1887 / 243 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 17 Oct 1887 18:00:01 GMT) scan diff

Ministerien und die gleihe Kommission des _öster- reichischen Reichsraths verständigt. Die gemäßigte Oppo- sition des Reihstages hat in der heutigen Partei- fonferenz den Adreßentwurf festgestellt, mit dessen Unterbreitung Graf Albert Apponyi betraut wurde. Der volkswirthschaftlihe Au s\chuß des Abgeordneten- DOnIeE hat den Geseßentwurf über den Schuß des

einhandels und Weinbaues bis auf einen Punkt an- genommen.

15, Oktober. (W. T. B.) Das Oberhaus nahm heute den Adreß-Entwurf in2 der General- und Spezial-

zu

debatte unverändert an. Y=a - {z# R S n e S

Belgien. Brüssel, 16. Oktober. (W. T. B.) Bei den heute in ganz Belgien stattgehabten Gemeindewahlen ori nah den bisherigen Berichten beide Parteien, die

iberalen und die Klerikalen, ihre Stellungen im Allgemeinen

behauptet. Jn Brüssel wurden alle liberalen Kandidaten, mit Ausnahme eines Kandidaten der fortschrittlich-radikalen Coalition, wiedergewählt; ebenso wurden in Antwerpen und Lüttich die liberalen Randidaten mit sehr großer Majorität wiedergewählt. Jn kleineren Ortschaften haben die verschiede- nen Parteien theils Mandate gewonnen, theils verloren.

16. Oktober, Abends. (W. T. B.) Jn Gent brachten es die Liberalen bei den Gemeindewahlen auf etwa 5000 Stimmen, während die sozialistishen Kandidaten 800 Stimmen erhielten. Jn Renaix errangen die Liberalen einen theilweisen Erfolg. Jn Lüttih unterlagen dieselben und gelang es ihnen nur, 3 Kandidaten durhzubringen. Jn Mons wurden theils Klerikale, theils Liberale gewählt. Fn Luxemburg gewannen die Klerikalen an Boden. Jn Ypern wurden die Liberalen geschlagen. Soweit bis jeßt bekannt, ist die öffentlihe Ordnung nirgends gestört worden.

Großbritannien und Jrland. London, 15. Oktober. (A. C.) Sir Joseph West Ridgeway, der Nachfolger General Sir Redvers Buller's auf dem Posten eines Unter- sekretärs für Jrland, begab sih gestern Morgen nah Dublin, um sein Amt anzutreten.

15. Oktober. (W. T. B.) Auf dem Trafalgar- Square fand heute wieder eine Versammlung von etwa 1000 Personen statt, wobei zwei s{hwarze Fahnen entfaltet wurden. Ein Redner denunzirte der Menge in einer Ansprahe die Polizei, den Lordmayor und die Hens „Standard“, und empfahl, zu der nächsten ersammlung mit Stöcken bewaffnet zu er- scheinen, um der Polizei Widerstand entgegensehen zu können. Hierauf begab \sich die Menge, von einer starken Polizei- mannschaft gefolgt, im Zuge durh die City nah Stepney- Green, wo \ih dieselbe in Folge des inzwischen eingetretenen Regens und der Maßregeln der Polizei zerstreute.

16. Oktober, Abends. (W. T. B.) Eine neue, heute auf dem Trafalgar-Square abgehaltene Versammlung war wenig zahlreih besucht. Nachdem eine kurze Rede ge-

alten worden, begaben sich die Manifestirenden, von olizeimannschaften zu Fuß und zu Pferde begleitet, nah der estminster-Abtei. Als der Zug bai eintraf, wurde den Veranstaltern der Kundgebung mitgetheilt, daß die Abtei bereits voll Menschen sei. Hierauf zerstreute sih die Menge. Die öffentlihe Ordnung wurde nicht gestört. y

Dublin, 16. Oktober. (W. T. B.) D’ Bri en, welcher sih heute Naht nach Woodford (Galway) begeben hatte, wohnte dort um Mitternacht einem Meeting bei, welches in dem auft eines seiner Anhänger veranstaltet war, troß- dem die Polizei dasselbe für heute verboten hatte. Bei seiner Ankunft in Woodford war die Stadt illu- minirîi. Nah dem Meeting hielt D'Brien aus einem Fenster des Hauses heraus eine Ansprache, in welcher er sagte, daß, wenn die Meetings für Mittag ver- boten würden, man sie um Mitternacht halten müsse. Unter lebhaften Beifallsbezeugungen der Menge verbrannte O'’Brien sodann die Proklamation, durch welche das Meeting verboten worden war. Der anwesende Polizei- kommissar sah diesen Vorgängen zu, ohne einzuschreiten. Die Versammlung ging dann ruhig auseinander.

Ottawa (Canada), 13. Oktober. (R. B.) Jn dem heutigen Ministerrath wurde beschlossen, die britische Regierung zu ersuhen, Sir Charles Tupper zum Ver- treter Canadas auf der bevorstehenden Flscherei-Kon- ferenz zu ernennen. Sir Charles Tupper wird im Kabinet als Finanz-Minister verbleiben.

Frankreich. Paris, 14. Oktober. (Fr. C.) Der Minister des Auswärtigen seßte gestern dem Budget- ausschuß die. Grundlagen des neuen gemeinsamen Budgetentwurfs für die vier ostasiatischen Besitzungen Frankrei chs auseinander, der in Ein- nahme mit 49 990150 und in Ausgabe mit 49 684 933 Fr. abschließt. Die Haupteinnahmen sind: Zuschuß des Mutterlandes 20, Leistungen Cochinhinas 181/39, Annams und Tongkings 5, Kambodshas 1 Million Fr. Die Ausgaben sind wie folgt veranschlagt: Gemein- same Verwaltung (Generalgouverneur) 500 000 Fr., Heer 29 Millionen, Flotte 10 830 000, Zölle und Staatsbetriebe 5 789 983, Post und Telegraph 3 950. Die Einzelbudgets der vier Gebiete sind natürlich weit höher als ihr Theil am gemeinsamen, welher nur den Uebershuß ihrer Einnahmen über ihre Ausgaben darstellt. Das Budget Cochinchinas (in Einnahme) beziffert sich auf 34, das Annams und Tongkings auf 171!/,, das Kambodschas auf 31/4 Millionen. Hr. Flourens bemerkte: die Ergebnisse des laufenden Tahres ent- sprehen ganz oder bis auf einen leihten Fehlbetrag dem Voranschlag; 1888 werde der Ertrag der Steuern, namentlich der Opium- und Reisabgaben, ein noch besserer sein. Die Ausgaben ließen sich nicht vermindern; einige müßten sogar noch erhöht werden. Yingegen ermögliche die Vereinigung der Verwaltungen, den Zushuß des Mutterlandes von 30 auf 20 Millionen zu ermäßigen. Bisher hätten die drei Schuß- herrschaften getrennt von einander und von der Kolonie Cochin- china verwaltet werden müssen ; aber jeßt, nahdem die Grenz- frage und das Zollwesen geregelt seien, liege kein Grund mehr vor, die Schußherrschaften unter der Leitung des Auswärtigen Amts zu lassen. Eine völlige Verschmelzung aller vier Be- pingen gehe nicht an wegen der Verträge und der ver-

