1887 / 225 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 26 Sep 1887 18:00:01 GMT) scan diff

St. Petersburg, 25 Sapheuter: (W. T. B.) Der deutschen

„St. Petersburger Zeitung“ zufolge wäre eine demnächhstige all-

emeine Erhöhung des Zolltarifs zu erwarten; von 241 Po- tionen desfelben sollen nur 88 intakt bleiben.

Washington, 24, September. (W. T. B.) Das Schayamt

eh Ee beute für 522 650 Doll. 4% und für 1372 700 Doll. 44 %/

onen.

ew-York, 24. September. (W.T. B.) Der W erth der in der ver-

genen Wohe eingeführten Waaren betrug 9766 000 Doll,

von für Stoffe 2 967 933 Doll. Der Werth der Einfuhr in der

Vorwoche betrug 939 604 Doll, davon 2972 347 Doll. für

Stoffe. :

Verkehrs - Anstalteu.

Danzig, 26. September. (W. T. B.) Bei Koppalin (Halbinsel Hela) ist gestern bei \{chwerem Sturm die deutscche ark „Helene*" aus Stettin, nah Memel bestimmt, gestrandet und vollständig zerschlagen worden. Von der Mannschaft sind 7 Per- sonen gerettet, eine ertrunken. Hamburg, 24. September. (W. T. B.) Der Post- dampser „Lessing“ der Hamburg - Amerikanischen aat dns Pg M L O a hat, von New-York kommend, te Vormittag Scilly passirt. Triest, 2%. September. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Thalia“ ist heute früh mit der ostindishen Post aus Alexandria hier eingetroffen.

Berlin, 26. September 1887.

Der „Unionklub“ hat am gestrigen Sonntage, Mittags 1 Uhr, fein diesjähriges Herbst-Meeting auf feiner Rennbahn bei Hoppegarten eröffnet. Die Rennen begannen mit: E

I. Ermunterungs-Rennen, Staatspreis 1800 ür zweijährige und dreijährige inländishe Stuten, die nie gesiegt haben. Distanz 1000 m. Von 11 zu diesem Rennen angemeldeten Pferden zahlten 5 Reugeld und 6 erschienen am Ablaufspfosten. Nach sharfem Lauf von des Hrn. Ulrich 2jähr. F.-St. „Rothhaut“ in einer Minute 5 Sefunden um einen Kopf gegen des Königlichen Hauptgestüts Gradißz 2jähr. br. St. „Violine“ herausgeritten. Des Fürsten Hohenlohe- Sab rinern jähr. F.-St. „Mira“ wurde dritte, dann folgte „Hymenaea“, „Abermals“ und „Diana“. Werth des Rennens: 2225 M. der Siegerin, 425 #4 der Zweiten. S

II. Staatspreis I. Klasse. 10000 A Für 3jährige und ältere inländishe Hengste und Stuten. Distanz 2800 m. Der König- lichen Gestütsverwaltung verbleibt das Vorkaufsreht in Ansehung des Siegerês, wenn derselbe vom Besitzer zu verkaufen beabsichtigt wird. Von 23 angemeldeten Pferden hatten 8 die Gewichte angenommen und von dicsen erschienen vier vor dem Starter. Des Hrn. Ulrich Z3jähr. F.-H. „Admiral“ siegte sier mit F Üngen gegen des Hrn. D. Oehlschläger sjähr. dbr. H. „Räuberhauptmann“, der mit drei Lingen vor „Ascold“ als Zweiter landete. Mr. G. Johnfon's F.-H. „C-Dur“ wurde Vierter. Zeit: 3 Minuten 48 Sekunden. Werth des Rennens: 11 462,50 4 dem Sieger, 1462,50 6 dem Zweiten.

IIL. Deutscher Gestütspreis, garantirt vom Unionklub in öhe von mindestens 10000 A Für alie 1885 geborene inländische ferde. Distanz 1200 m. Von 36 angemeldeten Pferden erschienen

nur 3 am Ablaufspfosten, von denen der Erklärung gemäß des König- lichen Hauptgestüts Gradiß F. H. „Hortari“ leiht mit 3 Längen ge- wann. Des Kapt JIoë s{chw. St. „Lesbia“ v. The Palmer a. d. Liebes- abe wurde Zweite, und zwei Längen hinter derselben landete des gl. Hauptgestüt Graditz dbr. H. „Witz“ als Dritter. Zeit 1 Minute 38 Sekunden. Werth des Rennnens: 10750 # dem Sieger, 2000 4 der Zweiten, 1000 4 dem Dritten. 1V. Omnium. Gradizer Gestütspreis 5000 4 Handicap. Für 3 jährige und ältere inländishe Pferde. Distanz 3000 m. Von 37 angemeldeten Pferden hatten 12 die Gewichte angenommen und 6 von diesen erschienen am Ablaufspfosten. Des Frhrn. Ed. von Oppen- heim 3 jähr. br. H. „Hohenzoller“ führte vom Start bis zum Ziel und siegte leiht mit 24 Längen. Des Mr. G. Johnson 3 jähr. dbr. St. „Verona“ wurde Zweite, zwei Längen hinter ihr traf Hrn. K. von Eidctel's 4 jähr. br. St. „Little Lovelock“ als Dritte ein, dann folgten weiter zurück „Bergmann“, „Räuberbraut“ und zuletzt „Jllustro“. Zeit 4 Minuten 20 Sekunden. Werth des Rennens 6400 #4 dem ieger, 750 dcr Zweiten und 100 s der Dritten.

V. Ofktober-Verkaufs-Rennen. Klubpreis 2000 (6 Für

2 jährige irländische Pferde. Distanz 1000 m. Der Sieger ist für 1500 A fäuflich. Von 8 angemeldeten Pferden erschienen 6 am Ablaufêpfosten. Nach s{chönem Lauf siegte sicher mit # Länge des Hrn. L Bothe br. H. „Hörsten“ gegen des Hrn. Ehrich F. St. „Libeth“.

rei Lingen hinter der Letzteren landete des Hrn. v. Trütschler F. H. „Mikado“ als Dritter, dann folgten „Jmad-ud-Anlah“, dahinter „Zauberin“ und zuleßt „Charles Quint“. Zeit 1 Minute 8 Sek. Werth des Rennens: 3060 4, welhe dem Sieger zufielen, der in der Versteigerung von Mr. F. Selloway für 2300 4 gefordert

de.

