1887 / 242 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 15 Oct 1887 18:00:01 GMT) scan diff

Das Oktoberheft 33. Bandes 1887 von „Dr. A. Peter- mann's Mittheilungen aus Justus Perthes' Geogra- phischer Anftalt“ (herausgegeben von Prof. Dr. A. Supan; Gotba, Jrstus Pertbes) bringt eine Beschreibung des südlichen Koloniengebiets von Rio Grande do. Sul, von Dr. H. von Jhering und P Langhans, und zwar zunächst die Shildcrung einer Bootfahrt zur Aufnahme und Erforshung des Unterlaufs des Camacuam. Die Ergebnisse sind auf einer großen „Originalkarte der südlichen Kolonien von Rio Grande do Sul und der Verkehrs- verbindungen mit ihren Absayorten“ (Maßstab 1 : 500 000) eingetragen; eine Nebenkarte veranshaulicht das Camacuam-Delta zur Trockenzeit ; eine zweite Karte bietet eine Originalskizze der deutschen Kolonie S. Lourenço und der benachbarten Kolonien (im doppelten Maßstabe der ersteren Karte). In dem zweiten bi 48 Bei- trage des Hefts giebt der Nordpolaforsher Dr. Fr. Boas interessante, auéführlihe Auskünfte über die religiösen Vor- stellungen und Sagen sowie die Festgebräuhe der Esfimo’s. In dem „geographischen Monatsberiht“ ist u. a. ein Brief von M. von Déchy über seine diesjährige Kaukasus-Expedition abgedruckt.

erner werden unter „Asien“ Mittheilungen über die geplante ibirische Eisenbahn gemacht; es heißt dort: „Nach der glücklichen Vollendung der transékaspishen Eisenbahn, deren P bis Samarkand in Bau begriffen ist, sodaß fie sich zur central- asiatishen Bahn gestalten wird, ist in Rußland der Ausbau der lange geplanten sibirishen Eisenbahn bis nah dem Großen Ozean ernsthaft ins Auge gefaßt worden. Die Jnangriff- nahme der Arbeiten ist von dem Reichêrath besblossen und vom Gzaren genehmigt worden. Allerdings handelt es sich vorläufig noch nicht um die Anlage eines fortlaufenden Schienennetes, fondern cinst- weilen follen nur diejenigen Gebiete dur einen Schienenstrang er- {lossen werden, welhe bequemer Verbindungsmittel gänzlich entbehren, während auf den übrigen Strecken einstweilen noch Fluß- läufe zur Vermittelung des Verkehrs dienen müssen, wie cs auh noch im europäishen Rußland auf der Strecke wischen Nischni-Nowgorod und Perm, dem Ausgangspunkt der ibirifhen Bahn, der Fall ist. Zunächst begonnen werden die Strecken Tomsk Jrkutsk, Baikalsee Srjetensk und Chabarowka (event. Chanka- See) Wladiwostok, und sollen dieselben innerhalb 5 Jahren vollendet sein. Die Leitung des Baues übernimmt General Annenkow, welcher durch den Bau der transfkaspishen Linie sich hervorragende Verdienste erworben hat.* Den übrigen Inhalt des Hefts bildet, Bu A der reichhaltige und mannigfach interessante „Litteratur- eriht“.

__— Im Verlage von Ernst Siegfried Mittler und Sohn, König- lihe Hof-Buchhandlung, Kochstraße 68—70, erschienen soeben: „Die Offizier-Patrouille und die strategishe Aufgabe der Kavallerie von Georg von Kleist, Rittmeister.“ (1,20 A) „Betrachtungen über das Einschießen mit Belagerungs- und Festungsgeshütßzen, von Wiebe, General der Infanterie z. D., besonderer Abdruck aus dem Juniheft 1887 des „Archiv für Artillerie- und Ingeniecur-Offiziere des Deutschen Reichs“. (60 4).

Im Verlage von Scnaebeli u. Co., Kunstverlag für Militär, Sport und Laydwirthschaft, Berlin W., Unter den Linden 20, ist eine „Garnisonkarte des Deutschen Reichs mit besonderer Angabe der wichtigeren Eisenbahnverbir dungen, entworfen von dem Major a. D. Schmidt“, ershienen. Jn anschaulihher und übersicht- liher Weise sind die einzelnen Garnisonorte derart in dieser Karte verzeichnet, daß man mit einem Blick die Stärke der Garnison und die verschiedenen, in den einzelnen Garnisonorten liegenden Truppen- gattungen nah ihren Regimentsnummern zu erkennen vermag. Die Karte gewährt somit einen nicht blos für Militärs, sondern auch für das große Publikum höchst interessanten Einblick in die Vertheilung der N Armee über das ganze Reih. Der Preis beträgt nur

Seit dem 1. Oktober d. J. erscheint zu Berlin, im Ver- lage von S. Kunz, Kommandantenstraße 65, die Zeitschrift „Der Appell, Organ für die ehemaligen Kameraden der deutshen Armee und sämmtliche Krieger-Vereine“. Dieselbe bringt, neben den Be- richter aus den Krieger- Vereinen, u. A. auch Nachrichten vom Kaiser- bause und der Königlichen Familie, Nenes von der Armee und der Marine, Neues von fremden Armeen, Aus vergangener Zeit, Humo- rislishes, Größere Erzählungen und Romane sowie Er:ählungen aus dem Militärleben, die Vakanzenliste, Familien - Nachrichten, Billigste Waaren-Bezugsquellen u. \. w. Es dürfte daher das Blatt für jeden eKameraden“ und au für seine Familie Interesse haben. Die Zei- tung erscheint an jedem 1., 11. und 21. des Monats. Man abonnirt für 75 H vierteljährlih (frei ins Haus) bei jeder Postanstalt, bei den Vorständen der Krieger-Vereine und bei Kunz a. a. O.

