushändi- gung der Akten verweigert. Der Mann ift vollkommen area Alle seine Eingaben an das Kriegsministerium sind stets zurück- gewiesen worden. Ist das das dankbare Vaterland, das einen Siebziger so behandelt ? Besißt das herrlihe Deutshe Reich nit so viel Mittel, um einen Mann, der nur kurze Zeit noh zu Leben hat, Fnigermaban sicher zu stellen? Wir werden uns nit abhalten assen, auch in Zukunft die Rekruten in den Kasernen darüber auf- zuflären, daß fie nee nur Pflichten, sondern auch Rechte haben. Wir stimmen für die Resolution, die den Soldaten das Recht auf Urlaub erweitern will, weit höher aber steht uns diejenige, welche ihnen die Löhnung erhöhen will. Die jungen Leute werden gezwungen, 3 Jahre gegen thren Willen in dieser Erziehungsanstalt zuzubringen, und man verweist sie für alle ihre Bedürfnisse, auch für tas Putzzeug, auf die kärglihen paar Pfennige Löhnung. Ich ersuche den Bertreter des Kriegsministeriuums, die vorgebrachten Fälle zu unter- suhen, den Soldatenschindern diejenige Bestrafung zuteil werden zu lassen, die ihnen gebührt.

Abg. Dr. Leonhart (fr. Vellend, Was der Vertreter des Kriegs- ministers über die Kompetenz des Militärkabinetts ausgeführt hat, hat mein Freund Müller - Meiningen nie bestritten. Aber aus- geshwiegen hat sich der Vertreter über die Frage des Militärstraf- rechts und des ehrengerihtlihen Verfahrens, ein Beweis, daß das Hindernis für eine Reform des Militärstrafrehts auch beim Militär- fabinett liegt. Die Lage der Sanitätsoffiziere läßt vielfa zu wünschen übrig; den Militärärzten, namentli in kleinen Garnisonen, werden alle möglichen Arbeiten aufgepackt, für die sie gar keine oder nur ganz unbedeutende Entschädigung erhalten. Jedenfalls stehen die Militär- ärzte den Zivilärzten unverhältnismäßig nah. Ueber die Militär- apotheker wird insofern Beshwerde geführt, als den Apothekern oft, wenn sie so weit sind, eine Konzession erhalten zu können, Militär- apotheker vorgezogen werden.

Abg. Graf von Finckenfstein (dkons.): Die von dem Abg. Zubeil

angeführten Mißhandlungsfälle haben keine Beweiskraft; was wollen diese wenigen Fälle * für eine solhe Riesenarmee wie die deutsche besagen? Es ist auch die Behauptung wieder aufgewärmt worden, daß der Sohn eines früheren Kriegsministers ein Soldatenmißhandler ewesen sei; diese -Behauptung, ann, ist con früher von dem Abg. von Normann gebührend jrsetgewielem worden. Wie stellen sh übrigens die Sozialdemokraten, je hierüber so heftig Beshwerde führen, zu dem Terroriëmus, den sie selbst und ‘ihre Genossen gegen Arbeitswillige ausüben, die geoiandelt, geshlagen, mit Füßen getreten werden? Was die

ünshe auf Vermehrung der kleinen Garnisonen betrifft, so hat der Minister ja in dieser Beziehung Versprechungen gemaht. Ich bitte ihn sehr, jeßt diesen Worten - auch Taten folgen zu lassen. Für die

ie sich nur auf Roon beziehen :

x wirtischaftliher Bedeutung ; das gilt namentlich von Ost- und preußen. Man sollte also so bald wie mögli bei Truppendislokationen hierauf Bedacht nehmen; für die Handwerker in den kleinen Städten und auch für die Landwirte dort und in der Nachbarschaft hängt davon sehr viel ab. Auf diese Weise fommen die großen Militärausgaben auch wieder dem Volke zugute. In Westpreußen müssen die kleinen Städte ohne Garnifon fast dur» weg 200, ja selbst über 300 %/% Kommunalsteuern erheben. Jn Ostpreußen liegen die Verhältnisse ähnlich geaen erhebt in Lo z. B. niht eine Stadt unter 10 000 Einwohnern über

0/6 Kommunalabgaben. Etwas Wahres möchte ja vielleiht an der Behauptung des DA Bebel sein, daß die Kasernen die besten Agitationsherde der Sozialdemokratie sind; darum sollten wir die wirtschaftliche Lage der kleinen Städte auf einer Höhe erhalten oder wieder auf eine Höhe bringen, daß sie der Gefahr der sozialdemo- kratishen Verseuhung nicht unterliegen.

