1887 / 214 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 13 Sep 1887 18:00:01 GMT) scan diff

Blumenstrauß überreichten. Der Kaiser nahm mit huldvollem Lächeln die Jhm mit den Worten: „Willkommen, Majestät, in Stettin!“ dargereihte duftende Gabe in Empfang und sagte den beglüdckten jungen Damen Worte des Dankes. Von Eo er Huld beseelt zeigte Sih die Kaiserin; die Prinzessin

ilhelm hatte Sich erhoben, um beide Bouguets in Empfang u nehmen. Besonders rührend war der Jubel der Jugend, ie sich im Hochrufen gegenseitig überbot. Von der Höhe der Thürme erklang das Lestgeläut der Glocken. i

Von dem weitläufigen Schlosse, das viele Königliche Be- hörden beherbergt, steht nur ein L Aebig feiner Theil bal das Königliche Hoflager zur Verfügung. haben des-

alb auch aur Jhre Kaiserlihen Majestäten daselbst mit dem E T Wohnung genommen, während Prinz und

rinzessin Wilhelm bei der Frau Geheimen Kommerzien-Rath

rumm, Prinz Friedrich Leopold bei dem Kommerzien- Rath Schlutow abgestiegen sind. General - Feldmarschall Dea von Moltke genießt die Gastfreundschaft der Frau Dekkert. Auch andere vornehme Familien beherbergen höhere Offiziere aus dem Gefolge. Das Hotel du Nord, die Drei Kronen und das Hotel de Prusse sind fast völlig vom Hof- Marschallamt mit Beschlag belegt worden.

«In der neunten Abendstunde traten sämmtliche Musiker des II. Armee-Corps im Schloßhofe zusammen, um vor des Kaisers Fen tern den Zapfenstreich auszuführen, dem einige andere Musikstüde vorangingen. Der Schloßhof is ein mächtiger Raum, in der Mitte bestanden von einigen Linden, welhe eine Denksäule des Großen Kurfürsten beshatten; während der Kaisertage ist er gèésperrt, nur für heute Abend hatte man zahlreiche Einlaßkarten ausgegeben. Die Musiker rückten ill heran; mit ihnen zogen Träger von Windlichtern, und als sie Aufstellung genommen, flammten L noch Magnesiumfackeln auf, - sodaß für Lichteffekte reih gesorgt war. Die gesammte Aufführung leitete der Armee-Musik-Fnspizient Voigt aus Potsdam. Der Kaiser und die Kaiserin nahmen am offenen Fenster Plaß. Es war das beste B daß Beiden die Reise nah Stettin gut bekommen ist. Ein stürmisches Hoch begrüßte das Kaiserpaar beim Er- scheinen am Fenster; der Gesang von „Heil Dir im Sieger- kranz“ bildete den Schluß dier abendlihen Huldigung.

Am morgenden Dienstag, Vormittags 11 Uhr, gedenkt Se. Majestät der Kaiser die Parade des 11. Armee-Corps auf dem Kreckower Gras abzuhalten. Die gesammte Truppenaufstellung, welhe der mit der Führung des Armee- Corps beauftragte General-Lieutenant von der Burg befehligt, zerfällt in zwei Treffen. Jm ersten steht die Jnfanterie, im zweiten die Kavallerie, die Artillerie und der Train.

_Vayern. München, 12. September. (Allg. Ztg.) Der Prinz-Regent nahm heute Mittag 12 Uhr in feierlicher Audienz von dem apostolishen Nuntius Ruffo Scilla dessen Akfreditive entgegen.

Württemberg. Stuttgart, 8. September. (St.-A. f. W.) Der Bericht der verstärkten volkswirthschastlichen und der staatsrehtlihen Kommission über den Entwurf eines Geseßes, Pre P den Eintritt Württembergs in die Branntweinsteuergemeinschaft, ist nunmehr im Druck erschienen. Berichterstatter sind Freiherr von Varnbüler und Dr. Göôz. Jn dem Bericht heißt es :

Die Kommiffion hat, da das Reichsgeseß für die bestehen de Steuérgemeinschaft als ein Ganzes feststeht und für Württemberg nur die Frage vorliegt, ob es demselben als solhem beitreten wolle oder nicht, eine fritische Behandlung des Geseßes im Einzelnen nicht zu ihrer Aufgabe gemacht. Ueber die in Betraht kommenden staatsrehtlichen Gesichtspunkte hat der Berichterstatter Dr. Göz Folgendes vorgetragen: Gemäß Art. 35 Abs. 2 der Retchs- verfassung is in Württemberg die Besteuerung des inländischen Branntweins der Landesgesetgebung als Sonderreht vorbehalten. Der Eintritt des Königreihs Württemberg in die Branntweinsteuer- gemeinschaft hat die Aufhebung der derzeitigen Landesgeseße bezüglich der Besteuerung des Branntweins und den Verlust des diesfalls in der Reichsverfassung für Württemberg vorbehaltenen Sonder- rechts zur Folge. Allerdings is beim Eintritt in die Brannt- weinsteuergemeinf{chaft für Württemberg eine besondere bevorrehtete Stellung infofern vorgesehen, als die Vorschrift des §. 39 Abs. 1 des Reichëgeseßes, wonach der Reinertrag der VerbrauWhsabgabe den einzelnen Bundesstaaten nach Maßgabe der matrikular- mäßigen Bevölkerung zu überweisen 1st, gegenüber einem der in die Branntweinsteuergemeinshaft neu eintretenden Staaten nur mit dessen Zustimmung abgeändert werden kann; desgleichen eine Abänderung ‘der Bestimmungen des 8. 47 Abs. 2 des Reichs- geleves, wonach für Württemberg die Gesammtjahresmenge von

