1908 / 48 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 25 Feb 1908 18:00:01 GMT) scan diff

Laui Meldung des „W. T. B.“ ist S. M.S. „Jaguar“ am 22. Februar in Schanghai eingetroffen und geht über- morgen von dort nah Wusung ab.

S. M. Tpdbt. „S 90“ ift gestern von Schanghai nah Tsingtau in See gegangen.

Bayern.

Dem Landtag is eine Denkschrift über die Neu- regelung der Dienst-, Gehalts- und Pensionsverhält- nisse der Staatsbeamten und Staatsbediensteten zugegangen. Danach sollen, wie das „W. T. B.“ meldet, vom 1. Januar 1909 ab dreißig Gehaltsklassen geschaffen werden, größtenteils mit Stufen von je drei Dienstjahren. Der Mehraufwand beträgt 17 200 000 # jährlich. Welchen Mehraufwand die gleichzeitig ins Auge gefaßte Aufbesserung der Geistlihen und Lehrer erfordern wird, steht noch nicht genau fest, doch wird er sich auf mindestens 7 Millionen Mark

1ährlih stellen. Württemberg.

Seine Majestät der König Wilhelm ITI. feiert heute seinen sehzigsten Geburtstag. Jn dankbarer Verehrung und Liebe bringt das württembergishe Volk seinem Könige die ehrfurchtsvollsten Glückwünsche dar, und mit ihm vereinigen sich die patriotish gesinnten Deutshen aus allen Gauen des Reichs. Möge dem hohen Verbündeten Seiner Mazestät des Kaisers und Königs zum Wohle seines Landes und des ge- famten deutschen Vaterlandes eine lange gesegnete Regierung beschieden sein!

Mecklenburg-Schwerin. L

Ueber das Befinden Seiner Königlihen Hoßgett des Großherzogs ist heute, „W. T. B.“ zufolge, nach- stehender Krankyheitsberiht veröffentliht worden:

Seine Könialiche Hobeit der Großherzog befindet sch verhältnis- mäßig gut, nur war die Nachtruhe durch die mit Masern verbundenen Beschwerden noch gestört. Verlauf bis jeßt normal.

B:Oefterreih-Ungarn.

Die österreihishe Delegation hat gestern bei der Beratung des Heeresextraordinariums den Titel „Avancementsverhältnisse der Militärärzte“ angenommen und darauf die Beratung des Antrags Latour-Schraffl, betreffend Erhöhung der Offiziersgagen und der Mannschafts- löhnung sowie Verbesserung der Mannschaftskoft, fortgeseßt.

Nach dem Bericht des ,W T. B.* betonte der Abg. Latour, daß der Artrag absolut unpolitisch sei und niht mit andern mit der Armee zusammenhängenden Streitfragen politishen Charakters in Verbindung gebracht werden könne. Der sfogenannte militärische Ausgleich betreffe in erster Linie militärische Fragen, über die nur vom Standpunkte der militärishen Intereffen und nur von Militärs, nicht aber von Leuten verhandelt und Beschlüsse gefaßt werden tönnten, die beim besten Willen zur Vertretung militärischzr JIn“‘eressen weder berufen noch befähigt wären. Wenn der Minifter erklären werde, daß die besten und erfahrenften Offiziere das, was geschehen sei oder noch geschehen werde, mit der Einheit der Wehrmaht für vereinbar gehalten haben, und daß Aenderungen nicht unter dem Drucke der Verhältnisse stattgefunden hätten, sondern bewilligt werden dürften, dann werde das Mißtrauen gegen eine etwaige Schädigung oder Zerstörung der Einheit der Armee gebannt werden. Andern- falls wäre ein folWes Mißtrauen begründet. Latour forderte den Minister auf, selb zu handeln, anstatt andere verhandeln und unter- haúdeln zu laffen. Latour und Schraffl begründeten sodann eirgehend ibre Anträae. Sie traten insbesondere für langgediente Leute in mittleren Charger, für Berücksichtigung der Generale, für die Ver- sorgung der Militärwitwen und -Waisen und für die nah altem Stil Persionierten ein.

Darauf wurde die Verhandlung abgebrohen und die nächste Sißung auf heute anberaumt.

Großbritannien und Frland.

Dem Parlament is gestern der Marineetat für 1908/09 zugegangen, der sich auf 32319500 Pfd. Sterl. gegen 31 419 500 Pfd. Sterl. für das Jahr 1907/08 beläuft.

In der dem Etat beigegebenen Denkschrift wird, ,W. T. B.“ zufolge, dargelegt, daß durch strenge Sparsamkeit die unvermeidliche Zunahme der Forderungen auf 900 000 Pfo. Sterl. beschränkt worden iet, und ausgeführt, daß im Jahre 1904 das Marinebudget 36 889 000 Pfd. Sterl. betragen habe und die folgenden Jahre nacheinander eine Verminderung der Forderungen aufgewiesen hätten, daß aber die automatischen unabwendbaren Ver- mehrungen der Flotte eine Leilevuna der Forderungen für die Marine für das kommende Jahr untunlich machten. Am 1. April würden sich im Bau befinden 7 S@lahtschiffe, 4 geshüßte Kreuzer, 1 unges{üzter Kreuzer, 10 Torpedobootszerstôrer, 29 Torpedoboote und 18 Unterseebote.

Das Flottenbauprogramm ist, wie folgt, festgestellt worden : Ein Schlachtschiff von der verbesserten Dreadnought- Klasse, ein großer armierter Kreuzer, sechs {nelle geshüßte Kreuzer, 16 Torpedobootszerstörer. Ferner ist eine Anzahl von Unterseebooten vorgesehen, deren Gesamtkosten auf eine halbe Million Pfund Sterling geshäßt werden. Die Denkschrift führt hierzu aus:

