1887 / 241 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 14 Oct 1887 18:00:01 GMT) scan diff

u thun, ehe die Resultate der Neuerung anläßlih der Er- bffnung des Schuljahres im ganzen Lande gesammelt wor- den wären.

13. Oktober. (W. T. B.) Der Kriegs-Minister Ferron forderte den General Boulanger auf, ihm mitzutheilen: ob die ihm von einigen Zeitungen zu- geshriebenen Aeußerungen von „Machinationen“ Ferron's gegen De richtig seien. Boulanger erwiderte darauf, daß er

isher keinen Einblick in diese Zeitungen gehabt habe.

__ Der militärische Untersuhungsrath beschloß ein- slimmig, den General Caffarel wegen Vergehens wider die militärische Ehre zu entlassen. Der Kriegs-Minister Ferron wird ein diese Entscheidung bestätigendes Dekret dem Präsi- denten Grévy unterbreiten.

_— 183. Oftober, Abends. (W. T. B.) Der Kriegs- Minister Ferron hat die Antwort des Generals Boulanger, daß er bisher keinen Einblick in die Zeitungen F abe, welche die ihm zugeschriebenen Aeußerungen ent-

alten sollten, für ungenügend erahtet, weil die gedachten

eitungen in Clermont-Ferrand vorlägen, und eine neue

epesche an den General Boulanger gerichtet, worin derselbe aufgefordert wird, mit Ja oder Nein zu antworten, ob er die fraglichen Aeußerungen gethan habe. Wenn seine Antwort eine ungenügende sei, werde im Disziplinarwege gegen ihn vorgegangen werden. Hierauf gestand General Boulanger in telegraphisher Erwiderung zu, daß er die ihm von den Zeitungen zugeschriebenen Aeußerungen gethan habe.

Der „Temps“ erklärt es für unbegründet, daß rankreih wegen Marokko eine internationale onferenz vorgeschlagen habe; ebenso wenig sei bezüglich der

marokkanischen Angelegenheit irgend eine Eröffnung bee spa- nishen Regierung an Frankreih erfolgt. Unbegründet sei ferner das Gerücht, daß Frankreih im Einver- nehmen mit Rußland daran denke, wegen der bulgarischen Frage eine Konferenz vorzuschlagen. Das „Journal des Débats“ will von einem gestern eingegangenen Schrei ben des französischen Gesandten Feraud in Fanger wissen, wonach der Sultan von Marokko si wieder besser befinde und vor dem Thore seines Palastes sih dem Volke zu Pferde gezeigt habe.

14, Oktober. (W. T. B.) Den Morgenblättern zufolge ist General Boulanger mit 30 Tagen strengen Arrest s bestraft worden. Der Ministerrath wird später darüber beschließen, ob derselbe seines Kommandos enthoben werden solle. Der Präsident Grévy wird wahrscheinlich am Sonnabend von Mont-sous-Vaudrey hier wieder eintreffen. Aufden Antrag Wilson's vernahm der Untersuchun g s- rihter die Frauen Ratazzi und Limouzin, sowie den Baron Kreittmayer. Dieselben erklärten in Gegenwart Wilson's, daß ihre Beschuldigungen gegen Wilson fal\ch seien und sie dieselben lediglih in der Hoffnung vorgebracht hätten, daß die Sache unterdrückt werden würde.

Serbien. Belgrad, 13. Oktober. (W. T. B) Jn der gestrigen ersten Sißzung des Sub-Comités des Verfassungsaus\scusses unter dem Vorsiß des Zustiz- Ministers wurde nur über die Prinzipien berathen. Erst wenn hierüber eine Einigung exfolgt ist, wird ein Ver- fassungsentw urf ausgearbeit werden.

Arnauten überfielen an“ der Grenze des Jablaniza'er Bezirks eine serbische Patrouille mit einem Bezirksbeamten an der Spige, wurden jedoh nach heftigem Kampf zurückgeworfen.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 14. Oktober. (W. T. BJ Das „Journal de St, Pétersbourg“ ist in der Lage auf das Formellste zu erklären, daß die einem Mitgliede der Kaiserlichen Familie von franzö- (Ren Blättern zugeschriebenen Worte auf vollstän-

iger Erfindung beruhen.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 13. Oktober. (W. T. B.) Das Ober-Statthalteramt von Sto ck- holm kasfirte heute alle diejenigen bei ‘der leßten Reichs - tagswahl zur getan Kammer in der Stadt Stockholm a gegebenen Wahlzettel, auf welhen neben den Namen anderer Kandidaten auch derjenige des Arbeiters Larsf\on steht, welcher Kommunalgebühren schuldet. Hierdurh is die Wahl von 22 freihändlerishen Kandidaten annul- lirt, und es hat hierselbst eine neue Wahl stattzufinden.

Christiania, 12, Oktober. Jn den leßten Tagen haben mehrere Staatsraths -Sißzungen stattgefunden, denen au die drei Mitglieder der norwegischen Staatsraths- Abtheilung in Stockholm beiwohnten. Rußer über mehrere laufende Geschäfte wurde auch über den eventuellen Rücktritt des Chefs des Revisions-Departements, Ja kob S verdrup, aus dem Ministerium e U Wie „Asften- posten“ berichtet, halten die Staatsräthe Astrup, Arctander und Kildal an ihrem Entschluß fest, zurücktreten zu wollen, wenn Staatsrath Fakob Soerdrup nicht aus dem Ministerium entfernt werde. er Staats-Minister Johan Sverdrup widerseße sih jedoch dieser Forderung.

Dänemark. Kopenhagen, 13, Oktober. Jn der gestrigen us des Folket hings wurde die erste Lesung des Finanzgeseßentwurfs für 1888/89 fortgesezt. Der Abg. Kapitän Bluhme beklagte, daß es troy des auf allen Seiten gefühlten Bedürfnisses einer sahlihen Verhandlung unmöglich erscheine, zu einer Verständigung zu kommen, Beide Parteien schienen lange dafür zu sein, so daß es das Aussehen

ewinne, als wollten sie ihre bisherigen Stellungen dem inisterium gegenüber aufgeben. Um dies zu vermeiden, machte Redner den Vorschlag, daß der Conseil-Präsident Estrup sein Kabinet rekonstruiren und anstatt der lepigen HaGminiter, wenn diese niht im Laufe der sahlichen Verhandlungen mit dem Folkething in Uebereinstimmung kommen könnten, nur solche Männer in das Ministerium berufen solle, * die auf dem Boden der Verfassung ständen. Vor Allem müsse man aber erst wegen Beschränkung der militärishen Ausgaben zu einer Verständigung kommen. Der ökonomische [eoeuBang, besonders die traurige Lage der Landwirthschaft, erfordere Träftige und {nelle Hülfe. Auch die Abgg. Thorup, Tutein u. A. wiesen in ihren Ausführungen auf die schlimme ökonomische Lage des Landes hin. Die Dorijegung der Verhandlungen wurde s{chließlich auf heute agt.