Abg. Lin ck (nl.): Den selbständigen Handwerkern sollte von den Reichs- und Staatsbetrieben mehr Arbeit zu angemessenem Lohne zu- gewendet werden. * Zu diesem Zwecke sollten die preußishen Sub- missionévorschriften, die si, wo sie in Kraft sind, bewährt haben, au in den Bereih der Militär- und Marineverwaltung eingeführt

kleinen Orte sind Garnisonen von grö

werden, wo sie nach einer Aeußerung -des früheren taats- sekretäâäcs Grafen Posadowsky bis jeßt noch nicht gelten. Ih bitte die Heeresverwaltung um eine Aeußerung zu

dieser Frage. Die Subwissionsfrage is doch ein nicht un- beträchtliher Teil einer verständigen Sozialpolitik. Um seine ge- steigerte Intelligenz und Leistungsfähigkeit zu beweisen, muß der Handwerker doch vor all m Arbeitsgelegenheit erhalten. Für den Staat kommen nicht allein finanzielle Rücksichten, sondern au politishe Erwägungen in Betracht, die Rülksiht auf die Er- haltuna eines kräftigen Mittelstandes. Auch die Militärverwaltun muß ih an der fozialpolitishen Aufgabe beteiligen, das Handwer gegen die Großindustrie zu {üß:n. Es muß das Submissionswesen in handwerkerfreundlihem Sinne regeln. ie meisten preußischen Submissjonsbedingungen können ohne weiteres auch auf die Militär- verwaltung Anwendung finden. Bei der Auswahl muß darauf Rück- iht genommen werden, ob jemand die Meisterprüfun bestanden hat ; der Mindestpreis darf allein niht maßgebend fein E Im engsten Zusammenhange mit dem Submissionswesen steht die Frage der L N D Der legte Handwerkertag hat lebhafte Klage geführt, da Militärhandwerker außerhalb. ihres Dienstes. Es sollten tunlichst sämtlihe Militärarbeiten von Zivilhandwerkern ausgeübt werden. Die Privatwirte beschweren sih darüber, daß die Kantinenpähter ibnen durch den Verkauf von Militäreffekten Konkurrenz machen. Generalmajor von Lochow: Die preußishen Submissions- bedingungen werden in ihren wesentlihen Punkten von der Miilitär- verwaltung eingeführt werden. Wir haben Submissionsbedingungen immer gehabt, und ih fann hinzufügen, daß alle Punkte, die vom Vorredner als besonders im Interesse des Handwerks liegend an- geführt sind, bereits in unseren Bestimmungen enthalten find, mit Ausnabme der Bevorzugung derjenizen, die den Meistertitel führen. Ich stimme vollständig darin bei, L es darauf ankommt, wie die Bestimmungen gehandhabt werden. Das Jateresse für den Mittel- stand ist au bei der Militärverwaltung vorhanden. Wenn im übrigen Beschwerden wegen der Konkurrenz, die dem Handwerk durch Heran- zichung von Mannschaften entsteht, vorgebracht werden, so bitten wir, bestimmte Einzelfälle zur Sprache zu bringen. Wir haben den besten Willen, Uebelstände, wo He vorhanden sind, abzustellen. Abg. Haußmann (Dt. Volksp.): Auf zwei Anfragen ist von der Militärverwaltung keine Antwort erfolgt, erstens auf diejenige wegen der Ersparnisse. Der Reichskanzler hat erflärt : : denfe an Ersparnisse durch Vereinfahungen auch in der Armee, ih denke an die Reform des Strafrechts und der Straf- prozeßordnung. Wenn der verantwortlihe Staatsmann hier so ge- \vrochen hat, erwarten wir, daß die Militärverwaltung sich an diese Zusage erinnert. So viel Einheitlichkeit muß in unserer Verwaltung bestehen, daß der Reichékanzler niht nur dazu da ift, den ornamentalen Schmuck für die Reichstagsverhandlungen zu geben, und sih nicht mit der Militärverwaltung dahin ins Benehmen seht, daß seine Ver- \prehungen eingelöst werden. Auf diese Frage ist, troßdem zwei Vor- redner ausdrücklich darauf hingewiesen haben, ausweichend, beziehungs8- weise gar nicht geantwortet worden. Die ¿weite