aus, um den Witwen nur eine Pension von 1 #4 tägli zu geben. Er habe im vorigen Jahre über das Elend der Lehrerwitwen Mitits- teilungen aus Schlesien gemacht, jeyt bringe die „Frankfurter Zeitung“ ähnliche Mitteilungen aus Hessen-Nafsau, wona L B. 22 Witwen mit ihren Wünshen aus Mangel an Mitteln abgewiesen werden mußten. Es solle zunächst einmal authentisch die Zahl der Witwen in jedem Regierungsbezirk festgestellt werden, damit die Meeren wisse, wie viel überhaupt gebraußt werde. Ferner sei es niht rihtig, daß die Witwen alljährlich von neuem um die Unterstüßung einkommen müssen. Eine Lehrerwitwe in Kesselsdorf in Schlesien habe eine einmalige Unterstüßung von 50 #Æ auf ihr Gesuch erhalten, eine laufende Unterstüßung sei ihr von der Regierung in Liegniß mit der Begründung Waeiebnt worden, daß laufende Unterstüßungen nur an die ältesten Witwen gegeben würden. Diese Unterstüßungen sollten aber grundsäßlich dauernd bewilligt werden. Die Regierung möge Sorge dafür tragen, daß diese Klagen endlih verstummen können.
Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Holle:
Meine Herren! Auch die Unterrichtsverwaltung hat den lebs haften Wunsch, daß die Unterstüßungen für die Witwen und Waisen verstorbener Lehrer möglichst fortlaufend bewilligt werden. (Bravo!) Sie hat demgemäß bereits die Regierungen mit Anweisungen ver- sehen: soweit die Disposition über den Fonds es gestattet, fortlaufende Beihilfen in möglichster Höhe ju geben. (Bravo!) Aber es ergibt fich ganz von selbst, daß, weil in jedem Jahre die Zahl der Witwen ih verändert und au die Verhältnisse der neu hinzutretenden eben- falls Beaitung finden müssen, niht allen Witwen von vornherein eine fortlaufende Unterstüßung bewilligt werden kann; denn sonst würden die gesamten Mittel des Fonds gleich festliegen. Die Ver- teilung geshieht in der Weise, daß die Zahl der Witwen bestimmend ist für die Zentralverwaltung und- daß darnach die Fondsanteile be“ stimmt werden, welhe an die einzelnen Regierungen von der Zentralstelle aus überwiesen werden. In dieser Beziehung xann ih auch zugleih die Anfrage des Herrn Abg. Eickhoff beantworten, daß wir ein genaues Verzeichais der Witwen hier haben. Die Regierung verteilt dann die Unterstüßungen je nach dem Be- dürfnis der einzelnen Witwen. Daß das natürli s{chwierig ift, liegt auf der Hand.
Herr Abg. Zieshó hat den Wunsch ausgesprochen, daß wenigstens alle Witwen über 60 Jahre fortlaufende Unterstüßungen bekommen möchten. Ih glaube, das ist in der Regel au der Fall, jedenfalls werden die älteren Witwen bei der Gewährung laufender Unter- flüßungen tunlihst und vorzugsweise berüdcksichligt.
Dann hat Herr Abg. Zieshé weiter eine Frage angeregt, die au bereits bei der Unterrichtsverwaltung im Gange ist. Er hat darauf hingewiesen, daß die Auskünfte, die für Gewährung von Bei- hilfen bestimmend sind, nit bei den Polizeibehörden, sondern auf andere Weise eingezogen werden möchten. Ih darf bemerken, daß in allernähster Zeit eine Verfügung hinausgehen wird — sie ift bereits in Arbeit —, die davon ausgeht, daß die Vertrauenspersonen der Sgulen oder die Mitglieder der Schulorgane bei dieser Auskunft als wesentlihe Faktoren herangezogen werden sollen. (Bravo!)
Im übrigen haben die Ausführungen sämtlicher Herren Vorredner ergeben, daß sie sih in erfreulicher Uebereinstimmung mit der Staats- regierung befinden, daß nämli die Sorge für die Hinterbliebenen der Lehrer sowie auh für die ausgeschiedenen Lehrer selbst möglichst reihlich sein möge. Die Erhöhung der einzelnen Fonds ergibt ja, daß die Staatsregierung auch in diesem Jahre wieder das getan hat, was nah Lage der gesamten Verhältnifse irgend angängig war. Der eine Fonds ift — und zwar vorläufig im Extraordinarium — um 50 000 4, der andere um die bedeutende Summe von 130 000 „6 im Ordinarium erhöht. Wenn noch nit alles hat gesehen können, was die Herren erwarten, so mögen sie einen Teil der Zukunft überlassen. Das Be“ streben der Unterrichtsverwaltung wird dahin gerichtet sein, den Nôten der ausgedienten Lehrer und der Lehrerwitwen mehr und mehr Abhilfe zu hafen. (Bravo!)
Abg. Ern st (fr. Vgg.) {ließt ch den Ausführungen des Abg. Ziesché an.
Bei dem Dispositionsfonds für das Elementar- unterrihtswesen, 445 000 M, weist
Abg. Peltas ohn (fr. Vgg.) darauf hin, daß aus diefem Fonds nur den leiftungs\{chwachen Synagogengemeinden Beihilfen gewährt werden, während nah ‘der beim Sculunterbaltungsgeseß angenom- menen Resolution diese Gemeinden sämtlich Zuschüsse erhalten sollen. Es sollte niht nur eine Unterstüßung, sondern ein Necht für alle sein. Die Regierung habe erklärt, daß fie der Resolution wohlwollend gegenüberstehe und damit einverstanden sei, daß den jüdischen Religions- La ein auskömmliches Gehalt gegeben werde; jeßt aber gebe die Regierung den Lehrern nur bei wenigstens 12 Kindern für den Religionsunterricht eine Beihilfe.
Ministerialdirektor D. Shwarhkopff: Die Regierung fteht der Frage des jüdischen Religionsunterrihts an Volks\{hulen durchaus wohlwollend gegenüber; es handelt sich bei der Bestimmung wegen der 12 Kinder durchaus nicht um den Ausdruck eines Uebelwollens, im Gegenteil. Es ift aber ein Mißverständnis, daß alle Synagogen- gemeinden Beihilfen für den Religionsunterricht erhalten sollen. Es ist ein Grundsaß, daß auch bei der Unterstüßung aller anderen Religionsgesellshaften, der christliGen Konfessionen, der Staat nur an [eistungs\chwahe Verbände Beihilfen zahlt. Der Staat kann immer nur subsidiär solhe Beihilfen gewähren. Ebenso ist es bei der Bestimmung, daß nur, wenn mindestens 12 jüdishe Kinder einen Religionsunterriht erhalten, eine Unterstüßung gewährt wicd. Der Staat muß sich eine gewisse Grenze auferlegen, und auch bei katholishen und evangelishen Kindern wird die Beihilfe zu einem besonderen Religionsunterriht von dem Saß von 12 Kindern ab- hängig gemaht. Wir müssen auch hier daran festhalten. Bei der dafür eingeseßten Summe sind wir auf Shäßungen angewiesen ; follte fs herausstellen, daß diese Summe nit genügt, so kann leicht
bhilfe geshaffen werden.