Amerika. New-York, 12. Oktober. (A. C.) Der Präsident Cleveland traf, begleitet von seiner Gemahlin, heute in Omaha ein, wo er begeistert empfangen wurde.

Zeitungsstimuten.

__ Die „Medcklenburgischen Nachrichten“ äußern über die unahme der Auswanderung: uh die neuesten Ausweisungen über die Zahl der überseeischen Auswanderer aus Deutschland während des Monats August bestätigen die hon in den erslen Monaten dieses Jahres gemahte Beobachtung von einer Zunahme der Auswanderung. Im August d. J. sind 8061 Personen aus Deutschland ausgewandert gegen 6727 im August vorigen Jahres und gegen 8615 im ugust 1885. Die Gesammtziffer der von Anfang Januar bis Ende August d. I. Ausgewanderten beläuft {ih auf 72608 Personen Wegen 52596 bezw. 82716 in dem gleichen Zeitraum des Sahres 1886 bezw. 1885. Sieht man genauer zu, auf welche Pro- vinzen der Hauptantheil der Auswanderung fällt, so stehen hier wieder wie dies schon von jeher der Fall war Westpreußen und Posen voran ; ersteres hat in den ersten aht Monaten dieses Jahres 10 329 überseeishe Auswanderer abgegeben, Posen 7373. Was aber an diesen Zahlen besonders auffällig ist, das ist die ganz ungewöhnliche Steigerung der Auswandererzahl gegenüber dem gleichen E des Vorjahres gerade in diesen Provinzen: aus Westpreußen sind 4939, aus Posen 2841 Personen mehr ausgewandert; in den meisten übrigen Provinzen des preußischen Staats ist der Zuwachs ein nicht nur abfolut, sondern auch verhältnißmäßig viel geringerer. Diese Erscheinung verdient unseres Erachtens ernste Beachtung. Agen und BelttDen find vornehmlih ackerbautreibende Provinzen. st es nun au bei dem Mangel genauer Angaben über den Beruf der Auswanderer nicht möglich, die Personen, welche diese Landes- theile zur überseeishen Auswanderung verlassen haben, direkt für das landwirthschaftlihe Gewerbe in Anspruch zu nehmen, so wird doch nit in Abrede zu stellen sein, daß es mehr oder weniger mit der Landwirthschaft in enger Verbindung stehende Leute sind, welhe übers Meer gegangen sind, Daß aber gerade in diesem Jahre die Auswanderung aus diesen Provinzen einen so er- beblichen Aufs{chwung genommen hat, läßt sich nur auf den Umstand zurüdckführen, daß die wachsende Noth der Landwirthschaft, welche ge- rade hier sich besonders fühlbar mat, den Antrieb dazu gebildet hat, Es is dies auch ganz erklärlich. Wenn die Landwirthschaft nicht rentabel ist und immer weiter in ihren Erträgen zurückgeht, können die Großgrundbesißer keine genügenden Arbeitslöhne mehr zahlen, und ebenso kann der Kleinbesißer sich nicht mehr halten; au

der Handwerker muß unter solhen Verhältnissen leiden, und so ist es begreiflich, weshalb ferade jept, wo troß aller bisherigen Maßnahmen

die Landwirthschaft fi in der gedrücktesten Lage befindet, die Zahl der Auswanderer wächst.

Ist dies für alle ackerbautreibenden Landestheile eine Kalamität, so nochd ganz besonders für Posen und Westpreußen. Denn hier be- deutet der Abzug heimisher Kräfte, der sh nach allen Wahrneh- mungen vorzugsweise aus deutshen Elementen rekrutirt , zuglei eine Schwächung des deutshen Elements und der deutschen Kultur, die zu stärken gerade der Zweck der Kolonisationspolitik ist. Was aber fo muß man fragen können alle hierauf gerihteten Maß- nahmen für Erfolge erzielen, wenn ein großer Theil der Eingesefsenen wie bisher, fo namentlich auh jeßt wieder aus wirth- \chaftlihen Gründen den heimathlihen Boden verläßt? Der Abgang ist ein so bedeutender, daß er niht so ohne Weiteres zu erseten ist, und wenn auch wirklich neue deute Kräfte in diese Provinzen über- geführt werden, fo muß man sih do die Frage vorlegen, ob diese nit auc demselben Schicksal verfallen müssen, wenn es nit gelingt, die Landwirthschaft rentabler zu machen und so die wirthschaftlichen Kräfte auf ihrer Scholle zu crhalten. Der Raum, welcher dur die Auswanderung deutscher Elemente entsteht, kann leiht durch polnische Elemente ausgefüllt werden, und dadurch würde gerade der Zweck der Kolonisationspolitik, welche auf die Zurückdämmung der polnischen Sluth gerichtet ist, beeinträchtigt werden.

Es ist aber niht nur dort im Osten, fondern überall in Deutsch- land ein im wahren Sinne nationales Interesse, welhes gebieterish fordert, energische Maßre eln zu Gunsten der nothleidenden Cntwiptho schaft zu ergrefen Wer;#5as Resultat der leßten Kammerverpach- tungen in Mecklenburg gelesen hat, wird darüber ebensowenig in Zweifel sein können, als wer sich etwa die Durchschnittspreise für Ge- treide im August d. J. vergegenwärtigt, wie sie das neueste „Statistische Monatsheft“ uns bringt. Indem wir bemerken, s: dieselben 4a nach den einzelnen Börsennotirungen no niedriger stehen wie im August, daß aber die September- oder Dktoberpreise noch niht amtlich im Dur{bfchnitt berechnet sind, wollen wir einen Vergleich der Augustpreise dieses Jahres mit den August- preifen des Vorjahres anstellen, um zu zeigen, ein wie erheblicher Rückgang feit einem Jahre, und zwar für alle Getreidearten statt- gefunden hat.

Weizen fiel von 156,52 auf 153,05 Roggen , » 12856 113,25 M4 Gerste » 11390 103,90 6 Mais , , 102,00 ; 96,25 4 S 1224 9170 A

Nur die Kartoffelpreise haben sich gebe}sert.

