1908 / 41 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 17 Feb 1908 18:00:01 GMT) scan diff

beurteilen können: wir befinden uns jeßt im Februar, der neue Gtat bringt so und soviel neue Stellen aus, es find Tausende von Ver- segungen nötig wenn die Verwaltung bis zur Genehmigung des Etats wartete, so würde es ja kaum mögli sein, die Beamten früher als am legten Tage zu versegen. Ih verfüge deshalb {hon auf meine Gefahr Verseßungen früher, in der Annahme, daß der Etat hier angenommen wird; und nur wenige Verfügungen erfolgen kurz vor dem Termine, sie können niht früber gesehen. Aber die Herren wollen überzeugt sein, daß die . Versezung so früh wie möglich ausgesprohen wird. Wenn Wünsche um Versetzung an die Verwaltung herantreten, so werden in folhen Fällen, wo die Wünsche begründet sind, wo also wirkli aus Gesundheits- rüdcksihten eine Verseßung notwendig ist, die Versezungskosten gezahlt. Es ift aber dabei nit zu vergessen und ih glaube, das ift eine Wahrnehmung, die niht bloß bei der Neihspoft- und Telegraphen- verwaltung gemacht ist, sondern bei allen Verwaltungen —, daß bei den Beamten, die gern versezt werden wollen, irgend ein Mitglied der Familie siherlich das Klima nit vertragen kann (Heiterkeit), und daß wir die wunderbare Erfahrung gemacht baben, daß, wenn eine Verseßung gewünsht und auch erfüllt wird, und der Beamte nun nah dem neuen Orte kommt, dann der Arzt sagt: ja, das ist gar kein rihtiger Ort für Sie, was wollen Sie denn bier? - Sie müfsen wteder fort. Bei Beurteilung solcher Wünsche ift also, glaube ih, eine gewisse Vorsiht notwendig, damit man niht zu einem falshen Urteil kommt.

Einer der Herren Vorredner hat dann zum Ausdruck gebraht, daß bei den Vergebungen der Bedürfnisse der Verwaltungen doch eine größere Verteilung der Leistung \tattfinden möchte und nicht einzelne Personen besonders berücksihtigt werden. Ih glaube, der Herr Abg. Lattmann führte besonders Fahrräder an. Ih möchte ihm darauf erwidern, daß selbstverständlih bei Ginführung neuer Beförderungs- mittel, wie vor Jahren der Fahrräder, Beförderungsmittel, die inden verschiedensten Bezirken notwendig wurden, die Verwaltung erft;einmal Erfahrungen sammeln wollte, welhe Fahrräder sich am besten eigneten. Nun kann man das doch nur in der Weise machen, daß man einen Typ dur das ganze Reih einführt und fagt: obglei diese Fahrräder nun von den verschiedensten Menschen behandelt werden, wollen wir einmal seben, ob der Lieferant, dem wir unsere Anforderungen mitgeteilt hatten, den Ansprüchen __gut genügt. Das ist geshehen, und dazu ist eine Firma in Dresden au?gewählt worden. Sie hat urs Fahrräder zu unserer vollen Zufriedenheit geliefert. Nachdem Jahre vergangen, waren und von den Oberpostdirektionen au Wünsche geltend gemadt wurden, die Versendung zu Reparaturen zu vermeiden, und dabei an- geführt wurde, daß in den Bezirken geeignete Lieferanten vorhanden seien, sind wir seit einigen Jahren dazu übergegangen, auch einigen Oberposftdirektionen zu überlassen, in ihren Bezirken Fahrradunter- nehmer auszuwählen, soweit Sicherheit besteht, daß deren Produkte ebenso gut sind wie die andern.

Es sind im weiteren die Plombenlieferungen angeführt worden. Ja, meine Herren, um in den Bahnposten Siegellack zu vermeiden, find sole Plomben, auch für Wertsachen, eingeführt. Da ist es natürli notwendig, daß das ganz vorzüglihes Fabrikat sein muß. Wir haben daher geglaubt, nicht anders vorgehen zu können, als daß wir nur wenige, ganz zuverlässige Lieferanten für die Lieferung aus- gewählt haben und uns der Patente von diesen Lieferanten bedienen.

Die Stellung der Postverwaltung dem Handelsstande und besonders dem Kleinhandelsstande gegenüber ift ja bekannt; und ih kann einem der Herren Vorredner, der ausführte, daß in Plauen die Beamten Selbsts{lachtungen vorgenommen und die Diensträume zur Herstellung von Wurst benußt bätten, nur erwidern, daß, sobald diefe Tatsache der vorgesetzten Behörde bekannt geworden ift, fie selbst- verftändlih die Sache gerügt und verboten hat.

Ih möchte dann noch auf den Fall der Verwendung von Militäranwärtern in Diätarienstellen zurückommen und dem Herrn Abg. Werner erwidern, daß er doch falsch unterrichtet if, wenn er glaubt, daß die Pofiverwaltung etwas Unerlaubtes täte, wenn sie die Militäranwärter nun auch für Diätarienstellen annehme. * Das geschieht selbftverständlih nur nach Vereinbarung mit der Behörde, die in erfter Linie die Vertreterin der Ansprüche der Militäranwärter ist, das beißt mit dem preußischen Kriegsminifterium. Die Annahme der Militäranwärter als Diätarien gereiht den Anwärtern *zum Vor- teil. Den Herren ist ja bekannt, daß die Reichs-Post- und Telegraphens- verwaltung die einzige Behörde war, bei der Militäranwärter gleich in etatsmäßige Stellen kamen; bei allen anderen Behörden mußten fie erst durch die Diätarienftellung gehen. Nun ift im weiteren be- kannt, daß der Bedarf an Assiftentenftellen gegenwärtig nicht fo groß

, wie er früher war, und daß infolgedefsen, da die Militäranwärter nur einen Teil dieser Stellen bekommen, Militäranwärter nur in geringer Zakbl hätten angenommen werden können; um diesem Uebel- ftande abzuhelfen, nahmen wir nun auch Militäranwärter für Däätarienstellen. Infolgedefsen bleiben die Aussichten für die Militäranwärter av ferner günstig.