VI. Niklot-Ren nen. Staatsprcis 2000 M und ältere inländishe Hengste und Stuten, welde in Summa noch nicht 30 000 M gewonnen haben. Distanz 1600 m. Von 7 an- gemeldeten Pferben erschienen drei am Ablaufspfosten. Es siegte leicht mit ciner Kopflänge des Kgl. Hauptgestüt Graditz 3 jähr, \{wbr. St. „Milhmädhen“ gegen des Hrn. W. Hiestrih 3 jähr. br. H. „Durchgänger“, des Major v. Mollard 3 jähr. F.-H. „Riffpirat“ wurde vier Längen hinter dem Letzteren Dritter. eit: 1 Minute 58 Sekunden. Werth des Rennens 2250 # der Siegerin, 250 M4

dem Zweiten,

Im Lichthofe des Königlichen Kunsigewerbe-Museums findet bis einshließlich Sonntag, den 9. Oktober, die Ausstellung der chülerarbeiten aus der en Kunslshule und der Unter- richts-Anstalt des Kunstgewerbe-Museums statt. Das Material, welches den Lichthof in allen Theilen füllt, ist bei der großen Aus- dehnung der beiden verwandten Lehranstalten so umfangreich, daß auf die Ausstellung der Anfängerarbeiten verzihtet wurde; es sind viel- mehr die Malereien, Skulpturen und Entwürfe künstlerischer Arbeiten, zum Theil auch ausgeführte Arbeiten der Metall- und Stikereiklafse, welche hier zur Ausstellung gelangen. Auch an den Tagen, an denen forst im Kunstgewerbe-Museum ein Eintrittsgeld zur Erhebung age- langt, wird diese Ausstellung den Besuchern un?entgeltlih zugänglich sein. Für den Besuch der übrigen Räume des Museums gelten die gewöhnlichen Bestimmungen.

Das soeben erschienene Lehrprogramm der Humboldt- Akademie für das am 13, Oktober beginnende Herbstquartal enthält die Anzeigen von 30 Vortragscyklen aus den verschiecdenen, der allge- meinen Bildung angehörigen Wissensgebieten. Physik und Chemie sind durch 8 Cyklen vertreten, Organishe Naturlehre und Hygiene ebenfalls durh 3, Sprachwissenschaft, Philosophie und Pädagogik durch 7, Kunstwissenschaft und «Geschichte durch 4, Literaturgeschichte, deutsche und ausländishe (in 5 modernen Sprachen) durch 8, Politisde und Kultur-Gesbichte durch 2, Nationalökonomie und Nechtswissen|haft durch 3. Dem Programm is eine populär- wissenschaftlihe Abhandlung über „Descendenzfrage und Unterwelts- forshung“ von Dr. Rob. Schneider, sowie der Jahresberiht des General-Sekretärs für das 9, Studienjahr beigedruckt. Aus leßterem ergiebt sich, daß in dem Berichtsjahr zusammen 61 Vortragêscyklen abgehalten und von 1482 eingeschriebenen Hörern besuht wurden, wonach die Frequenz der Akademie seit 1882/83 in \tctigem Fort- shreiten sich nahezu verdreifaht hat. Die Programme werden in einer Anzahl Buchhandlungen, im JInvalidendank und im Bureau der Akademie, Centralbuhhandlung, Centralhotel Laden 14, gratis

ür 3 jährige

ausgegeben,

Jn der Arends’\chen Stenographie beginnen neue Unter- rihtsfurse: heute, Montag, den 26. September, im Restaurant Thurm- firase 31; Dienstag, den 27. September, im Restaurant Linden- straße 71; Mittwoch, den 28. September, im Restaurant Schöne- bergerstraße 6; Mittwoch, den 28. September, im Restaurant Gre- nadierstraße 33; Freitag, den 30. September, im Restaurant Seydel- straße 30; Sonnabend, den 1, Oktober, im Berliner Handwerker- verein, Sophienstraße 15; Montag, den 3. Oktober, im Restaurant Blumenstraße 10, überall 84 Uhr Abends. Das Honorar für Unter- richt und Lehrbuch beträgt 3 A Meldungen werden beim Beginn des Unterrichts enigegen genommen.

Dem Luther-Denkmal-Comité zu Torgau ift es gelungen, für die diesjährige Lu ther- Feier, bei welcher ein neues Festspiel : „Luther und scine Zeit“, vom Superintendenten Trümpelmann, zur Aufführung gelangt, den Königlich säcsishen Hofschauspieler Carl Porth in Dresden als Luther-Darsteller zu gewinnen.

A E As Orea Z Magdeburg, 25. September. (W. T. B.) Der Kongreß für erziehlihe Knabenarbeit wurde heute in Gegenwart des Geheimen Ober-Regierungs-Raths Lohmann, als Vertreters des Reichs- amts des Innern, von Vertretern des preußischen Kultus-Ministeriums und anderer Ministerien, des Ober-Präsidenten der Provinz Sachsen, von Wolff, sowie der Spißen hiesiger Regierungs- und städtischer Behörden im dictgesüllten großen Saale des Fürstenhofes hierselbst abgehalten. Vertreter auswärtiger Vereine, aus Schweden, Oester- rei, sowie Delegirte zahlreicher Kommunen hatten si eingefunden. Der Kongreß wurde durch den Ober-Bürgermeister Bötticher begrüßt. An der Debatte betheiligten sich Lammers-Bremen, Dr. Goegze- Leipzig, Ober-Realshul-Direktor Nöggerath-Brieg, Geheimer Sanitäts- Rath Dr. Kristeller-Berlin und beim Schlußwort Hr. von Schenken- dorff-Görlitßz, worauf eine längere lebhafte Debatte folgte, welche sich in allen Theilen zustimmend zu den Bestrebungen des Vereins äußerte.