__ Von befonderem Interesse aber dürfte namentlich für die Frei- finnigen, die stets behaupten, daß die Mehlpreise entsprehend den Getreidepreisen fallen oder sinken, die Mittheilung sein, daß während, wie vorstehend ersihtlih, die Weizen- und Roggenpreise gefallen sind, der Weizenmehlpreis sich von 23,25 auf 24,87 Æ( gehoben hat, während allerdings der Roggenmehlpreis von 17,66 auf 16,80 #4 gesunken ist. Während der Roggenpreis sih aber um 12 %/g ver- geen hat, hat sich der Roggenmehlpreis nur um 4,9 9% ver- mindert. a

Die „Sächsische Landeszeitung“ bespricht einen Artikel der „Gegenwart“ über die Verlängerung der Legis- laturperioden des Reichstages und {ließt ihre Ausführungen folgendermaßen : t

Alles spriht also für die Verlängerung der Legiélaturperioden, und es können Bedenken weder sachliher, noch praktischer, noch poli- tisher Natur vorgebraht werden. Die Verfassung muß allerdings geändert werden, aber nur formell, das Wesen der Verfassung wird in keiner Weise berührt. Die Erörterungen in der Presse, welche in der legten Zeit stattgefunden, haben ergeben, daß in dem Urtheil derjenigen Zeitungen, welhe die Ansichten der Mehr- heitsparteien vertreten, über die Verlängerung eine erfreulihe fach- liche Uebereinstimmung herrscht. Dieselbe Uebereinstimmung besteht aber auch in den Parlamenten darüber, auf ‘wie viel Jahre die Legislaturperioden zu verlängern find. Nachdem die vierjährigen und die sechsjährigen Legislaturperioden niht durchgedrungen sind, haben sich alle Anhänger der Verlängerung einstimmig für Legislaturperioden von fünf Jahren entshieden. Das wäre für Preußen und das Reich eine Verlängerung von zwei Jahren, welche einerseits genügt, die Nactheile dez kurzen dreijährigen Legislaturperioden zu ö“esei- tigen, und andererseits nicht befürchten läßt, daß der gewählten Volkspertretung die Fühlung und der geistige Zusammenhang mit dem Volke verloren geht. Lanach sind alle Vorbereitungen für die Verlängerung der Legislaturperioden gegeben, und da, wie es ziemli sicher verlautet, von den Führern der Mehrheitsparteien vereinbart worden ift, Anträge auf Verlärgerung der Legislaturperioden auf

fünf Jahre im preußishen Landtage und Reichstage baldigst einzu-

bringen, so wird die Frage der e ag der Legislaturperioden noch im kommenden Winter praktische Bedeutung gewinnen. Voraus- sichtlich werden die Anträge, von den Mehrheitsparteien ausgehend, auch eine Mehrheit finden, und i|st an der Zustimmung der Exekutive nicht zu zweifeln. Daß die Anträge nicht zu Gunsten der gegenwärtigen Volksvertretung, welche in Preußen im Jahre 1888 und. im Reiche im Jahre 1890 neu zu wählen ift, Geseß werden dürfen, versteht sih eigentlich von selbst, das zu erlassende Gesetz darf nur auf künftige Legislaturperioden Einfluß haben resp. erst nach Ablauf der jeßigen Periode in Kraft treten, Der preußishe Landtag und der Deutsche Reichstag haben es in der Hand, einen Schritt vorwärts zu machen und dem Vaterlande

Einnahmen 41177 #4 66

einén guten Dienst zu erweisen, und allem Anschein nach “u elben au dazu ents en. eide möchten wir nur an ns t hre erinnern: „Was Du thust, das thue bald!“ E

a Die „Post“ schreibt:

Bei Besprehung des offiziellen Berichts über den St. Gallener Sozialistenkongreß baben wir als Haupttriebfeder der ener isen Kundgebung gegen den Anarchismus, zu der man si in St. Galle veranlaßt fand, die Besorgniß der * Sozialdemokraten vor der Kon- kurrenz, welche ihnen die Anarchi’ten machen, bezeihnet. Unsere Auf- fassung erfährt eine Bestätigung durch eine Korrespondenz auz Mitteldeutshland, die wir in den Münchener „Neuesten Nachrithten“ E es eib: 5 fd bältnißmäß

«Daß der Kongre verhältnißmäßig \charf gegen di anarcistischen Bestrebungen ausgesprochen, ist mit auf Wünsch zu belgishen Genossen zurückzuführen. Die Vorgänge in Gent, bei denen es zu blutigen aen enen zwishen Sozialisten und Anartisten gekommen, mußten selbstverständlich die Haltung des Kongresses be, einflussen; gerade in Belgien haben die Anarchisten den Sozialisten das Terrain stark streitig gemacht. Der Generalrath der belgischen Arbeiterpartei hatte durch feinen General-Sekretär Hoffmann eine Glückwuns-Adresse dem Kongreß übermittelt.“

Im Uebrigen ist die Kundgebung bereits niht ohne Widerspruch geblieben. Bei einer Versammlung, die am 8. d. M. in Zürich statt- fand und deren Tagesordnung die Besprehung des St. Gallener Kongresses bildete, trat ein Anhänger der anarchistishen Partei als Sprecher auf und meinte: Er finde den Unterschied der beiden Par- teien „gar nit so groß“. Ferner renommirte man bei der YVer- sammlung mit der Befriedigung über die „Gastfreiheit der Schweiz“ welche dem Kongreß zu Theil geworden. Demgegenüber bemerkt ein ZüricherKorrespondent der , Allgemeinen Zeitung“ : Es ist darüber nicht der mindeste Zweifel und alles Andere ist ordinäres Geflunker —, daß die Behörden in St. Gallen erst im Verlaufe des Kongresses von D Kenntniß erlangten und au nicht dur die Veranstalter deg- selben, sondern in Folge eigener Nachforshung. Diese Art und Weise, die ea aaen ban Freiheiten der Schweiz zu exploitiren, is mehr als widerlich. Wohl aber if anzunehmen, daß es das leßte Mal ge- wesen sein dürfte, wo diefe Herren den Schweizer Boden zum Ge- heimbündeln benußen, und hinterher behaupten, alles sei bei offener Thür geschehen.

Der „Germania“ wird aus Süddeutschland über den Niedergang der katholishen Volkspartei in Baden ge: schrieben: |

„Die Ergänzungswahlen für die zweite badische Kammer sind vorüber, und das Ergebniß derselben läßt sich vollständig übersehen. Gestehen wir es ohne Rückhalt, es ist für die katholishe Volkspartei des badischen Landes überaus traurig ausgefallen. Lassen wir alle Entschuldigungen, die zu Nichts führen! Da hilft kein Lamentiren und auch kein Entschuldigen das Resultat liegt in seiner ganzen Nackt- heit und Unverblümtbeit vor, die katholische Volkspartei hat ihr voll- ständiges Fiasko erlebt.