Frage ist die des. Abg. Müller-Meiningen, wie es sih mit der Scheidung der Befugnisse der Militärverwaltung und des Militärkabinetts verhält. Der Abg. Müller-Meiningen bat darge wie die Tendenz hberrshend ist, immer mehr Stoff in das Gebiet des Militärkabinetts hinüber zu ziehen, und wie Krieasminister, die darauf nit eingehen, nach kurzer Zeit ihren Abschied einzureihen genötigt gewesen seien. Diese wichtige Frage läßt sich nicht damit abmahen, daß man immer wieder das Wort Kommandogewalt braucht. Diese ift unbeschränkt, aber es fragt sid, welde Befugnisse unter die Kommandogewalt, und welche unter die Militärverwaltung gehören. Der Vertreter des Krie;sministers sagte gestern, der Kriegsminister muß noh geboren werden, der die Nehte der Kommandogewalt preisgibt. Muß au der Kriegsminister noch geboren werden, der die Rechte seiner Militär- verwaltung preisgibt, wenn es sich darum handelt, nicht alles hinübergleiten zu lassen an das Militärkabinett ? _Es liegen hier sehr ernste Fragen einmal für eine konstitutionelle Körperschaft, dann aber für die Armee selbst vor. Wir brauchen doch nit immer die Haken zusammenzushlagen, wenn hier das Wort Kommando- gewalt angewendet wird. Wir müssen die Forderungen des Nechts- staats auch dem Militärkabinett gegenüber zum Ausdruck kringen. Der Abg. von Oldenburg hob hervor, daß er Vorsigender eines Krieger- vereins sei; er hätte es nicht nötig gehabt, uns das auê- drücklih mitzuteilen, denn Inhalt und Stimmhebung seiner Aus- führungen haben es uns vollständig bestätigt, so daß wir es auch ohne seine Erklärung gewußt hätten Er hat davon gesprochen, das Verhältnis der Offiziere zum Kriegsherrn fei ein rein persönlihes. Das is nicht rihtig. Daß es als rein persönliches fortwährend in Anspru genommen wird, hat dazu beigetragen, daß fich eine so außerordentlihe Nervosität des Offizierkorps bemächtigt hat. Bei sehr vielen Offizieren unserer Armee herrs{cht ein innerlih fo unsiherer Zustand über ihre Zukunft, daß der Gedanke, ad nutum esielt zu werden und morgen obne Existenz zu sein, die ganze rbeitskraft wesentlih beeinträhtigt und die Offiziere so nervôs madit, wie wir sie bei der Behandlung der Mannschaften beobachten. insihtlich der Mißhandlungen hat der Abg. von Oldenburg der ilitärverwaltung einen \chlechten Dienst erwiesen, als er höhnisch meinte, die Linke besäße kein Material, fonst würde sie es vorbringen, und förmlich dazu aufgefordert hat, daß die erren von der Linken ihr Material zur Sprache bringen. ch môdte, was die württembergishe Militärverwaltung anlangt, ausdrücklich hervorheben, daß ih persönlih den Eindruck habe, es seien im Rahmen der WAELEMONEUNGeN Dae n, die groben und gröbsten Ausschreitungen im Laufe der leßten Jahre zurückgegangen. Wenn dazu die öffentlihe Kritik an diesem Playe beigetragen hat, so ist das gewiß ein ganz besonderes Verdienst dies Kritik. Um aber nicht mißverstanden zu werden, will 1h hinzufügen, daß im Rahmen der württembergischen Miilitär- verwaltung die ganze Handhabung des Beschweiderehts noch zu den allerschwersten Besorgnissen und Bedenken Anlaß gibt. Mir ist erft in allerjüngster Zeit eiu Fall bekannt geworden, wo die In- anspruchnahme des Beshwerderehts, die von dem Vorgesetzten als berechtigt anerkannt wurde, nur dazu gedient hat, daß die betreffenden Mannschaften 8 Tage nahher um so mehr von dem Unteroffizier gepilgel worden sind. In der Ueberwahung der unteren Organe durh die Offiziere und Verhinderung jedes Drucks auf die Mannschaft fehlt es noch in Württemberg, und wahrscheinli auch im übrigen Reiche-

