1887 / 214 p. 1 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 13 Sep 1887 18:00:01 GMT) scan diff

SW,., SW., Pozzuoli SW., NO.,, SW, Aversa SW., SO., Caserta SW., SW,, SW., Portici SW., S., SW., Deserto W., SO., NO. : :

„Dalton definirt die Atome als unter \ih gleich große untheil- bare Theilchen, welche je nah dem Element, dem fie angehören, ein verschiedenes und stets constantes Gewicht besißen müssen. Die Atome haben eine für uns kaum faßbare Kleinheit, beträgt doch der Durch- messer eines Sauerstoffatoms kaum ein zehnmillioutel Centimeter. Es ist in hohem Grade wahrscheinlich, daß die Elemente im Zustand der Atome in der höchsten irdischen Hitze, in der des elektrishen Flammen- bogens, wie in der noch größeren Gluth von Fixsternen, wie z. B. des Sirius und der Vega (mit denen verglichen unsere Sonne relativ Fübl genannt werden muß), unzerlegt existiren. Dalton hat das rela- tive Gewicht der Atome der einzelnen Elemente festgestellt, Lothar Meyer und Mendeljew haben das Geseß entdeckt, welches die Größe der Atomgewichte regelt, in dem sogenannten periodischen System der Elemente, welches jedem Element seinen Plaß anweist und zusammengehörige Elemente in Gruppen ordnet. Mit Hülfe dieses Gesehes hat Mendeljew die Existenz neuer, bisher unbe- Tannter Elemente vorausgesagt von denen drei (Gallium, Skandium, Germanium) bereits gefunden sind, deren Atomgewichte und Eigen- \chaften vor ihrer Entdeckung von Mendeljew berechnet und voraus- gesagt waren. Die Atome sind niht bewegungslos, sie befinden sih in fortwährenden Schwingungen, deren Form und Natur JIoule zur Begründung der mecanishen Wärmetheorie führte, nah welcher alle Kräfte unzerstörbar, in einander überführbar sind und an der Materie haften.“ (Henry Roscoe 1./9. 1887.) |

Nach der E Theorie v. Helmholb’8s if das

Ozonsauerstoff-Molekül / "4, hat also 6 elektrische Ladungs- 0—-.+ 0 einheiten, während der molekulare Sauerstoff (02) 4 elektrische Ladungseinheiten besißt, Os wird also durch einen Austausch von elek- trischen Ladungseinheiten nah Außen hin eine stärkere Bewegung der Elektrizität, d. h. einen intensiveren elektrishen Strom verursachen Fönnen, als der inaktive Sauerstoff (02). „C. Wurster hat nun bereits einen elektrishen Strom nachgewiesen, wenn auf der Haut durch Wasserstoffsuperoxyd die Ammoniäksalze des Blutes zu salpetri- „ger Säure (N2 2 oxydirt werden, um wie viel mehr werden elek- trishe Strôme auftreten, wenn innerhalb 24 Stunden unserem Orga- nismus 1 Decigramm 0s zugeführt wird; in jedem Falle sind dur die Theorie v. Helmholtz's alle die Beobachtungen nunmehr klar- gelegt, welhe den Schluß forderten, S Zufuhr von 02 und 03 die verschiedensten Zellkräfte in einer bisher niht gekannten Weise erhöht wurden und daß Verf. von der Wahrheit \sich nit entfernte, als er vor zwei Jahren an Dubois -Raymond schrieb, daß Zufuhr von 02 und 0s innerhalb gewisser Grenzen gleihbedeutend mit Zufuhr von Elektrizität sei. Dittloff v. H.,, 17 Jahre alt, wurde vergeb- lih an Blutungen aus dem linken Nasenloch behandelt, welche immer \tärker und daher ers{chöpfender auftraten. Die Ursache derselben lag in der Infektion durch die Luft eines neuen Hauses, weniger in der Lungenerschlafffung, welche durch Blasen auf dem Cornet-à-Piston und Übermäßiges Rudern gleichzeitig vorhanden war und eine Stauung des Venenblutes verursa{cht. Seit dem vierzehntägigen Gebrauch von 03 haben die Blutungen aufgehört, die Milzanshwellung, welche früher bis zur 7. Rippe reichte, reicht nur bis zur 8. Rippe, allein solange sie nicht bis zur 9, Rippe reiht, ist die Anwartschaft auf Blutungen vor- handen. Durch Fortgebrauch von 03 wird die Milz ebenso sicher normal, wie durch Inhalation von 03 die Lungenerweiterung icher beseitigt. Da in jüngster Zeit mir Bluter begegnet sind, so mag aus Nr. 16 der „Deutschen Klinik“ 1871 Seite 29 bis 34 die Krank- heitsgeshihte des Herrn Jungfer, welcher zur Zeit in Hirschberg verheirathet und gesund is und als Bau-Inspektor fungirt, eine Stelle finden, weil aus derselben hervorgeht, wie durch unreine Luft die Leiden befördert, durh 02 und 03 vermindert und aufgehoben werden. Herr I. hat bis 1887 zur Verhütung der Wiederkehr der Blutungen und Entzündungen hie und da 0s gebraucht. „Danzig, im März 1871; „Ich bin im Jahre 1842 in Danzig geboren" worden. Danzig zeichnet si durch die große Sterblichkeit seiner Bevölkerung aus. Die Stadt steht zum größeren Theil auf dem Anshwemmungsboden der Weichsel, wird von zwei Flüssen, der Motlau und Radaune, durch{flossen und durch hohe Festungswälle und den Festungsgraben, welcher von der Motlau gespeist wird, eingeschlossen. Die Motlau entspringt wenige Meilen von Danzig im Danziger Werder und ist der Hauptabzugskanal für die Entwässerung8gräben dieses Werders ; sie hat daher nur Fluß, wenn die Entwäfserungsgräben dur Regen- güsse oder \{chmelzenden Schnee gefüllt sind, und ift somit, ebenso wie der Festungsgraben, im Hochsommer als stagnirendes Gewässer zu betrahten, Die Nadaune entspringt auf dem westlich von Danzig grgen Hügellande, hat ursprünglich klares hartes Wasser und edeutendes Gefälle; sie wird aber hon vor ihrem Eintritt in die Stadt durch Gerbereicn, Abtritte verunreinigt und steigert \ih diese Verunreinigung in der Stadt selbst in hohem Grade. Das Wasser der Radaune wird zur Speisung der laufenden Brunnen verwendet und dient dem größten Theil der Einwohner niht nur als Koch- und Waschwasser, sondern auch als Trinkwasser. Fremde, welhe von diesem Wasser trinken, erkranken in der Regel, namentli an Diarrhoe. Das Wasser der Pumpbrunnen entspriht dem der Radaunez die wohlhabenderen Familien kaufen daher Quellwasser aus der Umgegend (aus Herrmannshof, Pelonken) als Trinkroafsser.