ranntwein, wele zu dem niedrigeren Abgabesate hergestellt werden darf, auf 3 1 reinen Alkohols für den Kopf der Bevölkerung be- messen, sowie die Austheilung dieser Gesammtjahresmenge auf die einzelnen Brennereien und die Erhebung und Verwaltung der auf den Branntwein gelegten Abgaben und Steuern den Landes- behörden überlassen ist, ‘der ausdrücklihen Zustimmung Württem- bergs bedarf. Wenn so auch das bisherige württembergische Branntweinfteuer-Sonderrecht mit ‘dem Eintritt Württembergs in die Branntweinsteuergemeinshaft nicht eine vollständige Aufhebung, sondern ‘nur eine Umwandlung erleidet, so handelt es sih dabei doch um einen Verzicht auf. das Sonderrecht in seiner jeßigen, durch die Reicbsverfassung bestimmten Gestalt und zugleich um cine wesent- lihe Einschränkung des bisherigen Inhalts dieses Sonder- rechts. Cs wirft sih daher zunächst die Frage auf, ob die Regie- rungsvorlage den zur Aufhebung eines reîihsverfa)\ ungsmäßigen Sonderrechts erforderlihen formellen Vorausseßungen genügt. Es ist unzweifelhaft, daß zur Rechtsgültigkeit des Verzihts auf ein württembergishes Sonderreht die Zustimmung des württembergischen Bevollmächtigten im Bundesrath ausreiht und die Zustimmung der württembergischen Landesvertretung niht erforderlich ist; da- gegen besteht Meinungsverschiedenheit darüber, ob nicht die württembergishe Staatsregierung im a auf den §. 85 der Ver- fafsungsurkunde und ihre landesverfassungsmäßige Verantwortlichkeit verpflichtet ist, vor dem Verzicht auf ein Sonderreht die Ein- willigung der Stände einzuholen. Jm vorliegenden Fall will die Königliche Staatsregierung sich zuvor der Uebereinstimmung mit der Landesvertretung vergewissern, und hat hierfür nach dem Vorgan Badens, dem auch Bayern sich anschließen wird, und da es si um eine besonders wichtige Steuersrage und die Sre ealepung eines neueren Landesgeseßes handelt, die Form des Gesetzes gewählt. Hiermit sind jedenfalls bei der allein in Frage stehenden Aufhebung des Branntweinsteuer-Sonderrehts die Rechte der Landstände ge- wahrt, eine prinzipielle Erörterung der vorbezeihneten Streit- frage fann unterbleiben, da die Regierungsvorlage den weiteft en formell rechtlichen ‘Anforderungen entspriht. Des eren behandelt der Bericht die Frage, ob nicht der vor- atene Gesetzentwurf eine Abänderung der württembergischen Ver- fassung enthalte und daher -die rechtlihe Natur eines Verfassungs- peletes trage, dessen Annahme die qualifizirte Mehrheit des §. 176 er Verfafsungsurkunde in beiden Kammern erfordere, Der Bericht

verneint diese Frage. Zu der Frage erga ob

Verziht auf das Sonderrecht der selbständigen Branntweinbesteuerung nach dessen innerer und politisher Bedeutung materiélle staatérechtliche Bedenken entgegenstehen, sagt der Bericht :

für die Hoheitsreëten auf. ttembergishen Staats, für das staats- rechtlide und pPpolitiso& Verhältniß der württembergischen Staatsgewalt zum Reih keine hervorragende oder gar aus- \hlaggebende Bedeutung; es haben auch nicht staatsrechtliche und politische Gründe, sondern wirthschaftlichGe Erwägungen, insbe- sondere die Verschiedenheit Me Eon des Verbrauchs und der seinerzeitigen Besteuerung zur Begründung des Sonderrechts geführt. Somit wird auch diese Fete verneint. Der Bericht behandelt sodann die Frage, ob der Beitritt den wirthschaftlichen Interessen Württembergs entspreche, und erwägt, welhen Einfluß derselbe auf die Branntwein-Jndustrie in Württemberg haben wird, ob die aus der Besteuerung des Branntweins zu erwartende Stei- gerung der . Branntweinpreise einen Grund gegen denselben abgebe, endlich inwiefern die finanziellen Wirkungen des Gesetzes bei der vorliegenden Frage ins Gewicht fallen. Das Er- gebniß dieser Untersuhungen des Kommissionsberihts kommt im Wesentlichen auf dasselbe hinaus, was in der Begründung der Negterung neen gesagt ist, der Kommissionsberiht hebt in gleicher Weise alle die Vortheile des Beitritts hervor, die auch in den Regie- rungsmotiven {hon ausgeführt find. Das Ergebniß wird folgender- maßen zusammengefaßt: Die in Württemberg bestehende Branntwein- brennerei wird in Folge des Reichsgeseßes niht nur niht mehr be- {ränkt als bisher, sondern dieses gewährt namentlich den kleinen und mittleren Brennern einzelne nicht unwesentlihe Erleichterungen, welche in die Hand der württembergischen Verwaltung gelegt sind. Die Konkurrenz des norddeutshen Sprits wird erleihtert, dem gegenüber {tehen aber Steuererleihterungen der württembergischen Brenner, welhe sich an die kleinere Ausdehnung der einzelnen Brennerei knüpfen; in der auch nach der -Steuererhöhung verbleibenden Steuerdifferenz zwi|chen Engros- und Detailpreis liegt kein zwingender Grund für empfindlihe Erhöhung des leßteren z aber auch, wenn diese einträte, läge darin kein Nachtheil, insofern sie auf Maßhalten im Genuß hinwirkte. Man vergegenwärtige fich, daß das deutsche Volk jährlich für Branntweintrunk ausgiebt 9500 920 000 M, für geistige Getränke überhaupt 1 711405 000 M Der Reinigungszwang des Branntweins ist eine höchst wohlthätige Maßregel für die sittlihen, gesundheitlihen, wirth- shaftlihen Interessen des deutshen Volks; die großen aus dem Geseß sih ergebenden Einnahmen werden dem Deutschen Reich und den deutshen Bundesstaaten Erleichterungen gewähren und Aus- gaben ermöglichen, welche die allgemeinen Interessen zu fördern ge- eignet sind; in dem Beitritt Württembergs zu dem Reichsgesetz liegt ein bedeutsamer, dessen Interessen in keiner Weise shädigender Schritt weiterer Einigung, ein Ereigniß von nationaler Bedeutung. Hienah beantragt die Kommission mit allen Stimmen gegen diejenigen der Herren Propst, Becher , Stockmayer welche beide Leßteren sih ihre Abstimmung vorbehielten): die ammer der Abgeordneten wolle auf die Berathung des Bei aAa betreffend den Eintritt Württembergs in die Branntweinsteuergemeinschaft, cingehen und demselben ihre Zustimmung ertheilen.

Sachsen-Weimar-Eisenah. Weimar, 12. September. (Th. C.) Der Großherzog, welcher noch inScheven ingen weilt, besuhte am Sonnabend von dort aus Rotterdam, um die Stadt und namentlich die neuen Hafenanlagen in Augenschein zu nehmen. Nach der Rückehr wird Se. König- liche Hoheit auf der Wartburg Aufenthalt nehmen. Die Groß herzogin ist am 10. auf Schloß Heinrichhau in Schlesien eingetroffen, woselbst auch der Erbgroßhe rzog Aufenthalt nehmen wird. Die Erbgroßherzogin, welche zur Zeit in Cortina verweilt, ist erfreuliher Weise in ihrem Befinden so gekräftigt, daß die Rückkehr derselben hierher Ende Oktober stattfinden wird. :

Bremen, 12. September. (W. T. B.) Prinz Ludwig von Bayern traf heute Nachmittag von Wilhelmshaven hier ein, besichtigte unter Führung des bayerischen Konsuls die hiesigen Sehenswürdigkeiten und wollte spät Abends die Reise fortsetzen.