Dieses Programm genüge für 1908/99. Ob eine Erweiterung im nächsten Jahre oder in den folgenden Jahren nötig sei, müsse von den Vergrößerungen der fremden Kriegtflotten abhängig aemaht werden. Die Regierung habe durchaus das Ziel im Auge, die Flotte in dem Bestande zu erhalten, wie er bisher für die Sicherung der nationalen Sateretien des Reichs für notwendig an» gesehen worden sei. ie Neubauten für 1908/1909 weisen 7 545 202 Pfund auf im Vergleichß zu 81C0000 Pfund für 1907/08. Für die Fortsezung der Arbeiten an den bereits im Bau begriffenen Schiffen soll-n 6 795 202, für den Beginn des Baus der Schiffe des neuen Programms 750 000 Pfund aufgewendet werden. Bis zum 31. März werden fertig gebaut und dienstbereit sein 1 Shlachischiff, 3 geshüßte Kreuzer, 3 Torpedobootszerstörer, 10 Torpedoboote, 8 Unterseeboote, 1 Reparatursbif und die Königlihe Jaht Alexandra. Wegen der Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern wird die Vollendung der auf Privat- werften im Bau befindlichen Schiffe au in diesem Jahre eine Ver- zögerung erleiden, und eie weitere Ausdehnung diejer Verzögerung kann eine Aenderung in den eben angegebenen Zahlen der ihrer Fertig- ftellung entgegenfehenden Schiffe mit sich bringen.

Bezüglich der Schaffung eines Flottenstüßpunkts von Rosyth heißt es in der Denkschrift :

Die Admiralität habe beshlofsen, den Bau mit den Aus\chach- tungen für das Dock zu beginnen. Das Binnenbassin und die Ein- fahrts\{leuse sollen für die größten modernen Schlachtshiffe geeignet sein, ferner sind ein Depot für Unterseeboote und Torpedobootszerstôrer sowie Vorratsräume für Oel und Feuerungsmaterial vorgesehen. Das

Bassin wird einen Flähenraun von - 52} Acres bedecken und tines der Kais elf größten Schiffen, oder, wenn in doppelter R feftgemaht, zweiundzwanzig Sbiffen Raum gewähren. Im wver- gangenen Jahre find die vorbereitenden Bohrungen zu Gnde geführt worden und die detaillterten Ve e und Pläne find jeßt in der Vor- bereitung. Die Kosten für diesen Teil des allgemeinen Planes, für den die¡Verdingung in nächster Zeit abges{hlossen werden wird, find auf drei Millionen für die Ar und auf eine viertel Million für die Av ra veranschlazt; d28 Werk foll in ungefähr zehn Jahren voll- endet sein. 4

Der dem Parlament zugegangene Heeresetat für 1908/09 weist eine Abnahme um 301 000 Pfd. Sterl. auf bei einer Verringerung des Mannschaftsbestandes um 5000 Mann. E Jndien beträgt der Heeresvoranschlag 27 459 000 Pfd. ter . ¿és 3 Die reguläre Armee umfaßt ohne Indiea 96 625 Mann In- fanterie, 14 537 Mann Kavallerie, 19 307 Mann reitende und Fel d- artillerie, 13610 Mann Festungsartillerie, 9136 Mann technische Truppen, 6811 Maun Ttain, 8451 Mann für die Kolonial- truppen und die indische Etngeborenen-Armee, 2743 Mann Spezialtruppen, 4645 ( Sanitätstruppen, 1700 Mann Ersaßtruppen zur Deckung eines zeitweiligen oder ge- legentlihen Ausfalls im Stande aller Waffen, 3971 Mann Spezials- réscrbek und Landwehr, 1981 Mann Stabstruppen, 1483 Mann für verschiedene Heeresteile, im zen 185 000 Mann gegen 190 000 für das Jahr 1907/08. Für Indiea wurde der Stand nur um 188 Mann vermehrt.

Jm Oberhause stand gestern die Congofrage zur Beratung.

Im Laufe der Debatte legte der Unterstaatssekretär im Aus3- wärtigen Amt Lord Fißmaurice, „W. T. B.“ zufolge, die Schwierigkeiten der Lage dar, sowobl in internationaler Beziehung, als auch für Belgien, sowie die heikle Natur der Annexionsverk and- [ungen. Es würde Uebertreibung sein, zu behaupten, daß seit einm Jahre kein Fortschritt erzielt sei. Fißmaurice verwies auf die Stimmung der Vereinigten Staaten gegenüber dem Congo, hob die Bedeutung des Zusammenwirkens der Vereinigten Staaten und Großbritanniens bervor und sagte, beide u hätten im Meinung8austaush gestanden, ebenso die betderseitigen Vertreter in Brüssel. Nichts könne für die Sahe der Congoreform wertvoller und nichts für England angenehmer sein, als wenn dieses Zu- fammenwirken andauern und noŸ weiter añsgedehnt werde. Die britishe Regierung betrachte die gegenwärtige Lage mit Besorgnis. Denn der jeßige Stand der Dinge widersprehe sowohl den Geboten der Menschlichkeit, als auch den in Verträgen festgelegten VerpfliGtungen. Wenn er sh auch in Einzelheiten nicht einlassen wolle, die Dinge beträfen, e die Regierung vollständig und unbedingt dem Patriotiêmus und der Weisheit des belgischen Volkes und Parlaments überlasse, könne England keinerlei Verein- barung als befriedigend erahten, die den vertragsmäßigen Verpflich- tuagen und den Anforderungen der Menschlichkeit niht nachkomme.

Jm Unterhause ist gestern das Unterrichtsgeseß von dem Präsidenten des Oeffentlihen Unterrihtsamts McKenna eingebraht worden.

Es trägt, nach dem Bericht des „W. T. B.“, einen viel ent- \chiedeneren Charakter als das vor zwei Jahren von Birrell ein- gebrahte Gesey und bestimmt, daß es in Zukunft nur eine Art von öffentlihen Elementarschulen geben wird, die dur die Gemeinwesen beaufsihtigt und geleit# werden follen ohne Prüfungszwang in der Religion für die Lehrer. Die freiwilligen Schulen würden nicht mehr Geldmittel aus den Gemeindeabgaben erhalten, aber fie würden ebenso wie die öffent- lichen Elementarschulen reihere Zuwendungen aus der Staatskasse empfangen, falls sie das notwendige Normalmaß des Erfolges auf- ret erhielten. In Zen Bezirke. wo nur freiwillige S{hulen be- standen e würden diese aúuf#Wren zu bestehen und würden durch die Gemeindeb:hörden übernommen und als öôffentlihe Elementar- schulen weitergeführt werden. E3 würden aber Ecleihterungen für Erteilung eines konfessionellen Religionsunterrihts außerhalb der Schulftunden gewährt werden.