Die Stadt hat enge Straßen mit hohen Häusern, welche im Verein mit den Festungswällen den Luftzug abschließen. Die Cholera hat in Danzig stets sehr heftig gewüthet.

Mein Vater hat cine Dienstwohnung in dem Mittelgebäude des Hauses der Westpreußishen Landschaft (Langgasse 34). Das Land- schaftshaus erstreckt sich von der Langgasse bis zur Hundegasse (welche der Langgasse parallel läuft), hat baber die ganze Länge einer Quer- straße, wie viele Häuser der „Rechtstadt“. Das ganze Gebäude besteht aus einem Vorder- und einem Hinterhause, welche an den beiden enannten Straßen liegen, und aus einem Mittelhause, welches keine

usfiht nah ciner Straße hat und von dem Vorder- und Hinter- hause dur zwei Höfe getrennt ist. Das Mittelhaus is aus Fach- werk erbaut. Das Erdgeschoß desfelben wird dur einen Pferdestall, dolzställe und eine Wagenremise eingenommen; dasselbe is feucht, hl und dunkel. In die Keller tritt häufig Grundwasser, welches ausgepumpt werden muß. Im ersten und zweiten Stock ist die Wohnung meines Vaters. Im ersten Stock befindet sich über dem bar dabe ein geräumiger Altan, nah welchem die Fenster der ver- chiedenen Zimmer sehen. Von dem Altan hat man die Aussicht nach den Altanen, Vorder- und Mittelhäusern der Nachbargebäude, B daß Luft und Licht durchaus nicht ausgeschlossen sind. Die Fuß- öden der Zimmer des ersten Stocks sind kalt. Bis zu meinem zehnten Jahre etwa {lief ich in einem Zimmer des ersten Stocks mit niedriger Dee, dessen Fenster nah Norden gehen ; dasselbe ist im Sommer kühl und im Winter nicht gerade \{chwer zu heizen. Später wohnte ich in einem nah Südosten gelegenen Zimmer des zweiten Stocks. Dieses Zimmer ist hoh, hell und hat über seiner Dee ein flahes Metalldah; es ist daher im Sommer außerordent- li heiß, im Winter sehr falt. Da das Zimmer in der Regel nicht gebelzt wurde, kam es zuweilen vor, daß das Wasser in der Schüssel ber Nacht fror. __ Als ih anfing, gehen zu lernen, bildete sich durch einen Fall eine çcroße Beule auf der Stirn, und als mir deßwegen Blutegel an die Stirn gesept worden waren, hörten die Wunden nit eher auf zu bluten, bis der Arzt Ee längere Zeit darauf seßte. Diese Blutung dauerte, troß täglihen Verbandes, mehrere Tage. Hieraus erkannte man, daß ih ein Bluter sei. Jn meinem vierten Jahre wurde mir ein Yao aus Daus was eine - gefährlihe Blutung zur olge hatte. evor ih die Krankheit weiter beschreibe, will ich emerken, daß [ne Perioden derselben zu unterscheiden Bud, wovon die erste etwa bis zu meinem 20. Jahre reiht. Die Beschreibung bezieht sih zunächst auf die erste Periode.

Die Krankheit zeigte sich in äußeren Blutungen, in Glied-

wafseransammlungen. und blutunterlaufenen Hautstellen. Bedeutende

Blutungen traten selten auf. In meinem zwölften Jahre wurde ih von einem Pferde vor beide Knie geschlagen, sodaß mehrere Adern zerrissen wurden und ich acht Wochen das Bett hüten mußte. Die Beine, durh das hineingetretene Blut dick geshwollen, wurden in wollene Binden gewickelt und Eisblasen auf die Knie gelegt. Eine Folge dieser Blutung war die Ausdehnung der Bänder der reten

niesheibe; seitdèm Ry diese etwas loser, als-die linke, und das rechte Bein ermüdet leiht. Kleine Stichwunden, welche ein Ab- gleiten des Federmessers oder ähnliche Zufälle veranlaßten, bluteten immer ziemlich stark, dagegen war das Nasenbluten, welches ih zu- weilen hatte, ganz _ mäßig und normal. 7

Die Gliedwafseransammlungen zeigten \sich sehr häufig und waren von verschiedener Dauer, von vier bis vierzehn Tagen. Betroffen wurden davon die Gelenke der Ellenbogen, der Knie und die Fuß-

elenke, vorzugsweise aber das rechte Kniegelenk, seitdem ih dort den

ferde\chlag erhalten.

