vorzulegen, damit wenigstens die Grundsäge für die Verbesserung festgestellt werden können; wir müssen de Regierung die volle Se arteng ar die Folgen zuwälzen, wenn das nicht geschieht. Wir find stolz auf die Tüchtigkeit unserer Beamten im e und in Preußen, fie halten jeden Vergleich mit den Beamten anderer Staaten aus, aber darum müssen sie auch wirtshaftlich genügend ge- stellt sein. Dem Könige, was des Königs ist, dem Volke, was des Volkes ift, den Beamten, was der Beamten ift.
Abg. Broemel (fr. Vgg.): Die heutige Erklärung der Re- gierung führt für die Verzögerung lediglich sachliche Gründe an, im Reichstag hat gestern der Schaßsekretär erklärt, daß die Verzögerung wegen der Verbindung mit der Deckungsfrage erfolgen müsse. Die Ds rifg dul soll also den neuen Steuern Vorspann leisten. Das heißt, die Frage mit einer politisGen Taktik verbinden, die der Sache nicht förderlich ist. Ein selbständiges Vorgehen Preußens ohne das Reih würde ja AECSORES mit sih bringen, wenn dadurch Verschiedenheiten im Reih und in Preußen entstünden; aber o sehr groß könnten diese doch nit sein, denn Preu und das
eich ben in dieser Frage bereits in naher Füblung mit einander gestanden. Wie soll denn die Deckungsfrage in Preußen ab- ängig gemaht werden von der Finanzreform im Reihe? Wenn die orlage hier im Herbst eingebt, wird doch au erst im Reichstage mit der Finanzreform begonnen. Und was soll in Preußen geschehen, wenn im Reiche zum 1. April 1909 die Finanzreform nicht zu stande g kommen ist? Dieses ganze Verfahren leidet an einem großen Fehler. rum will man nicht wenigstens in Preußen sofort vor- gehen ? Die finanzielle Notlage besteht auch heute hon, also sollte man ohne Rücksicht auf das Reich vorgehen und nit bis zum Herbst warten. Und die Lage der Geistlihen und Lehrer findet im Reiche überhaupt kein Analogon. Wir müssen uns wenigstens über die Grundlage der Lehrerbesoldung einigen. Es besteht die große Ge- fahr, daß im Herbst abermals die Besoldungsfrage für die Lehrer und die Beamten verschoben werden könnte, wenn Meinungsverschieden- beiten darüber entstehen. Die Einigung über die künftige Vorlage könnte wesentlih erleihtert werden, wenn wir uns {on jeßt über die Grundzüge verständigen würden. Es if deshalb der Antrag zur dritten Beratung des Etats eingebraht worden, der die Grund- ¿üge für die Lehrerbesoldung enthält, und es kommen vielleicht noch andere ähnlihe Anträge. Wenn auch die Ausführung wegen des Reiches vershoben werden muß, so könnten wir doch in Preußen mit a uns über die geseßlihen Grundlagen noch jeßt ver- ständigen. Eine Aufbefserung der Beamtengebälter ist nötig, unser Staat ein die Mittel dazu, und troßdem soll die Aufbefserung nit ge- macht werden. Das ist im Interesse des Staates aufs tiefste zu bedauern. Die Regierung hat in den Beamtenfragen eine unglück- lihe Hand gehabt, fie hat ih jahrelang gegen alle Anregung?n zu Verbesserungen ablehnend verhalten. So ist es gekommen, daß die Regierung jeßt niht mehr das Vertrauen von den Beamten erwarten kann, das sie nah unserer Meinung durhaus haben muß. Hier handelt es Fd niht um eine Parteifrage, sondern um ein wihtiges Staatsinterefse, um die gewissenhafte Führung der gesamten Staats- geshäfte. Deshalb sollte die Regierung die Reformen, die sie im Herbst doch machen muß, {hon jeßt machen.
Abg. Malkewi Gon): Wir find durchdrurngen von dem Ernst der Stunde und der Angelegenheit, und alle im Hause sind erfüllt von der großen Verantwortung nicht nur den Beamten und Lehrern gegenüber, sondern auch der gesamten preußischen Bevölkerung gegenüber. Mein Freund von Arnim hat neulich in der Kommission
lärt, daß meine Freunde bereit seien, wenn die Regierung uns die Vorlage unterbreitet, bis zum leßten Augenblick ernst und fei mitzuarbeiten, damit Beamte, Lehrershaft und Geistlichkeit so nell wie möglich în den Genuß der Echöhung gelangen. Und das ist unser Grundsay noch bis zu diesem Augenblick, und ih kann, was bier gesagt ist von den Rednern, nur unterschreiben. Es hat nicht sollen sein. Nach der E des Staatsminifteriums gelangt die Vorlage in dieser Session nicht mebr an uns, wir gehen also mit den Beamten in eine große Leere hinein, die auszufüllen uns bei der besten Absicht bis zum Schluß des Landtages nicht mehr möglich ist. Es handelt fih für uns niht um persönliche Empfindungen, aber was wir hier ausdrücken, find die s{chmerzlihen und tiefen Empfindungen der preußishen Beamten und der Lehrershaft, zu deren Mundstück wir uns kraft unseres Mandats machen müssen. Wenn heute es scheint, als ob die Regierungsbank zur Anklagebank geworden sei, so be- dauern wir das aufs tiefste; aber wir müssen Licht und Schatten in dieser Frage gleihmäßig verteilen. Ich glaube nicht daran, daß die Beamtenschaft die {were Schuld an der Vertagung der Vorlage allein der Regierung aufbürden wird; fie wird vielmehr aus der ernstea Erklärung der Regierung berauslesen, daß sehr ernstlihe Gründe die Regierung augenblicklich von der Einlösung ihres Versprechens abhalten. Wir wären nicht Mitglieder der Volks- vertretuns, wenn wir nicht glaubten, daß die Regierung niht aus böser Absicht oder Abneigung gegen die Beamtenschaft so handelt, fondern daß sie tiefer gehende Gründe hat. Deshalb brauchen wir mit den Gründen der Regierung noch nit einverstanden zu sein ; aber als unparteiishe Männer müssen wir das anerkennen. Wenn die Sache