1887 / 232 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 04 Oct 1887 18:00:01 GMT) scan diff

müthig die Anliegen des Volkes Ew. Aauietiten Hobeit Regierung bekannt geben. Dem auf Befehl Ew. Königli en per an Gesetzentwurf über den Eintritt Bayerns in die norddeutshe Brannt- euergemeinschaft hat die Kammer der Abgeordneten bereits ihre Fustmmung ertheilt. Das Bewußtsein, sich eins zu wissen mit Ew. öniglihen Hoheit wiederholt kundgegebenem Entschlusse, die bayerischen Reservatrechte wirksam zu \{hüßen, hat der Kammer diesen bedeutsamen Sqhritt wesentlih erleihtert. Dankbarst anerkennt die Kammer der Abgeordneten Ew. Königlichen Hoheit edles Streben, die Lage der Geistlichen und Lehrer sowie der unständig Bediensteten zu verbessern und für das Wohl des Arbeiterstandes zu sorgen. Sie wird daher au gern an diesem Werke mitarbeiten. Von jeher hat die Kam- mer der Abgeordneten den Interessen der Landwirthschaft ihre [eb- hafte Theilnahme entgegengebraht und begrüßt deshalb freudig ere Maßregel, welhe geeignet erscheint, deren Bestand und \tungsfähigkeit zu süßen und zu kräftigen. Die angekündigte Vorlage, welhe weiteren Kreisen die Vortheile des Eisen- bahnverkehrs durch Anlage von Lokalbahnen zuwenden soll, wird unsere sorgfältigste Prüfung finden. Wissenschaft, Kunst und _Ge- werbe wird die Kammer der Abgeordneten e künftighin nah Kräften zu fördern bestrebt sein; sie wird deshalb auch den im nächsten Jahre hier stattfindenden Ausstellungen, welche nach der altererbten Vor- orge des erlauhten Hauses Wittelsbach für Kunst und Kunstgewerbe ch des besonderen Schußes Ew. Königlichen Hoheit erfreuen, ihre volle Aufmerksamkeit widmen. Den Geseßentwourf über den Vollzug des Tit. I] 8. 18 der Verfassungsurkunde wird die Kammer der Abgeord- neten gewissenhaft prüfen und zum Wohle der Krone wie des Landes erledigen. Mit innigster Dankbarkeit und Freude gedenkt das ganze bayerishe Volk der Tage, in welchen Bayerns geliebter Herr- scher auf seinen Rundreisen inmitten seines treuen Volkes weilte und die altgewohnte innige Zusammengehörigkeit zwischen Fürst und Volk fch aufs Neue glänzend bewährte. Ew. Königliche Hoheit haben Aller- höht Ihre Liebe zu Ihrem treuen Volke aufs Huldvollste bewiesen und mit wahrhaft Königlichen Worten Allerhöhst Ihr Vertrauen auf die bayerisheTreue ausgesprochen. Dafür sagen wir, die gewähltenVertreter des Volkes, unseren ehrerbietigsten und tiefgefühlten Dank und versichern, daß die Treue und Liebe des Volkes zu Ew. Königlichen Hoheit und dem ganzen Königlichen Hause felsenfest auch für die Zukunft sein werden. Gott erhalte und segne Ew. Königliche Hoheit und

das ganze Königliche Haus. O i L n tiefster Ehrfurcht Ew. Königlichen Hoheit allerunterthänigst

treugehorsamste 7 ; Kammer der Abgeordneten.

4. Oktober. (W. T. B.) Prinz Ludwig ist mit

nen Sohn, dem Prinzen Rupprecht, heute früh zum

esuch des Kaisers und der Kaiserin nah Baden- Baden abgereist.

Sachsen. Dresden, 1. Oktober. (Dr. J.) Mit dem heutigen Tage sind in der inneren Verwaltung Sachsens nee wichtige Veränderungen in Wirksam- keit getreten. Jn dem Königlichen Ministerium des Jnnern E nachdem der in den Ruhestand tretende bisherige Kreis-

auptmann von Leipzig, Graf zu Münster, bei dem Vorstand des Ministeriums si persönlich verabschiedet hatte, die Ver- Mng des an seiner Stelle zum Kreishauptmann ernannten isherigen Geheimen Regierungs-Raths von Ehrenstein, ferner des an Stelle des Leßteren als Geheimer Regierungs-Rath in das Ministerium berufenen bisherigen Ober- runa eis und Amtshauptmanns von Dresden-Neustadt, G. von 9 , sowie des aus der Kreishauptmannschaft Leipzig als Hülfs- arbeiter in das Ministerium versezten Regierungs-Assessors Dr. Rumpelt stattgefunden. Die Leitung der Amtshaupt- mannschaft Dresden-Neustadt ist von heute an auf den bis-

herigen Amtshauptmann von Großenhain, Ober-Regierungs- Rath Freiherrn von Weißenbach, die der leßztgenannten auf den bisherigen Amtshauptmann von Glauchau, Dr. jur. Wäntig übergegangen, an Stelle des Leßteren aber der bis- herige Regierungs-Rath im Ministerium des Jnnern, Merz

etreten. Die von dem Geheimen Regierungs-Rath von Meßsch isher verwalteten Geschäfte der Reblaus-Angelegenheiten O von demselben austragsweise noch ferner besorgt werden. 3, Oktober. (Dr. J.) Prinz Georg und Prin- zessin Mathilde sind heute früh von Schloß Persenbeug wieder zurügekehrt.

Waldeck. Arolsen, 2. Oktober. (Schw. Merk.) Gestern trafen der Prinz und die Prinzessin Wilhelm von Württemberg mit Gefolge hier ein, um dem Vernehmen nah mehrere Wochen bei der Fürstlihen Familie Aufenthalt zu nehmen. Die Herzogin von Albany weilt seit einigen Wochen mit ihren Kindern ebenfalls hier.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 3. Oktober. (W. T. B.) Der König von Griechenland empfing heute Nachmittag den Minister des Auswärtigen, Grafen Kälnoky, in ein- stündiger Audienz. Der König gedenkt noch einige Tage in

Wien zu verbleiben.

Pe st, 4. Oktober. (W. T. B.) Das Abgeordneten- haus hat sich heute konstituirt. Zum Präsidenten wurde Thomas Pechy, zu Vize-Präsidenten die Grafen Csaky und

Baeffy gewählt.

Großbritannien und Jrland. London, 1. Oktober.