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Westerreich-Ungarn. Wien, 13. September. (W. T. B.) Der Statthalter in Elsaß-Lothringen, Fürst Hohenlohe, ist Loe di mit seiner Gemahlin von hier nah Warschau abgereist.

Großbritannien und Frland. London, 12. September.

(W. T. B) Jm Unterhause erklärte heute der Unter- Staatssekretär des Auswärtigen, Fergusson, auf eine bezüglihe Anfrage: der englishe Konsul in Samoa sei angewiesen worden, strenge Neutralität zu beobachten. Die englische Regierung habe von der deutschen die Versicherung erhalten, daß die auswärtigen Be- ziehungen Samoas, speziell die der drei Vertragsmächte von der Aktion Deutschlands niht berührt würden. Der Staats- sekretär für Frland, Balfour, theilte mit, daß bei einem in der vergangenen Nacht in Lisdoonvarna erfolgten Angriff auf eine Bande von „Mondscheinlern“ ein Polizei-Ober- Konstabler getödtet und zwei Konstabler s{chwer verwundet worden seien. Fünf „Mondscheinler“ seien in dem Hause des Päthters, den sie überfallen hatten, verhaftet worden. wei weitere FJndividuen, welhe identifizirt werden önnten, seien heute zur Haft gebracht worden. Bei der Debatte über den Antrag auf Eintritt in die Einzelberathung des Finanzgeseßes protestirte H ar- court sehr energish gegen die Einmischung der Regierung in das öffentlihe Versammlungsreht, wozu dieselbe nah dem gemeinen Recht durchaus niht befugt sei. England dürfe eine Vergewaltigung des Versamm- lungsrechts niht dulden. Der General - Sekretär für Zrland, Balfour, erwiderte: Buller habe seinen Posten als Unter-Staatssekretär für Jrland niht wegen Mei- nungsverschiedenheit niedergelegt, sondern weil derselbe auf seinen früheren Posten zurückkehren wolle. Jm Jahre 1882, als Forster, S pes und Spencer im Amt waren, seien über 130 Versammlungen unter der Herrschast des ge- meinen Rechts untersagt worden. Er könne nur wieder- E daß bei den Vorgängen in Mitchelstown die olizei lediglih in Selbstvertheidigung gehandelt habe, und

daß ihr Vorgehen vollständig gerechtfertigt gewesen sei. Die preierina werde unentwegt bei ihrer Politik beharren, um den sozialen Beschwerden abzuhelfen und die Ordnung mit Festigkeit aufrecht zu df pre y e Politik werde es schließlich doch gelingen, die Jrländer zu ver- söhnen. Worms erklärte auf Befragen : das Handels- amt habe keine Nachricht erhalten, daß viele Personen auf dem Kontinent in Folge des Genusses von Hamburger Speck an Trichinose leiden. Das Lokal-Verwaltungsamt abe 1881 eine Jnstruktion hinsihtlich der Trichinose erlassen. as die Einfuhr von trihinosem Fleish anlange, so sei es Sache der Zollbehörden, das Geeignete zur Abwehr zu ver- anlassen. er arine-Minister erklärte, es sei ihm nicht bekannt, daß für die Flotte Kontrakte über Speckliefe-

Wie dem „Reutershen Bureau“ aus Bombay, vom heutigen Tage, gemeldet wird, soll nah einer Depes auz Kabul der Emir von Af Fa aban auf seiner Sommer: residenz in Ls ernstlih erkrankt sein; Eyub Khan soll sih in Kilai-Salar befinden.

13. September. (W. T. B.) Jm weiteren Verlauf der gestrigen Sizung des Unterhauses wurde der Antrag Parnell’s, die Debatte zu vertagen, mit 228 gegen 87 Stimmen E und die Berathung der ein: zelnen Paragraphen des e Al d ange: nommen. Das Haus nahm hierauf sämmtlihe Amendementz zu der Vorlage, betreffend den Betrieb von Kohlen- und anderen Bergwerken, an.

Als die Polizei in vergangener Nacht bei einer Schhlägerei unter den Dorfbewohnern von Ballyponeen nahe bei Mitchelstown einschreiten wollte, wurde \ie von einem Volkshaufen angegriffen und in die Kaserne zurü: gedrängt. Von hier aus gab sie zwei Flintenshüsse ab. E wurde Niemand verwundet, die Menge ergriff indeß die Flut, Vier Personen wurden verhaftet.

Cort, 12. September. heute vor dem hiesigen Gerichtshof. Derselbe wurde auf den Straßen von einer großen Volksmenge mit lebhaften Ovationen begrüßt. Nach der ersten Vernehmung wurde die weitere Verhandlung vertagt und O'Brien in das hiesige Gefängniß abgeführt. Der Prozeß gegen O’'Brien uke bis zum 23. d. M. vertagt. O'Brien soll dann vor dem Ge riht in Mitchelstown erscheinen.

Frankreich. Paris, 11. September. (Fr. C.) Die Rede, welche der Kriegs-Minister Ferron bei den zum Schluß der Divisionsmanöver in Castelnaudary ge gebenen großen Diner hielt, lautete:

„Meine Herren! J bringe einen Toast aus auf das XVII. Corps und seinen tapferen und erfahrenen Führer. Die Probe, die Sie, mein lieber General, durchgefübrt haben, war von Anfang bis zu Ende cine delikate. Ohne Zweifel haben wir Militärs, die wissen, mit wel peinlicher Genauigkeit die auf die Mobilmachung bezüglichen Instruktionen von 1878 und 1879 ausgearbeitet. wurden, welche Instruktionen seit: her nur wenige Veränderungen erlitten, mit welhem Eifer sie von