Um 4 g - wird die Beratung abgebrohen, um Abends um 71/2 Uhr fortgesegt zu werden.
Abendsißzung vom 21. Februar 1908, 71/2 Uhr:
Das Haus set die Beratung des Etats des Ministeriums der geistlihen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten, und zwar die Diskussion, die
ch an den „Dispositionsfonds Für das Elementar- chulwesen, 445 278 M“ geknüpft hat, fort.
Abg. Marx (Zentr.): Von diesem Fonds ‘sind bekanntli 40 000 4 zu Beihilfen bestimmt für“ leistungsschwahe Synagogen- gemeinden zur Erleichterung der Beschaffung des jüdishen Religions- unterrichts da, wo mindestens 12 jüdische Kinder dauernd vorhanden find. Dem Wunsche des Abg. Peltafohn, daß von der in dem Worte „leistungs\hwaächen" liegenden Beschränkung abgesehen werden möge, kann'ich mi nur anschließen, desgleihen dem Wunsche nach Wegfall ber De chränkfung auf die Gemeinden mit dauernd mindestens zwölf
ndern.
Abg. Vier eck (frkons.): Wir werden der Bewilligung vieler 40000 M gern zustimmen. Der Minister hat dankenswerterweise für den Bedürfnisfall noch weiteres Entgegenkommen zugesagt. Leider
hat der Wunsch des Hauses, allen Gemeinden die Beihilfe eventuell zuteil werden zu lassen, der Beschränkung des Vermerks auf die „leistungsshwachen* nur teilweise Grfüllung gefunden.
K Cassel (fr. Volksp.): D Absicht der Mehrheit ist im vorigen Jahre durhaus nit dahin gegangen, eine solhe Beschränkung zu \tatuieren. Der Kommissar des Finanzministers war allerdings anderer Meinung, aber das hat sih ihm nicht angeshlofsen.
Abg. Henning (kons.) {ließt sich den aus dem Hause geäußerten Wünschen durchweg an.
Der Titel wird bewilligt.
Zu den Ausgaben für Taubstummen- Blindenwesen bemerkt
Abg. Dr. von Savigny (Zentr.), daß es unrecht und des preußischen Staates unwürdig sei, eine Anzahl taubftummer Kinder ohne Unterricht zu lassen. Erhebliche Kosten kämen nicht in Frage. Der Minister möge im nähsten Jahre eine Vorlage einbringen, in- awisGen aber au Kurse für die Seelsorge der Taubstummen einrichten.
irkliher Geheimer Oberregierungsrat von Bremen legt die
Schwierigkeiten dar, die den Wünschen des Vorredners Aigedenstebén. Die Angelegenheit werde aber im Auge behalten werden.
Die Ausgaben werden bewilligt, ebenso der Rest der dauernden Ausgaben für das Elementarunterrichtswesen.
Beim Extraordinarium dieses Kapitels weist
Abga. Stanke (Zentr.) darauf hin, daß in Westpreußen und Posen ein volles Siebentel der Kreis\{hulinsyektoren in eigenen Dienst- gebäuden wohne. Kaum eine Beamtenklasse erfreue sich be- züglich der Dienstwohngebäude eines solchen Wohlwollens der Regte- rung. Zum ersten Male würden jeßt \folhe Dienstgebäude auh für den Regierungsbezirk Oppeln beantragt. Soslle dies heißen, daß auch die Ostmarkenzulage nah Oberschlesien über- tragen werden solle? Das wäre sehr bedauerlich. Man solle lieber das Geld für Schulbauten verwenden.
Negierungskommifsar, Regierungsafsefsor Dr. Lezius: Lediglich das Bedürfnis ist entscheidend. Auch kommen nicht etwa nur Kreis- \{ulinspektoren in Frage, sondern au Baubeamte usw.
Als leßter Titel des Extraordinariums sind 200 000 „ Ur Förderung von Lcibesübungen, Volks- und Jugendspielen“ ausgeworfen. : t 22S
Abg. von Schenckendorff (nl.) bittet, bei der Verwendung dieses Betrags in erster Linie auf die Volksschulen Bedacht zu nebmen. Er könne nur wünschen, daß mindestens dieselbe Summe im Ordi- narium des nähsten Jahres erscheinen möge.
Abg. Hammer (kons.): Auch mih hat die Einstellung dieser Summe sehr gefreut. In unseren höheren Schulen wächst ein Ge- \{lecht heran, das keineswegs besonders in Leibesübungen ausgebildet ist und um das einem für die Zukunft fast bange werden kann. In den romanishen Ländern wird {hon den Sekundanern das Florett- fehten beigebraht. Bet uns sollte das Slhlagen mit dem Korbsäbel eübt werden. Der Redner seßt die- Vorzüge des Hieb- und Stoß- fechtens und die günstige Wirkung auf die körperlichen Kräfte und den ganzen Degen eingehend auseinander.
Abg. Schiffer G Es ist doch nicht ungefährlih, so sehr einem Spezialsport das Wort zu reden. Die Frage ist: Wie weit ist das Syftem stabiliert, die Freude am Sport in die Shulen hineins zutragen ?
Minister der geistlichen, Unterrihts- und Medizinals angelegenheiten Dr. Holle :
Meine Herren! Zu meiner besonderen Freude kann ih die volle Uebereinstimmung der Unterrihtsverwaltung mit den Ausführungen der drei Herren zum Auédruck bringen.
Die Unterrichtsverwaltung hat, um auf die leßte Frage zu ant- worten, in welher Weise das System- organisiert ist, um Sinn und Verständnis für die Leibesübungen in das Volk hincinzutragen, zu diesem Zweck die Turnlehrerbildungsanstalt in Berlin zu einem ge- wissen Mittelpunkt ausgestaltet, um dort für die Erprobung und Verbreitung gesunder Fortschritte in allen denjenigen Leibesübungen zu sorgen, die zur Hebung der Gesundheit und Wehrkraft des Volks
und
dienlich erscheinen. (Bravo!) An dieser Anstalt ist der Betrieb des Knaben- und Männerturnens - zeitgemäß und zweckentsprehend fortgebildet worden; ferner ist für die
Ausbildung des Mädchenturnens ein neuer Lehrgang aufgestellt, und für die Ausgestaltung der Freiübungen sind neue Gesichtspunkte und neue Spiele gewonnen worden.