Die Geschwulst wurde häufig so bedeutend, daß das Gelenk voll- ständig steif und ih am Gehen oder Schreiben verhindert wurde. Mit solchen läugere Zeit andauernden Anshwellungen waren und sind ziemliche heftige Schmerzen verbunden, welche so lange währten, bis die Krankheit ihren Höhepunkt erreicht hatte. Leichtere Fälle, bei denen die Anschwellungen nur wenige Tage dauerten, ers{hwerten zwar das Gehen, verboten es mir jedoch niht ganz. Die Haut behielt bei den Geshwulsten der Fuß- und Kniegelenke stets ihre natürliche Mae, bei denen der Ellenbogengelenke war aber zuweilen der ganze

rm mit Blut unterlaufen, zuerst blauroth, dann bei vorschreitender Heilung gelb. Diese Geshwülste zeigten sih in den ersten Jahren meiner Schulzeit häufiger als späterhin, und ich kann rechnen, daß ich in einigen Jahren den dritten oder vierten Theil der Zeit krank gewesen bin. i:

Außerdem waren früher die Extremitäïen mit blutunterlaufenen Stellen, blauen Flecken von mäßigem Umfang bedeckt, die mich übrigens nit genirten. Diese Flecke sowohl wie die erwähnten Ge- \chwülste wurden durch unvorsihtige Sprünge, Laufen, die üblichen Knabenbalgereien u. st. w. verursaht, in manchen Fällen war jedoch eine Erklärung nicht zu finden.

Als ich, achtzehn Jahre alt geworden, die Schule durchgemacht hatte, entshloß ich mi, das Baufach zu studiren. Um das Eleven- jahr bei einem Kgl. Baumeister durchzumachen und gleich.eitig meine Gesundheit zu kräftigen, nahm ich meinen Aufenthalt bei einem ver- wandten Gutsbesißer in Schidlit, einem Gute, welches an die Stadt Berent grenzt. Berent liegt aht Meilen westlich von Danzig auf dem baltish-uralischen Landhöhenzuge, 600 Fuß über dem Meeresspiegel in waldreicher hügeliger Gegend. Dort habe ich mich in der Regel sehr wohl befunden. Durch das Ausziehen eines Zahns wurde eine lebensgefährliche Blutung von drei oder vier Tagen Dauer herbei- geführt, Da die Zahnwunde durch Tannin 2c. nicht zu {ließen war, wurde schließlich mit einer großen Spritße CEiswasser in die Wunde gesprißt und während dieser Behandlung hörte die Vlutung auf. Die drei Aerzte, welche mich behandelten, hatten mih schon aufgegeben. Ich erholte mich auffallend s{hnell von dieser Blutung.

Etwa zwanzig Jahre alt, ging ih von hier nach Berlin zum Studium und damit beginnt die zweite Periode meiner Krankheit:

Die Gliedwasseranfsammlungen fingen allmählich an, seltener auf- zutreten (vielleiht aber nur deshalb, weil ich mich mehr \chonte), Blutungen, durch sihtbare äußere Veranlassung herbeigeführt, traten nicht mehr auf. Schnittwunden, etwa an den Fingern, bluten zwar noch immer etwas stärker als bei normalen Menschen, sind aber dur Heftpflaster leiht zu \{ließen. Dafür treten die inneren Blutungen auf, aus der Nase und aus der Harnblase. Die erste Blutung aus der Nase war auch die stärkste und gefährlichste, sie dauerte einen oder anderthalb Tage, und verlor ich dabei so viel Blut, daß ich mehrere Wochen das Bett hüten mußte. Die vorderen Nafenöffnungen wurden zwar durch Charpiepfropfen, welche mit einer Chloreisenverbindung getränkt waren, nah einigen fruchtlosen Versuchen {ließli ver- stopft, dafür lief das Blut dann durch die hinteren Nafenöffnungen in den Schlund. Dies dauerte so lange, bis ih anscheinend kein Blut mehr hatte. Die erste Blutung aus der Harnblase, welche übrigens, wie ih beiläufig erwähnen will, niht durch Blasen-Katarrh A. herbeigeführt wurde, wurde allmählih ebenfalls sehr stark, sodaß die ODeffnung der Harnröhre sich verstopfte. Ich mußte \{ließlich zehn Lage zu Bett liegen, worauf die Blutung aufhörte. Als innere Medizin trank ih verdünnte Shwefelsäure und habe ih dieselbe seit- dem bei Blutungen stets angewendet. Der Arzt, welcher mich behan- delte, war Herr Dr. Fürstenheim.

__ Solche Fälle sind während meines damaligen Aufenthalts in Berlin noch mehrere vorgekommen, aber nicht so stark wie zum ersten Male. Ich bewohnte damals niedrige, kleine Zimmer, nur in der A Zeit meines ersten Aufentbalts in Berlin eine hohe, große helle Stube. ?

__ Nachdem ich die Bauführer-Prüfung bestanden hatte, ging ich in die Praxis, und zwar zuerst 1865 nach Danzig und im nächsten Jahre nackch Rothebude und Langfelde, zwei Dörfer, welche an der Weichsel drei bis vier Meilen oberhalb der Mündung liegen. Jh war abwech- selnd mit der Leitung von Wasserbauten und mit Bureau-Arbeiten beschäftigt und litt sowohl in Danzig, wie in der Weichsel-Niederung zuweilen an den erwähnten inneren! Blutungen und Gelenkanschwel- lungen. In der Zeit vom Oktober 1866 bis Februar 1867 steigerten sih diese Anfälle in bisher nicht dagewesenem Grade, fünf innere BVlutungen hielten mich fast beständig an das Zimmer gefesselt. Die leßte derselben war aus der Nase, sehr heftig und langwierig, seitdem habe ich nur aus der Blase geblutet.

