1887 / 234 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 06 Oct 1887 18:00:01 GMT) scan diff

5, Oktober. (W. T. B.) Ein Telegramm der „Agence Havas“ meldet: Ueber deh Bi Ns mit dem französischen Minister - Residenten Le Myre de Vilers in Antananarivo wird aus Tamatave, vom 21. September, berichtet: der Een lGe Minister-Resident habe ein Gesuh des amerikanischen Residenten Campbell um Er- theilung des Exequatur dem madagassishen Premier- Minister zugestellt; Leßterer habe das Exequatur auch er- theilt, dabei aber außer auf den Protektoratsvertrag mit Frank- reih auch auf dessen Beilagen und namentlich auf ein Schreiben Patrimonio’s an den französishen Admiral Miot Bezug ge- nommen. Der französische Minister-Resident habe B rgean “pr biv d Einspruh erhoben, weil dem gedahten Schreiben

eitens Frankreihs niemals eine diplomatishe Bedeutung beigelegt worden sei, und, als sein Widerspruh erfolglos geblieben, habe derselbe seine Flagge eingezogen und abzu- s gedroht. Nach den leßten Nachrichten aus Tananarivo stehe indeß ein Ausgleich zu erwarten. Die Verbannung des madagassishen Ministers des Auswärtigen stehe mit der Angelegenheit in keinerlei Zusammenhang.

5, Oltober. (W. T. B.) Der Marine-Minister empfing heute ein Telegramm aus Mozambique, in welchem gemeldet wird, daß die Beziehungen zwischen dem französishen General - Residenten Le Myre in Madagaskar und der Howa-Regierung wieder aufgenommen worden seien.

Bulgarien. Ueber die am 26. September Namens der betheiligten Regierungen unterzeichnete serbisch-bulga- rishe Eisenbahn-Konvention wird der „Pol. Corr.“ aus Sofia gemeldet: Abweichend von den Beschlüssen der Conférence à quatre wurde bestimmt, daß als Grenzstation der bereits in vollem Bau befindliche bulgarishe Bahnhof in Zaribrod zu gelten habe. Die Vereinbarung geht dahin, daß ein Theil des Bahnhofs dem serbischen Eisenbahnbetriebe ur Benuzung überlassen bleibt, und daß dortselbst auch die Dol, Paß- und Polizeikontrole von beiden Seiten durh stabile Funktionäre gehandhabt wird. Den Betrieb der Linie bis zum Bahnhof Po eg (d. h. von der serbischen Grenze aus) versieht die serbische Regierung, und sür die Ueber- nahme der Verantwortlichkeit in Rücksicht etwaiger Vorkomm- nisse auf der Strecke vom Bahnhof Zaribrod bis zur wirk- lichen serbisch-bulgarishen Grenze wird der serbischen Regie- rung eine gewisse Entschädigungssumme gezahlt werden. Alle anderen auf die tehnishe Leitung und das Reglement bezugnehmenden Bestimmungen entsprehen den Vereinbarungen, wie solhe zwishen der serbischen und österreichisch - ungarischen Regierung bestehen. Die U NBrugg der unterzeihneten Konvention wird erst am 15. November d. J. erfolgen, Gem die bulgarische Regierung das Uebereinkommen der demnächst zusammentretenden kleinen

Sobranje vorgelegt hat. Da die Konvention derzeit im Namen der beiderseitigen Regierungen und nicht in dem der Souveräne unterzeihnet wurde, so wird auch derselbe Vorgang bei der Natifikation befolgt werden, was in dieser Angelegenheit vor- läufig das einzige politishe Moment von FJnteresse bietet. DieEisenbahnstrete Vakarel—Jhtiman—Pobitkamik wurde von den Mitgliedern der serbishen Eisenbahnkommission besichtigt ;

dieselben äußerten ihre volle Befriedigung über den muster- haften Bau durch die bulgarische Eisenbahngesellschaft Grosew.

Schweden und Norwegen. Stocckholm, 5. Oktober. Der König und der Kronprinz sind gestern Abend von S nah Sofiero bei Helsingborg abgereist. Außer einer

agd auf der Jnsel Hven im Sunde werden noch auf ver- schiedenen größeren Besißungen Jagden stattfinden, zu denen der König und der Kronprinz sowie auch Prinz Oskar Ein- ladungen angenommen haben. Die Rückehr nah der Haupt- stadt wird um die Mitte des Monats stattfinden.

Dänemark. Kopenhagen, 5. Oktober. Jn der estrigen Sißung des Landsthings wurden von dem Justiz- inifter und dem Minister des Jnnern außer mehreren provisorischen Geseßen noch einige kleinere Geseß- entwürfe vorgelegt, u- A. ape an den Handel und die Aufbe- wahrung von Giftund anderen gejundheitsf{chädlichen Stoffen, die Anwendung von Tag- und Nachtsignalen für dänische Schiffe in Seegefahr, Verhaltungsmaßnahmen beim Ausbruch anstecken- der Krankheiten unter den Hausthieren 2c. Jm Folkething legte gestern der Finanz-Minister das Finanzgeseß für 1887/88 vor. Die Einnahmen sind auf 53 777872 Kr. und die ordentlihen Ausgaben auf 55 878 705 Kr. veranschlagt. Der Minister bemerkte, daß die Einnahmen um ca. 400000 Kr. höher berechnet seien als im diesjährigen eFinanzgeseß, und zwar seien die indirekten Steuern um 00000 Kr. und die Einnahmen aus der Staatslotterie, die um 10 000 Loosen erweitert werden solle, um 100 000 Kronen höher berechnet. Die Ausgaben seien dagegen um ca. 6000000 Kronen geringer angeseßt als im diesjährigen Budget. Der Fehlbetrag von ca. 2078000 Kronen sei jedo nur ein scheinbarer, denn in Wirklichkeit sei eine Verbesserung des Status um ca. 200000 Kr. vorhanden, da unter den Ausgaben sich auch die Rückzahlung der in den Jahren 1784 und 1785 in Amsterdam und im Jahre 1788 in Antwerpen aufgenommenen Anleihen im Betrage von ca. 1 600 000 Kronen befinde. Die für das laufende Jahr erlassenen provisorischen nanageseKe befänden sih in Uebereinstimmung mit den Beschlüssen des Landsthings. Bezüglich des vorgelegten Geseßentwurfs, betreffend die Anlage eines Freilagers in Verbin- dung mit dem Zollamt in Kopenhagen, bemerkte der Finanz- Minister, daß er diesen Geseßentwurf {hon wiederholt, aber erfolglos vorgelegt habe. Er hoffe jedoch, daß derselbe, da er von wesentliher Bedeutung für den Handel Kopenhagens sei, jeßt die Gen nung des Reichstages finden werde. Nachdem das Thing die s{chleunige Berathung einer Vorlage, betreffend den Handelstraktat mit Spanien, beschlossen hatte, wurden noch einige Auss{hußwahlen vorgenommen. Jn einer gestern Abend von den Mitgliedern der Linken des Folkethings abgehaltenen Sihung wurde, wie Politiken“ berichtet, id A708 die Ausgleihsverhand- ungen mit dem Ministerium Estrup fortzuseßen. Gegen diese Taktik der Partei, also auch gegen die event. Bewilligung eines Finanzgeseßes, stimmten S dem früheren Präsidenten Berg nur vier Mitglieder. 5. Oktober. (W.T. B.) Der Erbprinz Wilhelm Alexander von Nassau ist heute Vormittag hier ein- getro en und hat sich alsbald nah Fredensborg begeben.