Um die dort gemachten Erfahrungen möglich|| \s{chnell und möglihs weit in das Volk hineinzutragen, find neben den gewöhn- liGen Ausbildungskursen für Turnlehrer und Turnlehrerinnen noch Fortbildungékurse eingerihtet. Zu diesen Fortbildungskursen werden die Turnlehrer von den Lehrerfeminaren und höheren Schulen und Turnlehrerinnen von den Lehrerinnenseminaren und höheren Mädcen- \{hulen hierher eingezogen; nah erfolgter Ausbildung kehren fie in die Provinzen zurück, um dorthin dasjenige zu übertragen, was sie hier an der Zentralstelle gelernt haben. Von Zeit zu Zeit werden sie von der Landesturnanstalt aus revidiert, ob sie das, was sie hier lernten, auh rihtig beibehalten und richtig übertragen haben.
Damit diese ausgebildeten Kräfte nun in möglich\st weitem Um- fange wirken, ersheint es zunähst notwendig, durch ihre Vermittelung allmählich die Lehrer an allen Schulen ebenfalls auf diesem Gebiete mit den Neuerfahrungen bekannt zu mahen. Demgemäß veranstalten die Turnlehrer der Lehrerseminare und die Turnlehrer der Lehrerinnen- seminare in der Provinz wieder Fortbildungskurse für die Turnlehrer an den Volks\hulen und ebenso für die Turnlehrerinnen an den Mädchenshulen. Auf diese Weise wird allmählih eine zunehmend größere Zahl von Lehrern im Turnen und in der Pflege der Leibes- übungen ausgebildet.
Daneben bestehen Kurse zur Ausbildung von Leitern für Volks- und Jugendspiele. Die Zahl der Teilnehmer betrug im Jahre 1905 1600, im Jahre 1906 2500, im Jahre 1907 3000 (hört, hört !), also eine sehr erfreulih aufsteigende Skala, die darauf {ließen läßt, daß das Verständnis für den Wert des Turnens und der Leibesübungen doch in immer weitere Kreise eindringt.
Besonders erfreulich ist dabei, wie durch diese Kurse und ihre zahlreihen Teilnehmer, die niht nur dem Lehrerstande, sondern auch anderen Ständen angehören, das Interesse an diesen Uebungen in die Gemeinden, in die Vereine hineingetragen wird, und wie sich die Wirkung in erfreuliher Weise für die {hulentlassene Jugend geltend macht. Denn darauf muß, wie bereits bemerkt worden ist, das Haupt- bestreben gerihtet sein, daß die Jugend, auch wenn die Jugend aus dem Schulzwang entlassen is, aus freiwilliger Entschließung diese Leibesübungen fortsezt. (Sehr richtig !)
Um nun diese Leibesübungen sowohl für die \{hulentlassene wie für die \{ulpflihtige Jugend zu fördern, sind die erwähnten 200 000 „6 neu eingestellt worden, um, wie ih ebenfalls hoffe, nicht nur vorüber- gehend, sondern dauernd in dem Etat der Unterrichtsverwaltung zu er- scheinen. (Bravo!) Diese 200 000 4 sollen in erster Linie dazu dienen, die Zahl der Fortbildungskurse und der Kurse zur Ausbildung von Leitern für Volks- und Jugendspiele in allen Teilen der Mon- arhie zu vermehren, damit zunächst erst das erforderliche geübte
Personal da it. Weiter sollen darauf’ Remunerationen an einzelne Personen gegeben werden, welche ih die Förderung und Leitung von freiwilligen Leibesübungen der Schuljugend und \hulentlafsenen Jugend mit besonderem Erfolge nngelegen sein laffen, und endlich sollen die Vereine und die freien Vereinigungen, welhe bisher hon mit an- erkennenswertem Erfolge nah dieser Richtung hin tätig gewesen find, daraus in geeigneter Weise unterstüßt werden. (Lebhaftes Bravo auf allen Seiten des Hauses.)
Die „Allgemeinen Fonds“ werden ohne Debatte bewilligt.
Es folgt das Kapitel „Kunst und Wissenschaft“.
Referent Abg. Dr. Berndt (nl.) berihtet ausführlih über die auf der Museumsinsel beabsichtigten neuen Museumsbauten.
Aba. von Pappenheim (kons.): Ueber die neuen Bauten auf der Museuméinsel sind uns in diesem Jahre in der Budgetkommission Pläne, Grund- und Aufrisse vorgelegt worden. Die Pläne lasen die Verwendung des Restes der Museumsinsel übersehen; der Etat fordert einstweilen nur eine exste Rate von einer halben Million. In diesem Jahre ist nur von dem linken Flügel des Hauptgebäudes die Rede; ihm wird sich in Huf- eisenform ein rechter Flügel und dann das ägyptische Museum anschließen. Bei einem \ohen Plan kann nicht plôylich von eirem oder dem andern Teil abgesehen werden; mit der ersten Rate ist au die Bewilligung des Planes und Programms verbunden. Wir be- willigen die erste Rate mit einigen Vorbehalten. Der Koftenbetrag für die hier in erster Linie beabsichtigten Gebäude ist auf 6 800 000 4 angegeben; das ist aber nur ein Teil des Ganzen, wenn dieses Ganze hinsihtlich des Kostenbetrages auch noch nit so feststeht. An den linken Flügel und den Mittelbau, welch leßterer den Altar von Pergamon aufnehmen soll, wird \sich der rechte Flügel mit 3 Millionen ans{hließen, während das ägyptische Museum auch noch 1 Million kosten wird. Es handelt si also im ganzen um 11 illionen. Immerhin wird hier ein gewaltiges, \hônes Kunstwerk aufgeführt werden, das zu schaffen des Schweißes aller Edlen wert ist. Hoffentlich wird es in absehbarer Zeit gelingen, dieses großartige Werk zu vollenden und damit dem Denkmal des edlen Dulders Friedri IIT. ein Denkmal gegenüberstellen, wie es seines Lebens und Strebens würdig ift.