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

dem Handwerk große Konkurrenz gemaht wird dur

M 32.

i Zweite Beilage zum Deutschen Reihhsanzeiger und Königlich Preußishen Staatsanzeiger.

Berlin, Donnerstag, den 6. Februar

1908,

(Sck&luß aus der Ersten Beilage.)

Die weiteren Ausführungzn des Abg. Oldenburg haben mi sehr intercssiert. Als er von Saint-Privat Cipoaen hat, E nicht ohne eine s{höône Sentimentalität von dem Opfertod von 300 Junkern, um darau3 das Recht der Junker abzulciten, da auf jeden Junker, der im Kriege gefallen t, 1000 gefallene Bürger fommen, mat es sich sehr |chleckt, wenn von der Rechten auf den Tod dieser Dreihundert besonders hingewiesen wird. Ebenso führte der Aba. von Oldenburg einen Fall “an, wo ein Offizier mit adligem Namen einen Reiter gerettet habe. Kommt es niht häufiger vor, daß die Mannschaft für ihren Offizier eintritt ?

Durch fscine Nede hat der Abg. von Oldenbur sdrüd betont, daß die Gegensäße zwishen Armee, Bm n Adel noch ganz außerordentlich \{charf und \chroff} sind.

F bedaure, daß von Ihrer Seite (rechts) an einem Ausglei

Gegensäßz: niht mitaearbeitet wird. ana sagte dec Abn pier Oldenburg, der Wissenschaft muß ein Zügel angelegt werden, der Wissenschaft, die medizinish untersuht, wie weit etwa krankhafte Aenderungen bei einem verbrecherishen Tun mitgewirkt haben. Es is merkwürdig, daß Sie diese Wissenschaft an- greifen in_ denselben Wochen, wo Sie sie hoh belobt haben, als man durch sie ekannt hatte, daß die Frau von Elbe pathologisch sei, und deshalb ihre Angaben keinen Glauben verdienten. Damals hat die Presse Jhrer Partei dieser Wissenschaft lebhafte Anerkennung gezollt. Wenn man Ihre

Argumente wegen Deus der jeßt noch dreijährigen Diensft- -

zeit hôrt, wird man lebhaft an die Kämpfe erinnert, die wir seiner- zeit bei der Einführung der zweijährigen Dienstzeit für die Fug: truppen gehabt baben. Ueberall wurde das gleiche gesagt. Wir können kein Zutrauen haben, wenn au jeßt wieder die Sachverständigen erklären, eine Herabseßung der Dienstzeit sei nicht möglich. Das Zu- reiten des Pferdematerials reiht nicht aus, um die Mannschaften auf Grund der allgemeinen Dienstpflicht zurückzuhalten, denn nur der Mann selbst soll kriegstüchtig ausgebildet werden. Ih muß zu meinem allertiefften Bedauern bestätigen, daß die Kasernen zu einer Verstärkung der Sozialdemokratie beitragen. Wenn die jungen Leute aus den Kasernen loskommen, so ma!schieren infolge der Ueber- anspannung im Dienste auch die Söhne von Vätern, tie absolut nit sozialdemokratisch sind, von den bürgerlichen Parteien weg in das Lager d:r Sozialdemokratie. Gerade deswegen möchten wir die Kasernen so ausgestalten, daß den einzelnen Soldaten nicht nur die starken Cindrück?, die sie in der Kaserne empfangen, erhalten bleiben, sondern daß auch die trüben Stimmungen, die jeßt noch in schr starkem Maße aus der Kaserne mitgenommen werden, immer mehr zurücktreten. Die Ausführungen des Abg. von Oldenburg arbeiten freilih niht in der Richtung. Ich habe den s{chmerz"ichen Einckruck, daß der Ton derselben die Kluft noch erweitert, die zwischen jenem S Ee 0E Sat ard Ms Geist besteht, der in den reisen besteht, die stolz darauf sind, Bürger zu sein, und

das, L And au ERRe vèrbautt: | E eneralleutnan xt von Armin: Es scheint mir, daß die Debatte über das Gehalt des Kriegsministers ihrem Ende a s go, und da möchte ih auf einige Punkte eingehen, die gestern zur prache gekommen sind. Zunächst erwidere ih dem Abg. Haußmann, daß ih auf seine Frage, auf welch:m Gebiete des militärischen Lebens nun Cisparnisse eintreten werden, ihm keine andere Antwort geben kann, als sie der Kriegsminister selb \{chon seinerzeit gegeben hat. Er hat sih dahin ausgesprohen, er müsse annehmen, daß der Neichs- kanzler mit seinen Worten gemeint habe, daß, wenn wir einmal mit der Landesbefestigung fertig geworden sind, der Zeitpunkt gekommen sein wird, an Ersparnifse zu denken. Was die Reform der Militärstraf- prozeßordnung betrifft, so steht ihre Abänderung im engsten Zusammen- hang mit einer etwaigen Neuordnung des Zivilstrafrechts. Wenn der Abg. Haußmann aber von mir verlangt hat, daß ih genau definieren solle, welhe Arbeiten eigentliß dem Militärkabinett. zufielen, und welhe dem Kriegsminister, so bedaure ih, daß ih dazu niht im stande bin. Das eine aber glaube ich fagen zu köôanen : der Kriegs- minister ist nahgerade bekannt genug, daß man wissen sollte, daß.er sih nicht nehmen lassen wird, was seinem Ressort zufällt. Der Abg. Haußmann hat gemeint, das Verhältnis der Offiziere zum Kriegsherrn sei niht ein persönliches, sondern ein gefeßlides. Das klingt sehr {hôn. Ich sage auch zu dem leÿ!‘en Saß: Sehr richtig; aber wenn es auch ein geseßlihes is, so ist es nach altem guten deutschen