„Alt-Egyvten“ von D. Miguel Morayta, Professor an der Universität Madrid. Deutsh von Dr. Adolf Shwarz. (75 Seiten gr. elegart broschirt 1,50 Æ ord. Karl Siegismund, Berlin, Mauerstraße 68.) Bei dem großen Aufsehen, welches die jüngsten Funde und Ausgrabungen in Egypten in der ganzen gebildeten Welt hervorriefen, dürfte dieser Essay des Madrider Professors Morayta gewiß auch in Deutschland das allgemeine Interesse erregen, wie bei seinem Erscheinen in Madrid. Der gedankenreiche Inhalt, der die Ergebnisse der wissenschaftlihen Forshung in kurzer und übersihtliher Form und gemeinverständlih für jeden Gebildeten zusammenfaßt, bietet in strenger Objektivität einen Auszug aus der Kulturgeschihte der alten Egypter, in welchem die Religion dieses wunderbaren Volkes, feine Vorstellung vom Wesen des Menschen, sein Unsterblichkeitsglaube, die Familienverhältnisse, besonders die für jene Zeiten merkwürdige Stellung der Frau, ferner die Rechtspflege, Sprache, Schrift, Literatur, Kunst, Zeitrechnung, Heilk nde 2c. be- handelt werden Durch die daran geknüpften Folgerungen wird diese ausgezeichnete Arbeit in der meisterhaftea Uebersetzung des Dr. Schwarz ein dauerndes Interesse in Anspruch nehmen dürfen.

Im Verlage von Eduard Baldamus in Leipzig hat Frit Feller ein neues Spiel unter dem Namen , Konstantinopel“ erscheinen lassen. Dasselbe ist als ein vereinfahtes Schahspiel, also wie [leßteres als ein Figurenfpiel erdaht, aber gegenüber dem „Schach“ wesentlich vereinfaht, sowohl dur die geringere Zahl der Pre und Figuren, wie dur die Erleichterung der Kombinationen ei der Beendigung des Spiels. Auf diese Weise ist es er- möglit, daß auch son einigermaßen, herangewahsene Kinder mit Vergnügen und Erfolg das Spiel benußen fkönnen, welches zuglei ihre KombinationEgabe übt und erweitert. Auch die ‘Phantasie der Kinder wird durh das neue Spiel kräftig angeregt, infofern die kämpfenden Parteien niht als abstrakte Figuren, son- dern als Engländer und Russen gedaht sind, welce sih den Besiß von Konstantinopel mit ihren Herren streitig machen. Daher führen denn au die Figuren militärische Benennungen wie „General“ (im Schah „König“), „Adjutant“ (, Läufer“), „Artillerie“ („Thurm“) „Kavallerie“ („Springer“), „Infanterie“ („Bauer“). In beigegebenen Erläuterungen werden das Wesen und die Eigenthüm- lihkeiten des Spiels „Konstantinopel“ leiht faßlih dargestellt, wie au die Unterschiede des neuen Spiels vom Sach in einem Anhang gefennzeihnet sind. Hierdurch gestalten ih die Erläuterungen zu einer metbodisch geordneten und in Verbindung mit dem Spiel zu einer prafktischen Anleitung zur Selbsterlernung des Schachspiels.

Gewerbe und Handel.

Die Generalversammlung der Görlißer Eisenbahn- bedarfsgesellscha ft, vorm. Lüders, genehmigte nah einem Tele- gramm èer „Voss. Ztg.“ einstimmig die Bilanz, scwie die Verthei- lung von ‘/g Dividende. In den Aufsichtsrath wurde Hr, Adolf Wollstein, Vorstand der Görliter Kommandite des Sthlesischen Bank- vereins, neu gewählt. Nach Mittheilung der Direktion ist die Fabrik in diesem Jahr lebhaft beschäftigt.

Dem Aufsichtsrath der Vereinsbrauerei Rix dorf er- stattete die Direktion unter Vorlage der Bilanz für oas verflossene Geschäftéjahr einen Bericht, welcher die günstige Lage der Gesellschaft

konstatirt. Das Resultat des vergangenen Jahres gestattet neben den Abschreibungen und Resfervestellungen cine Dividende von 6 % für die

Stamm- Prioritäten und 49% für die Stamm-Aktien; es wurde be- \s{lossen, der bevorstehenden . Generalversammlung diese Gewinn- vertheilung vorzushlagen.

Dem Geschästsberiht der Aplerbecker Hütte, Brüg- mann, Weyland u. Co. in Aplerbeck, pro 1886/87 entnehmen wir Folgendes: Das Betriebsergebniß des verflossenen Geschäfts- jahres war ein befseres als im Vorjahre; der Ueber*huß reiht zur Deckung der erforderlihen Abscreibungen aus. ein Reingewinn konnte jedoch nit erübrigt werden. Die gesammte Roheisenproduktion be- trug 35 764 t, und zwar 33317 t Qualitäts-Puddeleisen und 2447 t Gießerei-Roheisen. Die Gießerei-Roheisenproduktion wird im laufenden Geschäftsjahre voraussihtlich wesentlich erhöht werden. Auf der Kokerei wurden aus 48540 t Kohlen 35543 t Koks bei einem Ausbringen von 73,2 % erzeugt. Nah der Gewinn- und Verlustrechnung beträgt der gesammte Betriebsgewinn nah Abschreibung von 6710 Æ( auf Geräthe- und Ütensilien-Conto 106 068 4 und unter Hinzurehnung der Einnahmen für Pacht und Wohnungsmiethen von 22941 A in Summa 129 009 & Nach Deckung des Zinsen-Contos inkl. Scontovergütungen im Betrage von 37 201 4, verblieben 91 808 4. welche zu Abschrei- bungen auf Hochofen-Zustellungs-Conto und auf Neubau-Conto zu verwenden sind. Nach dem Vorschlag der Direktion wurde ersteres ganz amortisirt und der Rest von 72665 4 auf Neubau-Conto abgeschrieben. Zum weiteren Ausbau des Hochofenwerks sind im ver- gangenen Jahre im Ganzen 135 309 #4, abzüglih des Erlöses für alte Materialien verausgabt.

Die nächste Börsenversammlung zu Essen findet am 17. Oktober 1887 im „Berliner Hof“ bei E. Hartmann ftatt.