Karlsruhe, 24. September. 19. Internationale Kon- ferenz der Vereine vom Rothen Kreuz. Der 3. Sißung wohnten Ihre Majestät die Kaiserin, die Großherzoglichen Herrschaften sowie der Erbgroßherzog von Baden bei. Ihre Majestät wurde beim Erscheinen in der Loge ehrfurchtsvoll von der Konferenz durch Erheben von den Pläßen begrüßt. Eingegangen war ein Tele- gramm der Königin von Serbien. Der Kongreß beshloß, telegraphisch seinen Dank auszusprechen. Den ersten Punkt der Tagesordnung und einen der witigsten der ganzen Konferenz bildete die Erörterung der Stellung und Obliegenheiten des internationalen Comités und die Beziehungen des Central- Comités untereinander. Genf beantragte folgende Beschlußfaffung; 1) Internationale Kon- ferenzen sind wünschenswerth als Mittel, gemeinsame Besprechungen über Fragen von allgemeinem Interesse zu ermöglichen und die per- sönlichen Beziehungen der Mitglieder der verschiedenen Centralvereine zu erleihtern, In gewöhnlihen Umständen ist es erwünscht, daß solche Konferenzen alle 5 Jahre stattfinden. 2) Die Nationalvereine vom Rothen Kreuz, obgleich von einander ganz unabhängig in Bezug auf ibre innere Einrichtung, betrahten sich in Folge des von ihnen Allen gemeinschaftliþ verfolgten Zwecks, als ver- pflichtet, sih durch ein enges Band solidarisch zu verbinden. 3) Es ist wünschenswerth, das in Genf bisher ersheinende „Bulletin Inter- national“ als Organ aller Gesellschaften des Rothen Kreuzes bei- zubehalten. Die betheiligten Gesellshaften sollen an der Redaktion möglichst thätigen Antheil nehmen und \sih bemühen, für dasselbe Abonnenten zu gewinnen. 4) Im allgemeinen Interesse des Rothen Kreuzes ist es rathsam, das in Genf residirende internationale Comité, wie es seit Beginn des Werkes bestanden hat, auch ferner beizubehalten. Diesem Comité liegt hauptsächlich ob, dahin zu arbeiten, die Be- ziehungen der Centralvereine untereinander zu erhalten und auszubilden, denselben die Bildung neuer Nationalvereine anzuzeigen, nahdem es sih der Grundlage vergewissert hat, auf welcher diese Vereine gebildet worden sind, das „Bulletin International“ zu veröffentlichen, zu dessen Unkostendeckung die Centralgesellshaften Herangezogen werden Éônnen, in Kriegszeiten eine oder mehrere internationale Agenturen zu stiften, welhe zu Erkundigungen dienen und durch deren bereit- willige Vermittelung die Nationalvereine Hülfsmittel an Geld oder in natura an die Verwundeten der kriegsführenden Heere zukommen lassen können und endlih auch in Kriegszeiten, wenn es darum ersucht wird, entweder selbst oder durch seine Agenten, den Nationalyereinen der kriegführenden Mächte zum Austausch des Brieswechsels behülflih zu fein. Dieser Antrag und 2 andere waren einer Kommission überwiesen worden. Von Seiten dieser Kommission wurden der Konferenz eine Reihe von Anträgen unterbreitet, deren 1., 3. und 4. sich mit denen des internationalen Comités in Genf decken, während Antrag 2 wie folgt formulirt war: „Obgleich die Landesvereine vom Rothen Kreuz ihre vollkommene Selbständigkeit und Unabhängigkeit in Bezug auf ihre innere Organisation und ihre Thätigkeit wahren, erkennen sie jedoch gleichzeitig an, daß sie alle ein und denselben Zweck verfolgen. Aus dieser Gemeinsamkeit des Zieles und der Arbeit folgt für dieselben ein enger geiniger Zusammenhang, welcher für die Erreichung ihrer humanitären Mission unentbehrlih erscheint.“ Jm Uebrigen, beißt es am Schluß der Anträge der Kommission, ist es selbstverständlich, daß die Landesvereine der kriegführenden Staaten nah wie vor berechtigt bleiben, mit Genehmigung der Armeeleitung und unter den von dieser festzustellenden Bedingungen einen direkten Verkehr unter sich einzuleiten. Ebenso erschein: es selbstverständlich, daß die Vereine der neutralen (d. h. nit kriegführenden) Staaten, welche in Kriegszeiten einer oder der anderen der kriegführenden Armeen ihre werkthätige Hülfe, sei es in Bezug auf sanitäres Personal oder Material darzubringen beabsichtigen, unbedingt als verpflihtet anzusehen sind, sich ohne jeden Vorbehalt der von den militärishen und staatlichen Autoritäten erlassenen Anordnung zu unterwerfen. Namentlich werden in denjenigen Staaten und Lindern, in denen die Thätig- keit der neutralen Entsendungen durch geseßliche Bestimmungen an die Leitung des einheimischen Landesvereins gebunden ift, diese Ent- sendungen \ich der Leitung dieser Central-Comités willig unterwerfen.“ Im Namen der Kommission begründeten Marquis de Vogué und Geheimer Rath von Criegern eingehend die vorgelegten Anträge. Nah längerer, lebhafter Diskussion gelangte der Antrag der Kom- mission mit allen Stimmen gegen die Rußlands, Serbiens und Bulgariens zur Annahme. Es trat sodann eine Pause ein, während welcher Ihre Majestät die Kaiserin Sih den Vorstand und einzelne Mitglieder der Konferenz vorstellen ließ und Sich längere Zeit huld- vollst mit den Herren unterhielt. Nach Wiederaufnahme der Verhand- lungen hielt Prof. Kraske aus Freiburg einen instruktiven Vortrag über die Wirkung moderner Gewehrprojektile, insbesondere über das Lorenz’ sche zusammenges{chmolzene Panzergeschoß, mit welhem alsdann vor den Mitgliedern der Konferenz Schießversuche angestellt wurden.

Berichtigung. Die in dem Bericht über die Sißung vom 22. d. M. („Reichs-Anzeiger“ Nr. 223, vom 23. September 1887, Haupt- blatt, leßte Seite, 3. Spalte, Zeile 7) erwähnte Baracke, nah dem „System Bernhardt Grove“ hergestellt, ist nach dem System des Geheimen Bauraths Bernhardt von dem Fabrikanten David Grove- Berlin hergestellt worden.

Im Königlichen Opernhause gelangte am vergangenen Sonnabend Verdi's „Troubadour“ zur Aufführung. Es wurde darin einem Frl. Rusca Gelegenheit a ihren ersten theatralishen Bersuch zu wagen, der, Alles in Allem genommen, als ein nicht übel gelungener bezeihnet werden kann, wenngleich gewisse Ausstellungen, die man an ihm zu machen berechtigt ist, natürlih erscheinen. Einige kleine Mängel sind wohl auf Rechnung der Aufregung zu seßen, wie solche bei einem ersten Debut leiht erklärlich ist. G Rusca verfügt über eive angenehme Erscheinung, welche ihr hübsch ab- gemessenes Spiel wesentlich unterstüßt. Die Rolle der Acuzena seßt freilich ein hohes Maß bewegter Leidenschaftlichkeit voraus und daran ließ es die junge Dame noch fehlen, au

in dieser Partie zum Ausdruck gelangt, im Organ zu kräftigerer Gel= | tung gebraht werden. Einige kleine Unfertigkeiten in der Art des Vortrags wird die junge Künstlerin wohl bei fleißigem Studium mit eringer Mühe überwinden können, sodaß der Entwickelung ihres Ta- ents mit guten Erwartungen entgegengesehen werden kann. Der Manrico wurde von Hrn. Rothmühl mit gutem Erfolg gesungen, der Vortrag war vornehm und von wohlthuender Sauberkeit. Auch Hr. Bey wurde der von ihm geésungenen Partie vollauf gerecht. Fr. Brajnin hatte die Rolle der Gräfin übernommen und führte dieselbe nit ohne Geschick durch, doch machte \sich an einigen Stellen ein leihtes Detoniren geltend, welches störend wirkt; im Uebrigen zeigte sih Fr. Brajuin als die gewandte Sängerin, als welche wir fie zu wiederholten Malen kennen gelernt haben.