Ich komme nun zu der Ausführung des Herrn Abg, Kulersfki, der einen Fall zur Sprache gebraht hat, den be- reits ein Mitglied der Budgetkommission zur Sprate brachte, indem er eine Zeitungsnotiz anführte, nah der ein Land- briefträger wegen seiner Wakblabstimmung postseitig befragt und zur Rechenschaft gezogen sei. Jch habe in der Budgetkommission damals erwidern müssen, daß der Fall mir niht bekannt sei, daß ich aber Veranlafsung genommen habe, Bericht darüber einzufordern. Dieser Bericht ist eingegangen, und danach ftellt sich der Sa§verhalt doch etwas anders, als der Herr Vertreter der polnishen Fraktion bier ausgeführt hat, und ih glaube, es wäre recht gut gewesen, da ihm der Fall bekannt war, daß er ihn do zutreffend geschildert hätte, damit der EindruckX verwischt würde, als ob irgendwie seitens der Poftverwaltung nach der Art der Stimmabgabe des Briefträgers geforscht wäre. Der Sa@verhalt is folgender: In dem Ort Groß-Lutau war nach der legten Reichstags- stihwabl, bei der auf den deutshen Kandidaten 18 Stimmen ent- fallen waren, der Lehrer in Verdalht geraten, den polnishen Kandidaten gewählt zu haben. (Heiterkeit in der Mitte.) Anlaß zu dem Ge- räShte hatte der Umstand gegeben, daß bei der Zusammensezung der Wäkler die 18. deutshe Stimme nur von dem Lehrer oder von dem Lands briefträger Schalski abgegeben sein konnte, und daß Shalski von dem Postagenten einen Wahlzettel für den deutshen Kandidaten erb'eien und naher geäußert hatte, er habe diesen gewählt. Kurze Zeit darauf

E in dem berihtet wurde, daß der Lehrer in Groß-Lutau den p Kandidaten gewählt habe. In dem auf Antrag des Lehrers gegen den Redakteur eingeleiteten gerihtlichen Strafverfahren wegen Beleidigung ist dur das eigene Zeugnis des Scalski, also des Land-

briefträgers, festgeftellt worden, daß nit der Lehrer, sondern daß Schalskt seine Stimme dem polnischen Kandidaten gegeben hatte, also ledig- lih, meine Herren, wie hier festzustellen ift, dur das Verfahren, welches der Lehrer wegen Beleidigung gegen die Zeitung eingeleitet hatte. Die Oberpostdirektion in Bromberg hat dem Sgalski vor- halten laffen, wie unehrenhaft sein Verhalten dem Lehrer gegenüber ist. Dem damit beauftragten Beamten hat Sgalski das Unehren- hafte seiner Handlungsweise eingeräumt ‘und zuglei die Bitte aus- gesprochen, mit RüXsiht auf sein hohes Alter und seine weit vor- geshrittene Gebrehlihkeit seine Versezung in den Ruhestand berbei- ¡uführen. Da Salski 61 Jahre alt ift und nach dem von ibm bei- gebrahten ärztlichen Zeugnis seinen Berufétpflihten nicht mehr ge- wadsen ist, wird seinem Antrage entsproGen werden. So stellt fi also die Sate in ganz anderer Weise dar, als der Abg. Kulerski sie geschildert hat.

Abg. Dr. Struve (fr. Vgg.): Der Rückgang des wirtschaft- lien Verkehrs hat natürli aub auf die Einnahmen der Post- verwaltung zurückgewirkt. Daß die Aufhebung des Ausnahmetarifs für den Orts- und Nabverkehr nicht etwa zur Erhöhung der Ein- nahme, fondern vielmehr zu deren Abnahme geführt hat, hat auch die unverdächtige „Deutsche Tageszeitung* anerkannt, ebenso daß auch die Fahrkartensteuer denselben Effekt gehabt hat. Es is mir erfreuli, einen Sünder zu seben, der Buße tut. Leider ist es die Poft- verwaltung, die willfährig den Würschen des Reichstags in dieser Richtung entsprohen hat. Die Verhältnisse in Württemberg könnten unserer Verwaltung zum Muster dienen. An den Schaltern sigen allerdings keine so {n uniformierten Beamten wie bei uns, dafür ist aber das Porto wesentli billiger als bei uns. Wenn es wahr sein sollte, daß die für die Unterbeamten in Auésiht genommene Gehaltserhöhung des Anfangsgehalts nur 10 % betragen foll, so könnten wir uns damit in feiner Weise zufrieden geben. Vielleicht teilt uns der Staatssekretär mit, welhes Ergebnis die Ermittlungen darüber gehabt baben, inwieweit die Ünter- beamten in die Stellungen der mittleren Beamten einrüdcken können. Anscheinend sind gewisse amtlihe Funktionen von der Bewertung als gehobene Stellen aus8geshlossen worden, so die der Geldbesteller, nach unserer Meinung mit Unrecht. Dankbar erkennen wir an, daß geobene Stellen für Leitungsaufseher geshafen werden sollen. Sebr