haben wir gute Gründe, Vertrauen zu hegen. Allein, man muß di wohl sagen, unser Vertrauen wurde weder vom Parlament noh vom Lande getheilt; es herrshte noh ein fast allgemeines Zweifeln, und dieses Zweifeln war für uns ein Grund der Shwäche. So lange i Minister sein werde, werde ih nichts, gar nichts vernahlässigen, damit im Inlande oder im Auslande kein Zweifel über die Militärmacht Frankreids bestehen kann. Ich habe daher mit Eifer das von meinem Vorgänger ein- gebrachte Geschesprojekt, einen Mobilmachungëversuh zu unternehmen, aufgenommen. Jch mußte dasselbe jedo abändern, denn eine einfa Einberufung des Armee-Corps hätte keine Schlußfolgerungen gestattet, und die Einberufung der Landwehr hätte uns nichts gezeigt, dabei aber die wirthschaftlihen Interessen der Gegend \{chwer geschädigt, Dieser Einberufung der Landwehr habe ih die Einschiffung dez ganzen mobilisirten Armee-Corps in die Eisenbahn fast unter den nämlichen Bedingungen, wie bei einer wirklihen Konzentrirung, und mehrtägige Manöver mit ernstlichen Fortseßungen des Krieges vorgezogen. Dieses Projekt war nicht neu, war von dem Großen Generalstab im Jahre 1882, da i Sous-Chef desselben war, ausgearbeitet worden, und nur bud getäre Erwägungen haben die Minister, die aufeinander gefolgt sind, verhindert, dessen Verwirklihung zu verlangen. . Der Versuch, iden Sie durchgeführt, gestattet uns folgende trofstvolle Konstatirungen: vor erst den patriotischen Eifer aller Civilbehörden für die Vollendung einer großen Pflicht, wrlhem Eifer ich glücklich bin, meine An- erkennung zu zollen, sodann die Hingebung unserer \{önen Bevöl- kerungen des Südens, die so lebhast, so intelligent sind, von denen man ‘alles verlangen kann, wenn es sich um das geheiligte Interesse des Vaterlands handelt. Dieser Versuch gestattet uns, noch einmal wieder die außerordentliche Gewandtheit unserer Eisenbahn-Direktoren zu kon- statiren und den Eifer des unter ihren Befehlen stehenden Personals lobend zu erwähnen. Dark diesem Eifer, dieser Gewandtheit war der Versuch so s{lüssig als mögli, ohne in hohem Grade den Handels interessen des Landes zu schaden. Troß einiger Schwierigkeiten im Detail haben wir konstatirt, daß unsere Einheiten der ersten Linie zu gelegener Zeit in den von den Marsh- vorschriften angegebenen Stunden bereit gewesen wären, Nah dem Manöver, dem ih beigewohnt, hege ich die Zuversicht, daß unsere Offiziere die Kriegs-Compagnien der Infanterie mit CGrfolg in den Kampf führen werden. Die Probke, an welcher da? Parlament und die Nation zwe ifelten, ist von Ihnen, mein General, durchgeführt worden. Der Zweifel, diese Ursache der Schwäche, die uns bedrüte, ist vershwunden. Meine Sache ist es nun, die dur die Gesammtheit der Dperationen zu Tage getretenen Unvollkommen heiten zu verbessern. Jch werde dieser Aufgabe gerecht werden. Ju Namen des Präsidenten der Republik, im Namen der Regierung und des Landes danke ih Ihnen, mein lieber General, und bitte Sie, den unter Ihren Befehlen stehenden Truppen den Ausdruck meiner voll kommenen Befriedigung zu übermitteln.“

Bulgarien. Sofia, 12. September. (W. T. B.) Ein Telegramm der „Agence Havas“ meldet: Die Negierung beabsichtigt gegen den Präfekten von Rustshuk, dessen Verhalten zahlreiche Reklamationen Seitens der Konsuln ver-

sich über die gegen ihn vorliegenden Beschwerden zu äußern.

Einem Telegramm des „Reuter'shen Bureaus“ zufolge fand am 12. auf dem Plage an der Kathedrale zu Sofia ein von 800 Personen besuhtes Meeting der nationalen Partei statt, bei welhem Stojanow und Volischew sprachen. Legtterer {lug eine Resolution vor, in welcher gesagt wird, daß man dem Prinzen von Coburg in seinen Bestrebungen für das Wohl Bulgariens bis zum Aeußersten beistehen müsse. Hiernat begab sich ein großer Volkshaufe zum Hause Karawelow's, in welchem die Fenster eingeworfen wurden. Die Gendarmerit griff den Haufen wiederholt an, und, wie es heißt, wurden dabei mehrere Personen, sowie einige Gendarmen verwundet. Die Menge zog hierauf nach der Zeitung „Tirnowska Constitutia“, zerbrah auch hier die Fenstersheiben und riß ‘das Schild herunter, wobei erufen wurde : „Nieder mit den Verräthern !“ Sodann begab ih die Menge nah dem Palais des Prinzen und bracht demselben lebhafte Ovationen dar, nahdem die auf dem Meeting beschlossene Resolution verlesen worden war. Der A dankte und sagte: „Liebet mich, seid Patrioten! Es lebe ulgarien !“

Rußland und Polen. St. Petersburg, 13. Sep tember. (W. T. B.) Der diesseitige Botschafter am Berliner Hofe, Graf Schuwalow, ist zum General der Jnfan- terie befördert worden. - : Das „Journal de St. Pétersbourg“ sagt bezügli der Erwiderung der „Nordd. A L Btg. auf die Auslafsung der „Kölnischen Ztg.“ über die Stellung Deutschlands zu Rußland in der Bg

Akt, welche sicherlih nicht allein an die „Kölnische Ztg."

Das Recht der landeégeseßlihenBranntweinbesteuerung an sih habe

rungen in Hamburg abgeschlo}sen worden seien.

nehmen mit Befriedigung von dieser Bernt en Erklärung V4

gerichtet is. Die Erklärung kann zu gleicher Zeit aud

(W. T. B.) D'Brien erschien b

den militärischen Führern studirt und angewendet werden, ohne Zweife[

anlaßt hat, vorzugehen, und hat denselben aufgefordert, |

Druckerei det |

rage: „Wir

Antwort - auf die Angriffe gewisser deutscher Blätter en die russishe Politik und gewisser russischer Blätter gegen die deutshe Politik dienen. Daraus, daß bei einer so hervorragend wichtigen Frage sich die beiden Mächte, deren Politik niht von einem Tage zum andern lebt, in ihren Urtheilen und ihrer Aktion begegnen, folgt weder, daß die eine Macht die Unterstüßung der andern mit Mißtrauen ansieht, noch daß die eine sich im Schlepptau der anderen befindet. Was würde aus dem Frieden der Welt werden, wenn dieses Mißtrauen das höchste und alleinige Geseg jeglicher Politik wäre?“ : :

13. September. (W. T. B.) Wie der „Nordischen Telegraphen-Agentur“ aus Merw auf Grund neuester und wuverlässiger Jnformationen mitgetheilt wird, ist Eyub Khan nicht auf persisches Gebiet zurückgedrängt, sondern befindet sich, geshüßt von einer zahlreichen Anhängerschaft, unweit Herat.