überall mit der gleihen Sachlichkeit behandelt wäre, und wenn man niht {on vor der Beantwortung der Inter- pellationen fich zu den s{hweren Angriffen auf die Regiecung hätte hinreißen laffen, fo läge die Sache einfaher für uns, weil es nicht konservativer Art entspricht, die Regierung anzugreifen, ehe man ihre Gründe gehört hat. Der bisherige Verlauf der Digkussion zeigt die ruhige fahliche Behandlung, die die Frage verdient. Als Mit- glied des Neichstages und dieses Hauses muß ih anerkennen, daß gegenwärtig die Regelung im Reiche außerordentlih \{chwierig ist, und wenn man es im Reiche versuchen würde, so wäre die Folge, da die Finanzgeseze niht zustande kommen, die Erhöhung der Matrikularbeiträge, also eine neue \{hwere Belastung der Einzelstaaten. Die Finanzvorlage im Reih zu bewilligen, sind wir bereit. Meine Partei hat im Reichstage keinen Zweifel gelassen, daß sie, da die Beamtenvorlage notwendig ist, die nötigen Konsequenzen fis neue Steuern ziehen will. Wenn wir keine Finanzreform bekommen, o liegt das an den weit auseinander gehenden Anschauungen der Parteien und der Regierung. Wir find bereit, auf dem alten prinzipiellen Wege, den Fürst Bismark durch die Finanzreform vorgezeihnet hat, unsere Schuldigkeit zu tun, um dem Reiche zu neuen Einnahmen zu ver- helfen. Ih will nicht Vorwürfe gegen eine Partei im Reichstage er- beben, die anderer Anschauung ift; aber wenn die Sache großen SHhwierigkeiten begegnet, und auch Preußen darunter leidet, so ist es nit die Schuld meiner Freunde und wird es hoffentlich au ferner- hin niht sein. Wir müssen die Vorwürfe der „Vossischen Zeitung“ ¡urückweisen, daß wir im stillen damit einverstanden sind, die Be- foldungsvorlage bis nah den Neuwahlen zu vertagen, damit ein für niedrige Beamtengehälter willfähriger Landtag zu stande kommt. Meine Partei ist zu einem wesentlihen Teil verantwortlih für die Verbält- nisse in Preußen, aber das soll auf unsere Stellung zur Besoldungs- regelung niht den geringsten Einfluß ausüben, urd das wird auch für den neuen Landtag gelten. Bestreiten muß ih, daß unsere Wirtschaftspolitik {huld ist an den Teuerungsverhältnissen ; sie ist es auch nicht an der Getreideteuerung. Wie steht es denn mit den Viebpreisen, die doch troy der Handelsverträge niedriger geworden find? Dann müßten Sie (nah links) ja nachträglih den P e rieagen zustimmen. Wenn wir nun nach vollbrathter
t, vielmehr nach vollbrahtem Reden, hinausziehen, so ist [eider festzustellen, daß die Beamten glauben, nur ver- trete am nacbdrücklichsten ihre Interessen, der die heftigsten Vorwürfe gegen die Regierung richtet. Aber auch unser Stand- unkt sollte der Beamtenschaft zeigen, daß wir das nôtige Verständnis
r sie haben. Auf einer tüchtigen Beamtenschaft ruht unser Staat; von diesem Gesichtspunkte aus werden meine unde alles tun, damit die Hoffnungen der Beamtenschaft in Erfüllung gehen. Und wir renen am meiften dabei auf die Mitarbeit der Staatsregierung. _ Abg. Kirs\ch (Zentr.) : Auch wir halten die Erklärung der Regierung für vollfommen E, Wo bleibt das Lehrerbesoldungs- geses 2 Die richtige Antwort würde die ierung bekommen, wenn n s Tagen Reichstagswahlen wären. Unabhbä
von der Finanz-
he muß Preußen die Besoldungsvorlage bringen, denn
in, das für seine Beamten die Besoldung neu foga das Tbe Baden sich leistet, das müßte doch der eSftaat auch tun können.
As Schiffer (nl.): Meine politishen Freunde haben eine Interpellation in derselben Sache bereits im Dezember eingebracht, nahdem in der Thronrede die Beamtenbesoldung feierlihst ange- kündigt war; denn wir mußten objektiv anerkennen, daß au in der vorhergehenden Thronrede die Polenvorlage angekündigt, troßdem aber in der beshränkten Session niht gekommen war. Troßdem wäre es fast eine Beleidigung jen, daran zu zweifeln, daß die Beamten- besoldungsvorlage nicht kommen wütde; ich möchte nun aber bitten, in der Thronrede wieder wichtige Vorlagen anzukündigen, die naher nit kommen. Daß die vorgebrachten Gründe der Regierung wegen der Verhbinderun iegend seien, kann ich nit anerkennen.
keit der Verhandlungen hier und im
Die geforderte Gleiche Reichstag wird erlih durchführen lafsen, zumal im Herbst im Reichstag zu die Finanzreform vorgenommen werden muß. Daher möchte ih die dringende Frage an die Regierung rickten, ob, wenn die zreform im Reihe nicht kommt, wir aub unbedingt auf die Neuregelung der preußischen Beamten- ehälter rechnen können, sonft wird das Volk allmählih irre an der uverlässigkeit politisher Zusagen. Unsere Beamten, Lehrer und Geiftlihe haben im Vertrauen auf die Zusagen der Königlichen Staatsregierung {hon jeßt finanzielle Maßnahmen getroffen, die nun in der Luft \{chweben, f Mieten sind erhöht, Geiftlihe baben ihre Kinder in Pensionen gebracht u. dergl. mehr. Die Grundlagen im Reich und n Es ganz verschieden, denn es sind ganz andere Einnahmequellen maßgebend. Wir hätten aber in reußen in vier Wochen genügend Zeit gehabt, um uns wenigstens über die mögliche Gestaltung der Gehälter zu verständigen, und bezüglih der Lehrer und Geiftlihen wäre das eigentlich jeßt noch möglich. Der Arbeiter oder der der Hauswirt, der Kaufmann, fie alle haben ihre Bezüge verbessern können ; allein der Beamte ist wehrlos, er ift ein Opfer der wirtschaftlichen Verhältnisse geworden, und ich bitte dringend, dafür zu sorgen, daß er niht auch ein Opfer der politischen Verhältnisse wird.
Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:
Meine Herren! Ehe ih auf die Sache selber eingehe, muß ih Veranlafsung nehmen, eine Nathritht richtig zu stellen, die hinfichtlich der Vornahme der Neuwahlen für das Abgeordnetenhaus durch die Zeitungen geht. Bei einer gestern stattgehabten Besprehung mit Führern der verschiedenen Parteien habe ich angekündigt, wie das vorher von dem Herrn Vizepräsidenten in feierliher Weise geschehen ist, daß der Landtag im Oktober behufs Entgegennahme der Vorlagen wegen Aufbefserung der Gehälter der Beamten, Lehrer und Geistlichen versammelt werden solle, und im Ans{luß daran ift von ver- {iedenen Seiten der Wuns aus3gesprohen worden, daß dann die Neuwahlen möglichft früh im Sommer stattfinden möhten. Ih habe diesen Wuns als das Ergebnis der Versammlung konstatiert, habe aber meinerseits erklärt, eine Stellung dazu niht nehmen zu können, da die Sache noch nicht zur Beschlußfaffung © des Staats- minifteriums gelangt sei, und ih also eine Erklärung niht abgeben könne. Ich glaube, meine Herren, alle, die gestern an der Beratung teilgenommen haben, werden mir die Richtigkeit dieser meiner Auf- fassung bestätigen. (Zustimmung.) Ih hielt es für meine Pflicht, das bier klar zu ftellen.
Meine Herren, lassen Sie mihch nun mit einigen Worten auf die Vorlage jelber eingehen. Da muß ih zunächst das richtig stellen, was der Herr Abg. Gyßling sagte. Der Herr Abg. Gyßling führte aus, wir hätten in den leßten Jahren für die Beamten nichts getan und uns in immer s\teigendem Maße der Fürsorge für fie enthalten. Meine Herren, ih glaube, daß das durchaus nit zutreffend ist. Jch darf in Kürze nohmals feststellen, daß wir im Jahre 1906 bekarntlih den Wohnungsgeldzuschuß der Unterbeamten um 50% mit einem Koftenaufwande von 8,5 Millionen Mark erhöht haben. Wir sind dann im Jahre 1907 dazu übergegangen, die Gehälter der Beamten des Außendienstes mit einem Koftenaufwande von niht weniger als 14 Millionen Mark aufzubefsern, und ebenso haben wir die Kleider- geldzushüfse für die Unterbeamten mit 3,5 Millionen Mark eingeführt. Das matt in den Jahren 1906 und 1907 26 Millionen Mark dauerñder Belastungen.
Wir haben ferner die Ehre gehabt, Ihnen im vorigen Jahre die Vorlagen wegen der Besserung der Pensionen und wegen der Besserung der Reliktenbezüge, die Ihre Zustimmung gefunden haben und mit einem dauernden Mehraufwande ‘von 16,5 Millionen Mark verbunden sind, zu unterbreiten, sodaß wir allein in den Jahren 1906 und 1907 ins- gesamt einen dauernden Mehraufwand von 42,5 Millionen im Iaterefse der Beamten auf die Staatskasse übernommen haben.
Die Vorlagen, die uns bisher beschäftigt haben, und die heute den Gegenstand der Interpellationen bilden, werden für die Beamten, Lehrer und Geistlihen 120 bis 130 Millionen erfordern. (Hört! hört!) Dazu kommt die Steigerung der Penfionen und Relikten- bezüge infolge dieser Gehaltsaufbefserungen, die etwa auf 15 Millionen zu veranschlagen ift, sodaß die Gesetze einen Mehr- aufwand von 135 bis 145 Millionen erfordern. Nehmen Sie die 42,9 Millionen hinzu, die wir in den leßten beiden Jahren bereits dafür aufgewandt haben, so ergibt das eine dauernde Steige- rung von nicht weniger als 175 Millionen Mark. (Hört, hört!) Meine Herren, daß wir eine solche Mehrbelastung nit allein aus unseren laufenden Einnahmen decken können, das ist nah wie vor die Veberzeugung der Staatsregierung, und wir werden also die pro- duktiven Kceise unseres Vaterlandes in Gestalt der Erhöhung der Einkommensteuer mit dazu heranziehen müssen, um diese Ausgaben zu decken.
Ich weise aber ferner darauf hin, daß damit ja das Maß der Belastung noch nicht erschöpft ist; denn die Kommunen müssen nolens volens dem Vorgehen des Staates vielfa folgen (sehr richtig !), und aus der Erhöhung der Gehälter der Gemeindebeamten wird wiederum zum Teil eine Mehrbelastung der Gemeindeeingesessenen, der breiten produzierenden Kreise unserer Bevölkerung folgen. Meine Herren, selbst damit ift die Sache noch niht abgetan; denn naturgemäß zieht die Steigerung der Gehälter der Staatsbeamten und der Kommunal- beamten au eine Steigerung der Bezüge der Privatangestellten, ja vielfa eine Steigerung der Lohnbezüge nah sich. Jch will auf diese Seite der Sale aber heute nicht weiter eingehen. Jch habe diese Daten nur kurz angeführt, um hervorzuheben, daß wir {on bisher getan haben, was: wir tun konnten, und daß wir des festen Willens find, in Uebereinstimmung mit diesem hohen Hause, .den Beamten, den Lehrern und Geistlichen zu geben, was ihnen im Hinblick auf die gestiegenen Kosten der Lebensunterhaltung gebührt.