M tsen, Afghanistan. (A. C.) Aus Bombay, vom 4. Dftober, wird dem „Reuter'schen Bureau“ telegraphirt: Aus Gundamudck, vom 24. v. M., datirte Nachrichten melden, daß in Bajaur ernste Kämpfe stattgesunden haben, und daß

Omra Khan von Zundol über Abu Bakar, den Sohn des Akhund von Smat, den Sieg errang. Der Emir hat die ‘Chefs der benahbarten Stämme ersucht, Omra Khan zu züch- tigen, gegen den sich jeßt auch ganz Bajaur, mit Ausnahme von Dir, in Waffen erhoben hat.

Afrika. Egypten. (A. C.) Dem Londoner „Standard“ wird aus Kairo, vom 3. Oktober, telegraphirt : Mr. Vincent wird in der nächsten Woche in Kairo erwartet. Seine An- wesenheit ist sehr nothwendig, da die Aussichten für das nächste Budget niht ermuthigend sind. Der Ackerbau hat große Verluste durch dieUeberschwemmungen erlitten, und es wird daher die Einkassirung der Landsteuer in diesem Jahre sehr schwer werden. Alle Annahmen der Finanzkonvention werden ih dieses Da als as erweisen. Die Einnahme aus den Zöllen, dem Loskauf vom Militär, der Gebäude- und Gewerbesteuer mag etwas höher werden, aber, während die Konvention in der Daira und den Domänen ein Defizit von 250 000 Pfd. Sterl. veranschlagte, wird dasselbe 400 000 Pfd. Sterl. betragen. Ebenso wird die Armee, welche 3500 Mann zählen sollte, jeßt aber 9000 Mann zählt, 200 000 Pfd. Sterl. mehr kosten. Außerdem muß für den türkishen Tribut und andere Zahlungen, welhe niht mehr verschoben werden können, Fürsorge getroffen werden. Es wird daher s{hwer halten, ohne eine neue Anleihe auszu- fommen. Aus dem Sudan wird gemeldet, daß Wad Nedjoomi von Dns zurückberufen worden ist und auch der Gouverneur von Berber einen Nachfolger erhalten hat. Lupton Bey befindet sich in Omdurman. Es wird jeßt verbürgt, daß der ursprünglihe Mahdi niht an den Blattern gestorben ist, sondern daß er von zwei Frauen seines Harems vergiftet wurde. Eine derselben ist jeßt in Fsneh angekommen.

Zeitungsstimmen.

Die „Berliner Politishen Nachrichten“ äußern:

Der Besuch des Herrn Crispi in Friedrihsruh liefere den augen- fälligen Beweis für die Festigkeit und Innigkeit der Verbindung der drei mitteleuropäishen Mächte. „Was insbesondere die nahen und intimen Beziehungen zwishen Deutschland und Italien anlangt, so beruhen dieselben nicht blos auf dem vollen gegenseitigen Ver- trauen der Kabinette, \ondern auch auf der Sympathie der beiden Nationen, welche, noch vor nit allzulanger Zeit ein geographischer Begriff, dur eigene Kraft in dem leßten Menschenalter die nationale Einheit errungen haben. In dem festen und vertrauensvollen Zu- fammenstehen der mitteleuropäischen Mächte, welhen das Ziel der Erhaltung des Friedens gemeinsam ist, liegt die sicherste Garantie für die friedlihe Weiterentwickelung Europas. Was immer in diesen Tagen in Friedrihsruh verhandelt ist, so dürfen die Staaten und Völker Guropas fest darauf rechnen, daß dur die Verhandlungen des Staatsmannes Crispi mit dem Staatsmanne Biêmarck der Frieden und das Gedeihen der europäishen Völkerfamilie wirksam ge- fördert wird.“

Die „National- Zeitung“ schreibt:

Gegenüber den so intimen und festen Beziehungen, welde Jtalien und Deutschland verbinden, bedarf es nicht besonderer Ereignisse, um eine Zusammenkunft zu erklären, wie diejenige, die jeßt in Friedrichsruh stattfinden wird; es liegt in der Natur der Sache, daß von beiden Staaten die Uebereinstimmung in den leitenden Gesichtspunktea in der *Behandlutty der europäischen Fragen fort- während gesucht und festgehalten wèrden muß. .. . Daß die Be-

mühungen des italienishen Ministers der Sache eines gesicherten

Friedens gewidmet sind, halten wir für zweifellos, wie Hr. Crispi ih siher au von der Fortdauer des festen Entschlusses Deutsch- lands, für die Erhaltung des Friedens seinen ganzen Einfluß ein- zuseßen, überzeugen wird. Unter allen Umständen liegt in der Begegnung der beiden Staatsmänner ein neuer hocherfreulicher Beweis für die feste und lebenskräftige Gestaltung des deutsch-italienishen Bündnisses und des Ernstes und Nachdrucks, mit welchem Hr. Crispi die durch diescs Bündniß gezogene politische Linie verfolgt.

Die „Vossische Zeitung“ bemerkt:

Nur mit aufrihtiger Genugthuung begrüßen wir den Freund der deu!shen Nation auf deutshem Boden. Der Name Francesco Crispi hat hier zu Lande einen guten Klang ; sein Träger ift bekannt nicht nur als ein Mann von feltener Thatkraft und staatsmännischer Einsicht, niht nur als das ausgezeichnete Oberhaupt der entschieden liberalen Partei seines Vaterlandes, sondern auch als ein echter Patriot, der Deutschland in den Tagen der gefahrvollen Entscheidung bedeutsame Dienste geleistet hat.