Im Deutschen Theater wurde am Sonnabend ein neues Lustspiel in vier Auzügen: „Wenn der Sommer kommt“ von Charles Delannoy zum ersten Mal aufgeführt, ohne jedoch den ge- wünschten Erfolg zu finden. Das Lustspiel macht den Eindruck einer Erstlingsarbeit, deren Autor nicht ohne Begabung an seine Aufgabe herantrat, aber es fehlt ihm an Geschicklihkeit und an dem sichern Urtheil, welhes fest auf ein vorgestecktes Ziel lossteuert. Es wird somit A zu sagen, welche Grundidee der Verfasser aus seinem Stük hat wollen hervorleuhten lassen. Verschiedene Probleme treten hervor, nah einander und durcheinander, ohne zu einer endgültigen R gebraht zu werden. Die Handlung entbehrte deshalb der Einheitlichkeit; Personen kamen und gingen, ohne daß man den Zweck recht einsah; und darunter befanden sich gelegentlich auch solche, welhe mit dem Gegenstand der Haupthandlung. gar nichts oder doch fast gar nichts zu thun haben. Diesen Ausschlag gebenden Mängeln gegenüber {tehen aber mancherlei, für weitere Arbeiten des Verfassers Vertrauen erweckende Momente. Zunächst befleißigt sh der dem Anschein nach französishe Drama!iker einer prBerN Decenz in Sprache, Sitten und Anschauungen, als man sie

ei den modernen französishen Bühnenwerken zumeist findet. Der ais hat ferner die Gabe des leichten, unterhaltenden Dialogs, der gelegentlich durch Humor und feinsinnigen Wiß gewürzt wird; er scheint endlih auch eine nicht unbedeutende Anlage für die indivi- duelle Charakteristik zu haben, welche in diesem ersten Stü allerdings nur in einigen Typen voll zur DurWführung kommt. Im Ganzen scheint der Verfasser die Absicht gehabt zu haben, eine Art Sittendrama zu schreiben, in welchem die beiden einzigen Frauen, welche auftreten, sich von ihren literarischen Vorgängerinnen durch Anständigkeit der Gesinnung vortheilhaft unterscheiden sollten. Diese Absicht hat dem Verfasser aber die A eE genommen, starke Kontraste vorzuführen und in \pißfindigen Auseinanderseßzungen Geist und Humor zu entwickeln. In dem Stücke Delannoy's haben wir es mit zwei Frauen zu thun, welche si, die eine aus Naivität, die andere vielleicht aus Langerweile oder Unüberlegtheit, einer Uebertretung der gesellshaftlihen Regeln \{chuldig machen, vor cinem wirklichen Vergehen aber zurückschrecken. Sie sind Freundinnen und schütten \chließlich, die eine bei der andern Schuß suchend und findend, gegen eingebildete drohende Versuchung, einander ihr' Herz aus. Das einzige Pikante an der Sache ist, daß die eine Freundin den Mann der andern zum Rendez- vous bestellt hat, aber vorher in die Arme der Gattin flüchtet. Das Haupt- interesse an dem Stück boten aber garnicht diese Frauen dar, sondern zwei alte als. Rentiers lebende, jeßt an einer Art Gründungsgeschäft partizipirende ehemalige Kaufleute, und zwar nit sowohl, weil sie in dem Gange der Handlung im Vordergrunde ständen, fondern weil sie als typishe Gestalten wirksam und zuweilen mit kräftigem Humor gezeichnet sind. Die Handlung spielt im ersten Akt in Paris, und der leihtfließende Dialog, sowie einige sherzhafte Wendungen in demselben übten eine gefällige Wirkung aus, so daß am Schluß des ersten Aufzugs eine angenehme Stimmung im Hause Plat gegriffen hatte. Die folgenden Akte spielen auf dem Lande in der Nahe von Paris, erfüllten aber nit die Hoffnungen, welhe man Anfangs hegen durfte. Lange Ausein- anderseßungen und Erklärungen, unverhoffte, unvermittelte und un- motivirte Herzensergüsse treten an die Stelle psychologisher Ent- wickelung. Jn Folge davon verbreitete sch bald Theilnahmlosigkeit, dann Gleichgültigkeit und endlih die Langeweile. Das Publikum höôrte und sah ruhig an, was auf der Bühne vorging und perteH ebenso ruhig das Haus. Nicht einmal die Darsteller, welche i

redlih bemühten, der Novität zum Erfolge zu verhelfen, wurden be- sonders ausgezeihnet. Wir haben aber doch die Pflicht zu sagen, daß die Darstellung eine in allen Hauptrollen tüchtige war, und daß die scauspielerischen Kräfte die Schuld des Mißerfolges in keiner Beziehung tragen. Hr. Engels und Hr. Retty, welche die beiden alten Rentiers gaben, spielten sehr wadcker und wirksam. Namentlich zeichnete sch Hr. Engels dur seine natürliche Komik und gefällige Individualität aus. Die Hrrn. Tauber und Kadelburg machten aus ihrer Rolle soviel als möglich, das war aber nicht sehr viel. Frl. Sorma gab eine naive junge Frau mit Aufbietung aller Licben8würdigkeit und Coquetterie, der sie fähig ist; auch Frl. Meyer spielte die zweite, mehr leichtherzige, junge Frau nicht übel, aber niht vornehm genug für die Umgebung.

Im Deutschen Theater findet die Wiederaufnahme von „Minna von Barnhelm“ nicht, wie irrthümlich angekündigt, am Sonnabend, sondera am nächsten Freitag, den 30. d. M., statt.

Im Friedrih-Wilhelmstädtishen Theater wird die Repertoire-Operette „Farinelli“ in der laufenden Woche bereits zum 50. Mal gegeben. Die Gunst des Publikums ist diesem liebens- würdigen frishen und melodiereithen Werk des Hamburger Komponisten Herrmann Zumpe niht nur treu geblieben, sonden hat sich demselben in steigendem Maße zuge- wendet; auch am gestrigen Sonntag war das Haus total ausverkauft. Allerdings sind für diefen glänzenden und dauernden Erfolg auch die Ae einer mustergültigen Inscenirung, wie sie E Direktor Julius Fritsche allen Operetten seiner Bühne angedeihen äßt, und der ausgezeichneten Darstellung, an welcher sich die brillantesten und populärsten Mitglieder des Operetten-Ensembles betheiligen, wesentlih maßgebend.

Im Central-Theater wird Mannstädt's so überaus zug- kräftige Possennovität „Höhere Töchter“, getragen von der ausgezeich- neten, höchst amüsanten Darstellung der Hrrn. Direktor Emil Thomas, Carl Weiß, Tielscher, Feuchter, der Damen Grünfeld, Dora, Hodte und Bussé u. \. w.,, morgen, Dienstag, bereits zum 25. Male wiederholt. Die Signatur des Central-Theaters unter der neuen Direktion des Hrn. E. Thomas, der scit Jahren in der deutshen Theaterwelt als darstellender Humorist sich der weitesten Popularität erfreut und nun neuerdings wieder das Scepter eines Bühnenleiters in der Reichshauptstadt führt, bilden Abend für Abend volle und ausverkaufte Häuser. Das sagt Alles. Der Direktions-Aera Thomas leuhtet ein glückliher Stern. Wer jeßt in der Alten Jakobstraße den Massenandrang zur Kasse des Central-Theaters sieht, kann nicht umhin, zu sagen, daß diese Bühne mit ihrer echten Berliner Heiterkeit und ihren tüchtigen, sympathi- \chen ODarstellern ein wirklihes Bedürfniß des Publikums Uebrigens sei darauf hingewiesen, daß es mit Rücksicht auf den großen Andrang für das Publikum nothwendig ist, die im Laufe der Wothe bestellten Billets am Tage der Aufführung bis 11 Uhr Vormittags abholen zu lassen.

