1908 / 38 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 13 Feb 1908 18:00:01 GMT) scan diff

Königreich Preußen.

Seine Majestät der König haben die Wahl des Pro- fessors Dr. Börnstein zum Rektor der landwirtschaftlichen Hos ule in Berlin für die Amtszeit vom 1.

dahin 1910 Allerhöchst bestätigt.

ril 1908

Auf den Bericht vom 11. Januar d. J. will Jh der Stadtgemeinde Mörs im Regierungsbezirk Düsseldorf auf Grund des eR vom 11. Juni 1874 (Geseßsamml. S. 221) hiermit das Recht verleihen, das e Regulierung des Ballbruhgrabens im Oristeile Mörs- chwafheim er- forderlihe Grundeigentum im Wege der Enteignung zu

erwerben. Berlin, den 18. Januar 1908.

Wilhelm R. Breitenbach. von Moltke. An die Minister der öffentlihen Arbeiten und des Jnnern.

Königliche Technische Hochschule Hannover.

Die Vorträge und Uebungen werden im Sommerhalbjahr Donnetstag, den 23. April 1908, beginnen. Einschreibungen dazu er- folgen vom 4. bis 25. April d. J.

“Programme werden vom Sekretariat gegen Einsendung von 60 S in Briefmarken der deutshen Reihspoft portofrei oder auf Wunsch gegen Nachnahme zugesandt.

Hannover, den 10. Februar 1908.

Der Rektor E De Hochschule. r. y

Nichtamfkliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 13. Februar.

Seine Majestät der Kaiser und König hörten, „W. T. B.“ zufolge, gestern nahmittag im hiesigen König- lichen Sthlofse den Vortrag des Chefs des Zivilkabinetts, Wirklihen Geheimen Rats Dr. von Lucanus. eute vor- mittag besuhten Seine Majestät den Staatssekretär des Auswärtigen Amis von Schoen und wohnten darauf der Sizung des Landwirtschaftsrats im Herrenhause bei.

Der Bundesrat versammelte sih heute zu einer Plenar-

fizung; vorher hielten die vereinigten Aus\hüsse für Handel

d Verkehr und für Justizwesen sowie der Auss{huß für Justizwesen Sißungen. G

Die Ratifikationsurkunden zu der am 18. Juni v. J. in Cetinje unterzeihneten Handels- und Schiffahrtsüber- einkunft zwishen dem Deutshen Reih und Monte- negro sind, wie das „W. T. B.“ meldet, gestern in Cetinje ausgewechselt worden.

In der Beilage zu Nr. 298 des „Reichsanzeigers“ vom 16. Dezember 1907 is der vorläufige Entwurf eines Geste, betreffend die Abänderung des Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs vom 27. Mai 1896, S worden. Die Fassung des 10, welcher von der Verhängung einer öffentlihen Strafe im alle des Warennahschubs beim Ausverkaufe handelt, ift in dieser Veröffentlihung durch einen Druckfehler unrichtig wiedergegeben. Es ift daselbst von einer Geldstrafe „bis zu fünfhundert Mark“ die Rede, während es, wie der Vergleich des § 10 mit der gleichartigen Vorschrift in § 6 und ferner die dem Entwurfe beigegebenen Erläuterungen ergeben, viel- mee „fünftausend Mark“ heißen muß. ie richtige Fassung des S 10 lautet hiernach:

8 10.

Mit Geldstrafe bis zu fünftausend Mark oder mit Gefängnis bis zu einem Jabre wird bestraft, wer im Falle der Ankündigung eines Ausverkaufs Waren zum Verkaufe ftelli, die den durch die Ankündi- gung betroffenen Waren nachträglich hinzugefügt worden sind, oder für deren Verkauf der bei der Ankündigung angegebene Grund des Ausverkaufs nit zutrifft.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. Flußkbt. „Tsingtau“ vorgestern in Hongkong eingetroffen und geht morgen nach Macao weiter.

Oesterreich-Ungarn.

Die Schwierigkeiten, die dem Abschlusse des Handels- vertrags mit Serbien entgegengetreten waren, sind, wie die „Neue Freie Presse“ meldet, in der vorgestrigen und estrigen C beseitigt worden, da Serbien die volle Freiheit der Handhabung der «vage ry ei von seiten esterreihs und Ungarns als Basis für die Vertragsbestim- mungen angenommen habe.

Die österreichische Delegation seßte geltern die R des Budgets des Ministeriums des Aeußern ort.

Nah dem Bericht des ,W. T. B." verteidigte der Delegierte Pager das Bündnis mit Deutschland gegen die von slawishen Rednern erhovenen Vorwürfe. Die Polenvorlage der preußischen Regierung sei keine Maßnahme zur Vernichtung der Polen, sondern bloß eine Maßregel, den deutshen Bevölkerungsstamm in ten Ostprovinzen zu ftärken ¡zum Schuße dieser ftrategish wichtigen Provinzen. Es gebe für Oesterrei keine bessere Politik als die Aufrechterbhaltung des Dreibundes, vor allem des Bündnisses mit dem Deu: sen Reiche. Dr. Kramarcz trat mit aller Entschiedenheit den in der ausländishen Presse der éfterreihishen Balkanpolitik Mee aggressiven Tendenzen xchigegen und betonte, daß fich weder in Oester:zeih noch Y Ungarn für eine agaressive Politik auf dem Balkan

ne

Majorität fände. Dr. Kramarcz erklärt in seiner

Nede weiter, er erwarte beruhigende Erklärungen darüber, daß die Entente d - Ungarns mit Rußland und den übrigen Mächten be;üglih der Reformaktion in Mazedonien dur das Projeft der Sandihaftahn nicht ershüttert werde. Der Dele- ierte Bärnreither verwies darauf, daß die Zusammenseßung Desterreih-Ungarns aus den versdbiedensten Nationalitäten ihren Einfluß auf die au®wärtige olitif immer mehr geltend mae. Das Mittel, die Nationalitätenpolitik abzuschwächen, sei, das e A be oen al Seteie A einer gewissen gegenseitigen ng der nationalen Gefühle zu stellen. E aber ein äußeres Ereignis eire oder die andere Nationalität eiwas lebkafter anrege, könne die öôfterreihish-ungarishe olitik daraus nit sofort Konsequenzen ziehen. Der Minister des