Die Nr. 42 Jahrg. 1887 von dem „Gewerbeblatt für das Großherzogthum Hessen“, Zeitshrift des Landesgewerb- vereins, hat folgenden Inhalt: a. Hauptblatt: Herausgabe einer Sammlung der auf-Grund des Reidbsgeseßes vom 30. November 1874 geshüßten Waarenzeihen. Deutsch- nationale Kunstgewerbe-Aus- ¿ellung zu München 1888. Landes-Baugewerk schule Darmstadt. Nachrichten aus der chemishen Prüfungs- und Auskunftsstation für die Gewerbe. Ueber Herstellung von Gasleitungen. Gesetz, betr. die Unfallversiherung der bei Bauten beschäftigten Personen (Fort- sepung) Aus den Lokalgewerbvereinen. Alzey. Üteratur. Üeber Buchführung. b. Anzeiger : Kataloge der Bibliothek des Landes- gewerbvereins. Rohei]en-Produktion. Konsulargerichtsbarkeit. Ein Sachverständiger. Werke Galilei's. Unfallversicherung. Posft-Blatt.

Nürnberg, 13. Oktober. (Hopfenmarktberiht von Leopold Held.) Seit dem leßten Bericht war das Geschäft unver- ändert till und die Zufuhren überragten die Absäte bedeutend. Der Markt war heute mit 600 Ballen Landzufuhr und 700 Säcken Bahn- abladungen bestellt. Das Geschäft entwickelte sich ruhig. Erpor- teure kauften diverse Posten geringe Markthopfen zu 40—44 4 und Mittelwaare zu 50—55 4, während die Kundschaft bessere Sorten zu 60—65 M, Hallertauer und Württemberger zu 70—78 M über- nahm. Die Tendenz des Geschäftes ist gedrückt, die Lagerbestände sind groß und Preise chwankend. Notirungen: Gebirgshopfen 70— 89 #6, Markthopfen Ta 60—68 4, do. mitlel 48—52 M, do. gering 38—42 #4, Hallertauer 60—90 #, Württemberger 60—100 M, Badische 60—90 4, Elsässer 60—80 A, Posener 70—100 4, Wollnzacher 95—120 M

Magdeburg, 14. Oktober. (W. T. B.) In der heute \tatt- gehabten Sitzung des Aufsichtsraths des Grusonwerks legte der Vorstand die Bilanz nebst Gewinn- und Verlustrechnung für das erste mit dem 30, Juni cr. abgelaufene Geschäftsjahr vor. Der Bruttogewinn stellt sich auf 1967407 4 und der Reingewinn nah reihlichen Abschreibungen auf 751 573 4 Der Aufsichts- rath hat beschlossen, der Generalversammlung die Vertheilung einer Dividende von 74 9% vorzvshlagen. Nah dem Geschäftsbericht gelangte im abgelaufenen Geschäftsjahr an Kriegsmaterial und an Artikeln für den Civilbedarf zusammen nur ein Umsaß von circa 4 Millionen Mark zur Abrehnung, während der Bestand an halb- fertigen und fertigen Fabrikaten, welhe noch nicht zur Ablieferung gelangten, circa 1500 000 Æ beträgt. Die vorliegenden Aufträge auf Kriegsmaterial einsließlich der beiden Thürme für Spezia beziffern sih z. Z. auf die Summe von circa 11 Millionen Mark.

Köln, 14 Oktober. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Verwaltungsraths der „Phönix Bergwerksgesellscchaft“ ist die Dividende für Stammaktien Litt. A auf 24% festgesetzt.

New-York, 14. Oktober. (W. T. B.) Baumwollen- Wochenbericht. Zufuhren in allen Unionshäfen 276 000 B. Ausfuhr nach Großbritannien 67 000 B., Ausfuhr nah dem Kontinent 71 000 B., Vorrath 518 000 B.

Verkehrs - Anstalten.

Der Meistbetrag der Postanweisungen aus Deutschland nach Canada wird von jeßt ab von 50 auf 100 Doll. erhöht. Die Taxe beträgt, wie bisher, 20 S für je 20 4, mindestens jedoch 40 „s.

Triest, 14, Oktober. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Aglaja“ ist heute früh aus Konstantinopel hier eingetroffen.

London, 14, Oktober. (W. T. B.) Der Cafstle-Dampfer „Grantully-Castle“ hat heute Madeira auf der Heimreise passirt, „Garth-Castle“ ist am Mittwoch auf der Heimreise von Capetown, und „Norham- Castle“ heute auf der Ausreise von London abgegangen.

Berlin, 15. Oktober 1887.

__ an diesen Tagen beging der Präsident der Königlichen Eisenbahn-Direktion in Hannover, von Schmerfeld, sein fünfzigjähriges Dienstjubiläum. Derselbe, im Jahre 1815 geboren, trat im Oktober 1837 im vormaligen Kurfürstenthum Ls in den Staatsdienst ein, wurde im Jahre 1853 zum O ans Nath und im Bare 1860 zum Eisenbahn-Direktor befördert. Seit dem zahre 1857 fungirte er als Vorsißender der Direktion der Main - Weser - Bahn in Kassel. Jn dieser Stellung verblieb er auch nah Einverleibung des Kur- fürstenthums Hessen in die preußische Monarchie. „m Jahre 1868 mit dem Charakter als Geheimer Regierungs-

ath begnadigt, wurde er im Oktober 1869 zum- Vorsißenden der Direktion der vormaligen. Königlichen Niederschlesisch- Märkischen Eisenbahn in Berlin ernannt, sodann nah Be- förderung zum Rath dritter Klasse im Januar 1875 in gleicher Amtseigenschaft zur Eisenbahn-Direktion in Hannover verseßt und ¿m Oktober 1875 Allerhöchsten Orts zum Eisen- bahn-Direktions-Präsidenten mit dem Range eines Raths zweiter Klasse ernannt. Wiederholt sind dem Jubilar in Würdigung seiner amtlihen Thätigkeit durch Verleihun hoher Ordens- auszeichnungen zuleßt 1881 durch Verleihung des Nothen Adler-Ordens zweiter Klasse mit Eichenlaub Allerhöchste Gnadenbeweise zu Theil geworden. Als ein weiteres Zeichen huldreicher Anerkennung seines verdienstvollen Wirkens habén Se. Majestät der König nunmehr Allergnädigst geruht, dem Jubilar den Stern zum Rothen Adler-Orden zweiter Klasse mit Eichenlaub und der Zahl 50 zu verleihen.