Einem Leitartikel der „Kölnischen Zeitung“ ent- nehmen wir folgende Stellen :

Die deutsche Regierung hat mit jener edlen Vornehmheit, die nur ein ruhiges Machtgefühl verleiht, dem deutsch - französischen Zwischenfall s{hon vor dem Abschluß der Untersuhung des That- bestandes durch ein hochherziges Vorgehen jede Schärfe benommen. Kleine Staaten sind genöthigt, mit ängstliher Eifersucht auch den Schein zu vermeiden, als ob sie im Verkehr mit mächtigen Nachbarn ibrer Würde oder ihrem Rechte irgend etwas vergäben; der Vertreier einer Großmacht dagegen vermag ohne nervöse Aengstlichkeit zu handeln. Trifft cs sich doch just, daß die Anwesenheit Criépi's in Friedrisruh einen großartigen Ausblick auf jenes waffengewaltige Europa eröffnet, welches gewillt ist, die bestehende Vertheilung von Macht und Einfluß aufrecht zu erhalten. Deutschland und Italien sind natürliche Verbündete, weil beide das natürlite Bestreben haben müssen, ihre junge Einheit fest- wurzeln zu lassen; keines diefer beiden Völker kann wünschen, das Große, was fie ‘erreicht haben, in einem gewagten Glücks\piel um Kleineres cinzuseßen. Der persönliche und herzliche Verkehr des hoch- begobten italicni]chen Staatömannes mit dem verantwortlichen Lenker der deutschen Geschicke ist gewiß dazu angethan, tie starken Interessen- bande, welche die beiden Völker umschlingen, noch fester zu knüpfen... Deutschland konnte die Opfer des Grenzzwischenfalles um so leichter entschädigen, weil cs an der Spiße eines mächtigen Friedens- bundes steht und sih fiher fühlt; die deutshe Regierung aber brauht im Chauvinismus keine Lebenskraft zu suchen, weil sie stark genug ist, um vorübergehende Wallungen der Volklsstimmung nicht sürchten zu müssen. In Frankrei, wo fast jede Regierung wie tin s{chwaches Rohr von jeglihem Windhauh der öffentlichen Meinung hin und her gewiegt wird, dürfte man cs {wer finden, in ähnlichen Fällen ebenso ruhig und objektiv zu verfahren. Die leßten Zwischenfälle haben ergeben, daß die maßgebenden republi- kanischen Politiker zur Zeit keinen Krieg wollen und ernstlih be- müht sind, beruhigend zu wirken; aber diese maßgebenden Franzosen haben das Heft nicht so fest und siher in Händen, daß sie die Radikalen und Monarchisten, die sich zu rastlosen Faelläufern der Kricgsfurie ausgebildet haben, mit einer geringshäßigen Handbewegung bei Seite schieben könnten, Da nun die deutschen und die französislen Zeugenaussagen über den be- dauerlichen Vorfall an der Grenze in einem aliGeitäs unlösbaren Widerspruch zueinander stehen, so würde die französishe Regierung in eine üble Lage gerathen sein, wenn nicht Deutschland dur freund- lihes Entgegenkommen eine Wendung zum Bessern herbeigeführt hätte. In diesem Sinne faßt auch die englische Presse das deutsche Vorgehen auf, Der „Standard“ meint, Fürst Bismarck habe ih gerade deshalb beeilt, Zugeständnisse, welhe mit der Würde Deutsch- lands vereinbar seien, zu machen, weil die Untersuchung über den Thatbestand in eine Sackgasse zu gerathen drohe; Deutschland könne

zutreten pflegt, wirken wird.

dabei das thôrichte Triumphgeschrei eines Theiles der französishey Presse, welhe Barmherzigkeit und Versöhnlihkeit als eine Demüthj,

gung darzustellen sucbe, sehr wohl verachten; der deutsche Reisfanjler habe \ich moralisch ins Recht geseßt, um in der Lage zu sein, in

rage des technischen Rehts seinen Standpunkt um fo fester zu be: aupten.

Der „Po fl“ entnehmen wir Folgendes:

Seit den Anfängen des Zollvereins hat zwar niemals eine abs solut freihändlerishe oder absolut protektionistishe Politik bestanden aber es haben si do ziemli regelmäßig mehr \{chußzöllnerische unß mehr freihändlerishe Perioden abgewechselt. Die Herrschaft der einen wie der anderen Richtung dauerte ungefähr je ein halbes Menshen, alter, N dann auf ähnlich lange Zeit der gegnerishen Richtung Plag zu machen.

Die letzte mehr freihändlerishe Periode umfaßt den Zeitraun von dem Abschluß des preußisch-französishen Handelsvertrages bis zur Zollreform von 1879, mithin einen ein halbes Menschenalter uy etwas übersteigenden Zeitraum. Sie erreihte ihren Höhepunkt iy Jahre 1873, als die Abschaffung der Eisenzölle dur eine Verbindung der einseitigen Vertreter der Interessen der Konsumenten mit dey Vertretern landwirthschaftliher Interessen durhgeseßt wurde. Kaun war es damals mögli, eine kurze Uebergangszeit zu erreichen, oh, wohl der der Gründerzeit folgende Krah in Amerika bereits ausge: brochen war und auch in Curopa die siheren Vorboten des \ch{chweren Sturmes wahrnehmbar waren. Wer damals die Wiedereinführung der Eisenzölle vorhersagte, wurde einfach verlacht. Man glaubte mit unbedingter Sicherheit cine andauernde Wendung zu einer entschieden freihändlerishen Richtung herbeigeführt zu haben.

Der Verlauf der Dinge war bekanntlich ein wesentlich anderer Kaum 5 Jahre nah jenem Freihandels8geseß war in dem Reichstage eine entschieden {ußzöllnerische Mehrheit vorhanden und der Boden für den bekannten Dezemberbrief des Kanzlers geebnet.

Seit dem Uebergange zu einer mehr \{ußzöllneris{chen Politif mittels der Tarifnovelle von 1879 sind über aht Jahre verflossen, Die Zeit ist daher nicht fern, innerhalb deren in den früheren Perio- den der Höhepunkt der Bewegung erreiht wurde und von der ab die Reaktion sich zu entwickeln begann. Um fo nothwendiger ift es für Diejenigen, welhe die Politik des Schutzes der nationalen Arbeit für Deutschland noch für längere Zeit für zweck mäßig, ja unerläßlih erahten, Vorsiht und Ueberlegung walten zu lassen, um den Eintritt einer Reaktion gegen diesclbe zu verhüten. Dabei werden die Lehren der Verganccitt nicht unbeachtet bleiben dürfen. Es wird insbesondere aus den Er- fahrungen der fie freihändlerishen Periode zweierlei zu beachten sein: die shußzölnerische Reaktion gegen die Freihandelspolitik seßte bei der Thatsache ein, daß die Eisenzölle in dem Moment aufgebole, wurden, wo cine industrielle Krisis der s{chwersten Art begaen, ihr Sieg war entschieden, sobald es gelungen war, die Landwirthe von der Freihandelspartei abzutrennen. /