ußern folle derartige Störungen keineswegs ignorizren; er könaxe aber nihts anderes tun, als sie beobachten und seîne Beobahtungen bei Führung feiner Politik verwerten. Der Kurs der auswärtizen Politik dürfe durch vorübergehende Störungen, durhch einen Windftoß von außen nicht ins Wayrken gebracht werden. Der Minister des Aeußern habe innerhalb ter Grenzen des Möglichen und Wirklichen getan, was er habe tun können. Er fafse die Stellung Oesterreihs lebendig auf, und der Auefluß dieser Stellung sei seine Wirtschaftspolitik auf dem Balkan. Der Redner trat der miß- verständlihen Auffassung dieses Punktes in dem Programm Aehren- thals in der uslandépre entgegen und betonte, es handle sich keineswegs um eine Abenteuerpolitik, sondern lediglch um die friedliche, jivilisatorishe und volkswirt- schaftliche Erschliesung des Balkans, wobei Deutschland durch die aufrihtige. Unterstützung der Bestrebungen Oester- reih - Ungarns ‘Gelegenbeit haben werde, ritterlihe Revanche für Algeciras zu nehmen. Das Mürzsteger Programm bilde die unverrückbare Basis der österreihisch-ungarishen Orientpolitik; eine Lüdke dieses Programms sei es, daß die wirt\chaftli%en, fozialen und Schulverbältnisse WMazedoniens keinerlei Beahtunz darin finden. Bâärnreither regte eingehendes Studium dieser Verhältniffe an und betonte die Notwendigkeit des Abschlusses von Handelsverträgen mit den Balkanstaaten. Der Redner trat für die Kon- (IeTEna des Verhbältrisses Deieterhs zu Ungarn ein und ob bervor, die roirtsaîtlihe emeinsamkeit biete die einzige und sicherste Gewäkr für die Kraftftellung der Monarchie nah außen. Der Delegierte Sel iger verurteilte die vom „preußishen Junker- tum diktieite“ Polenpolitik und erörterte eingehend die traurige Lage der öôsterreihishen, nach Preufieen ausgewanderten Arbeiter. r forderte den Minister des Aeußern auf, E ihrer anzus- nehmen, und {loß mit dem Wunsche, daß tie auswärtige Politik Oesterrei - Ungarns nicht bloß eine Politik der kapi- taliflishen Interessen, sondern auch eine Politik zum Schutze der Gesundheit und der ökonomishen Interessen der im Auslande lebenden Oesterreicher fei. Der Delegierte Armann betonte, daß die Christli(-Sozialen unertwegt am Bündnisse mit Deutsland fest bielten, und sprach die Erwartung aus, daß Deutschland Oesterreih- Ungarns Unterstüßung in Algeciras mit Unterftüßung der österreihis{- ungaris@en Balkanpolitik vergelten werde. Horm uzaki begrüßte das Festhalten an dem bewährten Bündnis mit Deuts{land und Italien, erklärte jedo, die breußishe Politik verleze nit nur die Gefühle der Polen, fondern aller, die auf dem Standpunkt der Gleich- berechtigung der Nationalitäten ständen.

raus ergriff der Minister des Aeußern Freiherr von Ae hrenthal das Wort und führte in Erwiderung guf verschiedene, in der Delegafion eingebrahte Beschwerden folgendes aus: 4 „Was die Frage der Behandlung österreihisher oder ungarisher

Staatsangehöriger israelitisher Konfession in Preußen anlangt, so hat die Kais deutishe Regierung anläßlich einer