iedenen Bildungsstufen der Bevölkerungen. Es handle si daher nur um die Vereinigung gewisser Dienstzweige, zunächst der Vertheidigung, die von Cochinchina aus mit weniger Kräften geleitet werden könne, wie ja bereits Cochinchina die Ruhe in Annam M herstellen helfen. Einige Bataillone der mutterländishen Truppen könnten dann nah Hause geschickt werden. Die Zollverwaltung müsse in Folge des gemeinsamen

diente ebenfalls gemeinsam sein, desgleichen Posi- und elegraphenverwaltung und Rechtspflege. Cochinchina trage gern einen hohen Theil der E Verwaltungskosten, weil es aus der Herrschaft über Annam und Tongking den meisten Vortheil ziehe. i :

Der Generalrath der Provinz Constantine (Algerien) hat an die Regierung und die Kammern ein U nter- stüßung8gesuch zu Gunsten der durh die Heuschrecken- plage unlängst Heimgesuhten gerichtet. Der Schaden ist auf 8 600 000 Frs. geshäßt Der Generalrath hat aus seinen eigenen Mitteln 100 Frs. zur Anschaffung von Saatkorn für die betroffenen Landwirthe bewilligt. i

15, Oktober. (Köln. Ztg.) Jn dem heutigen Ministerrath nahm der Conseils - Präsident das Ent- a E LS des Justiz-Ministers Mazeau, welches durch Gesundheitsrücksichten begründet wurde, an. :

15. Oktober. (W. T. B.) Jn einem heute Vormittag stattgehabten Ministerrath theilte der Kriegs-Minister RINDA mit, daß er am nächsten Donnerstag dem obersten

riegsrath drei neueGeseßentwürfe vorlegen werde; der erste derselben betreffe die Organisirung von Spezialtruppen, nämlih von Gebirgs-Fnfanterie und Artillerie; nah dem zweiten sollen die Artillerie- truppen dur Bildung von zwei neuen gemischten Regimentern für den Dienst in Algier und Tunis vermehrt werden; drittens sollen Eisenbahn-Sappeurs gebildet werden.

Wilson exklärt formell den heute früh von dem „Juntransigeant“ veröffentlihten Brief eines gewissen Foub ert, in welhem behauptet wurde: FJoubert habe einen an Wilson zahlbaren Check von 10000 Fr. unterzeichnet, um eine Ordensauszeichnung zu erhalten, für s Wilson fügt hinzu: er kenne weder Joubert noch den angeb- lichen Check und habe die Hülfe der Gerichte in Anspruch genommen, um die Urheber dieser falshen Angabe zur Ver- antwortung zu ziehen. i

15, Oktober, Abends. (W. T. B.) Der JFusstiz- Minister erklärte auf eine bezüglihe Anfrage des Kriegs- Ministers Ferron, daß nah dem gegenwärtigen Stande der Untersuchung wegen des Ordenshandels kein Offizier der Armee und kein Beamter der Central-Militär- Verwaltung kompromittirt sei, außer Caffarel und d'’Andlau. Die Prüfung der in dieser Sache beschlagnahmten Papiere sei nahezu vollständig beendigt. |

16. Oktober. (W. L. B.) Frau Ratazzi hat gestern Nachmittag, von dem Untersuchungsrichhter in Gegenwart Wilson's vernommen, erklärt, daß sie Foubert nicht gekannt habe und niemals in Angers gewesen sei. Den ehemaligen Sekretär Wilson's, Martineau, habe sie gekannt, aber seit seiner Verurtheilung in der Michelin-Asfaire nicht wieder gesehen. Die bezügliche Mittheilung in dem Briefe Joubert's halte sie für eine reine Erfindung.

Der Kriegs-Minister ist nah Nancy abgereist, um daselbst die neuen Jnufanterie-Regimenter zu be- sichtigen, und wird demnächst auch die Festungen an der O stgrenze inspiziren.

Ftalien. Nach einer der „Polit. Corr.“ aus Rom zu- gegangenen Mittheilung wird die Eröffnung der italienischen Kammer am 16. November durch den König mit einer Thronrede erfolgen. Die Haupt- vorlagen der e Eten Session werden die Handels- verträgg, as neue Strafgeseßbuch, die auf dem Gebiete der Verwaltung und des öffentlihen Sicherheitswesens ein- zuführenden Neuerungen und die Reorganisation der Ministerien sein.

Mailand, 17. Oktober. (W. T. B.) Prinz Wilhelm von Preußen ist heute früh 8/4 Uhr von hier nah Ba- veno abgereist, wo heute Abend 71/, Uhr auch der Prinz Heinrich eintreffen wird.

Schweden und Norwegen. Christiania, 14. Oktober. Ueber die Ministerkrisis berichtet „Astenposten“ Folgen- des: Die Verhandlungen des vereinigten Staatsministeriums erreichten gestern Mittag ihren Abshluß. Sodann verließen der Staats-Minister Richter sowie die Staatsräthe Arctander, Astrup, Blix, Kildal und Sörenssen den Stistshof während die Staatsräthe Haugland, Stang und Jako Sverdrup noch einige Stunden bei dem Staats- Minister Johan Sverdrup blieben. Die Uneinigkeit im Ministerium hat eher zu- als abgenommen, so daß die Gegen- wart des Königs schon in der nächsten Zeit nothwendig er- scheint. Die Stellung ist nun so, ‘daß erstgenannte sechs Staatsräthe dem Staats-Minister Johan Sverdrup und den übrigen Staatsräthen opponiren. Den Staatsräthen Arctander, Astrup und Kildal, die immer den reinen parlamentarishen Standpunkt eingenommen, {loß si zuerst Staats-Minister Richter an, welhem Beispiele dann Sörenssen und Blix folgten. Es handelt sich nun um die Frage, ob der König bei seiner demnächstigen Ankunft den

taats-Minister Sverdrup mit der Nekonstruteung seines Ministeriums mit moderaten Elementen beauftragen oder aber dem Staats-Minister Richter den Auftrag ertheilen wird, ein neues vollkommen parlamentarishes Ministerium zu bilden.