Frankreich.

Die Deputiertenkammer hat gestern die von dem Deputierten Jaurès an den Minister des Aeußern Pichon gerihtete Jnterpellation über Marokko beraten und zum Schluß eine Tagesordnung angenommen, in der sie der Tapferkeit der Truppen ihre Anerkennung und der Regierung das Vertrauen ausspricht, daß sie in Marokko die Verteïidigung der Jnteressen und der Rechte Frankreichs in Uebereinstimmung mit der Algecirasakte sichern werde.

Nah dem Bericht dcs „W. T. B.* interpellierte Jaurès den Minister Pihon über das Abdul Asis für die Organisation der Polizei in den Häfen, insbesondere in Rabat, gewährte Darlehen. JIaurès hatte nichts gegen das Darlehen felbst einzuwenden und er- klärte sih von der über diesen Punkt erzielten internationalen Ueber- einkunft befriedigt. Dagegen fragte er an, aus welchen Mitteln die marokfanishe Staatsbank diesen Vorshuß gewähren werde und wie die Verwendung des Geldes kontrolliert werden würde. Pichon er- klärte, von der in der „Kölnischen Zeitung* veröffentlihten Mitteilung Mulay Hafids an das diplomatische Korps in Tanger nichts zu wiffsen.

Jaurss stellte fodann nur die eine Frage, warum der General d’Amade nah der Mitteilung, die Mulay Hafid an den französischen Geschäftsträger in Casablanca am 11. Februar hatte gelangen lafsen, nit die Weisungen seiner Regierung abgewartet habe, bevor er die leßte Expedition achtzig Kilometec ins Innere unternommen hätte. Pichon bestätigte kurz die Anleibe und erklärte, es sei, namentlich auch nach der Ansicht des französishen Geschäftsträgers in Casa- blanca, unmöglich, den Auftrag Mulay Hafids an den Journalisten De ernst zu nehmen. LPafid predige überall den Heiligen

rieg und schicke nahezu seine gesamten Streitkräfte gegen die Franzosen iris Feld. Pichon las hier den Brief Mulay Hafids vom 28. Januar vor, den er am vergangenen Freitag erhalten hatte. Darin erklärt Hafid, daß Abdul Afis von der ganzen Nation einstimmig abgeseßt worden sei, und beanspruht das Necht, die Schuztzherrsch2ft über die Marokkaner auszuüben und sie zu beruhigen. Endlich äußert er darin seinen aufrichtigen Wunsch, mit allen Mächten gute Beziehungen zu unterhalten. Pichon meinte sodann, daß Fcrank- reih sih weder auf die ehrgeizigen Bestrebungen Mulay Hafids, die sih gegen seinen Bruder rihten, einlassen, noch vor der \erifishen Auflehnung die Waffen \trecken könne, von ‘der es an der alge- rishen Grenze in äußerft bedrohliher und heßterisher Weise be- unrubigt werde. Der Minister verlas die den Vertretern der französishen Regierung in Marokko übersandten Anweisungen, Mulay Hafid von den Anfichten Frankreichs in Kenntnis zu setzen. Er pro- testierte dazeaen, daß man bemüht sei, in Frankreih wegen der Er- cane in Marokko eine Panik hervorzurufen, und sagte, der General d’Amade trage nur Erfolae davon. (Lärm auf der äußersten Linken.) Pichon wiederholte seine Worte troy dieses Lärms, worauf die äußerste

Linke ihm zurief: Und die Toten und Verwundeten? Der Minister erinrerte daran, daß Frarkreih einschließlih des Gefehtes am 18. Februar bisher 57 Tote und 217 Ver-

wundete gehabt habe, unter denen fich 14 Offiitere befunden hätten, und forderte die äußerste Like auf, den französishen Truppen und ihren Generalen, die fich bewunderungswürdig geschlagen hätten, mehr Vertrauen zn schenken. Der General d’Amade, fuhr Pichon fort, habe eben erst Gelegenheit bekommen, seine Geschicklichkeit als Feldherr zu zeigen. Von Beginn des Feldzugs an hätten die Ver- treter Frankreihs in Marokko einmütig die trefflihen Erfolge des franzöfiswen Vorgehens festgestellt. Die Schaujas seien beinahe unterworfen. Es handle sich um ein nationales Werk; daher ersuche er die Kammer, der Regierung Vertrauen zu \chenken, damit

e s Frar.kreih unterr ommene Werk zu einem guten Ende ren könne.

Jauròs führte in einer Erwiderung aus, es handle sich nur darum, zu wifsen, ob eine Fortsezung der Aktion in Marokko dag Recht Frankreichs sei und ob fie in seinem Interesse liege. Die Politi?

der Regierung sei eine Politik der Hintergehung und Täuschung.

Die Frage wurde darauf in eine Jnterpellation um- gewandelt.

