1887 / 227 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 28 Sep 1887 18:00:01 GMT) scan diff

Der Königlich niederländishe Gesandte am Fekgen Allerhöchsten Hofe, Jonkheer van der Hoeven, ist vom Urlaub nah Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschast wieder übernommen.

Der Kommandant von Berlin, General-Major Graf von Swhlieffen, General à la suite Sr. Majestät des Kaisers und Königs, hat einen ihm Sa bewilligten 45 tägigen Urlaub nach Karlsbad und Süddeutschland ange- treten. Die einstweilige Vertretung ist Allerhöchst dem General-Major von Kropff, Commandeur der 4. Garde- Infanterie-Brigade, übertragen worden.

Bayern. München, 27. September. (W. T. B.) Der iesige Magistrat beschloß mit Rücksicht auf die andauernde ränklihkeit des Bürgermeisters Erhard, einen dritten

Bürgermeister einzusegen.

Württemberg. Sre, shafen, 26. September. St.-A. f. Bet Jhre Königlichen Majestäten erhielten eute den Besu Jhrer Königlichen Hoheit der Prinzessin zuise von Preußen, Höchstwelche, gegen 2 Uhr Nachmit-

Bas hier eintraf, an der Königlichen Dresel Theil nahm und ends wieder nah Schloß Montfort zurückehrte.

Zu der am 22. September d. & und den folgenden L in Karlsruhe stattgehabten vierten internatio- nalen Konferenz der Vereine vom Rothen Kreuz waren von dem unter dem Protektorat der Königin und dem Ehrenpräsidium des Prinzen Hermann gzu Sachsen-Weimar- Eisenah stehenden Württembergischen Sanitätsverein vom Rothen Kreuz die B Regierungs-Rath von Clausnizer und Ober-Medizinal-Rath Dr. Landenberger als Delegirte abgeordnet worden.

Baden. Karlsruhe, 26. September. (Karlsr. Ztg.) Der Prinz Ludwig Wilhelm ist in der Naht vom Sonnabend zum Sonntag aus Schweden hier eingetroffen. Se. Großherzogliche Hoheit hat auf der Rückreise sich in Kopenhagen aufgehalten und ist von dem König und der Königin von Dänemark in Fredensborg empfangen worden. Der Erbgroßherzog hat sich n Nachmittag nach Freiburg begeben und beabsichtigt, heute in Breisah dem dortigen landwirthschaftlihen Gaufest anzuwohnen.

eute früh 8 Uhr ,25 Minuten traf Se. Majestät der Kaiser auf der Station Mühlburgerthor hier ein und hielt Sich dort einige Minuten auf, um die Begrüßung Jhrer Königlichen Hoheiten des Großherzogs und der Großherzogin ent- egenzunehmen. _ Höchstdieselben bestiegen den Waggon S. tajestät und verblieben daselbst bis zur Weiterreise nah Baden- Baden. Se. Majestät empfing noch den Prinzen Ludwig Wilhelm sowie die Oberst-Hofmeisterin Frau von Holzing. Der Kaiser erschien bei der Abfahrt am Fenster und wurde von dem zahlrei versammelten Publikum lebhaft begrüßt.

Medcklenburg - Schwerin. Rostock, 26. September, Die Großherzoglichen Herrschaften trafen heute, von Gelbensande kommend, Vormittags 101/2 Uhr, in unserer fest- li beflaggten Stadt ein und stiegen im Großherzoglichen Fs ab. Nach einem Dejeuner fuhren Höchstdieselben in

egleitung des Staatsraths Dr. Buchka nach der gynäko- logishen Klinik, welhe unter der Führung des Geheimen

Medizinal-Raths Prof. Dr. Schay besichtigt wurde. Als- dann besuhte der Großherzog noch den Botanischen Garten, in welhem der Direktor Prof. Dr. Falkenberg Se. König- lihe Hoheit herumführen durfte. Hierauf nahm der Großherzog in Gegenwart der Professoren Dr. Matthiessen und Pr. Geinigß das physikalishe und mineralogische Kabinet in Augen- schein. Demnächst kehrten der Großherzog und die Groß- berzogin in Begleitung des Staatsraths von Bülow, welcher von Schwerin gekommen war, Nachmittags 2 Uhr nah Gelbensande zurück. Von dort gedenken Höchstdieselben morgen, wie verlautet, wieder in der Haupt- und Residenz- stadt Schwerin einzutreffen.

Sachsen-Weimar-Eisenah. Weimar, 27. September. Der Landtag ward am 4. Dezember v. J. vertagt. Es bestand damals die Absicht, ihn im Laufe des Jahres noch einmal wieder zu versammeln, um einige Angelegenheiten zu erledi- gen; davon ist, dem Vernehmen nah, Abstand genommen worden. Wie die „Th. C.“ hört, wird dem Großherzog das Abschiedsdekret für den Landtag demnächst vor- gelegt und nach Vollziehung desselben die Landtagssession durch die VeröffentliGung des Dekrets ges{hlofen werden. Die dreijährige Wahlperiode des Landtages läuft mit dem nüchsten Jahre ab, und da die Etatsperiode ebenfalls eine drei- jährige und der Etat für die Jahre 1887, 1888, 1889 bewilligt ift, so ift eine Einberufung des Landtages zu einer außer- ordentlichen Sesfion nur in dem Fall, wo besonders dringliche Vorlagen nothwendig werden, zu erwarten.

Dem Ministerial - Direktor im Finanz - Departement, Dr. Schenk, und dem Ministerial-Direktor im Kultus-Departement, Dr. Guyet, ift der Titel „Staatsrath“ verliehen worden.