Dänemark. Kopenhagen, 15. Oktober. Fn der

‘gestrigen Sizung des Folkethings wurde die Verhandlung

wieder durch den Conseils-Präsidenten Estrup eröffnet. Derselbe wandte sich zunächst gegen die Ausführungen des Abg. Berg in der vorigen Sitzung und wies mit Entschieden- heit dessen Beschuldigung zurück, seinen politishen Standpunkt verändert zu haben. Die Berg'sche Theorie, nah welcher das, was durch besondere Geseßze bewilligt worden, im eigentlichen Sinne erst bewilligt werde, wenn es in das Finanzgeseß auf- genommen sei, sei der reine Doktrinarismus. Es sei nicht seine

ewohnheit, gegen die Beschuldigung des Verfassungsbruchs u protestiren, aber dann und wann könne es doch angebracht fein Das Ministerium vermeine, niht außerhalb der Ver- assung zu sein, und er finde keine Uebereinstimmun ee seiner Erklärung und der Aeußerung des Kultus-Ministers, daß man außerhalb der Voraussezungen der Verfassung sei. Wenn eine Abtheilung des Reichstages sih an den König mit dem Verlangen wende, daß das Ministerium in Ueber- einstimmung mit dieser Abtheilung sein solle, oder wenn das eine Thing dem andern das Po mit der Er- flärung übersende: „Dieses Finanzgesey oder keins“, dann liege dies sicher außerhalb der ees der Verfassung, aber deshalb wolle er es doch niht als Verfassungsbruch bezeichnen. Er habe gehört, daß gewisse Blätter von Verhandlungen zwishen ihm und einigen ae Av evt gefabelt hätten. enn erx indessen dex Hoffnung Ausdruck

gegeben habe, daß ein Finanzgeseß zu Stande komme, \#o sei es geschehen, weil er glaube, daß man von allen Seiten eine Beendigung der politischen Kämpfe wünsche. Der erste Schritt in dieser Richtung werde sein, daß man sich wegen eines Finan esebes einige. Der Kriegs-Minister Bahnson bestritt, da gungen in seinem Budget mit der ökonomischen Lage des Landes etwas zu thun hätten. Die militärishen Veranstaltungen ätten in diesem Januar ca. 1500 Arbeitern den Lebensunter- alt verschafft. Der Abg. Graf Holstein-Ledreborg er: klärte, er finde, daß die bisherigen Verhandlungen hinsichtlih der Bereitwilligkeit der Regierungspartei i Verständigung nur ein ungünstiges Zeugniß abgelegt hätten. Mit dem Verlangen, daß die provisorischen Bewilligungen in das Finanzgeseß aufzunehmen seien, mache der Finanz-Minister jede Verhandlung unmögli, Redner griff alsdann wieder die begonnenen Befestigungs- anlagen von Kopenhagen an, die er als durhaus verfehlt und nur als geeignet bezeichnete, das Land in einen Krieg zu stürzen. Der Conseils-Präsident Estrup protestirte gegen die Unterstellung, daß die Regierung eine Verständigung unmög: lih zu machen bestrebt sei. Das provisorishe Finanzgeseß sei jeßt in der Hand des D ehe und dieses müsse deshalb auch die Verantwortlichkeit dafür tragen, was geschehen werde, Der Sag ges wurde s{chließlich einstimmig zur zweiten Lesung und an einen Auss{huß von 15 Mitgliedern verwiesen.

15. Oktober. (W. T. B.) Die Abreise der russi- schen Kaiserfamilie dürfte wegen der Erkrankung einiger Kinder einen Monat vershoben werden. Die russi\chen Schiffe treten am Sonntag oder Montag die Rückkehr nah Rußland an.

16. Oktober. (W. T. B.) Berichten aus Fredens- borg, von heute, zufolge befindet sich der Großfürst Michael auf dem Wege der Besserung; dagegen sind die Großfürstinnen Xenia und Olga, sowie der Groß- fürst Georg nunmehr ebenfalls an den Masern erkrankt, Von den Kindern der Prinzessin von Wales is die Prinzessin Maud an den Masern erkrankt, während in dem adl der Prinzessin Luise Besserung einge: treten ist.

Amerika. New-York, 15. Oktober. (R. B.) Das Staats3departement hat die Nachricht erhalten, daß Sir Charles Tupper Kanada auf der Fischerei- Kon- ferenz vertreten werde. Die Verhandlungen derjelben werden sich lediglich auf die Fischereifrage beschränken, Das Staatsdepartement läßt erklären, daß es bezüglich der kommerziellen Union niemals eine Berathung vor- geshlagen habe. Betreffs der Nachricht, daß Großbritannien gegenüber der Forderung der Vereinigten Staaten, eine Jurisdiktion in der Behringssee ausüben zu dürfen, eine solche Jurisdiktion über die kanadishen Gewässer bean- spruhe, wird positiv versichert, daß das Staatsdepartement niemals einen Standpunkt eingenommen hat, aus welchem ep werden könnte, daß es eine Jurisdiktion in der

ehringssee beanspruche oder nicht beanspruche.

15. Oktober. (W. T. B) Der Präsident Cleveland is mit seiner Gemahlin heute in Memphis eingetroffen.

Afrika. Mukhtar Pa

Kairo, 13. Oktober. (A. C)

Egypten. \ B wurde, als er heute hier eintraf, von den Palastbeamten, den Ministern, dem französishen Konsul

und den mohamedanischen Korporationen empfangen. Eine Kundgebung des Volkes fand jedoch nicht statt. Weder Militär- noch Civilbehörden waren anwesend. Auch eine Ehrenwache war nicht aufgestellt, wie bei seiner ersten Ankunft. Man fragt \ih, welches der Zweck seiner Reise sei. Marokko. Tanger, 14. Oktober. (N. B.) Zufolge einer hier eingegangenen amtlichen Mittheilung vom

Hofe in Mequinez hat sich der Gesundheitszustand.

des Sultans bedeutend gebessert.

Zeitungsftimmen.