Redacteur: Riedel.

Verlag der Expedition (S ch olz).

Druck der Norddeutshen Buchdruckerei und Verlags-Anstalt, Berlin 8W., Wilhelmstraße Nr. 32.

Fünf Beilagen (einschließlich Börsen-Beilage).

Berlin:

(12914)

müßte die tiefe Erregung, welhe in gewissen Augenblicken

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

M 225.

Berlin, Montag, den 26. September

1887.

E

Statistische Nachrichten.

Der „Anh. St.-A.“ veröffentliht eine von dem Herzoglich anhaltischen Konsistorium zusammengestellte Uebersiht über die Ge - burten, Taufen, Eheschließungen und Trauungen in den evangelischen adi C des Herzogthums Anhalt im Jahre 1886. Darnach betrug die Zahl der Geburten lebender Kinder evan- gelisher Eltern 9209 Kinder, von denen 339 ungetauft verstarben. Getauft wurden 8774, 18 wurden in anderen Staaten getauft, in 12 Fällen verzogen die Eltern, unbekannt wohin, und in 8 Fällen wurde die Taufe verschmäht. Eheschließungen kamen 2045, Trauun- gen 2120 vor, verschmäht wurde die Trauung nur in 8 Fällen. Auf 240 983 evangelishe Bewohner kamen 4736 Konfirmanden und 69 853 Kommunikanten.

Das Konsistorium bemerkt zu diesen Zahlen :

Das im Großen und Ganzen zwar niht ungünstig zu nennende Resultat unserer Crhebungen läßt in mancher Hinsicht die erhoffte Besserung vermissen. In einigen Beziehungen ergiebt sich zwar für einzelne Kirchenkreise ein erfreuliher Fortschrilt zum Bessern, in anderen dagegen ein bedauerliher Rükschritt, gegen welchen ernstlich anzukämpfen fein wird.

Bei den Taufen ergiebt sich ein Ausfall von 0,46 % gegen 0,47 % im Vorjahre. Am Günstigsten is das Verhältniß in der Diözese Ballenstedt mit 0,11 % (wie auch im Vorjahre) und folgen dann Cöthen mit 0,31 ‘%/% (0,50% im Vorjahre), Bernburg mit 0,40 9/0 (0,14 9% im Vorjahre), Dessau mit 0,65 %/o (0,92 9% im Vor- jahre), Zerbst mit 0,66 %% (0,60 °/o im Vorjahre). Eingerechnet sind hierbei 21 Fälle (24 im Borjahre), in welchen Kinder im Alter von über 8 Wochen ungetauft verstorben sind, und 12 Fälle (13 im Vor- jahre), in welchen Kinder ungetauft mit ihren Eltern verzogen sind, über deren etwa anderwärts vollzogene Taufe dem Geistlihen des Geburtsortes Nachricht nicht zugegangen ift.

Ausdrücklih verschmäht ist die Taufe in 8 Fällen = 0,09% (gegen 5 Fälle = 0,06 %/ im Vorjahre) und zwar in 2 Fällen in Iechniß und in je einem Falle in Dessau, Bobbau, Zerbst (uneLeliches Kind einer durchreisenden Schauspielerin), Cöthen (aus der Che eines dahin verzogenen Evangelischen mit einer Jüdin), Osmarsleben und Kleinschierstedt (Vater ist Baptist).

Während im Jahre 1885 ausgesprochene Vershmähungen der Taufe in den Diszesen Zerbst, Cöthen, Bernburg und Ballenstedt nicht vorgek“-mmen sind, ist im Jahre 1886 nur die Diözese Ballen- stedt davon verschont geblieben. j

Tief zu beklagen ist das ungerechtfertigt lange Hinausscieben der Taufe, wodurch 21 Kinder im Alter von über 8 Wochen ungetauft verstorben sind. Fälle dieser Art sollten überhaupt nicht vorkommen.

Von den im Jahre 1885 geborenen Kindern, deren Taufe für das Iahr 1886 als sicher zu erwartend bezeihnet wurde, sind 1095 als getauft nachgewiesen.

Bei den Trauungen beträgt der Ausfall mit Einschluß von 3 Paaren, welche ungetraut verzogen sind, und von 13 Paaren (5 Paare im Vorjahre), welhen die Trauung aus kirhlichen Rück- sihten versagt wurde, 1,209/0 gegen 0,75%/ im Vorjahre, und zwar in der Diözese Zerbst 0,57%, (0,26% im Vorjahre), Ballenstedt 0,76% (im Jahre 1885 kein Ausfall), Cöthen 1,25%/s (2,22% im Vorjahre), Bernburg 1,43 %/6 (0,48%/ im Vorjahre), Dessau 1,52% (0,66 9% im Vorjahre).

Der Prozentsaß is überall bedauerlih gestiegen. Wenn dies auh hauptsächlich in der größeren Zahl der Fälle seinen Grund hat, in denen die kirhlihe Trauung versagt werden mußte, so hat sih doch auch die ausdrücklihe Vershmähung der Trauung nah Zahl und Prozentsatz erhöht und mit Ausnahme der Diözese Ballenstedt über das ganze Land erstreckt, während dieselbe im Vorjahre auch in den Diöszesen Dessau und Zerbst vermieden ist. Konstatirt ist dieselbe in 10 Fällen = 0,46 9/6 (gegen 9 Fälle = 0,40%/ im Vorjahre), und zwar in 3 Fällen in Dessau, in 2 Fällen in Zerbst (beide Paare durchreisende Schauspieler) und in je 1 Falle in Cöthen, Thurau, Leopoldshall, Peißen und Sandersleben. In Sandersleben soll die Trauung jedoch noch in Aussicht stehen und i} vielleiht inzwischen \{chon nachgeholt.

Acht Paare, welche die Che 1885 und in früheren Jahren ge- A hatten, find im Jahre 1886 noch nachträglich kirhlich getraut.

Versagt is die Trauung 4 Paaren in Dessau, 3 Paaren in Bernburg und je 1 Paare in Oranienbaum, Cöthen, Radegast, Leo- poldshall, Harzgerode und Frofe.

Die Zahl der unehelichen Geburten hat sich vermindert, Es wurden 790 Kinder unehelih geboren = 8,58 %/9 aller Geborenen, gegen 809 = 8,89 9/0 im Vorjahre. Am Günstigsten ist das Ver- hältniß in der Diözese Bernburg mit 6,89 9% (6,55 9/0 im Vorjahre); es folgen dann Zerbst mit 8,14 9% (8,41 9/0), Ballenstedt mit 8,64 9% Od 9%), Dessau mit 9,00% (10,59 9/0), Cöthen mit 11,30% 10,92% im Vorjahre). Getauft wurden hiervon 696 Kinder = 88,1 9/0 gegen 89,5 9/0 im Vorjahre.