Wendet man die hieraus fich ergebenden Schlüsse auf die gegen- wärtige {ußzöllnerishe Periode an, fo ergiebt sih, daß forgsam Zoll maßregeln zu vermeiden sind, welche bei dem nit unwahrs{ein- lichen Eintritt gewisser Verhältnisse als ein Exceß der Schußzoll- politik empfunden werden müßten, und daß mit niht minderer Sorg: samkeit jeder Lockerung der Verbindung der Industriellen mit den Landwirthen behufs Durchführung der Schutzzollpolitik vorgebeugt werden muß. Beide Vorausseßungen werden zutreffen müssen, wenn die bestehende gemäßigte ScubzoUpolitië auf längere Zeit bestehen soll. Unter ihnen aber is die Aufrechterhaltung der Ver- bindung der Industriellen und der Landwirthe von vielleicht nog größerer Bedeutung, als die andere. Wenn daher eine weitere Verschärfung des Zollshutzes verlangt wird, so würden bei der Beschlußfassung die augenblicklich vorhandenen Verhältnisse nicht allein entscheidend fein dürfen. Es wird auch erwogen werden müssen, wie der Zoll für den Fall einer wesentlichen Veränderung derselben, wie sie zeitweise ein- Man wird daher z. B. bei der Frage der Erhöhung des Getreidezolls nicht allein die gegenwärtige Lage der Dinge nach drei hintereinanderfolgenden verhältnißmäßig guten Ernten, sondern auch die Wirkung des Zolls im Fall einer Mißernte in Be- tracht zu ziehen haben, Nicht minder wird die Zollpolitik sich nit einscitig von den Interessen, sei es der Induttrie, sei cs der Landwirthschaft leiten lassen dürfen, vielmehr wird gebührende Rücfsiht auf die konkurrirenden Interessen des anderen Haupterwerbszweiges zu nehmen sein. Will man daher nicht Gefahr laufen, dieselben Erfahrungen zu machen, wie die Freihändler im vorigen Jahrzehnt, fo wird die wihtige Zollfrage nicht mit kurzsichtiger Leidenschaft und Hast behandelt werden dürfen. Rube, Umsicht und nüchterne, kühle, allfeitige Erwägung aller ein- \chlagenden sachlichen und taktischen Momente sind vielmehr die völlig unerläßliche Vorbedingung für eine der Nationalwirthschaft wirklich dienlihe Lösung der \{webenden Zollfragen.

Ueber die von deutschfreisinniger Seite gegen die Ver- längerung der Legislaturperiode vorgebrahten Argumente äußert sich die „Elberfelder Zeitung“ folgendermaßen:

Ein dem Berliner Freisinn ziemlich nahestehendes auswärtiges Blatt spottete neulich über die den spezifish nationalen Parteien an gebhängte Bezeichnung des „Mischmascbes“. Nach seiner Ansicht traf auf die nationalliberale, die freikonservative und die konservative Partei zusammen diese Benennung jedenfalls viel weniger zu als aus die deutshe Opposition, Freisinn und Sozialdemokratie im Bunde mit einer Partei, deren Wähler an Festtagen die päpstliche Flagge aufziehen; das sei ein weit \tärkerer „Mischmasch“, meinte das aué- wärtige Blatt. Hoffentlih wird es über seine Ketßerei seitdem maß gebenden Orts belehrt worden sein. E

.__. An sich betrachtet hat die Frage nach der Dauec der Legis- laturperioden mit dem Liberalismus oder feinem Gegentheil nicht das Geringste zu thun. Das Natürlichste erscheint eigentlich die gleihe Dauer von Etats« und Wahlperioden; die (nächst Sachsen Weimar) älteste Verfassung eines deutscen Einzelstaats, die bayc- rische des 26. Mai 1818 enthielt je sechsjährige Wahl- und Budgel perioden; bis 1. Mai 1865 hat formell jene Bestimmung gedauert; thatfählich freilich war fie doch längst durchbrochen und tag! jener Landtag häufiger als alle scchs Jahre. Vie konftitutio- nelle Entwickelung führt eben von sel zu kürzeren Budget perioden. . , , Bon dem radikalcn Standpunkt aus gesehen hat deshalb auch der sozialdemokratische Antrag auf einjährige Wahlperioden eine gewisse formelle Logik für sich; jeèer Wähler hilft dann nach seinem Theile die von ihm für jedes Jahr der Oeffentlichkeit zu leistenden Bei- träge bestimmen. Nur daß die Wahlpraxis selbst für die sozialdemo kratishe Partei sich bald als völlig unleidlih herausstellen würde. Aber inwieweit na einmal außer von jener Partei von sämmtlichen Faktoren für unmöglih gehaltener einjähriger Wahlperiode di? dreijährige freifinniger scin follte als die fünfjährige, ist absolut nicht abzusehen; man müßte denn mit Wallenstein's Seni den Ziffern eint mystishe Bedeutung beimessen wollen. Obendrein bei den für fün! Achtel der gesammten deutschen Bevölkerung gleichzeitig maßgebenden preußishen Abgeordnetenwahlen mit der gleihfalls bisher dreijährigen Mandatsdauer. Bis 1878 folgten diese Wahlen cinander wenigstens auf dem Fuße und ging cs also in Einem hin, wenn auch bei den! Borantritte der preußischen Wahlen in ungeeigneter Reihenfolge; dem ersten Jahrzehnt des Norddeutschen und des Deutschen Reichstag? hat regelmäßig die Verstimmung der preußischen Landtagswahlen den deutschen Reichstagswahlen nah ihrem Theile Stimmung und Terrain verderben helfen. Seit der Reichstagsauflösung von 1878 ist [ur nahezu zwei Drittel der deutshen Reichsangehörigen jede ahtzehn Monal? politishe Hauptwahl. Wer das bei ruhiger Ueberlegung nicht für zuviel ansieht, der muß von der Gemüthsruhe der deutschen Nation eine übertrieben hohe Vorstellung besigen. Von dem publizistischen Standpunkt aus könnte man sich mit jener Häufigkeit des Wahl kampfes ja nur einverstanden erklären; das Zeitungsinteresse gewinn bei häufigeren Kraftproben der Parteien. Aber für die Bevölkerung als jolhe, gleichviel mit welcher Parteifarbe, haben sih bisher die Wahlen viel zu sehr gehäuft. Die Wahlen sind für die Nation d

¡ht wie es gelegentlich manchmal den Anschein haben könnte, die -: =rê für die Wahlen und die Wahlpolitiker. Das Mittel Zweck werden zu sehen i in der Geschichte eine ziemlich häufige Beobachtung; in diesem Fall aber muß man \ih jener Entwickelung ganz entshieden widerseßen. Die Nation hat noch mebr zu thun als wie jet ungefähr ein Sechstel ihrer get in dem Fieber der zu schlagenden oder soeben ges{chlagenen Wahlen zu liegen.

Im Uebrigen ist auch das Interesse der Oppositionsparteien an den bitherigen kurzen Wahlperioden eigentlih niht abzusehen. Nach ihrer Behauptung war ja der diesjährige 21. Februar das Ergebniß des „blinden Franzosenshreckens“, um stärkere Ausdrücke unzitirt zu lassen; normalitec ist nach ihrer Behauptung die Mehrheit der deutschen Nation für die in den Reichstagen 1881-1887 bestandenen

arteiverhältnisse eingenommen. Desto besser also für sie. Künftig besißt dann eben gegen einige dem Freisinn gespendete Wahlunter- stüßung das Centrum seine doppelte Mehrkbeit statt wie bisher drei so nunmehr fünf Jahre und kann künftig auf fünf Jahre der Frei- sinn die gewiß selbstlose Rolle spielen, den Reichskanzler mit dem

Centrum rechnen müssen zu sehen, statt wie jeßt mit der national- liberalen Partei. Denn der Wahlsieg des 21. Februar war ja do nur „ein Angstprodukt“ ? Die jeweilige Stabilisirung dieses Zustandes liegt also doch auch in dem Interesse des Freisinns, und wie jedes freisinnige Interesse also auch in demjenigen der „Volksfreibeit“ ? Oder vielleicht doch nicht fo ganz?