Dänemark. Kopenhagen, 12. Septémber. Der Namenstag des Kaisers von Rußland wurde hier estern mit großen Feierlichkeiten begangen. Schon am frühen Morgen zeigten sih die russishen Schiffe „Derjawa“ und „Czarewna“, die englische Yacht „Osborne“, der französische Marinekreuzer „Chateaurenault“ sowie die dänische Fregatte Själland“ und die Königsyaht „Danebrog“ im reichsten Flaggenshmudck; später folgten viele auf der Rhede und im Hafen ea B e diesem Beispiel. Kurz vor 11 Uhr brachte ein Extrazug die Königliche Familie nebst allen Gästen von Fredensborg nah der Hauptstadt; von der Eisenbahn- station fuhren Alle sofort in Gala-Equipagen nach der russischen Kapelle in der Breitenstraße, wo aus - Anlaß des Tages eine Dankmesse stattfand. Außer den Kaiserlichen und Königlichen Den wohnten die Mitglieder der russishen Gesandtschaft, die russishen Konsuln, sowie eine große Anzahl Se Marine-Offiziere und Matrosen dem Gottesdienst bei. Nach Beendigung des- selben fand an Bord der Yacht „Derjawa“ ein Gala-Dejeuner statt, zu welhem auch mehrere der höchsten Offiziere der dänishen Armee und der Flotte sowie sämmtliche Offiziere der dänischen Leibgarde, deren Ehren-Oberst der Czar ist, geladen worden waren. Während der Ueberfahrt der hohen Herrschasten nach der russischen Yacht gaben alle Kriegs- schiffe und die Batterie Sixtus Kaiserlihen Salut. Bei dem Dejeuner toastete, wie die „Nat. - Tid.“ berichtet, der König von Dänemark auf den Kaiser von Ruß- land und dieser dann auf den König von Dänemark, den König von Griechenland und den Prinzen von Wales. Bei jedem Toast spielte die russische Marinekapelle die betreffende Nationalhymne, während die Kanonen der „Derjawa“ salu- tirten. Zahllose Fahrzeuge aller Art umshwärmten die russishe Kaiseryaht. Um 21/4 Uhr begab \sich die hohe Gesellschaft wieder von Bord und fuhr gleih nah der Landung nah dem Centralbahnhof , auf dem Wege durch die Stadt von der Bevölkerung lebhaft be- grüßt. Der Kaiser von Rußland, der sehr wohl aussah, dankte ununterbrochen für die ihm dargebrachten Huldigungen. Ein Extrazug führte die hohen Herrschaften nah Fredensborg zurü. Am Abend wurden die beiden russischen Yachten durch Lampions prachtvoll illuminirt.

Amerika. Philadelphia, 8. September. (A. C.) Jn Philadelphia werden großartige Vorbereitungen zur Feier des hundertjährigen Bestehens der Ver- fassung der Vereinigten Staaten, am 17. September 1887, getroffen. Das Fest wird drei Tage dauern und am Donnerstag, den 15. September, seinen Anfang nehmen. Der große Zug wird mehr als zehn (englishe) Meilen lang sein, und es jollen darin die Fortschritte der Jndustrie Amerikas in dem verflossenen Fahrhundert dargestellt werden. Alle Gouverneure der Staaten der Union werden nah Philadelphia kommen, und es wird ihnen zu Ehren ein Banquet veranstaltet werden. Der Präsident Cleveland wird am Donnerstag eintreffen und am Freitag eine Revue über 30 000 Mann Bundestruppen und Milizen, über welche General Sheridan den Befehl führen wird, abnehmen. Von allen Theilen des Landes werden Kriegervereine zur Feier hierher kommen. Am Donnerstag Abend wird Präsident Cleveland einem vom Bürgercomité gegebenen Fest- mahl beiwohnen. Am Sonnabend soll unter dem Vorsiz des Präsidenten eine un unter freiem Himmel, auf dem Unabhängigkeitsplaß, stattfinden, wobei Richter Miller vom obersten Gerichtshof die Rede halten wird. Der Chor, welcher an dem musikalishen Theil der Aer mitwirkt, E 600 Stimmen. Q Potter von New-York, der Bischof der englischen Hochkirhe, wird die Versammlung mit Gebet eröffnen, und der katholische Kardinal Gibbons am Schluß den Segen sprehen. Der Präsident wird am Sonnabend Nachmittag Gast der hibernischen Gesell- schaft sein und am Abend einem von der Universität von Pennsylvanien veranstalteten Banquet beiwohnen.

Zeitungsftimmen.

In dem „Bromberger Tageblatt“ lesen wir: :

Uebec die Wirksamkeit des Unfallversiherungsgeseßes haben wir bereits einige gutachtlihe Aeußerungen, welhe uns in den seither er- schienenen Handelskammerberihten für 1886 entgegentraten, unseren Lesern mitgetheilt. Auf diese Aeußerungen ist um so mehr Werth zu legen, als sie aus Kreisen stammen, denen das Geseß nicht zum ge- riugen Theil inmitten einer sehr ungünstigen Geschäftslage, erhebliche Opfer auferlegte, Opfer, welhe jedoch mit Bereitwilligkeit über- nommen wurden in der Hoffnung, den bestehenden sozialen Miß- verhältnissen auf diese Weise eine tiefeingreifende Abhülfe zu gewähren.

Für wichtige Theile des Des lagen bei Abschluß der 1886er Gand ilitaiminerberithte noch keine Erfahrungen vor, namentlich fehlen dieselben in Bezug auf die Unfallverhütungs-Vorschriften, die Ge- fahrentarife, das Umlageverfahren u. \. w. Doch genügt die bisherige Entwickelung, um das Gefühl der Befriedigung darüber zum Aus- druck zu bringen, daß, wie der Handelskammerberiht eines rheinischen Industriebezirks es mit freudigster Anerkennung ausspricht, „durch die sozialpolitische Gesetzgebung endlih den verbitterten Prozessen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern wegen Schadenersaßzes auf Grund des Haftpflichtgeseßes Einhalt ‘Lana ist und die Verletten und deren Hinterbliebene ihre Entschädigung niht mehr auf Grund eines zivilrechtlichen Schadenanspruhs erhalten, sondern auf Grund einer öffentlih-rechtlichen NetGernns ohne Rücksicht darauf, ob und wessen Verschulden den Unfall herbeigeführt hat, namentlich ob etwa dem Beschädigten eine Fahrlässigkeit beizumessen ist. * E

In welcher Weise die (eufagenosseelNaglten selbs die ihnen durch das Gesetz zugewiesene Thätigkeit auffassen, erhellt u. A. aus folgendem Vorgange.