(A. C.) Der Unter-Staatssekretär der auswärtigen Angelegenheiten, Sir James Fergus son, hielt vor- gestern auf dem Jahresbanket des landwirthschaftlichen Vereins von Girwan in Schottland eine Rede über das Darniederliegen der Landwirthschaft. Derselbe äußerte: die jeßige Lage derselben sei kaum auf die Länge haltbar. Er kenne Güterkomplexe in England, wo gar keine Pacht gezahlt würde, wo der Jnhaber sich nur verpflichten müsse, das Land u bebauen. Während der leßten drei Jahre sei der Ertrag er Landwirthschaft um 100 Millionen Pfund Sterling ge- sunken. Abhülfemittel müßten gefunden werden, obwohl er, Redner, nicht in der Lage sei, solhe anzugeben. Kein anderes Land verhalte sih jedoch der Noth der Landwirthe gegenüber so gleihgültig wie England. Der Bischof von Oxford wies kürzlih in einer Rede, welche er bei der Eröffnung der Diözesan-Konferenz hielt, auf die große Ausbreitung hin, welche die „Heils- armee“ in England und allen englishen Kolonien gewonnen habe. Nach seiner Meinung schenke die englische Kirche der Heilsarmee viel zu wenig Beachtung. Dieselbe müsse etwas Anziehendes für die unteren Klassen haben, und es verlohne fih daher wohl der Mühe, nachzuforshen, welhen Umständen die Heilsarmee ihre großartigen Erfolge verdanke. 3. Oktober. (W. T. B.) Jm Hydepark fand heute eine Arbeiterkundgebung statt, an welher sich gegen 4000 Personen aus verschiedenen Städten, zum größten Theil Arbeiter in Zuckerrasfinerien, betheiligten. Es wurden mehrere Resolutionen angenommen, welche sich gegen die

¿mit Zucker r Landes in Minieh

wärtigen Waaren mit einem Schußzoll belegt werden sollen. Jn den bei der Kundgebung gehaltenen Reden wurde hervor- gehoben, daß en 50 000 Arbeiter in Folge der Zuckfer- prämien ohne Beschäftigung seien.

rankfreich. Paris, 2. Oktober. (Allg. Ztg.) Der Präsivent Grévy wird am 10. Oktober in Paris zurüd- erwartet, während die Kammern zum 25. einberufen werden. Von verschiedenen Seiten werden {were Kämpfe angekündigt, da der alte Gegensaß zwischen extremen und gemäßigten Republikanern noch nit behoben ist. Indessen ist es That- sache, daß die Zahl der Gegner des Kabinets niht gewachsen ist, weshalb wenigstens für dasselbe in den nächsten Monaten nihts Besonderes zu besorgen steht.

Fialien. Florenz, 3. Oktober. (W. T. B.) Der Kardinal Bartolini, Präfekt der Kongregation der Riten, ist gestorben.

Dänemark. Kopenhagen, 3. Oktober. (W. T. B.) Der Reichstag ist heute Mittag durch den Minister- A Ldifnci worden. Vom Landsthing wurde

iebe, vom Folkething Höchstbro zum Präsidenten wieder- gewählt. Jm Folkething wurde eine Vorlage über Kunstbutter eingebracht. |

4. Oktober. (W. T. B.) Der Finanz-Minister legte heute dem Folkething das Budget für 1888/89 und das provisorishe Budget für 1887/88 vor. Das Budget weist an Einnahmen 54 Millionen Kronen, einschließli 11/, Millionen vorhandener Bestände, an Ausgaben 56 Mil- lionen, einschließlich 31/2 Millionen zurückzuzahlender Staats- \{ulden auf.

Amerika. Washington, 30. September. (A. C.) Der Präsident Cleveland verließ heute mit seiner ‘Ve- mahlin die Hauptstadt, um seine Rundreise in den west- lichen und südlichen Staaten der Union anzutreten. i

1. Oktober. (A. C.) Der Präsident traf heute in Jndianopolis ein, wo er vom Gouverneur und den Be- amten empfangen wurde. Auf allen Stationen begrüßten ihn große Volksmengen. :

9. Oktober. (A. C.) Der Präsident Cleveland fam am Sonnabend Mitternacht in St. Louis an, wo er wm einer großen Menschenmenge am Bahnhof empfangen wurde.

Asien. Afghánistan. (A. C.) Aus Bombay vom 1. Oktober meldet ein Telegramm des „Reuter'shen Bureaus“: Nach einer von Ghazni am 19. September aufgegebenen Depesche hat wiederum ein Gefecht bei Mukur, am17. v. M,, stattgefunden, in welchem ein Oberst des Emirs, Namens Mabirika, fiel. Von Gundamuck wird gemeldet, daß der Mollah von Sapari, wel{cher sich den Aufständischen Dor ies hatte, gestorben ist. —@ Zufolge Nachrihten von Badakshan ist die von den Russen über den Amu Darja bei Chardjui gebaute Eisenbahnbrücke jeyt vollendet worden.

Afrika. Egypten. Kairo, 29. September. (A. C.) Der Nil fällt allmählich. Außer der Uebershwemmung von 400 Morgen und Benisuef dder * gar! keinen Schaden ge- ‘litten. Aus Alexandria wird 4 pad daß die Baummwollfelder ungeachtet der eberschwemimungen und des hohen Nilstandes unversehrt sind und daß ge große Quantitäten neuer Baumwolle auf den Markt gebraht werden. Die Qualität der Baumwolle aus Ober: Egypten ist ausgezeichnet, die von Unter-Egypten aber weniger gut, da die Fellachen, eine Uebershwemmung befürchtend, einen Theil der Ernte einheimsten, ehe die Pflanze völlig reif war. Nubar Pascha ift nach Kairo zurückgekehrt.

hat das Lnd weñ

Zeitungsstimmen.

Der „Deutsche Landbote“ äußert zur Getreidezollfrage:

Durch die Getreidezölle ist bekanntlich bisher der Getreidepreis nicht erhöht, vielmehr ist er stetig gesunken; daß die Brotpreise die- b geblieben sind, ist niht die Schuld der begehrlichen Agrarier, ondern der bescheidenen Bäckermeister. Wie wenig aber selbst ein wirklihes Steigen der Getreidepreise dem allgemeinen Besten zuwider wäre, das lehrt die Betrachtung, daß ein Land mit niedrigen und ge- drückten Preisen durhaus nicht das glücklichste; daß eine gewisse gesunde Höhe aller Preise viel besser den Gesammtwohlstand garantirt ; daß die billigsten Preise durhaus Niemandem nützen, wenn dabei aller Geschäftsgang lahm gelegt und der Verdienst überall eingeschränkt ift ; daß bei einer gewissen Hochhaltung der Preise ein Jeder cher seine Rehnung findet und dann ebenfalls gute Preise bezahlen kann, denn nur wer etwas verdient, kann etwas geben. Daß ferner der Schußzoll vor Allem dazu dient, der heimischen Produktion den Markt und dadurch dem heimischen Arbeiter den Verdienst zu fihern, daß bei gesichertem guten Verdienst dem Arbeiter gleihgültig fein kann, ob das Brot einen Pfennig theurer oder billiger ist, daß diesem aber bei Arbeits- und Verdienstlosigkeit auch das billigste Brot nichts nüßzt; daß ohne Schußzoll unsere Landwirthschaft unbedingt unter- gehen müßte und dadurch ein wesentliher Theil der Gesammtnation existenzlos werden würde; daß der geringe Tribut, den die Nation als Brotzoll zahlt, eine Lappalie ist gegenüber der stattfindenden Entwerthung unseres gesammten Grund und Bodens, die eintreten müßte, wenn die Landwirthschaft nicht durch Schußzzoll lebensfähig erhalten würde und diè dann den gewaltigsten Verlust am gesammten Nationalvermögen bedeutete; daß ferner der Ertrag der Schußzölle in die Staatskasse, d. h. in unsere gemeinsame Kasse fließt, daß wir die Zölle also in unsere eigene Tasche zahlen und dieselben niemals einen Verlust für die Nation bedeuten, denn, was die Zölle eintragen, muß uns do an anderen Abgaben erspart bleiben; daß durch den fortwährenden Bezug des Brotkorns vom Auslande nicht nur unser Geld nah und nach ins Ausland fließt und eine allmählihe Ver- armung unserer Nation herbeigeführt wird, sondern daß andererseits auch dur den Verfall der Landwirthschaft unser Staat an politischer Selbständigkeit verliert und daß an nicht genügender Berücksichtigung dieser Thatsache hon manche Nation zu Grunde gegangen ift.

