Nichtamtliches.
Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 24. Februar.
Seine Majestät der Kaiser und König konferierten,
„W. T. B.“ zufolge, heute vormittag mit dem Staatssekretär des Auswärtigen Amts von Schoen und dem Reichskanzler Fürsten von Bülow und hörten darauf im Königlichen Schlosse die Vorträge des Chefs des Zivilkabinetts, Wirklichen Ge- heimen Rats Dr. von Lucanus und des Präsidenten des Reichsmilitärgerihts, Generals der Jnfanterie Linde.
Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Arcona“ vorgestern in Tsingtau eingetroffen.
Meck&lenburg-Schwerin.
Der Professor Dr. Martius aus Rostock is gestern vor- mittag, T zufolge, von Seiner Köni lichen Hoheit dem Großherzog zur Konsultation nah Schwerin berufen worden. Ueber | i ift folgender Krankheitsbericht ausgegeben worden : j
Seine Königlihe Hoheit der Großherzog ist nah überstandener Influenza an Masern erkrankt; der Verlauf ist bisher normal ohne Komplikationen. Müller. Martius.
Sachsen-Coburg- Gotha. Gotha, 24. Februar. Jn der Kirche des Schlosses Friedenstein hat gestern mittag die Taufe der aaf eborenen Prinzessin stattgefunden, die „W. T. B.“ zu- olge die Namen: Sybille, Kalma, Marie, Alice, Bathildis, eodora erhielt.
Fraukreich.
Jn dem vorgestern abgehaltenen Ministerrate teilte der Minister des Aeußern Pichon, „W. T. B.“ zufolge, die Antwort mit, die er dem Abg. Jaurès auf dessen am 18 d. M. in der Deputiertenkammer über marokkanische Angelegenheiten gestellten Anfrage erteilen werde, und ferner, daß Mulay Hafid in einem von dem französishen Konsul in Casablanca übermittelten Brief Einspruch gegen die angeblihe Stellungnahme Frankreihs zu Gunsten Abdul Asis? erhebe. Pichon brachte dem Ministerrat die Jnstruktionen zur Kenntnis, die er dem Konsul in Casablanca als Antwort auf diesen Brief erteilen werde. Shließlih sprach Pichon noch über die mazedonishen Angelegenheiten in Verbindung mit den Eisenbahnprojekten auf dem Balkan.
Ftalien.
Die Deputiertenkammer sehte in der vorgestrigen Sitzung die Debatte über den Antrag Bissolati auf Ab- schaffung des Religionsunterrihts in den Volks- schulen fort. ;
Nah dem Bericht des „W. T. B." sprachen sich die meisten Redner für den Antrag aus. Der Abg. Fant erklärte im Namen seiner Freunde, daß der Staat, der alle Konfessionen umfasse, in der Schule nit für eine bestimmte Glaubenslehre oder eine genau bes zeichnete religiöse Richtung eintreten dürfe.
Spanien.
Der Finanzminister hat vorgestern seine Entlassung
gra an seine Stelle tritt, „W. T. B.“ zufolge, Sanchez ustillo.
pi In der Deputiertenkammer erklärte vorgestern, „W. T. B.“ zufolge, der Minister des Auswärtigen Allendesalazar auf eine Anfrage, daß das heute zur Aus- abe gelangende Rotbuh nähere Aufschlüsse über die Be- eßung von Mar Chica geben werde, gegen die übrigens feine auswärtige Macht Einspruch erhoben hätte.
Schweiz.
Bei der gestrigen Volks abstimmung im Kanton Bern wurde, laut Meldung des „W. T. B.“, das Geseh, betreffend die Errihtung von Einigungsämtern und Maß- nahmen gegen Ausschreitungen bei Streiks mit 35 000 gegen 23 000 Stimmen, das Arbeiterinnenschuß-
esey mit 37000 gegen 20000 Stimmen und das Geseß, etreffend Maßnahmen gegen die Tuberkulose mit 49 000 gegen 8000 Stimmen angenommen.
Serbien.
Die Skupschtina hat vorgestern, „W. T. B.“ zufolge, den Titel, betreffend die Apanage für den Kronprinzen und die übrigen Mitglieder der Königlichen Familie, im Betrage von 360 000 Dinaren in namentlicher Abstimmung mit 83 Stimmen angenommen, nachdem sämtliche oppositionellen Abgeordneten den Saal verlassen hatten. Darauf sehte das Haus die Besprehung des Budgets fort.
Schweden.
n der Zweiten Kammer interpellierte der frühere Ministerpräsident Staaff den Minister des Auswärtigen von Trolle wegen folgender zwei Punkte:
Glaubt die Regierung, daß die s{chwedische Politik unablässig darauf abzielen muß, die Neutralität unershütterlih aufrecht zu er- halten, und folglich alle Verträge vermeiden muß, die, wenn auch nur indirekt, dazu angetan sind, die Stellung Schwedens im Falle eines Konflikts zwischen fremden Mächten zu s{ädigen und die Neutralität Schwedens zu gefährden ?
Ist es der Regierung ferner möglich, jeßt {hon irgend eine Mitteilung zu machen über ihre Stellung bezüglih der Frage der Befestigung der Alandsinseln während der bis jeßt gepflogenen Ver- handlungen?
Der Minister des Aeußern gab, nah dem Bericht des „W. T. B.“, in Beantwortung der Anfragen folgende Er- klärung ab:
Schweden ist in der leßten Zeit genötigt gewesen und wird es, durch die Verhältnisse gezwungen, immer sein, in seiner allgemeinen Politik nur die Aufrehterholtung seiner Neutralität ins Auge zu fassen. Eine garantierte Neutralität würde aber nit zu diesem Ziele führen, sondern uns unzweifelhaft die Abhängigkeit von den Garantie- mähten auferlegen. Auf diesen gefährlichen Weg wird Schweden ih nit begeben wollen, es wird seine Neutralität be- wahren und zugleich seine Unabhängigkeit verteidigen. Im Falle eines Konflikts wird es geschehen können, daß, wenn dessen Schauplaß uns unmittelbar benachbarct ist, unsere Neutralität niht beahtet wird.