Hoffen wir, daß der Jubilar, welcher mit Befriedi ung auf die abgelaufene, an Arbeit und Erfolgen reihe Amts- eriode zurückblicken darf, dieser Allerhöchsten Auszeihnung ih noch recht lange erfreue.

Die erste englische Post vom 14. Oktober i l 7 enen Grund: Verspätetes Eintreffen des E A ende.

,_ Der Direktor des Friedribs-Real-Gymnasiums , Prof. Runge! feierte beute sein 50 jähriges Dienstjubiläum, welches ihm eine Reihe chrenvoller Auszeihnungen brachte. Das Schulgebäude prangte qug Anlaß des Tages in reihstem Festschmuck. Von der Zinne des ausez herab wehte eine neue, 12 m lange Fahne, welche von den S ülern aus freiwilligen Sammlungen gestiftet worden war. T und Treppen waren mit Lorbeeren und Guirlanden ges{chmüdckt. e Aula war qy Veranlassung der städtishen Behörden durch den Gartendirektor Mäthtig in einen entzückenden Hain exotischer Pflanzen umgewandelt, Jy, mitten desselben standen die dem Jubilar zugedahten Chrengaben Um 10 Uhr fand hier ein feierliher Aktus statt. :

Der amtliche stenographische Unterricht im Hause der Abgeordneten beginnt am Donnerstag, den 20. Oktober. Neben den Anfängerkursen, die besonders für Schüler der oberen Klassen höherer Lehrar stalten bestimmt sind, finden au praktische Uebungen für die: jenigen ftatt, welche \sih zu Fahstenographen ausbilden wollen. An- meldungen werden vom Montag, den 17. d. M. ab, Vormittags von 11 bis 1 Uhr, im Stenographischen Bureau des Hauses der Abgeord- neten angenommen.

(Berl. Pol. N.) Es dütfte wenig bekannt sein, daß bereits seit einer Reihe von Jahren Unteroffizier-Stenographenvereine, und zwar zur Zeit \{on in 7 deutshen Garnisonstädten, existiren welche alljährlich im Oktober Schreibkurse für Anfänger, Fortbil: dungs- und Schnellschreibkurse- eröffnen, an denen sich stets eine an sehnlihe Zahl von Unteroffizieren der betreffenden Garnisonen be- theiligt. Die Thatsache, daß die Stenographie überall mehr und mehr in denjenigen bürgerlichen Berufsarten zur Einführung gelangt ist und si vielfah unentbehrlich gemacht hat, welche viel mit Cor- respondenzen zu thun haben, ist auch in militärischen Kreisen immer fühlbarer geworden und hat in den verschiedensten Garnison- städten aller Kontingente des deutschen Heeres den Wunsch hervor- gerufen, eigene Militär- oder Unteroffizier-Stenographenvereine grün- den zu dürfen. Abgesehen von dem großen unshätßbaren Werth, welchen die Stenographie speziell für den militärischen Dienst hat, z. B. zum rashen Niederschreiben von wichtigen und eiligen Berichten, Meldungen u. \. w., dürfte die Kenntniß und die Fertig» keit in der Anwendung derselben allen denjenigen, dem Unter- offizierstande angehörigen Personen, welhe nach ihrem Ausscheiden aus dem Militärdienst sich einem Beruf widmen wollen, dessen Erfüllung die Erledigung umfangreicher \chriftliher Arbeiten erheischt, eine schr {äßenswerthe Empfehlung sein. Dem Vernehmen nach beabsichtigt der in Ingolstadt (Bayern) seit dem Jahre 1878 thätige Unteroffizier-Stenographenverein, welher am nächstjährigen Allerhöchsten Geburtstage Sr. Majestät des Kaisers, 22. März 1888, sein 10jähriges Bestehen feiern wird, mit dieser Feier ein großes Prämien - Wettschreiben zu verbinden. An demselben können deutsche Unteroffiziere aller Kontingente und aller Waffengattungen theilnehmen, und zweifeln wir niht, daß die Betheiligung an diesem interessanten Wettkampf eine ret rege und lebhafte sein wird.

Der Afrikareisende Lieutenant Wißmann ist nah vierjähriger Abwesenheit soeben aus dem s{warzen Erdtheil zurückgekehrt, nadch- dem er zum zweiten Mal das ungeheure Ländermas;iv vom Westen nah Osten durchzogen hat. Jn \{neller Fahrt, von Zanzibar auf: wärts, legte er die Heimreise zurück, über Egypten, Konstantinopel, Wien, berührte auch im Fluge Berlin, das er aber sofort wieder verließ, um si direkt nah Brüssel zu begeben und seinem Königlichen Gönner, in dessen Privatauftrag er die Reise ausgeführt hat, dem König Leopold der Belgier perfönlich Bericht zu erstatten. Er äußerte sich über seine nächsten Pläne dahin, daß er nah der Berichterstattung an König Leopold nah Berlin zurückehren und zunächst am ò. November d. F. in der Gesellschaft für Erdkunde einen Vortrag halten, alsdann aber wieder in die Armee eintreten werde. Es erwartet ihn viel Arbeit, da noch nit einmal der gewaltige wissenshaftlihe Stoff über seine erste Reise bearbeitet worden ist. Das von seinem Reisegefährten, Stabsarzt Dr. Wolf, inzwischen vorbereitete Werk über die zweite, jeßt vollendete Reise wird vom Lieutenant Wißmann endgültig fertiggestellt werden und baldigst im Verlage von F. A. Brockhaus erscheinen.

Im Deutschen Theater wird morgen, Sonntag, „Galeotto" und am Montag „Faust“ gegeben. Am nächsten Freitag, den 21, beginnt Hr. Hermann Nissen vom Deutschen Landes-Theater in Prag ein Gastspiel als „Conrad Bolz“ in den auch sonst zum Tbeil neu beseßten „Journalisten“. Außerdem bringt das Wochenrepertoire noh Aufführungen von „Galeotto“, „Goldfishe*“ und „Faust“.