Abg. Münsterberg (fr. Vgg.) begrüßt es, daß es gelungen fei, an Stelle von Joseph Joachim einen so berühmten Mann wie Henry Marteau als ersten Lehrer des Geigenspiels an der Hochshule für Musik zu gewinnen.
Minister der geistlihen, Unterrihts- und Medizinal- angelegenheiten Dr. Holle:
Wenn ich zunächst auf eine Frage des Herrn Vorredners ein- gehe, so muß ih bemerken, daß die im Etat vorgesehene Organisation für die künftige Verwaltung der Naturdenkmalpflege zunächst nur auf die Persönlihkeit von Conweny zugeschnitten ist, und zwar darum, weil sich noch niht übersehen läßt, ob die jeßt vor- gesehene Organisation dauernd eingeführt werden kann. Es sollen daher erst Erfahrungen abgewartet werden, um darnach eine endgültige Entschließung über die Organisation zu treffen. Ob Conweny kommen wird, um das von Danzig aus mit so großem Erfolge geleitete Werk hier von Berlin aus weiter zu führen, läßt \sich noch niht mit Bes stimmtheit übersehen. Ih hoffe aber, daß die bedeutsame Aufgabe, die ihm hier bevorsteht, für ihn genügend verlockend sein wird, dem Nufe zu folgen.
Mit der Leitung der Sammlungen des Kunstgewerbemuseums ist an Stelle des Geheimrats Lessing der Ritter von Falke ja bereits beauftragt worden.
Die Anregung wegen weiterer Ausgestaltung des Phonogramm- arhivs habe ih mit großem Interesse verfolgt und werde fie gern in Erwägung ziehen.
Aber was mi namentli bestimmt, das Wort zu nehmen, das ist die besondere Freude darüber, daß die beiden gechrten Herren Vorredner gegenüber dem geplanten Museumébau auf der Museumsinsel sich in so entgegenkommender Weise geäußert haben. Fhre Ausführungen lassen erkennen, wie allseitig die Ueberzeugung besteht, daß die umfangreihen Sammlungen der preußischen Museums verwaltung in einer Weise untergebraht werden müssen, die ihrem fünstlerishen und wissenshaftlihen Werte entspriht, und daß es dringend erwünscht ist, die prächtigen, aber bis dahin getrennten Bauten auf der Museumsinsel durch den geplanten Neubau zu einem harmonischen, der Residenz würdigen Ganzen zu vereinigen. (Bravo!)
Abg. Dr. Wagner (freikons.): Ich bitte den Minister, uns auch Neproduktionen der Pläne und Entwürfe zugänglich zu machen, t enn aus den Plänen und Zeichnungen, wenn sie jeßt auch auf dem Tische des Hauses liegen, si zu orientieren, ist für den Einzelnen do kaum tunlih. Ich möchte besonders die Erhöhung des Landeskunstgewerbe-
fonds anregen, aus dessen Mitteln die beteiligten Kreise die Plaftik gern mehr gefördert sähen.
Eine Reihe von Titeln des Kapitels „Kunzt und Wissen- haft“ wird bewilligt und darauf um 2/11 Uhr die Fort-
seßung der Beratung auf Sonnabend 11 Uhr vertagt (vorher,
3. Lesung der Vorlage, betreffend die Dampffährenverbindung Saßniß—Trelleborg). |
Verdingungen im Auslande,
Italien,
Bürgermeifteramt in Verona. 3. März 1908, 10 Uhr Vor- mittags: Bau einer Schule. Wert 78 337,80 Lire. Sicherheitsleistung 8000 Lire. Näheres in italienischer Sprahe beim „Reichtanzetger“-
Königlihe Tabakmanufaktur in Mailand. 9. März 1908, 2 Uhr Nachmittags: Lieferung von 3 800 000 Stanniolpapier zum Verpacken von Schnupftabak. Gewicht etwa 23 509 kg. - Vorläufige Sicherheitsleistung 5000 Lire. Näheres in italienisher Sprache beim
„Reichsanzeiger“. Galdarie n.
_Bejzirksfinanzverwaltung Sofia, 2. März 1908: Wegen Niht- bestätigung der am 5. Februar d. I. stattgefundenen Da betreffend Lieferung von 394 600 kg Papier, 1 Million Bri ums{läge, 10 000 kg Pappe, 3000 m Canevas, 100 Stück Londoaer Buchbinderstoff, 1000 m Halbcanevas, 550 kg Zinn, 5000 kg Blei, 1000 kg Antímon regulus, 1000 kg Stärke, 1000 kg Leim, 1000 kg Terpentin und 1000 kg Petroleum, ist dieselbe nochmals für den vorstehend angegebenen Termin anberaumt.
Bezirksfinanzverwaltung zu Sofia. 23. März 1908: Lieferung und Installierung von Signalapparaten ien den Stationen und Wärterhäuschen der bulgarishen Staatsbahnen. Ungefährer Wer 160 000 Franken. Kaution 59/0 des Angebotsbetrages. Zur Be- werbung werden nur Fabriken zugelafsen, die si mit ter Herstellung und Inftallierung solher Apparate befassen ; fie haben eine Bescheini-
ung einer Eisenbahnverwaltung beizubringen, wonach sie derartige
parate zur Zufriedenheit der betreffenden Verwaltung geliefert und inftalliert haben. Uebernahmsbedingungen, Pläre usw. find bei der Generaldirektion der Staatsbahnen und Häfen, Sofia, unent eltlich zu haben. Angebote sind in verschlossenen ms{lägen an den Bezirks- präfekten zu Sofia zu richten.
. zum Deutschen Reichsanz
X46.
Laud- und Forstwirtschaft.