Aber wenn meine Kollegen und ih — ih kann mih hier ein- {ließen — nicht bloß mit der Hand, sondern au mit dem Herzen tagtäglih daran arbeiten und den aufrihtigen Wunsch haben, unseren Beamten, Lehrern und Geistlichen zu Hilfe zu kommen, soweit es in
unseren Kräften steht, so muß es \{chmerzlich berühren, wenn hier von einer Minderung des Vertrauens der Beamtenschaft zur Staats- regierung gesprohen wird (sehr rihtig! rechts) als einer Folge des Verschuldens der Staatsregierung. Wir haben in dieser Beziehung ein sehr reines Gewissen und können von uns selber sagen, daß wir getan haben und tun werden, was in unseren Kräften steht. Einzelne der Reden, die wir gehört haben, sind aber nicht geeignet, das Ver- trauen zu stärken und die Disziplin der Beamtenschaft zu erhöhen. (Sehr ri§tig! rechts.) Auf der Disziplin der Beamten- schaft und auf der Aufrehterhaltung des Vertrauens beruht mit die Gutwicklung unserer Zukunft, und deshalb möchte ih dringend bitten, bei Ihrem Verhalten auch diese Rücksiht auf die Erhaltung des Vertrauens der Beamtenschaft und auf die Aufrehterhaltung de Disziplia nicht außer aht lafsen zu wollen.
Nun ift von den verschiedenen Herren Vorrednern mit einem gewissen Schein von Recht oder meinetwegen auch vollkommen mit Recht darauf hingewiesen worden, daß wir die Zusage, die in der Thronrede gegeben ift, niht voll eiagelöft haben. Ih erkenne das mit den Herren Vorrednern durchaus an, daß es höŸst unerwünscht ist, eine Zusage, die in der Thronrede gegeben ist, nicht bis zu dem [leßten I Tippelchen einzulösen. Jh darf aber zunähst materiell daran erinnern, daß die Thronrede in der Hauptsahe doch gesagt hat, den Beamten, den Lehrern und den Geistlichen solle vom 1. April 1908, vom neuen Etatsjahr ab, die Wohltat einer Gehaltsaufbefserung zuteil werden, . und daß wir an dieser materiellen und ent- scheidenden Absicht der Thronrede durchaus festhalten, wie das auch aus der Erklärung des Herrn Vizepräfidenten des Staats- ministeriums hervorgeht. Die Abweihung von der Erklärung der Thronrede liegt nur darin, daß wir die Vorlage niht mehr jeßt ein- gebracht haben, sondern daß wir sie erst im Herbst einbringen wollen. Hterzu sind aber die Vorgänge im Reich für uns die zwingende Ver- anlafsung gewesen. Als die Erklärung der Thronrede abgegeben wurde, als wir hier vielfah im Hause über die Aufbesserung der Beamtenbezüge gesprohen haben, war es doch — ih kann wohl fagen — communis opinio, allgemeine Ansiht, daß auch im Reiche noch in diefem Jahre mit der Gehaltsaufbefserung und mit der Bes schaffung der nötigen Deckungsmittel vorgegangen würde. Bet allen unseren Maßnahmen war die Voraussetzung ein paralleles Vorgehen im Reih. Nun frage ih: wodur ist denn dieses parallele Vorgehen im Reiche niht mözlich gemaht worden? Doch in erster Linie infolge des Wunsches des Reichstages selber! Aus den Kreisen des NReichs- tages war der dringende Wunsh ausgesprochen worden, jetzt noch nicht mit Steuervorlagen an den Reichstag zu kommen, sondern erft im Herbst mit einer umfassenden Finanzvorlage an ihn heranzutreten. Und gerade die Kreise der Linken, die Bedenken gegen uns erhoben haben, find es gewesen, die dringend gewünscht haben, die Steuerzgeseze jeßt niht mehr vereinzelt zu bringen (hört, hört! rets und im Zentrum), sondern die Finanzreform bis zum Herbst aufzu- \cieben. L Es trat dann noch ein neuer materieller Grund hinzu. Der Beschluß wegen der Ermäßigung der Zuckersteuer mahte das Defizit im Reiche bekanntlih nicht kleiner, sondern noch um 35 Millionen größer, und es stellte fih ferner heraus, daß die Summe, die man ursprünglich als Bedarf für die Aufbesserung der Beamten ange- nommen hat, nicht ausreihte, sondern noh überschritten wurde, und es ergab fih also in der Tat, daß die beiden Vorlagen, die in Rede standen, die Vorlage wegen des Rohspiritusmonopols und der Bande- rolesieuer, niht hinreihten, um den Bedarf des Reiches zu decken und die nötigen Mittel für die Aufbesserung der Beamten zu liefern. Jh glaube, darüber kann doch kein Zweifel sein, daß man im Reih die Beamtenvorlage nicht bringen konnte, ehe die ent- sprehenden DeEungsmittel beschafft waren. (Sehr rihtig! rechts.) Man konnte doch die Aufwendungen für die Beamtenaufbesserung als [laufende Aufwendungen nicht auf Anleihe nehmen und ebenso konnte man sie auch nicht auf Matrikularbeiträge verweisen; denn das hätte bedeutet, die Aufbesserung der Gehälter der Reichsbeamten nit auf Koften des Reichs, soadern auf Kosten der Einzelstaaten vorzunehmen. (Sehr richtig! rechts.) Ergab fih also aus dem vom Reichstag selbst geäußerten Wunsche nach einer Aufshiebung der Finanzvorlage die Notwendigkeit, auch die Aufbessecung der Beamten im Neich bis zum Herbst zu vertagen, so konnten wir uns in Preußen, wie wir glauben, pflichtmäßig der Ueberzeugung nicht verschließen, daß auch für uns eine folche Vertagung notwendig war.