Statistische Nachrichten.

Ueber die Verunglückungen (Totalverlufste) deutscher Seeschiffe in den Jahren 1886 und 1885 sind im Augustheft zum Jahrgang 1887 der Statistik des Deutschen Reichs Zusammen- stellungen veröffentlicht, welche den in den Bänden 27 und 21 „Neuer Folge“ der Statistik des Deutschen Reichs “enthaltenen Verzeichnissen der im Jahre 1886 bezw. 1885 als verunglückt angezeigten, registrirten deutshen Seeschiffe entnommen sind. _ In dem Verzeichniß für 1886 (Band 27 Neue Folge) sind 122 Schiffe mit 39 929 Reg.-Tons Netto-Raumgehalt aufgeführt, welche innerhalb des genannten Jahres verunglückten; hiervon sind 7 verschollen, 57 ge- ftrandet, 24 gesunken, 2 verbrannt, 22 in Folge \{chwerer Beschädigungen und 10 durch Kollisionen verloren gegangen. Auf einem Schiffe, welches verunglückte, während es im Trocken- dock stand, befand sih z. Zt. des Unfalls keine Besaßung an Nord. Auf den übrigen 121 Schiffen befanden \sich zusammen 1059 Mann Besaßung und 19 Passagiere, von denen 99 Marn oder 9,3 9/0 der Besaßung und 3 oder 15,8 %/9 der Passagiere bei den Ver- unglückungen ihr Leben verloren. Alle diefe Zahlenangaben sind übrigens noch unvollständig, weil noch nit über alle im Jahre 1886 verunglückten deutshen Seeschiffe Nachrichten vorliegen. Dagegen dürfen die betreffenden Erhebungen für das Jahr 1885 nunmehr als vollständig betrahtet werden. Nach denselben gingen in diesem Jahre 148 deutsche Seeschiffe mit 37502 Neg.-T. Raumgehalt verloren, und zwar sind 79 gestrandet, 2 gekentert, 25 gesunken, 2 verbrannt, 13 ver- \collen, 17 in Folge \{chwerer Beschädigungen und 10 durch Kollisionen verunglückt. Dabei büßten 149 Perfonen (147 Mann Besatzung und 9 Passagiere) ihr Leben ein. Im Vergleih zum Bestande der registrirten deutschen Seeschiffe am 1, Januar 1885 beträgt der Schiffsverlust im Laufe desselben Jahres 3,5 9/0 gegen 2,7 9% im Jahre 1884 und 3,9% 1883, Der Zahl der Schiffe nach ftelll sich demzufolge das Verlustverhältniß für das Jahr 1885 zwar etwas ungünstiger als im Vorjahre, erreiht aber noh nicht dasjenige das Jahres 1883 und bleibt wenn man noch weiter zurükgreift hinter den Ergebnissen der Jahre 1882 und 1881 (5,4 %/0 bezw, 5,3 9/6) um 1,9 %/6 bezw. 1,89% zurück. In Bezug auf die umgekommene Schiffsbesaßung ist dies Verhältniß auh im Vergleih zum Vorjahr, welches bereits eine verhältnißmäßig geringe Verlustziffer aufweist, noch ein etwas besseres geworden, da bei den Verunglückungen des Jahres 1885 nur von je 272 Seeleuten, welche auf deutschen Kauffahrteischiffen dienten, 1 Mann ums Leben kam, wogegen 1884 {on von 183 und 1883 von je 81 1 Mann sein Leben verlor.

Die Entwickelung der Kohlenproduktion von 1870 bis 1886, Jn den Conrad'shen „Jahrbüchern für National- öfonomie und Statistik“ (YRIV. Bd,, 4. u. 5. Heft) berichtet Professor von Philippovih über den Schlußbericht, welchen die Königliche Kommission zur Untersuchung der Ursachen des Niedergangs ron Handel und Industrie in Großbritannien im Januar d. J. nach anderthalb- jähriger Thätigkeit entfaltet hat. Sie hält dafür, daß die englische Industrie in dem Maße weniger elastisch ausdehnungs- fähig wird, als sie äußeren Hemmnissen stärkeren Grades begegnet. Ein folhes Hemmniß ist vor allem der energishe und organifirte Mit- bewerb anderer Nationen in den wirthschaftlichen Beziehungen. Es äußert \sich in dem verhältnißmäßig rasheren Wachsthum der Pro- duktionsmengen in fremden Staaten. Dies zeigt in Bezug auf Kohlen die Gegenüberstellung der im Jahre 1870 und der 1885 gewonnenen Mengen, wie sie folgende Uebersicht giebt:

Produktionsgebiet: S N Ae Großbritannien . E 4109/0 Î 46 Berent Sltäten. 35,4 ); 173 Daa 26,3 128 S 13,2 57 Belgien Os 13,6 1 M O, 42 O 69

Nur Belgien steht daher in dem Maße des Fortschritts hinter England zurü; alle anderen Staaten zeigen ein verhältnißmäßig stärkeres Wachsthum ihrer Produktionsmengen. Absolut allerdings hält England noch immer den beiden ihm am nächsten kommenden Staaten, Deutschland und den Vereinigten Staaten, zusammengenommen das Gleichgewicht ; allein die Stärke des Emvorwahsens diefer zeigt an, daß ihre Produktionsfähigkeit eine große ist.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Von dem „Anzeiger des Germanischen National- Museums“ (in Nürnberg) ist soeben die Nummer für September und Oktober 1837 (IL. Bandes Nr. 5) zur Versendung gelangt. Die Chronik des Museums hat zunächst über „Stiftungen“ Folgendes zu berichten. Die Bemühungen der Direktion, durch Gipsabgüsse ein möglichst deutlihes Bild der Entwickelung der mittelalterlichen Plastik Deutschlands zur Anschauung zu bringen, haben besonders in den jüngsten Jahren große, allseitige Theilnahme gefunden, und es find dem Museum von Regierungen, Städten, Stiftungen, Vereinen, Familien und Einzelnen Abgüsse in großer Zahl zugekommen, deren Vriginale in irgend welchen Beziehungen zu den Stiftern gestanden haben. “Dahin gehören die Stiftung von Abgüssen Augsburgischer Kunstdenkmale von Seiten der Stadt Augsburg, die Abgüsse von

rabsteinen, welch2 durch Nachkommen der Verstorbenen gestiftet worden sind, die Abformungen des uralten Reliefs von den Extern- steinen bei Detmold und des Roland in Bremen, zu deren Stiftung sih freie Vereinigungen von Kunst- und Alterthumsfreunden in Det- mold und Bremen gebildet hatten, und vieles Andere. Die Direktion des Museums hatte sich nun au an die Großherzoglich badische Negterung mit der Bitte gewandt, für eine Reihe von Jahren all- Jhrlih eine kleine Summe bestimmen zu wollen, mittels welcher nah und nach die \{chönsten und wichtigsten mittelalterlihen Skulp- turen, die ih im Großherzogthum Baden erbalten haben, zunächst die des Freiburger Münsters, für die Anstalt abgeformt werden Tönnten. In Beantwortung dieses Gesuhs ist der Direktion von der Großherzog- lihen Generalstaatskasse für das Jahr 1887 der Betrag von 300 H. zuge- P E Auch die Bibliothek des Museums hat von Seiten der Groß- erzoglih badischen Regierung, speziell dem badishen Ministerium der Justiz, des Kultus und des Unterrichts, ein hervorragendes Geschenk erhalten, bestehend in den Miniaturen der Manesse’schen Liederhand- rift. Die Sammlung der Gipsabgüsse ist übrigens, wie weiterhin gemeldet wird, neuerdings um ein werthvolles, längst erschntes Stück