___Im April 1867 verließ ih Danzig und begab mich zur Leitung eines Kirchenbaues nah Gust, einem Dorfe, welches fünf Meilen südlich von Köslin und drei Viertelmeilen nördlih von der Stadt Bubliß liegt. Vom April 1867 bis zum November 1868 hielt i mich im Sommer in Gust, im Winter in Köslin auf und habe mich dort so wohl befunden, wie nie zuvor, ausgenommen in Schidlig bei Berent. In dieser Zeit von anderthalb Jahren kann ich nur drei leichte Blutungen aus der Blase, welche immer nur aht Tage dauerten, und ebensoviel Gliedwasseranshwellungen des reten Knie- und rechten Ellenbogengelenks zählen, die ebenfalls stets nur wenige Tage dauerten. Gust liegt, wie Schidliß, auf dem Ae en Höhenzuge und hat dieselben klimatishen Ver-

ältnifse.

_Im November 1868 ging ich nach Berlin, um zum Staatsexamen weiter zu studiren, und wohnte seitdem in einem {malen einfenstrigen Zimmer, nach Süden gelegen, dessen Fenster nah dem Hofe geht. Wegen der eingeschlossenen Lage des Zimmers und des auf dem Hofe befindlichen Abtrittsgebäudes war die Zuführung frischer Luft nicht oft möglich, Im Januar zeigte sich wieder eine unbedeutende Blasen- blutung, desgleihen im Mai zwei ebensolce kurz hintereinander. Bald darauf, Anfang Juni, begann eine Blutung, die nah dreiwöchentlicher Dauer zur Verstopfung der Harnröhrenöffnung führte. Um diese Zeit wurde ih durch Herrn Geheimen Rath Boehm zu Fen Dr. Lender geführt, welher mih nach einer neuen Methode behandelte und in zehn Tagen wiederherstellte.

Meine Blutungen find von er Dauer gewesen (aht Tage bis fünf Wochen) und sind am häufigsten im Herbst und Früh- jahr, seltener im strengen Winter und im Sommer aufgetreten.

ch will noch erwähnen, daß ich _in der kalten Jahreszeit stets an kalten Händen und Füßen gelitten habe und daß mir die Hände sowohl bei kaltem wie heißem Wetter anshwellen und dann, nament- lich bei Kälte, rothblau aussehen. Die Fingerspißen waren früher nah kalten Seebädern ganz blutleer und abgestorben. Diese Er- api af haben sih bedeutend gemäßigt, sodaß wenigstens ein Er- frieren (und Absterben) der Hände und Füße nicht mehr stattfindet. Die kalten Füße werden durch \chnelles Gehen oder die Bettwärme sehr bald wieder warm. Beim Gehen und bei warmer Luft gerathe ih überhaupt leiht in Schweiß,

Unter meinen Eltern und Geschwistern ist kein Bluter. Dagegen soll ein Bruder meiner Mutter als ege Kind in Folge eines Sturzes von der Treppe an innerer Verblutung gestorben sein. Außer- dem find zwei Söhne meiner Schwester Bluter, der eine tavon ist, nachdem er ein Jahr alt geworden, an einer Blutung im Gehirn

gestorben. Diese beiden Knaben sind in Belgard geboren, einer Stadt, welche ringsum von einem flahen Wiesenterrain umgeben ist, Seit einem Jahre hält meine Schwester sich in Köslin auf, und soll der überlebende Bluter Gege sehs Jahre alt) \sich seitdem bedeutend wohler befinden. Köslin ist eine gesunde Stadt, in der Cholerafälle nur vereinzelt vorgekommen sind. Die übrigen Kinder meiner Schwester, zwei Knaben und ein Mädchen, sind keine Bluter.“ G. JIungfer, Bauführer. Als Patient in Behandlung karm, stand der Blasengrund eine Handbreite oberhalb des Schambogens; der Katheterismus gelang, troßdem die Harnröhre durch Blutgerinsel verstopft war. Es galt bei der großen Anämie des Kranken die Wiederkehr von Blutungen im Allgemeinen und in die Harnwege insbesondere zu verhüten. Es gab jedoch auch noch andere Indikationen. Der überaus bleiche, ge- dunsen aussehende Kranke war bei reiner, blafser Zunge völlig appetit- los, {lief wenig und unruhig, war, wenn auch fieberlos, höchst kraft- los. Mit den verloren gegangenen Sauerstoffträgern des Blutes war der Sauerstoffgehalt des ganzen Nervensystems und folglih auch seine Kraft, sein sogenannter Tonus erheblich unter die Norm gesunken.