iellen Anfrage , es beruhe auf einer irrigen

wenn angenommen werde, F Auslän

der Aufenthalt in Preußen überhaupt Es bedürfe vielmehr für diese nur bestimmuna€- den Mo _im ein Falle einer Ge- nehmigung zum Aufenthalte. Aus dieser g der Kaiserlich deutshen Regierung geht hervor, daß es \sih hier niht um eine speziell gegen unsere israelitishen Staatsangebörigen gerihtete Maß- regel, sondern um eine generelle Verfügung handelt, die in gleicher Weise alle ausländishen Israeliten trifft. Gleichgültig weler Kon- fesfion die von der Ausweisungsverfügung Betroffenen angehören, werde ih nach wie vor, sofern sonst die Vorautfezungen hierzu gegeben find, meine gy r og Mr jedem einzelnen Falle eintreten laffen. Wie die von mir {on Aus\hufse mitgeteilten einschlägigen Daten beweisen, find die Resultate meiner Intervention im Joteresse unserer Landsleute ungünstig gewesen. In der Frage des Anspruchs unserer aus Deutschland heimgekehrten Arbeiter auf den Fortbezug von Unfall- und Invakidenrenten mötte ih folgendes bemerken: Fnfolze unserer Intervention hat der deutshe Bundesrat bereits im Fahre 1905 einen Beschluß getaßt wonach die österreihishen Arbeiter, auch wenn fie das Deutf Reich verlaffen habzn, im Genusse ihrer dort erworbenen Unfallrente verbleiben. Wegen Zuerkennung desselben Rechtes an jene öfterreihis&en Arbeiter, die in Deutschland auf Invalidenrente Anspruch erworben baben, find Verhandlungen mit der Kaiserlich deutshen Regierung im Gange. Es ist darauf hingewiesen worden, daß die Verfügung, welche die sogenannten Sachsengänger be- trifft, bloß auf unsere Staattangebörigen Anwendung findet. Das ist niht ganz zutreffend. Die Verfügungen der preußishen Behörde, die am 1. Februar in Kraft getreten find,“ beziehen sich auf alle Arbeiter, die vom Osten kommen, also auch auf die Russen. Ia betref dieser Verfügungen kann ih auf die Erklärungen ver- weisen, die ih dem Ausschuffe abgegeben habe, und die dahin lauten, daß wir mit der preußischen Regierung in freundshaftlihe Verhand- lungen eingetreten sind, gewisse Bedenken und Vorstellungen gegen diese Verfügungen erhoben haben, und daß diese Verhandlungen noch fort- gesept werden. Jh komme ju den Erörterungen, welche die allgemeinen Vertältnisse der Monarchie betreffen. Mit Befriedigung muß ih konstatieren, daß die Mehrzahl der Redner in betref der Srundlagen und Ziele unserer Politik übereinstimmen. In einer sehr interessanten und geiftreihen Rede ‘hat der Graf Diieduczycki an dem Dreibunde eine Kritik geübt. Nun, mein verehrter Freund wird von meiner Antwort nicht überrascht sein, die ih im folgenden zusammenfafsen möchte. Der Dreibund wurde geschaffen zum Schuße und zur Befestigung des Gleihgewihts in Europa, zur Abwehr der fahren, die aus einer Verschiebung dieses Gleichgewichts für die einzelnen Mitglieder des Dreibundes entstehen könnten. Ih sage avs- drüdcklich „in Europa“, denn der Dreibund hat mit üter- seeishen Unternehmungen nichts zu schaffen. U-bzr die einzelnen Bestimmungen der Dreibundverträge ift nichts verlautbart worden, aus dem einfahen Grunde, weil die Geheimhaltung dieser Verein- barungen ftipuliert worden ist, wie au Vereinbarungen, die besondere Gruppen in Europa abges§hlofsen haben, bisher nicht veröffentlicht worden sind. Auch an das Bündnis mit Deutshland wurde die Fritishe Sonde gelegt. Mir \{heint es, daß es keine rihtige Methode ift, bei dem Bündaifse, das seit 30 Jahren best:ht, in einem gegebenen Moment die Bilanz ziehen zu wollen und zu fragen: Was hat dieses Bündnis mir, was hat es den anderen Kontrahenten gebrat ? Meine Herren! Was ift das Wesen dieses Bündnisses? Im Interesse des Friedens ift es notwentig, daß in Mitteleuropa die zwei A mähte ‘in enger Freundschaft zusammenhängen. Deutschland bat ein eminentes Interesse, daß Oefterreih-Uagarn eine ftarke Grcfiwacht ist. Wir haben ein’ gleihes Interesse, daß Deutshlaud eine Sroßmacht bleibt. Dieses Verhältnis basiert auf vollkommene Gegenseitigkeit ; natürli ift damit die Politik nit ganz erschöpft. Große Staaten, wie Oeïterreib-Ungarn oder Deutschland, baben auch antere be- sondere Interessen, denen sie naYgehen. Ih verweise da speziell auf die überfee!she Frage. Deutshland nimmt eine Weltstellung ein, aber auch in Europa gibt es Fragen, die uns nit berühren. Wenn Deutschland z. B. im Baltishezn Meere oder in der Nordsee ein spezielles Interesse bätte, und dort Verwicklungen entstehen würden, so würden dadur unsere Verpflihtungen nit berührt.“

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Der Minister erklärte sodann, er siimme mit dem Tie Mosoc überein, der Bulgarien und Serbien den Rat gegeben habe, nicht mit Sewalti in die mazedonishe Angelegenheit einzugreifen. Es sei dies der gleihe Rat gewesen, den er, der Minister, den Regierungen in Sofia und Belgrad habe geben laffen. Der Minister sprach weiter die Hoffnung aus, daß sih die gewisse Grregung, die seine Ecflärungen über die Anschlußbahn, speziell in Rußland, hervorriefen, bald legen werde. Denn, wenn man die objektiv prüfe, erkenne nîan, daß eine Verwechslung von Politik und wirtshaftligzen Angelegenbeiten vorliege. Seit dem Be- felles Glas dee Verccil@ueiS wi e E en {luß der erreihisch-unga n u ruffis

Regierung, as Unabhängigkeit und dás Ibftbestimmungs- recht der Balkanstaäten strikiest zu elen, da beide Mächte jedwede territoriale Erobèrung auf dem Balkan von der Hand weisen. Die Frage des Anschlusses an“ das türkische Bahnneg liege weit weg vom Felde dieses Akkordes sovie des Mürzsteger Pro- gramms. Dieser Akkord sei die Konsekration des Prinzips der Er- haltung des status quo, während es sih bei dem Bahnarshluß um eine natürlie Entwicklung des Handels und des Verkehrs handle. Mit anderen Staaten sei die Regierung über die Anschlußangelegen- heit niht in Verhandlungen getreten, da die Angelegenheit autshließ- lich zwishen Oesterrei-Ungarn und ter Türkei spiele. Er könne nit zugeben, daß dies auf die Reformfrage cinen ungünstigen Einfluß ausüben werde. Zweifellos sei die Verbesserung des Justizwesens ersichilih, ebenso wie die Gendarmeriefrage und die Finanzreform bereiis durchgeführt seicn. Bezüglich der Justizreform be- merkte der Minister, daß die beiden Ententemächte fie allein hätten durchführen können, daß sie jedoch, da mehrere Signatarmächte den Wunsch der Mitwirkung deutlih erkennen ließen, diese Mitwirkung angenommen bâttern. Die Verhandlungen feien noch nit beendet. Der Minister müsse sich daher auf diese Bemerkungen beshränken, wolle aber betonen, daß er mit Rußland in allen Fragen, au in der leßten Frage, betreffend die Justizreform, in vollstem Einverständnis vorgzhe. Der Minister versicherte {lißlich, die Regierung werde alle Bemühungen unterftüßen, tie zur Konsolidierung der Sitration in Europa beitragen. Ec glaube aus der Verhandlung in der Dele- gation die Ueberzeugung gewonnen zu haben, daß die Politik, die fih auss{lteßlich von friedlichen Zielen [eiten laffe, gleihzeitig aber für s Zateresle der Monarchie eintrete, die Unterstüßung der Delegation nden werde.