Der Deputierte Confstans (Sozialist) kcitisierte den Plan der Regierung und brate etnen Antrag ein, der dem Bedauern darüber Ausdruck gibt, daß die Regierung nicht die dem General Drude erteilten Weisungen aufrechterhalten habe. Der Minister Picho n wiederholte darauf, daß die Instruktionen für d’Amade die gleichen seien. Das Ziel e eis fei, die Organisation der französish-spanishen Polizei in den Hafenpläßen. Es sei niht auf eine Eroberung Marokkos ge- rihtet oder darauf, nah Fes oder Marrakesh zu marshieren. Der Minister erklärte, keine andere Politik als die der Regierung zu be- treiben. Trouin meinte, daß die Kammer die Regierung nit im Sticke lassen dürfe, die den ursprünglichen Rahmen ein wenig habe über- schreiten müssen. Der General Picquart bezeichnete die Nachrichten, welche die Blätter über die Zahl der Toten und Verwundeten auf den leßten Expeditionen gebraht hätten, als unrihtig und zeigte, daß d’Amade auf feinen Zügen gegen den Mdakra- und Mzabstamm viele unterworfen und seine Stellungen behauptet habe. Die Rückmärshe, die zu dem Zwecke der Verproviantierung notwendig gewesen seten, seien keine Niederlagen und auch nit halbe Niederlagen. Der Oberst Taupin habe sih des Defilés bemächtigt, den Gegner zurückgeshlagen und es ermöglicht, die Hauptaktion vollständig durzuführen. Éin Deputierter rief: Und die Eisenbahn? Der Minifter erwiderte darauf, daß er bei seinen Kollegen alle etwaigen Forderungen d’Amades unter- stüßen würde. Constans beharrte darauf, ‘daß ter Minister nähere Aufklärungen darüber geben möge, warum auf di: zuwartende Haltung des Generals Drude die beunruhigende Offensive d’Amades gefolgt sei. Etienne erklärte, die marokkanisGe Frage sei jeit dem im Jahre 1904 mit England geshlofsenen Ver- trage auch durch die Algecirasakte gelöst, die Frankrei und Spanien Sonderrechte zuerkannte, um die Polizei zu organisieren. Mulay Hafid habe \fich mit den Schaujastämmen verbündet, deren Züchtigung zu Frankreihs Aufgabe gehöre und die sech8s Monate lang in Casablanca die franzôsishen Truppen angegriffen hätten. (Clemenceau rief dazwishen: „Machen Sie dies doch Constans verständlih!*" Dieser muß von seinen Parteigenossen zurückgehalten werden, ih auf den Präsidenten zu stürzen.) Der General Viautes, fuhr Etienne fort, habe zur Züchtigung der Beni Snafsen mit einer starken Abteilung vorgehen müssen. Der General d’Amade sei in gleiher Weise gegen die Schaujas vorgerüdckt. Das Blut der französishen Soldaten werde für den Ein- fluß Frankreihs im Mittelländishen Meere nit vergeblih vergossen sein. Zum SwWhluß sprah er der Regierung sein volles Vertrauen aus. Darauf bestieg Clemenceau die Rednertribüne und erklärte, Frankreih habe sowohl in Casablanca als auch in Udshda wiederum zum Angriff übergehen müssen. („Und auch naher!" rief ihm Pichon zu.) Die Franzosen befänden sich in den Häfen, um die Sicherheit der Europäer zu gewährleisten und um die Interventionen anderer unnötig zu machen, die vielleiht in Europa \chwere Konflikte hervorzurufen ver- möchten. Frankreich wolle k-ine Politik der Verzichtleistung, aber es wolle au keine Eroberungspolitik. Frankrei wolle Frieden |chaffen in Casfablanca und diesen Ort sobald als möglih seiner rechtmäßigen Obrigkeit zurückgeben. Wenn die Kammer weiter ihr Vertrauen be- wahre, brauche fie sich niht zu beunruhigen, auch wenn sie vielleicht morgen hôre, ein Posten von 4 Mann sei überfallen worden. Jaurès erwiderte, die Regierung sei der von der Kammer ange- nommenen Tage®ordnung, die ihr Vorsicht anempfahl, niŸt treu ge- blieben. Noch seien die Franzosen nit in Marrake|ch, aber wenn man fo fortfahre wie bisher, würden fi: in zwei oder drei Tagen dort sein. Möge die Regierung fih davor büten, die Kammerccoeits in Abenteuer hineinzuztehen.

Darauf wurde die oben mitgeteilte Tagesordnung mit 350 gegen 103 Stimmen angenommen. Die Minorität seßte sich aus Sozialisten, mehreren Sozialistisch-Radikalen und 37 Konservativen und Nationalisten zusammen. 84 Ab- geordnete, darunter 33 Radikale, enthielten sih der Abstimmung.

Jtalien.

Gestern ist der Prozeß gegen den ehemaligen Minister Nasi beendet worden. Das Urteil, das Nasi der Veruntreuung öffentlicher Gelder unter Zubilligung mildernder Umstände schuldig erkennt, lautet, „W. T. B. zufolge, auf elf Monate zwanzig Tage Gefängnis und auf Unfähigkeit zur Bekleidung öffentliher Aemter für die Dauer von vier Fahren und zwei Monaten. Außerdem wurde über ihn noch eine Geldirafe von 290 Lire verhängt, auch wurden ihm die Kosten des Prozesses auferlegt.

Spanien.

Das dem Parlament gestern vorgelegte Rotbuch über Marokko umfaßt 630 Gron ans geordnete Dokumente, von denen das erste vom 10. Mai 1906, das leßte vom 17. Februar d. J. datiert ist. Die Schriftstücke be- dieien fich erstens auf die Ausführung der Bestimmungen er Algecirasakte, zweitens auf die allgemeine Lage in Marokko und die daraus für Spanien erwachsenden Auf- gaben, und drittens auf die Schwierigkeiten im Grenzgebiete des spanischen Besißes in Marokko und auf die Maßnahmen, die Spanien hier zu aren hat. Unter den Dokumenten befindet sih, wie das „W. T. B.“ mitteilt, ein von dem Minister des Aeußern am 15. Januar an die Vertreter Spaniens bei den Mächten gerichtetes Telegramm, in dem der Minister mitteilte, er sehe in der Proklamation Mulay Hafids keinen genügenden Grund, um von der Neutralität abzugehen, die er in den inneren Angelegenheiten Marokkos beobachtet habe. Weitere Schriftstücke beziehen sich auf die Verhandlungen, die dazu führten, daß Frankreih und Spanien die Mission über- tragen wurde, den d OOae an den maroffanishen Küsten zu unterdrücken, jowie auf die Bildung der Entschädi- gungskommission in Casablanca.

Türkei.

Nach Meldungen türkisher Blätter hatten türkische Truppenkürzlihmiteiner griechischenBande imMorichovo- gebirge im Wilajet Monastir einen Kampf zu bestehen, in dem zwölf Mann der Bande, darunter der Bandenchef gufo- ge fallen sind. Nah Aussage der Verwundeten is diese aus 45 Mann bestehende Bande vor zehn Tagen aus Griechenland gekommen. Wie ferner der „Frankfurter Zeitung“ gemeldet wird, ist bei Ribniza im Kreise Petritsh eine bulgarische Bande von türkishen Truppen vernichtet worden.

Dänemark.

Wie das „W. T. B.“ meldet, hat die Gruppe der Rechten im Landsting beschlossen, ihren Mitgliedern freie Hand zu geben bei der morgen erfolgenden Abstimmung über die zwischen der Regierungspartei und den Freikonservativen ab- geschlossene Uebereinkunft, betreffend den Regierungsentwurf Uber die Einführung des allgemeinen kommunalen Wahlrechts für Männer und Frauen, dem die Proportionalwahlmethode zugrunde gelegt werden soll.