Dem „Deutschen Wollen-Gewerbe“ entnehmen wir über deutshe Kaufleute in England Folgendes :

Vor einigen Wochen durchlief eine Notiz die Zeitungen, wel{he sh mit der Beschäftigung der deutshen Kaufleute in England befaßte. Die gemachten Mittheilungen wurden aber nur in kurzen Auszügen wiedergegeben und konnten kaum ein U Bild über die wirklihe wirth\schaftliche Lage unserer deutshen Landsleute in Eng- land geben. Heut liegt der Originalberiht der Kommission vor, welhe unter dem Vorfiß von Lord Hartington tagte und \ich ein- gehend mit der Frage der Ueberlegenheit der deutshen Kaufleute über die englischen beschäftigte. (Im Bericht heißt es nur „ausländische“ um nicht den Schein der Parteilichkeit zu erwecken, Jedermann wei aber, daß es sich nur um die „deutschen“ Kaufleute handelt.) Den Engländern läßt es keine Ruhe, daß die Leitnng des Handels immer de an die Deutschen übergeht. Um die Gründe dieser Ueber-

Londoner Handelskammer an alle dortigen leitenden Geschäftshäuser eine Anzahl bestimmter hierauf bezügliher Fragen gerichtet. . Hierauf lief eine große Zahl von Antworten ein. Auffallend ift in den Antworten der verschiedenen Korrespondenten ihre vollkommene Vebereinstimmung in den hauptsählichsten Punkten. Danach ist die Zl der fremden Kaufleute eine ungeheuer große. Nicht weniger als 59% der Firmen antworteten, daß sie Ausländer beschäftigen, während verschiedene andere, welche gegenwärtig noch mit rein englischem Per- sonal arbeiten, es als wahrsheinlich bezeihneten, daß es über kurz oder lang die Bedürfnisse ihres Geschäfts erfordern würden, ihre bisherige Praxis zu ändern. Diese Verhältnisse würden nun niht weiter beunruhigen, wenn sie nur die Anstellung von Ausländern für geshäftliche Transaktionen beträfen, welche diese durch nit zu vermeidende Umstände besser auszuführen im Stande wären als die englishen Landsleute. In einer Epoche freien Handels würde es un- möglich sein, sich über Austausch der Produkte zweier Länder zu be- flagen. Unglücklicher Weise ist es hier aber augenscheinlih, daß kein itia i stattfindet, sondern der Import in diesem Fall nur ein- eitig ift.

Das allgemeine Urtheil der Antwortenden geht dahin, daß Aus- länder und namentlich Deutshe in England meistens Arbeiten ver- rihten, welche Engländer gerade so gut ausführen könnten, wenn sie die geeignete Erziehung gehabt hätten. Andererseits herrscht au fein Zweifel darüber, daß hier wenig oder gar keine Gegenseitigkeit in Bezug auf Firmen im Auslande orb ánbin ist, und daß deutsche Kauf- leute, welhe in London so massenhaft angestellt sind, nicht plaß machen für junge Engländer in Handelshäusern in Bremen, Hamburg, Antwerpen oder Leipzig. 99 Prozent der Engländer sind mit keiner Sprache, außer dec eigenen, vertraut! Das ift das allgemeine Urtheil !

Die Gründe, welche für diese Unwissenheit angeführt werden, find verschieden und zum Theil Wiederholungen von {on bekannten That- sachen. Leider ist den meisten Firmen der Unterricht in fremden Sprachen auf gewöhnlichen Volksschulen gar nicht bekannt, und das ist kein Wunder. Dennoh scheint in einigen Fällen die Thatsache, daß die Lehrlinge auch Unterriht in modernen Sprachen erhalten hatten, den Lehrherren zu Ohren gekommen zu fein, und nachdem sie dann die jungen Leute einer Prüfung unterzogen haben, ift überall das Ergebniß davon die unbedingte Verurtheilung eines so durchaus unpraktishen und vernunftwidrigen Systems gewesen.

Um nun aber einigen der großen Mittelshulen, welche kürzli errichtet resp. umgestaltet sind, gerecht zu werden, kann man fest- stellen, daß in ein oder zwei Fällen englishe Kaufleute eine durhweg gute Kenntniß fremder Sprachen besaßen und diese den obengenannten Instituten verdankten. Allgemein herrs{cht aber vollkommene Ueber- einstimmung in Anerkennung der Nothwendigkeit einer \{leunigen und gründlichen Umgestaltung in dem Unterrichtswesen der englischen Schulen, welche mit der Ertheilung eines wirklich guten Unterrichts in Französisch und Deutsch beginnen muß

Eine noch ernstere Frage entsteht durch die sharf ausgesprochene Meinung vieler Korrespondenten, daß der Fremde gegenwärtig ein viel besserer „all-roundman“ ift, besser ausgerüstet durch besondere tehnische Kenntniß seines Industriezweiges und durch seine all- gemeine Ausbildung, welhe ihn in den Stand seßt, sein Wissen und seine Erfahrung in Bezug “auf die verschie- densten Anforderungen des heutigen Handels zu vergrößern. Es ift durch gut unterrichtete Sachverständige festgestellt, daß die gegenwärtige Ausbildung der Kaufleute in deulshen Häusern für die Entwickelung ihrer Fähigkeiten viel förderlicher ist als in englischen, In ersteren erlaubt man dem jungen Mann und man sorgt sogar dafür, daß er cinen Einblick in jeden Zweig des be- treffenden Geschäfts erhält, während man in England das Bestreben hat, die Arbeit des Mannes in einer speziellen Abtheilung zu centrali- siren und mit Eifer und Mißbilligung jeden Versuch betrachtet, welhen er macht, um sich mit der ebenfalls spezialisirten Arbeit seines Kollegen bekannt zu machen. Eine Folge hiervon ist, daß in der Regel ein Deutscher dana trachtet, seine kaufmännische Laufbahn als Geschäftsinhaber zu beschließen, während ein Engländer nur nah Beförderung zu einer höhern Stelle in dem Geschäft, in welchem er arbeitet, trachtet. Y