erechtigt find immer noch die Klagen über Nichtanrehnung der Militärdienstieit; es müßte do endlih etwas geschehen, um der offenbaren Ungerechtigkeit ein Ende zu maen, daß das Jahr 1895 hier eine ganz unverständlihe Grenze zog. Ein Angestellter kann auf diese Weise im Laufe der Jahre im Vergleih zu einem anderen Angestellten, der mit ihm an demselben Tage in den Dienst trat, um Tausende geshädigt werden. Es liegt ja nun vielfah der Grund für solhe Ungerehtigkeiten nicht in dem mangelnden fozialen Ver- ftändnis der obersten Spigen der Verwaltung, sondern in dem 1eidigen Umstande, daß solhe Reformen mit Geldkosten verknüpft sind. Eine allmählihe Herabsetzung der Dienftstundenzabl muß im Inter- effe der Gesundbeit und Leistungsfähigkeit der Beamten befürwortet werden. Die Briefträger in den großzn Städten haben einen be- jonders schweren Dienst; man sollte für sie eine Leistungsgrenze und die Trennung des Briefsendungs- und des Drucksachenvberkehrs in Er- wägung nehmen. Auf dem Lande befinden sih die Postbeförderer in übler Lage. Die Erhöhung des Futtergeldes entspriht nit entfernt den seit dem neuen Zolltarif eingetretenen bedeutenden Preis- steigerungen, so daß sie den Pferden vom Futter abziehen müfsen. Daher sehen denn die Landbriefträgerpferde beute au fast alle jämmerlich aus. Die Tagegelder der Postboten könnten durch Weg- fall des gänzli überflüssigen Probejahres aufgebefsert werden. Der Postverwaltung follte doch au nur angenehm sein, wenn die Beamten mit Reinigungsarbeiten, Stiraßenkehren usw. nicht be- s{äftigt werden sollen; diese Arbeiten könnten doch durch Frauen be- lorgt werden. Wenn die Unterbeamten den Beshwerdeweg be- \hreiten, follte man nicht immer gegen fie vorgehen, sondern au den Vorgeseßten ab und zu einmal zeigen, daß man Gerechtigkeit zu üben gewillt ist. Es ift do ferner kein erwüns{hter Zustand, wenn eine Dame als Fernspre{gebülfin nicht angenommen wird, weil ihr Vater in demselben Orte Poftunterbeamter ist. In Hildesheim wurde einem Lehter von dem Regierungspräsidenten verboten, Post- unterbeamten Unterricht zu erteilen. Es sollte eine h tfahschule ins Leben gerufen werden. Die materielle nterstüßzung der Erholungsheime für die Beamten begrüßen wir mit Freude als ein sehr nachahmenswertes Beispiel. Die Wünsche der Telegravpben- arbeiter, die sich in einem Bunde zusammengetan haben, müfsen wir faft durchweg als berechtigt anerkennen. Mit dem veralteten System der Vertrauentärzte sollte die Postverwaltung endlich brechen. Jh habe einen fehr berechtigten Zweifel, ob nah den Vorkommnissen des legten Jahres und nah den Erklärungen des Staatssekretärs in diesen Kreisen noch erkeblihe Neigung bestebt, weiter in ein Verhältnis zur hohen Postverwaltung zu treten. In dem bekannten Falle des Wiesbadener Vertrauensarjtes Schellenberg können wir das Ver- halten des Staatssekretärs nur auf das allerschärfste verurteilen, Der Staatssekretär hat ja selbs mitgeteilt, daß die Sache nur dur die Schwatzhaftigkeit einer Kellnerin in die Oeffentlichkeit gekommen ist, Er sagte anderseits, die Stimmabgabe sei nit die Ursache der Maßregelung. Wenn er so genau unterrihtet war, wird er auch wissen, daß die Oberpostdirektion in Frankfurt dem Dr. Stellenberg in dürren Worten eröffnet bat, daß seine Stimmabgabe der Grund der Lösung des Verhältnisses ist. Dr. Schellenberg hat seinen Kollegen am Biertisch mitgeteill, vas er den Sozialdemokraten als das kleinere Uebel gewäblt bätte. Diese Aeußerung hört eine Kellnerin, teilt sie dem nationalen Stammtish mit, an dem au ein Postrat a. D. sigt, der die Sache weiter nah Wiesbaden und Frarkfurt meldet. Zuerst wurde ein Einschreiten abgelehnt ; dann aber kam ein Abgesandter der Oberpostdirektion zu ibm, um von ihm Auskunft über seine Stimmabgabe zu fordern. Diese lehnte er ab, worauf der Abgesandte seinen amtlichen, Auftrag für erledigt erklärte. privater Unterhaltung mit seinem nunmehrigen Gaste teilte diesem Dr. Schellenberg mit, wen er gewählt bätte. Wenige Wochen darauf bekam er seine Kündigung. an versuchte naher, ihn auch wirtshaftlich zu s{ädigen, und die „Norddeutscke Allgemeine Zeitung“ mußte ein längeres Exposs eigen, worin Dr. Sthellen- berg als Parteigänger der Sozialdemokratie afterisiert wurde. Dem Poitrat e [lenberg in der Unterredung, er sei kein Sojial- demokrat, sondern ein liberaler Mann und babe nur in der Did: wabl für einen Sozialdemokraten gestimmt nah der bekannten Mab- nung: Der Fürst wünscht Sabor. Der Staatésekretär hat gesagt, daß von ihm kein Wort über die Sache in die Zeitung gekommen fei; ich will ihm das aufs Wort glauben. Dr. Sellenberg hat jedenfalls darüber nichts in die Zeitung gebracht, es ift dann ein direkter Festftellungefeldzug insjeniert worden; ih werde in der nächsten noch darauf zurückommen. Der Staatssekretär bat offen gesagt, er würde in einem analogen Falle ebenso handeln. Jh muß dagegen protestieren, daß dies eine Nichtshnur für die Zukunft sein fol. Selbst wenn der Dr. Schellenberg ein Beamter wäre, o könnten wir es uns nit bieten lafsen, daß er in der Weise gemeegelt würde, weil er sein Stimmrecht ausgeübt hat. Sn

Cari Bismarck hat deutlich genug gesagt, daß er die Freiheit der bl der Beamten nit antasten wolle; ebenso spra sih der Minister von Puttkamer aus, das war 1882, und nun leben wir in etner liberalen Aera! (8 is wirklich \ wer, satiram non sgcribôres. Œs bandelt fi darum, Leute, die für wenig Geld in den- Dienft der Verwaltung ftellen, in eine geistige Knechtschaft zu

ersien in der Nr. 42 der „Flatower Zeitung“ vow 17, April ein

rain, s ut, daß die Marete. allen Loc L Fe geblieben sind. D Mer Teer Leipzig ist vou versehtedenen

amilihen Stellen gefragt worden, ob sie nit auch ju der Saße Stellung nehmen könnte. Sie hat erklärt, keines Grid ¡u haben, auf die Sache zurückzukommen. Wir Aerzte wollen uns eine geiftige Knebelung nicht gefallen lassen. Es handelt sih nit um Sozialdemokratie oder nit, sondern um ein einfahes ftaatébürger- lihes Recht der Stimm Aerzte aus allen tungen haben einmütig für Schellenberg Partei ergriffen. Kiel ift ein ähnliher Fall passiert wie in Wiesbaden, dort ist dem Telegraphen]ekretär Schwarz, der als Stadtverordneter ge- wählt werden sollte, dur seinen Oberpostdirektor Lauen- stein mitgeteilt worden, daß ibm niht die Erlaubnis erteilt werden Föônne, als Stadtverordneter zu fkandidieren. Der Postdirektor hat seine Befugrisse überschritten, es steht ibm überhaupt nit zu, einem Telegraphensekretär das zu verbieten. Wir b mit den Sozialdemokraten in Kiel einen {weren Kampf zu kämpfen, und nun beteiligten ih infolge des Uebergriffs des Ober- poftdirektors weniger Postbeamte an der Wabl, und infolgedefsen wurden ftatt 5 bürgerliher 5 sozialdemokratishe Stadtverordnete in Kiel c Das wird doch au der Postverwaltung wobl nicht angenehm sein.

Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke:

Meine Herren! Ich muß ganz entshieden dagegen proteftieren, daß Herr Dr. Schellenberg gemaßregelt worden sei. (Lahen und Un- rube links.) Jh sehe darin gar keine Maßregelung. Ich ftehe auf dem Standpunkte, daß, wenn jemand ein Amt übernimmt, er au ge- wiffse Pflichten hat und gewiffse Rücksichten zu nehwen hat. Das Vorgehen der Reichspostverwaltung ift erfolgt, weil in die Kreise der Postbeamten binein das Gerücht verbreitet gewesen ist, Herr Dr. Stellenberg habe sozialdemokratisch gewählt, und weil dieses Gerücht si als wahr erwiesen hat. J konnte nit jedem Unterbeamten und Beamten sagen: Herr Dr. Schellenberg hat zwar fozialdemokratisch gewählt, er ift aber kein Sozialdemokrat, es ift gar kein Makel an dem Herrn, Ich habe ausdrüdcklih gesagt, daß jeder vollständig das Recht hat, frei ¡u wählen und da es eine geheime Wabl ist, kein Mensh dana forscht. Wenn aber Herr Dr. Sgellenberg fo unvorsiStig gewesen ist, darüber zu \sprehen, und das in die Kreise der Postbeamten dringt, von denen ih nicht dulde, daß sie der Sozialdemokratie angehören (Bravo! rechts erregte Zurufe und große Unrube links und bei den Soz.), fo würden Irrungen entstehen; dann könnte es beißen: die Höbergestellten können tun, was sie wollen, die dürfen sozial- demokratish wählen, und bei uns aber duldet es der Chef nit. (Andauernde Unruhe link3 und bei den Soz.) Meine Herren, ih habe perfönlich als Mensch mein Bedauern ausgesprochen, daß Herrn Dr. Sthellenberg dies passiert ist, und es istunrihtig, wenn Herr Dr. Struve es jeßt umdreht und so \{ildert, als wenn ich Herrn Dr. Sghellen- berg für einen Sozialdemokraten gehalten bätte. Das ift mir nit eingefallen. (Zuruf links: Das ift ja ganz gleichgültig!) Jhnen ift das gleichgültig, aber mir nit. (Lachen und Unruhe links * bei den Sozialdemokraten.)

Im weiteren muß ich nochmals betonen, daß von meiner Seite oder von seiten der Reichépostverwaltung keine Zeile in irgend eine Zeitung gekommen ist. Herr Dr. Struve hat ja erklärt, ih ätte das gesagt, und er müfse das glauben und glaube das auch. Ich möhte das auch energish in Anspru nehmen und muß ihn bitten, wirkli zu glauben, daß von seiten der Reihspostverwaltung nichts in die Zeitung gekommen ift. Ich bin aber nicht in der Lage, ibm zu sagen, wer den Artikel in dieser Zeitung, die ja ganz frei ift, geschrieben hat. (Bravo! rechts. Unruhe in der Mitte, links und bei den Sozialdemokraten.)

Abg. Eickhoff (fr. Volksp.): Der Staatssekretär hat in dieser Frage eine ganz andere Auffa ung als wir. 4 bâtte als Staats- sekretär den ganzen Fall als ellnerinnenklatsch behandelt, wie er es verdiente. In der geplanten Reform der Telephongeblihren erblickén auch in meiner Heimat die Kaufleute und Industriellen etnen bedauerlihen Rüdckshritt. Wie ftebt es mit der Erhaltung der Bezirfksfernsprehnete in den bergishen Landen? Der Abg. Linz hat gestern {on die Befürchtung ausgesprochen, daß sie aufgehoben werden follen. Dadurh würden die Interessenten aufs shwerste ge- shäâdigt werden, Ih wäre dem Staatssekretär dankbar, wenn er uns eine beruhigende Erklärung gäbe. Wenn die böberen Beamten ein akademishes Studium durchmachen sollen, so ist das ein Fort- \{chritt, namentlih in der Richtung, daß fie naturwissenshafilich mehr durhgebildet werden. Foslhéamie und Telegraphenbeamte müßten wokl eine verschiedene usbildung erbalten, denn bei den leßteren handelt es \sich vorwiegend um eine technische Ausbildung. Es ist nur freudig zu rüßen, daß fich der Kronprinz ent- \chloffen hat, an der technischen Hohshule Studien zu treiben. Um einen Dualismus zu vermeiden, follte der Staatssekretär sich dazu entschließen, den jeßigen böberen Beamten Rang und Titel der späteren akademish gebildeten zu geben. Die Erklärungen des Staatssekretärs über die Wünsche der Postdirekteren waren [eider zu allgemein und unbestimmt. Hoffentlich folgen nun aber bald den Worten Taten. Zu einem Mißtrauen egen die Postdirektoren liegt aus Anlaß des Herantretens der ofidirektoren an Abgeordnete für ibn fein Anlaß vor, die Postdirektoren sind an uns erft berangetreten, nahdem sie monatelang auf eine Audienz gewartet hatten. Die Postdirektoren wollten dem Staatssekretär nur den Nüden stärken gegenüber der Finanzverwaltung. Wir unserseits haben doch auch den lebhaften Wunsch, einmal wiedergewählt zu werden. Im Ernste gesprochen, wir werden uns niemals das Recht nehmen laffen, für das Petitionsrecht der Beamten einzutreten. Jn bezug auf die Unterbeamten freue ih mih über die Erklärung des Staatssekretärs, daß die jeßigen gehobenen Unterbeamten als geprüfte im Sinne der neuen Verordnung gelten und gegenüber den geprüften keine Nachteile haben follen. Die Prüfung ift doch nit das Ent- \cheidende, und au die mittleren Beamten sollten+sich mit der Prü fung nit brüften. Absonderung und Zersplitterung liegen nicht im Interefse der Beamten selbst. Die Verwaltung ollte ibrer- eits den Vereinigungen der Postbeamten keine ndernifse n den Weg legen. Ein Koalition3recht, das das treikrecht involviert, wollen au wir den Beamten niht zugestehen, daß

aber zu großen Verbänden ¡usammenscließen, ift ihr gutes

echt. Der Staatssekretär sollte den oven Vereinigungen mit mehr Vertrauen entgegenkommen und den Ünterbeamten eine ition über das ganze Reih gestatten. Auch nach unserer Zens: muß in einer so großen Verwaltung Ei berrshen, daneben bedarf es aber des Vertrauens zwischen Angestellten und Vorgeseßten. Leider eint das Vertrauen der Beamten zu der Po tung in der eßten Zeit ershüttert zu sein. Möge der Staatssekretär alles tun, um dieses Vertrauen von neuem zu befestigen.