Eine Berufsgenossenschaft hatte die Betriebsunternehmer durch

Betriebsunternehmer fragte darauf bei der Berufsgenofsenschaft an, inwieweit ein geseßliher Zwang auf den Arbeiter dahin ausgeübt werden könne, daß er seinerseits die Wiederherstellung seiner Erwerbsfähigkeit zur Anzeige bringe. In der Antwort der Berufsgenofsenshaft wird nun zunächst ausgeführt, daß ein solher Zwang nicht besteht, daß aber des Weiteren die den Betriebsunternehmern ausgesprochene Bitte neben der Absicht der Arbeit- und Kostenersparniß den Zweck im Auge hätte: „durch die Ueberwahung der Verunglückten bei den Herren Betriebsunternehmern ein gewisses Interesse für dieselben zu erwecken. Der Gesetzgeber is bei Abfassung des Unfallversicherungs- gesetzes von der Grundidee beseelt gewesen, dem Arbeiter nicht nur die materielle Wohlthat zu erweisen, sondern auch demselben die Fürsorge des Arbeitgebers für fein Wohl vor Augen zu führen. Dieser Zweck wird aber nicht nur durch Gewährung von Geldunter- stüßungen erreicht, sondern in erster Linie dadurch, daß der Arbeiter die Sorge des Brodherrn für seine materiellen Interessen erkennt." Die Ueberwachung der Verunglückten habe nicht nur den Zweck, die Berufsgenossenshaft vor unnöthigen Entschädigungsansprüchen zu \{chüÜBßen, fondern auch, dem gesädigten Arbeiter durch zweck- entsprechende Behandlung und rechtzeitiges Vorbeugen fein kostbarstes Gut, seine Gesundheit, zu erhalten und wieder herzustellen. Didie Ueberwachung aber falle in erster Linie dem auch durch materielle Interessen verpflichteten Arbeitgeber zu. | Dieser Vorgang beweist, daß die Gesichtspunkte, welche die Kaiserlihe Botschaft von 1881 als Ausgang und Ziel ihrer Bestre- bungen aufstellte, mehr und mehr anerkannt und gepflegt werden. Die Fürsorge für die arbeitenden Klassen follte nah dem Willen des Kaisers die Erfüllung der Pflicht christliher Nächstenliebe sein, wel{he alle Berufs\tände der Nation, und zwar gerade für die Tage von Noth und Gefahr, dauernd umschließen soll. Jene Kundgebung aus berufsgenossenschaftlihen Kreisen zeigt, wie diese Auffassung Boden gefunden und hoffentlich wahsend Gemeingut des ganzen Volkes werden wird.

Im Ganzen beschränken die in den Handelétkammerberichten vor- liegenden Stimmen ih darauf, die allgemein wohlthätige Wirkung des Gesetzes zu konstatiren. Einzelne Wünsche, welche dabei zum Ausdruck gelangen, über die 13wöchentlihe Karenzzeit, über den Um- stand, daß nit alle Unfälle unter das Geseß fallen und die Arbeit- geber daher für - diese dennoch bei Privatgesellshaften versihern müssen, u. #. w., sind {hon bei den Berathungen im Reichs- tage in der Presse ausgiebig zur Erörterung gelangt, ihre Er- füllung wird erst an der Hand längerer praktisher Erfahrungen mög- lih sein, wie denn die Verbesserungsfähigkeit des Gesetzes von Anfang an von keiner Seite in Zweifel gezogen worden ist. : Einstweilen genügt es, die erfreuliche Thatsache zu verzeichnen, daß die Wohlthaten desselben im Volke verstanden, und daß das Geseß von seinen zunächst berufenen Pflegern, den Berufsgenossen- (O aus nach seiner sittlihen Seite hin gewürdigt und gehand- abt wird.

Der „Reichsbote“/ schreibt: ¡ :

Man geht aber jeßt von freihändlerisher Seite selbst auf die Gefahr hin, sih läherlih zu machen so weit, zu behaupten, paß die deutschen Landwirthe in Mecklenburg, Ost- und Westpreußen i beklagten, „durch die Zölle“ sei ihnen der englishe Markt zerstört worden. Wenn dies wahr wäre, so müßte doch von ihrem Getreide Zoll in England erhoben werden; wenn dies aber nicht der Fall ist, jo kann ihnen auch nicht „durch die Zölle“ der englishe Markt zerstört worden sein; wohl aber hat, sofern dieser englische Markt bestand, die Konkurrenz denselben zerstört ; wie man ebenfalls durch die Konkurrenz, welche den deutshen inneren Markt „erschwerte oder vielmehr zer- störte“, genöthigt worden war, den englishen autzusuchen, Klar ist aber ohne Zweifel, h man in Deutschland si gegen die dringendsten Pflichten der Selbsterhaltung versündigt haben würde, wenn man dem ruhig zug eschen hätte. War es {hon \{chlimm genug, daß die fremde Konkurrenz der heimischen Produktion zum Theil ihren nähsten Markt streitig machen und sie nöthigen konnte, sih in der Fremde Ersaß zu suhen, so war es allenfalls erträglih, fo lange diejer Ersaß noch da war. Allein dieser Ersay durch die ameri- fanishe und indishe Konkurrenz vershwand, so mußte doch wohl gegen die fremde Konkurrenz im eigenen Lande der Grund- saß, daß sich Jeder selbst der Nächste ist, in Anwendung ommen. Wenn selbst behauptet werden könnte, daß die Schutzölle cine Erhöhung der Verkaufspreise für Getreide in Deutschland niht hervorgebraht haben: so haben fie jedenfalls die fremde Konkurrenz im Lande gemäßigt. Wenn, wie behauptet wird, die deutsche Landwirthschaft ihren Exportmarkt für Getreide verloren habe was doch unmöglich dur unsere Einfuhrzölle, sondern nur durch das Ueberwiegen der Konkurrenz geschehen scin kann: was sollte erst aus ihr werden, wenn wir diese Konkurrenz auch im Innern \halten und walten ließen ohne Schranken und Maß? Wir würden wahrscheinlich jeßt {on kaum noch zwei Drittel unseres Getreide- bedarfs bauen können. .