Afrika.

Nah Meldungen aus Marrakesch vom 19. d. M. sind auf Befehl Mulay Hafids mehrere Hundert Eingeborene von den bena barten Stämmen dort eingetroffen, um die Stadt gegen Angriffe des Sultans von Rabat zu verteidigen.

Bei Unruhen in der nordwesilihen Provinz Gharb, die zwishen einem Duar (Dorfe) der Uezzan und den Partei- gängern des Räubers Abdul Jalif Ben Ali ausgebrochen find, purden, „W. T. B.“ oe e, ungefähr 46 Räuber getötet.

Gouverneur von El Ksar, der den Unruhen gegenüber ohnmächtig ist, verlangte Verstärkungen aus Tanger. El Gebbas sandte ihm 600 Mann.

e.

Parlamentarische Nachrichten.

Jn der heutigen 108. Sißung des Reichstags, welcher der Staatssekretär des Jnnern Dr. von Bethmann-Hollweg, der Staatssekretär des Reichsjufstizamts Dr. Nieberding, der Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke, der Staats- sekretär des Reichskolonialamts Der nburg und der Staats- sekretär des Reichsshazamts Sydow beiwohnten, wurde in dritter Lesung die Novelle zum Reichstelegraphen- gese von 1892 ohne Debatte unverändert endgültig genehmigt.

In der Generaldiskussion zur dritten Lesung des Entwurfs

eines Scheckges eßes stellte der Abg. Dr. Marcour (Zentr.) in Erwiderung auf eine Aeußerung des Abg. Dr. Arendt in zweiter Lesung die Behauptung richtig, daß

einzelne Mitolicder des Zentrums gegenüber den Wünschen der Spar- ;

fassen in der Kommission eine irgendwie unfreundlihe Haltung ein- genommen haben, uyd wtes außerdem auf die Bedeutung hin, welche der Scheck für die Beamtenwelt hinsihtlich der Gehaltszahlung ge- innen könne.

hg. Dr. Arendt (Reichép.): Die Angelegenheit ist von aufßer- ordentlich geringer Bedeutung, da die Sparkaffen tatsächlich {on in dem § 2 enthalten waren, und ihre wörtlihe Anführung überflüssig, aber immerhin niht {äèlich is. Die Sache war wirklich niht wert hier nochmals in der Generaldiskussion aufgegriffen zu werden. Die Benußung des Schecks für die Gehaltau8zahlung ist in gewissem Umfange wünschenswert, und in diesen Umfange wird eine solche Praxis bereits geübt, nämlih soweit es die Beamten wünschen, ein Zwang darf natürlih niht ausgeübt werden.

Ohne weitere Diskussion wurde darauf der Entwurf nah den Beschlüssen zweiter Lesung im einzelnen und \hließlich im ganzen endgültig angenommen.

(Schluß des Blattes.)

Die Berichte über die gestrigen Sißungen des Hauses der Abgeordneten befinden fih in der Ersten Beilage.

In der heutigen (38.) Sißgung des Hauses der Ab- eordneten, welcher der Minister der geistlichen 2c. Angelegen- heiten Dr. Holle beiwohnte, wurde die Beratung des Etats des Ministeriums der geistlihen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten bei dem Kapitel „Höhere Lehranstalt en“ fortgeseßt. :

Zu diesem lag der zunächst zur Besprehung gelangende Intrag der Abgg. Ern st (fr. Vgg.), Cassel (fr. Volksp.), FKopsch (fr. Volksp.) und Genossen vor

„die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, die Lehrpläne der Volksschule und der höheren Lehranstalten in organishe Verbindung zu bringen und die bei den staat- lihen hôheren Lehranstalten noch bestehenden Vorschulen all- mäblih aufzuheben.“

Abg. Ernft (fr. Vgg.): Der gleihe Antrag wurde im vorigen Jahre der Unterrihtskommission überwiesen. Wäre er noch im Plenum ¡ur Beratung gekommen, so bätten wir es nicht nötig gehabt, ihn beute zu wiederholen. Die auf eine einbeitlihe nationale Erziehung erihteten Bestrebungen find sehr alt. Große Pädagogen wie

estalozzi find für eine Cinheitéshule eingetreten. Die Lehrpläne der Volkéshule und der höheren Lebranstalten müssen in organische Verbindung gebraht werden. Lie Durchführung dieses Gedankens ist gar nicht s{chwer. Die bestehenden Vorshulen sind für die höheren Kbranstalten ein Ballast. Der Redner beruft \sich darauf, daß sich auh moderne wisserschaftliche Kapazitäten für die Einheitsshule erklärt haben, und empfiehlt seinen Antrag zur Annahme. ;

Abg. von Kölichen (kons.): Meine politischen Freunde können dem Antrage nicht zustimmen; eine soziale Bedeutung hat er nicht. Der Gedanke einer Einheits\{hule hat ja etwas Bestcchendes, aber es ist zur Zeit unausführbar, eine Aenderung der Lehrpläne für die Volksschulen und die höheren Lehrar stalten durchzuführen. Das würde sowohl die Volkss{hüler als auch die Schüler der bôheren Lehranstalten \ckädigen. Man darf niht mit rauber Hand in die Volkéshule eingreifen. Eine Verminderung der Ansprüche an die böberen Lebranstalten is nicht mögli. ollte einmal die Ünterrit8ordnung der Vo!késhulen von Grund auf geändert werden, dann wäre allerdings die Realisierung des Grundgedankens des An- trages wünshenswert. Zur Zeit müssen wir gegen den Antrag, so \ympathisch er uns au it, stimmen.

Abg. Dr. Glattfelter (Zentr.): Ih kann dem Antrage ebenfalls keine große soziale Bedeutung beimessen. Die befähigten Kinder können {hon jeßt zu den höheren Lehranstalten übergehen. Die Volkéshule ist noch nicht einheitli, sondern wir haben ganz ver- \hiedene Systeme, sodaß eine organishe Verbindung der Leb:pläne mit denen der böberen Anstalten sehr {wer sein würde. Auf die Vorsulen kann nit verzihtet werden, sie haben große Vorzüge. Vir würden aber damit einverstanden sein, taß der erste Teil des

nirags der Regierung zur Erwägung überwiesen würde.