Gefühl ein allerpersönlihstes, und gerade diese Seite gibt dem Verkbältnis des Offiziers zu seinem Kriegsherrn eina Wärme und seine Färbung. Es i|st gestern Klage geführt

worden über unliebfame Vorkommnisse bei einzelnen Bezirkskommandos. Der Abg. Erzberger hat in loyaler Weise ausgesprochen, daß der Kriegsminister 9, bereits über diese Vorkommnisse geäußert hat. Ih will lediglich einen Punkt hinzufügen. Die Stellung der Bejzirks- kommandeure ist im Hinblick auf die vielfältige Tätigkeit und die mannigfahen Beziehungen zu allen Ständen und Berufen eine sehr shwierige; sie erfordert viel Verftändnis, viel Ucberlegung, viel Takt. Wenn hier und da Verstöße oder gar Taktlosigkeiten vor- kommen, so ir das zwar niht zu entschuldigen, aber zu be- greifen und zu bedauern. Wir sind doch alle Menschen. Jch kann aber zu meiner Freude hervorheben, daß nach einer Orientierung, die ih mir in den leßten Tagen vershafst habe, sid herausgestellt hat, daß von allen den Fällen, über die das Kriegsministerium eine Aufklärung verlangt hat, ein weiteres Eingreifen des Kriegs- minifteriums gar nicht mehr nötig gewesen ist, weil die Vorgeseßten schon in verständnisvoller und entsprechender Weise aus freien Stüken eingegiiffen hatten. Auf die Frage der Krieg-roereine will ih nit nâber eingehen, die unte:liegt nur in zweiter Linie dem Kriegêministerium. Betonen will ih nur, daß, wie der Abg E-zberger rihtig hervorgehoben hat, das Kriegsministerium ein warmes Interesse an der Entwicklung, der gesunden Entwicklung diefer Vereine hat. Der Abgeordnete dat ridtig hervorgehoben, die Vereine haben die Aufgabe der Pflege der Kameradschaft und ter gegenseitigen Unterstüßung und er Pflege königêtreuer und vaterländisher Gesinnung. Ich stimme mit ihm ganz überein, daß alle Mittel angewendet werden müssen, dey Frieden und Eintracht in diesen Vereinen zu erbalten, damit sie sich ge- perdlidh entwideln. Um auf die Militärçcerihtsbarkeit z1rückzukommen, so arren in bezug auf dieselbe in vielen Nichtungen falsche Auffassungen. avon, daß das Militärkabinett eine Etnwirkung in \{uristischen

ragen ausübe, kann gar niht die Rede sein. Die Justiz- verwaltung, die Justizaufsiht liegt beim Kriegsministerium, und diejenigen gerihtlihen Urteile, welhe Seiner Majestät

dem Kaiser zu unterbreiten sind, werden vom Reichsmilitär- ot unterbreitet. Wenn das Militärkabinett hierin irgendwie spielt, so kann es nur mitspielen als Bureau, als Kanzlei, Seit ih das gestern {hon erwähnt habe. Von sozialdemokratisher i ci gesagt worden, es sei wunderbar, daß das Nichterscheinen d ontrollversammlungen, selbs wegen triftigster Gründe, mit Reit bestraft werde. Davon ist selbstverständlich gar nit die i at Wenn ein Mann den Befehl zu einer Kontrollversammlung s ¿lat und es liegen wirklich durchs{lagende triftige Gründe M6 o wird er natürli nit bestraft. Wenn aber von barbarischen checapregeln gegen Leute des Beurlaubtenstandes gesprohen worden