. . Es läßt sich nicht verkennen und leugnen, daß wir einer schr verdrießliden und unerquicklichen Thatsache gegenüberstehen. Mit großen Hoffnungen und kühnen Erwartungen ging die badische katho- lische Volkspartei in das frische, fröhliche Leben, und man hatte einen politischen Aufschwung erzielt, der zu den {önsten Errungens\chaften den Weg bahnen sollte, und nun? Der Grundstock der Partei ist in Gefahr, und es ist in denselben bereits Bresche gelegt worden! Wo cs keine Unterordnung giebt, wo ein JIeglicher thun und treiben darf, was er will, und wo keine Macht ijt, die in Liebe ge- bietet und der in Ehrfurcht Alle gehorchen : kann auf solch \{chwanken- dem Grunde weiter gebaut werden ? und welde Garantien für eine segenéreiche Wirksamkeit bietet uns eine politishe Partei, die an der verzehrenden Schwindsucbt kränkelt? Die Mitglieder der katholischen Volkspartei haben ihre Aufgahe vollständig verkannt. .

Landtags - Angelegenheiten.

_ Der Senats-Präsident des Ober-Landesgerichts Breslau, von Bis mar ck, Abgeordneter für den Wahlbezirk Flatow-Deutsch-Krone (8. Marienwerder) ist am 19. d. M. in Gotha gestorben.

Statistische Nachrichten.

Nach Mittheilung des Statistishen Amts der Stadt Berlin sind_ bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 2. Oktober bis inkl. 8, Dftober cr. zur Anmeldung gekommen: 719 ECheschlicßungen, 998 Lebendgeborene, 35 Todtgeborene, 559 Sterbefälle.

Uebersicht der Einnahmen der Landes-Haupt- kasse und der Institute der Provinz Westpreußen pro Ctatsjahr 1. April 1885/86 nah den „Verhandlungen des 10. westpreußischen Provinzial - Landtages“. A, Hauptfonds. a, Dauernde Einnahmen. 1. Allgemeine Verwaltung. Kav. l. Vorhandene Bestände 503 967 46 52 4 (gegen das Soll + 433 967 4 92 9). Kap. 2. JIahresrente aus der Staatskasse 993 383 #4 (+4). Kap. 3. Beiträge zur Bestreitung der Verwaltungskosten 16 400 46 (+4). Kap. 4. Geschäftëgewinn aus den Nebenfonds 53789 4 62 (— 5210 M 38 4). Kap. 5. Zinsen 9131 e 83 „A (+ 1131 M

Kap. 6. Kunst und Wissensbaft 560 „6 (+). Summa

83 \). “Abscaitt I. 1577171 97 S (+4 429888 6 97 S).

II, Verwaltung und Unterhaltung der Provinzialchausseen. Kap. 7. Jahresrente aus der Staatskasse 793 859 4 (+4). Kap. 8. Eigene (— 243 e 24 9 S). Summa

Abschnitt 11. 835 036 4 66 „F (— 243,24 M). 1IÏ. Landarmen-

" verwaltung. Kap. 9 westpreußisher Landarmenfonds 19 890 M 57 d

E 1947 M 97 „). Kap. 10. Landarmenbeiträge 774 881 A 41 + 37881 M 41 A). Summa Abschnitt 111. 794771 M 98 (+ 35933 M 44 S). IV. Zur Unterbringung verwahrloster Kinder zur Zwangserzehung. Kap. 11. 27717 08 S 8 444838 M 17 S). V, Hebeammenwesen. Kap. 12, 13 629 M 5349 A6). VI. Landwirthschaftlihe Lehranstalten. Kay. 13. Jahresrente 2us der Staatskasse 10 230 4 (+). VII. Kay. 14. Insgemein 898 M 29 -Z (— 1399 4 99 „). b. Außerordent- Einnahmen. Kap. 15. 57529 16 92 M (+ 837 ( % H). B. Nebenfonds. T. Provinzial-Chausseebau-Prämienfonds. Kay. 16. 76 154 A6 09 S (+ 8510 A 43 4). II. Provinzial-Hülfskassen- und Meliorationsfonds. Kap. 17. 2481 521,10 M (+834 294,92 M). III. Reservefonds des Provinzial-Hülfskassen- und Meliorationsfonds. Kap. 18. 18 103,38 M (+ 6377,96 6). IV. Pferde-Versicherungs- fonds. Kap. 19, 72010,81 M (— 5574,82 M). V. Pferde- Versicherungs-Reservefonds. Kap. 20. 80 477,09 6 (+ 42 711,06 M). VI. Rindvieh - Versicherungsfonds. Kap. 21. 27 300,89 M. G 113,61 M). VII. Rindvieh - Versicherungs - Reservefonds, ap. 22, 37533,07 M (+4- 32 753,17 6). VIII. Krankenpflegefonds für den Regierungsbezirk Danzig. Kap. 23. 1671,18 46 (— 33,66 4). IX. Provinzialständisher Stipendienfonds. Kap. 24. 818,51 (+ 367,94 A6). X. Westpreußisher Feuer-Sozietätsfonds. Kap. 29. 969 329,71 Æ (+ 158 923,14 46), XI, Westpreußishe Provinzial Wittwen- und Waisenkasse. Kap. 26. 49 530,30 46 (+ 24 030,30 M4). Wiederholung der Einnahmen. A. Hauptfonds. a. Dauernde Ein- nahmen 3 259 454,98 6 (+454 382,01 M). b. Außerordentliche Einnahmen 57 529,92 46 (4- 837,25 M Summa A 3 316 984,90 M (+ 45521926 4). B. Nebenfonds. 83814450,13 + 1102 246,83 6). Summa totalis (A und B) 7 131 435,03 4 + 1557 466,09 M).