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

M 41.

(Séluß aus der Erftien Beilage.)

Staatssekretär des Reichspofiamtis Kraet ke:

Dem Herrn Vorredner kann ih auf die Anfrage über die bergi- hen Telephonnetze nur erwidern, daß die Angelegenheit gleichzeitig mit der Sebührenfrage geregelt werden wird. Es liegt von vornherein niht in der Absicht, die Bezirkätelephonneße ganz aufzulösen; aber eine neue Regelung wird notwendig sein. Ueber diese Frage werden wir dann Gelegenheit baben, uns zu unterhalten, wenn eine Vorlage über FernspreWgebühren dieses hohe Haus beschäftigen wird.

Ih möhte dem Herrn Vorredner noch einige sonstige Worte erwidern. Ih würde ganz damit einverstanden sein, wenn die Herren Abgeordneten die Eingaben von Beamten an Ihre Petitionskommisfion überwiesen. (Abg. Gickhoff: Da bleiben sie liegen!) Bitte! Sie befolgen ja in der Petitionskommission, soweit mir bekannt ist, den Grundsaß, daß Sie fich auf solWe Petitionen nur einlassen, wenn ein ablehnender Bescheid der Behörde vorliegt. (Sehr richtig! rets.) Und ih glaube, das ift der richtige Weg. Dort bietet sich die Ge- legenheit, einen Kommissar der Verwaltung zuzuziehen, der amtlich Auskunft gibt. Aber, mcine Herren, wohin soll das jevt beliebte Verfahren führen? Wie der Herr Abgeordnete selb ausgeführt hat, trägt er hier allerlei Wünse von Beamten vor, er nennt keine Namen, ih weiß auch niht, wieviel Beamte es find. Er glaubt fich aber berechtigt, zu sagen: die Wünsche haben ArfpruYh auf Erfüllung. (Abg. Eikhof: Die Wünsche sämtlicher Beamten!) Der Abgeordnete urteilt hier ohne weiteres: diese oder jene Wünsche sind berehtigst. (Sehr rihtig! -recht?; Abg. Eichoff : Nath meiner Meinung!) Ja, meine Herren, ih kann da wirêlich weiter riéts sagen; ich muß Sie aber dringend auf die Gefahren binweifen, die solch ein Vorgehen in fich trägt. So gebt es wirklich nicht! Sie machen es dem Chef der Verwaltung ganz unmögli, mit seirem Personal gut auszukommen, wenn jeder einzelne Abgeordnete, dem irgendwelhe Wünsche zugehen, ohne Befragen der Verwaltung bier erklärt: bei dieser oder jener Beamtenkategorie \{lägt die Behörde niht den rihtigen Weg ein; die Wünsche sind berechtigt. Ih habe ja garnihts dagegen, daß alles vor Ihr Forum kommt, aber Es auf dem richtigen Wege. (Abg. Eickhoff : Auf welhem denn?) Verweisen Sie die Sachen doch an die Petitionskommission, ih bin sehr gern bereit, Kommissare hinzuschicken, die Ihnen Auskunft geben. Wenn i die Ehre bätte, hier als Abgeordneter zu fißen, ih weiß wirkli nicht, ob ich den Mut bätte, zu sagen, cine ganze Kategorie von Beamten hat Arfpruch auf Erfüllung der vorgebrachten Wünsche; dieser Anspruch ift berechtigt. JIch möchte beinahe glauben, es gehörte au etwas Sachkenntnis dazu. (Sehr rihtig! rechts. Lachen links.) Sehen Sie einmal, Sie sprechen selb über die Postlaufbahn und über die Art, wie wir fie regeln. Da betonen die Herren mit Necht immer, es ist notwendig für die Verkehrsbeamten, daß fe Kenntnisse vom praktishen Dienfie haben, daß sie die Verbältniffe richtig be- urteilen können, und deshalb muß es bei der späteren Karriere au so sein. Nun meint aber mancher Abgeordnete, er felbst, obglei fein Fahmann, beurteile das ganz richtig, ih aber, obglei ih den ganzen Weg von unten bis oben durchgema@t habe, beurteile das nit a haben jeßt an dieser Stelle, der Stelle des Staats- sekretärs, einen Beamten, der aus der Karriexe selbft hervorgegangen ist, der den Dienst ganz genau kennt, jeden Dienft durchgemacht hat, rompu au mótier; und trogdem nehmen Sie an, er behandle seine Beamten nit richtig oder nit woblwollend genug. Was bätte ich für einen Grund dazu? Erft- mals bin ich kein so böôsartiger Mens (na! na! links), daß ih mir etwas daraus mache, andere \chlecht zu behandeln, und iweitens stedt in jedem Menséhen eine gewifse Bequemlichkeit. Warum soll ih mir denn {were und überflüssige Mühe machen ? Oder halten Sie 2 für ein großes Vergnügen, daß ich unrichtigen Auffafungen während der Etaisberatung immer wieder entgegentreten muß D nit meinets wegen, sondern der Beamten wegen? Glauben Sie wirklich, daß Sie Zufriedenheit schafffen, wern Sie jede einzelne Handlung der Behörde von vornherein, ohne fie ; darüber gehört zu haben, was - entscheidend für sie gewesen ist, als \chlecht oder unzulängli hinstellen? Das führt zu nichts Gutem. Ich füble mih verpflihtet, nochmals hervorzuheber, daß es viel befser if, wenn solGe Gesuße an die Petitionskommission kommen, denn wenn sie da gründlich behandelt worden sind, können Sie auf Ecund der amtlihen Auskünfte, die Sie b:kommen haben, auftreten und sagen: das ift amtliche Auekunft, dana halten wir die Sache für richtig oder wir halten fie nicht für richtig und müfsen ibr entgegentreten ; aber auf dem bisherigen Wege, glaube ih, erzielen Sie nichts, als immer nur neue Unzufriedenheit. ir