Jn einem Aufsaß im „Archiv für öffentliches Recht“ zeichnet Dr. Ludwig Fuld, wie die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ hervorhebt, den Werth des Reichsgerichts mit folgenden Worten: ,

Die nationale Bedeutung des deutschen. Reich8gerichts ift eine gewaltige, und es darf auf sie in einer Zeit aufmerksam gemacht werden, in der man, wie es \cheint, das tiefere Verständniß für den nationalen Werth der Rechtsinstitutionen verliert. Auch das alte Reichs-Kammergeriht hatte einen gewissen Werth in nationaler Hin- siht, troßdem in seiner Beseßung die ständishen und religiösen Jn- teressen eine so bedeutsame Rolle spielten, troßdem seine Kompetenz, weder in der Extensität, noch in der Intensität der des Reichsgericts gleihkam. Das heutige Reichsgeriht wird niht mit Rücksicht auf die Religion der Richter beseßt und ständischen Einflüssen steht kein Weg zu ihm ofen. Im Namen des Reichs ernennt der Kaiser die judices imperii und fraft der Gerichtsbarkeit, welche dem Reiche zus steht, wird von ihnen die Rehtsprehung gehandhabt. Die unteren Gerichte sind verpflichtet, die Ansichten des Reichsgerichts in einer bestimmten Sache anzuwenden, und keinerlei salvatorishe Klausel giebt den Gerichten eines Landes ein Recht, fich in Widerspruch mit der Rechtsauffassung zu setzen, welhe das höchste deutsche Gericht in cinem Falle als voluntas legis anerkannt hat. Das Reichsgericht ist das Sclußglied in der Kette der deutschen Gerichts organisation, es ist ein Gericht für das ganze Reichsgebict, und diese nationale Bedeutung tritt auch in der Gerichts barkeit über den Hoh- und Landesverrath, begangen gegen Kaiser und Reih, besonders deutlih hervor. Verbrecherishe Aw tastungen der höchsten Rechtsgüter des Reichs, verbrecerische An: tastungen der nationalen Cxistenz werden von dem Gericht abge urtheilt, welches das Rechtsbedürfniß der gesammten Nation zu be- friedigen hat. Das höchste rihterlihe Organ, welches die deutsche Nation kennt, sißt über die strafbaren Handlungen zu Gericht, welche die höchsten Verbrechen sind, die der Strafkodex eines auf seine nali0 nale Existenz stolzen Volkes aufweist. So ist das Reichsgericht die nothwendige Ergänzung, welche die Gliederung der centralen Organe des deutshen Volkes bedurfte. Der Kaiser, der Reichstag, das Reichsgericht, der Reichskanzler, sie verkörpern in centralistischer Weise die Thâtigkeit des Reichs auf den drei Gebieten staatlicher Arbeit: der Gesetzgebung, Nechtsprehung, der Exekutive.

Dem „Bromberger Tageblatt“ wird über die Bahnwärter und die verstaatlichten Bahnen „aus guter Quelle“ geschrieben : ;

Vor einigen Tagen brate ein Berliner Blatt unter der Ueber chrift „Bahnwärter auf den ein einen Artikel, in wel die ppe und die Gehaltsverhältnisse einzelner Unterbeam!Ö der Staatseisenbahn - Verwaltung einer abfälligen Beurtheilung unterzogen wurden, Das Blatt ist aber über die seinen ise führungen zu Grunde liegenden thatsählihen Verhältn chlecht unterrihtet. In der Ueberschrift und im Tett ibi

rtikels ist von „Bahnwärtern auf Haltestellen“ die A

die Bewilli- -

nur wenige

einer einzelnen Stelle von solchen auf Haltevunkten e nit ganz sahkundige Leser mußte hiernah E vam Haltestelle, und Haltepunkte seien in der Eisenbabnverwaltung gleihbedeutende Begriffe. Dem ist aber niht so. Haltestellen sind Stationen mit eringerem Verkehr, welhe mit mindestens einer Weiche für den öfentlihen Verkehr versehen sind, Paltepunkte aber Stationen ohne Weichen. Die Haltestellen sind beseßt mit Weicenstellern erster Klasse, deren Gehalt nit, wie das Jar eamte Blatt angiebt, 660 M bis 190 M, sondern 990 bis 1200 X beträgt. Zu diesem Gehalt tritt noch in der Mehrzahl der Fälle eine Dienstwohnung, vielfa mi Dienstländereien, für welche entweder gar keine oder nur geringe Pacht gezahlt wird, und in Ermangelung einer Dienst- wohnung ein Wohnungsgeldzuschuß von 60 bis 180 46, also durch- hnittlih 120 # jährli. Die auf den Haltepunkten angestellten Bahnwärter beziehen zwar das in dem bemerkten Artikel genannte Gehalt. Aber au sie haben, was unerwähnt gelassen wird, neben dem Gehalt Dienstwohnung mit Dienstländereien oder Wohnungs- eldzushlag in gleicher Höhe wie die vorgedahten Beamten. Die hätigkeit der leßteren Beamten ist auch durchaus nicht eine viel- seitige und anstrengende, wie es das Blatt feinen Lesern darstellt; Billete, welhe sie zu verkaufen haben, {ind

e für die näbhstgelegenen Stationen; die Bedienung des elektrishen Telegraphen liegt ihnen fast ausnahmslos nur ob, soweit es für den Eisenbahnbetrieb nöthig ist. Für diese geringe Mehrleistung beziehen sie eine Funktionszulage bis zum Betrage von 84 #4, nicht, wie es wieder in dem Artikel heißt, bis zu 60 M jähr- lih, Sowohl die Vorsteher von Haltestellen als von Haltepunkten sind etatsmäßige Beamte, haben Anspru auf Pension und Ver- sorgung ihrer hinterbliebenen Wittwen und Kinder, daneben noch mancherlei andere Vortheile, z. B. freie Fabrt ihrer Kinder zur Schule auf der Eisenbahn. Das aus guter Quelle zur Richtig- stellung jenes Artikels. j

Aber noch eins möchten wir bemerken. Wie stand es denn mit den hier in Frage stehenden Unterbeamten früher auf den Privat- bahnen? Und da wissen wir, daß dieselben zumeist ganz erheblich geringere Cinnahmen, oft kaum die Hälfte des Gehalts der Bahn-

wärter auf Haltepunkten bezogen und daß Dienstwohnungen für diese .

Beamten zu den großen Seltenheiten gehörten. Durh das Gese vom 1. April 1887 sind ja gerade fast auss{ließlich für das Bahr bewahungspersonal (Bahnwärter u. f. w.) der verstaatlihten Privat- bahnen niht weniger als 6 600 000 4 zum Bau von Dienstwohn- gebäuden etwa 1436 Dienstwohnungen vorgeschen !