Die Blutstillungsmittel: Tannin, Plumbum aceticum, Chlor- eisen hätten weder Schlaf noch Appetit gebraht, Opium hätte wohl Schlaf, vielleicht auch Verstopfung herbeigeführt, sicher nicht den Appetit und die Kräfte gehoben. In Bezug auf die zumeist übliche Medikation der Salzsäure oder Schwefelsäure sagt Nothnagel mit Recht: „bezüglih des Morbus maculosus Werlhofi, des Skorbut, ist ein reeller Nußen von der Salzsäure nicht erwiesen“ und : „bezüg- lih der Anwendung der Schwefelsäure bei hämorrhagischen Haut- franfheiten (Purpura) verweisen wir auf die Salzsäure.“ In einem Falle akuter Septicämie, welche als Purpura haemorrhagica auftrat und welche in Bärwalde in der Neumark bei einem achtjährigen Knaben zu beobachten war, bei einem Manne Soldins mit chro- nischer Septicämie, welcher sech8 Wochen Blutungen aus Nase und Harnwegen mit Fieberanfällen zeigte, versagte Chinin selbft in großen Dosen, beide Patienten starben. Unser Patient erhielt Chinin und unerregtes Sauerstoffgas zu drei bis vier Kubikfuß täglich das leßtere wirkte, indem es sofort Appetit und erquickenden S{hlaf brachte. Nach 10 Tagen ging Patient spazieren und hatte nah 5 Wochen bei guter Kost, möglichst langem Aufenthalt im Freien ein gesundes Ausfehen und normale Kräfte. Im Winter 1869/70 trat noch einmal eine seröse, schmerzhafte Anshwellung der Kniegelenke auf, sie war von kurzer Dauer, weil Patient sofort die Inhalation des Sauerstoffs wieder aufnahm. Wenn nun Patient bis jeßt, also 13 Jahre, gesund geblieben ift, so beruht der Erfolg darauf, daß er seine frühere Wohnung gewechselt und septishe Zufuhren aus Luft, Wasser, Darm nach Möglichkeit vermieden hat; ferner darauf, daß der Sauerstoff vielleicht ebensowohl als Desinficiens durh Zerseßung der, Blutung und Entzündung erregenden, fseptishen Körper, wie au durch Tonisirung des Gefäßsystems als blutstillungs-entzündungs- widriges Mittel gewirkt hat. Wenn nun der obige Fall für den- jenigen in einer „Prädis8position zu Blutungen kombinirt mit chro- nishem Gelenkrheumatis8mus* besteht, welcher das Krankheitsbild, d. h. Grad, Ort, Art und Reihenfolge der Symptome, für das Wesentliche hält, so würde ih das Wesen desselben als chronifhe Septicämie nicht anders beurtheilt, die Behandlung desselben nit im mindesten geändert haben, wenn die feptishen Körper nicht allein unter der Form von Blutungen und Entzündungen, sondern auch unter der Form von Krämpfen, Lähmungen, Fieber fich entladen hätten.“ So weit die „Deutsche Klinik“.

__ Daß 02 ein Blutgerinnungs- und daher Blutstillungsmittel ist, zeigen Holzmann's Cxperimente im Archiv für Physiologie 1885 S. 239, deren Resultate sind: „1) Aus dem Pferdeblut läßt si ein Sibrin oder Faserstoff erzeugender Stoff darstellen, dessen Lösung bei gewöhnlicher Zimmertemperatur weder spontan, noch auf Zusaß destillirten Wassers gerinnt. 2) Andauernde Sauerstoffdurcleitung bewirkt typische Gerinnung der Fibrinogenlöfung bei gewöhnlicher Zimmertemperatur. Fibrin is daher ein Orydationsproduft des Sibrinogens. Venöses Blut gerinnt langsamer, als arterielles, Kohlen: täure - Anhäufung, Chloralhydrat, Chloroform, salzsaures Chinin, reines kohlenfaures Natron verzögern die Blutgerinnung.“

Als Geheimrath Ludwig Böhm sich 1868 an einer Leihe verleßt und eine Wund- und BVlutvergiftung zugezogen hatte, trat eine kaum stillbare Blutung ein, als ein Schnitt in den entzündeten Arm gemacht wurde; das Blut war dünnflüssig und nahezu {chwarz, also überaus sauerstoffarm und fkohlensäurereih. Es wurde das Fieber durch täglich zwei Kubikfuß 02 beseitigt; gegen 1meinen Willen wurde nunmehr 02 ausgeseßt, nah drei Tagen trat das Fieber in s{werster Form wieder auf. Die Entzündung des rechten Arms hatte so furhtbar zugenommen, daß Verf. von 02 Absiand nahm, um die Erlösung dur den Tod nicht hinauszuschieben.

A. T., 45 Jahre alt, hat in Folge eines Schusses eine alte, stets offene Wunde am Hakentheile des linken Fußes; nach cinem längeren Spaziergange am 8. April d. F. traten am 9. April beim Gehen Schmerzen im ganzen linken Bein auf, vom linken Fuß gehen feine rothe Streifen aus, welche bis zur linken Schenkelbeuge hinaufreichen. Es war also in Folge der Infektion der Wunde cine sehr rasch {ih ausdehnende Lymphgefäßentzündung eingetreten, der sofort eine Blut- vergiftung folgte, denn bereits am 9. April zeigte sich Morgens allge- meine Mattigkeit, Mittags Fröjteln, Nachmittags suchte der kräftige Mann das Bett auf, Abends Kopfschmerzen, Nachts starkes Phanta- siren im Schlaf. 10. April: starke Kopfshmerzen, sehr trockene Zunge und Haut, 104 doppelshlägige Pulse, 39,49 C. Temperatur, rother Harn, von früh an energisher Gebrauh von 03. Mittags 1 Uhr allgemeiner Schweiß, der mit geringen Unterbrehungen bis zum 11. andauert. Abends des 10. kein Kopfschmerz, Zunge neigt noch zur Trockenheit, Pulse 96, Harn reihlich, gelb, Kreuz[hmerzen, Koliken. Ein großes Glas Bitterwasser, 4 dünne Entleerungen. Nacht 10./11, wenig Schlaf. 11. April : keine Koliken, 92 Pulse, 33,69 C., Harn röthlih-gelb, Haut feuht, Zunge grauweiß, an den Rändern feucht, Mittags: 37,49 C., 68 Pulse, keine Kopfshmerzen, Appetit, Nachts 11./12.: Schlaf die ganze Nacht, ohne Phantasiren, Schweiß, Morgens des 12.: 389 C., 88 Pulse, Schmerzen in beiden Ohren (die Fenster waren Nachts geöffnet). Mittags: 38,59% C., 64 Pulfe, Abends 75 Uhr: 39,69 C. und 84 Pulse. Die Temperaturerhöhung wurde niht durch die Blutvergiftung, welche beseitigt war, sondern dur die Folgen der Lymphgefäßentzündung verursaht, am Ober \chenkel und in .der seitlihen Mitte des Schienbcins zwei thalergroße, rothe, hmerzhafte Stellen. Unausgesetzter starker Fortgebrauch von 083. Abends 9 Uhr des 13.: 390% C. Bitterwasser. 14, April: 36,8%C, um 7 und 9 Uhr a. m. Zunge erheblich besser, großer Appetit, lineare Nöthe fort, am Knie blaurothe Stelle. 11 Uhr a. m.