Ueber das Befinden des hohen Patienten
Die Regierung hat keine Garantie verlangt, hat aber nicht Projekte von De Bauk weisen fts die über die Aufrehterhaltung des
jet gemaht worden sind. Wenn die dies- bezüglihen Vorverhandlüïtgen zu einem Ergebnis führen, so werden wir die größte Sicherheit für inter Gebiet erreihen, ohne uns anderen Kriegs8- efabren und Verwicklungen auszusetzen, als solchen, denen uns die Ver- ältnifse siherlich auch ohne Vertrag ausfezen würden. Die Pflicht des Schweigens während der Verhandlungen verhindert mih, mi genauer auszudrücken. Aber ih versichere, daß die Regierung sich Sie hat gesucht und
status quo im Ostsee
diese wihtige Frage sehr angelegen sein läßt.
wird auch künftighin die Interessen unseres Landes zu wahren suchen. Staaff sprach sodann seinen Dank aus und erklärte
setne eventueller bal1isher
Befr evigung darüber, daß cin Vertrag für chweden nicht derartig wäre, daß er für das Land die Gefahr erhöhe, in einen Krieg ver- widelt zu werden. Bezüglih der Frage der Alandsinseln führte Staaff aus, troy der notwendigen Kürze der von dem Minister abge- gebenen Erklärungen sehe er, daß vollständiges Einvernehmen zwischen der Regierung und dem (lamien \{chwedischen Volke in dieser wichtigen Frage herrsche. Der Vizepräsident Pehrs\son führte aus, das \chwedishe Volk liebe den Frieden, wache aber sehr eifersühtig über seine Unabhängigkeit; fodann erklärte er seine Uebereinstimmung mit Staaff und sprach Trolle seinen Dank aus.
Amerika.
Anläßlich des Geburtstages Ling ons hielt der Kriegs- sekretär Taft gestern in Buffalo eine Ansprache, in der er nah dem Bericht des „W. T. B.“ folgendes ausführte:
Die amerikanische Flotte werde mit jedem Jahre mächtiger. Vom Kongreß hoffe er, daß er die Armee zum eigentlihen Kern der Ver- teidigungsfstreitkräfte mae und sie auf eine Stärke bringe, die der Bevölkerung - und der Ausdehnung des amerikanischen Gebietes ent- sprehe. Die Verteidigungswerke von Hawaii, den Philippinen und des Panamakanals genügten noch niht. Die nationalen Verteidigungs- werke würden allmählich verbessert und, wenn ein Krieg für das nächste Fahrzehnt abgewendet werde, würden sie sich in einer besseren Ver- fassung befinden als je zuvor.
Asien.
Nach einer Meldung der „St. Petersburger Telegraphen- agentur“ sind die Verhandlungen der persish-türki- schen Grenzkommission infolge von Meinungsverschieden- heiten, die nd während der leßten Sißung unter den Kommissaren herausgestellt haben, unterbrohen worden. Die Kommissare erwarten neue Jnstruktionen von ihren Negierungen.
Afrika.
Ueber die shweren Kämpfe, die die französishen Truppen am 16. und 17. d. M. in der Nähe von Casablanca mit den Marokkanern zu bestehen hatten, liegen jeßt genauere, vom „W. T. B.“ verbreitete Nachrichten vor. Ein in Paris veröffentlichtes Telegramm aus Casablanca berichtet über die Schlappe, welhe die Kolonne Taupin erlitten hat, folgendes :
Paris, 22. Februar. Die Kolonne Taupin, die am 16. d. M. von Buznika aus dem General d’Amade entgegenmarschierte, kam auf dem Gebiet. der Uled Zeyar in einer Niederung, wo es s{wierig war, Artillerie zu verwenden, mit zahlreihen Abteilungen von Marokkanern ins Gefeht. Am 17. d. M. wiederholte der Feind seinen Angriff und brach zweimal durch das französishe Karree, das sch mit Hilfe der Bajonette befreite. Die Truppen kehrten, aufs äußerste erschöpft, und nach ernsten Verlusten nah Fedala zurück, nachdem sie einen erbitterten gel um die Leichen der beiden gefallenen Offiziere, die sie {ließlich mit si nebmen konnten, ausgehalten hatten.
Eine aus Si Aïssa datierte Depeshe meldet in Ergänzung des obigen Berichts :
Die Kolonne Taupin hatte Buznika in der Richtung nah Süden eerTagene um mit der Kolonne Tirs, der Küstenabteilung und dem Obersten Brulacd Hand in Hand zu arbeiten. Die Kolonne kam am 16. Februar in dem Gngpaß von Ber Reba an und wurde dort von starken Streitkräften der Mzab und der Mdakra angegriffen. Sie wandte si gegen den Feind, erstürmte die Anhöhe und lagerte si dort. Am 17. Februar Morgens wurde der Marsch nah Süden wieder aufgenommen. Es erfolgte ein neuer Angriff durch denselben Feind wie Tags vorher, aber wahrscheinlich ver- \tärkt durch einen Teil der Mahalla Mulay Hafids. Der Kampf dauerte bei der großen numerischen Ueberlegenheit des Gegners sehr lange Die Kclonne Taupin wurde überrannt und mußte, da ihr die Munition ausgegangen war, zum Bajonettangriff übergehen, um si zu befreien und den Rückzug nach Buznika anzutreten, ohne daß sie ihren Zweck erreiht hätte. Die Verluste der Franzosen waren: 2 Offiziere und 7 Mann tot, 3 Offiziere und 29 Mann verwundet. Man ist allgemein der Ansicht, daß die Eingeborenen, die den Stab der Kolonne begleiteten, dem Feind Spionagedienste geleistet haben, sodaß er mit Leichtigkeit seine Marschdisposittonen treffen konnte, und daß man daher allen Anlaß habe, ihnen zu mißtrauen.
Ueber den Kampf, den die Kolonne Tirs und die vom Oued-Tamasin kommende Küstenkolonne im Gebiet des Medakrastammes zu bestehen hatten, meldet eine vom 18, Februar datierte Depeshe aus Si Abd-el-Kerim folgendes :
Paris, 22. Februar. Die beiden Kolonnen marschierten, der Gebirgsrichtung folgend, nah Nordosten an den Grenzen des Gebiets der Myjamza und der Ouled Hariz. Als gegen die Vorhut der Kolonne Tirs Schüsse fielen, leh der Oberst Boutegourd einen Bergkamm rechts be- seßen, von dem dîe Marokkaner vertrieben wurden. Die Kolonne Tirs, die den Ued-el-Milo hon überschritten hatte, machte nun vor- läufig Halt, um es der Küstenkolonne zu ermöglichen, vorzukommen, Dann rückten die beiden Kolonnen weiter vor und vertrieben durch Artilleriefeuer die Marokkaner allmählich von den Höhen. Während- dessen hörte man die heftige Kanonade der Kolonne Brulard, die von Ber Reschid und Mediuna kam und sich beim Marabu von Si Abd- el-Kerim mit den beiden andern hätte vereinen sollen. Doch mußte sich diese Kolonne vor der Ueberzabl der Marokkaner bastig zurück- ziehen, denen sie aber noch auf dem Rückzuge um 3 Uhr Nahmittags eine Niederlage bereitete, da die Marokkaner in das Kreuz- feuer dieser Kolonne Brulard und der ihr zur Hilfe gesandten Ab- teilung gerteten. Die an Zahl {wache Kolonne Brulard hatte dem ganzen Ansturm der Feinde standgehalten und war zeitweise genötigt gewesen, mit dem Bajonett zu kämpfen, um eine Einschließung zu verhindern. Wie es scheint, hatte der General d’Amade den Fei durch die drei Kolonnen umzingeln wollen. Dieser Plan aber follte an der numerishen Shwäche der Kolonne Brulard scheitern, die von der Offensive zur Defensive übergehen mußte.