Die Landwirischaftlibe Wo che.*)
Am 2. Tage der XII. Hauptversammlung des Deutschen Nereins für ländlihe Wohlfahrt und Me A atvttuge sprah der Landrat B ü chtin g - Limburg a. Lahn über das Thema: Die Wohlfahrtspflege auf demplatten Lande, ein Kampf gegen die Gntfernung“. Der Vortragende wies zunähst an praktischen Beispielen nah, daß die Entfernung der einzelnen Octe von einander und den großen Städten wie der Uebertragung jedes Kultur- fortsrittes auf das platte Land, so auch der Wohlfahrtspflege schwere indernifse in den Weg stellt. Ér führte sodann Versuche an, wie man p den beiden Kreisen, an deren Spitze er geftanden hat, bezw. fteht, versuht habe, diese Hindernisse zu bekämpfen : durch Bildung von Kommunalärzteverbänden in der Beschaffung ärztlicher Fürsorge, dur Erlaß eines Krceisstatuts auf dem Gebiete des gewerblihen Fort- bildungs\hulwesens, durch Kreisarbeitsnachweis usw. Schließlich be- kämpfte er den Saß, daß das Landleben billig sei, und forderte Nee Berücksichtigung des platten Landes s\aitens der großen Verkehrs- verwaltungen. Das Landleben sei nur für den unt ten standard of life billig, für alle Menschen mit Kulturbedürfnissen teurer als das Stadtleben. — Aus der Landpflegearbeit berihtete Frida Gräfin zur Lippe-Obershönfeld. Die Referentin sprach die Hoffnung aus, daß ihr Bericht dazu beitragen möchte, Hilfskräfte, d. h, Candpfleaerinnen, zu gewinnen; um Stationen wäre ihr niht bange, die strecken ihre Hände von allen Seiten aus. Bisher bildete si der Undpflegeshwesternkreis aus älteren in anderen Mutterhäusera vor- ebildeten Kräften, die {hon in verschiedener Weise im - Dienst für- # ender Liebe gestanden, aber der Verband kann \ich nit allein auf Himmel in den Schoß fallenden Helferinnen verlassen, er braucht eine eigene Ausbildungsstätte. Da aber der deutshe Landpflegeverband noch ganz ohne jede finanztelle Beihilfe arbeitet, sei diese nicht leiht zu beschaffen gewesen. Aber es fand sich eine Möglichkeit dadur, daß die bisher nur für Obst- verwertung im Sommer und eine Winterschule für Thüringer Bauern- tôhter eingerihtete Landpfle estation Ostheim im Rhöngebirge eine sülerin Leiterin gefunden, sodaß acht bis zehn junge Landpflege-
diese ihm gleihsam vom
chülerinnen vom 15. Mai ab dort eine Vorschule in einfaher Haushalt- ührung, Obstvyerwertung, Kleinkindershularbeit und Armen- und Krankenpflege durchmackchen können, woran ih die weitere Aus- bildung der Landp égesQwellérn anschließt. Dankbar hervorgehobe n wurde sodaun die freundliche Hilfe, die den auszubildenden Landpflege- \{weftern durch Herrn Dir. Plaß: Zehlendorf und durch die Vorstände der hon bestehenden Landpflegeitationen zuteil wird; zum S#kuß ab die Berichterstatterin mit den eigenen Worten einer Landpflege- Mivesièe ein Bild ihrer Arbeit. — An diesen Vortrag {loß sich eine lebhafte Diskussion, añ der sich u. a. Gutspähhter Seemann, Bresen, Nerein8geistliher Graf aus Königsberg i. Pr., Fräulein von Korßfleis, Reiffenstein, Kreisshulinspekter Peters, arburg a. E., und Dr. Pflug, Berlin, beteiligten, In der Diskussion trat zu Tage, daß über das eigentliße Wesen der Landpflegearbeit noch manche mißverständlichen Auffassungen herrs@en. Der Geschäftsführer des Deutschen Land- flegeverbandes, Dr. Stieger, Südende, aab infolgedessen ein kurzes Bild der Aufgaben der Landßflegerinnen. Nach einem kurzen Schluß- wort der Frau Gräfin zur Lippe, in dem sie ihren Vortrag noch dur einige kleine Züge aus ihrer eigenen Arbeit ergänzte, zeigte dann Dr. B ödeker, Lehrte, in dem letzten Vortrag „Heimaikunde und Heimatpfleage imhann overschen KreiseBurgdorf“ (mit Vorführung von 30 Lichtbildern) den Versu, für den Dirt Lehrte eine dauernde Inventarisierung der auf die Heimatbewegung bezüglichen Gegenstände eben in den Lichtbildern herzustellen und dur deren Vorführung das Verständnis für die Geschichte der Heimat zu wecken und die Heimatliebe zu fördern. So schilderte der Vortragende u. a., wie es mit einigen nah Zeihnungen anderen Lichtbildern allein mögli gewesen fi, die Ergebnisse der Funde einer alten Siedeltätte, des Ur-Lehrte, leiht verständlich zu machen. Bei der Vorführung interessanter Bäume und Baumgruppen, alter Grabdenkmäler und Dorfkirchen der Lehrte benahbauten Dörfer sowie sonstiger bemerkens8- werter Gebäude und Gegenstände wurde ervorgehoben, daß die Bilder nit nur Anlaß zu Ausflügen gegeben hätten, sondern auh- zu wert- vollen neuen Mitteilungen sowie zur Befolgung der Heimatschußz- bestrebungen. Auch Eigentümlichkeiten aus der Gegenwart, wie Konservenbau und Konservenfabrikation, Milchtrans8port mit Ziegen- gespannen, die Tätigkeit einer Sanitätskolonne vom Roten Kreuz, Grundrifse von Landarbeiterhäusern u. a. m., boten in der bildlihen Vorführung Gelegenheit, den Skand der Heimat- und Wohlfahrtepflege in Lehrte zu verdeutlihen. Eine Uebersichtskarte der Gegend führte sowohl die ede wie politishe Entwicklung der Gegend vor Augen, ihre Aufnahme in die Lichtbildersammlung follte namenilich au dazu dienen, das in unserer heutigen Zeit wertvolle Kartenlesen zu fördern. Lehrte, in dessen nächster Umgebung die Lichtbilder ge- sammelt sind, ist innerhalb eines Menschenalters aus einem kleinen ländlihen Dorfe zu einer Stadt mit verzehnfahter Bevölkerung emporgewachsen, infolge Anlage tes Eisenbahnknotenpunktes auf seiner Feldmark; und so war hier das Bedürfnis dringend genug, alles zu sammeln, was geeignet erscheinen konnte, Heimatshuß und Heimat- kunde und dur beide die Heimatliebe einer Bevölkerung, tin der mehr und mehr die heimischen Bestandteile in den Hintergrund traten, nabe zu bringen.
i; Der {dne Verlauf auch dieses zweiten Abends bewies wiederum das wasende Interesse, das von allen Seiten den Bestrebungen und Aufgaben des Deutschen Vereins entgegengebraht wird. ôge es ibm gelingen, in allén auch jt noch fernstehenden Kreisen der Be- vôlkerung eine immer breitere Grundlage für seine Tätigkeit zu hafen, die darauf hinausläuft, entgegen dem unheilvollen Zuge in die Stadt, ein wieder heimfrobes und heimfestes Landvolk zu \haffen.