els (dkons.): Die Ausführlihkeit einzelner Mg 4 ane M bältnid zu der Stärke, in der hre Fraktionen vertreten sind. Der Abg. Kopsc hat auf eine lhriftlie Zusage eines konservativen Vereins Bezug genommen ; vir verurteilen solhe schriftlichen, unautorisierten Zusagen ; von Jarteisekretären usw. durchaus; auch mein Freund Dees JE das hon getan. Es handelt sih hier auch gar niht um den Se te är tec gesamten konservativen Partei. Damit erledigt sich Ft D DeR Vg. Kopsch gegen uns erhobene Vorwurf der Demagogie. e G c fibrungen des Abg. Kopsh lag ein gewisser Zug von Wehmu L % wir den Blockbrüdern von links unlauteren Wettbewerb maten. 3m Grunde haben wir uns doch sehr lieb und von unlauterem ee tewerbe kann doch keine Rede sein. Ms HREUE die der Abg. ttmann heute erhob, würden in der Praxis nur den arenen Varenbäusern und ähnlichen Einrichtungen zugute kommen c: Post zwingen, unter dem Selbstkoftenpreis zu arbeiten, was wir os iht wünshen können. In der Beamtenschaft hat es ein Fee e Nißfallen erzeugt, daß auf die Ausführungen meines Kollegen Dröscher fine minder ausführliche Auskunft gegeben worden ist. Der Abg. Hame er at uns vorgeworfen, wir hätten unsere rühmlihe Tradition auf dem ebiete der Sonntagsruhe verlassen. Nein, das haben wir nicht ge, Bir widerftreben der Resolution wegen des früheren Exe fe élusses namentli mit Räcksiht auf den kleinen Gewerbe gn j niht in der Lage is, Personal zu halten. Im Falle Sgellen- g föônnen wir dem Staatssekretär und seinem Verhalten nur

Zweite Beilage | zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

Berlin, Montag, den 17. Februar

‘zustimmen. Dr. St&ellenberg hat für den Sozialdemokraten ge-

immt und das auch zugegeben. Wenn ein in einem Vertrauen2- verbältnis zur Bebörte îtehender Mann einer Partei die Stimme gibt, deren Vertreter Bebel in Dresden \sich als Todfeind der bürgerlichen Gesellsaft erklärte, die er stürzen wolle, wenn er fônne, so fann von der Fortdauer dieses Vertrauensverhält- nisses keine Rede sein. Wie stellt si der Abg. Hamecher denn zum Falle Grandinger? Dieser katholishe Geiftli&e, der sich der liberalen Partei angeshlofsen hat, ist vom Erzbishof von Bam- berg P worden. Wir danken dem Staatssekretär, daß er das Eindringen der Sozialdemokratie in die Beamtenschaft verhindert, und verfichern ibm, daß er bei diesem Bestreben stets auf unsere Unterstüßung rechnen kann.

Hierauf s{lägt der Präsident Graf zu Stolberg dem Hause vor, fich zu vertagen. Das Haus if damit ein- verstanden. :

s 33/, Uhr. Nächste Sißung Montag 1 Uhr. (Etats der Post- und Telegraphenverwaltung, der Reichs- druckerei und der Reichsjustizverwaltung.)

Koloniales.

Die Phosphatlager von Nauru. Das Organ der Deutschen E r, esellshaft enthält einen ausführlihen, mit Jlluftra- tionen versehenen Aufsaß über die Phosphatlager auf Nauru, dem wir folgendes entnehmen: Unser kleinstes Schußgebiet, die Marshall- insela, hat einen Fläheninhalt von rur 400 gkm, der fih auf eine große Anzabl von Atollen verteilt, die mit wenigen Ausnahmen Lagunen- infeln find und eine einbeimische Bevölkerung von etwa 15 000 Seelen aufweisen Zu diesem Schußtzgebiet gehört die 0,26 Grad südlicher Breite und 166,56 Grad öftlicher Länge liegende Insel Nauru. Während die Atolle eine Bodenerhebung von kaum 15 Fuß über den HoH- wafserspiegel baben, ragt Nauru etwa 75 m empor. Aus gewaltigen Meerestiefen fteigt die fast kreisrunde Insel in- einem Winke! von 45 ° auf und bildet einen abgeflahten Kegel, defsen Flähenausdebnung etwa 2000 ha beträgt. Rings um die Insel zieht fich in einer Breite von 60—90 m ein Riff, dann folgt ein etwa 100 m breiter Gürtel ebenen Landes, auf welchem die Kokotpalme in üppiger

ülle gedeißt, und dahinter fteigt steiniges Gelände auf, in gdefsen be groerd Teil eine leine, Penig, Fuß tiefe Lagune liegt. Als i Jahre 1886 die deutshe Flagge auf den Marsball- inseln gebißt wurde, war Nauru noch eine der berüchtigtsten Inseln der Südsee. Die Bewohner etwa 1500 Seelen '— lebten in steter Fehde, und die unter ihnen angesiedelten weißen Händler waren meist s{hlimme Gesellen, entlaufene Matrosen oder gar ent- prungene Sträflinge, die auf irgend eine geheimnisvolle Weise ihren

eg von Australien oder Neu-Kaledonien nach dieser weltentlegenen Insel, die sie „beach combers adise“ nannten, gefunden batten und einen äußerst {lehten Einfluß auf die Eingeborenen ausübten. Unter deutsher Verwaltung und dem segensreihen Verbot der Schnap3- und Waffeneinfuhr find die Bewohner Naurus nah und nach zu nühternen, lien Menschen heran- gezogen worden, und das fteinige Gelände, das hin dem Koko3gürtel ansteigt, bat fich als eine Anhäufung hochgradiger hosphate erwiesen. Die Ausbeute solcher Düngestoffe war als rivileg der Jaluit-GesellsGaft übertragen, die bekanntlih dem Reich die Verwaltungskosten des Shußzgebiets zu erstatten hatte. Als das Reih auch die Verwaltung dieses Schußgebiets selbst übernahm, beließ man der Gesellschaft zwar dieses Privileg auch fernerhin, seßte jedo