Ih kann nur nohmals betonen, uns wäre es ja im böchften Maße erwünscht gewesen, ich möchte sagen, ein Bedürfnis des Herzens gewesen, diese nun lánge andauernden Verhandlungen wegen der Aufs- befserung der Gehälter der Beamten, Lehrer und Geistlichen zum Abschluß zu bringen, uns Kopf und Herz von diesen Arbeiten zu be- freien und, was noch wichtiger ist, bei den Beamten eine volllommene Beruhigung herbeizuführen. Aber wir mußten doch mit Recht be- ¡weifeln, ob ein solher endgültiger Abschluß, ob eine solche Be- ruhigung in den Kreisen der Beamten herbeigeführt worden wäre, wenn wir in Preußen, ganz Tosgelöft von dem Vorgehen des Reiths, vorgegangen wären. Denken Sie fich die Situation, wir hätten jegt die Vorlage in Preußen eingebraht, und im Herbst wäre erft die Vorlage im Reihe eingebrahi worden. Sie wissen, wie jeßt schon jede Kategorie von Reichsbeamten exemplifiziert auf die ent- sprehende Kategorie von preußishen Beamten und umgekehrt, wie die lebhaftesten Beshwerden von einer Kategorie von Beamten ers hoben werden, wenn eine adäquate Kategorie in Preußen oder im Reiche um 100 4 im Anfangs- oder Endgehalt oder in irgend einer Beziehung besser gestellt ist als die Kategorie, die Beshwerde führt. Ist schon eine solche Abweihung in Einzelheiten unerwünscht — ih erinnere an die steten Parallelen zwishen den Postassistenten und den Eisenbahnasfiftenten —, so, meine ich, würde es niht angängig sein, in einem Falle, wie dem vorliegenden, wo es sich darum handelt, einen umfassenden organischen Plan für die Aufbesserung der Beamten- gebälter vorzulegen, bei den engen historishen Beziehungen zwischen dem Reih und Preußen, bei der adäquaten Gestaltung der Beamten- verhältnisse, eine umfafsende Aufbesserung der Beamtengehälter in Preußen nach anderen Prinzipien vorzunehmen als im Reicke.
(Schluß in der Zweiten Beilage.)
zum Deutschen Reichsanzeiger und Königl
(S@&luß aus der Ersten Beilage.)
muß bei diesen grundlegenden Fragen doch eine möglihste Ueberein- mmung zwischen dem Reiche und Preußen obwalten. Hätten wir o die Vorlage jett einseitig in Preußen eingebraht, so hätten wir it der Möglichkeit, ja ih gehe weiter, vielleicht mit der Wahrschein- keit rechnen müssen, daß später, im Laufe des Herbsies eine andere gélung im Reiche in finanzieller Beziekung eingetreten wäre. Was äre die Folge gewesen? Eine tiefgreifende Unzufriedenheit den preußis@en Beamten, wenn ihre Verhältnisse anders, minder inftig geregelt worden wären als im Reiche, und, nenn wir diese nzufriedenheit au8räumen wollten, die Notwendigkeit, im nächsten ahre hinterher mit einer neuen Vorlage an das Haus heranzutreten. H denke, das wäre dcch der denkbar unerwünschteste Zuftand ge- sen, jeßt eine Gehaltsregelung vorzunehmen und im nächsten Jahre nötigt zu sein, mit einer neuen Vorlage an das hohe Haus heran- treten, um Differenzen gegenüber der Ordnung im Reiche aus- 1gleihen, G Dazu kam, wie in der Erklärung des Herrn Vizepräfidenten reits angeführt ift, daß einen integrierenden Teil der ganzen Auf- ferung der Bezüze der Beamten die Regelung des Wohnungsgeld- shusses bildet. Es ist bekannt, daß im Reichstage der Wunsch äußert worden ift, diesen WohnungsgeldzusGuß auf ganz andere Srundlagen zu stellen als bisher, daß im Reichstage das Verlangen usgesprochen worden ist, diefen Wohnungegeldzushuß nah ten tat- lid gezahlten Mieten abzustufen, und daß infolgedefsen sehr mfangreihe und fkomplizierte Berechnungen über die. Höhe gezahlten Mieten stattgefunden haben. Was aus der Vor- ace s{chlie;lich wird, fleht noch niht fest, eine endgültige Entscheidung ist “der Beziehung noh niht getroffen, aber das darf nan sagen, daß es in hôhstem Maße unerwünscht sein würde, wenn va der Wohnungsgeldzushuß im Reiche anders geregelt würde als n Preußen. Bisher folgen wir in Preußen ohne weiteres der Regelung im Reiche, und ih glaube, dieser Zustand muß aufrecht er- alten werden; denn es ist doch wohl nicht denkbar, daß z. B. für die dostbeamten ein anderer Servis an einem Orte gilt als für die Fisenbahnbeamten. Also wir müssen in dieser Beziehung hinfichtlich er Geftaltung des Wohnüungsgeldzushusses der Entwicklung im Reiche olgen, wie das bisher durhaus konform in unserer Gesezgebung s{chon eregelt gewesen ist.
Endlich, was die Frage betrifft, in welhem Maße eine Echöhung der Finkünfte in Preußen notwendig ift, so ift für diese Frage nit bloß das Maß der Aufbesserung der Beamten, Geistlichen und Lehrer, sondern auch die Regelurg der ganzen Finanzverhältnisse im Reiche entscheidend. Srft wenn man diese mit einiger Sicherheit übersehen kann, wird fih
beurteilen laffen, in welchem Maße bei uns eine Aufbesserung der |
Sinkommenfsteuer und der Ergänzungssteuer stattfindet.
Also es waren niht weniger als 3 schwerwiegende Punkte, bet denen wir uns nah unserer pflihtmäßigen Ueberzeugung von dem Vor- gehen im Reiche nit trennen konnten.