Friedrih-Wilhelmfstädtishes Theater. Hr. Direktor Julius Frißshe wird binnen Kurzem eine neue Operette von Louis Roth, dem Komponisten des seiner Zeit so beifällig aufgenommenen „Marquis von Rivoli“ auf/ühren. Dieses jüngste Werk desselben, welches hier in Berlin seine erste Aufführung erlebt, trägt den Titel „Die Lieder des Mirza Schaffy“ und ist in der That aus der populären Gedichtsammlung von Bodenstedt hervorgegangen. Dasselbe spielt im Orient, in den Grenzdistrikten Persiens und Rußlands. Emil Pohl, der Verfasser der „Schulreiterin* und zahlreicher anderer Lust- spiele, Possen und Schwänke, die seit Jahren im Repertoire der deutschen Bühnen heimisch sind, ist der Verfasser des Ubrettos.

_Im Belle-Alliance - Theater erzielt Berg's Posse „Nr. 28 mit Hrn. Schweighofer fortgeseßt volle Häuser, wird auch morgen (Sonntag) wiederholt und verbleibt vorläufig weiter auf dem Repertoire.

Central-Theater In der kommenden Woche erreicht das amüsante Zugstück „Höhere Töchter“, von Mannstädt, bereits die 90. Aufführung, und die allabendlih vollen Häuser erlauben {on jeßt den Schluß, daß auch das zweite halbe Hundert an Vorstellungen ab‘olvirt werden wird.

Im Panorama Deutscher Kolonien ist heute die inter- essante Bushmann- und Hottentotten - Schaustellung, mit welcher eine Ausstellung ethnologisher Gegenstände aus Süd-Afrika verbunden ist, eröffnet worden. Eine Broschüre giebt über die Busch- männer und Hottentotten, speziell über die hier vorgeführten, belehrende Auskunft. Der Buschmann Tísz-ko-lur-oh war in seiner Heimath Krieger, Löwenjäger und Zauberer und zeigt sich hier als gewandter Tänzer, Springer, Bogenshüße, Geigensyieler und Thierstimmen- nehmer, Seine Gattin Pf-age-di-oh ist eine nicht unbegabte

ängerin,

Nedacteur: Niedel.

Verlag der Expedition (Scholz).

Druck der Norddeutshen Buchdruckerei und Verlags-Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Fünf Beilagen (eins{ließlich Börsen-Beilage).

Berlin:

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

Königreich Preußen.

Ministerium für Landwirthschaft, Domänen und Forsten.

Gemäß §. 13 des Geseges, betreffend die Unfall- und Krankenversicherung der in land- und forstwirthschaftlichen Betrieben beschäftigten Personen vom 5. Mai 1886 (R.-G.- Bl. S. 132), gilt als Regel, daß die Unternehmer der unter 8. 1 fallenden Betriebe in Berufsgenossenschaften nah ört- lichen Bezirken vereinigt werden. Als Ausnahme bestimmt 8. 102, daß für Betriebe, welhe für Rehnung des Reichs oder eines Bundesstaats verwaltet werden, bei Anwendung dieses Geseyes an die Stelle der Berufsgenossenschaften der Staat tritt. -

Die 88. 102—107 enthalten sodann die für die Staats- versicherung getroffenen besonderen Vorschriften, über deren Durchführung bereits durh Erlaß vom 16. Zuli d. J. C.-V. Nr. 17 nähere Anweisung ergangen ist. Die Bestimmungen der §8. 102—107 finden jedoh nah §. 109 auf Betriebe der im §. 102 bezeihneten Art feine Anwendung, insoweit die Reichs- bezw. Landesregierung vor der Bildung der Berufs- genossenschasten für den betreffenden Bezirk erilärt, daß solche

etriebe den Berufsgenossenschaften angeschlossen werden sollen.

Hiernach sind für land- und forstwirthschaftliche Betriebe, welche auf den der diesseitigen Verwaltung unterstellten fis- falishen Grundstücken vorhanden sind, drei Kategorien zu unterscheiden : | /

1) Betriebe, welche niht für Rechnung des Staats sondern dritter Personen erfolgen, seien leßtere Pächter (von Domänen und Pachtparzellen) oder Nießbraucher (von Dienstländereien). Diese Betriebe fallen unter die Regel des d 13, gehören also kraft Geseßes zu den Berufsgenossen-

asten. 9 5 Dauernde Staatsbetriebe, welhe gemäß §. 102 der Staatsversicherung unterliegen. A diesen gehö- ren, abgesehen von den Betrieben der Staatsforstverwaltung, insbesondere noch: ; /

a. die mit landwirthshaftlihen, Forst- und Gärtner- Lehranstalten verbundenen Betriebe (z. B. Akademie in Poppelsdorf, Lehranstalt für Obst: und Weinbau in Geisen- heim, Pomologische Anstalt in Proskau, Pomologisher Garten in Kassel, Landesbaumschule in Engers 2c.);

b, die Betriebe der sämmtlichen Haupt- und Land-

estüte ; gel c. die für Rechnung des diesseitigen Ressorts verwalteten Betriebe auf Dünenflächen ; :

d. die fisfalishen Weinbergsbetriebe;

e, die fisfalishe Bewirthschaftung größerer Parkanlagen (z. B. Karlsaue bei Kassel), auf welche die lediglih Haus- und Ziergärten treffende Bestimmung des §8. 1 Abs. 5 keine Anwendung leidet. : i

3) Vorübergehende Staatsbetriebe, welche in Anwendung des §. 109 den Berufsgenossenschaften angehören sollen. Gegenstand dieser Betriebe sind gemäß der unter dem 26. März d. J. diesseits an den Herrn Reichskanzler abge- ebenen Erklärung solhe Grundstücke, welche ihrer Natur nah Seuccad zum Betrieb durch dritte Personen (Pächter oder Nieß- braucher) bestimmt sind, jedoh zur Zeit aus irgend einem Anlaß vorübergehend für Rechnung des Staats bewirthschaftet werden. Ein derarliger Betrieb ist der Berufsgenossenshaft anzu- \hließen; ebenso wird, wenn ein unter die Kategorie 1 fallender Betrieb später vorübergehend in einen Staatsbetrieb umge- wandelt werden sollte, der leßtere, wie bisher der Privat- betrieb, im Verbande der Berufsgenossenschaft verbleiben.