Abg. Cassel (fr. Volksp.): 48% der Schüler der höheren Kbranstalten kommen von der Volfs\{ule, aber sie sind um 1 bis 13 Jehr hinter den Schülern zurück, die von der Vorschule ekommen find. Dieser Unterschied ist doch niht ohne Bedeutung, uw bei der Verlängerung des Studiuws in verschiedenen Fächern. Daraus, doß die Schüler e spät in die höheren Anstalten kommen, erklärt es si, daß so viele Leute erst in spätem Alter in ihren uf hineinkommen. I erkenne an, daß man nicht mit rauher Hand in den Lehrplan der Volksschule eingreifen darf und daß die Volksschule eine tigene Stellung einnimmt, aber es is nicht zu vergessen, daß wir erhaupt keinen einheitlihen Lehrplan für die Volks\{chule haben, 3 dieser vielmehr mit der Zahl der Klassen verschieden ift. Die Vorschule ift lediglich eine Institution unseres Staates, sie besteht in keinem anderen Lande, und auch bei uns haben Jahr- underte lang die Gymnasien und die anderen höberen Lehranstalten anden, ohne daß es eine Vorschule gab. Die Volksschule soll die

R ndlage der Bildung für alle Klassen bilden, wie es z. B. schon in

: geinland und Westfalen is. Zur Aus\föhnurg aller Klafsen der tvôlkerung kann es nur beitragen, wenn alle Bürger des Volkes linnerung an die gemeinsame Schulbank mit ins Leben nehmen. M heimer Oberregierungsrat Dr. Preise: Einer Aenderung der N ¡Pläne stehen sehr erhebliche prrtilde Bedenken entgegen. Die V elulen sind nicht gleichmäßig eingerihtet, wir haben Halbtags- Rb en und einklassige bis zu a tftufigen Volksschulen. Die Schulen ind gus verschieden in bezug auf ihre Qualität. Die einen Schulen s n ihren nnteren Klafsen überfüllt und können infolgedessen nit Malte [leisten wie Schulen mit einer geringeren Schülerzahl. Die f s\hulen müssen nach den vorhandenen Bedürfnissen einge- ahrggerden; in ihnen haben wir eine Kombination verschiedener rgänge. Diesen Schwierigkeiten muß bei der Aufstellung der

-

Lehrpläne der Volkss{hule unbedingt Rehn getragen werden; tusosgevellen können die Ziele n zu bos 0 eckt werden, damit die s{chule ihr ‘Ziel erreiht, alle Kinder möglichst gleich- mäßig zu fördern. Wenn die Ziele höher gesteckt würden, so würde dies nur einer Minderheit nützen, aber der großen Mehrzahl der Schüler haden. Es kann schon heute nah drei Jahren der Ar.\hluß an eine bôhere Anftalt gefunden werden unter der Vorausseßung, daß die Schüler befähigt genug sind. Allerdings darf bei der Aifnahme nit zu viel gefordert werden, und es muß ein Einvernehmen zwischen den betreffenden beiden Schulen stattfinden. Eine allgemeine An- ordnung, day die Lehrpläne der Volksschule überall so einzurichten seien, daß nah einer bestimmten Reihe von Jahren der Anschluß an die höheren Schulen erreiht wird, ist aus diesen Gründen nicht durchführbar. (Schluß des Blattes.)

Statistik und Volkswirtschaft.

Der Mostertrag in Preußen 1907.

Seit 1902 haben alljährliß alle Gemeinden der am Weinbau beteiligten deutshen Staaten mit einer im Ertrage stehenden Reb- flähe von mindeftens 20 ha über die Menge und den Wert des in thnen gekelterten Mostes Auskunft zu geben.

In Preußen waren 1907 nach der „Stat. Korr.“ 240 solcher Weingemeinden vorhanden, deren gesamte Rebflähe von 15 627 ha u Fal 327 876 hl im Werte“ von 18 129955 e erbrahte. Es entfielen

Wein- auf den Regierungsbezirk s L ha hl da Mau «A 3 231,5 146 4 380 D 2 96,7 60 1 800 Ia os o 8 829,9 1 046 32 837 N MICDUd es «41 376,9 153 4 474 G a 1 25,0 0 e Wiesbaden. . . . , 28 27952 38398 2 224 923 ob e L 7 489,3 152 037 7 770 094 G A 3 82,0 148 5 780 E LOO 3 700,1 135 888 8 085 667. Durchschnittlich bezifferte fich also der Ertrag vom der Wert des

im Regierungsbezirk

Hektar auf h1 Hektoliters auf M 0,6 30,0

M ae s 0,6 30,0 C 1,3 z 31,4 Ee e ea 0,4 29,2 Fr R 0 Boa a 13,7 57,9 U a ais 20,3 51,0 Er 1,8 39,1 i E 36,7 59,5.

Berechnet: man nah vorstehenden Ertrags- und Wertziffern die Menge und den Wert des in den Gemeinden der fraglihen Regierungsbezirke mit weniger als 20 ha Rebflähe gewonnenen Mostes und rechnet man die Ergebnisse mit denen der Weinbaugemeinden zusammen, so erhält man s

von der

für den einen Gewinn im Werte Regierungsbezirk f s er agel von hl von TAUTTEE e a ves er es 360 223 6 690 l E P 160 98 2 940 a S O 1431 44 926 C A 548 221 6 460 E A 45 0 Ie s e a N 3 086 42382 2455597 S «e «L C OBOS 168413 8605 270 E e 121 218 8517 I e e fa e. 4208 1565466 9314818.

Die Aufrehnung ergibt 18 005 ha, 369532 hi1 und 20445 218 M das Hektar brachte also im Durchschnitt 20,5 h1 im Werie von je 55,3 A Wendet man diese Sätze bei der Berechnung des Ertrages aus den Nebflächen derjenicen Regierungsbezirke an, in denen keine Weingemeinden in obigem Sinne vorkommen 11 ha im Regierungs- bezirke Potsdam, 9 ha in Erfurt und 8 ha în Aachen, zusammen 28 ha —, so ergeben sich noch 575 h1 im Werte von 31 798 , fodaß sich der Mostgewinn des ganzen Landes auf 370107 hl im Werte von 20 477 016 beläuft.