Nach einer Meldung des „Reutershen Bureaus“ hat der Gouverneur von Larasch Mohammed el Torres mit- geteilt, daß die Bergbewohner E die Stadt anzugreifen, wenn niht Mulay Hafid zum Sultan proklamiert werde. Der Gouverneur meldet ferner, daß große Bestürzung in der Stadt herrsche, und bittet um sofortige Entsendung von Ver-
stärkungen. i Mula afid teilt in dem Briefe, in dem er die Er- nennung E ranis zum Statthalter von Fes bestätigt,
„W. T. B.“ zufolge, mit, daß er gegenwärtig ein großes Blutbad unter den Ungläubigen anrihte, durch das Blut der Ungläubigen sei der Fluß, an dem er lagere, aus seinen Ufern getreten.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Schlußberiht über die vorgestrige Sißung des i der Abgeordneten befindet fd in der Ersten und weiten Beilage.
— Jn der heutigen (37.) Sigung des Hauses der Ahb- geordneten, welcher der Minister der geistlichen, Unterrichts: und Medizinalangelegenheiten Dr. Holle beiwohnte, wurde die Beratung des Etats des Ministeriums der geist- lihen, Unterrihts- und Medizinalangelegenheiten im Kapitel „Medizinalwe sen“ fortgeseßt.
Unter den Ausgaben für 43 vollbesoldete Kreisärzte, 454 nicht vollbesoldete Kreisärzte und 16 nicht volUbesoldete Gerichtsärzte sowie für die übrigen Medizinalbeamten sind 6 neue Stellen für vollbesoldete Kreisärzte vorgesehen, und zwar für den Stadtkreis Posen, Stadt- und Landkreis Ratibor, Kreis Pleß, Stadtkreis Halle, Landkreis Dortmund und Land: kreis Saarlouis.
Abg. Dr. von Voß (kons.) befürwortet, daß den Kreisärzten die Ausübung von Privatpraxis nah Möglichkeit erhalten bleibe, damit sie von dem Uebereifer, die Welt mit hygienisGen Verbesserungen zu be, glüdcken, abgehalten würden. Ein übcreifriger Beamter sei einem allzu- wenig eifrigen aber immerhin noch vorzuziehen. Namentlich in den kleineren und mittleren Städten hebe ja das, was man unter Hygiene vers steht, eigentli erst mit der Tätigkeit der Kreisärzte an. Aber die Lebens, bedingungen jolher Beamten müßten. unter allen Umständen {nell und ausgiebig verbessert werden. Staatlicherseits sei also in jedem einzelnen Fall zu prüfen, cb nicht vollbesoldete Beamte eine Privats E is noch auszuüben vermögen, deren Erträze neben der kärglicen
cfolbuns und den Gebührenbezügen zu seinem standesmäßigen Unter- halte genügen. Ueberall aber, wo diese Frage zu verneinen sei, werde notwendig die Verwandlung der nicht vollbesoldeten in cine vollbesoldete Stelle zu erfolgen haben. Auch die Verbesserung der Pensionsverbältnifse der Kreisärzte sei ein Gegenftand von Wichtigkeit und ein Bedürfnis. Der Herr Minister habe zugesagt, daß ein angemessener Betrag für Gebührenbezüge (2250 Æ) der Pensionierung der nicht vollbesoldeten Kreisärite zugrunde gelegt werden solle. Gerade der Beruf des Kreisarztes ere fordere das Höchstmaß von körperlicher und geistiger Spannkraft, es sei daher nur gerecht, daß das Beamtenfürsorgeseß vom Januar 1902 nah der Absicht des Ministers auch auf die beamteten Aerzte aus- gedehnt werden folle.
Abg. Dr. Keil (nl.): Bei Erlaß des Krei8arztgeseßes ging man von der Ansiht aus, daß die voll beschäftigten Kreisärzte au voll besoldet werden, und daß die niht voll besoldeten die Ausnahme sein sollten. Heute sind zwei Drittel aller Kreisärzte bereits voll beschäftigt und nur 1009/6 voll besoldet. Das ift tin großer Mißstand. Nun sieht ja der Etat 6 neue voU besoldete Kreisärjte vor, und ich danke dem Minifter dafür, daß er die städtische Kreis- arztstelle in Halle in eine voll besoldete umwandelt. In Halle gibt es 2 Kreisärzte, einen für den Saalkreis und einen für die Stadt, Derjenige für den Saalkreis muß unter Umständen 6 bis 7 Stunden aufwenden, um einen einzigen Typhuskranken zu besuchen, und er bezieht nah dem Durchschnitt der leßten 3 Jahre niht mehr alé 179 MÆ; vielleiht könnte auch diese Stelle in eine voll besoldete um- gewandelt werden.
Abg. Peltasohn (fr. Vgg.): Ih stimme dem Vorredner darin durchaus bei, daß das Geseß oder die Ausführung des Gesetzes si als durchaus unzulänglih erwiesen hat. Die diesjährige Vermehrung der voll besoldeten Stellen genügt durchaus nicht; tatsächlih find jeßt nicht 10 9/0, sondern nur 9,4 9/ der Kreisärzte voll besoldet. Jch bitte also den Minister, eatweder das Gese sinnentsprecend auszuführen oder eine Aenderung vorzushlagen. Man hat auf die Era aris der Kreisärzte hingewiesen; tatsählich ift aber nur ein
ruchteil der Kreisärzte in der Lage, Privatpraxis zu betreiben, und außerdem leidet die Energie und Autorität eines Kreisarztes darunter, ‘wenn er als Beamter auf die Interessen seiner Kundschaft Rülksicht nimmt. Die Tätigkeit des Kreisarztes hat sich von Jahr zu Jahr auch in- folge der Gesetzgebung immer mehr ausgedehnt. Wasdie Pensionierung der nit voll besoldeten Kreisärzte betrifft, fo hat der Minifter anerkannt, daß der dreijährige Durlhschnitt des Einkommens keine genüger de Grundlage bildet, sondern daß man 2250 4 für alle niht voll be- soldeten Kreisärzte festseßen müsse. Beachtenswert erscheint mir der Ds, die Tätigkeit der Gerichtsärzte von der der Kreisärzte zu
ennen.