Elsaß-Lothringen. Straßburg, 27. September. Auf Grund der ersten amtlichen Ermittelungen fann die „Landes-Ztg. f. Els.-Lothr.“ über den Vorfall an der Grenze bei Shirmedck heute folgende Mittheilung machen: Am 24. d. M., Mittags, waren die zum Forst- und Jagd- bus kommandirten, der Oberförsterei Shirmeck zugetheilten Soldaten Kaufmann und Linhof in Ferme La Träâche nach Beendigung eines Rundganges mit dem Förster von Grandfontaine eben mit der Zurüsftung des Mittagsmahles beschäfligt, als ein Hirt ihnen meldete, am Howhrain auf deutshem Boden werde gejagt. Schüsse aus dieser Richtung schienen die Meldung zu bestätigen. Die beiden Soldaten eilten an Ort und Stelle; Kausmann nahm bei Grenzftein 2125 ungefähr Aufstellung, während Linhoff die niedere, auf franzöfisher Höhe von Hohwald umsäumte Fichten- fultur aufwärts eilte. Kaufmann jah einen Zug von 10 bis 12 Jägern aus dem franzöfischen Walde heraustreten und über deutien Boden wohl um den Weg zu kürzen quer dur die Kultur auf ihn zugehen. Er hielt fie für die gesuhten Wil- derer und rief dreimal Halt! aber erfolglos ; die Jöger verfolgten die eingeshlagene Kitung. Da gab Kaufmann 3 Schüsse ab, wovon der ersie den Brauknecht Brignon aus Raon l’Étape, der als Treiber anwesend war, tödtlich traf, der andere den S C gus Luneville, Baron t Wangen, ins ie traf. Nun flüchtete der ganze Zug au französishen Boden. Dort, 4—5 m von der Grenze, bra zusammen. Zwei Blutlahen sind die einzigen vor-

Spuren am Orte. Dieser Play aber kann vom

des Kausmann aus gar nicht beherrscht

werden, da Waldung die Ausficht sperrt. Auf deutschem g feine Blutspur. Daraus ift

wohl weleltos au! die Richtigkeit der Sen aurg des Zeu- en Linhoff U schließen, wonach die Schüsse niht nur au eutshem Boden abgegeben wurden, sondern auch au deutshem Boden eins{hlugen. Kaufmann entfernte sih na

Abgabe der Schüsse, als er sah, daß die Franzosen aus ge- deckter Stellung von der fran ösishen Grenze her auf ihn an- legten. Brignon wurde nos nah Raon les Leau gebracht, wo er seiner Verwundung erlegen ist.“

Die "e Wi Zeitung“ macht zu dem beklagenswerthen Vorfall u. A. folgende Bemerkungen:

„Der Schauplaß der Handlung is eine der wildromantischen Gegenden der Vogesen, hart an der Grenze in der Nähe des franzö- sishen Ortes Raon-sur-Plaine, woselbst die Grenzlinie einen tiefen Einschnitt in das deutsche Gebiet maht. Wilddicbereien kommen bier häufig vor, und der Forstbeamte, welcher sein zerklüftetes Revier durstreift, muß leider oft genug auf der Hut sein, wenn er nicht. einer AUES aus dem Hinterhalt zum Opfer fallen will: er darf deswegen nicht lange zaudern, wenn ihm mit Schieß- waffen versehene Menschen im Gebirge plößlih gegenübertreten. Aus diesem Grunde werden auch den port und Grenzbeamten militärische Streifwachen beigegeben, wozu speziell in der Gegend um Schirmeck Mannschaften des in Zabern garnisonirenden Jägerbataillons Nr. 8 abkommandirt sind.“

Oesterreich-Ungarn. Pest, 26. September. (Pr.) Die „Budap. Corr.“ meldet: Heute Nachmittag fand unter dem Vorsiß des Ministers des Aeußern, Grafen Kálno ky, eine mehrstündige gemeinsame Minister-Konferenz statt, welcher die gemeinsamen Minister Graf Bylandt-Rheidt und Kallay, der Minister-Präsident Graf Taaffe, der Finanz-Minister N. v. Dunajewski, der Minister-Präsident v. Tisza, ferner der Vize-Admiral Baron Sterneck, die Sektion-Chess Szögyény- Marich, Lambert, Merey und einige Fachreferenten des gemein- samen Kriegs-Ministeriums beiwohnten. Bei den jeßigen gemein- samen Minister-Kon fenen handelt es si aus\{ließlich um die definitive Feststelung des nächstjährigen gemeinsamen Budget-Voranschlages. Die Berathungen werden morgen, eventuell unter dem Vorfiß des Kaisers, fortgeseßt werden.

28. September. (W. T. B.) Das ungarische Parlament ist heute zusammengetreten. Beide Häuser hielten ihre erste Sißung.

Großbritannien und Jrland. London, 27. Sep- tember. (A. C.) Die der Partei Parnell’s angehörigen irishen Parlamentsmitglieder Arthur D'Connor (Ost- Donegal) und Sir Thomas Esmonde (Süd-Dublin) sind nah N ew-York abgereist. Sie beabsichtigen in den Hauptstädten der Vereinigten Staaten einen auf 7 Wochen berechneten Cyklus von Vorlesungen über die Home-Nule-Be- wegung in Jrland zu veranstalten.

Mitchelstown, 27. September. (W. T. B.) Auf der Eisenbahnstrecke zwischen Cork und Younghal, auf welcher Polizeimannschaften und Soldaten sich in die Nähe von Younghal begeben sollten, um die gerihtlich verfügte Entfernung einiger Pächter von ihren Grundstücken vor- zunehmen, waren heute die Schienen losgerissen und der Telegraphendraht zershnitten worden.

Frankreich. Paris, 26. September. (Fr. C.) Der Kriegs-Minister, General Ferron, ist am Sonnabend Abend von Paris abgereist, um die Befestigungsarbeiten in den Alpen zu besihtigen. General Ferron, der von seinem Ordonnanz-Offizier und dem General Davout, Militär-Gouver- neur von Lyon, begleitet wird, ist gestern Nachmittag in Nizza ange oen. Von dort begiebt er fi zur Besichtigung des Forts von Barbonnet nah Sospel und wird hierauf die das Küsten- gebiet beherrshenden Forts der Tête-de-Chien, der Adrette und der Revere besichtigen.

Der Unterrichts-Minister Spuller hat seine Vor- \chläge, den Zuschuß des Staats an die Gemeinden behufs Durchführung der Unentgeltlichkeit des Unterrichts von 14 auf 10 Millionen, sowie den Bedarf zu Freistellen an höheren Erziehungsanstalten um 264000 Fr. zu ver- mindern, angesihts der Abneigung, welhe man im Schoße des Budget-Ausschusses und der Presse gegen dieselben kundgab, wieder zurückgezogen. Die Abstriche, die nach des Ministers Aufstellungen 5 700 000 Fr. betragen hatten, belaufen sih jeßt nur noch auf etwa 1 Million. Der Budget-Aus\{chuß sprach si für eine Verminderung der Hasl der General-Schulinspektoren und für Streichung der èosten der protestantish-theologishen Fakultät aus. Die Re- gierung bekämpft leßteren Antrag.