Das e des Ministeriums des Aeußern wurde shließlich im allgemeinen und in den Details angenommen.

Die Verhandlungen wegen Verstaatlihung der südnorddeutshen Verbindungsbahn haben gestern nah- mittag in Wien begonnen.

Der Eisentahnminister Dr. von Derschatta erörterte, ,W T. B.“ zufolze, die näheren Modalitäten, die nah den Intentionen der Re- gierung bei einer Vereinbarung mit der Gesellschaft in Betracht kommen. Der Mirister fügte binzu, daß die Regierung für den Fall, daß die Vereinbarung nicht zustandekomme, si selbstverständlih vor- behalte, von dem fkonzessionémäßigen Einlöfungêre@te Gebrau zu machen. Die Vertreter der Bahngesellschaft steliten die baldize Be- kanntgabe der Anträge der Gesellschaft in Ausfiht.

Ein von der Deutsh-Nationalen Korrespondenz ver- öffentlihtes Kommuniqué besagt, daß in der gestrigen Sißung des Neunerausshusses die neuerlih aufgetauhten Forderungen der Jtaliener in Beratung gezogen worden seien und der Unterrichtsminister Marchet eingehende Aufklärungen gegeben habe, aus denen hervorgehe, daß der Vorschlag, eine von der Universität unabhängige juristische italienische Fakultät in Wien zu errichten, nichts anderes als eine nregung sei, die weder von italienisher noch von deutsher Seite ausginge.

Großbritannien und JFrland.

Im Unterhaus brachte gestern der Premierminister Campbell-Bannerman eine Resolution ein, für alle Verhandlungen, die mit den beiden \{ottishen Land- ei n in Beziehung ständen, einen Zeitraum von 6 Tagen

zuseßen. f as der Begründung der Resolution erklärte der Premier- minister, laut Bericht des ,W. T. B.*, daß ih ¡u Gunsten der Bills, die während der leßten Tagung vcm Hause der Lords abgelehnt, für die jeßige Tagung jedoch wieder eingebracht worden feien, eine Veränderung fühlbar gemaht habe, über die das Unterhaus seine Meinung bereits ausgesprohen habe. Die Bills seien in dieser Tagung fo frühzeitig wieder eingebraht worden, damit das Oberhaus binreichend Zeit Ebe, fie nochmals in Erwägung zu ziehen. Das Vorgehen der erung stehe in Ueber- einstimmung mit dem Plan, den er über die iebhungen der beiden

user in der leßten Sesfion vorgetragen habe, und würde Zeit sparen und die Würde des Unterhauses aufrechterkbalten. Balfour behauptete, mit den Bills wclle die Regierung nit legislative Politik treiben oder irgend einer Klasse Schott- lands eine Wohltat erweisen, sondern fie sollten nur als ein Mittel zum Angriff auf die Lords dienen. Die lezten Nahwahlen hätten gezeigt, daß die Regierung nicht in der Lage wäre, eine große Um- wälzung durchzuführen. Der Kanzler des rang ag Asquith trat Balfours Andeutungen bezüglich der Absihten der Regierung bei der Einbringung der Bills energish entgegen und sagte, die Bills fänden in Schottland eifrige Unterstüzung.

Die vorgestern verhafteten Anhängerinnen des Frauenstimmrechts find gestern vom Polizeigeriht in West- minster zu Geldstrafen oder sechs Wochen Hast verurteilt worden. 48 haben die Haftstrafe auf sich genommeü, die übrigen find nah Erlegung der Geldbuße entlassen worden.

Frankreich.

Die Senatskommission zur Untersuhu g der Liqui- dation der Kongregationsgüter hat in ihrer gestrigen ns beshlossen, fünf Unterausshüsse einzusegen, denen nah den Gerichtssprengeln eine Anzahl von Liquidationen zur Prüfung überwiesen werden soll.

Im Laufe der Debatte erklärte ter Kommissionspräsident Combes, „W. T. B.“ zufolge, daß die Zahl der Liquidationen, über die Bemerkungen zu machen seien, im ganzen gering sei. Die meisten Unklarbeiten und Widersprüche fänden sh in den Rech- nungen über die Liquidationen der in Paris gelegenen Kon-

regation8güter. Zwei Mitglieder der Kommission, der Gemäßigte errier und der Konservative Riou, wiesen auf das Ge- rücht hin, nah dem der Justizminister si geäutert babe, daß die Schweiz ihre Bahnen mit dem Gelde der französishen Kongregationen verstaatliht habe. Beide Rebner sprachen den Wunsch aus, daß dieses Serücht dementiert würde, da diese dem Juftizminister zugeschriebene Aeußerung sonst in der Shweiz Mißstimmung hervorrufen könne.

Rußlaud.