Was nun insbesondere die land- und forstwirthschaftlichen Nebenbetriebe anlangt, so fallen dieselben grundsäßlih unter dieses Gesetz, sofern sie niht durch §8. 1 des Unfallversicherungs-

esepes vom 6. Juli 1884 (R.-G.-Bl. S. 69) erfaßt sind. N eiters (3. B. Sägemühlen, Torfstiche, Steinbrüche) verbleiben nah wie vor bei den betreffenden Berufsgenossenshaften. Da- egen scheiden diejenigen Nebenbetriebe, welhe nah dem Aus- ebnungdgeses vom 28. Mai 1885 (R.-G.-Bl. S. 159) ver- fiherungspflihtig waren (z. B. Wald-Eisenbahnen, Flößereien, Kellereien) aus dem bisherigen Genossenschaftsverbande aus und folgen, wie alle nicht versicherten Nebenbetriebe, der Ver- fiherung des land- oder forstwirthschaftlihen Hauptbetriebes. Wegen der ausscheidenden Nebenbetriebe wolle die Königliche Regierung seiner Zeit das Erforderliche veranlassen. i

Um nun den Regierungen, welchen die Aufsicht über die meinem Ministerium unterstellten fiskalishen Grundstücke ob- liegt, die künftige Prüfung der von den Gemeindebehörden aufzustellenden Unternehmer-Verzeichnisse und der darauf ba- sirenden Genossenschaftskataster rüsihtlich jener Grundstücke innerhalb der Einspruchsfrist zu ermöglichen, wird es sih empfehlen, schon jeßt für diejenigen Gemeinden, Kreise und Regierungsbezirke, in welchen Betriebe auf derartigen Grund- stüden vorhanden sind, Verzeichnisse aufzustellen, aus welchen ersichtlich ist, zu welcher der oben bezeihneten drei Kategorien jeder einzelne Betrieb gehört. : |

Die Königliche Regierung wird deshalb angewiesen, mit der Aufstellung derartiger Verzeichnisse so {hleunig vorzugehen, daß dieselben bis spätestens 1. April 1888 abgeschlossen sind.

Wegen der Betriebe auf den der Ansiedelungs-Kommission 04) na Grundstücken bleibt die weitere Bestimmung vor-

ehalten.

Berlin, den 29. September 1887. :

Der Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten. LUclus8.

An sämmtliche Königliche Regierungen.

_ Ew. 2c. lasse ih beifolgend Abschrift eines an die König- lihen Regierungen unter dem heutigen Tage ergangenen Circular-Erlasses zur gefälligen Kenntnißnahme mit dem Er- suchen ganz ergebenst zugehen, von dem Jnhalt bei Gelegen- heit der konstituirenden Genossenschastsversammlung erforder- lien Falls geeigneten Gebrauh machen zu wollen.

Der Minister für U iat Domänen und Forsten.

ucius.

Berlin, Sonnabend, den 15. Oktober

Entwurf

eines Normalstatuts für land- und forstwirth- \shaftliheBerufsgenossenschaften, welche nach dem preußishen Ausführungs8geseyß vom 20, Mai 1887 gebildet werden.

A.

Falls die Verwaltung der Genossenschaft nicht an Organe der Selbstverwaltung übertragen wird.

Auf Grund der 88. 19 ff. des landwirthschaftlichen Unfall- versicherungsgeseßes vom 5. Mai 1886 (Reichs-Geseßbl. S. N und des Geseßes vom 20. Mai 1887 (Geseß-Samml. S. 189) wird für die [Schlesishe] landwirthschaftlihe Berufsgenofsenshaft das nach- stehende Statut errichtet.

I. Name, 2A Umfang [und Eintheilung] der erufsgenossenschaf t.

8. 1. Name und Sih der Genossenschaft. ;

Die Berufsgenossenschaft der Unternehmer land- und forstwirth- \chaftliher Betriebe fn der Provinz Schlesien] führt den Namen [Schlesische] landwirthschaftliche Berufsgenossenshaft und hat ihren Siy in [Breslau]. ;

Anmerkung. Es empfiehlt sih, einen möglichst kurzen Nam en u wählen.

: Da Ressort-Minister kaun den Siß der Genossenschaft nah- träglich anderweitig bestimmen; vergl. Artikel T des preußischen Aus-

führungs8geseßzes.

8. 2. Umfang der Genossenschaft. : : Der Bezirk der Genossenschaft erstreckt \sich über [die Provinz Shlesien] [und umfaßt alle unter §. 1 des landwirthschaftlichen Unfallversicherungsgeseßes fallenden Betriebe, deren Siß {ich in dem Genofsenschaftsbezirk befindet]. i Anmerkung. Vergl. §. 109 des Reichtgesetes.

Eintheilung A Meg,

Sektionen. : i Die Genossenschaft zerfällt in Sektionen. Jeder Kreis bildet eine Sektion. Der Siß der Sektion ist die Kreisstadt. ; Anmerkung. Vergl. jedoch Artikel V des preußishen Aus- führungs8geseßes. i : ) Es it E beachten, daß für jede Sektion ein Schiedsgericht ge- bildet werden muß; vergl. §8. 50 ff. des Reichsgeseßes. e Der Ressort-Minister kann den Siß der Sektion nahträglih anderweitig bestimmen; vergl. Artikel IT des preußischen Ausführungs-

eleBzes. geseß a

Bezirke der Bertrauen8männer.

&ür jede Sektion sind Vertrauensmänner und Stellvertreter der- selben als örtlihe Genossenschaftsorgane zu wählen.