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

Von „Kunst. und Gewerbe, Zeitshrift zur Förderung deutscher Kunstindustrie“, herausgegeben vom Bayerischen Ge- werbe-Museum zu Nürnberg (redigirt von Dr. F, Stockbauer ; Nürn

berg, Verlags-Anstalt des B. Gew.-Mus., C. Schrag) liegt uns des 21, Jahrgangs 1887 10, Heft vor. In demselben schildert zunächst

rmann BVillung die Vertretung des Kunstgewerbes auf der Kunfst- Fecstellung zu Co) dann beschreibt Dr. ivar Schneider ein orientalishes GebrauWsmesser des X1II. Jahrhunderts, welches in der St. Stephanskirhe zu Mainz aufbewahrt und mit dem Tode des Apostels Bartholomäus in Verbindung gebracht wird (dazu Abbil- dungen des Messers und der dazu gehörigen Scheide, sowie einer sil- hernen Statue des Apostels Bartholomäus in der Pfarrkirche zu Wöhrd). Als dritter größerer Beitrag folgt darauf ein Bericht über die Ausstellung von deutschen Kunstshmiedearbeiten in Karlsruhe. Daran reihen \sich sodann Mittheilungen aus dem Bayerischen Ge- werbe-Museum in Nürnberg, aus dem Jahresberiht der dortigen Königlichen Kunstgewerbeschule für 1886/87, aus dem der Fachschulen der Königlichen Kreis-Baugewerkschule bezw. der Lehrwerkstätten des

fälzishen Gewerbe-Museums in Kaiserslauternisowie aus den Jahres- berihten des Gewerbe - Museums in Bremen und der Kunst- gewerbeshule in Wien 2c., ferner Mittheilungen aus dem Kunsthandel, aus dem Buchhandel und kleine Nachrichten. Non den Kunstbeilagen des Hefts veranshaulicht die erste in vortreff- lihex Chromolithograpie ‘eine chône türkfishe Wandfliese (anatolische Arbeit) aus dem alten Serail in Konstantinopel, aufgenommen von Baumeister in München. Die beiden anderen Tafeln zeigen in Licht- druck Abbildungen von Bronzebüsten des Hermes und der Aphrodite und zwei Bronzefiguren, Tag und Nacht darstellend (leßtere modellirt pon Prof. Schwabe in Nürnberg), welche sämmtlich in der Lehrwerk- stätte für Gießerei des Bayerishen Gewerbe-Museums hergestellt wor- den sind. Auch der Text is mit mannigfaltigen Abbildungen kunst- gewerblich interessanter älterer und neuer Dbjekte, Entwürfe, Orna- mente 2c. ausgestattet.

(in neues literarishes Unternehmen, das wegen seiner Eigen- art das Interesse aller Gebildeten beanspruchen darf, hat soeben die Yresse verlassen. Das im Verlage von Georg Reimer in Berlin soeben erschienene erste Heft des „Archivs für Geschichte der Philosophie“, in Gemeinschaft mit den Professoren H. Diels, W. Dilthey, B. Erdmann und Eduard Zeller herausgegeben von Ludwig Stein, verdient \chon darum die weitestgehende Beachtung aller Gebildeten, weil hier zum ersten Male der Versuh unternommen wird, für ein bestimmtes Fachwerk menshlihen Wissens ein im besten Sinne internationales Organ zu schaffen. Deutsche, Franzosen, Engländer und Italiener haben sih hier zusammengethan, um je in ihrer Sprache ihre Ge- danken zu entwickeln. Gleich im ersten Heft befinden sich Aufsätze, wie der von Taunery, des gediegensten französiswen Kenners der antiken Philosophie: „Sur le secret dans l'école de Pythagore“, sowie englische Litteraturberibte der Professoren Ingram Bywater (Cambridge) und Gould Schurman (New-York). Am zahl- reisten sind freilih deutshe Gelehrte vertreten, Obenan der Alt- meister der philosophishen Geschichtsshreibung Professor Eduard Zeller mit feinem Aufsaß „Die Geschichte der Philosophie, ihre Wege und ihre Ziele“. Es folgen sodann Abhandlungen der Professoren Diels-Berlin, Erdmann-Breslau, Pappenheim-Berlin, Ziegler-Straß- burg u. A. Besonderes Interesse gewinnt dieses Heft durch die be- gonnene Veröffentlihung der kürzlich in Halle aufgefundenen (mehr als 100) Leibniz - Briefe, die der Herausgeber, Dozent Dr. Ludwig Stein, im Auszuge mittheilt. Weitere Auszüge aus diesen für die Entwickelung des größten deutshen Philo- sophen vor Kant eminent wichtigen Briefen werden in den nächsten Heften folgen. Der Literaturberibt des „Archivs“, das vierteljähr- lid in einem Umfange von durchschnittliÞch 10 Bogen erscheint und dessen Jahres-Abonnement 12 4 beträgt, enthält neben den {on erwähnten englischen Berichten die deutshen Berichte der Professoren Diels, Dilthey und Erdmann. Das nächste Heft wird u. A. einen Literaturbericht aus der Feder Eduard Zeller’s enthalten. Die Namen der Herausgeber und Mitarbeiter bilden hon für sih ein Programm. Die Reichhaltigkeit des „Archivs“ sichert ihm Leser in den weitesten Kreisen der Gebildeten.

Von der „Familien-Bibliothekfür's deutsche Volk“ (Barmen, Verlag von Hugo Klein) liegen uns vor: Nr. 62. „Die Gräfin“, von Emil Frommel, 5. Auflage (50 4). Die Zahlen der Auflagen und der Name des Verfassers entheben uns jeder Empfehlung. Nr. 94, 9%. „Hundert Geschihten für's Volk“, von R. Schütze (1 6), einfahe und lehrreihe chriftlihe Erzählungen. Nr. 96. „Von Stufe zu Stufe“, um Haus und Hof, von Nichard Weilburg (50 9), die ergreifende Geschichte eines gebesserten Trunkenbolts. Nr. 97, 98, „Alte Geschichten aus dem Sachsenlande“, Il. Reihe, von Franz Blanck- meister (1 4), 6 recht unterhaltende, in Kursachsen im 16.—18. Zahrhundert spielende Erzählungen, zum Theil auf historishem, sämmt- lih aber auf christlihem Grunde ruhende Erzählungen. .

durch den

Schwerin 11. Oktober. Heute Morgen wurde

Ober - Kirchen - Rath Barel, als Protoscholarhen, Dr. Franz Münnich, bisheriger Direktor des Königlichen Ulrichs-Gymnasiums in Norden, als Direktor des Gymnasium Fridericianum hierselbst eingeführt. Einige Tage früher erfolgte durh den Ministerial-Direktor S(hmidt hierselb die Einführung des aus Frankfurt hierher be- rufenen jeßigen Arhiv-Raths Dr. Grotefend als Chef des Groß- herzoglihen Geheimen und Haupt- Archivs.

Land- und Forstwirthschaft.