bereichert worden. Die «Verwaltung des Königlihen Provinzial- Museums zu Breslau hat nämlich in der Voraussetzung eines ähn- lihen Gegengeschenks einen e von dem merkwürdigen Grabmal des Herzogs Heinrich IV. von lcfien in der heiligen Kreuzkirche zu Breslau geschenkt. Die in der vorigen Nummer des „Anzeigers“ gemeldete Stiftung des Hrn. von Lanna in Prag für die Porzellan- sammlung betrug nicht 300 #Æ, wie irrthümlih dort ge- sagt, sondern 500 M ; eine gas von 300 ( hat der genannte Gönner des Museums indessen jeßt der früheren folgen lassen. An der Spitze der Geschenke für das Kupferstichkabinet ist eine eigenhändige Radirung von der Prinzessin Maria, Gräfin von Flan- dern, der Geschenkgeberin aufgeführt, darstellend das Schloß zu Sig- maringen. Angekauft wurden# für die kunst- und kulturgeschicht- lihen Sammlungen: eine Partie Ledershuhe und Sohlen, eine Spindel und ein Gagatring römischen Ursprungs aus Mainz, einige frühmittelalterliche Seidengewebe, eine holzgeshnißte Madonna mit Kind (aus dem 16. Jahrhundert), eine bemalte zinnerne Figur eines Landsknehts auf s\echsseitigem Untersay (wohl Träger eines Leuchters, 16. Jahrhundert), ein Kästhen mit bemalten Holz- \chnitten nah Jost Amman, sechs Porzellanfiguren (Fa- brikat von Höchst, 18, Jahrhundert) und eine Streichzither. Ferner kann die Chronik eine ganze Reihe neu angemeldeter Jahresbeiträge verzeilnen und von mancherlei anderem Zuwachs der kunst- und kulturgeschihtlihen Sammlungen, des Kupferitihkabinets, der Bibliothek und des Archivs berihten, welher durch Ankauf, Ge- schenk und Depositum erfolgt ist. In dem 9. Bogen II. Bandes der „Mittheilungen aus dem Germanischen National-Museum“, welcher der Nummer des „Anzeigers“ beiliegt, beschreibt Direktor A. Essenwein zwei {ône MRococo - Defen, welhe sich im Be- fiß des Museums befinden und von denen Abbildungen beigegeben sind. Dr. . J. Rée bespriht einen Buhh- cinband vom Jahre 1686, welher einst das „Saalbuch der Stifftung der Frembden Sonderjiehen“ umschloß (in der Samm- lung des Muscums) und der wegen der carakteristischen Abbildung eines solchen, mit der vor Annäherung warnenden Klapper ausge- statteten Kranken, auf dem vorderen Deckel, kulturgeschichtlih inter- essant ist. Hans Bösch giebt eine Liste der in dem „Todtengeläunt- bu“ (in der Bibliothek des Museums) aufgeführten Nürnberger Maler des 16. Iahrhunderts. Ferner sind dem „Anzeiger“ die Bogen 8 bis 11 des Katalogs der im Germanischen National- Museum befindlien vorgeschich{chtlichen Denkmäler beigelegt. Die nächste Nummer des „Anzeigers“ wird Anfangs Dezember ausgegeben werden und den Schluß des Katalogs der vorgeschichtlichen Denkmäler enthalten. /

Ver kürzlich erschienene 92. Jahrgang der gut renommirten Jahrbücher des Vereins für meckWlenburgishe Geschichte und Alterthumskunde, herausgegeben vom Archivar Dr. Schildt zu Schwerin, zeihnet sich durch Reichhaltigkeit und Gediegenheit aus. Er bietet folgende Beiträge: 1) Untersuchungen zur jüngeren Bronze- zeit in Mecklenburg, von Dr. R. Belt, Gymnasiallehrer zu Schwerin. Mit 2 Tafeln. 2) Castrum Wustrow, von Archivar Dr. Schildt zu Schwerin. Nebst 1 Tafel. 3) Die Wappen der bis 1360 in den heutigen Grenzen Mecklenburgs vorkommenden Ge- \{chlechter der Mannschaft, von Dr. med. Crull zu Wismar. 4) Rostocks Stellung in der Hansa, von Stadtarcivar Dr. C. Koppmann zu Rostock d) Geschihte der Stadt Laage. Erster Theil, Von Pastor C. Beyer zu Laage. Nebst 3 Tafeln. 6) Mecklenburgishe Truppen im dänishen Dienste, von Oberst- Lieutenannt Frhrn. von Sell zu Berlin. 7) Kleinere Mit- theilungen; 1) Die Alt-Kalensche Pfarrhufe zu Damm. 2) Der Grabstein des Abtes Joh. Billerbeck, gest. 1349, in der vormaligen Klosterkirhe zu Dargun. Von Landdtrost C. von Pressentin zu Dargun. 3) Nachgrabungen auf der Fischerinsel im Tollense-See und auf dem Wustrauer Felde, von Archivar Dr. childt zu Schwerin. Die Arbeit des Dr. Crull, eines dec ältesten und verdientesten Geschichts- und Wlterthumsfors her WMecklenburgs ist eine größere Studie. Von 693 Wappen und Schildfiguren bringt der Versasser tbeils die Abbildungen, theils die Erklärungen. Die „Geschichte der Stadt Laage“ von Pastor Beyer, der sich durch eine historische Erzählung „Pribislav“, die demnächst zu Leipzig in Bucform erscheinen wird, s{chon im vorleßten Jabre vortheilhaft be- kannt gemacht hat, ist gleihfalls eine umfänglihe und verdienstvolle Leistung. Die Abhandlung des Oberst-Lieutenants Freiherrn von Sell liefert aus den Akten des Großherzoglihen E cheimen und Haupt-Archivs zu Schwerin und anderen Quellen lefens- werthe Daten und Nachweise. Gleichzeitig mit dem 52. Bande der Jahrbücher ershien ein von dem verstor- benen Sekretär im Statistishen Bureau Ludwig From1n zu Schwerin fehr sorgfältig angefertigtes Register über die Jahrgänge 31—50 der Jahrbücher und Iahresberihte des Vereins. (279 S. 8.) Der neue Vorstand des Großherzoglihen Archivs, der bisherige Stadt-Archivar Dr. Grotefend aus Frankfurt a. M., hat fein neues Amt angetreten. Demselben wird von der Stätte seiner bisherigen zwölfjährigen Wirksamkeit ein warmer Nachruf ge- widmet. Sein Verdienst fei neben seinen wissenschaftlichen Arbeiten niht nur die Neugestaltung des Frankfurter Archivs, dessen reihe und für die deutsche Kaisergeshichte besonders bedeutsame Schätze durch ihn der wissenshaftlihen Forshung zugäng- lich gemacht wurden, sondern er habe auch außerhalb seiner Berufs- sphäre erfolgreih gewirkt.