Die ordentlihe Session des finnishen Landtags ift gestern eröffnet worden. Auf die Begrüßung der Volks- vertreter durch den Generalgouverneur antwortete der Präsi- dent in finnisher Sprache und sagte „W. T. B.“ zufolge:

Das finnische Volk erwarte ungeduldig die Verwirklihung der Reformen und hoffe, daß sie zur friedliGen Entwidlung des Landes beitragen würden. Seit tem Schluß der leßten Session im vergangenen Herbît seien Ereignisse eingetreten, die zu lebhaften Be- sorgnifsen im Volk Anlaß gegeben häiten. In Verleugnung der lokalen Ge- seße sei eine der hôWsten Stellen in Finnland einer Persönlichkeit anvertraut worden, die aktiv dazu beigetragen habe, ein Regime im

den Kehren ein weni “Jedoch das

Lande einzuführen, das vom Kaiser-Großfürften durch das Manifest vom 4. November 1905 großmütig zurückgenommen worden wäre. In gewissen politisGen Kreisen des eichs erbebe man gegen Finnland falsche Anklagen, die der politishen und wirtschaftlidhen Lage des Landes den zuzufügen geeignet seien. Das Volk Finrlands sei fich eit daß die von den Vorfahren ererbte geseßlide Ordnung zur gleihmäßigen inneren Entwicklung des Landes unbedingt notwendig set, und hoffe, unter dem Schugte eben dieser Geseze auch weiterhin leben zu können. Er-lege im Namen des Landtags dem Herrscher die treuen Gefühßle tiefer Ehrfurcht und Ergebenheit zu Füßen. N Das Präsidium des Landtags blieb unverändert.

Spanien.

Die von dem Blatte „El Mundo“ verbreitete Nachricht, daß die französishe Regierung die spanishe Regierung mittels einer Note zu einer tätigeren Mitarbeitershaft in Marckko aufgefordert habe, ist, wie das „W. T. B.“ meldet, unbegründet. Der Minister des Jnnern de la Cierva habe nah Shluß des gestrigen Ministerrats erklärt, daß Spanien von Frank- reih feine Note über Marokko erhalten habe.

Portugal. !

Unter Vorsiß des Königs Manuel hat gestern ein Staatsrat stattgefunden, der seine Zustimmung zur Be- nadigung der wegen Meuterei im April 1906 be- aften atrosen gegeben und damit einem besonderen Wunsche des Königs, scine Regierung mit einem ihm verfassungsmäßig zustehenden Gnadenakt einzu- leiten, entsprohen hat. Wie die „Frankfurter Zeitung“ meldet, hat der König außerdem eine emen Amnestie erlassen, die sich auf Deserteure aus der Armee und Marine sowie auf Offiziere und Mannschaften, die wegen Disziplinarvergehen bestraft find, erstreckt. :

Asien.

Depeschen aus Wan melden, „W. T. B.“ zufolge, daß in der dortigen armenishen Kirche eine große Anzahl Kisten mit Gewehren, Patronen und Dynamit entdeck wurden. Als Soldaten diese Kisten fortshafften, wurden sie von arme- nishen Revolutionären angegriffen. Es entstand ein heftiger Kampf, bei dem im armenischen Quartier großer Schaden angerichtet und eine große Anzahl Menschen umge-

- kommen sein soll.

Das zur Bestrafung der Zakkakhels bestimmte Ex- peditionskorps unter dem Kommando des Generals Willcocks is, „W. T. B.“ zufolge, heute nah deren Gebiet

aufgebrochen. Afrika.

Nach einer vom „W. T. B.“ verbreiteten Depesche des Generals d’Amade haben die beiden Kolonnen, welche die Kasbah der Uled Said beseßt halten, die Umgegend erkundet. Sie fanden die eer bestellt, aber teilweise von den Bewohnern verlafsen, die sih in südwestlicher Richtung zurückgezogen haben. Der Widerstand der auf der Flucht befindlihen Stämme und der

rückgeworfenen Heereshaufen scheint, da der Feind außer be- Fächtli en Verlusten auch den Tod zahlreicher Kaids zu be- flagen hat, vollständig gebrohen. Die r E könnten gegenwärtig im ganzen Gebiet der Schaujas unge- hindert Sireifzüge unternehmen. :

Ein am 9. d. M. aus Mazagan abgesandter Brief ent- hâlt, wie „W. T. B.“ aus TINe meldet, die¿Nachriht, daß die dort befindlihen Truppen des Sultans Abdul Asis die an der Küste gelegene Ortschaft Asemmur und die den Ort umgebenden Befestigurgswerke, die von Truppen Mulay Hafids beseßt gehalten wurden, eingenommen haben. Es lieat noch keine Nachriht darüber vor, ob die Truppen bei dieser Gelegenheit Widerstand gefunden haben.

Die Hohkönigsburg nah ihrer Wiederherstellung.

In wenigen Monaten werden die Bauarbeiten an der Hohfkönigsburg vollendet sein und das prächtige Bauwerk, das man als den schönsten Kriegsbau in deutshen Landen be- zeichnet, steht dann wieder vor uns in seiner ganzen mächtigen Erscheinung, die es vom 15. bis zum 17. Jahrhundert bis zu seiner Zerftórung während des 30 jährigen Krieges aufge- wiesen hat. Bei den Wiederherstellungsarbeiten hat der Architekt Bodo Ebhardt si sorgfältig an die Ueber- lieferungen gehalten. Dazu boten die Ausgrabungs- arbeiten s{äßbares Material, und die Studien in den Archiven gaben ebenfalls reihe Unterlagen. Vor allem aber standen die Bauten selbst noch bis auf Dächer und Zinnen in allen Teilen aufrecht da. Zahlreiche Studienreisen, besonders die nach Buraund und Jtalien, ergänzten die nohch vorhandenen Lüden, sodaß heute ein historisch treuer Bau vor uns steht. Es is s{chon früher darauf hingewiesen worden, daß keineswegs die Absicht besteht, etwa ein Museum auf der Burg anzulegen, sondern daß die Räume nach den alten Jn- ventaren so ausgestattet werden, daß die Besucher ein getreues Vild der Einrichtung einer alten Burg erhalte.