Die Zahl der Kommunikanten hat sich um die erheblihe Anzahl von 3132 Personen erhöht. Es kommunizirten 69 853 Perfonen = 28,99% der evangelischen Bevölkerung, gegen 66 721 Perfonen = 27,78 9/9 im Vorjahre. Der Prozentsaß beträgt in den Diözesen Zerbst 36,28 9/9 (34,54 9/9 im Vorjahre), Ballenstedt 35,37 9/6 (35,80 %/o im Vorjahre), Dessau 28,90 0/96 (26,33 9/0), Bernburg 25,20% (24,44 %), Cöthen 23,94 9/0 (23,27 9/0), ist alfo nur im Kreise Ballen- stedt etwas gefallen, sonst überall gestiegen.

__ Von den 6177 Gestorbenen sind 30,98 = 50,15 %/o unter kirh- licher Mitwirkung beerdigt, gegen 52,20 %/ im Vorjahre.

__ Die Zahl der Gemeinden, in denen A Jugend-Gottes- dienste abgehalten werden, hat sich von 32 im Jahre 1884 und 57 im Vorjahre auf 62 erhöht. Am Weitesten stehen noch die Diözesen Cöthen und Dessau zurü.

Die Ausübung des kirhlichen Wahlrehts ist bisher bedauerlih gering gewesen. Hoffentlich wird den im Jahre 1887 erfolgenden n firhlihen Wahlen eine regere Theilnahme entgegen- ebracht.

Zur Ae Kirche sind 18 Personen übergetreten, und zwar 4 in Ballenstedt, 3 in Baalberge, je 2 in Dessau und Mühl- stedt und je 1 in Jeßnitß, Coswig, Côthen, Görzig, Amesdorf, Helk- lingen und Alickendorf. Ausgetreten aus derselben sind 12 Personen, und zwar 6 in Coswig, 4 in Buko, 1 in Wörpen, 1 in Mosigkau.

Die kirhlihen Kollekten haben, excl. Klingelerträge und Haus- tollekten, 12839 4 12 4 ergeben.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Sißungsberichte der Königlich preußischen Aka- demie er Wissenschaften zu Berlin. Berlin, Verlag der Königlichen Akademie der Wissenschaften; in Kommission bei Georg Reimer. 1887, Nr. XXVII1 bis XXXI1. Die Doppelnummer XXYVIII, XXIX, vom 9. Suni, enthält die Opmlegun ae «neuen Untersuchungen über den Durchmesser der onne“, von

Autvoers, ein Verfasser zufolge liegen über den Sonnendurh- messer 19 umfangreihe Beobachtungsreihen vor: 12 mit mehr als 21 000 Beobachtungen für den horizontalen und 7 mit nahe halb so vielen Beobachtungen für den vertikalen Sonnendurhmesser, welche in Bezug auf eine jährlihe Ungleichheit untersuht sind. Diese Beob- actungsreihen rühren von 7 verfGiedenen Sternwarten her und sind mit

12 verschiedenen Instrumenten angestellt. Von diesen Reihen stimmen

6 mit zusammen 26 000 Beobachtungen darin überein, den Sonnen- durhmesser entweder während des ganzen Jahres glei, oder mit einer jährlichen Ungleichheit von solher Form und Größe behaftet zu geben, M dieselbe ersihtlih durch den Einfluß der Temperatur-Aenderungen auf das Instrument erzeugt ist. Die Durhmesser werden am kleinsten zu den Zeiten der größten Bildschärfe beobachtet, also bei derjenigen Temperatur, bei welcher die Fäden ih genau in der Focal-Ebene be- finden, und sie werden desto größer, je mehr sih die Fäden, auf welche das Okular gestellt bleibt, in Folge der ungleihen Ausdehnung von Brennweite und Rohr nah der einen oder der anderen Seite aus dieser Ebene entfernen. Daraus entsteht je nah der Lage der Temperatur der größten Bildschärfe in der Jahreskurve der maßgebenden Temperaturen eine jähr- liche Periode im Durchmesser mit einfahem oder doppeltem Maximum und Minimum. Zu dieser dem Instrument eigenthümlichen Periode treten diejenigen Störungen der Schärfe und der Helligkeit der Sonnenbilder hinzu, welche atmosphärishen Ursprungs sind und gleich- falls eine jährlihe Periode enthalten, deren Einfluß aber in der Ge- jammtperiode im Allgemeinen gegen die Temperaturglieder sehr zurük- bleibt und nur unter besonderen Verhältnissen oder in einem be- shchränkten Theil des Jahres, in- welhem die Beobachtungen auf sehr große Zenith-Distanzen fallen, merkliher wird. Jn dem ersten Abschnitt seiner Untersuhungen hat Auwers nachgewiesen, daß die Meridian-Beobachtungen aus dem Zeitraum von 1851 bis 1883 die Annahme irgend welcher langperiodishen Schwankungen oder länger andauernden unregelmäßigen Veränderungen des Sonnen- durhmessers von größerer Amplitude als + 0“. 2 aus\{hließen und es durchaus unwahrscheinlich machen, daß länger andauernde Ab- weihungen des mittleren Durhmessers der äquatorialen oder des- jenigen der polaren Regionen von den für diese beiden Theile des Sonnenkörpers geltenden Mittelwerthen vorkommen sollten, die au nur 0“. 1 erreihen. Im zweiten Theil legt Auwers nun mit Hülfe eines Materials von Beobachtungen, welche die Jahre 1750 bis 1761 und dann fast l[ückenlos den ganzen Zeitraum von 1799 bis 1883 umfassen, zunächst dar, daß keine Aenderungen des Sonnen- durhmessers von jährliher Periode vorkommen ; denn der möglihe Spielraum, den die vorerwähnten Untersuchungen für wirkliche Aenderungen übrig lassen, würde sich auf einzelne Hundertitel der Bogensekunde (ebensoviele geographishe Meilen) beschränken. Dem Gange der Untersuchung itblae find Perioden von 3-, 4- oder 6monatliher Dauer hiermit ohne Weiteres, und eine 2monatliche Periode mit einer prafktisch kaum erheblihen Einschränkung ebenfalls ausges{lossen, bezw. ihre Amplituden auf äußerst enge Grenzen beshränkt. Andererseits E die Präzision und die Ueberein- stimmung auf einander folgender Jahre, mit welcher die den Beobachtungen anhaftenden jährlihen Perioden überall zum Vor- hein kommen, wo der Zustand des angewandten Instruments einer Temperatur-Periode unterworfen gewesen ist, daß au keine wirklichen Aenderungen mit irgend einer anderen zwischen 1 Monat und 1 Jahr liegenden Periode vorkommen. Abweichungen des Sonnenkörpers von der Kugelgestalt lassen sich in den Mexridian-Beobachtungen nicht erkennen, wer- den aber durch dieselben auch noch nit in ganz enge Grenzen eingeschlossen. Die Annahme einer Abplattung von etwa 1 : 4000 würde mit der Gefammtheit der Meridian-Beobachtungen am besten stimmen. Die Unsicherheit der Bestimmung der Achsendifferenz kommt aber dem ganzen rechnungsmäßigen Betrage dieser Differenz selbst gleich. Innerhalb engerer Grenzen würde man, wie der Verfasser meint, vielleicht eine etwa vorhandene Elliptizität der Parallele feststellen können, wenn man die vorliegenden Meridian-Beobachtungen des horizontalen Durchmessers diesem Zweck entsprehend gruppirte. Es sei aber vorzuziehen, zur genaueren Bestimmung der Gestalt der Sonne die ungleich feineren und gegenwärtig gleichfalls in sehr großer Zahl bereit liegenden Heliometer-Beobachtungen zu verwenden. Zugleich würden diese die \hließlih noch übrige Frage noch genauer zu beantworten haben, als es durch die Unterfuchungen des Verfassers (von 1873) und die Newcomb-Holden’sche (von 1874) bereits geschehen: ob nämlich Aenderungen von irgend welcher kurzen Periode oder unregelmäßige vorübergehende 5 Aenderungen des Sonnendurhmessers vorkommen. Ferner enthält das Heft eine Mittheilung über den Einfluß des, ultravioletten Lichts auf die elektrishe Entladung, von Prof. H. Herß in Karlsruhe; Untersuchungen über die Entwickelung der Licht- Emission glühend?r fester Körper, von Prof. H. F. Weber in Zürich (beide vorgelegt von Hrn. von Helmholß); Untersuchungen über die spezifishe Drehung optisch afktiver Substanzen in sehr verdünnten Lösungen, von Dr. Richard Pkibram, Professor der Chemie an der Universität Czernowißtz (vorgelegt von Hrn. Landolt); und urkundliche Mittheilungen von W. Wattenbach, über die Sekte der Brüder vom freien Geiste, mit Nachträgen über die Waldenser in der Mark und in Pommern. Der Nr. XRR entnehmen wir, daß in der Gesammtsizung am 16. Juni Hr. Weber berichtete: über die von Dr. Eugen Hulb\c, nah der Rückkehr von seiner im Oktober 1884 angetretenen Reise nah Indien, als ein Zeichen der Dankbarkeit dafür, daß die Aka- demie ihm dur eine Zuwendung aus dem Fonds der Bopp-Stiftung die Ausdehnung der Reise (im März 1885) auch nach Kaschmir hin ermöglicht hatte, der Akademie überreihten Handschriften und Münzen. In der Nummer sind veröffentliht: eine Mittheilung von E C. Rammelsberg, über das Atomgewicht der Yttriummetalle in ihren natürlihen Verbindungen, und über den Gadoltnit; eine Mit- theilung von H. Lolling in Athen (vorgelegt von Hrn. A. Kirhhofff) über thessalishe Freilassungs - Urkunden, und eine Mittheilung von Dr, C. Gottshe in Hamburg, über das Mittel-Oligocän von Itehoe (vorgelegt von Hrn. Roth). In dem Doppelheft XXX1, XXXRI1I, vom 23. Juni, bespricht und erklärt Hr. Eb. Schrader die von Pinches (1884) zuerst veröffentlichte keilinshriftlihe babylonische Königsliste. Von derselben, ciner zwei- seitig mit Namen bedeckten kleinen Thontafel, sind der Abtheilung acsimilien beigegeben. Ferner enthält das Heft eine Mittheilung von