Die Reise, welche im leßten Jahre das Ministerium Goblet-Boulanger 650 Senatoren, Deputirte, Journalisten u. f. w. in Algerien machen ließ, hat, wie ih jezt herausstellt, 1 100 000 Fr. gekostet. Die Blätter fragen: wer die Kosten tragen werde, da das Parlament feinen Heller für diese Reise bewilligt habe.

27. September. (W. T. B.) Heute Vormittag fand eine Sizßung des Ministerraths statt, in welcher der Minister des Auswärtigen, Flourens, Mit- theilung machte von seiner gestrigen Unterredung mit dem

otshafter, Grafen Münster, und von den aus Berlin r den Vorgang an der Grenze eingegangenen Nach- richten.

28. September. (W. T. B.) Der Minister des Aus- wärtigen, Flourens, erhielt heute früh die Akten über die von dem Ober-Staatsanwalt in Nancy wegen des Vorfalls an der Grenze angestellte Untersuhung und wird dieselben heute nah Berlin senden.

Jtalien. Rom, 27. September. (W. T. B.) Dem halbamtlihen Organ „Esercito italiano“ zufolge ist der General San Mazzano, Commandeur der Division in Alessandria, dazu ausersehen, die weitere italienische Aktion in Afrika zu leiten.

__ Griechenland. (A. C.) Einem Telegramm des Reuter’- schen Bureaus aus Athen zufolge gas die Regierung eine Anleihe von 10000000 Fr. in Papierwährung mit der Nationalbank behufs Regelung gewisser, in dem Budget von 1886 eingegangener Verbindlichkeiten kontrahirt.

Amerika. New-York, 26. September. (A. C.) Dec oberste Gerichtshof hat das von dem Tribuna erster Instanz über Mr. Sharp wegen Bestehung in der Broad- way-ÉEisenbahn-Angelegenheit verhängte Urtheil, welzes auf 4 Jahre Gefängniß und Zahlung einer Geldbuße von 5900 Doll. lautete, bestätigt.

Zeitungsstimmenu.

Die „Post“ schreibt über die Frage der Verlängerung der Legislaturperioden : t

Die Verlängerung wird von uns entscieden befürwortet; die praktischen Vorzüge der Maßregel liegen so auf der Hand, daß ernst- hafte Blätter, welhe sich nicht wie das Gros der demokratischen Presse auf die Bekämpfung dur inhaltlose Phrasen beschränken, zu den weithergeholtesten und seltsamsten Gegengründen greifen müssen, Andere haben die direkte Bekämpfung bereits als aussihtslos auf- gegeben und suchen Stimmung gegen die Pes zu machen, indem se die Befürchtung zu erregen trachten, als handle es sih dabei um den ersten Schritt auf der Bahn von Maßregeln zu planmäßiger Minderung des parlamentarishen Einflusses, vielleicht selbst E Aen- derung des Wahlrehts. Den Anhalt für diese Taktik gewähren eine Reihe von Aeußerungen in den hochkonservativen Blättern, welche sich, zum Theil in rein Ae Weise, über die Vorzüge der zwei- jährigen Etatsperiode ergehen und hier und da selbst die Frage des Wahlrechts streifen.

Diese Art der Sachbehandlung entbehrt der nöthigen Umsicht. Wir legen im Gegentheil entschiedenen Werth darauf, daß nicht nur die Verlängerung der Legislaturperiode für ih und ohne Zusammen- hang mit irgend welchen anderen konstitutionellen Fragen behandelt wird, sondern, daß dies namentli: in Bezug auf die Frage zwei- jähriger Etatsperioden, von vornherein auch äußerlih klar zur Er- \cheinung kommt. Deshalb befürworten wir, daß die Verlängerung auf 5 Jahre in Aussiht genommen werde, weil in der Festseßung einer ungeraden Zahl von Jahren cine indirekte thatsächlihe Ab- lehnung des Gedankens zweijähriger Etatsperioden liegt, welche be- redter wirkt als alle ablehnenden Worte. Wir halten die Frage, auch abgesehen von den Opportunitätsgründen, welche gegen die Verquickung der Frage der Verlängerung der Legislaturperiode mit derselben sprehen, für aktuell bedeutungslos; sie ge- hört der Vergangenheit an und bliebe daher {hon aus dem Grunde besser unberührt, weil fie eine von denjenigen Fragen ist. über welche innerhalb der nationalen Mehrheit Meinungs- versciedenheit besteht. Wir stimmen daher der zweijährigen Budget- periode nicht, wie die „N. A. Z.“ anzunehmen scheint, verklaufulirt bei, sondern lehnen diesen Gedanken sowohl zur Zeit, als für die Folge {hon deshalb ab, weil wir ihn für praktisch ziemlich werthlos erahten. Unsere Parteigenossen {häßten früher die Einrichtung unter dem Gesichtspunkt der Vereinfahung der Etatsberathungen theilweise höher, wir zweifeln indessen nicht, daß, wenn die Frage wider Ver- hoffen praktishe Bedeutung gewinnen follte, es unshwer gelingen wird, sie für unsere Auffassung zu gewinnen. Kurzum, wir sind ent- schieden für die Verlängerung dec Legislaturperiode auf 5 Jahre, aber ebenso entschieden gegen jede weitere Maßnahme im Sinne der Re- gierungsvorlage von 1880/81,

ir stehen diesen Fragen ähnlich gegenüber, wie im vorigen Fahre der Frage der Form für die Festseßung der Friedenspräsenz- stärke. Wir sind damals mit voller Energie für das Septennat gegen das zur Erörterung gestellte Aeternat eingetreten, obwohl 1874 viele unserer Parteigenossen für die zeitlih unbegrenzte geseßliche Festseßung der Präsenzstärke eingetreten waren, und haben den Kampf gegen alle prinzipiellen und taktischen Gegenausführungen erfolgreih durchgeführt. Die Militärvorlage is genau nah dem von uns konsequent empfohlenen Grundsaße behandelt, nicht mehr zu fordern, als zur Fortentwickelung und Führung unseres Heereswesens in materieller, wie formeller Hinsicht nothwendig ist, an den so beshränkten Forde- rungen aber unbedingt festzuhalten. Der Erfolg hat gezeigt, wie rihtig unsere Auffassung war. Gerade die wichtigsten und durch- \hlagendsten Argumente für die Reichstagsauflösung beruhten auf der selbst von dem Gegner nicht zu bestreitenden materiellen Nothwendig- keit der Heereserhöhung in dem geforderten Umfang und dem Beharren auf dem bisherigen Rechtéstande fiebenjähriger Festseßung der Friedens- präsenzstärke. Wenn wir mit berehtigter Genugthuung darauf zurü- blicken, daß wir, lange bevor die Absichten der Regierung bekannt wurden, für die Behandlung der Militärvorlage den nämlichen Plan anriethen, welcher in der Folge sich so glänzend bewährt hat, so ist dies begreiflich; allein nicht um diese Thatsache an sich in Erinnerung zu rufen, kommen wir heut darauf zurück. Wir thun dies vielmehr lediglich in der Absicht, dur den Hinweis auf die Bewährung unserer Vorschläge im Vorjahr nah allen Seiten unsern Rath zu unter- stüßen, allein die Verlängerung der Legislaturperiode auf 5 Jahre in Aussicht zu nehmen, alle weitergehenden Pläne aber entschieden abzulehnen. Wir zweifeln nicht, daß, wenn die Frage erst in das Stadium parlamentarisher Behandlung gelangt sein wird, die politischen Praktiker aller nationalen Richtungen sich wiederum als- bald unserm Standpunkt anschließen werden. Allein es wäre zu wünschen, daß auch in den der parlamentarischen Behandlung vorher- gehenden Preßerörterungen es vermieden würde, dur Heranziehung von Fragen, welche mit der Verlängerung der Legislaturperiode in feinem sahlihen Zusammenhang stehen, dem Gegner Waffen in die Hand zu liefern.