Von verschiedenen der Herren ift der Einwand erhoben worden,, die Notwendigkeit, in Preußen ebenso vorzugehen wie im Reiche treffe nur zu auf die Beamten: warum habe man in Preußen niht die Vorlagen wegen der Lehrer und der Geistlihen vorab bem hohen Hause unterbreitet ? (Sehr rihtig! links.) Meine Herren, nah unserer leberzeugung wäre eine solhe Treanung dieser Vorlagen nicht an- gängig gewesen. (Unruße. Rufe: Warum?) Denken Sie das Gefühl der Beamtenschaft, wenn den Beamten, die unmittel- bare Staatsdiener find, die Vorlage ers im nähsten Herbst zuteil geworden wäre, und für die Lehrer, die doch nur mittelbare Staatsbeamte find, und für die Geistlichen, für die der Staat keine rechtlihe Verpflichtung hat, bereits jezt die Vorlagen unterbreitet worden wären. (Unruhe und Zurufe.) Und ferner können wir doch auch bei der ganzen Regelung der Lehrer- gehälter niht abstrahieren von der Regelung der Beamtengehbälter. Diese Dinge müfsen do in einer gewissen Bezugnahme zu einander flehen und, was das Entscheidende ist, sie können nur einheitlich finanziell geregelt werden. Die Absicht ist, eine besondere Vorlage zu machen, durch die der gane Finanzbedarf für Beamte, Lehrer und Geisilihe gedeckt wird; ich glaube, man kann nicht dazu übergehen, den Bedarf für eine Kategorie vorwegzunehmen und dann die anderen der Ungewißheit zu überlassen, ob neue Deckungsmittel für sie werden
beschafft werden können.
Mehrere der Herren haben dann gefragt, was daraus werden sollte, wenn im näthsten Herbste im Reiche aus der Besoldungsfrage, aus der Frage der Sanierung der Reichsfinanzen nihts würde. Meine Herren, das kalte ih für eine cura posterior (Unrube und Heiter- keit) — meine Herren, bitte, hören Sie mich aus — und, wie ih hoffe, für eine unnüge- Sorge. Denn ih kann mir niht denken, daß der Reibstag, der selber die Vorlegung eines umfassenden Planes ge- wünscht hat, sh der Erledigung eines solchen Planes entziehen sollte. Die Zustände auf finanziellem Gebiete im Reich: erfordern dohch im eigensten Interesse des Reiches und im Interesse des Ansehens des Reiches nah Außen so dringend eine Abhilfe, daß wir dcch alle wahrlich die Hoffnung hegen werder, daß im Herbfte eine Ver- stäudigung im Reiche ftattfinden wird.
Aber ih gehe weiter; ich bitte mir noch ein Wort zu geftatten, J bin allerdings der Ansicht, daß die Erledigung der Aufbesserung der Gehälter der preußishen Beamten, Lehrer und Greiftlichen niht gewissermaßen ad aecterna saeccula vom Reiche abhängig gemaht werden kann. (Lebhaftes Sehr rihtig!)) Und wenn in der Tat, was ih nicht hoffe und für au8geshlofsen erahte, es niht gelingen sollte, im Laufe dieses Gtatsjahres im Reihe zu einer Verständigung zu gelangen, dann würde uns allerdings nickchts übrig bleiben, als sür Preußen gesondert vorzugehen. (Bravo! rechts. Unruhe im Zentrum und links.)
Meine Herren, darf ih tann noch auf einen weiteren Punkt ein- gehen, der sich mehr mit Ginzelheiten befaßt. Es ift von verschiedenen
j 4
12. März
Berlin, Donnerstag,
Herren eine nähere Auskunft gewünsht worden, wie wir uns die rück- wirkende Kraft der Einzelbestimmungen denken. Ih habe {on er- wähnt, daß die Staatsregierung die Absicht hat, die materielle Zusage der Thronrede voll und in allen Teilen aufrecht zu erhalten, daß den Beamten die ihnen zugedahten Wohltaten auch vom 1. April d. J. an zuteil werden sollen, daß die Gesetz-svorlagen also rückwirkende Kraft erhalten follen. Ebenso — das mêchte ih Herrn Abg. Gyßling gegenüber bemerken — sollen die Pensions- und Reliktenverhältnisse fo geregelt werden, als ob die Vorlage am 1. April iv Kraft getreten wäre, daß also auch die Beamtèzn, die nah dem 1. April, aber vor dem Inkrafttreten der Neuordnung“ in Penfion treten, und ebenso die Relikten von Beamten, die in diesem Jahre sterben, so behandelt werden, als wäre - das Geseß am 1. April 1968 in Kraft getreten, daß also den Beamten irgend ein Nahteil aus dieser Ordnung niht erwächst. Und ebenso darf ih dem Herrn Aba. Schiffer gegenüber bemerken,
daß die rückwirkende Kraft naturgemäß auch für die Geisilihen und für die Lehrer vorgesehen ift, daß ihnen also die Beträge vom 1. April 1928 nathzuzahlen sein würden.
Wir haben uns ferner entschlofsen, um die Beamten nicht un- günstiger zu stellen als im Jahre 1907, ihnen alsbald einmalige Zu- lagen zu geber, und zwar in etwas erweitertem Umfange gegenüber dem Vorgehen im leßten Jahre. Wir haben die Absicht, den Unter- beamten wiederum 100 M zu geben und allen mittleren Beamten bis zu 4200 G Gehalt, wie man im Reich im Jahre 1907 verfahren hat, eine Zulage von 150 #4, sodaß die mittleren Veamten bis zu diesem Gehaltssay von 4200 4 sofort in den Genuß dieses Be- trages treten.