rösteln, Zunge trocken, 39,49 C., Aussehen gelblih, \pitz, starker

chweiß am Kopf. 15./4.: 37,49 C., 64 Pulse, Zunge neigt noth zur Trockenheit. 16./4.: 38,19 C. Mittags und 3889 C, Abends. 17,/4.; 39% C., 80 Pulse, Nachts vor Schmerzen nicht ges{hlafen, weil auf dem linken Knie \sih ein 2 Zoll langer und 1} Zoll breiter Eiterheerd gebildet hat; auch am äußeren Knöchel des linken Fußes eine dunkelrothe, \chon weihe Geshwulst. 18. April: 11 Uhr a. m. Der Absceß am Knie wird aufgeshnitten und entleert gegen 150 8 Eiter. Abends 37,99 C. 19. April: 80 Pulse, Nachts starker Schweiß. Absceß am Knöchel geöffnet. 20. April verläßt Patient, der ungewöhnlich viel 03 verbraucht hat, das Bett. Genaueres wl gert Tertschek, Eigenthümer von Potsdamerstraße 83a und Göben- traße 31, auf Anfragen gern mittheilen, weil thm gesagt ist, daß Blutvergiftungen nah Wunden bei den bisherigen Mitteln tödtlich verlaufen, jedenfalls nicht so rasch, wie in seinem Falle, die Wendung zum Besseren nehmen.

Dr, Lender,

Berlin W., Potsdamerstraße 132 (9—10), Culmstraße 14 (4—5).

(Nachdruk ift gestattet.)

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M

M 2114.

Berlin, Dienstag,

en 13. September, Abends.

Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht:

dem Geheimen Justiz-Rath und ordentlichen Professor an der Universität zu Greifswald, Dr. Haeberlin, und dem Geheimen Regierungs-Rath Weishaupt zu Potsdam den Rothen Adler:-Örden dritter Klasse mit der Schleife; sowie dem Gerichtsvollzieher Menn eking zu Hannover, dem Nachtwacht- meister Adolp Ho! fmann zu Berlin und dem Kreisboten Kothlow zu Strehlen das Allgemeine Ehrenzeichen zu ver- leihen.

Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den nahbenannten Personen die Erlaubniß zur Anlegung der ihnen verliehenen nichtpreußishen Ordens-Fnsignien zu ertheilen, und zwar:

des Großherrlih türkishen Dsmanié-Drdens zweiter Klasse und i des Commandeurkreuzes des Königlich spanischen Ordens Jsabella's der Katholi]chen: dem Bevollmächtigten der Firma Friedrih Krupp zu Essen, Karl Menshausen zu Düsseldorf;

a V J des Commandeurkreuzes des Ordens der italienishen Krone:

dem Geheimen Kommerzien-Rath Conrad zu Berlin, Vorsißenden des Aufsichtsraths der Berliner Maschinenbau- Aktiengesellschaft (vormals L. Schwarßtkopff), : ; dem Kommerzien-Rath Kaselowsky zu Berlin, technischen Direktor derselben Gesellschast, und dem Banquier Ernst Mendelssohn-Bartholdy zu Berlin; ; des Ritterkreuzes desselben Ordens: dem Jngenieur der Firma Friedrih Krupp, Otto Budde zu Essen; Î i O des Königlich spanishen Militär-Verdiensst- Ordens Lee Klasse: v s dem Fabrikbesißer Friedrich Alfred Krupp zu Essen; owie des Ritterkreuzes des Königlich portugiesischen Ordens der Empfängniß Unserer Lieben Frau von Villa-Vigosa: dem Banquier Robert Mendelssohn zu Berlin und dem Kaufmann und Königlich portugiesishen Vize-Konsul Felix Eisenmann ebendaselbst. :

Königreich Preußen.

Se, Majestät der König haben Allergnädigst geruht :

den Wirklichen Geheimen Kriegsrath Gadow, vor- tragenden Rath im Kriegs-Ministerium, vom 1. Oktober d. J. ab zum Militär-Jntendanten zu ernennen;

dem Regierungs - Rath Löhning in Hannover den Charakter als Geheimer Regierungs-Rath zu verleihen ; sowie

den bisherigen unbesoldeten Beigeordneten der Stadt Wesel, Stadtverordneten und Kaufmann Daniel Luyken daselbst, in Folge der von der dortigen Stadtverordneten- Versammlung getroffenen Wiederwahl in gleicher Eigenschaft für eine fernere sechsjährige Amtsdauer zu bestätigen.