Wie die „Norddeut se Allgemeine Zeitung“ mittheilt, äußert sih die Handelskammer zu Bochum über die E wirthschaftlihe Lage im Jahre 1886 folgender- maßen: íIm Allgemeinen darf bei einem Rückblick auf das verflossene Jahr konstatirt werden, daß die wirthschaftlichen Zustände im Deut- schen Reichsgebiet immerhin besser waren, als in den anderen großen Industriestaaten, insbesondere in England, Frankreih und Belgien, in welchem leßteren Lande sogar bedeutende Arbeiteraufstände mit Waffengewalt unterdrückt werden mußten. Unsere heimische Industrie hat weder zu ausgedehnteren Arbeiterentlassungen noch zu namhaften

! Lobnherabseßzungen greifen müssen, und die thatsählih hier und da

stattgehabten Lohnreduktionen haben gegenüber dem weiteren Sinken wichtiger Bedürfnisse für den Lebensunterhalt keine Verschlechte- rung der Lage der Arbeiter zur Folge gehabt. Jedenfalls ist die Thatsache niht zu leugnen, daß das Kapital und der Unlter- nehmergewinn im verflossenen Jahr relativ weit stärkere Einbußen gehabt haben, als der Arbeitslohn, und daß der lehtere somit einen gern Antheil an dem Ertrage der Produktion als früher genossen at. Wenn glei{wohl , wie das die leßten Reichstagswahlen zeigen, die Anzahl der Anhänger der sozialdemokratischen Um turzbestrebungen bedeutend gewachsen ist, so darf die Ursache nicht in unseren wirth- schaftlihen Zuständen, sondern vielmehr in der rastlosen und frivolen Aufhetzung dec Arbeiter durch die Führer der Sozialdemokratie gesucht werden. Es darf jedoch die Hoffnung gehegt werden, daß die Aus- übrung der in Aussicht genommenen weiteren sozialpolitischen Reformen die Arbeiter mehr und A veranlassen wird, thre wahren. Freunde von den „falschen, und thatsählihe Verbesserungen ihrer Lage von leeren sozialdemokratischen Borspieckelungen zu unterscheiden

H Freihandelspartei giebt sich nach wie vor redlich Mühe, der immer mehr dahinshwindenden Zahl ihrer Anhänger nachzuweisen, daß die Schuhzölle ihren Zweck verfehlt und die Erwerbskrisis nicht zu verhindern vermocht hätten, Kein De nar hat aber jemals den Schutzöllen diese Ua zugetraut. Mit vollem Recht können aber die Freunde der neuen % irthscaftöpolitik behaupten, daß ohne unsere mäßigen Schußzölle zweifellos seit 1879 wihtige Erwerbszweige zum Erliegen und andere wenigstens in eine viel \{limmere Lage, als thatsählich für sie eingetreten ift, gekommen sein würden, Wenn übrigens jeyt Angesichts der so stark gesunkenen Preise fast aller Waaren von einzelnen freihändlerishen Stimmen erklärt wird, die Schutzölle seien an diesem Preisrückgang \{chuld, so ift diese Ansicht das gerade Gegentheil von dem von eher Seitens I RaN c verkfünbigten Dogma, wona) Schutzzölle nothwendig die Waaren ver- theuern müßten, Ein folcher Selbstwiderspruch macht jeden Kom- mentar überflüssig,

Sehr erfreulich ist, daß sich gegenüber bder Zunahme des heimischen und ausländishen Wettbewerbes auf fast allen Gebieten der mee lien TEtgteit immer mehr die Erkenntniß der Matywendigreit etner besseren Negelung der Produktion Bahn bricht, Die in den lepten Jahren in dieser Nichtung gemachten zahlreihen Versuche, bei denen

entweder um die Einschränkung dcr Produktion oder um die a a von Minimalpreisen oder auch um Beides zugleich, in einigen Fällen auch um die Einrichtung gemeinsamer Verkaufsstellen handelte, find allerdings niht immer erfolgreich gewesen ; indessen gilt es auch hier, durch Irrungen zum Richtigen und Zweckmäßigen * u gelangen, und mit Befriedigung fann fkonstatirt werden, daß die Unterordnung des Einzelinteresses unter das einer rößeren Gemeinschaft immer allgemeiner als die Grundlag& einer L deihlihen Wirksamkeit eines jeden Kartells erkannt wird. Eine idt geringe Zahl solher Konventionen is bisher immer daran ge- cheitert, daß sih ein Theil der Berufsgenossen von denselben fern gehalten und von den durch das Kartell getroffenen Festseßzungen in eigennüßiger Weise Vortheil zu ziehen gesucht hat. Die traurigen Perhältnisse in der ersten Hälfte des abgelaufenen Jahres haben aber doch gelehrt, daß nur ein festes und loyales Zusammenhalten aller Berufsgenofssen eine dauernde Besserung der Lage herbeizuführen vermag. Nur so läßt sih der Umfang des Bedarfs übersehen und demgemäß die Produktion angemessen begrenzen, wie auch der Verkaufspreis in angemessener Höhe erhalten. Daß derartige Vereinigungen Preise feststellen sollten, welhe über das rechte Maß hinausgehen, ist nah den bisherigen Erfahrungen kaum anzunehmen. Auch würden allzu hohe Preise sehr bald das Entstehen neuer Konkurrenzgeschäfte ver- anlassen, und \o die unbilligen Preisftellungen des bezüglichen Kartells

unhaltbar werden.