Das „Chemniger Tageblatt entnimmt dem „Tharandter Fahrbuch“ über das Ergebniß der Bemwirth- shaftung der Staatswaldungen im Königreich Sachsen im Jahre 1886 Folgendes:

Die Bruttoeinnahme betrug 11 026 637 4, und zwar 10 735 410 46 für Holz, 291 227 M. für andere Cinnahmen infl. Jagdnußung. Die Gesammtausgahe betrug 3 778 363 M. (34,3% der Einnahme), und zwar 1387135 \& Gehalte, 1551387 # Holzshlägerlöhne ch2. 692 060 für Forstverbesserungen, Kulturen, Wegebaue 2c., 147 781 M4 Bauaufwand. Der Reinertrag betrug daher 7 248 274 Da die Ge- sammtfläche nach dem neuesten Befund 172451 ha beträgt und 780 874 Fest- meter Derbholz ges{lagen wurden, so vertheilt sich dieser Reinertrag auf das Hektar auf 42,03 ( und auf den Festmeter Derbholz ein- schließlich sonstige Einnahmen auf 9 4 28 4. Wirklich verkauft wurde aber der Festmeter Derbholz, einschließlich Reisig und Stock- holz, für 13 M 75 S. Da diese Zahl in einer Ziffer den Stand der Holzpreise ausdrückt, so gewährt es besonderes Interesse, sie mit den Vorjahren zu vergleihen. Sie betrug im Jahre 1882 12,69 46, 1883 13,60 M, 1884 13,77 M, 1885 14,05 M, ist mithin in den vier Jahren 1883/86 ziemlich gleih geblieben. Besonders be- merkenswerth ist es, daß der am 1. Oktober 1885 eingetretene hohe Holzzoll fo gut wie gar keinen Einfluß auf die Holzpreise ausgeübt, mithin lediglich als Finanzzoll gewirkt hat. Nicht minder beahtens- werth ift es, daß das Holz an dem allgemeinen Niedergang der Preise der Bodenprodukte bis jeßt noch keinen Antheil gehabt hat, haupt- sählih deswegen, weil geringwerthige Waaren keinen weiten Trans- port vertragen und der gesteigerte Bedarf der Industrie den Ausfall bei den Bauten der Landwirthe übertragen hat. . ….

Marine - Verordnungs - Blatt. Nr. 20. Inhalt: Kleiderkisten. Aus\chiffung in Krankheitsfällen. Wittwen- und Waisengeldbeiträge. Seedienstzeit. Schiffsverpflegung. Selbst- verpflegung der Schiffe. Kohlenbeschaffung. Schiffsbücherkisten. Personalveränderungen. Benachrichtigungen.

Amtsblatt des Reichs-Postamts. Nr. 57. Inhalt: Verfügung vom 7. Oktober 1887. Postanweisungsverkehr mit Canada.

Archiv für Post und Telegraphie. Nr. 18. Inhalt: Aktenstücke und Aufsätze: Die bildenden Künste und das Verkehrs- wesen, Der Fernsprecher im Dienst der Witterungskunde. Eine neue Postübereinkunft zwishen den Vereinigten Staaten und Mexiko. Thomson's Reise durch das Massai-Land, Kleine Mitthei- lungen: Die Sparkassen in Australien. Zur Erklärung der Be- zeichnung „Litzenbrüder“. Eisenbahnen in Sibirien. Der Bau des Kanals von Korinth. Literatur des Verkehrswesens: Die Luftschiffahrt in ihrer neuesten Entwickelung. Von Hermann Moede- beck, Premier-Lieutenant in der Luftschiffer-Abtheilung. Mit 16 Ab- bildungen und 4 Plänen. Berlin 1887, Zeitschriften-Ueberschau.

Statistische Nachrichten.

Die Stadt Breslau zählte nah dem Verwaltungsbericht des dortigen Magistrats für die Ctatsjahre 1883—86 am Schluß des Scbuljahres 1885/86 an öffentlichen Schulen: 3 städtishe uud

Königliche Gymnasien mit 86 Klassen und 3113 Schülern (ein- s{ließlich der Vorschulen), 2 Königlihe und 3 städtishe Real- gymnasfien und Realschulen mit 48 Klassen und 1470 Schülern, an städtischen höheren Bürgerschulen für Knaben 3, für Mädchen 2, ferner 2 Mädchen-Mittelshulen, zusammen 7 mit 75 Klassen und 3032 Schüler und Schülerinnen; ferner 53 städtishe evangelische Elementarschulen mit 340 Klassen und 22 302 Knaben und Mädchen, und 31 städtische katholishe Elementarshulen mit 31 Klassen und 13 429 Knaben und Mädchen, zusammen 84 Elementarschulen mit 561 Klassen und 35 731 Knaben und Mädchen (ohne die Königlihe Seminar- Uebungs\hule). Weiter 2 besondere Lehranstalten (Handwerker- und Zeichenshule) mit 13 Klassen und 677 Schülern; an anderen und privaten Schulen 25 höhere und mittlere mit 188 Klassen und 3378 Schülern und Schülerinnen und 4 private Clementarshulen mit 12 Klassen und 602 Schülern und Schülerinnen, Es ergeben sich hiernach im Ganzen 133 Schulen mit 983 Klassen und 48 003 Schülern und Schülerinnen.

Dazu kommen noch 35 Kindergärten und Kleinkinder:-Bewahr- anstalten mit 2153 Kindern. /

3 Von der Gesammtzahl der Kinder waren 59,71 %% evangelischer, 3,10 0/9 katholisher Konfession, 6,95 %/% Juden und 0,24 % Dissidenten. b Die Nr. 395 der „Mittheilungen der Großherzoglich essishen Centralstelle für die Landesstatisti k“ hat fol- n Inhalt: Gesundheitszustand und Todesfälle im Großherzog- p Hessen im Il. Quartal 1887, Ortsanwesende Bevölkerung A Großherzogthums Hessen am 31. Dezember 1885 nah Geschlecht, lährigen Geburtsjahresklassen und Familienstand. Anzahl der unde und Ertrag der Hundesteuer 1886—87. Meteorologische g¿eobahtungen zu Darmstadt August 1887. Meteorologische eobahtungen zu Schweinsberg August 1887. Meteorologis he Beo ahtungen zu Kassel August 1887. Vergl. meteorol. eobahtungen Juni 1887. Preise der gewöhnlihen Verbrauchs- ige Juli 1887. Sterblichkeitsverhältnisse August 1887.