Abg. Gyßling (fr. Volksp.) empfiehlt gleichfalls unker Hin- weis auf die qroße erantwortung, die die Kreitärzte zu tragen haben, eine Hebung dieses Standes und unterstüßt alle die Wünsche, die bereits am Sonnabend in dieser Dung geäußert worden sind. Es genüge keinesfalls, daß nur der zehnte Teil der Kreisärzte voll be- soldet sei. Hoffentlich komne wenigstens die vom Minister in Aus- sicht gestellte Gebührenordnung für die Kreitärzte noch in dieser Session,
Hierauf nimmt der Minister der geistlichen, Unterrichts: und Medizinalangelegenheiten Dr. Holle das Wort, dessen Rede morgen im Wortlaut wiedergegeben werden wird.
(Schluß des Blattes.)
Statistik und Volkswirtschaft.
Die Arbeiterverhältnisse in den Betrieben der preufi- schen, bayerischen, sächsischen und württembergischen Heeresverwaltung 1906.
Mit den ftatistishen Zusammenstellungen über die Arbeitszeit, Arbeitélöhne, Durchführung der Arbeiterversiherung8geseße und Be- wegung des Arbeiterpersonals im Bereiche der Marineverwaltung im Jahre 1906, aus denen die wichtigsten Zahlen an dieser Stelle bereits wiedergegeben wurden, find dem Reichstage, wie alljährlih, zuglei umfassende tabellarishe Uebersihten über die entsprehenden Ver- hältnisse bei den Behörden und Anstalten des preußischen, bayerischen, sächsischen und württembergishen Kontingents des deutschen Reichsheeret zugegangen. Die Nachweise über die Arbeiterverhältnisse sind darin
getrennt für die der Feldzeugmeisterei unterstellten und für die übrigen
Behörden, Anstalten und Betriebe jeder der vier Kontingentt- verwaltungen geliefert. Zur Erleichterung des Ueberblicks geben wir in folgendem eine kurze, zusammenfassende und vergleichende Dar- Helung ihres wesentlihsten Inhalts.
Die Behörden, Anstalten und Betriebe der Verwaltung des preußischen Heereskontingents, soweit fie niht der Feldzeugmeisterei unterstellt sind, beschäftigten im Rehnungsjahre 1906 12 938 Arbeiter, und zwar 8044 männlihe und 4894 weiblihe, von denen 3560 und 767 auf die Proviantämter, 2453 und 1330 auf die Remontedepots, 1264 und 277 auf die Bekleidungsämter, 588 Arbeiter und 1496 Ar- beiterinnen auf die Garnisonverwaltungen, 25 und 813 auf die Garnisonlazarette, 154 und 211 auf die Armeekonservenfabriken entfielen. Dazu kamen sodann 15080 männlihe und 5222 weib-
lihe, zusammen 20302 dauernd beschäftigte Arbeiter der tequil hen Institute und Betriebe, die der Zeugmeistere! unterstellt find, und ¡war 12772 Arbeiter (einshließlich von
42 Meistern bei der Inspektion der tehnischen Institute der Jn- fanterie, die bezüglich iÿres Einkommens im Arbeiterverhältnis stehen, von 15 jugendlihen Arbeitern und 143 Roe und 2892 Arbeiterinnen der tehnischen Institute und Betriebe für die Jn- fanterie und Artillerie (1 Munitionsfabrik, 2 Gewehrfabriken, 4 Artilleriewerkstätten, 1 Geschützgteßerei, 1 Geschoßfabrik, 2 Feuet- werkslaboratorien, 2 Pulverfabrifen, 1 Artilleriekonstruktionsbureau, 1 Militärversuhsamt) und 2308 Arbeiter und 2330 Arbeiterinnen der 69 Artillerie» und 17 Traindepots. Im ganzen wurden demnach im Bereihe der Verwaltung des preußischen Heeres fontingents im Rechnungsjahre 1906 23 124 männlihe und 1018 weiblihe, zusammen 33240 Arbeiter dauernd oder wentgsten
längere Zeit hindur beschäftigt. Außecdem waren bei 13 Artillerie- depots 124 männliche und 1257 weiblihe, zusammen 1381 Arbeiter nur vorübergehend eingestellt. Die Verwaltung des bayerischen Kontingents deshäftigte in den der Feldzeugmeisterei unter1tellten technishen Fnstiruten und Betriebea, Artillerie- und Traindepots 3380 männliche (darunter 58 jugendlihe und 29 Lehrlinge) und 606 weibliche, bei anderen Behörden und Anstalten 1249 männliche und 520 weiblihe, überhaupt also 4629 männlihe und 1126 weibliche, zusammen 5755 Arbeiter, die Verwaltung des \sähsischen Kontingents in den der Feldzeugmeisterei unterstellten technischen Fnstituten und Betrieben, Artillerie- und Traindepots 1352 männliche darunter keine jugendlihen Arbeiter und Lehrlinge) und 564 weibliche, A anderen Behörden und Anstalten 996 männlihe und 690 weibliche, überhaupt demnach 2348 männlihe und 1254 weiblihe, zusammen 3602 Arbeiter, die Verwaltung ‘des württembergischen Kon- tingents, für das technishe Institute und Betriebe in Württemberg nit bestehen, bei den Artilleriedepots und dem Traindepot 99 männ- liche und weibliche, - bei anderen Behörden und Anstalten längere Zeit hindurh oder dauernd 192 männlihe und 74 weibliche (neben denen noch 74 m. und 168 w. nur vorübergehend beschäftigt waren), überhaupt cklso 291 männliche und 209 weiblihe, zusammen 500 Arbeiter. Im ganzen wurden im Bereiche der Verwaltung des deutshen Reichsheeres im Rechnungsjahre 1906 30 392 männlihe und 12 705 weibliche, zusammen 43 097 Arbefîter dauernd oder mr längere Zeit bindurch beschäftigt, von denen mehr als drei Fünftel, nämli 19911 männliche und 6527 weibliche, zusammen 96 438 auf die (beim preußischen, bayerishen und ächsis{chen Kon- tingent besonderen Feldzeugmeistereien unterstellten) technischen Institute und Betriebe, Artillerie- und Traindepots, 10 481 männlihe und 6178 weiblihe, zusammen 16 659 Arbeiter auf die übrigen örtlihen Verwaltungen, Anstalten und Betriebe entfielen. Angaben darüber, wie viele von diesen nit lediglih für vorüber- gehende Beschäftigung eingestellten Arbeitern im Jahre 280 bis 300 Tagewerke verrichtet haben, also Vollarbeiter waren, enthalten die amtlihen Tabellen niht. Sie beshränken \ich vielmehr auf Angaben darüber, wie viel Tagewerke zu 10 (in Bayern zu 9) Stunden überx- haupt von der Gesamtzahl — einshließlich der im Laufe des Jahres ausgeschiedenen und der neueingestellten — und wie viel im Durchschnitt von jedem der in den amtlihen Uebersihten nah der Höhe des im Berichtsjahre erreihten Arbeitsverdienstes gruppierten Arbeiter der der Feldzeugmeisterei unterstellten tech- nishen Institute 2c. und der übrigen Behörden, Anstalten 2c. der einzelnen Heereskontingente geleistet worden