Der Bericht der Kommission zeigt den Vorsprung, welchen die kontinentalen Nationen sowohl hinsichtlih tehnisber und spezifischer Bildung, als auch in Bezug auf Wohlfeilheit, Vortrefflihkeit und Pertigfel in allen Geshäfts8zweigen vor den Engländern voraus

aben. England erwacht jeßt und sieht die Nothwendigkeit des gleichen Fortschritts ein. Nicht eins der Antwortschreiben, welche die Handels- kammer erhielt, versäumte darauf hinzuweisen. Es wird überein- stimmend empfohlen, daß mehr Aufmerksamkeit auf die Knaben in den unteren Schulen, welche später ein Gewerbe beginnen roollen, ver- wendet werden müsse, und ferner sei zu betonen, daß die anerkennens- werthen Anstrengungen einiger der englischen Erziehungsanstalten noh lange niht dem Mangel abgeholfen haben. Es ergiebt sich, daß mit wenigen Ausnahmen das Bedürfniß ein vervollkommnetes technisches Wissen mit Hülfe besserer Grunderziehung hervorzubringen an- erkannt ist.

Zu bemerken ist noch, daß unter den Korrespondenten vershiedene sind, welhe den Erfolg der Deutshen zum größten Theil dem dort bestehenden Aushebungsmodus zuschreiben. Es scheint nämlich, daß viele junge Leute gern zwei Jahre außerhalb zur Vervollkommnung ihrer Kenntnisse zubringen, bevor sie in die Armee treten. Hierfür giebt es einen zweifahen Grund: Erstens ist es im Hinblick auf die ihnen bevorstehende Dienstzeit unnüß für sie, ein festes Engagement einzugehen, und zweitens berechtigt eine bestimmte höhere Bildung în verschiedenen Fächern , besonders in frem- den Sprachen, zum Freiwilligendienst und kürzt die Dienst- zeit um zwei volle Jahre. Ferner is auch von Manchem die Wirkung der Disziplin und das Gewöhntfein an Subordination bei der Ausbildung der Leute für das Geschäft niht übersehen worden. Hier mag es am Platz sein, eine Auseinanderseßung, welche sich sehr häufig wiederholt und die zu den negativen Antworten, welche ver- Ie auf Frage 6 gegeben wurden, zu zählen is, wieder- zugeben :

„Engländer sind in der Regel nicht in fremden Ländern thätig, weil sie, da ihnen das ganze britishe Reich offen steht, es vorziehen, ihre Kräfte an M zu verwerthen, wo sie noch in rein englischen Umgebungen arbeiten können. Die wahren Eigenschaften, welche sie zu guten Kolonisten machen, und welche sie befähigen, ihre eigenen Einrichtungen in jeden Winkel der Welt zu tragen, machen sie unfähig, in das Leben und in den Interessenaustausch mit einer fremden civili- sirten Nation einzutreten.“ S

Aus alle Diesem ergiebt sich, daß die Erkundigungen, welche die Handelékammer eingezogen hat, sehr viel Lobeserhebungen für die Deutschen enthalten, und wenn bisher die Worte „Ausländer und Deutsche“ nebeneinander gebrauht worden find, so ist zu bemerken, daß das ausländische Element thatsächlih deutsh ist. Die Deutschen in London sind vielleicht nicht so zahlrei wie angenommen wird, aber sie sind überall thätig, und in den meisten Fällen sind sie zurüd- haltend, weil fie die Klügeren sind. i

Andererseits giebt es nun aber keinen Grund, weshalb nicht die Engländer anfangen sollten, die Deutschen in England zu {lagen und \chließlich mit ihnen in ihrem eigenen Vaterland in Wettbewerb zu treten. Noch eins ist zu bemerken. Au enscheinlih ist die Zahl der deutshen Häuser in London eine sehr aro und die Bemerkung, welche neulich durch einen Korrespondenten im „Neun- zehnten Jahrhundert“ gemacht worden ift, V ein Fünftel der Londoner Firmen deutshen Ursprungs sei, scheint kaum übertrieben.

e

Statistische Nachrichten.

Das soeben zur Ausgabe gelangte Augustheft der „Monats- hefte zur Statistik des Deutschen Reichs“ enthält e den regelmäßigen, auf den betreffenden Monat bezüglichen it- theilungen über die Waaren-Einfuhr und -Ausfuhr, Preise X. statistishe Nachrihhten über 1) die Schiffsunfälle an der deutschen

Zudckerprämien aussprachen und verlangten, daß die aus-

flügelung zu erforschen, resp. um dagegen Abhülfe zu schaffen, hat die

Küste im Jahre 1886; 2) Verunglückungen deutscher Seeschiffe

in den Jahren 1885 und 86; 3) Tabackbau und Tabakernte im deutschen Zollgebiet im Erntejahre 1886/87; 4) die Zahl der nah dem Geseß über die Erwerbung und den Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit vom 1. Juni 1870 ertheilten Urkunden mit Nach- weisungen über die Personen, auf welche sih diese Urkunden beziehen.

Gemäß den Veröffentlihungen des Kaiserlihen Gesund- heitsamts sind in der Zeit vom 18. bis 24. September cr. von je 1000 Bewohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als gestorben emeldet: in Berlin 20,3, in Breslau 26,3, in Königsberg 29,6, in Köln §00, in Frankfurt a. M. 20,1, in Wiesbaden 13,7, in Hannover 15,1, in Kassel 11,8, in Magdeburg 24,0, in Stettin 24,5, in Altona 21,9, in Straßburg 16,8, in Meß 17,2, in München 24,7, in Nürnberg 26,9, in Augsburg 19,3, in Dresden 23,7, in Leipzig 20,6, in Stuttgart 10,7, in Karlsruhe 19,3, in Braunschweig 17,1, in Hamburg 23,4, in Wien 90,5, in Pest 27,3, in Prag 23,2, in Triest 31,1, in Krakau 31,2, in Amsterdam 19,2, in Brüssel 23,4, in Paris 18,1, in Basel —, in London 14,4, in Glasgow 17,7, in Liverpool 18,7, in Dublin 30,6, in Edinburg 17,3, in Kopenhagen 27,3, in Stockholm 18,7, in Christiania 21,7, in St. Petersburg 20,2 in Warschau 33,0, in Odessa 29,6, in Rom —, in Turin —, in Venedig 20,0, in Alexandria 38,8. Berner in der Zeit vom 4. bis 106, September: in New-York 25,3, in Philadelphia 20,7, in Baltimore 24,0, in Kalkutta 19,6, in Bombay 26,9, in Madras 39,6.