Die Bestimmung der Zahl der Vertrauensmänner und Stell- vertreter, die Abgrenzung und die Veränderung ihrer Bezirke, sowie ihre Wahl wird der Genossenschaftsversammlung [dem Genoffenschafts- vorstande] [dem Sektionsvorstande] übertragen. j ; :

A E Ua, E Bestimmungen sind nicht obligatorisch ; vergl. §..23 des Reichsgesetzes. E :

“nee die Abgrenzung der Bezirke, sowie über die Wahl der Vertrauensmänner und Boer Stellvertreter ist im Statut selbst nähere Vorschrift zu treffen, wenn niht von der Bestimmung im S. 23 Absaß 3 des Reich8geseßes Gebrauch gemacht wird. ‘Die in dem Absaß 2 vorstehend aufgestellten Obliegenheiten können von ver- schiedenen Organen wahrgenommen werden, so daß z. B. der Ge- nossen\schaftsvorstand die Bezirke abgrenzt und der Sektionsvorstand die Wahl der Vertrauens8männer vornimmt.

II. Organisation der Berufs8genossenschaft. Allgemeine Bestimmung.

8. 5.

Die Angelegenheiten der Berufsgenofsenshaft werden rach Maß- gabe des Geseßes und dieses Statuts durh die Genossenschafts- versammlung (§. 6), den Genossenschaftsvorstand (S. 12), den Genofsen- \chaftsausschuß (S. 23), die Sektionsvorstände (§. 25) [und die Vertrauensmänner (§8. 28)] verwaltet.

Genossenschaftsversammlung. 8, 6. Zusammenseßung.

Für jede Gemeinde bezeihnet die Gemeindevertretung oder, wo eine folhe niht besteht, die Gemeindebehörde aus der Mitte der der Gemeinde angehörenden, unter das landwirtbshaftlihe Unfallversiche- rungsgefeß fallenden Unternehmer oder bevollmähtigten Betriebsleiter einen Wahlmann. Innerhalb jeder Sektion wählen die derselben an- gehörenden Wahlmänner aus ihrer Mitte je [einen] Delegirten. In denjenigen Gemeinden, welche einen Kreis für sich bilden, wird der Delegirte aus der Zahl der unter das landwirthscaftliche Unfall- versicherungsgeseß fallenden Unternehmer oder Betriebsleiter dur die Gemeindevertretung bezeihnet. Diese Delegirten bilden die Genossenschaftsversammlung. S :

[Für jeden Delegirten ist gleichzeitig ein Ersatzmann zu wählen.]

[Abwesende Delegirte können sich durch andere Delegirte in der Genossenschaftsversammlung vertreten lassen.] i

Die Delegirten sund die Ersaßmänner | werden auf [vier] Jahre

ewählt. Scheidet ein Delegirter {oder sein Ersaßmann] vor dem blauf der Wahlperiode aus, so hat die betreffende Sektion für die noch laufende Zeit eine Ersaßwahl vorzunehmen.

[Die Delegirten (und die Ersaßmänner) werden auf (drei) Jahre gewählt. Jedes Jahr scheidet (ein Drittel) aus. Die Ausscheidenden

ersten und zweiten Male durch das Loos bestimmt.] i | Unmertüng Vergl. §. 23 des Reichsgeseßes und Artikel III des preußischen Ausführungsgeseßzes. , ;

Durch das Genossenschaftsstatut kann au vorgeschrieben werden, daß die Zahl der für jeden Kreis zu wählenden Vertreter vermindert wird und daß in diesem Fall Kreise zu gemeinsamen Wahlbezirken vereinigt werden. ; j /

Die Wahl von Ersaßmännern und die Zulassung einer Ver- tretung abwesender Delegirter durch andere Delegirte ist wie hier noch ausdrücklich bemerkt wird nit obligatorisch.

8. ( ; Zum ersten Mal werden die Wahlmänner der Sektion durch den

rovijorischen Genossenschaftsvorstand (S. 21 des Reichsgeseßes), päter durch den Sektionsvorstand zur Wahl eingeladen. Der provisorishe Genossenschaftsvorstand bestimmt ein Mitglied der Sektion, welches die erste Wahlversammlung zu eröffnen und zu leiten hat. :

ha Wahl erfolgt, indem jeder anwesende Wahlberechtigte fo viel Namen auf einen Stimmzettel s{hreibt, wie Delegirte [und Ersaßmänner] gewählt werden pen Die Wahl kann auch auf

i 5 Vergl.

sind wieder wählbar. Die Reihenfolge des Ausscheidens wird beim '

187.

Gewählt sind diejenigen, welhe die meisten Stimmen erhalten haben. Stimmen, welche auf niht Wählbare fallen oder die Ge- wählten nicht deutli bezeihnen, werden nicht mitgezählt. Bei E RMBEAIE entscheidet das durch den Vorsißenbdeu zu ziehende 008. :

Von dem Ausfall der Wahl is unter Einsendung der Wahl- verhandlungen dem Genofsenschaftsvorstande binnen [drei] Tagen

Nachricht zu geben.

8. 8. Obliegenheiten. Der Genossenschaftsversammlung liegt insbesondere ob: 1. die Wahl der Mitglieder des Genossenschaftsvorstandes [der Sektionsvorstände] und ihrer Ersaßmänner [sowie die Bestimmung des Vorsitzenden des Genossenschafts-(Sektions-)vorstandes und seines Stellvertreters]; E

2. die Beschlußfassung über t. der Beiträge für diejenigen Genossenschaftsmitglieder, welche die auf fie gefallenen Wahlen ohne geseßlihen Grund ablehnen ; 1) i j 3. die Beschlußfassung Über die Abänderung des Bestandes der Gen eal und deren vermögensrehtliche Folgen nah §8. 42, 43 des Reichsgeseßzes ;

4. die Beschlußfassung über Abänderungen des Statuts 2) (§. 53); 5. die Vereinbarung mit anderen Genossenschaften zu gemein- samer Tragung des Risikos nah §. 41 des Reichs8geseßes ; l 6. die Beschlußfassung über die Aufstellung des Gefahrentarifs, über die Beibehaltung oder Aenderung desselben vorbehaltlih der Befugniß der Genossenschaftsversammlung, diese Beschlußfassung dem Genossenschaftsvorstande [einem nah §. 13 zu wählenden Aus\{huß] zu übertragen —, beziehungsweise darüber, ob von der Aufstellung eines Gefahrentarifs Abstand genommen werden soll ; 2)

7. die Beschlußfassung darüber, ob gemäß §. 35 Absaß 5 des Reich8geseßes einzelnen Unternehmern Zuschläge aufzulegen oder Nachlässe zu bewilligen sind;