sind. Da nun der Wechsel im Arbeiterpersonal nicht unerheblih war, ift es erklärlich, daß eine größere Anzahl von Arbeitern weniger als 260 und ein nicht ganz unbedeutender Teil derselben sogar weniger als 100 Arbeitstage im Berichtsjahre zu verzeihnen hatte. Infolgedefsen muß auch der von der Gesamtsumme der im Nehnungs- Jour 1906 gezahlten Arbeitslöhne auf einen Arbeiter entfallende tat- ächlihe Verdienst, wenn dieser Berehnung (wie es in den amtlihen Zusammenstellungen geschehen ist) die Gesamtzabl der nicht lediglih vorübergehend Beschäftigten einschließlih der Arbeiter mit weniger als 100 Arbeitstagen zu Grunde gelegt wird, kleiner sein als der von einem Vollarbeiter bei 280 bis 300 Arbeitstagen erreihte Jahres- verdienst. Teilt man die männlichen Arbeiter (ohne die jugends lihen und Lehrlinge), sowohl die — 55,3 %/% threr Gesamtzahl aus- machenden — Arbeiter der tehnishen Institute und Betriebe und die der Attillerie- und Traindepots — nur 10,209/6 der Gesamtzahl — wie die Arbeiter der übrigen örtlihen Verwaltungen, Anstalten und Betriebe — 834,5 9/9 der Gesamtzahl — des preußischen, bayerischen, sächsishen und württembergishen Heereskontingents nah dem Verdienst in drei Gruppen, so ergibt sich folgende, für das preußishe Kontingent günstig ausfallende Gruppierung: Es hatten im Rechnungsjahre 1906 v}on je 100 Arbeitern der technischen In-
talien stitute wes Betriebe | der Are. uns Traindepots eim eim
Verdienst preuß. bayer. äs. | preuß. bayer. \ähs. württemb. weniger als Heereskontingent Heereskontingent
1000 M 12,2 28,6 29,4 70,9 802 661 94 1000 bis i : 1500 „A 28,7 53,6 28,5 291 198. 33/9 6 über 1500 59,1 17,8 42,1 —
S i —y der übrigen örtlihen Verwaltungen, Anstalten und Betriebe
beim preuß. bayer. \ächs. württemb.
Heereskontingent weniger als 1000 A. . . . 59,2 88 37,8 78,6 1000 E D, 00 11 59,7 21,4
E K 8 1 2D. —, Die Arbeiterinnen, die zumeist nicht viel über 200 Tage- werke im Jahr geleistet haben, verdienten in der großen Mehrzahl noch nicht 800 4, und nur ein kleiner Teil erreichte einen Jahres- verdient von 800—1000 4; ein solher von mehr als 1000 „#6 kam nur bei den preußishen Garnisonverwaltungen vor. — Einschließlich der Löhne, die an nur vorübergehend eingestellte, in vorstehender Tabelle niht berücksihtigte Arbeiter gezahlt worden sind, hat im Rechnungsjahre 1906 überhaupt an Arbeitslöhnen die Verwaltung des preu g ischen Heereskontingents an die Arbeiter und Arbeiterinnen der der Feldzeugmeisterei unterstellten technischen Institute und Be- triebe, Artillerie. und Traindepots 23995 594 ,6 und an die der übrigen örtlihen Verwaltungen, Anstalten und Betriebe 8 338 436 „#, zu- sammen also 32334030 #, die Verwaltung des bayerischen Kontingents 5 078 482 A, die des sächsischen 3003816 Æ und die des württembergishen Kontingents 3448496 ausgezahlt; im ganten beträgt die von den Behörden 2c. des Reichsheeres im echnungsjahre 1906 gezahlte Summe der Arbeitslöhne 40761177 M __ Von dem obne Unterbrehung bei ungestörter Arbeit an annähernd 300 Arbeitstagen im Jahre zu erreihenden Verdienste gewährt die vorstehende Tabelle aus dem bereits angegebenen Grunde kein richtiges Bild. Die Arbeiter der technischen Institute und Betriebe mit einem Verdienst von weniger als 10.0 4 sind, wie die Kontingentsverwal- tungen zu den diese Arbeiter betreffenden Zahlen threr Ferne bemerkt haben, sämtlich und die bei den übrigen Behörden, An- stalten 2e. des Heeres beschäftigten Arbeiter, was die erheblih unter 300 liegenden Durchschnittszahlen der im Berichtsjahre geleisteten Tagewerke ergeben, wenigstens zum großen Teil solhe, die im Laufe des Jahres entlassen oder neu eingestellt worden sind. Dies trifft auch noch für nicht wenige Arbeiter, die einen Verdienst von mehr als 1000 M erreichten, zu. Bei nicht durch Entlaffung oder Krank- heit und Urlaub von längerer Dauer unterbrochener Arbeit verschieben sich die Prozentzahlen zu Gunsten der höheren Einkommen. Der Stücklohnverdienst der bei der preußishen Inspektion der tehnishen Institute der Infanterie in den Gewerken mit Massenanfertigung be- \{häftigten Meister, die bezüglih ihres Einkommens im Arbeiterver- bältnis stehen, bewegte sich zwish:n 6,60 und 13,50 G für den Ta Iod vetrus im Tagesdurchschnitt 13,25 #, im Jahre durhschnittli
Wie {hon erwähnt wurde, istder Wechsel im Arbeiterpersonal niht unerbeblich gewesen. Bon den 17 435 Arbeitern, die am 1. No- vember 1905 in den der preußischen Feldzeugmeisterei unterstellten tehnishen Instituten und Betrieben, Artillerie- und Traindepots be- châftigt waren, sind im Laufe des Jahres bis zum 31. Oktober 1906 3321 oder 1990/6 ausgeschieden — fast die Hälfte derselben wurde auf ihren eigenen Antrag aus verschiedenen Gründen, ein Drittel nach Ablauf-der bei Einstellung festgeseßten Beschäftigungédauer oder wegen Arbeitsmangels entlafsen —, und von den 19 412 Arbeitern, die Ende Oktober 1906 in diesen Instituten und Betrieben beschäftigt wurden, waren 5298 oder 27 9/6 erst im Laufe des Jahres seit dem 1. November 1905 neu eingestellt. Die Zahl der in diesen zwölf Monaten
i den Behörden der preußishen Feldzeugmeisterei eingegangenen Gesuche um Ginstellung bezw. Aufnahme in die Listen des Arbeits-
nahweises oder Bewerberlisten betrug 11559, von denen 3410 ab- gelehnt werden mußten. Bei den Inslituten und Betrieben der averishen Feldzeugmeisterei sind von den am 1. November 1905 gezählten Arbeitern im Laufe des folgenden Jahres bis zum 31. Ok- tober 1906 16,95 9% der männlichen und 22,28 9% der weiblichen aus- geschieden, und von den Ende Oktober 1906 beschäftigten Arbeitern waren 19,83 9/9 der männlihen und 12,77 9/6 der weiblidfn erst im Laufe des Jahres seit dem 1. November 1905 neu eingestellt worden. Bei den Instituten und Betrieben der \ächsischen Feldzeug- meifterei sind die entsprehenden Prozentzahlen für Arbeiter und Arbeiterinnen zusammen 21 und , bei den württem- bergishen Artillerie und Terraindepots 24 und 38.