Die allgemeine Sterblichkeit erfuhr in der Berihtswoche in den meisten Grokstädten Europas einen weiteren Rückgang, so daß aus zahlreichen Orten kleinere Sterblichkeitszahlen gemeldet werden. So erreihte die Sterblichkeit in Stuttgart, Barmen, Potsdam, Kassel, Wiesbaden, London noch nicht 15,0 pro Mille und Jahr berechnet, in Hannover, Bremen, Elberfeld, Düsseldorf, Straßburg, Mey, Braunschweig, Augsburg, Görlitz, Freiburg i. B., Mainz, Karlsruhe, Amsterdam, Paris, Liverpool, Glasgow, Edinburg, Stocholm u. a. noch nicht 20 pro Mille und Jahr; au in Berlin, Köln, Leipzig, Frankfurt a. M., Wien, Venedig, St. Petersburg u. a. war die Sterb- lihkeit eine mäßig hohe (20,0 und etwas darüber). Hohe Sterblichkeits- Sie (über 395,0) wurden aus keiner deutshen Stadt gemeldet.

nsbesondere wiesen Darmkatarrhe und Brechdurhfälle der Kinder fast allgemein eine Abnahme auf und riefen nur noch in einer mäßigen zahl von Städten (Berlin, Hamburg, Breslau, München, Dresden, ‘ónigsberg, Nürnbera, Magdeburg, London, Paris, Wien, Pest, St Petersburg, Warschau, Kopenhagen, Odessa, in den letzten drei Orten, sowie in Nürnberg sogar etwas mehr als in der Vorwoche) mehr Todesfälle als nokëmal hervor. Die Theilnahme des Säuglingsalters an der Gesammtsterblihkeit war eine gerin- gere als in der Vorwoche. Von 10000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, in Berlin 84, in München 113 Säuglinge. Akute Entzündungen der Athmungsorgane führten allgemein in be- schränkter Zabl zum Tode. Dagegcn haben Sterbefälle an JInfektionskrankheiten vielfach zugenommen, nur an Diphtherie und Pocken werden weniger Sterbefälle gemeldet, Todesfälle an Masern waren in London vermindert, in Breslau, Darmstadt, A Dublin und namentlich in Kopenhagen vermehrt; auch Er- rankungen wurden vielfach, besonders aus Kopenkagen, zahl- reiher gemeldet. Sterbefälle an S-harlach kamen aus München, Wien, St. Petersburg in größerer, aus London in geringerer Zahl zur Berichterstattung. Erkrankungen an Scharlach traten in Berlin, Breslau, Hamburg, Wien, Edin- burg häufiger zu Tage. Die Sterblichkeit an Diphtherie und Croup war in Berlin, Hamburg, Dresden, Wien, Prag eine gestei- gerte, in Warschau die gleiche, in Breslau, Leipzig, Frankfurt a. M,, Nürnberg, St. Petersburg eine kleinere als in der vorhergegangenen Woche. Erkrankungen an Diphtherie kamen aus Berlin, Breëlau, Hamburg, Nürnberg, aus dem Regierungsbezirk Schleswig und aus Christiania in größerer Zahl zur Mittheilung. Typhösfe Fieber haben in Paris, Lyon, St. Petersburg etwas mehr, in London etwas weniger Todesfälle veranlaßt. Die Zahl der gemeldeten Erkrankungen war besonders in Ham- burg eine erheblich gesteigerte An Flecktyphus kam aus dem Regierungsbezirk Düsseldorf 1 Todesfall, ebendaher sowie aus St. Petersburg je 1, aus dem Regierungsbezirk Marien- werder 26 CGrkrankungen zur Anzeige. In London zeigten sich rosen- artige Entzündungen des Zellgewebs der Haut häufiger als Todesursachen. An epidemischer Genickstarre wurden aus Berlin 1, aus Kopenhagen 2 Todesfälle, aus leßterer Stadt auch eine neue Erkrankung mitgetheilt. Der Keuchhusten hat in Paris etwas mehr, in London etwas weniger, in Berlin die gleiche Zahl von Opfern wie in der Vorwoche hervorgerufen, Er- krankungen kamen in Hamburg und Kopenhagen häufig zum Vorschein. Aus London wird 1 Todesfall an Tollwuth berichtet. Den Pocken erlagen in Lemberg 1, in Pest 2, in Paris 3, in Triest 8, in Warschau 24 Personen. Erkrankungen kamen aus Pest 8, aus St. Petersburg 10 zur Mittheilung. Während die Cholera in Rom eine Abnahme erkennen läßt und auch in Palermo und Catania die Zahl der Todesfälle und Erkrankungen kleiner wird, herrscht sie in Messina noch in gleicher Heftigkeit weiter. Aus Neapel liegen neuere Nachrichten niht vor. . Aus Castellamare und aus Pozzuoli werden vom 25. bezw. 27. September noch eine größere Zahl von Cholerafällen gemeldet, die sich auch in der Provinz Aquita neuerdings zeigten.

Heft 2 28. Bandes der „Beiträge zur Statistik des Großherzogthums Hessen“, herausgegeben von der Groß- herzoglichen Centralstelle für die Landesstatistik, (G. Jonghaus'\che Hofbuchhandlung in Darmstadt) enthält s\tatistishe Nachweisungen über das Volks\{hulwesen im Großherzogthum Hessen 1883—84 (von dem Geh. Ober-Schulrath Greim).

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

„Erdgeshichte“, von Dr. Melhior Neumayr, 2. Band: „Beschreib endeGeologie“, mit581 Abbildungen, 12 Aquarelltafeln und 2 Karten von Th. Alphons, E. Hayn u. #. w. (Leipzig, Bibliogra- phisches Institut, 1887.) Die Erdbeben und Erdrevolutionen, über welche in neuerer Zeit so viel berihtet werden mußte, haben mehr als je das Interesse des großen Publikums für eine Wissenschaft geweckt, welche in dem Wiener Geologen und Paläontologen Prof. Dr. Neu- mayr wohl zum ersten Mal einen Interpreten gefunden hat, der es unbeschadet aller Wissenschaftlichkeit versteht, sie dem gebildeten Laienpublikum mundgerecht vorzutragen. Von seiner „Erdgeschichte“ liegt jeßt der aufs Prächtigste ausgestattete zweite (Schluß-) Band vor, der die geschichtliche Entwickelung des Erdinnern und den jeßigen Bau der einzelnen Länder der Erde \childert. Vermöge seiner geistvollen und leicht verständlichen Darstellung ist diese Neumayr’she Erdgeschichte in trefflihster Weise dazu angethan, geologische Kenntnisse in weitere Kreise zu tragen und somit ein Buch für die Hausbibliothek zu sein, wie es uns seither fehlte. Ganz und voll machen wir deshalb au die Empfehlung eines der berufensten Beurtheiler, Profeffor Dr. Credner's, zu der unserigen, der darüber bemerkt: „Wir begrüßen es freudig, wenn ein fo hervorragender Forscher den trefflich gelungenen Versuch macht, die Gesammtheit e modernen geologishen Wissens in einer jedem Gebildeten verständlihen und ihn fessclnden Form dem größeren Publikum darzubieten, Die höchst anschauliche Dat tellungsweise des Verfassers wird durch viele mit größter Sahkenntniß _und weckdienlihkeit ausgewählte Texrtfiguren sowie dur eine Anzahl farbiger Tafeln und Karken wesentli gulerstüßt, Ihre Ausführung ist eine so vollendete und die gaaze (usstattung des Buches eine so reiche, wie wir sie wohl kaum in uy zweiten geologishen Buch wieder antreffen. Mit Freuden kann un Referent die Se Me Neumayr's denjenigen Kreisen, welche en Drang fühlen, sich über den Bau unsrer irdishen Wohnstätte und über die Ursachen der Mannigfaltigkeit der Erdoberflächengestal-