Jn den „Berliner politishen Nachrichten“ lesen wir: i

Die in der beim Parlaments\{luß verlesenen englishen Thron- rede ausgedrückte Hoffnung auf eine gedeihlihere Zukunft der wirth- caftlihen Lage Großbritanniens wird von kompetenten Beurtheilern der einschlägigen Verhältnisse nur sehr bedingungsweise getheilt und jedenfalls für aus\ihtslos erklärt, solange das Regime des \chranken- losen Manchesterthums anhält. Wenn man den Freihändlern glauben dürfte, so wäre freilih zu ernsteren Besorgnissen auh nit der

chatten cines Grundes vorhanden; diefe Leute reiten fortwährend auf

den statistishen Ein- und Ausfuhrziffern der Handelsamtstabellen herum und deduziren aus ihnen die völlige Intaktheit des englischen Nationalreichthums. Aber im Volke beginnen N die Zweifel an der Beweiskraft freihändlerischer Ziffern immer stärker zu regen und damit geht "die zunehmende Reaktion der arbeitenden Klassen wider die Tyrannei des Manchesterthums Hand in Hand. In einem sehr be- merkenswerthen Artikel der „Morningpost“ begegnen wir folgenden Aphorismen über das Wesen der Volkswohlfahrt: i E

„Abfluß von geschulten Arbeitern und Zudrang von Paupers ist fein Zeichen der Volkswohlfahrt. Die Ersteren bezeugen die Gesund- heit des nationalen Organismus, die Leßteren sind Parasiten, welche sich am leidenden Körper einstellen. Die reißend {nelle Zunahme des außer Kultur geseßten Ackerbodens, die Aussicht auf den Ruin der größten Industrie des Landes ist kein Zeichen der Volkswohlfahrt. Der Ruin von Grundeigenthümern und Pächtern, das _Zu- sammenströômen beshäftigungsuhender Arbeiter in den Städten sind keine Zeichen der Volfkswohlfahrt ; der furhtbare Preis- sturz aller Ackerbau- und Industrie-Erzeugnisse ist kein Zeichen von Volkswohlfahrt; der Preissturz von Kohle und Eisen ist fein Zeichen von Volkswohlfahrt; Frauen, die ihr Lebensblut um einen halben Penny die Stunde verkaufen, sind kein Zeichen von Volkswohlfahrt; eine ihr Kapital zuseßende Nation ist kein Zeichen von Volkswohlfahrt; Kapitalisten, die ausländischen Werth- anlagen vor solchen in heimishen Industrien den Vorzug eben, sind kein Zeichen von BVolkswohlfahrt; übermäßige Wohlfeilheit ist kein Zeichen von Volkswohlfahrt, sondern das Schlag- wort der Bettler, derer, die von der Hand in den Mund leben, der Arbeits\heuen, nicht des s{hwer arbeitenden Mannes, der seine Lage zu verbessern trahtet. Was dem Arbeiter nothtbut, ist nicht Wohl- feilheit, sondern hoher Lohn. Diejenigen, die behaupten, daß niedrige Lebensmittelpreise und niedrige Löhne den Interessen des Arbeiters ebenso günstig sind, als hohe Lebensmittel preise und hohe Löhne, find vollständig im Irrthum. Man sehe auf Irland, West-Indien, Nor- wegen, Egypten, Rußland, die Türkei, und dann auf Amerika. Natür- lich wären niedrige Preise und hohe Löhne eine \chöne Sache, aber leider bestehen sie niht zusammen. Sie können es niht, Billigkeit bedeutet niedrige Löhne, hoher Preisstand hohe Whne. Es klingt an- \cheinend lächerlih, und doch ist es Thatsache, daß niederer Preis- stand und Elend Hand in Hand gehen, desgleichen hoher Preisstand und Volksgedeihen, und daß theure Länder der Arbeit günstiger sind als wohlfeile. Welcher Arbeiter wandert jemals nach Srland aus, weil das Leben dort wohlfeil ist ? Wie viele aber gehen nach Amerika, un der dortigen hohen Preise! Hâtte sich die Gesehgebung vor 30 Jahren angelegen fein lassen, die Industrie und Arbeitsgelegenheit um jeden Preis zu \{chüpen, statt um jeden Preis die Industrie zu vernachlässigen und nur auf Billigkeit der Lebens- haltung Bedacht zu nehmen, so würden wir jeßt niht von dem industriellen Ruin bedroht sein. Wöhrend der leßten 50 Jahre waren für alle Bevölkerungsklassen die gedeihlichsten Zeiten zugleich die theuersten, und die billigsten zugleich die erbärmli sten.“ i

Fn den vorstehenden Ausführungen steckt soviel Wahrheit und gesunde Vernunft, daß wir hon um deswillen sicher sind, sie von der gesammten Manchesterpresse sowohl in England als bei uns systematisch todtgeshwiegen zu sehen. Der Umschwurg in den wirthschaftlichen Anschauungen der Volksmassen wird dadurch freilich niht hintangehalten werden.“

Archiv für Post und Telegraphie. Nr. 17. Inhalt: 1. Aftenstücke und Aufsäße: Bestrafung der mittels. Postkarten und Telegramme verübten Beleidigungen und Verleumdungen in Frank- rei. Selbstthätiger Telegrammträger. Statistik der Seeschiff- fahrt aller Länder. Kaiser Wilhelm's-Land und Bismarck-Archipel. Il], Kleine Mittheilungen : Diensteintheilung und Beamtenverhältnisse bei der französishen Generaldirektion der Posten und Telegraphen. Beschädigung einer Telegraphenanlage durch Blitzichlag. Eisen- bahnen in China. Zum Bau des Nord-Ostsee- Kanals. III, Uteratur des Verkehrswesens: Das wirthschaftlihe Leben der Völker. Ein Handbuch über Produktion und Konsum von Dr. Karl Teteee: Leipzig, Verlag von Alphons Dürr. IV. Zeitschriften-

ebershau.

Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheits» amts. Nr. 39, Inhalt: Gesundheitsstand. Volkskrankheiten in der Berichtswohe. Cholera-Nachrichten. Sterbefälle in deutshen Städten von 40000 und mehr Einwohnern. Desgl. in eberen Städten des Auslandes. Erkrankungen in Ber- liner Krankenhäusern. Desgl. in deutshen Stadt- und Land- bezirken. Das Medizinalwesen in Sachsen 1885. Gesundheits- wesen in den Kantonen dec Schweiz 1884, Norwegische Irren- statistik. —Witterung. Zeitweilige Maßregeln 2c. Thierfeuchen in Belgien, April bis Juni 1887. Lungenseuhe in Egypten. Veterinärpolizeiliche Bla Rechtsprechung. (Reichsgericht.) A e Baders in Preußen. Feilhalten gesundheitswidrigen

albslei]ches.

Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 39A, Inhalt: Nichtamtliches: VIII, Deren der Berichte der technischen Attachés. Die chirurgische Klini in Göttingen. Vermischtes : gee ewerbung für Entwürfe zu einer Tonhalle in Zürich. Eisen- ahnunglück bei Doncaster.

Landtags - Augelegenheiten.

Der Abgeordnete für den 2. Königsberger Wahlkreis, L'Hardy, ift am 22, d, M. gestorben.

Statistische Nachrichten.

Nah den in der „Zeitschrift des Königlich preußischen Stati- stishen Bureaus“ veröffentlichten jährlichen Mittelpreisen der preußishen Provinzen wie des preußischen Staates im Kalenderjahre 1886 betrugen dieselben: für 1 kg Rindfleish 1 17 S, Schweinefleisch 1 A 19 S, Kalbfleish 1 M 1 S, Hammelfleish 1 M 11 S, geräucherten inländischen Speck 1 M 69 S, Eßbutter 2 10 S und für 1 Schock Eier 3 A 24 F. In Vergleih mit diesen Staats-Mittel- preisen stellte sih der Preis: für 1 kg Rindfleisch in Schleswig- Holstein + 26 S, in Rheinland + 15 S, in Hannover + 13 9, in Hessen-Nassau + 7 H, in Sachsen + 6 -, în West- falen + 2 S, in Berlin 1 F, in Brandenburg 4 A. (in Pommern 10 9, in Posen 13 s, în Westpreußen und Shle- fen 17 S und in Ostpreußen 18 d für 1 kg Shweine- fleisch in Rheinland + 18 -, in *He en-Nassau + 13 s, in Berlin + 2 H, in Sachsen + 1 d, in Westfalen 1-14, in Schleswig-Holstein und Hannover 2 , in Brandenburg 3 -, in Ostpreußen 6 A, in Westpreußen und Slesien 7 S, in Pommern 9 S und in Posen 10 9; für 1 kg Kalbfleisch in Schleswig-Holstein + 27 S, in Berlin + 22 S, in Rheinland + 16 S, in Hannover + 9 H, in De a + 3 S, in West- falen +, in Sachsen 4 9, in Brandenburg 6 4, in Pom- mern 7 9, in Westpreußen 8 H, in Posen 10 S, in Schlesien 13 4 und in Ostpreußen 15 S; für 1 kg Ham- melflei\ch in Rheinland + 21 , in S(hleswig- Holstein +— 7 H, in Berlin +4 S, in Sachsen und Westfalen +3 H, in Hessen- Nassau +2 s, in Brandenburg 1 -, în Hannover —4 -, in Schlesien 7, in Westpreußen 11 S, in Pommern 13 „A, -M Posen 14 S, in Ostpreußen 20 H; für 1 kg geräucherten inländishen Speck in Schlesien +21 -, in Westpreußen und Hessen-Nassau + 12 s, in Posen +11 , în Brandenburg + 9 s, in b lei + 6 s, in Sacbsen —1 S, în Ostpreußen 8 S, in Hannover und Rheinland 16 S, in Schleswig-Holstein 17 S, in Westfalen 21 § und in Berlin 28 9; für 1 kg Gßÿ- butter in Berlin + 20 4, in Sachsen + 19 S, in Rheinland +13 9, in Brandenburg + 6 -§, 1n Hefsen-Nafsau 1 S, in Schleswig-Holstein 2 S, 1n Pommern und Hannover 6 S4, in Slesien 8 H, im Westfalen 19:4; in Westpreußen 12 F, in Posen —16 Z und in Ostpreußen 19 4; endlich für 1 Schock Eier in Rheinland 1 4.6 S, in Hessen-Nassau + 43 4, in Westfalen + 16 S, in Sachsen und Schleswig-Holstein + 10 , in Hannover 3 S, in Brandenburg 14 9, in Berlin 18 S, in Pommern 33 , in Stlesien 50 S, in Ostpreußen 59 S, in Posen 62 - und in West- preußen 74 &Z§. Aus dem Vorstehenden ergiebt es fich, daß während des vergangenen Jahres der Preis für Rindfleisch in Súles- wig-Holstein, für Schweinefleisch in Rheinland, für Kalbfleisch in Schleswig-Holstein, für Hammelfleisch in Rheinland, für geräucherten inländischen Speck in Schlesien, für Eßbutter in Berlin und für Eier in Rheinland am höcsten, daß dagegen der Preis für Rindfleisch in Ost- preußen, fürSchweinefleish in Posen, für Kalbfleisch und für Hammelsleif ch in Ostpreußen, für geräucherten inländischen Speck in Berlin, für Cßbutter in Ostpreußen und für Eier in Westpreußen am niedrigsten war. Die Differenz zwischen dem höchsten und niedrigsten jährlichen Mittelpreis betrug bei 1 kg Rindfleisch 44 S, bei 1 kg Schweinefleisch 98 A, bei 1 kg Kalbfleish 31 S, bei 1 kg Hammelfleis 41 S, bei 1 kg geräucherten inländischen Speck 49 -, für 1-kg Eßbutter 39 A und für 1 Schock Eier 1 #4 80 S. 4