gelegenheit beim 65. Regiment betrifft, so ist der betreffende j Redakteur bestraft worden, . weil die Nachrichten, die er vailiber gebracht hat, zum Teil unrichtig, zum Teil in maßloser Weise übertrieben waren. Von den geshundenen Soldaten komme ich zu den gesckundenea Pferden. Der g. Vogt hat be- hauptet, daß beim 14. Korps bei einem Distanzritt 5 Pferde tot- geritten seicn. Ih nel me an, daß cs derselbe Fall ist, auf den sich eine offizielle Meldung bezieht, die mir vorliegt. Danach sind die betreffenden Nachrichten unrihtia. Es ist nur ein Pferd eingegangen, die übrigen an dem Ritt beteiligten Pferde sind gesund und dienstfähig zurückgekehrt. Solhe Nitte müssen gemacht werden, die Kommission hat aber darüber zu wachen, daß dabei in vernünftiger und sahgemäßer Weise verfahren wird. Es sind Bestimmungen getroffen, daß sölhe Distanzritte lediglich zur Ausbildung von Mann und Pferd ausgeführt werden, und nicht unnüße Schindereien vorkommen. Ih komme noch einmal auf die einheitlie A des Ernteurlaubs zurück. Jch begreife, daß Ihnen diese Frage besonders am Herzen liegt, uns liegt sie auch am Herzen. Es ist gesagt worden, daß die Frage in Bayern bereits geregelt sei. Der kayerishe Bevollmächtigte hat mir den be- treffenden Erlaß zur Verfügung gestellt, und daraus ergibt \sih, daß in Bayern genau so wie bei uns die Truppenkommandeure verant. wortlich für den Urlaub der Mannschaften sind. Das kann auch gar nit anders sein. Davon, daß das Kriegsministerium die Worte: „das Krieg8ministerium hat das Weitere zu veranlassen“, so aufgefaßt hat, daß es ihm zu willkürlihen Abänterunzen der “Bestimmungen die Befugnis gebe, kann natürlih nit die Rede sein. Das würde einen Eingriff in die Gecehtsame der Truppenkommandeure bedeuten. Die Truppenkommandeure sind allein verantwortlich für die Ausbildung ihrer Truppe, und sie haben auch über den Urlaub ¿zu bestimmen. Ih kann also nur sagen, das Kriegsministerium wird zweifellos, ich glaube hierin der Zustimmung meines Chefs versichert zu sein, auch seiner- seits dahin wirken, daß in wohlwollender, entgegenkommender Weise in dieser Frage gehandelt wird, aber bindende Bestimmungen zu erlassen, wird der Kriegsminister, wie ih glaube, nicht in der Lage sein. Der Frage des naturwissenshaftlihen Unterrihts in den Kasernen steht der Kriegsminister durhaus \sympathisch gegen- über. Es it hierüber bereits mit dem landwirtshaftlihen Minister verhandelt worden. Es sind aber über die Art, wie die Sache zu organisieren und am besten anzufangen sei, auch hier im Hause so verschiedene Ansichten zu Tage getreten, daß es sehr \chwer-. sein wird, zu einheitlichen Grundsäßen zu kommen. Was in der einen Stadt sehr wohl mögli ist, i in vielen viel- leiht unmögli; in vielen Städten wird die Frage vielleiht an dem Mangel an Lehrkräften s{heitern. Die Sache wird aber weiter verfolgt werden. Was die Praxis der Militärärzte betrifft, fo sind die Klagen über, ih will mal fagen, den unlauteren Wett- bewerb der Militärärzte an die Medizinalabteilung des Kriegs- ministeriums weitergegeben worden, um der Sache nachzugehen. Es sind aber in der leßten Zeit keine Klagen erhoben worden. Die Militär- ärzte besser zu bezahlen und ihnen die Privatpraxis zu verbieten, wäre wenig zweckdienlih, denn es liegt im Interesse des Dienstes, daß die Miilitärärzte ein großes Gebiet haben, um sich weiter zu bilden. Das li gt auch im Interesse des Volkswohles und der Volksgesundheit. Nur so werden die Militärärzte imstande sein, dafür zu sorgea, daß die jungen Söhne des Volkes nah der Dienstzeit gesund in die Heimat zurückehren. Außerdem haben au biele Private das Bedürfnis, ih von einem "Art behandeln zu lassen, zu dem sie Vertrauen haben. Sollen sie ihn deéhalb nicht mehr in Anfpruh nehmen, weil er zufällig Militärarzt ist ? Was die Lazarette anbetrifft, o kann ih den Abg. Erzberger auf einen Erlaß des gegenwärtigen Chefs der Medizinalabteilung hinweisen, worin Wert darauf gelegt wird, daß dahin gewirkt wird, daß die Kranken in dem Sanitätsoffizier niht einen Vor- geseßten, sondern den Arzt erblicken, der für seine Untergebenen ein mitempfindendes Herz hat. Der Abg. Zubeil hat nah seinem Rezept bei den Artilleriewerkstätten einige Fälle zur Sprache gebracht, auf die ih natürli niht eingehen kann, weil ich sie nit kenne; sollten e begründet fein, so wird selbstversländlih Remedur eintreten. Es önnten {öne Zustände werden, wenn seinem Wunsche entsprehend die Beshwerdeführer in andere Garnisonen verseßt würden. Die Leute kämen dann allmählich in eire immer bessere Garnison und fänden sih s{ließlich alle in Berlin zusammen. Jn einem bin ih mit dem Abg. Zubeil einverstanden: er findet einen großen Unter- {ied zwischen den Sozialdemokraten md der Armee; den Saß untershreibe ih aus vollem Herzen. __ Abg. Dr. Müller - Meiningen (fr. Volksp.): Ueber den merk- würdigen Eindruck, den die Bemerkung des Vertreters der Militär- verwaltung über das Versprehen des Reichskanzlers gemaht hat, will ich kein Wort verlieren. Heute hat der General Sixt von Armin doch wohl bereits eingesehen, daß der Abg. Schrader und ih ihre Angriffe gegen etwas ganz anderes gerihtet haben, als gegen die Kommandogewalt des Kaisers. Der Streit, der zwischen uns besteht, über das, was „gerihtlihe Angelegenheiten" sind, kann nur durch die Vorlegung des authentischen Wortlauts der betreffenden Order ge- \{lichtet werden. Die Scheidung zwischen der Kompetenz des Militär- Tes und des Kriegsministeriums hat er selbst für unmögli rklärt. Generalleutnant Sixt von Armin: Ich betone ausdrückli daß ih nit gesagt habe, eine solhe Scheidung sei unmöglich; i Babe gesagt: Ich bin nicht in der Lage, auf eine .folche Anfrage hin zu jagen, das und das gehört zum N-ffort des Militärkabinetts und das zum Ressort des Kriegsministeriums. Jn bezug auf die Militär- strafreht8pflege weiß ih wirklih nicht, was der Abg. Müller-Meiningen ea Ln r O:

g. Dr. Müller - Meiningen (fr. Volkép.): Jett hat also der tamelente Auskeger selbst zugegeben, daß er keine ioîdhe ade achen kann.