München, 9. Oktober Das Königlich bayerische Statistische Bureau veröffentlicht eine größere Arbeit über die landwirthschaftlihe Bodenbenüßung in Bayern nah der Erhebung des Jahres 1883 und über die landwirth- shaftlihen Betriebe in Bayern nah der Berufs- zählung vom b. Juni 1882 eine Arbeit, die ein bisher noh niht gebotenes detaillirtes Bild von der Landwirthschaft und der landwirthschaftlichen Bevölkerung in Bayern giebt, wenn sih auch seit den Jahren 1883 und 1882 die Verhältnisse ceiniger- maßen verändert haben mögen. Die M. „Allg. Ztg.“ entnimmt derselben folgende Daten: Die landwirthschaft- lie Fläche des Königreihs nach Abzug der Weinbergflähen be- ziffert sich auf 4764645 ha. Hiervon entfallen auf Acker- und Gartenländereien 3 051 347 ha oder 64 °%%, auf Wiesen 1275 537 ha oder 26 9/0, auf Weiden und Hutungen, Oed- und Unland 437761 ha oder 9 9%. An Ackerland hat die größte Flähe Oberbayern mit 949 624 ha, die fleinste Fläche die Pfalz mit 260 213 ha, woselbst ledoch das Aterland im Verhältniß zur Wiesen- und Weidenfläche Unter den Regierungsbezirken mit 80,20 %/o9 der landwirthschaftlichen

lähe (ohne Weinberge) überwiegt. Die größte Wiesenfläche hat berbayern mit 370626 ha, die kleinste Wiesenfläche die Pfalz mit 54526 ha, übrigen landwirthschaft- lihen Fläche / des Regierungsbezirks ist die Wiesenflähe am D in Schwaben mit etwa 836 9/0. Mit Weiden und utungen steht Oberbayern mit 132 901 ha an erster, die Pfalz mit 698 ha an leßter Stelle. Die Gesammtfläche der Forsten und Holzungen beträgt im Königreih Bayern 2 504 732 ha in Ober- bayern allein 536 671 ha wovon der weitaus größte Theil mit 1166 969 ha auf Fichten- und Tannenwälder trifft. Ungefähr der dritte Theil aller Forsten befindet sich im Staatsbesiy. Im Einzelnen ist die gesammte Forstflähe ausgeschieden in Privat- forste 1250359 ha, Staatsforste 849 102 ha, Gemeindeforste 307 543 ha, Genossenforste 48 003 ha, Stiftungsforste 39 568 ha, Staatsantheilforste 10154 ha, Der gesammte Getreide- au in Bayern nimmt eine Flähe von 1823 927 ha ein, Hiervon trifft der größte Antheil mit 29% auf Roggen und mit 249% auf Hafer; Gerste mit 199% und Weizen mit 17/6 nehmen die dritte und vierte Stelle ein. In den meisten Regierungs- bezirken, d. i. mit Ausnahme von Oberbayern, Unterfranken und waben, nimmt der Roggenbau die erste Stelle ein; in Oberbayern eht der Anbau von Hafer, in Unterfranken der Gerstenanbau und in Owaben der Weizen- und Spelzanbau an erster Stelle, Die borliegende Statistik giebt auch interessante Vergleihe der

Im Verhältniß zur

‘ringen Erfolg aufzuweisen.

Ergebnisse der Erbebungen in den Jahren 1863, 1878 und 1883. Nach denselben hat im Allgemeinen der Anbau von Handelsgewäbsen abgenommen, jener von Getreide- und Hülfenfrüchten, Hakfrühten und Gemüsen, sowie von Futterpflanzen erbeblich zugenommen, Auch der Gartenbau zeigt gegen das Jahr 1878 eine Mehrung von 35 230 ha, Ackerweide und Brache jedoch ein erheblihes Minus von 46 409, beziehungêweise 70 913 ha gegen 1878. Bei Betrachtung der Zahlen für die einzelnen Regierungsbezirke zeigt sich bei Betreide- und Hülsenfrüchten eine Zunahme des An- baues in den Regierungsbezirken Nieder-Bayern, Ober-Pfalz, Unter- Franfen und Schwaben. Für Ober - Bayern, Pfalz, Ober- Franken und Mittel - Franken ftelt fh eine allerdings nicht bedeutende Abnahme heraus. Dec Anbau von Hackfrüchten und Gemüsen hat in allen Regierungsbezirken zugenommen, bei den Handelsgewächsen ift eine schr geringe Zunahme und eine nicht erheblide Abnahme zu konstatiren. Die Zunahme des Anbaues von Hakfrühten und Gemüsen ist hauptsächlich auf die Mehrung des Kartoffel- und Rübenbaues zurückzuführen, “Eine Minderung bei Handelsgewähsen hat durch Zunahme von Hopfen- anbau sich wieder ausgeglihen wobei allerdings zu beachten ift, daß der Hopfenanbau in den letzten Jahren in Folge der uner ordentlih niedrigen Hopfenpreise jedenfalls eine Einschränkung erfahren hat, so daß die Regel der Minderung des Handelsgewächsbaues bestehen bleibt bei Flachsbau, besonders in Niederbayern und Oberpfalz, zeigte sich eine beträchtlihe Abnahme. Alle Regierungs- bezirke, mit Ausnahme der Pfalz, Oberfrankens und Unterfrankens, zeigen eine bedeutende Zunahme des Anbaues von Futterpflanzen. Vergleicht man die Ergebnisse der Anbau-Erhebung des Jahres 1883 mit jenen des Jahres 1863, so treten im Großen und Ganzen fo ziemli dieselben oder doch ähnliche Erscheinungen wie bei Vergleichung der Ergebnisse der Erhebung des Jahres 1878 zu Tage.

Gewerbe und Handel.

(Berl. Pol. N.) Die häufig in Deutschland hervortretenden Be- \trebungen, die Erzeugnisse mancher Industrien in Musterlagern dem Auskande zur Ansicht vorzulegen, haben bisher nur äußerst ge- Vielleicht werden diese Bestrebungen mehr angeregt und verstärkt werden, wenn man sieht, wie man in anderen Ländern bemüht ist, dem Expoct der inländishen Produkte in der er- wähnten Weise zu Hülfe zu kommen.

So fand nah einem Bericht des „Pest. Lloyd“ am 9. Oktober d. J. im ungarishen Handels-Ministerium eine Konferenz in Ange- legenheit der Errichtung von Agenturen des* Budapester Handels- Museums in Belgrad, eventuell auch in anderen Städten Serbiens, statt. Nach dem der Konferenz vorliegenden formulirten Antrag sollen im Verkaufslokal der Agenturen Muster aller jener Artikel zur Ansicht resp. zur Bestellung am Lager gehalten werden, welche zu diesem Zweck von den betheiligten Mitgliedern des Handels-Museums überlassen werden. Das Handels-Museum miethet in Belgrad ein Geschäftslokal und stellt das nöthige Personal zum Verkauf und Absatz der ungarischen Erzeugnisse an. Miethe und Salaire werden durch das Handels-Museum bestritten. Für die durch die Agenturen vermittelten Geschäfte is eine zwishen dem Museum und den einzelnen Theilnehmern zu vereinbarende Provi- sion zu entrichten. Die Agentur übernimmt Einsendungen nur von Mitgliedern des Handels-Museums zum Betriebe. Jeder Ein- sender bestimmt den Verkaufspreis seiner Waaren in definitiver Weise. Abweichungen von diesen Preisen oder Verkauf auf Kredit darf nur nah Einholung der Zustimmung des Verkäufers und unter den mit ihm vereinbarten Modalitäten erfolgen. Alle Konti werden viertel- jährlich geschlossen und mit den Einsendern verrechnet. Die Bücher der Agenturen werden durch die Direktion des Handels-Museums kontrolirt. Alle diese Bestimmungen wurden von der Konferenz gut- geheißen. Der durch die einzelnen Theilnehmer der Agenturen zu den Kosten derselben zu entrihtende Beitrag sowie der Umfang der Seitens des österreichish-ungarishen Konsulats bei diefer Institution zu ent- faltenden Thätigkeit werden später festgestellt werden. Die Aktivirung der Belgrader Agentur soll möglichst bald erfolgen. L