London, 24. September. (A. C.) Dem von dem Polizei- Präsidenten Sir Charles Warren isoeben veröffentlichten Bericht über die Thätigkeit der Londoner Polizei im Jahre 1886 sind folgende Einzelheiten entnommen: Die hauptstädtische Polizei zählte Ende vorigen Jahres 13 804 Mann, nämlich 28 Ober- aufseher (superinténdents), 652 Snfspeftoren, 1167 Sergeanten und 11957 Schußleute. Im Verhältniß zum Vorjahre sind_ 3 Ober- aufseher, 18 Inspektoren, 34 Sergeanten und 430 Schußleute Mete vorhanden. Für den ordentlichen Polizeidienst werden nur 12 161 Mann verwendet. Die übrigen 1643 Mann leisten Dienste in verschiedenen Regierungsbureaux, öffentlihen Gebäuden, Werften, Militärstationen, oder stehen im Solde von öffentlichen Gesellschaften oder Privatpersonen. Die in der „City“ beschäftigte Polizei ift 1n diesem Bericht nicht mit inbegriffen. Der hauptstädtische Polizeibezirk erstreckt ih über einen Radius von 15 Meilen von Charing-croß, au8- \chließlich der City, und umfaßt einen Flächenraum von etwas über 688 Quadratmeilen. Der taxirte Werth diefes Areals belief fi für 1886/87 auf 33 815 723 Pfd. Sterl. Die Polizeisteuer beträgt jeßt 9 Pence pro Pfd. St., wovon 4 Pence pro Psd. St. vom Staate entrihtet werden. Die Belöhnung der Polizei beläuft fi auf 1 078 517 Pfd. St. London ift in steter Ausdehnung begriffen. _Im Sahre 1849 betrug die Gesammtstärke der Landes-Polizei nur 5493 Mann. Seitdem sind 488 374 neue Häuser gebaut worden, während 3009 im Bau begriffen sind. 1810 (engl.) Meilen neuer Straßen find der Obhut der Polizei unterstellt worden, und die Bevölkerung ist von 24737588 auf 5364627 Seelen gestiegen. Die Zahl der Lohn-Fubrwerke zu Ende 1886 war 13548. Dieselbe ver- mehrte sch in dem genannten Jahre um 167 Fiaker und 130 Omnibusse und Tramwaywagent. Von den Fiaker- und Omnibus- futshern wurden bei der Polizei im Laufe des vorigen Jahres nit weniger als 22861 herrenlose Gegenstände abgegeben. Davon wurden 12 111 den Eigenthümern zurückgestellt, darunter ein Beutel mit 216 £ in Banknoten und Gold, eine Brieftashe mit 100 £ in Banknoten und ein Beutel mit Obligationen im Werth von 300 L. An Belohnungen für die Finder wurden gezablt 1993 L, welche Summe einen Werth von 15000 £ bis 16000 £ an berrenlofen Gegenständen repräsentirt.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Der Rechts\huß der Geisteskränken auf Grundlage der Jrrengeseßgebung in Europa und Nord-Amerika. Mit den inländishen Gesezen, dann den ausländischen im Originals» tert wie in Uebersezungen. Von Herm. Reuß, Königl. bayer. Bezirksamts-Assessor. Leipzig, Dru und Verlag der Roßberg'scen Buchhandlung. 1888. Ladenpreis 9 & Obwobl die Fatkreise sich gegen iede geseßlihe Regelung in JIrrensachen bekanntlich vielfa ablehnend verhalten, so bat denno der Verfasser des vorliegenden gründlichen und gediegenen Werkes mit Glü es unternommen, nach jahrelanger ernstliher Beschäftigung mit dem erwähnten Gegenstande einen neuen und zwar detaillirten Vorschlag binsichtlich der bekämpften Richtung in feinem jetzt vorliegenden Buche zu bringen. Der Ver- fasser hat bei seiner Arbeit den einzig zulässigen Standpunkt aufgesucht und die von ibm zu ziebende Grenzlinie stets eingebalten. Ersterer bedeutet das Zusammenwirken der Aerzte und Juristen, leßtere aber die genaue Üeberweisung dessen an jeden Theil, was für jeden das Seine is, worin in der That allein Heil und Erfolg liegt. Der Verfasser wurde hierbei von Seiten der Bebörden und Träger achtungsvoller Namen dur Gewährung literarisher Bebelfe und onstiger Auskünfte bereitwilligst unterstüßt. Das Werk zerfällt în E 4 Kapitel : Umgrenzung der Aufgabe; die dermalige geseßliche Jrrenfürsorge (in Belgien, Deutschland, Frankrei, Großbritannien, den Niederlanden, Schweiz, Skandinavien, New-York, Italien); Do logo fo renda (die gesetzliche Regelung, das Bi, Erläuterungen zum Geseß, Ausführungs- Verordnungen, Zusammenfassung); Materialien (die inlän dishe Gesegebung in Bayern, Bremen, Sawsen-Weimar; die aus ländishe Geseßgebungz die Rechtsprechung, Literatur).

Land- und Forstwirthschaft.

London, B. September, (A. C) Der Ertrag der jeßpt beendigten Hopfenernte ist bedeutend geringer als im vorigen Jahre und wird wie folgt ges{äßt: Ost-Kent etwa 9000 Acres mit 7 Ctru. per Acre, Mittel-Kent etwa 000 Acres mit 7 Ctru. auf

den Acre, Weald of Kent etwa 12 000 Acres mit d Ctru., Sussex

D T 7 T ges

9000 Acres mit 5 Ctrn., Farnham 2000 Acres mit 7 Ctrn. und Country Farnham 3000 Acres mit 5 Cten. auf den Acre.

Gewerbe uud Handel,

In der Generalversammlung der Bresïauer Handels- und Entrepot-Gesellschaft am 26. d. M. sprah der Vor- sißende das Bedauern der Verwaltung aus, daß das Liquidations- geschäft nur sehr langsam von Statten gehe; der erkauf des Haupt- aktivums, des Grundstücks in der Reuschenstraße, hat si bisher zu einem annehmbaren Preise niht bewerkste agen lassen. Ebensowenig ist es mögli gewesen, die Ludwigsdorfer Mühle zu veräußern. Dec vorhandene Baarbestand einschließli der bis jeßt erfolgten Eingänge gestattet wiederum eine Abjclagsjablung von 1 9%, welche vom 3. Oktober ab zur Auszahlung gelangen wird,

Aus Kopenhagen reibt man der „Voss. Ztg.“ : Nah dem lef vorlieaenden Geschäftsberiht der Dänischen Nationa l- bank hat das Institut im lezten Verwaltungsjahre (1. August v. i, M bis 31. Juli d. F.) an Reichsmarkwechsel gekauft für 34 406 088 M, das Bankkontor in Aarhus 663 524 M, die Filiale in Aalborg 426 121 MÆ, die Filiale in Nyköping 161 736 4 und die Filiale in Flensburg 2 459028 4 An fremdem Goldgelde besaß die Bank 3 200 000 M, 248 500 £ und’ 65,97 kg russishe Imperials, zusam- men im Werthe von 7 507 718 Kronen; der Goldbarrenvorrath betrug 26058 kg im Werthe von 6 462 388 Kronen. E