Eine gleihe Summe soll auch den minderbesoldeten Lehrern nnd Lehrerinnen zugewendet werden; eine entspreWende Vorlage wird dem Hause zugehen. *
‘Wir gehen also in dieser Beziehung weiter als im Jahre 1907, wo wir bekanntlich nur einen Fonds von 5 Millionen für die mittleren Beamten eingestellt baben, weil es an Deckungs- mitteln gebrah. In diesem Jahre if die Situation verändert, weil die Mittel bekannilih im Etat stehen und im Interesse der Beamten wollen wir Ihnen vorschlagen, so zu prozedieren, wie 1907 im Reich, also also mittleren Beamten bis zum Gehaltssaß von 4200 Æ Zulagen von 150 4 zu gewähren und ebenso den minder- besoldeten Lehrern. ; 6
Meine Herren, ih darf mich kurz rekapitulieren. Alle Vertreter der Königlihen Staatsregierung hätten auf das innigste gewünscht, die Vorlagen jeßt {hon zur Verabschiedung bringen zu können; aber wir mußten vor allem verhüten, daß diese Vorlagen wiederum zu keinem definitiv befriedigenden Zustande führten, und deswegen mußte unsererseits darauf Rüccksiht*genommen werden, in gleiher Weise vor- zugehen wie das Reich, pari passu und nah gleihen Grundsäßen*zu verfahren, wie das Reich es tut.
Ich darf ferner hervorheben, meine Herren, daß durch diesen Auf- {ub um wenige Monate, wie ih glauben möchte, der sahlihen Be- handlung der Angelegenheit doch kein Nachteil erwächst. Diese Vorlagen wegen Aufbesserung der Beamtergehälter, der Gehälter der Lehrer und der Gehälter der Geisilichen beider Konfessionen, wegen Beschaffung der nötigen Deckungsmittel sind so umfangreih, daß es in der Tat doch fraglich ist, ob wir jeßt noch die genügende Muße gefunden haben würden, diese Vorlagen in ausreihender Weise iu beraten. (Lebhafte Zurufe: O ja!) Meine Herren, ich darf da hinzufügen, daß nah der Erklärung im Reich die Vorlage des Reiches erst in wenigen Wochen fertig ist, daß die Vorlage dann an den Bundesrat geht und jeden- falls doch dieses Moment hätte abgewartet werden müssen, ehe wir die Vorlagen gebraht hätten, Tritt das hohe Haus im Oktober zu einer besonderen Beratung zusammen, so hat es vollkommen Zeit und Muße, diese wihtige Vorlage zur Verabschiedung zu bringen. Meine Herren, wie es in den lezten Jahren gelungen ift, in gemeinsamer Arbeit wichtige gesetzgeberishe Arbeiten zu verabshieden, so hoffen wir, daß wir in vertrauensvollem Zusammenarbeiten zwischen dem hohen Hause und der Staatsregierung auch diese Vorlagen im Herbst verabshieden werden zum Wohle unserer Beamten und zum Wohle des Vaterlandes. (Bravo! rechts.)
Abg. Mertin (frkons.): Es is wohl das erste Mal, daß wir hier eine Leichenrede halten müssen; denn was noh gelagt werden kann, ift nur eine Leichenrede, denn in dieser Sesfion kommt die Vorlage niht mehr, wir stehen an ihrem Grabe. Wir können den Gründen der Regierung niht folgen, diese Gründe laufen lediglih darauf binaus: das Reich, ja das Reih! Der Minister hat mit großer Energie einen Entwurf für Preußen fertiggestellt, der 240 Seiten umfaßt. Wir können uns auch über die Grundsäße für die Lehrer- besoldung einigen, und damit hat das Reih gar nih!s zu tun. Wir würden bereit sein, im ganzen Hause, hier zu sigen, sozusagen bis zur Grshlaffung, um die Vorlage noch in dieser Session fertig zu bringen. ir sind au bereit, das Geld zu beschaffen ; wir siad alfo hier viel weiter als das Reih. Gewiß müssen Reich und Preußen konform gehen, aber es wäre nit nötig gewesen, daß das auch zu gleicher Zeit geshieht. Warum soll niht nach dem Grundsaß verfahren werden: „Preußen in Deutschland voran!“ Wir in Preußen haben alles dazu getan, das Reich ist aber noch niht so weit. Haben wir etwa weniger Fähigkeit zur Geseßgebung als der Reichstag, daß wir auf ihn warten müßten? Das if ein taktisher Fehler der Regierung. Wenn die Sache auh niht ad calendas Graecas dadur vershoben wird, so wird sie doch durch das Reich auf die lange Bank geshoben Daß wir die Sache hier niht sollten machen können, ist ein Mißtrauen gegen unsere Fähigkeit. Die Regierung" agt, die Beamten sollen keinen Schaden erleiden, sie sollen nahh-
ablt bekommen, und sie sollen Teuerungszulagen bekommen. Aber wie ist es mit den Lehrern und Geistlihen? Gin Geistlicher schreibt mir, daß zunächst eine Erhöhung der Kirchensteuer notwendig sein würde. Die Lehrer und Geistlihen würden also zur Zeit shlechter gee stellt als die Beamten, es würde also nicht aller Schaden beseitigt werden. Dazu kommt die moralishe Wirkung der Verzögerung. Auch die Teuerungszulage - kann über die Situation nicht hinweg- helfen. Die Notlage der Beamten is an der äußersten Grenze angelangt, und fie ift vielfah \{chlimmer als die der Arbeiter. Die Sorge für die Kinder wird
aushalt der unteren Beamten und vieler mittleren Beamten —— zurüdckbleiben, denn die Frauen müssen Heimarbeit über-
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Preußis hen Staalsanzeiger.
zur Last, der
1908,
nehmen zur Bestreitung dés Lebensunterhalts. Herr Kirsch sagt, wenn in 8 Tagen Reichstagswahlen wären, würde die Regierung die Quittung bekommen für ihr Verhalten; das kann nur bedeuten, daß viele Beamte sozialdemokratisch wählen würden. Unsere Beamten find aber königstreu und loyal, denen traue ih das nicht zu.