Verhältnismäßig noch größer war der Wechsel in dem weniger zahl-
reihen Arbeiterpersonal der nicht der Zeugmeisterei unterstellten Be- hörden, Anstalten und Betriebe der vier Kontingentsverwaltungen, besonders der mehr weiblihe als männliche Arbeiter beschäftigenden Armeekonservenfabriken, Garnisonverwaltungen und -lazarette.
Dieser starken Bewegung im Arbeiterpersonal entsprechend, die zum großen Teil durch die Schwankungen des Beschäftigungsgrades in den für die Heeresverwaltung arbeitenden Staatswerkstätten herbeigeführt wird, deren saisonartiger Charakter niht beseitigt werden kann, war die Zahl derjenigen, die ein längeres Dien stalter erreicht hatten, namentli bei den nicht der Hane eer unterstellten Verwaltungen (Proviantämter, rmeekonservenfabriken, Be- kleidungsämter, Garnisonverwaltungen, Garnifonlazarette und Remonte- depots) nur gering. 25 Jahre und länger beschäftigt waren hier am 1. November 1906 nux 99/6 der Arbeiter dieser örtlihen Verwal- tungen beim preußishen wie beim bayerischen, nur 29/6 beim sächsischen und 99/0 beim württembergischen E Dagegen betrug bei 50 bei¡w. 52, 67 und 36 9/6 der Arbeiter das Dienstalter noch nit 5 Jahre, bei 21 9/6 in Preußen wie in Bayern, 17 %/ in Sathsen und 25 9% in Württemberg 5—10 Jahre, bei 11 bezw. 10,9 und 18 9/6 10—15 Jahre. Länger war das durhshnittlihe Dienstalter der Ar- beiter in den der Feldzeugmeisterei unterstellten technischen In- stituten und Betrieben, Artillerie- und Traindepots der preußischen und der bayerischen Kontingentsverwaltung. In diesen hatten am 1. No- vember 1906 nur 29,2 9/ ihrer Arbeiter beim preußischen, 39,9 % beim bayerischen Heereékontingent, dagegen in Sadffen 50,6%/6 und in Württem- berg 55, 6 9% ein Dienstalter von weniger als 5 Jahren, 20 bezo. 18,4, 26 und 23,6% eine Beschäftigungsdauer von 5—10 Jahren, 18,1 bezw. 17,7, 11,6 und 17,19%/ eine folGe von 10—15 Jahren, 20,5 9/9 (beim preußishen Kontingent) bezw. 15,5, 7,9 und 3,7 9/6 ein Dienstalter von 15—20 Jahren, 5,7 in Preußen, 4,6 in Bayern und 1,8% in Salhsen (in Württemberg keine Arbeiter) ein folhes von 20—25 Jahren und 6,5 bezw. 3,8 und 2,1 %/6 (tn Württemberg keine) eine 25 jährige und längere Beschäftigungsdauer erreicht.
Aufwendungen für ee ten in Prenßen ei ;
Das. zur Zeit im Druck befindlihe Heft 204 der „Preußischen Statistik“ enthält eine eingehende Universitätsstatistik und behandelt im ersten Abschnitt u. a. auch die Ausgaben und Einnahmen der preußishen Landesuniversitäten vom Jahre 1868 ab. Entsprechend den Aufstellungen im Etat werden die Ausgaben in ordentliche und außerordentliche gesondert.
Die ordentlichen Ausgaben sind von 3 935 449 4 im Jahre 1868 auf 16 238 519 A im Jahre 1905/06, d. i. um 312,62 v. 9. gewachsen. Davon entfällt über die Hälfte (8554 581 4) allein auf die Aufwendungen für die Institute und Sammlungen, für die auch die einmaligen und außerordentlihen Ausgaben vornehmlih Verwendung finden. Den zweitgrößten, aber {on beträhtlih geringeren Posten im Ausgabehaushalte der Universitäten nehmen die Dienstbezüge der Professoren und Dozenten ein. Diese sind in dem gleihen Zeitraume unter Einrehnung der Wohnungsgeldzuschüfse und der entsprehenden Beträge aus Staatsmitteln, deren Verwendung nicht an eine bestimmte Universität geknüpft ist, von 1786 108 A bis auf 5 440 420 M oder um 204,60 v. H. gestiegen. Bei allen übrigen Ausgabetiteln handelt es sih um verhältnismäßig kleinere Summen; aber auch sie haben überall bedeutend zugenommen, am wenigsten die unter dem Titel „für Konviktorien, Unterstüßungen und Stipendien“ zusammengefaßten. Auch diese würden merklih größer erscheinen, wenn der Fonds für deutshe Studierende aus den polnishen Landesteilen, der eigentlich hier mit berücksihtigt werden müßte, nit seit 1898 vom Universitätsetat abgetrennt worden wäre.