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

_Reichsgesey, betreffend die Unfallversiherung der bei Bauten beschäftigten Personen. Vom 11. Juli 1887. Erläutert von Dr. Ludwig Fuld, Rechtsanwalt in Mainz. Berlin 1887. Verlag N e Vahlen. Kann das neue Gesetz, was den Umfang seiner Wirksamkeit anlangt, auch niht entfernt mit seinen Vorgängern, den Gen der Jahre 1884, 1885 und 1886 konkurriren, läßt sich die Zahl der Arbeiter, welhe in Folge seiner Bestimmungen Fürsorge gegen Unfälle erhalten, auch durchaus nit mit den Mil- lionen vergleichen, die beispielsweise das Geseß vom 5, Mai 1886 den Wohlthaten der Versicherung unterstellt hat, so wäre es do im höchsten Grade ungerecht und unbillig, seine Bedeutung und scine Wirksamkeit zu untershäßen. Das Geseß vom 11. Juli 1887 wird in der vor- stehenden Schrift seinem Wortlaute nach mitgetheilt und ist bei den einzelnen Paragraphen von zahlreihen und guten Anmerkungen be- gleitet, Der Verfasser hat sich bei Ausarbeitung des gegenwärtigen Kommentars von demselben Gesichtspunkt leiten lassen, wie bei Ab- fassung seiner Erläuterung des Geseßes vom 5. Mai 1886, er wollte die praktische Handhabung des Geseßes fördern und somit nach seinen Kräften zum Gelingen des gewaltigen Werkes einen Beitrag liefern. Er hat es deshalb auch hier wieder vermieden, theoretische Erörterungen anzustellen und kritishe Verbesserungsvorshläge zu mahen. Den Schluß der vorliegenden Schrift bildet ein Sachregister.

Die Entwickelung des Buchgewerbes in Leipzig, von Dr, Oskar von Hase, in Firma Breitkopf & Härtel, Leipzig. Vortrag, gehalten in der 28. Hauptversammlung des Vereins deutsher Ingenieure zu Leipzig am 15. August 1887. Leipzig, G. Hedeler. 1887. Der Verfasser hat in vorstehender Schrift in knapper Fassung eine genaue und. Mid höchst interessante Geschichte der Buchgewerbe Deutschlands überhaupt und Leipzigs insbesondere, wie wir sie bisher noch nit besessen, geliefert. Auf den deutschen Text folgen eine französische und eine englishe Ueberseßung desselben.

Seit dem 1, Oktober d. I. erscheint zu Stuttgart im Verlage von E. Stöckhardt die Zeitschrift: „Deutsche Adels8chronik. Familien - Nachrichten der fürstlichen, gräflihen und freiherrlichen Häuser, sowie der adligen Familien im Deutschen Reih“. Was die Zeitschrift will, wird in ihrem Titel angedeutet; Sie will in halbmonatlihen Zwischenräumen ein möglihst vollständiges \tandes- gemäß übersihtlich geordnetes Verzeichniß der in dieser Zeit statt- gehabten Familien- und Personal - Veränderungen im deutschen Adels- stande bringen und damit ein möglichst vollständiges Material für die Genealogie der deutschen Adelsfamilien sammeln. Authentische Mittheilungen von deutshen Höfen und gelegentlich längere Original - berihte follen ferner ein getreues Bild der Signatur des Tages geben. Auch soll es an Jllustrationen und Notizen aus der deutschen adligen Literatur und Kunst, sowie an Berichten über Sport und niet Ee jedes 0 as bsi den A Adel Interesse: hat, nicht fehlen. Der Subskriptionspreis für die Zeitschrift beträ halbjährlich 3 M. i N e

Das seit Anfang dieses Jahres erscheinende „Ev.-lutherisce Gemeindeblatt“ des Pastors Lic. Martin Rade brachte kür;lih einen Aufsaß betitelt: „Aus der Geschichte des Mariendienstes“, unterzeichnet G. K. Da der Aufsaß in der Zeitschrift nur" eine ver- hältnißmäßig geringe Verbreitung finden konnte, fo kat der gelehrte Verfasser jenes Artikels darein gewilligt, daß derselbe jeßt au in Buchform bei Hugo Klein in Barmen erschienen und zu dem billigen Preis von 60 4 zu haben ist.

Der 3. Band der im Verlage von J. L. V. Laverrenz in Berlin, W. Alvenslebenstraße 13, erscheinenden Sammlung „Deutscher Humor“ ist betitelt: „Driginale, humoristishe Federzeihnun- gen von Justus Thorning“ (elegant acheftet mit humoristischem Titelbild von G. Brandt. Preis 1) Der Verfasser hat sih in diesem Büchlein die Aufgabe gestellt, eine Anzahl von originellen Charakteren zu zeihnen, wie sie das moderne Kulturleben so vielfa zeigt, und hat diese Aufgabe in 6 kleinen harmlosen Skizzen gut gelöst. Die von ihm vorgeführten Originale sind carakteristish, ohne Ueber- treibung, aber ansprechend gezeichnet.

Die Buch- und Antiquariatshandlung von Otto Harrassowiß in Leipzig hat über ihr antiquarishes Bücherlager einen antiquarischen Katalog (Nr. 136) ausgegeben, welcher im Ganzen 352 Schriften verzeichnet, die si käuflich in seinem Antiquariat befinden, Von diesen 3592 Schriften betreffen 124 die Geographie und zwar Geographie im Allgemeinen, geographishe Sammelwerke und Reisen um die Welt, Viele derselben sind höchst werthvoll und zugleih felten, indem sie aus dem 16., 17. und 18. Jahrhundert datiren. Die 2. Abtheilung des Katalogs umfaßt 228 Schriften und enthält „Americana“, d. i. Schriften, die sih zum Theil auf Amerika im Allgemeinen, zum Theil auf die einzelnen Länder Amerikas be- ziehen. Auch unter den „Americana“ sind viele werthvoll und interessant.

Land- und Forstwirthschaft.

München, 13, Oktober. (Allg. Ztg.) Bodenbenützung und Bodenvertheilung in Bayern. 11. Nach der im ersten Artikel erwähnten Publikation des Königl. bayerischen Statistischen Bureaus war die landwirthschaftliG benüßte Fläche des Königreichs auf 4762 229 ha angegeben. Interessanter noch als die Frage, wie sich diese Fläche auf die verschiedenen Kulturarten vertheilt, ift die Frage, in welchem Verhältniß der landwirthschaftlihe Besiß und die Bevölkerung zu einander stehen.