rn. J. Noth: über den Zobtenit, das den Zobtenberg zusammenseßende Bestein, welches, geologisch den krystallinishen Schiefern angehörig, petrographisch dem eruptiven Gabbro entspricht.

Nach längerer Pause ist soeben die III. Abtheilung einer be- merkenswerthen Schrift über die Agrarfrage (Bauernfrage) erschienen : Ie Aae der Gegenwart“ von Dr. Eugen Jäger, Redacteur der „Pfälzer Zeitung“ in Speyer (Verlag von Cme und Mühlbrecht in Berlin, Unter den Linden 64). Die*

eiden ersten Abtheilungen dieser Schrift konnten sich einer günstigen Aufnahme erfreuen. Die vorliegende 111. Abtheilung nennt sich ae wieder „Sozialpolitishe Studien“. Sie beginnt mit Be- andlung der Heimstätten- und i An s ebung und behandelt die betreffende nordamerikanishe, kanaden ische und ostindische Stng, Dann erhalten wir ein Bild der Vertheilung des Grundeigenthums und der Anbaustatistik im Deutschen Reich mit besonderer Schilderung des kleinbäuerlichen Besißes, des Bauern- hofes und des Großgrundbesißes. Hieran reiht sch nun eine längere Untersuchung über die große Frage: was vorzuziehen sei, die geshlos- sene oder freie Agrarverfassung. Die soziale Bedeutung dieser beiden Systeme, ihre Rülkwirkung auf das Gewerbe u, \. w., Alles erfährt eine eingehende Würdigung. Der Verfasser neigt ch \chließlich der freien Agrarverfassung zu, ohne indessen die Vorzüge des Hofbauern- \ystems zu verkennen. Eine Abhandlung über das Verkoppelungs-

wesen und die Agrarverfassung der Isracliten {ließt fich an. Das Höfereht und die Höferolle werden dann eingehend geschildert und

ihre gefeßlihe Einführung für die Länder, wo die Volkssitte es zu- läßt, empfohlen. Dann folgen Darlegungen über die Forderung der Testa- mentsfreiheit, Vorschläge zum agrarischen Erbrecht, Gedanken über die Einführung eines Besig- und Parzellen-Minimums, über die Erbpacht, über die Agrarverhältnisse im deutschen Nordosten und die Schaffung eines freien Bauernstandes daselbst. Zu der wichtigen Frage der Ge- treidezölle bringt das Buch reichhaltiges Material, indem es die be- züglihen Verhältnisse in Nordamerika und den übrigen Weltkorn- kammern, den Zollshuß der französishen Landwirthschaft und die Lage der Dinge in Deutschland schildert. Besonders interessant sind die Angaben über Deutschlands Bedarf an Brotgetreide und der Nachweis, daß auch der kleine Bauer an den Getreidezöllen Interesse hat, Dabei erhalten wir ein lehrreiches Bild von der sozialen Gliederung der landwirthschaftlihen Bevölkerung. Die Frage, ob wir unseren Brotbedarf nicht selb erzeugen könnten, wird ebenfalls besprohen. Das leßte Kapitel der reichhaltigen Schrift beschäftigt \ich mit dem mitteleuropäishen Zollverein, der fih als Mittel empfiehlt , unsere Landwirthschaft zu \chüßen, ohne zu Getreidezöllen Zuflucht nehmen zu müssen. Das Werk ist somit sehr reihhaltig und verdient bei Freunden der Land- wirthschaft umd des landwirthschaftlichen Berufes, aber auh bei Allen, die sih für Sozialpolitik interessiren, weite Verbreitung. Der Preis beträgt 5 4, was für den Umfang der Schrift (34 Bogen) nit theuer ift. Der Schluß des Werkes, die IV. Abtheilung, wird sicher zu Beginn des nächsten Jahres erscheinen, besonders das Personalkreditwesen der Landwirthschaft und speziell die Darlehens- kassen von Raiffeisen, dann noch einige andere neuere Fragen, fo die Versuche, das gesammte Grundeigenthum dem Staate zu überweisen u. #, w., behandeln. _ O