Nach den Voranschlägen des Staatshaushaltsetats für das Jahr 1907, die in obiger, absihtlich mit 1905/06 abschließender Darstellung nicht berücksihtigt worden sind, stellten A die ordentlihen Ausgaben in threm Gesamtbetrage wie in ihrer Verteilung auf die vornehmsten Titel für die einzelnen Universitäten und das Lyzeum zu Braunsberg,
wie folgt : darunter für Be- Aufwendungen Sttittins [On der Prof. für Institute, bé und Lehrer eins{[l. Sammlungen Autacben der Wohnungs- und den L gelder für Lehrer Universitäts- und Beamte gottesdienst M. M Mh ern. GULTROc 1 089 220 2 460 383 Bon . « « 1090000 581 908 823 746 Breslau . . 1837 047 574 080 1 093 553 Göttingen . 1541 706 512 721 829 308 Greifswald . 1192556 380 430 671 571 QUUE . « LS1I0805 491 158 1113918 G LDDO 9s 413 174 975 877 Königsberg 1407371 482 736 771 527 Marburg . 1146 827 386 350 592 535 Peünster 479 657 284 486 129 614 Braunsberg 61 960 50 890 5 200 Zusammen 16647 269 5 247 153 9 467 232
Die außerdem für Universitätszwecke aus staatlihen Mitteln zur Ver- fügung gestellten Beträge, deren Verwendung nicht an eine bestimmte Universität geknüpft ist, belaufen sich für das Etatsjahr 1907 auf 995 674 M
Die einmaligen und außerordentlichen Ausgaben ent- fallen vornehmlich auf Neubauten bezw. Um- und Erweiterungs- bauten sowie auf größere einmalige Einrihtungen und Ausrüstungen der Institute und Sammlungen. Auch von den Bauten kommt der größere Teil den leßteren zugute. Im Wesen der einmaligen und außerordentlichen Ausgaben liegt es, daß sie fd weder auf die einzelnen Universitäten noch auf die einzelnen Jahre gle mats ver- teilen. Im Laufe der hier betrahteten 38} Jahre sind für die Universitäten und das Lyzeum zu Braunsberg 97 160 678 Æ (mit Einschluß von 818 200 #4, die sich auf die einzelnen Universitäten niht verteilen lafsen) eee und außerordentlich aufgewendet worden; das ergibt im Durchschnitte jährlih 2 540 148 4
Den einzelnen Universitäten und dem Lyceum Hosianum sind in
dem ganzen Zeitraum außerordentlih zugéwendet worden : Berlin 27807925 A Kl C 9 250 813 M Do e cu 7563 404 „, | Königsberg .. 7584996 , Breslau . . . 11058615 , | Marburg . . . . 6179019 , Göttingen . . . 9045214 , | Münster... .. 1969267 , Greifswald . . 5383834 „, | Lyceum Hosianum 10 Halle... . . 10440633 , zu Braunsberg . 58758 ,
(Stat. Korr.)
Zur Arbeiterbewegung.
Bei der Allgemeinen Elektrizitäts-Aktiengesellschaft in a2 eweide bei Berlin haben, wie ,W. T. B.“ meldet, am Sonnabend sämtlichße Revolverdreher wegen einer Herabs- seßung der Akkordlöhne die Arbeit niedergelegt. j
In Düsseldorf ift, der „Köln. Ztg.“ zufolge, zwischen der Lohnkommission der Buchbindergehilfen und einer Kommission des Vereins der dortigen Buchdruckereibesißzer eine Ginigung zu- stande gekommen. Sämtliche Kündigungen der Gehilfen wurden rück- gängig gemacht. |
In Görli beschlofsen, wie „W. T. B." meldet, die Konfektions\chneider in den Ausftand einzutreten, nachdem die Konfektionäre Verhandlungen wegen Lohnerhöhung abgelehnt haben.
Der Ausstand auf der konfolidierten Zinkerzgrube",Viktoria" ist, wie die , Voss. Ztg." aus Breslau erfährt, beendet. Zur Früh- {chicht am Sonnabend ift die Belegschaft vollzählig eingefahren. (Val. Nr. 42 d. Bl.) :
In ‘Leipzig hatten, nach der „Lpz. Ztg.", die städtischen Straßenretiniger dem Nate der Stadt durh ihren Arbeiter- aus\chuß neue Forderungen vorgelegt. Sie forderten hauptsächlich eine Erhöhung des Wochenlohns auf mindestens 25 #4, eine Bezahlung der Ueberstundenarbeit mit 25 9/6 Zuschlag an Wothentagen und mit 50 9/9 an Sonntagen, Lieferung der Stiefel und Beinkleider 2c. Wie in einer Versammlung dieser Arbeiter bekannt gegeben wurde, hat der Nat hierauf geantwortet, daß er zur Zeit niht in der Lage sei, die erwährten Kleidungsstücke zu liefern, da dies eine Mehrausgabe von 23000 A bei 700 Arbeitern verursahen würde, daß er aber gegebenenfalls im nächsten Jahre darauf zurücklommen werde. Ferner - könne bei der Eigenart des S die Nachtarbeit nicht als Ueberstundenarbeit angesehen werden, und hinsihtlich dex „er-
betenen Lohnzulage müsse erst die Wirkung des neu eingeführten; -àam
. 1. April 1908 in Kraft tretenden Schichtlohnes abgewartet werden.
Die Versammlung war mit dieser Antwort zwar niht zufrieden, sle beshloß aber, zunächst éine abwartende Stellung einzunehmen.
Der Ausstand auf der Oldenburgischen Glashütte ist, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, beendet; die Arbeit wird zu den bisherigen Löhnen wieder aufgenommen. (Vgl. Nr. 43 d. Bl.)
Aus Montevideo wird dem „W. T. B.“ telegraphiert, daß das Personal aller Eisenbahnen der Republik Uruguay in den Ausstand getreten ist.