Ein Beispiel, wie wichtig es ist, die Waaren direkt dem Käufer vorzulegen, giebt der österreihische Export von Schuhwerk nah Rumänien, Der Import Rumäniens an diesem Artikel ist von 8 439 840 Fr. im Jahre 1880 auf 15 933 152 Fr. im Jahre 1883 gestiegen. Der Import im Jahre 1885 betrug nur noch 12 740 704 Fr. Zu diesem bedeutenden Import lieferte Oesterreich im Jahre 1880 7904040 Fr. In demselben Jahre begannen die österreihishen Fabrikanten in Bulgarien Detailgeschäfte zu er- rihten, um ihre Waare dem Publikum mehr bekannt zu machen. Es hob ih darauf der österreihishe Import im Jahre 1881 auf rund 11 000 000 Fr. und im Jahre 1883 auf 124831 488 Fr., er be- trug 1885 immerhin noch 12 023 328 Fr. :

Deutschland, welches speziell in der Shuhwaaren-JIndustrie Be- deutendes leistet, exportirte nah Rumänien im Jahre 1880 nur für 211 170 Fr., im Jahre 1883 für 444060 Fr. und im Jahre 1885 nur für 323 264 Fr. ;

Unsere Industriellen könnten aus diesem Beispiel manche gute Lehre ziehen.

Der Aufsichtsrath der Berliner Weißbier-Brauerei- Aktiengesellshaft vormals Carl Landré hat beschlossen, die Generalversammlung auf den 21. November cr. einzuberufen und derselben, bei gleich hohen Abschreibungen wie für 1885/86 eine Dividende von 104 9% gegen 109% im Vorjahre vorzuschlagen.

In der gestrigen Generalversammlung der Staßfurter chemishen Fabrik wurde der Geschäftsberiht, die Bilanz, Gewinn- und Verlust-Conto vorgelegt, die Dividende auf 8 %% fest- gesetzt und die Decharge ertheilt. ; j :

Die „Elberf. Ztg.“ \chreibt: Eine erfreulihe Nachricht, die als günstiges Symptom für die allgemeine Lage der Bergwerks- und Eisenindustrie gelten darf, kommt aus Hörde: der dortige Berg- werks- und Hüttenverein hat mit Rücksicht auf die anhaltend günstige Entwickelung des Unternehmens sämmtlichen Arbeitern eine Lohnerhöhung um 59/0 bewilligt; zugleih sind 100 Arbeitskräfte neu angenommen worden.

In der Generalversammlung der Rheinischen Stahl- werke vom 12. d. M. wurde der Geschäftsbericht, gegen welchen ih nichts zu erinnern fand, erledigt und die Decharge ertheilt sowie die Bilanz genehmigt, welche einen Reingewinn von 512 453 6 ergiebt, wovon 510 500 M zu einer Dividende von 11 9/0 und restliche 1953 -+ zum Vortrag auf neue Rechnung verwendet werden. Hierauf wurden die ausscheidenden Aufsichtsrathsmitglieder wiedergewählt und an Stelle des verstorbenen Hrn. Barthold Suermondt dessen So hn Robert Suermondt- Aachen neugewählt.

Die „New-Yorker Hdl1s.-Ztg.“ schreibt unter dem 30. September: Das Geschäft am Waaren- und Produkten- markt hat einen durchaus befriedigenden Verlauf genommen. Von Brotstoffen verkehrten sowohl Weizen als auch Mais, in Loko-Waare und in Terminen, in festerer Haltung, zu anzichenden Notirungen; in dem Export dieser beiden Cerealien entwickelte sich reguläres Geschäft. Hafer stellte sich ebenfalls im Werthe etwas höher. Am Frachtenmarkt hat sih keine besondere Regsam- keit fundgegeben. In Baumwolle fanden disponible Waare, ganz besonders aber Termine, gute Beachtungz Notirungen waren im großen Ganzen stetig. Ses waren in Lokowaare eher vernach- lässigt; Termine konnten einen kleinen Rückgang wieder einholen; in milden Sorten fand aus zweiter Hand wohlvertheiltes Geschäft statt. Ueber Roh- und raffinirte Zucker is nihts Neues zu berichten; Preise haben \sich ziemlich behauptet. Die an den japanischen und chinesishen Märkten hervorgetretene bessere Stimmung für Thee hat nunmehr auch hier angefangen {ih m zu machen. Provisionen E besonders für Schmalz, in wesentli gebesserter Haltung zu anziehenden Notirvrgen; Schweinefleish in Fässern hatte zwar cher willigere Notirungen, war aber Seitens Exporteurs gut beachtet. Der Metallmarkt lag sehr ruhig; erwähnenswerth wäre immerhin

die Festigkeit von Zinn, Bei mäßigem Begehr war Terpentinöl im Werthe ftetig, Harz ebenso. Für letzteren Artikel war {ließlich mehr

Frage zu konstatiren. Raff. Petroleum in Fässern und Kisten

preishaltend. In Pipe line Certificates herrschte stillere Tendenz;

Sdchlußpreis 68%. Der Verkehr in einheimishen und fremden

Manufakturwaaren war nicht unbedeutend. Der Import

fremder Webstoffe beträgt für die heute beendete Woche

2 404 m Doll. gegen 2179 420 Doll. in der Parallelwoche des orjahres.