Die oben ausgewiesene Gesammtflähe von 4 762 229 ha ist im Besiß von 1323 097 Grundbefißern, fo daß auf einen der Leßteren durchschnittlich eine landwirthschaftlih benüßte Fläche von 3 ha trifft. Die meisten Grundbefißer, nämlich 266 310, hat die Pfalz, in welchem Regierungsbezirk auch die durchscnittlihe Größe des landwirthschaft- lichen Besißthums mit 1,28 ha am kleinsten ist.

__ Cin noch genaueres Bild vom landwirthschaftlichen Betrieb bietet die Gegenüberstellung der Zahl der Haushaltungen oder landwirth- \chaftlihen Betriebe und der landwirthschaftlih benüßten Fläche, worüber die mit der Berufszählung vom 5, Juni 1885 verbundene Erhebung si besonders verbreitete.

Die Zahl der Haushaltungen mit landwirthschaftliß benütten Flächen beträgt im gesammten Königreich 681 521.

Vergleicht man die Zahl der Haushaltungen mit der Größe der Gesammtfläche ihres Besißes, so ergeben sih sehr erheblihe Ünter- schiede zwischen den einzelnen Regierungsbezirken. Es treffen an Gesammtfläche auf je eine landwirthschaftliche Haushaltung : in Ober- bayern 12,75 ha, in der Oberpfalz 11,68 ha, in Niederbayern 11,36 ha, in Schwaben 8,49 ha, in Mittelfranken 8,00 ha, in Ober- franken 7,66 ha, in Unterfranken 5,47 ha, in der Pfalz 3,26 ha.

Die Durchschnittsgröße je eines landwirthschaftlichen Betriebes beträgt somit in der Pfalz fast nur den vierten Theil der dur- \hnittlihen Größe eines solhen Betriebes in Oberbayern; auch Unter- franken mit 5,47 ha durhscnittliher Fläche steht erheblich unter dem Gesammtdurchschnitt des Königreichs.

ggaßt man die vorstehenden Besißgrößen nah der Terminologie der Reichsftatistik in 4 Gruppen zusammen, nämlich : 1) kleinste Be- triebe mit ciner landwirthschaftlich benüßten Fläche unter 1 ha; 2) Kleinbetriebe, 1—10 ha; 3) mittlere Betriebe, 10—100 ha; 4) Großbetriebe über 100 ha und wendet diese Gruppeneintheilung auf Bayern an, so ergiebt \sich folgendes Gesammtbild: Die kleinsten Betriebe (unter 1 ha) finden fich vorzugsweise in der Pfalz, woselbst sie 42,5% sämmtliher Haushaltungen ausmachen, während der Durchschnitt des Königreichs 25 5 9/0 beträgt. Die drei fränkischen Regierungsbezirke haben 26—27 %/o, die südbayerischen Regierungs- bezirke 19—20 %, am wenigsten finden diese Betriebe in der Oberpfalz mit 18,4 ‘%/9. Die kleinen Betriebe (1 bis 10 ha) weisen in ihrer Vertheilung keine so großen Unterschiede auf. Der Dur{hschnitt des Königreihs mit 55,1% wird nur von Unterfranken und Schwaben (61 9/0) erheblich überschritten, und von Oberbayern (49,8 9%) nicht erreiht, während die übrigen Regierungsbezirke sich ihm nähern. Die mittleren Betriebe (10— 100 ha) weisen wieder große geographische Versciedenheiten auf. Während der Durchschnitt des Königreichs 19,3% beträgt, beziffert

sich die bezügliche Prozentzahl in der Pfalz auf nur 5 3, in Ober- bayern dagegen auf 30,9 %/. Die SLRNE (über 100 ha) erreichen in Oberbayern und in der Oberpfalz 0,29%, in der Pfalz und in Oberfran¡en nur 0,04 %/6, in den übrigen Regierungsbezirken finden sich durchweg 0,1% Großbetriebe

Die Gesammiflähe der von den landwirthschaftlißen Haus- haltungen bewirthshafteten Flächen beträgt im Königreich 5 705 937 ha oder rund 87 ha auf je eine Haushaltung. Schon dieses Durchschnitts- ergebniß welches etwas über dem Durchschnittsergebniß für das Deutsche Reich mit 7,6 ha steht zeigt, daß in Bayern der bäuer- lihe und namentlich der fleinbäuerlihe Betrieb vorherrschend ift. Noch genaueren Einblick in die Vertheilung des landwirthschaftlichen Besites gewährt die folgende Tabelle. Es S nämlich: ;

rozente

der der Haushaltungen Haushaltungen Besißfläche derselben

0,01 3

weniger als 2 a land-

wirths{ch. benütßte Flächen 9 686 2—d a f 13 688 5—20 a 35 997 20 a bis 1 ha 114 685 1 bis 2 88 287 2 bis 5 165 429 5 bis 10

121 191 10 bis 20 86 795 26 bis 50 41 840 50 bis 100 3 329 100 bis 200 504 200 bis 500 79 500 bis 1000 ; 9 über 1000 S 2 j 0,05 Die Zahl jener landwirthschaftlihen Haushaltungen, welche 1 ha und darunter besitzen, beträgt nah dieser Zusammenstellung wohl über

bi O J

do M O L O LI O a O D

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-

E E e 20 E e M -

L-L A U

25 9/0, deren Belsißfläche erreiht jedoch nicht einmal 2% der Ge-

sammtfläche. Zur landwirthschaftlihen Bevölkerung können solche Haushaltungen nur zum Theil gerechnet werden. Es zählen hier die vielen Haushaltungen mit, die Landwirthschaft nur mehr oder weniger als Nebenerwerb betreiben.

__ Die größere Hälfte der Gesammtbesißflähe der landwirthschaft- lichen Betriebe, nämli 56°/, trifft zu beinahe gleihen Theilen auf die Haushaltungen mit 10 bis 20 und 20 bis 50 ha landwirths\chaftlich benüßten Bodens, welche aber nah der Zahl der Besißer nur 19% ausmachen. Eine sehr untergeordnete Rolle spielt der Großgrund- besiß. Auf die Gruppe von 50 bis 200 ha entfallen etwa 7, auf die Gruppen über 200 ha faum 1% der Gefammt- flähe. Man wird zugestehen müssen, daß diese Art der Bodenvertheilung zu fozialen Besorgnissen keinen Anlaß giebt, namentlih nit in der Richtung der Latifundienbildung. Bayern steht in einem bemerkenswerthen Gegensaß zu anderen deutschen Staaten. Es kommen z. B. in Preußen auf die Größenklasse von 100 ha und darüber 31,7 %%, in Sachsen 14,1 9%, im gesammten Deutschen Reich 24,4 °/o der landwirthschaftlihen Fläche, in Bayern dagegen nur 2,3 9/0.