Des Königs Majestät haben Allergnädigst geruht, den A der Provinz Hannover zum 20. Oktober d. J. nach der Stadt Hannover zu berufen.

Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten.

Unterrihts-Anstalt des Königlihen Kunstgewerbe-Museums, Berlin W., Königgräterstraße 120. Lehrplan für das Schuljahr 1887/88; vom 3. Oktober 1887 bis 30. Juni 1888. e Tages - Unterricht (täglih Vormittags von 8—12 und Nachmittags von 1—4). Entwerfen von Möbeln, Geräthen u. st. w. Modelliren. Ciseliren und andere Metalltechnik. Dekorative Malerei, ornamentale und figürlihe. Entwerfen von Flahmustern und Vorbildern für Buntdruck u. #. w. Kupferstih und

Radirung. Kunststicterei.

( E E Bon t 91/,) von E ezw. von (1/z— : “Ornamentzeichnen. L Geometrisches Zeichnen und Pro- jektionslehre. Architektonishes Zeichnen. Gipszeichnen. Modelliren. Aktstudien. Anatomie. Stilgeschichte und

þ

ormenlehre. cen Entwerfen fkunstgewerblicher egenstände. Schristzeichnen. L Die Unterrichtskarten für das Winter-Semester werden ausgegeben: i j an die bisherigen Schüler am 19., 20., 21. September, an neueintretende Schüler am 22., 23., 24. September, im Bureau der Anstalt (I. Stockwerk).

Der Direktor der Unterrichts-Anstalt. Ernst Ewald

Kriegs-Ministerium. Dem Wirklichen Geheimen Kriegsrath und Militär-

Intendanten Gadow is die Militär-Jntendantenstelle des X. Armee-Corps übertragen worden.

Ministerium für Landwirthschaft, Domänen und Forsten.

Der bisherige Geheime Kanzlei - Assistent Berger is} zum Geheimen Kanzlei-Sekretär beim Ministerium für Land- wirthschaft, Domänen und Forsten ernannt worden.

Angekommen: Se. Excellenz der Ss des Staats-Ministeriums, Minister des Jnnern, von Puttkamer, von D ers i. Pr. ; !

der General-Auditeur der Armee, Wirkliche Geheime Ober- Justiz-Rath Jttenb a ch.

Abgereist: Se. Excellenz der Staatssekretär des Reichs- Justizamts, Dr. von Shelling, wit kurzem Urlaub.

s E Lar Wi k

Bekanntmachung, betreffend dieEröffnung dg3Provinzial-Landta gs der Provinz Sahsén. f

Des Königs Majestät haben dur Allerhöchsten Erlaß vom 20. Juli d. J. zu genehmigen geruht, daß der Provin- zial-Landtag der Provinz Sachsen zum

23. Oktober d. J. nach dexr Stadt Merseburg berufen werde.

Die Eröffnung des Provinzial-Landtags wird an diesem Tage Mittags 12 Uhr im Saale des Schloßgartenpavillons, nah einer fkirchlihen Feier in der Schloß- und Domkirche, stattfinden.

Magdeburg, den 6. September 1887.

Der Ober-Präsident der ies Sachsen. von Wolff.

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Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 13. September. Durch Aller- höchste Ordre vom 3. August d. J. is der Stadt- gemeinde Kreuznahch auf Grund des Gesezes vom 11. Juni 1874 das Recht verliehen worden, behufs Aus- führung der von ihr beabsichtigten Anlage einer Wasserleitung im Wege der Enteignung die Quellen in der Gemarkung St. Catharinen, sowie die Quellen in der Gemarkung Spon- heim, mit Ausnahme der dortigen Dorfquelle, zu erwerben und diejenigen Grundstücke, welhe durch die zur Fassung der Quellen erforderlichen Anlagen, sowie durch die zur Ableitung des Wassers nah der Stadt und zur Vertheilung desselben in der Stadt dienende Röhrenleitung berührt werden, mit einer dauernden Beschränkung zu belasten oder die fraglichen Grund- stücke, soweit es erforderlih erscheint, zu vollem Eigenthum zu erwerben.

Das Beschä digen der auf einem Grabe gepflanzten Gewächse und das Herausreißen und Wegwerfen der auf dem Grabe eingegrabenen Topfgewächse, um dadurch Rache ggen den im Grabe Ruhenden zu üben, ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, Ik. Strafsenats, vom 1. Juli d. F., als ein an einem Grabe verübter beshim fender Unfug aus 8. 168 des Strafgeseßbuchs mit Gefängniß bis zu 2 Jahren 2c. zu bestrafen.

Der vortragende Rath im Justiz-Ministerium, Geheime Ober-Justiz-Rath H offmann, is am 11. d. M. hierselbst verstorben.