Die Nr. 3% der „Mittheilungen der Großherzoglich hessischen Centralstelle für die Landesstatistik" hat fol- genden Inhalt: Gesundheitszustand und Todesfälle im Großherzog- thum Hessen im II. Quartal 1887, Ortsanwesende Bevölkerung des Srobberzogtbums Hessen am 1. Dezbr. 1885 nah Geschlecht, 5 jährigen Geburtsjahresklassen und Familienstand. -—— Anzahl der Hunde und Ertrag der Hundesteuer 1886/87. Meteorologishe Beobachtungen zu Darmstadt August 1887. Meteorologishe Beobachtungen zu Schweirsberg August 1887, Meteorologishe Beobachtungen zu Kassel August 1887. Verg. meteorologishe Beobachtungen Juni 1887. Preise der gewöhnlihen Verbrauchégegenstände Juli 1887. Sterblichkeitsverhältnifse August 1887. Anzeige.

Bradford, 13. Oktober. (W. T. B) Wolle rubig, un- verändert, Garne {wäcer, in Stoffen mehr Geschäft.

Moskau, 7. Oktober. Die Brauerei „Moskowskaja Bavaria” ist vom hiesigen Kommerzgeriht für insolvent erklärt worden. Die Aktiva betragen 158772 Rbl, die Passiva 1420 785 NbL., die Unterbilanz beläuft sich mithin auf 1262 913 Rbl.

Verkehrs - Anstalten.

London, 13, Oktober. (W. T. B) Der Uniondampfer «Tartar“ ift auf seiner Ausreise gestern in Capetown an- gekommen.

Sanitätswesen und Quarantänewesen.

Egypten. Der internationale Gesundheitsrath zu Alexandria hat am 25. September 1887 beschlossen, gegen Ankünfte aus Madras das zur Verhütung der Cholera-Einschleppung bestimmte Reglement bis auf Weiteres in Kraft zu seßen.

Berlin, 14. Oktober 1887,

Morgen, Sonnabend, den 15., findet Königliche Parforce-JFagd statt. Rendez-vous: 123/ Uhr in Potsdam auf dem Bahnhof.

Nachtrag zu den „Mittheilungen über den Ausfall der dies- jährigen Ernte in der preußischen Monarchie“. (S. Nr. 236 Reichs-Anz.)

Provinz Ostpreußen.

Reg.-Bez. Königsberg: Weizen und Mane geben bei einem reihlihen Strohertrag meist einen befriedigenden Körnerertrag ; ebenso kann auch die Ernte bei Gerste und Hafer sowohl in Bezug auf den Körner- als auch den Stroh- ertrag als eine „ieiedenstélnbe bezeichnet werden. Erbsen und Bohnen dürften dagegen in der Menge unter einer Mittel- ernte zurückbleiben, Die Erträge an Heu und Klee sind in den tiefer liegenden Landstrichen befriedigend, während sie auf höher liegenden Stellen einer Mittelernte nicht gleih kommen. Die Hafrüchte lassen ebenfalls befürchten, daß ihr Ertrag eine Mittelernte nicht erreihen wird. Die Bestellung der Wintersaaten is größtentheils beendigt.

Provinz Brandenburg.

Neg. - Bez. Frankfurt: Das Ergebniß der Getreide- ernte ist, was die Quantität und Qualität des Strohs betrifft, als ein außergewöhnlih gutes zu bezeichnen. Namentlih hat der Mittelboden und der in guter Kultur stehende Sandboden Stroherträge geliefert, wie sie seit vielen Fahren nicht vor- gekommen sind. Ungünstiger dagegen hat sich das Erdrusch- ergebniß gestaltet: der Körnergewinn entspricht so wenig der eingebrahten Quantität Getreide, daß derjelbe vielfah hinter den Erträgen des Vorjahres zurücbleibt. Am günstigsten ist überall die Haferernte ausgefallen; in einigen Kreisen wird auch die Roggenernte als außergewöhnlich gute bezeithnet. Das Gesammtergebniß der Halmfrüchte is dahin zusammen- zufassen, daß die Ernte als eine gute Mittelernte bezeichnet werden kann, Der zweite Heuschnitt hat namentlich in quali- tativer Beziehung eînen sehr guten Ertrag geliefert. Ueber das Ergebniß der Kartoffelernte kann z. Z. ein abschließendes Urtheil noch nicht abgegeben werden, doch läßt ih schon so viel übersehen, daß die Ernte nur eine mittelmäßige werden wird. Die Zuckerrübenerte kann in quantitativer Beziehun faum als mittelmäßig bezeichnet werden, über den Zudergehalt läßt sih ein allgemeines Urtheil noch nicht fällen.

Provinz Pommern.

Reg.-Bez. Stettin: Die e Ernte ist im All- gemeinen gut ausgefallen. Fm Winterkorn is ein großer Strohertrag, während der Körnerertrag namentlih im Roggen um etwa 25 bis 30 Proz. hinter einer ge Ernte zurück- blieb. Hafer und Gerste bleiben fast allgemein im Ertrage unter einer DurWschnittsernte. Hülsenfrüchte lieferten einen reht guten Stroh- und muthmaßlich auch Körnerertrag. Die Kartoffeln sind gegen das quantitave Resultat der vorjährigen Ernte zurückgeblieben. Klee und Wiesenheu hat nur einen dürftigen Ertrag gewährt. Die Ernte an Zuckerrüben wird quantitativ nur mäßig ausfallen, über die Qualität läßt sich

noch nit urtheilen. Provinz Posen.

Reg.-Bez. Bromberg: Beim Roggen und Weizen beträgt der Strohertrag ein Viertel bis ein Drittel mehr als eine Mittelernte; der Körnerertrag dürfte beim Roggen einer Durchschnittsernte nahe kommen, während er beim Weizen darüber hinausgeht. Hafer und Gerste geben in Quantität und Qualität gute Erträge, ebenso sind - die Erbsen gut gerathen. Bei den Kartoffeln stellen sich die Erträge je nach der Sorte und der Bodenbeschaffenheit sehr ungleihmäßig heraus. Bei den Zuckerrüben wird fi voraussihtlich ein bedeutender Ausfall in der Quantität er- geben, wogegen der Zuckergehalt fih sehr hoch erweist. Bei Klee und Luzerne hat der zweite bezw. dritte Schnitt fast ganz versagt, der Grummetertrag befriedigte nur da, wo die Lage feuht und die Wiesen gut gepflegt und gedüngt waren. Der Ertrag des Hopfens wird auf etwa ein Drittel einer Durc{hschnittsernte veranschlagt; die Qualität ist eine recht be-

friedigende. Provinz Schlesien.

1) Reg.-Bez. Breslau: Eine volle Mittelernte an Körnern wie an Stroh ist nur bei dem Weizen zu verzeichnen ; an La allein lediglih bei Roggen und Gerste. Die Roggen- und Gerste-Körnerernte dagegen, sowie die Erbsen- und Raps- ernte lassen die Erträge einer Mittelernte bei weitem nicht