tung zu belehren, auf das Dringendste empfehlen.“ Der zweite Band

hat folgenden Inhalt: 1. Historishe Geologi inlei i

: 1 gie (Einleitung, die tren paläozoischen Ablagerungen, die jüngeren, die Triasformation, le Jura-, die Kreide-, die Tertiärformation, das Diluvium, überall mit Beschreibung der Pflanzen- und Thierwelt); 11, Topographische

poetishe Er Dung in gebundener Rede aus.

Geologie (die Gebirge der Erde); V. Victor Uhlig.

Krone und Kerker. Erzählung aus dem \ech{zehnten Jahrhundert, Von N. vom Hof. (Gotba, Friedr. R dr Yanien 1887. Preis 5 #4) Diese Erzählung folgt durchaus dem Gange der Geschichte und {ließt sich sowohl hinsichtlih des Thatsächlichen als der Charakteristik der betheiligten Personen so eng als mögli an die Darstellung der besten Geschihts\hceiber an. Ueber die Be- nußung der leßteren werden am Schluß des Buchs besondere Nach- weisungen gegeben. Das Gewand, in welches die Verfasserin ihren Stoff gekleidet hat, ist das des Romans. Sie bekundet in der Be- herrshung und Verwendung des reichen Materials, ebenso wie in der Aus- gestaltung der einzelnen Abschnitte ein ausgeprägtes Geshick. Die Darstellung ist lebendig, anshaulich und fesselnd. Das Leben in der Zeit Heinrih's VIII. von England tritt dem Leser in sprechenden Bildern entgegen. Das tragishe Schicksal Anna Boleyn's, der Prm erweckt durch die ruhige genetisch entwickelnde Behand- ung ein warmes Interesse, Das Buch i} fomit nicht nur eine fesselnde, ges{hichtlich unterhaltende, sondern au allenthalben auf die sittlihen Mächte hinweisende und die Gewissen weckende Lektüre, welche gebildeten Kreisen in jeder Beziehung empfohlen werden kann.

Im Kommissionsverlage der Simon Schropp’\{chen Hof-Land- kartenhandlung (I. H. Neumann) hierselbst erschienen : P n e der Kartographie für Natur- und Wanderfreunde. Leicht faßliche, durch Tertzeichnungen erläuterte Anleitung zum richtigen Ver- ständniß und Gebrauch topographisher Karten von C. W. Püt. gegen vom Touristenklub für die Mark Brandenburg.“ Der Verfasser giebt zunächst in feiner Einleitung die Bedingungen an, welche für die Aehnlichkeit, Naturwahrheit und Leichtverständlich- keit einer bildlihen Darstellung nöthig find. Je nah dem Umfang des bildlih dargestellten Erdtheils werden drei Gruppen von Karten unterschieden: 1) Pläne oder Plattkarten im Maßstabe 1 : 500 bis 1 ; 10000, d. h. Detailkarten eines kleinen Landbezirks, einer Feldmark u. dgl. oder einer Stadt. 2) Topographische Karten, ein- zelne Länder oder deren Theile darstellend, im Maßstabe 1 : 10000 bis 1 : 200 000. 3) Geographishe Karten, ganze Welttheile oder Staatsgebiete umfassend, im Maßstabe 1 : 200000 bis 1: 2000000 und darüber hinaus. Als von dem Größen- verhältniß unabhängig werden noch folgende für den Tou- risten von Fah unter Umständen \chäßenswerthe Arten von Karten erwähnt: 1) Hydrographische Karten, d. h. Karten, welche nur die Wasserverbältnisse, Seen, Flüsse, Kanäle zum Gegenstand der Darstellung haben ; 2) hypsometrishe Karten, in denen die Höhen- verhältnisse s{chichtweise dur verschiedene Farbentöne hervorgehoben werden. Der Verfasser giebt nun an, wie man die Anfertigung einer Karte, die Darstellung eines Gegenstands auf einer Bildflähe in Angriff nimmt, und führt dem Leser die beiden hier in Betracht kommenden Projektionen vor, indem er gleichzeitig zur Geschichte des Kartenzeihnens bemerkt, daß man, um der Unzulänglichkeit der perspektivishen Projektion für fkartographishe Zwecke abzu- helfen, bereits im 15, 16, und 17. Jahundert die sogenannte Kavalierperspektive anwendete. Diese, nah der in der Fortifikation unter dem Namen Kavalier bekannten Erhöhung über den Wällen benannte Darstellungsweise nahm einèn mehr erhöhten Standpunkt des Beschauers und Zeichners an, wodurch die Mängel der perspek- tivishen Projektion wenigstens für nahe gelegene Gegenstände zum Theil aufgehoben wurden. Indessen auch die Kavalier- Perspektive konnte dem denkenden Geist nicht lange genügen, und fo entstand die unter dem Namen Vogelshau- oder Ballonperspektive neuer- dings durch pkbotographishe Aufnahmen der Luftschiffer bekannt gewordene Projektionsart, bei welcher der Beschauer sehr hoch, senk- recht über der Mitte des aufzunehmenden und bildlih darzustellenden Landes gedacht ist. Sie giebt in der That schon eine gute Uebersicht, indessen werden auch hier in Folge der Konvergenz der Sehstrahlen oder Projektionslinien nur die direkt unter dem Mittelpunkt oder in desen nächster Nähe befindlichen Gegenstände in ihrem rihtigen Ver- hältniß gezeichnet, während die Vershiebung und Verkleinerung aller anderen mit ihrer Entfernung vom Mittelpunkt zunimmt, sodaß alfo auch dieses Bild niht nach einem einheitlihen Maßstabe fh messen läßt. Erst dem Ende des 18, Jahrhunderts war die An- wendung der allen Anforderungen der Kartographie entsprehenden E die orthographische Projektion in Folge der höheren Ausbildung der Meßkunst vorbehalten. Das Bild eines nach dieser Projektion aufgezeihneten Landes kann man sih als eine Vogelschau aus unendlich vielen Standpunkten vorstellen. In einem folgenden Abschnitt geht der Verfasser auf zwei weitere Arten der Projektionen ein und betrahtet dann die Nothwendigkeit eines Linienneßes, welches bei der Herstellung topographisher Karten, bei der nothwendigen Berücksichtigung der Erdkrümmung nothwendig ift. Nachdem sodann die Grundbegriffe zur Vergleichung dieser Linien fest- gestellt find, geht er auf die Kartenschrift ein, deren Bedeutung für die Klarheit einer Karte ausdrücklih betont wird. Die Signaturen, aus denen man die Situationsgegenstände erkennen kann, werden dur) Abbildungen veranschauliht; fie entsprehen den im Königlich e Generalstab bestehenden Vorschriften und sind mit geringen {bweihungen ziemli allgemein gebräuhlih. Sodann wird auf die Darstellung des Terrains auf der Karte eingegangen. Die dabei angewandten Manieren, auf welche alle andern sich im Prinzip zurük- führen lassen, sind: die Bergstrih-Manier und die Horizontalen- Manier. Ueber die Bergstrih-Manier wird in geschichtliher Hinsicht mitgetheilt, daß die Wissenschaft dieselbe dem sächsishen Major Lehmann (1765—1811), einem aus bescheidenen Verhältnissen hervor- gegangenen fleißigen Manne, verdankt. Die Lehmann he Berg- zeihnungs-Theorie beruht auf der Vorstellung, daß jeder Punkt des Terrains von seinem Zenith aus, d. h. fenkrecht von oben her erleuhtet wird; sie bildet somit ein Analogon zur orthographishen Projektion. Eine Variation der Lehmann’\hen Bergstrichzeihnung bietet die sogenannte Shummer-Manier, bei welcher die einer Fläche zukommende Scattirung niht dur stärkere oder leichtere Striche, sondern durch einen mehr oder weniger starken, allgemeinen Farbenton ausgedrüdt wird, sodaß, von Weitem gesehen, derselbe plastishe Eindruck wie bei den Bergstrichen erzielt wird; da eine auch nur annähernd richtige Beurtheilung der Böschungsgrade sih auf diese Art {wer erzielen läßt, so kann die Shummer-Manier vur flüchtigen Zweken dienen. Im nächsten Abschnitt behandelt der Verfasser die Horizontal- Manier, welche s{chon 1771 bekannt, aber erst in den leßten Jahr- zehnten in Folge der von Papen'schen Höhenschichtenkarte von Central - Europa (1857) mehr und mehr in Gebrauch kam und die Relief- Gestaltung der Erdoberflähe darstellt. Die darauf folgenden Ab- schnitte handeln von der Lesbarkeit der Bergstrihe und der Hori- ¡ontal-Manier. Das Bu {ließt mit einem Kapitel über die Orien- tirung der Karte. Dasselbe wird für Free der Kartographie und Touristen von großem Interesse sein. er Preis beträgt 1 4