_ Son auf halbem Wege zwischen Srrarary und Shlett- stadt tritt die Hohkönigsburg aus der großen Zahl der Burgen dieser Gegend imponierend hervor. Auf fteiler Bergpyramide raat sie, losgelöst von ihren Nachbarn, frei und kühn in die Lüfte, nah ihrem Wiederaufbau noch mehr als früher scharf hervortretend. Ein Besuh geschieht am besten von Schlett- stadt aus, von wo im Sommer zweimal täglich eine Auto- mobilverbindung bis nah dem Hotel Hohkönigsburg besteht, das fih etwa 150 m unterhalb am. Südabhange des 1 km langen Bergkammes befindet, der die Hohkönigsburg trägt. Durch reiches Rebengelände führt der Weg über Dorf Kinz- heim mit seiner alten Ruine in die Vogesen hinein. Die Stadt Schlettstadt hat von Sem bis zur Hohkönigsburg eine neue ahrstraße, die Kaiserstraße genannt, anlegen lassen. Wo der g zu fteigen beginnt, umfangen uns die Tannen des Wasgenwaldes, und von der Hohkönigsburg schen wir nur an hervorshimmern. Kurz bevor wir C otel erreichen, öffnet sich ein wunderbarer Aus- blick auf die Rheinebene gen Süden, den Echwarzwald im Often und vor uns auf die Südvogesen. Es ift wohl mit die schönste, renn niht überhaupt die {önste Aussicht von einem Burgberge in deutshen Landen. Jn etwa 20 Minuten erreiht man auf dem bequcmen Poyanladepsad die Burg. _ Der rote Sandstein, aus dem das Bauwerk errichtet ift, ph ihm einen warmen Ton. Besonders wenn die Sonne inter den Vogesen vershwindet oder im Frühliht, dann

[eint es, als ob der Bau neues Leben gewinnt. Es ist jegt !

fast alles vollendet, nur im Tiergarten wird noch eifrig earbeitet. Doch ist mit Sicherheit zu erwarten, wenn nit besondere Zwischenfälle eintreten, daß zum Mai alles fertig ist, sodaß also vom Tage der Grundsteinlegung zum eigent- lihen Wiederaufbau durch Seine Majestät den Kaiser am 12. Mai 1901 genau 7 Jahre gebraucht worden «sind, um diese größte und besterhaltiene ae des Elsaß wieder- herzustellen. Allerdings gingen 2 Jahre Ausgrabungen und Forschungen an der Burg und in den Urkunden vorauf, da der Architekt Bodo Ebhardt seine Arbeiten {hon 1899 begann.

Wir rüften uns zu einem Rundgange. Durch das Haupttor auf der Südseite mit dem Wappen der Thiersteiner gelangen wir zunähst in den äußeren Zwinger. Links ragen gewaltige Sandsfteinfelsen 20 bis 25 m empor, auf denen das Hochshloß ruht. Seine unteren Mauerteile stammen aus der romanishen, seine oberen aus der spätgotishen Zeit. Rücfwärts blickend sehen wir den ersten der 11 Zwinger- turme, die auf die rings um die ganze Anlage [laufende Wehrmauer verteilt sind. Er is nah der Innenseite offen, nah außen sind. Verteidigungs- luken angebracht. Nunmehr durlhschreiten wir das eiserne innere Tor unter einem Fallgatter, das, wie die Tor- flügel, wiederhergestellt worden ist. Ueber dem innern Tor e fih das Kaiserwappen, links hinter dem Tor steht das „Porthuslin“ (Pförtnerhaüs). Ueber dem Torbau if eine Wohnung für den künftigen Kastellan der de Ee worden. Jeßt find wir im östlichen Vorhof und ha zur rechten Hand das Wirtshaus, dessen bereits im Jahre 1500 Erwähnung getan wird. Darunter befinden sih der en- stall und der Éselstal. Es wurden hier bei den Ausgrabungen noch 5 im Boden liegende Schalen zur unterirdischen Ent- wässerung der Stände gefunden. Das Wirtshaus is mit Holzwandverkleidung nah alten elsässishen Mustern wieder- hergestellt. Jn diesem Vorhof, der “die Wirishaftsgebäude enthielt, befinden sih ferner Ee minent mit einem Aufzug und die alte Schmiede, die während des Baues bereits benußt wurde. Geshüßt wurde der Vorhof durch zwei mächtige Batterietürme, verbunden dur eine Quermauer, die ebenjo wie die nördliche und südliche Mauer Wehrgänge aufwies.