Damit schließt die Diskussion.

eran emettl U oa

Abg. von Oldenburg (ko»f.): Der Abg. Haußma t meine Rede kcitisiert. Das war fein Recht, éine Rede Sar a9 Abwehr gegen sozialdemokratishe Angriffe, die sich gerihtet haben gegen die Armee, die Offiziere und die Junker. Der Abg. Haußmann at meine Nede mißverstanden ; das war auh sein Recht.

Abg. Haußmann (nl.): Der Abg. von Oldenburg bat uns mit- ha i r nan n gewußt, gin der Reichstag da sei. r hat kei seinen heutigen Ausführungen u b er es immer noch nicht ‘wélß Ae 208 090 208

Das Gehalt des Kriegsministers wird bewilligt und so- dann zur Abstimmung über die vorliegenden Resolutionen geschritten. Die Abstimmung über die - auf die Löhnung der emeinen bezüglihen Resolutionen wird bis zu dem Kapitel „Geldverpflegung der Truppen“ zurückgestellt. ;

Jm übrigen werden einstimmig angenommen: die von der Kommission vorgeshlagene Resolution wegen Vor- legung einer Denkschrift über die a yrige Dienstzeit bei der Kavallerie und reitenden Artillerie; die Resolution des

Uebungen und Pferdevormusterungen zur Erntezeit, die Reso- lutionen Ablaß und von Byern wegen Bewilligung Ver freien Eisezbckhnfahxt für einen Heimatsurlaub. ;

Gegen die Stimmen der gesamten Rehten werden an- enommen: die Resolution der Sozialdemokraten wegen tat- ächliher Durhführung der geseßlich garantierten Oeffentlichkeit der Verhandlungen der Militärgerihte; die Resolution der; Sozialdemokraten wegen Reform des Militärstrafreh1s; die Resolution Ablaß wegen Reform des gesamten Militärstraf- Mbcais des Beschwerderechts und des ehrengerichtlichen Ver- Gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und der frei- sinnigen Frafktionsgemeinschaft angenommen wird die Re- tai Lite e Strie Pu wegen Einführung rischaftlicher Fortbildungs ir freiwilli i ¡a deideheece gskurse für freiwillige Teilnehmer

, Unter großer Heiterkeit des Hauses wird gegen die igt as eee U Antragsteller ¿bcelUnt e n, betreffend die ü injähri Dienfgeit im én i nführung der einjährigen ,_ Nachdem noch die übrigen Besoldungen im Kapitel Kriegs- ministerium und die Ausgaben für Las “Militärkassenwesen“ Md vie Cle E ee nES bewilligt worden d, n egen r die Fortsezung der Berat Militäretats auf Donnerstag L übe is S

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 25. Sißung vom 5. Februar 1908, Vormittags 11 Uhr. (Bericht voa Wolffs Telegraphishem Burcau.)

Ueber den Beginn der Sißung is in der gestri

Nummer d. Bl. berichtet worden. | R

__ Das Haus set die Beratung des Etats der Berg-, Hütten- und Salinenverwaltung und zwar zunächst die im Anschluß an die Etattitel der Einnahmen aus den Bergwerksprodukten übliche allgemeine Diskussion fort.