Von dem „Allgemeinen Porträt-Katalog“ von A. Lutz, welcher zu Hanau in Luß’ Buchhandlung erscheint, ift vor Kurzem das 3, Heft (Pr. 50 A) zur Ausgabe gelangt. Dasselbe reiht von 2986—4512 („Ginsheim“ bis „Le Brun“) und bringt, wie die vorauf- gegangenen 2 Hefte, über die wir bei threm Erscheinen berichtet haben, ein Verzeichniß von Schriften, welhe Abbildungen von Porträts oder Wappen von Personen der verschiedensten Stände von Fürsten und Fürstinnen verschiedener Länder, Generälen, Staat8männern, Gelehrten, Philosophen, Theologen, Dichtern (z. B. Goethe), Musikern, Malern u. \. w. enthalten.

Die Redaktion des „Deutschen Dichterheim“ in Dresden-Striesen erläßt demnächst wieder ibr alljährlihes Preis- aus\chreiben für poetishe Produktionen und zwar seßt sie je 100 M für ein lyrishes Gedicht, für eine Ballade und für eine Das Preisrichter-Amt verwalten: Karl Bartsch, Felix Dahn, Ernst Eckstein, Julius Groffe, Günther Walling und Paul Heinze, Herausgeber des „Deutschen Dichterheim“. Alle näheren Oben deren genaueste Kennt- niß den Bewerbern an der Konkurrenz unerlä

Nuzkare Mineralien, von

) äßlich, werden in der dem- nächst ersheinenden 1. Nummer vom 8, Jahrgang des „Deutschen Dichterheim*, welche auf Verlangen gratis und franco von der Exrpe-

dition des „Deutschen Dichterheim* in Dresden-Striesen zu - beziehen ist, bekannt gegeben werden,

Das in London am 1. d. M. erschienene medizinishe Fah- blatt „The Lancet“ nennt dea auf dem Wiesbadener Kongreß S der Sektion für Klimatologie von Dr. Lender- Berlin gehaltenen Vor- trag: „Zur Prophylaxe der Malaria“ „an admirable bit of exposiíition“, Dieser Vortrag erscheint in Nr. 8 des „,Tageblatts der 60. Versammlung Deutscher Naturforsher und Aerzte“ und wird außerdem in extenso von der nächsten Nummer der „Deutschen Kolonialzeitung“ gebracht werden.

Land- und Forstwirthschaft.

Die diesjährige Baumwoll-Ernte Amerikas verspricht nah der „New-Yorker Handelszeitung“ die größte zu werden, welche die Vereinigten Staaten jemals produzirt haben. Man hält es für durchaus nit unmögli, daß dieselbe 74 Millionen Ballen erreichen wird. Im Jahr 1885 wurde die Ernte mit 64 Millionen Ballen als eine enorme angesehen, und die größte, die bisher dagewesen, war im Jahr 1883 mit nahezu 7 Millionen Ballen zu verzeihnen. Ein Rückblick auf die Entwickelung der amerikanishen Baumwoll- fultur zeigt, daß vor nicht ganz 100 Jahren (im Jahr 1791) 64 Ballen Baumwolle aus den Vereinigten Staaten nach Eng- land gesendet wurden, Fünfzehn Jahre später war der Export {on auf 100 000 Ballen gestiegen. Im Jahre 1834 hatte die Kultivirung dieses Artikels derart zugenommen, daß die Ernte rund 1 000 000 Ballen betrug, und unter dieses Quantum ist dieselbe seitdem in feinem Jahre gefallen (allerdings wurden die Ernten während der Jahre des Bürgerkrieges nit verzeihnet). Die größte Ernte, welche jemals durch Sklavenarbeit erlangt wurde, war diejenige des Jahres 1860 mit 4 669 770 Ballen.

Gewerbe und Handel.