Soeben erschien: „ECbhardt's Moden-Album“, Heft 18 (1887, Heft 2), Herbst- und Wintermoden 1887/88 (Druck und Verlag von Franz Ebhardt u. Co., Berlin W.,, 8/9 Ringstraße und Soachimsthalerstraße 18/19, 2,20 4). Inhalt: Mehr als 200 Holzschnitt-Illustrationen, darstellend: Vollständige Anzüge für Damen. Vollständige Anzüge für Mädchen. Vollständige Anzüge für Knaben. Einzeltheile von Toiletten. Verschiedene Handarbeiten. Parvier- und Cartonnageartikel. Beilagen: 1) Eine farbige Handarbeitstafel. 2) Ein farbiges Maskenbild. 3) Ein großes Pano- rama mit Winter-Confections. Der reiche Inhalt dieses Hefts bietet den Damen Vorbilder für die einfachste Haustoilette wie für den eleganten Visitenanzug, Modelle für Confections und Kinder- anzüge, werthvolle Winke über Anfertigung der cinzelnen Kleidungs- stücke und nüßliche Angaben über Wahl und Verbrauch des Stoffes. „Praktische Verwendbarkeit“ ift als Stempel Allem aufgedrückt, was in Wort und Bild in diesem Album geboten wird; mit Vermeidung alles unnützen Redeshwulstes ist Verständlichkeit und Klarheit zur Richtshnur genommen. Das Bereih der Handarbeiten ist berü.- sichtigt durch eine höchst praktische Liste, angebend, welche Farben zu den einzelnen Mustern der Ebhardt'shen Aufrlättmuster genommen werden müssen, ferner durch eine detaillirte Anleitung zur Herstellung der reizenden Filigranarbeit, und \{ließlich durch eine Reihe hübscher Phantasicarbeiten. i

Die in Leipzig am 8. d. M. erscheinende Nr. 2310 der „Illustrirten Zeitung“ enthält folgende Abbildungen: Zum 60. Geburtstag Arnold Bölin’s. 6 Abbildungen: Porträt Arnold Bötdlin's. Villa am Meer. Na einem Gemälde von Arnold Böcklin in der Galerie Shack zu München, Die Najaden. Nach dem Gemälde von Arnold Bödlin im Museum zu Basel. Die Todteninsel. Nach dem Gemälde von Araold Böcklin im Museum zu Leipzig. Von Piraten überfallene Burg am Meer. Nach demn Gemälde von Arnold Böcklin, Jm Spiel der Wellen. Nach dem Gemälde von Arnold Bödtlin. (Doppelseitige Beilage.) Der Singer und die Merker. LTitelbild aus „Ein teutshes Meisterlieder- bu“ aus dem Jahre 1600. Alois v. Brinz, f am 13. Sep- tember. Bernh. v. Langenbeck, f am 30. September. Die neue Synagoge in München. Der Hallenbau der neuen Synagoge in München. Drei Tage auf dem Montblanc zum Zwecke meteorologischer Beobachtungen. 4 Abbildungen: Aufstieg mit 24 Führern. Zeltlager auf dem Gipfel. Das Innere des Zeltes. Ausrüstung eines Beobachters mit?Gesichtsmaske und Schneebrille. Der französishe Revanche-Agitator Paul Déroulède. Poly- technische Mittheilungen: Pianino mit Paul von Jankó's Neu- Klaviatur. Anordnung der Tasten der Jankóö’shen Neu-Klaviatur. Moden: Herbsthüte. 4 Figuren.

Land- und Forstwirthschaft.

Die Zeitschrift „Das Pferd “, redigirt von Frhrn. von Boelzig, Verlag von Friese u. von Puttkamer in Dresden, bringt in ihrer men Nummer des Jahrgangs 1887 folgende Beiträge: Die Entstehung des englishen Vollblutpferdes. Von R. Köcher, Ober-Stabsarzt a. D. und Kreis-Thierarzt. Einige Bemerkungen über die Artikel „Das ate als Kunst“ in Nr. 2 und die Zäumung des Wagenpferdes in

r. 9. Von Fr. Ehrhardt. Ueber Siz und Cuvrung, Non fried Triebel. Zu frühe Benuhung der Pferde. Von Dr Giers- erg-Eimsbüttel. Wie lang soll der Pferdehäcksel sein? Von Heinrich Theen-Söby. Verschiedene Krankheitsursachen der Haus- thiere. Von Ableitner, M. V. A. a. D. Ein „untrüglihes“ Mittel. Von Heydebrand-Lasa, Major z. D. Umschau. Patent- liste. Literatur. Sprechsaal. Inserate.

Veterinärwesen.

Vereinigte Staaten von Amerika. Das Texasfieber ist nunmehr au unter dem Rindvieh zu Akkony, Grafschaft Miami, und zu Springfield, Grafschaft Clarke (Ohio), ausgebrochen.

Gewerbe und Handel.

Vom Berliner Pfandbrief -Institut sind bis Ende September 1887 8875500 M 3#59%/oige, 20377500 M 4 °/oige, 44678100 M 43%ige und 9476400 M d5/%oige, zusammen 83 407 500 A. Pfandbriefe ausgegeben, wovon noch 8735100 4 34%ige, 17364300 M 49/oige, 27 113 700 M 439/oige und 4 412 400 M 5 °%oige, zusammen 57 625 500 M Pfandbriefe Seitens der Grundstüksbesißer verzinslih sind. Es sind zugesichert, aber noch nicht abgehoben 635 100 Æ, im Laufe des Monats September 1887 Cs 2 Grundstüfe mit einem Feuer-Versicherung8werth von 176 M

Auf die Interimsscheine der in Liquidation befindlichen Fonds. Maklerbank gelangt jeßt die Restquote mit 21 M 75 S zur Rückzahlung. Da 225 A oder 90 %/9 auf die mit 250 M einge- zahlten Aktien bereits am 1. Mai v. F. bezahlt worden sind, erhalten die Aktionäre aus der Liquidation nahezu den Gesammtbetrag der Einzahlung zurü.