In den Vorjahren bis 1902 zurück wurden durchschnittli*ß vom Hektar gewonnen 15,7, 18,4, 33,0, 32,7 und 22,8 hl im Werte von je 67,7, 48,7, 60,0, 36,5 und 43,4 M oder im ganzen von 18 100 ha 283 669 hl zu 19214497 Æ, von 18208 ha 335215 hl zu 16 335 812 #, von 18305 ha 604721 hl zu 36272489 M, von 18316 ha 598933 hl zu 21861055 A und von 18336 ha 418 842 hl zu 18163130 # Nachstehend sind die Ertrags- und Wertziffern der sechs Jahre in den einzelnen Regierungsbezirken zu-

sammengestellt. ü i

Negierungsbeirk 1902 1903" 1004 1006 6 1907 Frankfurt 3,0 3;1- Io 3,8 8,1 0,6 osen. . 0,4 D 3,1 2,4 2,1 0,6 lea 4,7 2,6 907 168 1,3 Merseburg . 35 63 106 40 8,7 0,4

Cafsel. ¿21/0 83 189 9,0 0,5 0 Wiesbaden . e160 236 Wel 46 187 Koblenz . 200 384 349 200 163 203 Göln . ¿- 20,0 S5 140 Ee 103 1,8 Trier . L 014 A S 269 8367;

Wert des Hektoliters in c

» 1902 1903 1904 1905 1906 1907 rankfurt 29,0 490 4 20 316 8300 Dee. ck 1209 4092 201 O 300 -.300 t N «10,0, 092,0 0060s 27,7 314 Merseburg . . 18,8 234 237 196 364 292 Caffel 20,0 - 240 23,0. 921. 200 Wiesbaden . 67,9 434 8,0 67,5 52,1 57,9 MODIERS . + » « « ¿(069 302 4 O0 630 510 Nt ele O08 287 A E : 269 391 Trier . 480 322 809 686 87,9 59,5.

Die leßte Weinernte blieb hinter dem Mittel aus den fünf Vor- jahren um 17,4 Hundertteile zurück. Die nördlihen Bezirke ver- sagten bei dem anhaltend Ingen, regnerishen Wetter fast ganz. Der Südwesten, das hauptsächlihste Erzeugungsgebiet, das dieser ungünstigen Witterung weniger aubgesent war, ps Teil sogar unter Trockenheit zu leiden batte, brachte bessere Erträge; im NRegierungs- bezirke Trier übertraf der diesjährige Gewinn das Mittel um 9,1 v. H. Der Preis war geringer als 1906 und 1904, aber höher als in den

übrigen zur Vergleichung herangezogenen Jahren. Dementsprechend .

war die Güte des Mostes, über welche ¿0 dem Jahre 1906 zu be- rihten ist. Wenn man 1 für das Urteil „sehr gut“, 2 für „gut“, 3 für „mittel“, 4 für „gering“ und 5 für „sehr gering“ sett, so ist der diesjährige Moftertrag mit 2,8 zu bezeihnen gegen 2,5 îm Jahre

Bee: Für die einzelnen Regierungsbezirke ergeben sich folgende ern : Regierungs- Regierungs-

bezirk 1906 1907 bezirk 1906 1907 rankfurt . .. ,, 29 83,0 Wiesbaden .….. 30 2,8 “R 30 33 Koblenz «5 « 4 2,6 2,8 U s 4 os 29 4,0 GdIA «e, ,9 2,9 Merseburg 36 3,9 E 4 21 2,8

În einem späteren Artikel wird die Untersheidung des Mofk- ertrages nach weißem und rotem Gewähse zur Darstellung ge- bracht werden.

Der Beirat für Arbeiterstatistik hielt am 20. d. M. unter dem Vorsitz des es des Ac jemenes Statistishen Amts Dr. van der Borght seine 20. Sißung ab. Nach Erledigung einiger ge- \chäftlihen Angelegenheiten wurde in die Beratung über die Ergeb- nifse der Erhebungen über die Arbeitszeit in Plätt- und Waschanstalten eingetreten. Die Erhebungen hatten die allgemeine Beobachtung bestätigt, daß in den Plättereien und Wäschereien be- züglich der Arbeitszeit Mißstände zutage getreten sind, denen durch geseßlihe Bestimmungen entgegenzuwirken als geboten er- scheint. Der Beirat für Arbeiterstatistik beshloß zu empfehlen, E die §8 135, bis 139 und 139b der Gewerbeordnung au die gewerblihen Plättereien und Wäschhereien mit we- niger als 10 Arbeitern ausgedehnt werden, daß aber gestattet sein soll, an höchstens 60 Tagen im Jahre, von denen jedoch nur 30 folche vcr Sonn- und Festtagen sein dürfen, Arbeiterinnen über 16 Jahre bis Abends 10 Uhr, aber kôöchstens 12 Stunden am Tags, zu beschäftigen. Hat eine solche Ueberarbeit stattgefunden, so ist den Arbeiterinnen darauf eine ununterbrochene Nubezeit von mindestens 10 Stunden zu gewähren. Weiter wurde empfohlen, an Sonnabenden und den Tagen vor Festtagen Ueberarbeit über die gewöhnliche Arbeitszeit nur unter der Bedingung zu gestatten, daß am folgenten Sonn- oder Festtage eine Beschäftigung der Arbeiterinnen überhauvt nicht stattfinden dürfe.

Zur Arbeiterbewegung.

Der angekündigte Ausstand der im „Verband der Tapezierer“ organisierten Kleber Berlins und der Umgegend (vol. Nr. 46 d. Bl.) ift, der „Voss. Ztg.“ zufolge, gestern morgen zum Ausbruche gekommen. Er hat jedoch keinen großen Umfang angenommen, da mit einer großen Anzahl Firmen am Sonnabendabend eine Ver- ftändigung erzielt worden ift. Nur in zehn Betrieben ist gestern die Arbeit niht wieder aufgenommen worden.

Die Glasarbeiter in Nau scha baben, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, die Vereinbarungen nit eingehalten und find von neuem in den Ausftand getreten.