8. [die Beschlußfassung über die Anlegung und Verwaltung des Reservefonds und über die Verwahrung der in denselben befindlichen Werthpapiere und Gelder, sowie die Beschlußfassung über weitere DuGlage zum Reservefonds (§8. 35) und über die Erhöhung des-

en;

selben ; : x

9. die Beschlußfassung über die zu erlassenden Unfallverhütungs- vorschriften, sowie wegen der Ueberwachung der Betriebe ; *)

10. die Feststellung des Etats für die Verwaltungskosten der Genossenschaft, sowie die E darüber, ob und in welcher Zahl Bureaubeamte und Beauftragte für die Verwaltung der Ge- nossenschaft und der Sektionen anzustellen sind, und unter welchen Bedingungen Beamte und Beauftragte durch den Genossenschafts- vorstand angestellt werden dürfen, insbesondere über die Höhe der denselben! zu gewährenden Gehälter und sfonstigen Entshävigurgens

11, die Prüfung und Abnahme der Jahresrechnung einschließli des von dem Sektionsvorstande alljährlich über die S aufzustellenden Rechen\schaftsberihts und die Wahl eines aus drei] Mitgliedern bestehenden Ausschusses zur Vorprüfung derselben, sowie die etwaige Wahl eines Ausschusses zur Prüfung und Abnahme der Jahresrechnung : 7) / S

12, die Festseßung von Pauschsäßen für die den Genofsenschafts- organen und den aus der Genossenschaft g Mitgliedern des Schiedsgerichts an Stelle der ihnen nah §. 48 zustehenden Ver- anae zu gewährenden Entschädigungen für Reise- und Zehrungs- osten ; °) i :

13. die Bestimmung der öffentlichen Blätter, durch welche die Bekanntmachungen des Genossenschaftsvorstandes erfolgen sollen ; 9)

14. die Beschlußfassung über Anträge von Mitgliedern der Ge- nossenschaftsversammlung ; 19) L j

15. die Berathung und Beschlußfassung über alle Angelegen- heiten, welche der Genossenschaftsversammlung zu diesem Zweck von dem Vorstande oder von dem Reichs-Versicherungs8amt vorgelegt werden ; E 5

16. die Beschlußfassung über die Gewährung von Prämien für Rettung Verunglückter und für Abwendung von Unfällen;

17. [die Beschlußfassung wegen Ueberwachung der in ärztlicher Behandlung befindlihen Kranken und der Rentenempfänger] ;

18. die Wahl der Mitglieder des Genossenshufts-Ausfchusses zur Entscheidung über Beschwerden (§, 23) und ihrer Erfaßmänner C E Bestimmung des Vorsitzenden dieses Aus\{hu}ses] ;

Anmerkungen.

1) Vergl. L 29 des Reichsgeseßes.

2) Vergl. §. 22 Ziffer 13 des Reichsgesetzes. :

3) Auch wenn die Beiträge der Berufsgenossen durch Zuschläge zu direkten Staats- oder Kommunalsteuern aufgebracht werden, ist die Aufstellung eines Gefahrentarifs niht ausgeschlossen. . 17 des Reich8gesetzes.

5) Vergl. §§. 87 ff. des Reichsgeseßes.

s) Es ist zulässig, mehrjährige Etats einzuführen; vergl. §. 9 Anmerkung 2. i

Soweit Beamte zur Besorgung der Geschäfte der Berufsgenossen- \haft angestellt werden müssen (Geschäftsführer, Sekretäre, Kafssen- führer), kann denselben selbstverständlich eine Entschädigung gewährt werden. : 7) Vergl. §. 22 Ziffer 10 und §. 26 Absaß 2 Ziffer 3 des Reichs8geseßes, sowie §. 9 Anmerkung 2 des Statuts.

8) Vergl. §8. 30, 53 des Reichs8gesetzes. : ,

9) Z. B. Anzeigeblatt der Amtlichen Nawbrihten des Reichs- Versicherungs8amts.

10) Vergl. §, 11 Absahß 4.

. 9, Geschäftsordnung.

Die Genossenshaftsversammlung wird von dem Genofsenschafts- vorstande (§. 12) unter Angabe der Gegenstände der Verhandlungen durch eine wenigstens [zwei] Wochen vorher in den für die Bekannt- machungen der Genossenschaft bestimmten Blättern zu veröffentlichende Einladung berufen. (Außerdem werden die Delegirten einzeln geladen. ] ] [Als Ort der Versammlung wird von dem Vorstande abwechselnd der Siß einer Sektion bestimmt.]

Jede auf solche Weise einberufene Genossenshaftsversammlung ist ohne Rücksiht auf die Zahl der erschienenen Mitglieder bes{chluß-

ähig.!

v0 Mäbrlis, spätestens im Juni, findet eine ordentliche Genofsen- schaftsversammlung statt. Die dieser Versammlung behufs Prüfung und Abnahme vorzulegende Jahresrechnung muß vorher durch einen Ausschuß von [ drei! Genossenschaftsmitgliedern geprüft worden „sein. Dieser Ausschuß wird erstmalig in der ersten auf die Genehmigun des Statuts folgenden Genossenfchaftsver ammlung und demnäch jedes Mal in der ordentlichen Genofssenschaftsversammlung für das folgende Jahr nah Maßgabe des §. 13 gewählt.2)

Außerordentlihe Genossenshastsversammlungen beruft der Ge- nossenschaftsvorstand, sofern dies im Interesse der Genossenschaft er- forderlich erscheint.

Die Berufung der Genossenschaftsversammlung muß binnen drei Wochen erfolgen, wenn das Reihs-Versiherungs8amt, oder wenn zwei] Sektionsvorstände, oder wenn [zehn] Delegirte, oder wenn

itglieder es \{riftlich verlangen, welche mindestens den [zwanzigsten] Theil der Unternehmer der in der Genossenschaft vereinigten Betriebe.

An die sämmtlichen Herren Ober-Präsidenten.

andere Weise (dur Akklamation, Handerheben 2c.) erfolgen, wenn niht mehr s der zehnte Theil der Anwesenden widerspricht.

ausmachen.