Nach dem Geschäftsbericht der Berliner Maschinen- bau - Aktien - Gesellschaft, vormals L, Schwartbkopff, für das Jahr 1886/87 ift die Verwaltung in der Lage, eine Divi- dende in Vorschlag zu bringen, welche die lettjährige noch um ein Geringes übersteigt, nämlih 35% gegen 334% des Vorjahres. Zu Abschreibungen wurden diefes Mal nur 540 000 #6 gegen 920 000 4 im Vorjahre verwendet. In Folge der zu voller Zufriedenheit aus- gefallenen Torpedo-Ueferungen für die italienische Regierung ist es der Direktion im Dezember vorigen Jahres gelungen, einen ferneren bedeutenden Kontrakt für Italien abzuschließen unter der Bedingung, daß der größere Theil des Auftrages in Italien selbst ausgeführt werde. Zu diesem Behufe wurde der Bau von Werkstätten auf eigene Rechnung in Venedig begonnen. Die Gebäude, welche erforderlich sixd, werden im Laufe dieses Winters, die Installationen der Werkstätten im nächsten Sommer beendet sein. Alle bis dahin an das italienische Gouvernement zu liefernden Objekte werden inzwischen noch von den Berliner Etablissements hergestellt. Im Ganzen sind bis zum 30. Juni d. I. erst 88681 für Ankauf der Grundstücke und die ersten Baukosten für Venedig verausgabt. Wie im vorigen Jahre sind auch in dem leßtabgelaufenen die gesammten Modelle wiederum mit nur 1000 4, alle Zeichnungen nebst Bibliothek mit 5000 , sämmtliche Bureau-Inventarien fowie das Patent-Conto auch nur mit je 1009 4. in Inventur gestellt. Am 1. Januar d. J. ist der Rest der Berliner Hypothek mit 1159 560 4 zurückgezahlt. Die auf dem Kieler Etablissement noch ruhenden 40000 Æ sind erst per 1. SFanuar 1889 rüd;zahlbar und werden dann abgestoßen werden, womit der gesammte Grundbesiß hypothekenfrei wird. Der Umsaß des abgelaufenen Geschäftsjahres beziffert sih auf 8820 158 M4 (1885/86 8457134 M). An definitiven neuen Aufträgen liegen in runder Summe für 8200 000 (1885/86 7 000090 6) vor, wovon auf Italien allein 4 400 000 entfallen, welde fontraktlich bis 1893 zu erledigen find, während ernste Unterhandlungen wegen anderweiter größerer Geschäfte \chweben. In Folge des geringen Umschlages im Lokomotivbau \{chwankt die Kopfzahl des Personals zwischen 1700 bis 1900 gegen 1800 bis 2000 im Vorjahr. Für die Garantie- und Schädenreserve wurden 130 000 M. (1885/86 80 090 4) eingestellt. In der Bilanz figuriren die Debitoren incl. 2998804 46 Banquierguthaben mit 4031110 6, die Kreditoren mit 1086 485 #6 Der Effektenbesitz der Gesellschaft bezifferte sih auf 621 149 Æ und der Kassenbestand auf 342754 A Die Betriebsmaterialien, Vorräthe und in Arbeit befindlichen Maschinen sind mit 1405 740 4 bewerthet.

Dem Geschäftsbericht der Vereinigten Chemischen Fabriken zu Leopoldshall, Aktiengesellschaft, für das Jahr vom 1. Juli 1886 bis 30. Juni 1887 sind folgende Mittheilungen ent- nommen: Der erzielte Gewinn war zwar nicht dem früherer guter Jahr gleih, doch zeigt er einen erfreulihen Fortschriti, 1 011 791 M gegen 867 859 A des Vorjahres. Im Laufe des 2. Semesters trat eine allmählihe Besserung der Nachfrage nach Chlorkalium cin, welhe eine Steigerung der täglihen Normal - Carnallit - För- derung von 45000 auf 50000, Mitte März dann proviso- risch fogar auf 55 000 Centner nothroendig machte. Leßtere pro- visocishe Förderziffer besteht heute noch und muß nach Maßgabe der abgeschlossenen Verkäufe bis Schluß des Kalenderjahres aufreht er- halten werden. Die Fabriken produzirten: Chlorkalium 333 400 Ctr. gegen 290 840 Ctr. im Vorjahr, Düngesalze 33710 Ctr. gegen 77951 Ctr, Glaubersalz raffinirt und calcinirt 40 713 Ctr. gegen 43 702 Ctr., Diverses 184 498 Ctr. gegen 120 844 Ctr. Die Fabriken verbrauchten für Kohlen 277 888 M gegen 290 203 Æ, für Löhne 416 127 M gegen 413 560 4 im Vorjahre. Die Kohlenförderung be- trug 1 134 465 h] gegen 1 030 255 bl. Das Kohlenbergwerk in Groß- Mühlingen hat ohne jede Störung gearbeitet; eines gleih unge- stôörten Betriebes erfreute sich das Bergwerk „Ludwig IL.“ Die Karnallitförderung desselben auf den konvention8mäßigen Antheil be- trug 1 129 623 Ctr., wozu noch 245 700 Ctr. Hülfsförderung für das in Betriebsstörung befindlihe Werk in Aschersleben kommen, so daß si die Gesammtkarnallitförderung auf 1 375 323 Ctr. stellt, in einem Gesammtverkaufs8werth von 757125 4 An Düngesalzen wurden auf „Ludwig 11.“ verkauft 130 028 Ctr., an Steinsalz 504 735 Ctr. Die in der Bilanz aufgeführten Effekten im Betrage von 464 593 46. be- stehen aus 328 000 4 4 9/0 Preußische Konsols, 100 000 4 49/0 Deutsche Reichsanleihe, 21 900 Æ 4 9/6 Prioritäts-Obligationen der Rheinischen Eisenbahn. Für den na Abzug von 171 218 4 Abschreibung auf die Fabriken, 54 000 4 Abschreibung auf die Grube verbleibenden Ueberschuß von 786524 A \{chlägt der Aufsihtsrath der General- versammlung folgende Verwendung vor: Gratifikationen für die Be- amten 9000 6, Invalidenfonds 12090 4, 5°/0 von 786 524 an den geseßlihen Reservefonds 39 326 4, 69/0 Dividende auf die Stammaktien 612000 A, 6% auf die Stamm-Prioritätsaktien 66 024 Æ, 4°/9 von 678024 „6 Tantième an den Aufsichtsrath 27121 M, Spezial-Reservefonds, Zugang für Zinsen 19162 #, Vortrag auf neue Rechnung 1890

Dem Geschäftsbericht der „Vereinigte Stralsunder Spielkarten-Fabriken“ Aktiengesellshaft für das Geschäftsjahr vom 1. Juli 1886 bis 30. Juni 1887 entnehmen wir Folgendes: An Stempelstcuer wurden im verflossenen Geschäftsjahre 260 122 4, pro 1885/86 223 051 bezahlt. Die Gesammtsumme der Verkäufe von gestempelten und ungestempelten Spielkarten, Kartenspänen u. \. w. beläuft sich auf 537 883 6, 1885/86 469816 4, demnach hat die Gesellschaft 68 067 ( Mehrumîay im letzten Geschäftsjahre gegen das voraufgegangene erzielt. Die Verluste auf Be betragen in diesem Geschäftsjahre 2188 A Nach geschehener Bekanntmachung des in der Generalversammlung vom 16. Oktober 1886 gefaßten Beschlusses, den Inhabern von Aktien B. durch Nachzahlung von 25 %/% oder 150 4 pro Aktie die Umwandlung ihrer Aktien in Litt. A. s\rei zu