Kunst und Wissenschaft,
Aus Kiel kommt die Nachricht, daß dort am gestrigen Sonntag- morgen der Wirklihe Geheime Rat, Profefsor Dr. Friedrich von Esmarch, der Nestor der deutshen Chirurgie und der Be- gründer des deutshen Samariterwesens, im 86. Lebensjahre an der Influenza gestorben ist. Am 9. Januar 1823 in Tönning geboren, ftudierte Esmarch in Kiel und Göttingen unter Langenbeck und Stromeyer Medizin; als des Letztgenannten Adjutant matte er die ersten \{leswig-holsteinischen Feldzüge mit ; 1854 wurde er in Kiel als Stromeyers Nachfolger Direktor der chirurgishen Klinik; drei Jahre darauf wurde er ordentlicher Profeffor und Direktor des Kieler Hospitals, Während des \ch{leswig- holfteinishen Krieges von 1864 machte Professor Esmarh ih um die Lazarette in Flensburg, undewitt und Kiel in hobem Grade verdient. Im Jahre 1866 ward er nach Berlin berufen, um als Mitglied der Immediat - Lazarettkommission zu wirken und die Oberleitung der chirurgishen Abteilungen in den hiesigen Lazaretten zu übernehmen. 1870 zum Generalarzt und koù- sultierenden v das 5) der Armee ernannt, wirkte er zunächst in Kiel, dann in Hamburg bei der Organisation der freiwilligen Hilfe, später in Berlin bei dem großen Barackenlazarett auf dem Tempelhofer Felde. Im Jahre 1887 wurde ihm der erbliche Adel verliehen und im Jahre 1897 wurde er zum Wirklichen Geheimen Rat mit dem Prädikat Exzellenz ernannt. Bis zum Jahre 1894 war der Verstorbene als ordentlicher Professor an der Universität in Kiel tätig. Hervorragende, unvergänglihe Verdienste hat #fch Friedrich von E8marh p, den Gebieten des Lazarettwesens, der Kriegschirurgie und der kriegs- chirurgishen Technik erworben. Ihm verdankt die Chirurgie u. a. das Verfahren, Gliedmaßen dur Anlegen einer elastishen Binde künstlich * blutleer zu machen und so ohne Blutverlust zu operieren; au die Einrichtung von Samaritershulen in Deutschland ist sein Werk.
Verkehrsanftalten.
Nach der Insel Guam und der Kanalzone von Panama sind Postanweisungen bis 100 Doll. auf dem Wege über New Vork zulässig. Die Gebühr beträgt 20 Z für je 40 4, sie gilt für Postanweisungen nach der Kanalzone von Panama nur bis New York. För die weitere Ueberweisung wird in New York eine Zusaß gebühr von 3 bis 30 Cents von dem auszuzahlenden Betrage in Ab-
¡ug gebracht. S
Briefe mit Wertangabe nach British-Honduras könren or bis zum Höcstbetrage von 8000 (bisher 2400 4) versandt werden.
Der Ueberseeverkehr Tsingtaus unter deutscher Flagge.
Ueber die Entwicklung des Kiautschougebiets in der Zeit vom Oktober 1906 bis Oktober 1907 hat das Neichsmarineamt eine Denk- {rift herausgegeben, die unter Voranstellung eines Ueberblicks über das erste Jahrzehnt unserer jungen Kolonie auch ausführlih über die Entwicklung der Seeschiffahrt Tsfingtaus berihtet. Von besonderem Interesse find hierbei die Leistungen der deutshen Reederei für die folpesrveraug und für die Förderung des Handels. Wir p lióg die terher gehörigen verstreuten Mitteilungen etwas gekürzt, aber zu- sammenhängend folgen. Es heißt in der Denkschrift:
„Der Schiffsverkehr hat im Berichtsjahre beträchtlich zugenommen. Im (anten sind 499 Schiffe mit 546 843 Registertonnen gegenüber 425 Schiffen mit 476 646 Negistertonnen im vorigen Jahre, also ein Mehr von 74 Schiffen mit 70 197 Registertonnen, in Tsingtau eingelaufen. Wie bisher, so hatte auch im verflofsenen Berichtsjahre wieder den Hauptanteil am Schiffsverkehr die Hamburg-Amerika- Linie. Die Postdampfer „Gouverneur Jaeshke* und „Peiho“ unterhielten die regelmäßige Verbindung zwischen Schanghai und Tf\ingtau. Der erstgenannte Dampfer brachte gewöhnli die sibirishe Post, die jeden Mittwoh gegen Mittag in Schangha fällig ist, nach Tsingtau. Hier konnte diese Post infolge beschleunigter Fahrten des Schiffes meist {on am Donnerstagabend abge iefert werden, sodaß die Gesamtreisedauer für Sendungen Berlin—Ts\ingtau über Sibirien etwa 24 Tage betrug. Der Dampfer „Peiho“, welcher E Dienstag von Tf\ingtau vas Schanghai expediert wird, vermittelte den Anschluß an die regel- mäßigen russishen Postdampfer, die am Freitag von Schanghai nah Wladiwostok gehen und dort wiederum Anschluß an die wöchentlichen Expreßzüge nah Europa haben.
Die übrigen drei Postdampfer der Hamburg - Amerika-Linie, „Admiral von Tirpig*, „Staatssekretär Kraetke“ und „Tsingtau“, verkehren in regelmäßigen, etwa fünftägigen Zwischenräumen von Scanghat über Tsingtau, Tschifu, im Bedarfsfalle Weihaiwei, nah Tientsin und zurück. Die Dampfer werden \o geleitet, daß fie An- {luß an die großen Schiffsverbindungen des Weltverkehrs in Schanghai bieten. In nächster Zeit wird die Linie Schanghai— Tsingtau—Ts\chifu— Tientsin durch Einstellung eines neuen Schiffes eine weitere Verbesserung erfahren. Dieser Dampfer Ion. ist mit besonderer Berücksihtigung “des flahen Wasserstandes der Taku- Barre und des eo erbaut worden und wird vorzüglihe Ein- riGenngen für Pafsagtere erhalten.
Die im Jahre 1905 zuerst mit gemieteten Dampfern eingerichtete Fahrt Tsfingtau—Kobe wurde mit dem Dampfer „Hoangho“ in regel- maligen 14 tägigen Abfahrtsterminen weiter betrieben. r Dampfer ist inzwischen gründlih umgebaut und mit guten EGlagierrzumen ver- sehen worden. Naÿ Wladiwostok besteht jeßt gleichfalls eine ziemlich regelmäßige Verbindung; ein Dampfer der Linie Hongkong — Tsingtau —Nagasaki—Wladiwostok berührt etwa einmal monatlih
singtau.
Im Berichtsjahre trafen ferner 10 gragtampfer der Hamburg- Amerika- Linie in ungefähr Mel igen bständen mit Ladung dire von Europa in Tsingtau ein. Die direkten Fahrten unterstüßen das Warengeschäft namentlich für solche Güter, die sich nicht zur Umladung in Schanghai usw. eignen. Auch hat die Hamburg- Amerika-Linie in einigen Fällen den Tsingtauer Exporteuren Gelegen-
heit Fegeben, Ausfuhrartikel nach Europa mit direkten Dampfern zu vershiffen. Die Exporteure haben dabei den Vorteil der Ersparnis