Wichtig ist weiter die Frage, ob die landwirthschaftlihe Besitz- fläche überwiegend von den Eigenthümern oder von Pächtern bewith. [haftet wird. Das Erstere gilt im Allgemeinen als das wirthschaft- lih und sozial günstigere Verhältniß und dies wiegt nah den {statisti- {hen Ergebnissen in Bayern weitaus vor.

Von je 100 Haushaltungen besißen kein gepahtetes Land 75,3, weniger als die Hälfte der Gesammtflähe gepachtetes Land 17,5, mehr als die Hâlfte 2c. 4,8, nur Pachtland 2,4 ‘%%/o. ,

Sehr erhebliche Unterschiede hinsihtlih des Eigenthums an dem bewirthschafteten Lande ergeben ih, wenn man die einzelnen Regie- rungsbezirke mit einander vergleiht. Der geringste Prozentsaß von Haushaltungen, wel{he nur eigenen Besiß bewirthschaften, findet si in der Pfalz (49,9), der größte in Niederbayern (91,7). Auch die Zahl jener“ Haushaltungen, welhe nur gepachtetes Land bewirth- schaften, ist in der Pfalz am größten (4,6 9/0), dann folgt Oberfranken (4,3 "/%), weiterhin Mittelfranken (2,4 9/6); in allen übrigen Regie- rungsbezirfken befinden sich nur 1—2 9% folcher Haushaltungen.

Von den im Ganzen 16 524 Haushaltungen, welhe nur Pacht- land besißen, treffen allein 13 245 oder 80 9/0 auf die Haushaltungen mit 1 ha und darunter landwirthschaftlich nußbarer Fläche. Die Gesammtfläche des gepahteten Landes beträgt 213 400 ha, was einem Prozentsaß von 3,74 des Gesammtbesizes gleihkommt. Es sind dies so geringe Zahlen, daß sie die Regel des Landwirthschaftsbetriebes durch den Eigenthümer kaum berühren.

Was den Besiß von Holzland betrifft, so ist derselbe bei allen Größenklassen des landwirthschaftlih benußten Areals vertreten, wenn au bei den kleinen derselben in geringem Grade. Die meist vor- kommende Besißgröße von Holzland bewegt sih zwischen 1 und 10 ha, und zwar besißen die Haushaltungen mit at landwirthscaftlih benußte Flächen durchschnittlich Holzland 20— a L Í je 2.83 ha 10—20 ha ü L je 234 ha 9—10 ha z E n Ï je 1,04 ha

Die Haushaltungen mit einer U von mehr als 500 ha landwirth\chaftlich nußbaren Bodens haben \ämmtlih Holzland.

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Gewerbe und Handel.

In den amtlichen Mittheilungen der Jahresberichte der mit der Beaufsichtigung der Fabriken betrauten Beamten pro 1886, welche im Verlage von Bruer u. Co. hierselbst erschienen sind, wird über den Stand der Industrie und des Arbeits- marktes bemerkt, daß in manchen Bezirken die Lage im Jahre 1886 der des vorhergehenden Jahres ähnlich gewesen sei. Der auf der Land- wirthschaft lastende Druck habe sich ebenfalls in gleiher Weise geltend ge- macht, sodaß der Gefammtausdruck unserer Industrie, wie es in dem Be- richt für Potsdame-Frankfurt a. O. heißt, noh immer cinen krank- haften Zug behalte. Die gesteigerte Konkurrenz habe wieder erhebliche Kosten an Neuanlagen und Verbesserungen der Betriebseinrihtungen gefordert, so daß auh im günstigeren Falle der Gewinn im Allge- meinen über bescheidene Grenzen nicht hinausgegangen sei. Die Klagen beträfen jedoch nur noch einzelne Industrien, bei andern mache ih eine bereits eingetretene oder sich anbahnende Besserung geltend. Der Bericht für Potsdam-Frankfurt a. O. spricht direkt aus, daß der allgemeine Stand ein günstigerer gewesen sei als 1885, weil die hervorragenden Gewerbszweige, welche die meisten Arbeiter genden, bei lohnenden S theils befriedigend, theils fogar stark be- châftigt gewesen feien. Hierzu seien zu rechnen: der Braunkohlen- Bergbau, die Braunkohlen-Briquette- , die Ziegel-, Glas-, Feineisen-, Optische-, die Papier- und Pavpen-, die Holzleisten-, Bilderrahmen-, Korbwaaren-, besonders aber die Tuchindustrie, welhe gegen Schluß des Jahres einen „sehr bedeutenden Auffchwung genommen hätte. Der Aufsichtsbeamte für Köln-Koblenz konstatirt ebenfalls eine bemerkens- werthe Wendung zum Bessern. Die Preisrichtung sei eine steigende und Aufträge gingen reihlich ein, und die Gelegenheit zur Arbeit habe in leßter Zeit zweifellos zugenommen.

Aehnliche Ürtheile finden L ) in einer Reihe von Berichten, die Verschiedenartigkeit der Indu trie in ihren Lebensbedingungen mache jedoh auch _ungünstigere Urtheile erklärlih, und so wird denn in dem Bericht für Hannover die Gesammtlage für \chlecht erklärt und resultirt, daß troy mehr als ausreihender Be- schäftigung die Preise „oft kaum die Selbstkosten decken; ja e wird sogar in diesem Bezirk ein Sinken der Arbeiterzahl und der Löhne niht für unmöglih gehalten. Von Dresden wird rege Fabrikationsthätigkeit, Zunahme der beschäftigten Arbeiter, Erhöhung der Arbeitslöhne, dabei aber ein ungünstiger Ge- \chäftsgang gemeldet. Der allgemeine Bericht führt diese Thatsache auf die Ueberproduktion zurück, die einen geringeren Ünternehmer- gewinn bedinge. Aehnliches wird aus Leipzig berihtet. Klagen über in einzelnen Industriezweigen eingetretene oder zu erwartende

Ueberproduktion werden auch in den Berichten für Mittel- und Oberfranken, Meißen und Braunschweig laut. A