_ Vom Vorhof gelangen wir zum Hodshlob, das nur diesen einen ugang hat. Behütet wird dieser Zugang durch die untere Wacht, über derea Tor wir das Wappen der Freiherren von Bollweiler und links daneben das Familienwappen Thier- stein-Neuenburg erblicken. Durs das Haus Neuenburg sind die Thierfteiner auch mit den Ho lern verwandt geworden. Auf einer steilen Treppenanlage gelangen wir über eine Zug- brüde zunächst zum Löwentor, so genannt nah den beiden Löwen, die als Wappen der Hohenstaufen über diesem Tore. sih befinden. Bevor wir in den innern Burghof treten, begegnen wir einem fleinen Brunnenhof mit dem wieder hergestellten Brunnen. Dieser in den Felsen gespißte Brunnen hat eine Tiefe von 62 m bei einem Durchmesser von 1,60 m. Bei den Aufräumungsarbeiten wurden besonders hier und in den Zisternen viele wihtige Funde gemaht. Er ist in seinem alten Zustande wieder hergestellt und selbst das Winderad zum Aufziehen des Wassers und die Eimer fehlen nicht. Bemerkenswert find auch die Gußerker über dem Brunnenzwinger, sogenannte Pechnasen, die zur Verteidigung sowohl des Brunnens als au des Haupteinganges dienten. Durch ein siebentes Tor kommen wir {ließli in den Burghof des Hohschlosses. Zunächst befinden wir uns in einer schönen, geräumigen Balle unter dem Kapellenbau. Der Burghof wird ringsum von den Bauten des Hochschlosses eingeshlossen, und zwar nach Süden vom Kapellenbau, nah Westen vom Saalbau, nah Norden vom Küchenbau, an der Ostseite ragt der Bergfried empor. Unter dem Saalbau ist ein Weinkeller, in dem wir ein altes Stücffaß sehen, das ein Bürger der Stadt Lahr vor zwei Jahren der ohkönigsburg stiftete. Bei der Wiederherstellung der Burgküche wurde ein geheimer Gang entdeckt, der nah außen führte; er ift in diesem Zustande auch belassen worden. Die vier Geschosse der ohbau- flügel werden durch vier Wendeltreppen verbunden, von denen bcsonders bemerkenswert. die eine ist, welhe ins erste Geschoß führt und die „große Scnecke“ genannt wird. Sie ist nach aufgefundenen alten Bruchstücken in ihrer ursprünglihen feinen Profilierung wieder hergestellt worden. Im Grundriß bildet sie ein regelmäßiges Achteck und zeigt reiche spätgotishe Formen. Auf dem Podest sind mehrere Inschrifttafeln angebraht. Ueber die „große Schnecke“ gelangen wir auf die erste Galerie und von hier aus in die Wohnräume. Im äußersten Zimmer nah Osten, der sogenannten Haupt- mannsstube, dient eine Klappe im Fußboden zur Verteidigung des Brunnenzugangs. Ueber dem Kamin in diesem Raume sehen wir das Wappen Thierstein-Nassau; die Gemahlin des Grafen Oswald von Thierstein entstammte dem Hause Nassau. Ueber dem Kamin in einem andern Raume des Kapellenbaues ist ein Flachrelief des Kaisers Friedrih TIT. von Oesterreich zu finden, mit den Wappen der Länder, die zu seinem Hause gehörten. Die kleine Kapelle, in die wir dann treten, hat wieder einen Altar und soll demnächst kunstvolle Glasfenster erhalten. Sie geht durch zwei Stockwerke, und in O des oberen Stockwerks befindet sih eine Empore, von der die Herr- e dem Gottesdienste beiwohnten, während das Gesinde dur räge Fensterlufen von den Nebenräumen aus in die Kapelle bliden fonnte. Von der Kapelle gelangen wir dur die Sattel- oder Rüstkammer in den Saal. Seine vier Bogen werden von Säulen getragen, deren Kapitäle und Sockel die Wappen der 24 deutschen Bundesstaaten zeigen. Die Glas- fensiermalereien stammen von dem Freiburger Maler Stritt. Ueber diesem Saal befindet sich der sogenannte obere Saal, den wir durch den ösftlihen Treppenturm erreichen. Dieser obere Saal zieht sich durch zwei Geschosse bis unter das Gewölbe des Hochschlosses. Eine kunstvoll geschnißte gotische Wand {ließt am Südende des Saales das Lothringer Zimmer ab, dessen Ausstattung eine Stiftung des Vereins für lothringishe Geschichte und Altertumskunde in Meg ift.

Das zweite und dritte Stockwerk des Kapellenbaues enthielten ebenfalls Wohnräume. Vom dritten Stockwerk gelangt man in den Bergfried und zwar Meran in den Archivraum, dann in die goldene Kammer. Dieser höchst gelegene Raum der ganzen Burganlage wird künstlerishe Malereien erhalten. Sodann zur Plattform mit dem Zinnenkranz und den Senk- scharten hinansteigend, finden wir unterwegs zwei Gedenk- steine, die gelegentlich von Besuchen des Kronprinzen und der Prinzen August Wilhelm und Oskar im Jahre 1902 und 1903 geseßt wurden. Von der Plattform gelangt man in den Dach- raum, wo ein Erker nach Süden ausgebaut ist, der eine herrlihe Fernsiht gestaitet. Bergfried trägt auf seiner Spiße einen Abdler. Von dem Bergfried weht auch beim Besuche

| ih in der Ersten und

Der 60 m hohe ;

S des as die E E Beim Verlassen des ergsriedes gelangen wir noch an das Dach des Ho es, das erp ein Bleidah war. Aber da es e A M wie das später an seine Stelle r Steindah die Näume vor Nässe shügte, wurde sließlich über allen Teilen des “Baues ein Holzdach errichtet, das auch den bereits vorher um etwa 2 Landsknechtsspiezhöhen (etwa 10 m) erniedrigten Bergfried mit überdeckte, und das nun wieder hergestellt if.

Vom Hochschloß gehen wir über eine Zugbrücke und eine feste Holzbrücke nah dem hohen Garten, dem westlihen Teil derBurganlage. Dabei überschreiten wir einen 7 m tiefen Graben, in dessen Tiefe 1560—67 vergeblich Brunnenbauten vor- grrommen wurden, um Quellwaßer zu erhalten. Von diesem Graben ‘führt “ein unterirdisher Gang zu einer großen Zisterne im oberen Garten, wo bei den Ausgrabungsarbeiten noh Teile der Klärvorrihtungsanlagen gefunden wurden. Der obere Garten wird gicdt wieder als Ziergarten hergerichtet. Das öfterreihishe Wappen mit dem burgundischen er- stahl oder Hobel im Türsturz an der Zugbrüdcke erinnert an