London, 26. September. (A. C.) Der Schiffsbau am Clyde liegt in fast beispielloser Weise darnieder. ÎÍn den vier Schiffsbauwerften in Whiteinch, einer Vorstadt von Glasgow, ift uit ein einziges Shiff in der Arbeit, was seit 27 Jahren nicht vorgekommen ist. Kürzlih wurden im Sciffsbauhofe der Firma Caird & Co. in Greenock 200 Arbeiter entlafsen. Den neuesten Berihten aus China über die Thee - Ausfuhr während der gegenwärtigen Saison zufolge betrugen die Ver- \chiffungen aus Hankow und Shanghai 41 000 000 Pfd. gegen 61 000 000 Pfd., aus Foochow 30 000 000 Pfd. gegen 61 000 000 Psîd., und aus Canton u. \. w. 11000000 Pfd. gegen 12 000 000 Pfd. im Vorjahre. Der Gesammtexport bezifferte fich auf 82 000 000 Pfd. gegen 114 000 000 Pfd. im entsprechenden Zeitraum des Vorjahres. Die Goldminen-Industrie in Victoria (Australien) ift, den neuesten Berichten zufolge, gegenwärtig in keiner fehr gedeihlihen Lage. Die im ersten Quartal von 1887 gewonnene Quantität Goldes blieb hinter dem entsprehenden Zeitraum der leßten fünf Jahre um ein Bedeutendes zurück. Die Arbeit von 25 000 Bergleuten und Maschinen im Werthe von 1750000 £ erzeugte nur 147 000 Unzen Gold in dem erwähnten Quartal, was etwa 23 £ auf den Kopf ausmatt.

London, 27. September. (W. T. B.)_ Wollauktion. Tendenz besser, gute Nachfrage, besonders für bessere Schweißwollen, Preise unverändert. / _

Washington, 27. September. (W. T. B.) Das Schazamt hat heute 44% Obligationen im Werthe von 586 500 Doll. und 4% Obligationen im Werthe von 131 350 Doll. angekauft.

New - Yor k, 26. September. (W. T. B.) Weizen - Ver- \chiffungen der lezten Woche von den atlantischen Häfen der Ver- einigten Staaten nah Großbritannien 86 000, do. nach Frank- rei 11 090, do. nah anderen Häfen des Kontinentë 39 00C, do. von Kalifornien und Oregon nach Großbritannien 49 000, do. nach anderen Häfen des Kontinents Orts. :

27. September. (W. T. B.) Der Werth der in der ver- gangenen Woche ausgeführten Prod utte betrug 6 397 163 Doll, gegen 6 220 843 Doll. in der VorwowWe.

Submissionen im Auslande.

Oesterrei. 3. Oktober, Mittags. N.-ô. Landes-Ober-Einnehmeramt in Wien, I, Herrengasse Nr. 13, 2. Stock. Arbeitsleistungen und Material- Lieferungen für die Erbauung von vier neuen Kranken-Parillons in der n.-ô. Landes-Irrenanstalt Kierling-Gugging. Pläne, fummarijhe Kostenüberschläge und Bedingnifse können in der Zwischenzeit im n.-s Landes-Bauamt, I, Herrengafse Nr. 13, 3. Stock, eingesehen werden.

Verkehrs - Anstalten,

London, 27. September. (W. T. B.) Der Union - „Pretoria“ if heute auf der Heimreise in Ply kommen, und der Dampfer „Tartar“ dat beute reise Madeira passirt.

Sanitätswesen und Ouarantänewefen. Cypern.

Dur Verfügung ofalregierung de Provenienzen von der i und Ancona eine Quarant Corf Provenienzen von der 2 I bis zur öfterreihish-ungarisden Grenze), ?o dinien find in Griechenland ein Ï venienzen von dem Hafen Caglia unterworfen. I S Rußland. Dur eine im „Odefsaer Amtsblatt 1887 veröffentlihte Verfügung des G ist die italienische Küite von C Grenze und von Ancona bis zur ôîte tember ab gerechnet als von Gholer rf E

a . . is As Toft »S F T nunmebr das ganze italieni!che Feftland ais vertcuQt ange

Durch Bef Aleranbvria vom

Wer ck Sto dn Zeréle As Note ver Arme Doe Insel Sardinien eine ärztliche Befichtigung angeordnel worden.

Verlin, 28. September

Bei ciner Reibe weiter Porträts auf der Akademischen Kunstausstellung fällt eines derselben besond in die Augen, weniger dur diz auf idm dargestete Figur ais die Art, in welcher der Künstler dier den D J dedandeite. Hier ctwas Neues zu {afen ist nit leiht, und wernz DHerutannt S@hlittgen es mit einem dellrothen Hintergrunde versudt, fe erzzett er dadur aud nit viel mehr, als ein verunglädtes Gr» perimenut. Das belle pompejanif@e Noth des Hèntergrundes Ut das leichendafte Kolorit der Dame nur no@ un e adiFdreckender derrezs treten, man vermißt überdies in dem Gefiedt die enecgife Zeitung, welcde do sonst den Schlittgen schen Produbtionen eigen ift.

Karl Stauffer-Bern, den wir als tüchtigen Zeèddaer schon gelegen» lid der Erwähnung seiner Kupfersticde und Nadèrangen lodend derroe» boden, ist mit uwei Porträts ersdtenen. Das eîne vou thren i uod | nit vollendet, uur der Kopf ist ausgeführt und zeigt dèr Vorige der Stauffer den SSaffenweise im desten Kdt; das Brut barrt no@ seiner Auüdrung. In dem Porträt der Mutter des Künstlers )pridt k die zeiduerisde Fertigkeit des Malers cletfals überzeugend aus, nur wärde dèer cin wärmeres Kolorit das Ange Ut genedtner bderübreaz der Öittergrand der deiden Porträts didrête wes etwas größere Sauderkeët und dudscdere Farbdengedwumz verdienen

Mar Koner deweit mit Feder Nusstellung mehr, das er cin wels samer fleißèzer Küster it. Sedarfe Modellirung und emergißtde Bes tandlung Ligen dèe von him gemalten Porträts. Ademtoesl muthen uns diefe Bilder au, Ke zeigen, daß der Maler der seum Sf stedt und, idu durdactigead, ein erfreutides Nefaltat erzielt. Das gilt besouders vou dem Bilde des De. modi. Dome: rom geiQudtet Tee@duik ist das Damendilduiß

Die NufmerHamkeit der die Porträts Betraddenden wird Uf einige Vilder gelenkt, welche vou ciner umgarGden Malberin, Vit