Stettin, 12. September. (W. T. B.) Jhre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin sind mit Jhren Königlichen E dem Prinzen und der Prinzessin Wilhelm nebst großem Gefolge heute Nachmittag 41/2 Uhr auf dem praht- voll dekorirten Bahnhof hierselbst eee Als der Kaiserlihe Zug sich nahte, intonirte das Musikcorps der auf dem Perron aufgestellten Ehren-Compagnie, welche aus

Mannschaften des 34. Regiments kombinirt war, die Nationalhymne. Während die Kaiserin am Arme der An Wilhelm den Wagen verließ und Sih in das aiserzimmer des Bahnhofs begab, schritt der Kaiser, der aggon rasch entstiegen war und die Begrüßung der des Regierungs - Präsidenten, des Polizei- Sr lauge vos und des Bürgermeisters entgegengenommen atte, von dem Prinzen O K efolat die Front der Ehren - Compagnie ab. Hierauf begaben Sich Se. Majestät mit dem Prinzen Wilhelm gleichfalls in das Kaiserzimmer und nahmen dort noch mehrere Vorstellungen entgegen. Sodann erfolgte die Abfahrt vom Bahnhof nach dem Schloß dur die prächtig dekorirte Feststraße. m ersten Wagen hatten Se. Majestät mit dem Prinzen Wilhelm Plaß ge nommen, im zweiten Wagen saß Jhre Majestät die Kaiserin mit der Prinzessin Wilhelm. Vom Bahnhof ab bildeten in den Straßen die Kriegervereine und FFnnungen Spalier, daran s\chlossen si 17000 Schulkinder an, welche Guirlanden in den Händen trugen; hinter den Schulen waren die Vereine und Korporationen aufgestellt, welhe am Bahnhof keinen Play gefunden hatten. Hinter diesen stand eine Kopf an Kopf gedrängte, aus der ganzen Provinz zusammengeströmte enge, welche die Majestäten auf dem ganzen Wege bis zum Schlosse mit unausgeseßten begeisterten Hoh- und aje wurden

dem Generalität,

begrüßte. An mehreren Punkien der Feststraße wurden den Majestäten von jungen Damen und Schülerinnen Blumenspenden dargebracht. m Schlosse war die erste Compagnie des Grenadier - Regiments König Friedri Wilhelm 1V. (1. Pommerschen Nr. 2) mit der Fahne un der Musik als * Ehrenwache aufgestellt. Der Kaiser {ritt die Front derselben ab, nahm die Begrüßung dur den Ober-Präsidenten entgegen und zog Sich dann mit * Jhrer Majestät zurück. Die Stadt ist in allen Theilen aufs Reichste geschmückt; alle Schiffe im Hafen „und auf der Oder prangen in buntem Flaggenschmuck. Einen ganz besonders glänzenden Anblick gewährte die vom Kaiser paf- “irte Feststraße, in der fast alle Häuser bis zum Dach mit Teppichen, Laubgewinden und Kränzen geschmüdckt waren. Abends 81/2 Uhr fand im Hofe des Königlichen Schlosses, welches dur Fadeln, bengalishe Flammen und Magnesia- licht tageshell erleuhtet war, großer Zapfen streih mit Serenade statt, welher von sämmtlihen Musik- corps des II. Armee-Corps, mit Ausnahme der- jenigen des Grenadier - Regiments ns Friedrih Wil- U IV. Nr. 2 und des Neumärkishen Dragoner- egiments Nr. 3, unter Leitung des General: Jnspizienten der Armeemusik Voigt ausgeführt wurde. Fhre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin sowie Fhre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Wilhelm erschienen wiederholt am Fenster und wurden von der zahlreichen mbar Le \chließlich die Nationalhymne anstimmte, enthusiasti ch egrüßt.

g Unser Berichterstatter shreibt uns über den Einzug 2c. noch: Stettin, 12. September. Die Hauptstadt Pommerns ps heute ihren großen Fest- und Jubeltag, den lang er-

ehnten Kaisertag, zu dessen würdiger E fie sich seit Monaten gerüstet hat. Wohin auch das Auge blickte überall Waldesgrün, Blumenshmuck und wehende Fahnen. Um die Mittagsstunde bereits begannen sih die Straßen zu füllen, bald war jede Cirkulation shwierig und zulegt un- möglih. Die Spaliere hatten sich längst geordnet, und hinter ihnen stauten \ich erwartungsvoll die Massen; bis in ihre obersten Stockwerke, ja bis zu den Dächern hinauf waren die Fenster mit Schaulustigen beseßt. Eine freudige Stimmung lag über der erregten Stadt. Alle Schiffe auf dem nahen Oderstrom prangten in vollster Flaggenparade. - Die Uhr am Bahnhof zeigte gerade auf halb fünf, als der Kaiferlihe Sonderzug eintraf. Unter den Klängen von „Heil Dir im Siegerkranz“ verließen Jhre Kaiserlichen ajestäten die Salonwagen und wurden von den Spißen der Behörden bewillklommnet. Der Empfang und das Abschreiten der Ehren- uen erfolgte in den bekannten Formen. Als das Erlauchte Kaiserpaar nah kurzem Verweilen in den reservirten Zim- mern des Bahnhofs in die Ausgangsthür trat, brach das Publikum in einen vielhundertstimmigen Jubel aus, der dann, wie eine Woge sih fortpflanzend, den So durch die E straße begleitete. Den Erlauchten Herr 10a ten voraus fuhren der Polizei-Präsident Freiherr von üffling, der Dber- Bürgermeister Haken und einige: andere Herren. Jn zwei offenen vierspännigen Wagen erschienen Jhre Majestäten, im ersten der Kaiser mit dem An Wilhelm, im zweiten die Kaiserin mit der Prinzessin Wilhelm. Dann kamen die Hofdamen und dann die Herren aus dem Gefolge Jhrer Majestäten. Die freudige Theilnahme der Zuschauer begleitete den ganzen Wagenzua, und das Hoh und Hurrah gewann neue Krast, als man in einem der leßten Wagen den General - p aab Grafen von Moltke erblickte. Einen kurzen Aufenthalt nahm der Festzug an der Ehrenpforte, wo als Vertreterinnen der vier O Töchtershulen vier * Schülerinnen den Erlauchten Jnsassen der beiden Wagen je einen.