Als die interessanteste Abteilung der Deutschen Landwirt- shafts-Gesellshaft gilt seit den Aufshlüssen über die Grnährungs- weise der Pflanzen, welche die Wissenschaft gebracht hat, die Dünger- Abteilung, deren gegenwärtiger Vorsitzender, Rittergutsbeßfigzer Vibrans-Calvörde si derselben Geltung unter den Fadgeno en erfreut, wie sein Vorgänger Schulz-Lupiß. Den ersten Vortrag în dieser Abteilung bielt am on ator O in einer den großen Saal dez Arcitektenhauses bis auf den legten Play füllenden Versammlung der Professor Dr. A Stußgzer- öniptlerg über tie Sti stoff - düngung mit besonderer Berücksichtigung von Kalk- salyeter und Kalkstickstoff. Bei dem andauernden Steigen der Preise für alle Arten von Stickstoffdünger ist der Gegenstand von kohem Interesse für die Landwirte. Er steht auch ganz im Vordergrunde der Grörterungen in ihren Kreisen, seitdem die Gewin-
Las
“ nung des Luftstickstoffes für die Pflanzenernährung nicht mehr allein
auf die Hilfe der Bodenbakterien auf dem Umwege der Grün- düngung angewiesen ist, sondern angefangen wurde, den in der Atmosphäre enthaltenen Stickstoff chemisch zu fefseln und ihn in geeigneter Gestalt dem Boden zuzuführen. Es sind è: Z. zwei Wege, die eingeshlazen werden, um zu diesem Ziele zu gelangen: Mit Hilfe der großen Wasserkräfte in Norwegen bereitet man dort auf elektrischem Wege Salpetersäure (als das Vrydations- produkt des Stickstoffes) und bindet diese an Kalk — Kalksalpeter, auch Norge - Salpeter genannt — oder man stellt, gleichfalls unter Anwendung hochgespannter Elektrizität, aus Calciumcarbid ein
*) Vergl:-Nrn. 44 u. 45 d. Bl.
Dritte Beilage
Berlin, Sonnabend, den 22. Februar
ganz neues Produkt her, — Kalkstickftof, Verfahren des Profefsors Adolf Frank —, in dem beträchtliche engen des Luftstickstoffes checmisch an Kalk gebunden sind. Beide Produkte sind bestimmt, den immer teurer werder den Chilesalpeter zu erseßen, aber für beide fehlen noch auzreihende praktische Erfahrungen, um sie mit vollem Nußen für den Landwirt in Anwendung zu bringen. Eine Summe solcher Erfahrungen sollte der Vortrag von Fle Stuter vecmitteln, daber der große Andrang der Hörer.
as zunähst den neuen Kalksalveter anbelangt, so ift er sehr leiht löslih und in der Ackerkrume genau so frei be- weglich wie der Chilesalpeter, ja er vermeidet die Unart des leßteren, . auf schwerem Boden eine Kruste zu bilden, und hält den Boden locker. Für Halmfrühte scheint demnach kein Unterschied ¿wishen dem natürliGen ‘und dem künstlihen Salpeter zu bestehen; ebenso lehrt die Erfahrung Gleichwertigkeit beider Produkte bei Zuckerrüben mit bezug A Quantität wie Qualität der Rüben. Für Oelfrüchte stehen Versuche noch aus; doch lafsen die Erfolge bei Senf auch für Raps auf ein gutes Ergebnis ließen. Bei Futterrüben {eint Chilesalpeter zweckmäßiger, wenn man nebenbei nicht noch Kainit gibt. Gleiche Wirkung be- züglih der Ertragsmengen haben beide Salpeterarten auf Kartoffeln, nur bestehen noch Zweifel, ob thr Slärkegehalt verschieden beein- flußt wird. Man will diesen vei Anwendung von Kalksalpeter im Vergleich mit Chilesalpeter bald höher, bald niedriger gefunden haben. Bei der Anwendung des Kalksalpeters ift defsen Eigenschaft, viel Wasser aus der Luft anzuziehen, ein Mangel, weil bei längerer Auf- bewahrung eine s{hmierige Masse entsteht. Aehnliche Uebelstände bei der Anwendung bietet auch der Kal kstickstof f, weil er beim Ausftreuen durch Staub Arbeiter und Pferve ästigt, au playen beim Aufbewahren die Säcke, weil der Achkalk sich mit der Zeit in gelösten Kalk um- wandelt. Dech sind diese Uebelstände von geringerer Erheblichkeit und werden hoffentli beseitigt werden können. Im übrigen hat der Kalkstickstof sich außer auf \andigem und Moorboden als ein recht beahtensmerter Stickstoffdünger erwiesen sowobl für Kartoffeln als für Weizen, Roggen und Hafer*). Die Landwirischaft kann, so {loß der Vortragende, beruhigt in die Zukunft s{auen, in der vielleicht der Chilesalpeter aufgebrauht sein wird. Es *ist durch die Wissen- haft für Ersay gesorgt! Hoffentlih bringt die zu erwartende Konkurrenz in der Fabrikation von Stickstoffdünger die Preise zu wars der Landwirtshaft von ihrem hohen gegenwärtigen Stande erunter.