Bei den Abrechnungsstellen der Reichsbank sind im September cr. 1117293400 A abgerechnet worden, gegen es O M4 im August cr. und 938770000 A im Sep- ember ;

u In der vierten Generalversammlung der „Vereinigung von Inhabern fortlaufender Conten und Theilungs- läger in Berlin“ vom 1, Oktober cr. wurde dem Vorstande für das leßte Rehnungsjahr Decharge ertheilt, die vorgelegten Statuten wurden genehmigt und die Hrrn. L. P. Mitterdorfer zum Vorsißenden, Alwill Bertram v. d. F. R. D. Warburg u. Co, und ax Leon in der Firma Baer u. Leon zum Vorstand und als ständige Kommission der Vereinignng per Afkfklamation wieder gewählt. Diese Vereinigung besißt für ihre Mitglieder ein eigenes Screibzimmer am Königlichen Pakhofe mit Anschluß an die e C E “Data, kann jede Firma werden, welche zur Erledigung zollamtlicher Handlungen am Königlichen Pak- hof zu Berlin beschäftigt ist. G E

Die „Rheinish-Westf. Ztg.“ berihtet vom rheinisch-w e st- fälishen Metallmarkt: Auf dem rheinish-westfälishen Eisen- markt hat sih die Geschäftskonjunktur seit unserm leßten Wochen- beriht nur wenig geändert. Die uns zugehenden Nathrihten sprechen andauernd ihre Befriedigung über die jeßige Geschäftslage aus. Aen- derungen in der Nachfrage oder in den Preisen sind kaum zu verzeih- nen. Auf dem s{lesis{en Eisenmarkt findet nah den Berichten der dortigen Blätter Noheisen regelmäßig befriedigenden Absat, namentli durch die im Verhältniß zur vorgerückten Saison noch äußerst leb- hafte Beschäftigung der Walzwerke. Die Lage der ausländischen Eisenmärkte ist im Verlauf der leßten Geschäftswohe keine sonderlih zufriedenstellende gewesen. In England ist das Roheisen- geschäft flau geworden und die Preise sind zurückgegangen. Auch der Warrantmarkt in Glasgow zeigt eine sehr matte Haltung und weichende Tendenz. Belgien allein behält in seinem Eisenmarkt eine freundliche Physiognomie und steigende T während der französishe Markt noch immer unter derselben Flauheit leidet wie in den leßten Monaten. Von größerer Wicktigkeit ist es jedo, daß auch der amerikanische Markt in leßter Zeit stiller geworden ist ; die von Amerika kommenden Nachrichten haben au bereits auf das Geschäft in Montanwerthen verstimmend ein- gewirkt. Bei dem unverkennbar bedeutenden Einfluß, welchen das amerika- nische Eisengeschäft auf die Lage der deutschen Eisenindustrie ausübt, ist es indessen gut, sihch zu erinnern, daß in Amerika in der leßten Zeit die Wogen besonders hoch gingen. Die kolofsalen Schienenbesteilungen hatten lebhafte Nachfrage nach Roheisen im Gefolge, und es will daber noch nit viel bedeuten, wenn von dorther berihtet wird, daß daë Geschäft ein stilleres geworden ist. Was fpeziell die Lage des rheinis- westfälishen Cifenmarkts anbelangt, fo ist in Eisenerzen das Ge- \chäft ein anhaltend befriedigendes, doch ist in leßter Zeit die Na- frage im Siegerlande etwas geringer gewesen; im Luremburgisen tif dagegen anhaltend lebhafte Nachfrage hauptsählich von Deutschland her, und die Preise von Minette sind in Folge dessen wieder berauf- gegangen. Für geröstete rothe Minette wird 31 A per Tonne bezablt. Der Import von spanishen Erzen hat in leßterer Zeit ebenfalls etwas zugenommen. Die Preise sind steigend. Für Robeisen ift die Haltung ebenfalls eine durchweg feste. Die Produktion von Rob- eisen hat allerdings seit Beginn dieses Jahres stetig zuzenommen, namentlich ift die Mehrproduktion im August eine nicht un- bedeutende; andererseits haben jedoch die Lagerbestände einen Rüdck- gang gezeigt, so daß die vershiedentlib laut gewordenen Befürchtungen einer etwa auftretenden Ueberproduktion einstweilen jeden- falls keinen Grund haben. Derartige Befürchtungen baben vor- läufig um fo weniger Grund, als. eine rückgängige Konjunktur des Marktes kanm zu erwarten ist, jedenfalls aber in Folge der jeut bestehenden Vereinigungen nit plößlich eintreten kann. In Spiegel- eisen ist in leßter Zeit die Nachfrage vom JIn- und Auslande ‘eine befriedigende gewesen und konnten die Notirungen fest behauptet werden. Für Puddeleisen sind die Preise sowobl im Siegerlande als auch in Rheinland-Westfalen durchaus fest. Wenn die Nachfrage stellenweise für diese Sorte etwas weniger lebhaf gewesen ist, so hat dies seinen Grund haupt\sächlih darin, daf die Abschlüsse für das 4. Quartal dieses Jahres meist schon gethätigt sind. Es wird deshalb für die nächste Zeit eine Preis\teigerung für Puddel- roheisen auch wohl kaum zu erwarten sein. Bis dabin, wo dann die Hochöfen mit ihrer Produktion wieder auf den Markt treten, werden dann auch wohl die Walzwerke mit ihren Bestrebungen dur&gedrungen sein und entsprehend höhere Sähe erzielt baben. Die Notirungen weichen für diese Sorte sowie auch für Gießereiroheisen, Bessemer- eisen und Thomaseisen von den in unserm lezten Bericht mitge- theilten niht ab, weshalb wir dieselben hier niht wiederbolen. Das Walzeisenge\chäft ist anhaltend rege; die jeßigen Preise sind durchaus fest; da jedoch die Rohmaterialien in leßter Zeit in die Höhe gegangen sind, ohne daß z. B. die Stabeitenpreise dieser Aufwärtsbewegung folgen konnten, fo sind dieselben allerdings weniger lohnend als früher. Die Nachfrage vom Inlande der ist eine durchaus befriedigende, vom Auslande läßt dieselde no§ zu wünschen übrig. In Grobblechen und Keßelbleen das Geschäft ein befriedigendes. Es {eint si diefer Industriczmeta in der nähsten Zeit wiederum günstiger gestalten zu wollen. Aud in Stlesien sind die Blehwalzwerke sehr lebbaft beschäftigt. Der gegen ln Konkurrenz ist dadurch ein Ende gemach@t worden, das der Verkzuf für Grob- und Feinbleche ebenfalls der gemeinfamen Gentralteile fär den Walzeisenverkauf in Berlin übertragen warde. Dadure kemnten die Preise sofort um 2 #4 pro Tonne erböbt werden, Der EizAhak Ks neuen Branntweinsteuergeseßes hat auf den Adsat vem Reservoir» blehen daselbst günstig eingewirkt. Die Feindletwalureeek èm Siegerlande sind noch immer ret flott beschäftigt, fo dat dicielben ih meist eine Lieferfrist von 4—-6 Wochen zur Abmäkelung der Aufträge ausbedingen müssen. Als Grundprei® wärd 185-140 pro Tonne ab Siegen notirt und es follen bereits Aufträge zu leßteren Preisen erfolgt sein. Jn Walzdradt dat d die