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlihungen des Kaiserlihen Gesundheits- amts sind in der Zeit vom 28. August bis 3. September cr. von je 1000 Bewohnern, auf den Jahresdurhscnitt berehnet, als estorben gemeldet: in Berlin 25,0, in Breslau 30,5, in Königsberg 33,3, in Köln —, in Frankfurt a. M. —, in Wiesbaden 10,9, in Hannover —, in Kassel 13,4, in Magdeburg 28,1, in Stettin 22,9, in Altona 28,1, in Straßburg 28,6, in Mey 20,1, in München 26,6, in Nürnberg 26,5, in Augsburg 17,8, in Dresden 30,3, in Leipzig 20,3, in Stuttgart 17,0, in Karlsruhe 16,9, in Braunschweig 19,4, in Hamburg 29,6, in Wien 19,4, in Pest 32,2, in Prag 26,0, in Triest 33,4, in Krakau 28,95, in Amsterdam 19,1, in Brüssel 22,8, in Paris 21,0, in Basel —, in London 16,6, in Glasgow 19,2, in Liverpool 20,4, in Dublin 37,5, in Edinburg 17,6, in Kopenhagen 24,4, in Stockholm 17,0, in Christiania 18,2, in St. Petersburg 23,5, in Warschau 28,3, in Odessa 29,0, in Rom —, in Turin —, in Venedig 24,7, in Alexandria 39,0. Ferner in der Zeit vom 7. bis 13. August: in New- Bork 27,0, in Philadelphia 22,4, in Baltimore 24,9, in Kalkutta 21,8, in Bombay 27,2, in Madras 34,8. _

Die im Allgemeinen bohe Temperatur der Luft, die während der Berichtswoche in ganz Mittel-Europa vorherrschte, beeinflußte die Sterblichkeit in den meisten Großstädten Europas in der Art, daß, besonders in deutschen Städten, Darmkatarrhe und Brechdurchfälle der Kinder wieder zahlreiher zum Vorschein kamen und häufiger tödtlich endeten, Dies war in Berlin, Hamburg, Dresden, Leipzig, Königsberg, Danzig , Frankfurt a. M., Straßburg, auch in St. Petersburg und Odessa der Fall, während in anderen Orten, wie München, Breslau, Nürnberg, Barmen, Magdeburg, Braun- \chweig, London, Wien, Pest, Kopenhagen, Brüssel u. a. die Zahl der Opfer, wenn auch noch immer groß, so do kleiner war als in der Vorwoche. Die Sterblichkeit war deshalb in einer ganzen Zahl von Städten etwas größer, als in der vorhergegangenen Woche, in einer anderen gleich hoh, in mehreren auch vermindert. Ciner günstigen Sterblichkeit (no% nicht 20 pro Mille und Jahr) erfreuten sich Wies- baden, Bremen, Augsburg, Stuttgart, Barmen, ee Erfurt, Kassel, Mainz, Karlsruhe, Wien, London, Glasgow, Edinburg, Stockholm, Christiania. Auh in Mey, Leipzig, Preibur t, i, Efsen, Elberfeld, Paris, Liverpool u. a. blieb die Sterblichkeit eine, mäßige. Hoh (über 30,0 pro Mille und Jahr) war die Sterblichkeit unter den deutschen Städten in Breslau, Dresden, Königsberg, Danzig, Görliz, Chemniy, Posen u. a. O. Die Theilnahme des äuglingsalters an der Gefammt- fterblihkeit blieb im Ganzen die Lees hohe, wie in der Vorwoche. Von 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, in Berlin 128, in München 130 Säuglinge. Akute Entzündungen der Athmungs-

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und Keuchhusten etwas seltener wurden. Masern führten in Paris, London, Dublin etwas mehr, in München, Wien, Kopenhagen etwas weniger Sterbefälle als in der Vorwoche herbei ; neue Erkran- fungen kamen in Berlin, Breslau, Wien. Kopenhagen, St. Feerbburg in befchränker Zahl, auch in den Regierungs- ezirken Düsseldorf und Königsberg feltener als in der Vorwoche zur Anzeige. Das Scharlachfieber hat in Berlin und London etwas mehr, in Wien etwas weniger Todesfälle veranlaßt. Erkrankungen haben in Breslau, in dem Re- gierunssbezirk Düsseldorf sowie in Wien abgenommen, dagegen war ihre Zahl in Hamburg, Nürnberg, Edinburg, Kopenhagen, Stockholm, im Regierungsbezirk Schleswig eine etwas gesteigerte. Die Sterb- lihkeit an Diphtherie und Croup war in Berlin, Dreöden, Altona, Prag, St. Petersburg, London, Christiania eine verminderte, in Franffurt a: M. und Danzig blieb sie die gleich hohe wie in der Vorwoche. Dagegen nahm sie in Breslau, Hamburg, Nürnberg, Wien, Pest, Paris zu. Erkrankungen an Diphtherie kamen jedoch aus Berlin, Breslau, aus dem Regierungsbezirk Düsseldorf, aus Pest, Kopenhagen in etwas größerer, aus Hamburg, Nürnberg, Christiania, St. Petersburg in etwas verminderter Zahl zur Anzeige. Typhöse Fieber riefen in Berlin, Dortmund, Hamburg, Magdeburg, Paris etwas mehr, in London und St. Petersburg etwas weniger Sterbefälle hervor. Erkrankungen haben in den meisten der genannten Städte abgenommen. An Flecktyphus kam aus dem Regierungsbezirk Düsseldorf 1 Todes- fall und aus diesem Bezirk, sowie aus Berlin je 1 Erkrankung zur Anzeige. Aen Entzündungen-des Zellgewebes der Haut führten in London häufiger zum Tode. Der Keu ch- husten hat in Berlin, London, St. Petersburg ein wenig abgenommen, aus Hamburg und Kopenhagen werden weniger Erkrankungen berihtet. Aus Hamburg ftamen 4 weitere Todesfälle und 13 Erkrankungen an CLTrichinosis zur Mel- dung; au in Braunschweig sind zahlreihe Erkrankungen vorgekom- men. Aus St. Petersburg wird 1 Todesfall an Tollwuth, aus London 1 Todesfall an Roy berichtet. Pocken veranlaßten in Wien 2, in Prag 5, in St. Petersburg 7, in Paris 9, in Triest 15, in Warschau 17 Todesfälle ; Crkrankungen kamen aus den Regierungs- bezirken Hildesheim 1, Schleswig 2, aus Pest 5, aus Wien 7, aus St. Petersburg 9 zur Mittheilung. Die Nachrichten über die Cho - lera in Italien lauten im Allgemeinen günstiger; nur in Palermo und in der Umgegend von Neapel haben zu Ende August die Cho- lerafälle zugenommen, in der Stadt und Provinz Catania, fowie in den Provinzen Syrakus und Messina kamen nur vereinzelte Fälle vor.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Bendix, Rechtsanwalt: „Die Deutshe Konkurs- ordnung. Handausgabe für den praktischen Sebrauch.“ (Verlag von L. Shwann in Düsseldorf. Preis geh. 2 Æ, geb. 250 A4) Die vorliegende Ausgabe der „R.-K.-O.* enthält in handlicher Form einen genauen Abdruck des Geseßzestextes und des dazu gehörenden deutschen CEinführungs- und preußis{chen Ausführungsgeseßes sowie ein voll- ständiges Sachregister. Die Entscheidungen des Reichsgerichts sind bis auf die neueste Zeit (bis zum XVI. Bande einschl.) in den den Text der „K.-D.“ erläuternden zahlreißen An- merkungen sorgfältig berücksihtigt, ebenso die einshlägigen Be- stimmungen des bürgerlihen MReihs- und Landesrehts. Die Lehrbücher des Preußischen Rechts von Föcster-Eccius und Dernburg und diejenigen des Rhein. Rechts von Zachariae und Kretschmar haben gebührende Beahtung gefunden. Das Buch steht in der Mitte zwischen den großen Kommentaren und den lediglich nur mit Parallelstellen versehenen Textausgaben. Der Verfasser hat es ver- standen, in übersihtliher Weise diejenigen Punkte hervorzuheben, auf welche es in der Praxis wesentlich ankommt, und das inhaltreihe Buch darf daher einer beifälligen Aufnahme sicher fein.