úIn der sich an den hes aufgenommenen Vortrag anscließen-
den Debatte wurden Mängel im Norgesalpeterhandel beklagt. Es werden 13 9/6 Stickstoffgehalt versprochen, aber angebli nur 12 9/0 und etwas mehr geliefert, und damit wird die ausbedungene Preis parität mit Chilesalpeter verleßt; denn ftatt 142 Z wie ¿. Z. bei Chilesalpeter kostet das Kilo Sticksto}f dann 150—162 „4. Der anwesende Vertreter der Norgesalpeterfabrik _ers flärte die Differenz durch die vom Inlandsempfänger nit gehörig beahtete Gewichtsvermehrung (ca. 5—7 9/o) des Salpeters auf dem Transport infolge Wafseraufnahme. Auf das ursprünglihe und be- rechnete Gewicht bezogen, werden s P 9/9 Stidckstoffgehalt ergeben. Jedenfalls wurde ¡um Autdruck gebracht, daß die berechtigten Wünsche der Landwirte Berücksichtigung finden werden. _ Fm Anschluß an den ersten Vortrag spra der Rittergutsbesißer NVibrans - Calyörde über Düngung und Erzeugungskoften von Kartoffeln. Seit 75 Jahrèn, nämlich vom Zeitpunkt der Einführung der Spiritusbrennerei im großen an gerechnet, nimmt der Anbau von Kartoffeln stetig zu und zuglei die Einführung neuer Sorten, deren Anzabl dur die Bemühungen von Zühhtern und Nahzüchtern enorm angewahsen ist. Die befseren unter diesen Nachzüchtungen geben wesentli bessere Grnten als die ältesten bekannten Sorten, fordern aber auch eine wesentlich slä:kere Düngung. In den 70er Jahren brachte starke Mistdüngung in Calvörde die Erträge auf den Morgen nur auf 56 bis 65 Zentner. Erst die Einführung neuer Sorten und die praktische Anwendung defsen, was inzwischen die Wissenschaft gelehrt, vor allem die starke Benußung von Kalifalzen, steigerte in der Wirtshaft des Vortragenden în der Zeit von 1883 bis 1893 den Ertrag auf durchschnittlich 91 Ztr., von 1894 bis 1904 auf dur- shnittlich 104 Ztr. Der Redner zweifelt nit an der Möglichkeit, es bei Arwendung guter Sorten und rihtiger Düngung auf 200 Ztr. für den Morgen zu bringen, allerdings nur auf dem für Kartoffelbau geeignetsten Boden, nämli sandigem Lehmboden, lehmigem Sand- boden und bumosem Sand. Trockene Sandböden dagegen haben, wenn im Juli und August Regen ausbleibt, allzu bedeutende Ausfälle, naffer Boden bringt fast regelmäßig Mißernten. Um hohe Ernten zu ge- winnen, empfichlt fh ein 5—6 jähriger Umtrieb und durch starke Ver- wendung von Kalisalzen eine solche Anreiherung des Aers in den Vorjahren vor Kartoffelanbau, daß er mindestens 300 Pfund Reinkali mehr epa als dur die Ernten entnommen ist. Auf einem solchen mit Kali angereiherten Ader ist dann, wenn nicht starke Gründüngung vorhanden ift, eine gute Mistdüngung zu geben, dazu auf den Morgen 1 Ztr. Super- phoëphat und bei Mtotgang der Pflanzen F Ztr. Salpeter. Dann wird man sicher auf eine gute Grnte rechnen können. Der Vortragende teilte im Ans&luß hieran noch mit, daß er tatsächlih 1903 auf einem Acker- ück lehmigen Sandes von der Kartoffelsorte „Sas" 145 Ztr. auf dem Morgen geerntet habe, knüpfte daran aber die Mahnung, in der Düngung Maß zu halten, um eine sonst leiht wiederkehrende Ueberproduktion mit bieraus stch ergebenden unrentablen Preisen zu vermeiden. Wolle man aber die gegebere Möglichkeit so großer Ernten ershöpfen, so müsse wenigstens die Anbaufläche beshränkt und der Anbau von Kartoffeln auf demselben Aker in größz;ren Abftänden vor- genommen werten, was auh den Vorteil haben werde, die Sicherheit vor Befallkrankheiten und biermit die Sicherheit der Grnte zu vermehren. Herr Vibrans berechnet nach seinem Wirtschafis8abs{luß für Kartoffeln die Erzeugungskosten auf 131 für den Morgen (ein- hließlih 29 A Aer pacht), wonach ih ihm bei seiner 1907 er Duri- chnitt8ernte von 123 Ztr. der Kostenpreis eines Zentners Kartoffeln auf 1,07 & stellt. Es ist also mögli, {loß der Redner, Kartoffeln zu dem Preife zu erzeugen, den im Durchschnitt der Jahre die Stärke- fabriken für sie zahlen.
Fn der sih anschließenden Diskussion wurde geltend gemacht, daß im Osten, wo der Stallmist bedeutend billiger einstehe, sih eine Ein- \{chränkung des Kartoffelbaues nicht empfehle. Man würde \{werlich eine andere Kultur nachweisen können, die auch nur annähernd die
leihen Erträge gebe. Von Wert würde es sein, der Frage der artoffelmüdigkeit des Bodens nahzuforshen. Herr Vibrans glaubt nit an Kartoffelmüdigkeit, wenn man dem Boden reihlich ere was ibm dur die Ernte entzogen wurde. Dagegen empfehle es fich, einer vorangegangenen Anregung entsprehend, der Frage der Versuchs- wirtshaften für Sandboden wie ‘au der Trocknungsfrage die größte Aufmerksamkeit zu schenken.
Sn einer zweiten Versammlung des Vereins zur Förderung der Moorkultur standen ausßs{ließlih praktische, auf die technishe Verwertung des Torfes bezügliche Fragen gu! der Tages- ordnung. Es sprach als erster Redner Dr. Ber -Wien über die Cignung des Torfes zu Feuerungs8zwecken. Gr wies über- zeugend na, daß, so naheliegend es ist, es noch so wenig gewürdigt wird, wie außerordentlich wichtig es ist, den Torf in mögli st wenig
*) Zuglei mit Superptosphat darf Kalkftickstoff aber nicht ver- wandt werden.
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eiger und Königlih Preußischen Staatsanzeiger.