__Abg. Gold \chmidt (frs. Volk2p.): Ih habe in“ der Zeit des Tiefstandes der Kohblerpreise in Dortmund gelebt und weiß, daß damals große Vermögen verloren gegangen sind, daß viele Familien ibr ganzes Vermögen an Berawerksbesiy eingebüßt haben, weil die Preise - bis auf 5 oder 6 # herabzegangen waren. Jn jener Zeit bätte der Staat Bergweike kaufen follen, denn es wurden damals Kuxe umsonst ausgeboten. Aber in einer solhen Zeit der Depression wird der Staat sich hüten, der Privatindustrie das Risiko abzunehmen; er wartet, bis die Konjunktur wieder günstiger geworden ist, um dann an dem Gewinn teilzunehmen. Mit dem Vorredner geben wir zu, daß mit der Steigerung der Produktionskosten tie Produkte selbst im Preise steigen müssen; darum haben wir auch niemals behauptet, daß die Teuerung der Lebenêmittel allein der Zollpolitik zuzuschreiben [5 aber wir bleiben dabei, daß leßtere ein Hauptgrund ür diese Verteuerung ist. Ih bin ein geshworener Feind der Syndikate; der proßige Unternehmerstandpunkt, der mit den Arbeitern niht verhandeln will, muß endlich aufhören. Gestern hat der „Reichsanzeiger“ den Geseßentwurf, “betreffend die Errichtung von Arbeitskammern publiziert. Jh freue mi, daß cr endlich er- schienen ist. Jn Aussicht gestellt wurde er hon in dem Kaiserlichen Erlasse vom 4. Februar 1890; 18 volle Jahre hat es gedauert, bis dieses Versprechen Tatsache wurde, da darf selbst Herr Dr. Beumer niht mehr von einem Automobiltempo in der Sozialpolitik reden. In dem Entwurf über die Arbeitskammern ift es ausdrücklih auêgeshlossen, daß die wirtshaftliGen Betriebe des Staates ebenfalls den Arbeitskammern angeshlossen werden sollen. Warum will der Staat die Verpflichtung, die er der Privatindustrie auferlegt, nicht freiwillig übernehmen? Die Zusammenseßung der Arbeitskammern würde sich doch .auh durh die Arbeiter aus staatlihen Betrieben niht verschlehtern. Nach einer gestrigen Zeitung8notiz foll die Einbringung des Beamtenbesoldungs- geseßes noch în dieser Session f:aolich geworden sein. Da auh dem Handelsminister Beamte unterstellt sind, so follte es mich freuen, wenn er in der Lage ift, dieser Zeitungsnotiz zu widersprehen. Man hätte uns überhaupt früher von dieser Absicht in Kenntnis feßen follen, denn wo bleibt nun der Beschluß des Hauses, beim Etat nicht über die Beamtenbesoldungen zu sprechen ? Sollte die Zeitungsnotiz rihtig sein, so würden die preußi- {hen Beamten hinter den Beamten des Reiches weiter zurückstehen müssen. Gestern hat der Abg. Quehl verlangt, daß der Staat bei der Kohlenlieferung die Genossenschaften besonders bevorzugen soll. Einer solhen Auffassung könnte hon ein ABC.Schüße in der Volks- wirtschaft widersprechen. Bei anderen Gelegenheiten, z. B. bei den Konfumvereinen, die doch auch Genossenschaften sind, verlangen die Herren von der Rechten sogar, diese durch Geseße nahezu unmöglich zu machen. Gleiches Recht für alle! Ih kann mir nicht denken, daß ein Minister für Handel und Gewerbe solche Ungerechtigkeiten üben würde. Von einem Ausfuhrverbot für Kohlen kann natürlich keine Rede sein. Für die Verstaatlihung des Bergbaues kann ih mich des- halb niht erwärmen, weil die Bewegurgsfreiheit der Arbeiter in den Privatzruben doch noch g:ößer ist a1s in den staatlihen Werken, und das gilt auch von den Löhnen, die in den Privatbetrieben höher sind. Es heißt, hôhere Löhne könnten gar niht mehr gez1hlt werden, aber wenn die Kosten des Lebensunterhalts weiter steigen, müssen auch die Löhne erhöht werden, denn von der Lebenshaltung der Arbeiter hängt deren Leistungsfähigkeit ab. Die Dinge stehen alle in engem wirtschaft- lihen Konnex. Ein Teil der Arbeiter hat den ganzen Mehrverdienst und der übrige Teil fast den ganzen Mehrverdienst für den ge- steigerten Lebensunterhalt aufbrauhen müfsen. Angesihts der Kosten des Unterhalts find die Löhne noch zu niedrig. Wegen der Unglüefälle hat man manhmal den Brunnen zugedeckt, nahdem das Kind hineingefallen war ; man hätte lieber vorher Vorkehrungen da- gegen treffen follen. Der Grubeninspektion müssen Arteiter zugesellt werden, die Arbeiter müssen mitverantwortlih für die Grubenkontrolle gemacht werden. Hoffentlih wird die Regierung s{liéßlich doch diese Forderungen bewilligen. Es geshähe im Interesse des Bergbaues und des ge rain if

g. Wolff - Lissa (fr. Vag.) empfiehlt die Fortsetzung der Bohrungen in der Provinz Posen zur Erschließung neuer Koblenschäge, Abg. Dr. Volt (nl.): Ich bin mit dem Abg. Goldschmidt nur zum geringsten Teil einverstanden. Aus eigener Erfahrung kann ich nur konstatieren, daß auch bei dem Vorhandensein von Arbeitnehmer- organisationen die Streitigkeiten zwishen Arbeitgebern und Arbeit- nehmern nit fciedlicher verlaufen, sondern böchstens verschärft worden sind. Auch bezüglich der Bergarbeiterlöhne stehe ih auf einem anderen Standpunkt. Nicht die Betriebtübershüsse find vorans- gegangen und die Lohnerhöhungen gefolgt, sondern erst sind die

e in so weiß ih niht, wie man eine solche Behauptung auf- ‘ven kann gegenüber einer dreitägigen Arreftstrafe. Was die An-

Zentrums, betreffend den Ernteurlaub und die Vornahme von

Löhne ganz außerordentli gestiegen, und dann k i übershüfse hinterdrein. Im vorigen Zahre ‘dabe 10 Abumn