In Wilhelm Baensh's Verlagshandlung, Berlin, erschien eine „Geschichte des Skats“, von Oskar Stein, dem Redacteur der Kartenspiel-Abtheilung der Zeitschrift „Ueber Land und Meer“. Der Verfasser hat es sich zur Aufgabe gestellt, den Freunden des weitverbreiteten Skatspiels Aufklärung über den Ursprung, die Ge- \chichte und Entwickelung desselben zu geben, wofür ihm die- selben gewiß dankbar sein werden. Crfunden is das Skat- spiel im Altenburgischen, wahrscheinlich im 2. oder 3, Jahrzehnt dieses Jahrhunderts. Ueber die Herkunft des Wortes Skat wird berihtet: Vor der Einführung des Skats spielte man in einer Gesellshaft zu Altenburg, die Bromme'sche genannt, Tarok. In diesem Spiel bekommt der Geber drei Blätter mehr als die zwei anderen Mitspieler und legt sie vor dem Anfang des Spiels weg. Diese weggelegten Blätter wurden in der Kunstsvrache des Tarok- spiels „Skat“ genannt. Es war ganz natürli, daß man der Achn- lichkeit wegen die in dem neuerfundenen Spiele weggelegten Blätter ebenfalls Skat und endlich, da man seinen eigenen Namen zu trivial fand, das ganze Spiel fo nannte. Diese Erklärung des Wortes scat scheint dem Verfasser schr annehmbar, mehr jeden- falls als die Ableitungen von dem gothishen shatts, vom althoh- deutschen scaz, vom altsächsishen skatt u. f. w.,, welche durhweg Schuß bedeuten. Das LTarok, dem sonach der Name Skat entlehnt ist, ist in Italien aus dem uralten Trappola, welches wahrsceinlich die Araber bereits im siebenten Jahrhundert dorthin mitgebracht, ent- standen und heut noch in Süddeutschland und Desterreih sehr beliebt. Es hat die ‘alten italienischen Bezeihnungen Pagat, Volat, Scüg (franz. Fou), Secat u. \. w. beibehalten. Das italienische Wortïi Scat stammt von secartare (franz. écarter) ausfondern, scarto das Beiseite- gelegte, oder von seattare abspringen, fortschnellen, scatto Absprung, das Weggeschnellte, doch is das es wegen des langen Vokals in Skat weniger wahrscheinlich. Unser Skat bedeutet \sonah nur „das Weggelegte“, beziehungsweise in der Anwendung auf das Spiel im Ganzen „das Spiel mit Weglegen. Nah diesen Erläuterungen geht der Verfasser auf die verschiedenen Verfahren des Skat ein, als da sind: Schafskopf, das L’Hombre und das Deutsh-Solo. Weitere Kapitel haben folgenden Inhalt: Der älteste (s{chlichte Altenburger) Skat, die Umwandlung des Schafskopf zum Skat, der Einfluß des Boston auf das Skatspiel, die weitere Entwickelung des Skats außerhalb Altenburgs; das Reizen, Fragen und Solo, die Grandspiele, die Nullspiele, Uno und Duo, das Tourné, der Ramsch, das Ansagen von Gewinnstufen, die Be- werthung; das Daus - Knirps - Wenzel - Spiel oder Königs- berger Skat, die Skataufgaben, der Skatkongreß in Altenburg. In beredten Zahlen sprehen die Ausweise über den Ertrag der Kartenstempelsteuer im Deutschen Reih von der stetig wachsenden Vorliebe für das Skatspiel. Im Etatsjahr 1885/86 0 von den 61 Spielkartenfabriken in Deutschland 4 983 042 Spiele Karten ange- fertigt worden, im Reichsgebiet sind überhaupt 3 614 815 Spiele nah erfolgter Versteuerung in den freien Verkehr gelangt, davon waren 3 405 151 Spiele solche von 36 oder weniger Karten, also „Skat- farten“, wie man diese früher Piquetkarten genannten Spiele heut allgemein bezeihnet, gegen nur 209 664 d. h. 54/5 9% Spiele mit mehr als 36 Blättern. Der Verbrauch von Kartenspielen von mehr als 36 Blättern geht von Jahr zu Jahr mehr zurück, Sfatkarten dagegen werden jedes Jahr mehr verbrauht; die Vermehrung betrug im Etatsjahr 1885/86 allein 320 000 Spiele. Die fog. französischen, jedoch in Deutschland an- gefertigten Karten haben allmählich das Uebergewiht über die deut- schen bekommen. Von dem inländischen Gesammtabfaßz der gröfen deutshen Fabrik, der Stralsunder Spielkarten-Fabrik Aktiengesell- schast, entfallen 63 9% auf französishe, 22,7 9% auf deutshe Karten zu 32 Blatt. Spiele zu 36 Blatt gehen fast aus\{ließlich nach Süddeutschland, und zwar betragen deutshe Karten à 36 Blatt in Bayern 90% und in Württemberg 20%/ des Absatzes der genannten Firma in jene Linder. Von den sämmwtlihen nah Sawsen - Thüringen verkauften Karten ind 9009/0 deutshe à 32 Blatt, von den nach der preußishen Provinz Schlesien verkauften 8009/0, von den nach der Provinz Sachsen ver- fauften 50 %. Von derselben Sorte beziehen dagegen die Provinzen Brandenburg und Posen nur 5 9/0, Preußen 3 9/ und Pommern 2 9/0 ihres Gesammtbedarfs, Hannover, Rheinprovinz und Westfalen je 49/0, Schleswig-Holstein und Hessen-Nassau nur 1/5 9/0.

Nachdem cin nach den Gegenständen geordnetes „Register zum Armee-Verordnungs- Blatt“ schon früher über kleinere Zeitabschnitte erschienen war, ist nunmehr ein die jeßt abgelaufenen zwanzig Jahrgänge dieses Amtsblatts umfassendes, einheitlich redigirtes Sachregister herausgegeben worden, welches den Gebrau desselben für alle Einzelheiten wesentlich erleihtert und daher ein kaum zu entbehrendes Handbuch für dasfelbe bildet. (Verlag der Königlihen Hofbuchhandlung von E. S. Mittler und Sohn in, Berlin, Kochstraße 68—70. Preis 7,50 46)