Maria von Burgund, die Gattin Kaiser Maximilians L. Im

hohen Garten ftehen wir nun vor dem großen Bollwerk, das aae Westen, die Hauptangriffsseite, die ganze Burganlage abschließt. Es wird aus zwei Türmen und eiñer Mittelmauer ebildet, deren gewaltiges Mauerwerk im Südturm eine Stärfe bis 7 m erreiht. Dèn mächtigen Verteidigüngsbau erreihen wir wieder über eine Zugbrücke. Ueber dem Eingang befindet sih folgende Jnschrift: „Dieser Bau wárd errichtet durch Schweikhardt und Franz Conrad von Sickingen vor 1557 und erneut durch Wilhelm TI., Deutschen Kaiser und König von Preußen, im Jahre 1907“. Ueber der Inschrift schen wir das große Wappen der Herren von Sickingen. Hinter dem Tor befinden fih zu beiden Seiten Stuben und darüber die große Geshügßhalle, die nah Westen eine Schieß- sharte hat. Der Südturm hat in Höhe der Plattform mächtige Gewölbe und über diesen das Wachtstüblein mit 4 Ausgudckfenstern. Jn diesen Raum is} ein Inschrift- stein versezt worden am Tage der Geburt des ersten sl kimi Von dem Gewölbe führen Tore nach dem Wehrumgang. Vom Dachraum des Turmes genießt man einen shönen Blick auf die Vogesen. Beim Hinabsteigen vom Turm gelangen wir durch sechs Geschosse bis in die unterste Schießkammer. Jhre Rüseite bildet der nackte Fels, die Vorderseite ist dur aier Mauern gedeckt. Es standen hier leichte Geshüge. ährend der Bergfried fast vollständig bis in Höhe des Daches des Hochschlosses abgetragen war, sind die Türme des großen Bollwerks bis zur Plattform er- halten gewesen. Jm Mittelbau ist gen Westen eine kleine Pforte angebracht, die zum Aufziehen Deter Verteidigungs- stücke gedient haben wird.

Nunmehr begeben wir uns zurück dur das Löwentor A

dem östlichen Vorhof und betreten von hier den’ Nordzwinger u den östlichen Felsgraben, wo die Bauern Unterkunft in fehde- reihen Zeiten gefunden haben. Auch der östliche Teil der Burganlage iff von Wehrmauern umgeben und wurde Tier- garten genannt1, wahrscheinlich weil hier im Mittelalter Wild gehalten wurde. Jm äußersten Osten des Tiergartens be- findet sih ein interessanter Verteidigungsbau, der Stern- bau, so genannt wegen seinex fternförmigen e In romanischer Zeit ftand hier bereits ein Bergfried, und später qu man ein Festungswerk angelegt, das ein typishes Bild ietet, wie nah Einführung der Pulverwaffen die Ver- teidigungsbauten zuerst eingerichtet waren. Der Sternbau hat das alte Dach erhalten, wie sie derartige Bauten in früheren Zeiten trugen. :

Schon dieser flühtige Rundgang zeigt, welhe gewaltige Ausdehnung die Hohkönigsburg befißt. Sie nimmt auf dem 1 km langen Bergkamme den öftlihen Teil ein in einer Länge von 265 m. Auf dem Westende desselben Bergkammes be- iere S die tines Biele, Lts es gy verfallen war, als die Thiersteiner die Hohkönigsburg nach ihrer Zerstöru im Jahre 1479 neu aufbauten. Be F. n

Parlamentarische Nachrichten.

Die ESchlußberihte über die getrigen Sißungen des Reichstags und des Hauses der Abgeordneten befinden weiten Beilage.

In der heutigen 100. E, des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Jnnern Dr. von Bethmann Hollweg und der Staatssekretär des Reichspostamts K raetke beiwohnten, ftand der Nachtragsetat für 1907, außerordent- lihe Bewilligung von 400000 Æ zur Zirderang von Versuchen auf dem Gebiete der otorluft- \hiffahrt, zur dritten Beratung.

Ohne Diskusfion wurde die Summe endgültig bewilligt.

Darauf sezte das Haus die zweite Lesung des Reichs- haushaltsetats für 1908 Pet und wandte ih zum Spezialetat der „Reichspost- und Telegraphenver- waltung“. .

Zur Diskussion gestellt wurde zunächst der erste Titel des Ordinariums der’ Ausgaben „Gehalt des Staatssekretärs 44000 M“. Dozu liegt vor die von den Abgg. von Damm u. Gen. (wirtsch. Vgg.) beantragte Resolution:

„den Herrn Rethékanzler zu erfuchen, die früher in Geltung gewesenen Ausnahmetarife für Postkarten, Drucksachen, Waren- proben und Geschäftepapiere im Orts- und Nachkarverkehr wieder

Abg. Dr. Dröscher (dkons.): Der vorliegende Postetat ist offenbar mit Rüdcksiht auf die gesamte Finanzlage sehr vorsihti aufgestellt. Auf den Etat wirkt auch ein die täglich fich voll- ¡iehente organische Umbildung des Beamtenkörpers. Die Steige- rung der Einnahme ist im Etat in sehr vorsihtiger Weise eingeseßt. 1905 und 1906 war ja {on der Uebershuß erheblih geringer als veran shlagt worden war; darum war Vorsiht geboten. Im [laufenden Etat war dennoch die Einnabme hinter dem Vorars(hlage zurückgeblieben ; infolgedessen sind die Einnahmen geringer eingeseßt worden. Um einem Verkehrsbedürfnis zu genügen, sind die Ausgaben in dankenêwerter Weise erhöht worden. Die Aufhebung der Ausnabmetarife für das Ortsporto hat eine Mehreinnahme von einer Million gebraht, also 6 Millioren weriger, als man erwartet hat; diese sier nicht verkehrefreundlihe Maßregel hat also nit den erwarteten Erfolg gehabt. Wahrscheinlich wird der Ertrag von 6 Millionen nicht einmal erreiht werden. Es ift aber fehr fraglid, ob man entsprehend dem Antrage Damm bet ter Finanzlage des Reiches die Auëenahmetarife wieder einführen kann. Ee gilt auch von der in der Presse gewüns@{ten Wiederaufhebung der Beswerungen der Zeitungsbeilage usw. Zu der Frage der Telephontarifreform ist es nidt nôtig, jett son

) { Stellung zu nehmen. Wir werden dazu Gelegenheit haben, wenn die in Seiner

Ausfiht geftellte Vorlage über diesen Punkt uns vorges