Der Ausstand der Arbeiter im Stablwerk der Hahnsben Werke in Großenbaum (vgl. Nr. 46 d. Bl.) ist, nach demselben Blatt, beendet. Die Ausständigen haben sich mit den von der Ver- waltung angeordneten Lohnherabseßungen einverstanden erklärt. Für die Inventurarbeiten im Januar ift den Arbeitern eine besondere Vergütung gewährt worden.

In München find, wie der „Frkf. Ztg." gemeldet wird, die organisierten Chauffeure und Droschkenkutscher am Sonntag in den Ausstand getreten. Nur etwa 200 Wagen fahren. Der Streik dauert an; gegen 250 Kutscher sind im Ausstand. Bis gestern früh haben aber s{chon 15 Kutshen- und neun Automobilbesitzer die For- derungen der Chouffeure und Droschkenkutsher genehmigt. Man glaubt, daß auch die übrigen bald nachfolgen werden.

Aus Braunschweig meldet der „Hann. Cour.“, daß ein Aus- stand in den großen Elmsteinbrüchen nach fünfmonatiger Dauer geftern beendet worden ist. Die Arbeiter haben “nur geringe Zu- geftändnifse erlangt. ?

Aus London wird tem ,W. T. B.“ telegraphbiert: Als Er- gebnis einer Konferenz mit dem Handeleminister Lloyd-George wurde zur Beilegung des Konfliktes auf den Schiffswerften ein vorläufiges Abkommen getroffen, das die Vertreter beider Parteien den Arbeitgebern und Arbeitnehmern zur Annahme empfehlen werden. Der Handelsminister Lloyd-Seorge empfing gestern eine Abordnung der Schiffbauer und Tischler wegen thres Konfliktes mit ihren Arbeitgebern. (Vgl. Nr. 46 d. Bl.)

Wohlfahrtspflege.

Wie die „Kölnische Zeitung“ aus Düren meldet, haben der Kom- merzienrat S chöller und Frau dec Stadt Düren aus Anlaß der Vermählung ihrer Tochter 100 000 # zu verschiedenen wobltätigen Zwoecken geschenkt.

Kunft und Wissenschaft.

v. A. Die Vereinigten Berliner Klubs haben im Künstlerhause eine Ausftellung veranstaltet. Fast vollzählig find hier all die Maler versammelt, die in der Großen Ausstellung die Berliner Kunst vertreten, eine fstattlihe Schar, die in treuer, lebendiger Naturbeobahtung ihren gemeinsamen Mittelpunkt findet. Gerade dieses frische, unmittelbare Sichhingeben an die Natur- eindrücke untersheidet die Berliner Kunst so wohltätig von der Münchener, die fch noch immer nit von einem gewissen Museumston zu befreien vermag. Dabei fehlt den Berliner Malern durchaus nicht der Sinn für das Dekorative. Künstler wie Karl Langhammer, Ernsi Kolbe, Hans Hartig und Kayser-Eichberg sind fogar zuweilen zu wenig un- mittelbar in ihren Bildern, zu bewußt in der dekorativen Verwertung von Baumgruppen, Wolkenbildungen oder dem Dächermeer einer Stadt. Den Bildern fehlt oft eine gewisse Ursprünglichkeit, und wenn nicht ein unaufhörlihes, intensives Naturstudium nebenhergehbt, so wird der Künstler leiht in die Gefahr geraten, bei solcher dekorativen Behandlung seiner Arbeiten leer zu wirken. Wie- in der modernen Kunst überhaupt, so überwiegt in dieser Aus=- stellung die Landschaft durchaus. Selbst das Porträt ist nur ganz vereinzelt vertreten. So hat Georg Ludwig Meyn ein wenig glüdcklihes Gruppenbild gesandt und Hans Wislicenus ein Damenbildni2. Das Phantasiebild wird durch Franz Stassen repräsentiert. In dem Bild „Die Quelle“ lehnt der Künstler si farbig und in der Behandlung an Böcklin an, aber fowohl in dieser Arbeit wie in dem kleinen Gemälde „Christus und die Ehebrecherin“ bleibt er shematisch in feiner Behandlung, obne packende Kraft des Ausdrucks, ohne inneren quellenden Reihtum der Empfindung. So weiß er uns weder dort die innige Naturstimmung, noch bier die Größe des Augenblicks, in dem das Wort Christi „Wer unter euch ohne Sünde ist“ die Volksmenge getroffen hat, zu vergegenwärtigen. Müller-Münster, der in seinen Märchenphantafien oft etwas matt wirkt, hat hier ein kraftvolles Bild eUnruhtige Pferde“ At, das sowohl in den gedämpften, harmonischen Farben, wie in der {önen, lebendigen Bewegung der Tiere eine sehr tüchtige Leistung bedeutet. Ein ganz eigener, malerischer Reiz geht immer von den Bildern Hans Herrmanns aus. Seine weichen, klaren Farben sind von seltener Schönheit. In dem großen Bilde „Rotterdam“ is besonders wirksam der dunstige, graugelbe Wolkenhintergrund, gegen den ih weih und leuchtend das erbs{lich goldene Laub der Bäume abhebt. Bernhard Sandrocks tieffarbige, kraftvolle Hafenbilder sind bekannt. Alfred Liedtke ist ihm auf dieses Gebiet gefolgt und weiß sehr wirksame Bilder in der- selben Art ¡u hafen. Max Uth scheint sih völlig von der Aquarell- malerei fort der Delmalerei zuzuwenden. Seine Bilder sind immer liht und frisch im Ton, einfach in den Motiven und zeigen eine suvere, felbständi Lroutigóne Technik. Von Wilhelm Feldmann st eine setner schônen Hetdestimmungen aus3gestellt : eine in trübem Dunst sinkende Sonne, deren leßte Strahlen über die Keite flaher, von lila Blüten bedeckter Hügel fallen. Mit frischen, von eigener DELR0 zeugenden Studien sind rig Geyer und Theodor Schinkel vertreten. Ste, ebenso wie Hans Klohß, find neue Erscheinungen. Bei leßterem ist neben tiefen, reichen Farben auch die ausdrucksvolle Linienführung in seinen Land-- schaften hervorzuheben. Franz Paczka hat zwei ungarishe Bäuerinnen ausgestellt, Er liebt es, diese farbenreihen National=