Ausfuhrabgabe fest. ¿

Fe Die sep aa E legen Sachverständiger ergaben, daß das Phosphat ursprünglich zweifellos von Vögeln hierhergebraht worden war, welche die damals wohl unbewohnte Insel als Brutplaß be- nußzt haben werden, wie wir es heute noch in allerdings kleinerem Maßstabe auf anderen Inseln der Südsee beobachten können. In der aller Wahrscheinlichkeit nach Jahrhunderte zurückliegenden Zeit, als diese Ablagerungen ftatifanden, {eint Nauru ein Korallenatoll gewesen zu sein. Unter bvulkanishen Einwirkungen hat die Insel Hebungen und Senkungen ers fahren, von welchen zwei beziebungêweise drei nahweisbar sind. VermutliÞh wird aber eine weit größere Anzahl stattgefunden haben, ehe Nauru die heutige Gestalt angenommen hat. Das in dem Guaro enthaltene Lôslihe Phosphat sickerte mit dem Regen auf den Koralleauntergrund, sättigte sih bier mit dem erforderlihen Kalk und bildete Phosphaitgeftein. Sm Laufe der Jahrhunderte haben Brandung und Regenfall die weniger harten Korallengebilde weggewaschen, wäbrend sich der phosphorsaure Kalk in Höblungen und Spalten zwishen dem verwitterten Gestein in Form von abgeschliffenen Kieseln und Sand sammelte. In diesem Zuftand scheint si die Insel abermals gehoben zu baben und nach wie vor von Vögeln besucht worden zu sein. Wiederum sickerte das Phosphat aus diesen jüngeren Ablagerungen und zementierte die in den Spalten an- gebäuften Phosphatgebilde einer früheren Periode zu einem Kon- glomerat zusammen, wie wir es heute in großen Kluwmpen finden. Diese ¡usammengeschweißten Gebilde sind häufig in so merkwürdiger Weise mit den primären durheinander geworfen, daß hieraus {on auf die gewaltige Naturkraft geschlossen werden darf, welche bei den Hebungen und Senkungen der Insel tätig gewesen sein muß. Die zahlreichen, über die ganze Infel vorgenommenen Bohrungen haben bis zu einer Tiefe von 10 bis 15 Fuß überall das gleide Material ergeben, und allenthalten fand sich auf der Oberfläche Phosphat in Gestalt abgeschliffener Kiesel, lose umher- liegend. Bis zu welcher Tiefe die Phosphatlager reihen mögen, ift noh nicht festgestellt; aber die nachgewiesenen Vorräte sind so ge- waltig, daß ihr Abbau für mehrere Generationen ausreichen wird. Die Qualität des Phosphates übertrifft die aller bisher be- kannten Ablagerungen, sowohl was den hohen und vollständig leihmäßigen Gehalt an Phosphorsäure betrifft als auch mit Rüksict auf die ganz geringe Beimishung von Eisen und Ton- erde. Um das Phosphat für Düngzwecke verwendbar zu machen, wird es bekanntlich mit Schwefelsäure aufgelGlossen es findet bei der immer rationelleren und wissenschaftliheren Bewirtschaftung des Bodens von Jahr zu Jahr größere Verwendung. Naturgemäß geht ein beträchtlicher Teil der Abladungen nah den die Südsee umgebenden Ländern: Japan, Australien, Neu-Seeland und Honolulu ; auch Frankreih, Belgien, Gngland, Schweden, Norwegen, Ru land und vor allem Deutschland beziehen große Mengen, die „Union Stettin allein ¿. B. 20 000 bis 25 000 t im Jahr.

Literatur.

Von dem würdig ausgeftatteten und mit guten Abbildungen versehenen Lieferungölverk „Die deutschen Befreiungskämp e, Deutschlands Geschichte 1806 bis 1815" von Hermann Müller-Bohn (Verlag von Paul Kittel in Berlin) liegen die Lieferungen 2—4 vor. In ihnen ist die Geschihte der Epohe von

der Rückgab vers an England bis zum Gefeht bei Heiléberg ( 10, Junt 1809) baren Aus den farbigen Kunstbeilagen seien die

1908.