Prafktische Anleitung zur Kultivation fsubtro- pischer Gebiete. Nach eigener Erfahrung, besonders in Süd- Australien. Von Hermann Rieck in Walhalla bei Coffs Harbour, Neusüdwales, Australien. Mit Abbildungen. Herausgegeben vom Westdeutshen Verein für Kolonisation und Export. (München und Leipzig. Preis 1 4 50 & 4. Druck und Verlag von R. Oldenbourg. 1887) Das Buch hat folgenden Inhalt: Vorbemerkung. Kampf gegen Wildniß. Friedens\{uß. Vertheilung des Landes. Auswahl des Bodens. Wie Wildland zu klären und zu be- pflanzen. Forsten und Referven. Bauholzausfuhr und Busch- zimmerei. Erstes Obdah. Hausbau. Pferde-, Rindvieh- und Schafzuht. Edelmetall- und Edelsteinminen. Post- und Tele- graphenwesen, Banken. Flüsse und Seehäfen. Oeffentliche Bauten, Arbeiten, Leistungen und Lieferungen. Wie erhält fich der weiße Arbeiter in der warmen Zone die Gesundheit? Schlußwort. Dem Buthe gereiht es zur besonderen Cmpfehlung, daß der oben- genannte Verein dasselbe durch Zuerkennung eines Preises ausge- zeichnet hat, da es sich deutshen Auswanderern und den neuen deutschen Kolonien von praktishem Nugzen erweisen werde.

Die „Gewerbehalle, Organ für den Fortschritt in allen Zweigen der Kunstindustrie“ (unter Mitwirkung bewährter Fahmänner, redigirt von Ludwig Eisenlohr und Carl Weigle, Architekten in Stuttgart, Verlag von I. Engelhorn daselbst) bietet in ihrer neuesten Lieferung (9., 25. Jahrgangs) zunächst cinige werthvolle Auf- nahmen älterer kunstgewerbliher Arbeiten. So zeigt die erste Tafel cin \chönes altes Gitterthor aus Nürnberg (aufgenom- men vom Architekten Ch. Hinderer daselbst). Dem Anfang des 18. Jahrhunderts angehörend, ist dasselbe ein Muster zweck- entsprehender Komposition, welche das Grundmeotiv, die Stacketen- Theilung, in künstlerisch \{chöner Weise verwerthet. Auf Tafel 60 der Lieferung ist der Deckel eines Shmuckkästhens ans dem 17. Jahr- hundert dargestellt: eine reiche, prächtige, höchst geschmachckvolle Intarsia-Arbeit (aufgenommen von Georg Geißler in Ulm). Die Ornamente und Linienfassungen des [ages gezeih- neten Zierrahmens, dessen Grund Ahorn ist, bestehen aus Birn-, Nuß-, Apfel-, Brasil-, Pfaffenkappen- und ger beiztem Ahornholz nebst Erlenmaser, welhe dur Brennen aufs Schönste nüancirt find. Die Jagdscene des Mittelstücks mit dem fie umgebenden Medaillonfries ist in Kupfer gravirt und feuervergoldet Den Rand des Delkels ziert ein \{chmaler Rankenfries mit Thierdarstellungen aus demselben Metall, jedoch flach relicfirt. Eine höchst interessante alte Arbeit von origineller Form und Schönheit ist das auf der folgenden Tafel abgebildcte, in Silber getriebene Schreibzeug (aufgenommen von O. Hâberle in Hannover) Das auf drei vortretenden Kugelfüßen ruhende Geräth, auf deren zweien Figuren fich bäumender und die Keule \chwingender Centauren stehen, ist aufs Reichste mit dur@brochenem Rankenwerk und Relief - Ornamenten im Barockstyl geziert; der Deckel zeigt das Bildniß der Königin Katharina von Polen. Das neuere Kunstgewerbe ift ebenfalls durh mebrere Tafeln ver- treten: Eine Kollektion von Entwürfen zu farbigen Glasgefäßen, von Julius Camillo Maeß in Berlin, {ließt sich ziemlich eng an berühmte Vorbilder altvenetianisher Kunstfertigkeit an, ohne jedoch diese, eben einfa unübertrefflihen, Muster verbessern zu können. Ein anderes Blatt zeigt das Fragment einer Zimmereinrih- tung im modern - englishen, richtiger japanisirenden Styl (für den Baron von Harrison in Archangel entworfen, vom Architekten B. Schäde in Berlin). Die neufranzösishe Kunstindustrie repräsentirt die Firma Flachat und Cochet in Lyon mit einigen, ziemlich nüchtern aus vershiedenen Stylarten kompilirten Möbeln (Spiegel, Lehnstubl und Stubl). Die Farbendrucktafel am Schluß zeigt vier Hörner blasende Putten, erfunden von Prof. Rudolf Seitz in München (Wandmalerei aus dem Königlih Bayerischen National-Museum). : 8

Die Nr. 387 (1887) von „Schorer's Familienblatt® (red. von Dr. Franz Hirsch) hat folgenden Inhalt : Das Geheimniß Ihrer Durchlaucht. Von A. Remin. (2. Fortsebung.) Der Rethte. Gedicht von H. von Bequignolles. Zu dem Kunstblatt: Die Zither- \pielerin. Unerklärlies aus Vergangenheit und Gegenwart. X. Der Giftmord des Hoflakaien Bechstädt. Von Wilbelm Bennecke.

organe blieben in beshränkter Zahl Todesursahen. Von den In- fektionsfrankheiten kamen Sterbefälle an Scharlach, Diphtherie und

Cirkular aufgefordert, von der Wiederherstellung in ihren Betrieben verunglückter Arbeiter sofort Anzeige machen zu wollen. Einer der

Podcken etwas mehr zur Meldung, während typhôöse Fieber, Masern

Das neue Theater in Prag. Mit dem Porträt Angelo Neumann's&-