1908,
Wasser haltendem Zuiante zu brennen. Näthstdem sei der Brenr. wert des Torfes durch seinen Ashegehalt und nidt am wenigsten durch sein Volumengewicht bedingt, weil ein zu lockerer Torf unter Umftänden ¡u ‘\chnell “und ohne intensive Heizwirkung brennt. Eine glükliche Lösung der Heizfrage sei ein auf Vergasung binauslaufendes Ver- fahren. Im Anschluß hieran sprach Dr. Wolff - Magdeburg über den augenblickiihen Stand der industriellen Verwertung des Torfes als Brennmaterial. Auch ihm dünkt die möglichst aus- geveyme Trocknung des Torfes als srste Bedingung seiner erfolgrei&en
erwertung als Brennmaterial. Der Redner erörterte die vershiedtien diesem Zweck dienenden Methoden, die meist auf Lufttrocknung oder Verdampfung des Wassers durch Wärme oder mit Zuhilfenahme eines Vacuums hinauslaufen. Ganz neu und eigerartig ist ein dr Augs- burger Maschinenfabrik patentiertes Verfahren der Torftrocknung durh überhitzten Wasserdampf, wobei mittels des in gesättigten Dampf ver- wandelten Dampfes in sinnreiher Weise ein Kreislauf bergeftellt ift, der im Prinzip eine sehr vorteilhafte Verbrennung - des Torfes ver- spriht. Das Verfahren ist zunäck&st für winderwertige Braun- kohle im Potsdamer Elektrizitätswerk in Uebzng. Eine andere Art der Verwertung des Torfes als Brennmaterial ist die praktisch in Elisabethveen bei Oldenburg ausgeführte Torf- verkokung, eine dritte das von Professor Frank empfohlene, im Moor- ebiet anzuwendende Verfahren der Ueberführung aller nit ashebildenden
estandteile des Torfs in brennbare Gase, dem die Srwaguüg zu Erunde liegt, daß Torf keine Transportkosten tragen kann. Eine Vers susanlage dieser Art besteht in Dodingen bei Herne, sie “bietet die Gelegenheit, jeden Torf auf seine Eignung für das Verfahren unter- suhen zu lassen. Es werden zur Zeit Vorschläge ventiliert, eine Kraf!zentrale von 10000 PS. im Moorgebiet zu schaffen, egründet auf die Vergasung von Torf, der bis 40 9/9 Wasser ent- halten darf und bestimmt ift zur Erzeugung von Elektrizität u. a. für Fabrikation von Kalkstickstof. Dr. Wolff gab zum Scchluß seiner Üeberzeugung Ausdruck, daß Mittel und Wege zu rationeller Torf- verwertung für Brennzwecke \siher gefunden werden würden. Die 29 000 gkm Moore, die es in Deutschland urbar zu machen gelte, seien ein starker Antrieb dazu, und der rasilose Geist des Menschen ruhe au bei minder Wichtigem nit, bis Brauhbares geschaffen und der Punkt gefunden sei, an dem zur Hebung des Ganzen der Hebel mit Erfolg angeseßt werden könne. :
Gs berihtete noch Freiherr von Gärtner-Braunshweig über ein von ihm seit drei Jahren benußtes Verfahren zur Aus- \heidung des Wassers aus dem Torf, wobei Elektrizität in dem Sinne eine Rolle spielt, Ne fe, wie angenommen wird, die Poren der wasserhaltigen Torsmafse öffnet und dem Wasser auszutreten ermögliht. Professor Frank und Dr. Caro sprachen ausführliher über das von ihnen empfohlene Verfahren, das nicht, wie fälshlich angenommen werde, nur auf die Gasgewinnung ausgehe und auf die Nebenprodukte von vornherein verzichte. Letzteres sei nur der Fall, wenn das Moor allzu ftickstoffarm sei. Bei mehr als 14% - Stickstoffgehalt oder gar bei 3—3# 9/9, wie die bayerishen Moore be- fißen, lohne sich die Gewinnung von {wefelsaurem Ammoniak sehr wobl. Aber das Gesamtverfahren empfehle sich allerdings nur, wenn mindestens 40—50 t Trockentorf am Tage vergast würden. Daß eine jolGe Anlage zur Gewinnung „ von Gleftrizität, sei es zu Ucht- oder Kraftzwecken, id nit bezahlen werde, \cheine ausgeschlossen, namentlich im Hinblick auf die Verwendung der Elektrizität als Kraft in einem weiten Umkreis. Die wa@hsende Leutenot auf dem Lande treibe mehr und mehr zur Benußung motorisher Arbeit. — Die Anregung, ob es nicht wünschenswert set, zum Studium aller der interessanten Fragen der industriellen Torf- verwertung einen Torfingenieur im Verein anzustellen gab zu inter- essanten Debatten Anlaß, als deren Ergebnis vom Borsitzenden jus gesagt wurde, die Angelegenheit in einem sräteren Stadium der Ent- wicklung des Vereins zum Austrag zu bringen. Einstweilen, so führte freere von Wangenheim aus, müsse er bezweifeln, daß bereits
räfte vorhanden seien, die den Vorausseßungen des Antrags ent- \sprechen würden.
Zum S@hluß gab noch Dr. Wieland, der Leiter der Torf- verkokungsanfstalt ¡u Elisabethveen, Aufschluß über die dort mit Erfolg betriebene Torfverwertung. Als Nebenprodukt wird Teer gewonnen und der Destillation unterworfen. Der Torfkoks bietet ein fo vorzügliches, shnell entzündliches, rauch- und gerulos brennendes Heizmaterial, daß mit Leich1igkeit dafür 45 bis 55 F für die Tonne zu erzielen sind, was die Rentabilität gewährleistet. Dies Sre ift bemerkenêwert, weil Steinkoblenkoks, wovon in Deutshland 20 illionen Tonnen erzeugt werden, z. Zt. 20—22 Á die Tonne kosten. Aber dieser Torfkoks scheine in der Tat ein ideales Heizmaterial und die Aussicht zu rehtfertigen, daß bei Andauer der boben Steinkoblenpreise auch die gegenwärtig für Torfkoks erzielten hoben Preise sih behaupten werden.
(Schluß folgt.)
Weizeneinfuhr in Marseille.
Nach den Wochenberihten des in Marseille erscheinenden
„Le Sómaphore“ hat die Weizeneinfuhr von M arseille auf dem See- wege betragen :
in der Zeit vom 19. bis 24. Januar . 20 847 dz davon aus Rußland . L E
in der Zeit vom 26. bis 31. Januar T6 davon aus Rußland . E 2
in der Zeit vom 2. bis 7. Februar . ¿R davon aus Rußland . ._ 98.078 5
in der Zeit vom 9. bis 14. Februar ‘ « C900 davon aus Rußland . - . . « . «+ -« 38912 » In den Zollniederlagen in Marseille befanden sich am
12, Februar 268 760 dz.
Ernteaussichten und Getreidehandel in Syrien. Der Kaiserl:he Generalkonsul in Beirut berihtet unterm 6. d. M.: Das Getreideausfuhrverbot wird in Beirut streng gehandhabt, mögen auch die im Lande vorhandenen Getreidevorräte enügen, um den Landesbedarf bis zur nächsten Ernte, d. h. bis nächsten Suli, zu decken. Die GSetreidespeicher im Orontestal (Hama) und im Hauran sind wobl gefüllt, und in Beirut und Haifar find zur gei ungefähr je 4000 Tonnen Getreide eingelagert, die wegen des usfuhryerbots nicht verschifft werden können. Beirut bezieht außer- dem Mehl zollfrei aus dem Auslande. s Die Witterungs8berichte aus dem VInnern lauten günstig. Reichliche und regelmäßige Niederschläge lassen eine gute Ernte er- hoffen, und die Produzenten beeilen sh, ihre Vorräte ¡u verkaufen. JInfolgedessen und wegen des Ausfuhrverbots sind die Preise gegen- über denen von Ende Dezember noch um 10 %/o gesunken.
Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs- maßzregelu. Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten.
(Aus den „Veröffentlihungen des Kaiserlihen Gesundheitsamts“, r. 8 vom 19. Febcuar 1908.)
Pet. Türkei. In Djedda sind vom 27. Januar bis 2. Februar 6 Erkrankungen (und 6 Todesfälle) an der Pest gemeldet, im ganzen seit dem 14. Januar 19 (17).