iedergaben des Gemäldes- „Breslau in den en der E:- En P S Profefsor R. Knötel und der lebensvo en Gemälde Blücher vor der Sch!aŸt bei Kaßbah“ und „Die Kolbens{la#t bei Hagelberg“ von Profeffor Röchling besonders hervorgehoben. Das ganze Werk ift auf 30 Lieferungen zu je 1 lercchaet. Trußnachtigall. Von P. Friedrih Spee 8. J. Ne f den Liedern aus dem Güldenen Tugendbuch desselben Dichters. B der Ausgate von E Brentano kritisch neu berau2g?gzben on Alfons Weinrich. : as der Take von Brentano. Freiburg 1908, Herderse Prag bandlung. 3,— H; geb. 3,80 # Das steigende Interesse ür Brentano, von defsen Ausgewählten Schrifien der HerdersFe Verlag 1906 eine 2. Auflage ersheinen laffen konrte, legte den Gedanken nabe, als Grgänzung dazu eine Neubearbeitung von Brentanos Ausgabe der Trugnack§tizgal von Spee, die längst zu den [iterarischen Seltenheiten gehörte, zu veranftalten. Da Brentano nur neue Orthographie anwandte, _im übrigen „aber einen „wörtlih treuen“ Text bieten wollte, mußte sich naturgemäß die neue Au2gabe der jet üblichen Recischreibung bedienen. Bei der“ Ver- [eitung mit den Originaldrucken stellte sih jedoch, wie der kritishe N ahaug ausweift, eine Reibe von meistens unbeabsihtigten Abweichungen beraus, die, sollte Brentanos Absicht eines unverfälschten Textes nicht hinfällig werden, vermieden werden mußten. Deshalb wurde in der Regel der ursprüngliche Text wiederhergestellt, während die Aenderungen in die Lesarten verwiesen wurden. Die Lieder aus dem Güldenen Tugendbuch sind, erstmals krilisch Oa sämtli aufgenommen, sodaß in einem Bande der ganje Dichter Speë geboten wird. Um das Verständnis zu erleihtern und dem Buche auch in weiteren Volkskreisen Eingarg zu verschaffen, erläutern die kurz gehaltenen Anmerkungen Heute nit mehr gebräuhlide Worte und Rede- wendungen. Zu. begrüßen ist der unveränderte Abdruck der Biographie Spees, die jedoch der Herausgeber, cinem Wunsche Brentanos felbst folgend, nach dem Stande der Focshung berihtigt und ergänzt hat. Besonders werivoll ist die literarische Einleitung, die den Beweis zu erbringen sucht, daß die Beschäftigung mit Spee einen be- deutenden Einfluß auf den Neligion8we{sel Brentanos ausgeübt bat, und außer einer vollständigen Bibliographie alles Wifsenswerte über die Trußnattigall und ihren Dichter enthält. Auch bat der Herausgeber die Herkunft der Lieder der „Zugabe“ nachzuweisen vermocht. Zur ierde gereihen dem Buche die Nachbildungen der Titelbilder der pel rvar von E und der L Bon Brentano, die beide inleitung ihre Erklärung gefunden haben. u E Si Times für 1908. (Jabrg. I.) Hrsg. von E. Mever, unter Mitwirkung von Dr. M. Osborn u. E. R. Weiß. Elz. kart. 3,50 f Verlag Edmund Meyer, Berlin. Verleger, Schriftsteller und Kür stler haben si kier zusammengetan, um ein in der Idee wie in der Ausführung glei eigenartiges und an- sprehendes Werkchen zu hafen, das um fo größeren Anklarg finden dürfte, als die Kunit des Silhouettenshneider. 5, von neuem belebt, heute wieder viele Freunde besißt. Ein Aufsaß von Dr. Max Des- born über „Die \ckwarze Kunst" führt uns die Geschichte und Art der Silbouettenkunst vor und leitet zum Hauptbestandteil des Werkchens über : zu 26 ganzseitigen, z. T. ncch nit bekannten Silhouetten aus dem Goetbekreis nach ODriginalsilhouetien mjt getuerbrheen aus- ewählten be¡üglihen Merksprüchen. Ein Kalendarium mat den Imanah für praktishe Zwecke brauhbar. Für Bücherliebhaber find 100 numerierte Exemplare auf echt Bütten gedruckt und in ganz Pergament gebunden. Der Almanah foll in den nächsten Jahren ortgeseßt werden. l l E ects&er Kolonialkalender für das Jahr 1908. Nach amtliden Quellen bearbeitet. 20. Jahrgang. Berlin 1908. Deutscher Kolonialverlag. Preis 1,80 Der Kolonialkalender is ein gutes Handbuch für jedermann, der \sich mit Kolonialpolitik beschäftigt oder am Gange der Kolonialpolitik Interesse hat. Er bringt die Per- fonalien der kolonialen Reihébeamten in der Heimat und in den Kolonien, - eine Uebersiht über die einzelnen kolonialen Erwerbs- und Agitationsgesellsch@aften, die evangelishen und katholishen Missionen, die Postbestimmungen in den Kolonien und die Fraht- und Pafsage- preise der nah den Kolonien führenden Dawpferlinien. Er enthält weiter T Erlaffe über die Anstellung von Beamten sowie au einige Tabellen für Pflanzer.

EULTE AULCLEigei neu ershienener Schriften, deren Besprechung vorbehalten bleibt. Einsendungen sind nur an die Redaktion, Wilbelmfstraße 32, zu rihten. NRüdcksentung findet in keinem Falle ftatt.

Aus Natur und Geifteswelt. Bdchn. 171, 181 und 184; Gesundheitslehre für Frauen. Von Dr. Roland Sticher. Mit 13 Abbildungen im Text. Gebdn. 1,25 „4 Die Pflanzen- welt des Mikroskops. Von E. Reukauf. Mit 100 Abbildungen in 165 Einzeldarftellungen nach Zeibnungen des Verfassers. Gebdn. 1,25 A Kolonialbotanik. Von Dr ür: Tobler. Mit 21 Figuren im Text. Gebdn. 1,25 A Leipzig, B. G. Teubner.

Aus Natur und Geisteswelt. Bdhn. 18, 186, 187 und 192. Der Kampf zwishen Menschen und Tier. Von Profeffor Dr. Karl Eckftein. Gebdn. 1,25 Philosophie. Von

ans NRichert. Gebdr. 1,25 A Natürliche und künstliche

flanzen- und Tierstoffe. Von Dr. B. Bavink. Mit 7 Figuren im Tert. Gebdn. 1,25 « Das deutshe Dorf. Von Robert S E 51 Abbildungen im Text. Gebdn. 1,25 M Leipzig, B. G. Teubner.

Peter Brobs Geständnis. Eine Erzählung von J. E. Poritky. 2,6 Mündten, Etzold u. Co. E :

Salome. Von Adam Röder. 0,50 # Wiesbaden, Emil

ehrend. E : E der Bocchetta. Historische Erzählung aus der Zeit des

eldzuges Napolecn Bonapartes in Oberitalien 1796. Von Karl Lee era. 2. Aufl. 1,50 4; gebn. 2,4 Rathenow, Max Babenzien.

Sil bouetten-Alman ach 1908. (LOBa) Herausgea. von E. Meyer unter Mitwirkung von Dr. M. Osborn und E. R. Weiß. Eleg. kart. 3,50 # Berlin W. 35, Potédamerstraße 27 B,

und Meyer.

Q Kunft des 19. Jabrbunderts und der Gegenwart. Ein Grundriß der modernen Plastik und Malerei, mit etwa 500 Ab- bildungen. Von Dr. Berthold Daun. Liefg. 9 bis 12, Preis à 1,20 Af Komplett A Lieferungen. Berlin W. 57, Goeben-

22, Georg Wattenbah. : R T: R der Luft. Ein Vortrag von Graf Zeppelin. 0,75 M Stuttgart, Deutsche Verlagsanstalt. :

Die Gottesbotshaft. Drama in drei Akten. Von Klara Pfudel. 2 A Berlin W. 50, Geisbergstr. 40, A. Haack.

Land- und Forftwirtschaft. Saatenstand und Getreidehandel in Bulgarien, Kaiserlihe Konsul in Varna berichtet unterm 6. d. M.: Der “Gua e aer seates wird überall günstig beurteilt. Reichliher Schneefall im Januar hat dem Boden genügende Feuchtig- keit gegeben, und auch die spät aufgegangenen Saaten baben nunmehr binrelidend Wurzel gefaßt, um selbst ftärkerer Kälte Widerstand zu

leisten. Nur die wegen der Dürre im Herbst v. J. erft spät besäten

Mit den Titebbildern der Originalauëgabe ©=