N E Dr. Hahn (B. d. L.): Fürst Bismarck hat einmal gesagt, er denke sih als die beste Volksvertretung die, welhe aus den einzelnen Ständen zusammengeseßt sei. - Als erster Stand organisierte® * sich die Arkeitershaft, ihr folgten die Landwirte, darauf die de lung8gehülfen usw. — das Großkapital hätte ich beinahe vergeffen, au das Großkapital hat sch zur Vertretung seiner Interessen organifiert, ebenjo der Großhandel, die Schiffahrt, um Einfluß auf die Geseßgebung zu gewinnen. Wir wissen, welchen Einfluß z. B. das Großkapital auf die Prefse hat, nament- lich auf die linke Presse. So ist es auch ein gutes Recht der Beamten, ihre Interessen zu vertreten. Die kleinen Beamten sind in viel {hwierigerer Lage als die Arbeiter, sie müssen bessere Kleidung haben, fie müssen ihre ftaatlihe Stellung repräsentieren. Die Arbeiter stehen besser da als die kleinen Beamten sie nähren sich besser, man sieht das in den Lokalen und bei Ausflügen. Die Beamten können ihre Interefsen nit fo wahr- nehmen, wie die Arbeiter durch ihre Organisationen. Mir wurde einmal aus Beamtenkreisen- das Verlangen nach dem freien Koalitionsrecht für die Beamten unterbreitet, ih habe das natürlih abgelehnt; die Beamten haben eine treue, loyale Haltung auch in der letzten geit eingenommen. Da müffen wir also d:n Beamten helfen. aß die Preisbildung der Lebens- mittel nicht durch die Wirtschaftspolitik hervorgerufen ist, hat die Linke ohne Widerspru hingenommen. (Abg. Goldschmidt: Ih bin kein Demagoge!) Ich bitie doch den Herrn Präsidenten, mi gegen die Bezeihnung, daß ich ein Demagoge fei, zu shüyen. (Abg, Goldschmidt: Habe ih ja gar nit gesagt ! Vizepräsident
r. Por ch verwakrt si dagegen, daß ihn der Redner auf seine Se erpl ien aufmerksam mae.) Dann habe ich Herrn
oldshmidt falsch verstanden. Der Bund der Landwirte hat es seinerzeit dankbar anerkannt, daß große Körperschaften der Beamten die allgemeine Heze gegen den Bund nit mitgemaht haben. Wir „, werden daher zeigen, daß wir auch volles Verständnis gegen die
Beamten haben, meinen aber, daß die Lasten niht wie bei der sozialpolitishen Gesetzgebung im Reich bauptsählich auf den ge- werblihen Mittelstand abgewäl;t werden, sondern daß das Groß- kapital dur Erhöhung der Dividendenfteuer usw. kräftiger dazu herangezogen werden muß. Wenn die Reichsfinanzreform und damit die Erhöhung der Beamtengehälter noch nicht weiter gekommen find, so sind meine Freunde niht \{chuld daran, wohl aber die Parteien, welde die bewährten Grundsäße der Bismarck - Migquelshen Finanz- politik niht weiter ausbauen wollen. - Sie, meine Herren (nah links), sind {huld daran. Ih habe mich gewundert, aus welcher Kenntnis der Abg. Freiherr von Zedliy behaupten konnte, daß die Beamten kein Vertrauen mehr zur Pegierung haben; ih hoffe, daß die Beamten wissen, es liege hier kein Uebelwollen vor. Wie gern würde Fürst Bülow den Beamten schon jeyt die Grhöhun zugestehen, wären die politishen Verhölstnisse nicht so s{wierig! I habe zwar nicht den Vorzug gehabt, mit dem Reichskanzler darüber zu sprechen, aber ih glaube es. Und wenn nah dem Wunsche des Herrn Kirsh der Reichstag aufgelöst würde, damit das Volk sofort seine Stellungnahme kund tun könne, so würden wir ruhig vor unsere Wähler treten und sagen: es liegt daran, weil kein Geld da ist. Solange Preußen an den bewährten Traditionen der ersten drei Jahrzehnte des Reiches festhält, sehe ich vertrauensvoll in die Zukunft. Ich hoffe au, daß die Beamten wissen werden, wo ihre wahren Freunde hier im Hause zu finden find.
Abg. Dr. Friedberg (nl.): Der Herr Finanzminister hat n einmal darauf Yingemieiet. daß diese Frage in Fs und im Rei gleichzeitig und gleihmäßig behandelt werden muß. In bezug au den traditionellen Zusammenhang zwishen dem Reiche und Preußen wird ibm jeder zustimmen, aber von einer vollkommenen Durhführung eines solhen Gedankens fann keine Rede sein. Wir können do nicht gewissermaßen eine Einigungskommission zwischen Reichstag und Landtag zustande bringen. Ih bleibe dabei, daß mindestens für Geistlihe und Lehrer eine selbständige Vorlage iegt gemaht werden müßte. Wie denkt fich fonst der Minister die rückwirkende Kraft für diefe? Die zugesagte Teuerung®zulage foll auf Grundlage derselben Vorlage des vorigen Jahres aufgebaut werden; danach würden also alle mittleren Beamten, deren Gehalt 4200 M übersteigt, ausfallen. — Herr Dr. Habn hat uns die große Offenbarung gemacht, daß die Schwierigkeiten der Lage in der Verzögerung der MReichsfinanzreform zu suchen seien. Er war der erste, der daraus in der Weise Kapital ges{chlagen hat, daß er die Shuld daran gewissen Parteien zur Laft legte. Uns liegt sol&e Agitationsweise vollklommen fern. Wenn Herr Dr. Hahn weiter meint, der Reichskanzler würde den Beamten gern die Auf- besserung hon jeßt zu teil werden lafsen, so soll uns das niht von den Meinungen abbringen, die wir für die rihtigen halten.
Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:
Meine Herren! Nur wenige Worte auf die Anfragen des Herrn Dr. Friedberg. Ec hat gemeint, es wäre ein kleinliher Gefichtspunkt, wenn ih gesagt habe, man könne die Aufbesserung der Gehälter der Lehrer und Geistlichen vor der der Staatsbeamten niht vorweg- nehmen. Ich glaube, die Beamten würden fich auf einen anderen Standpunkt stellen; sie würden es mit Recht bitter empfinden, wenn fie etwa erst nach den Lehrern und Geistlichen aufgebefsert werden sollten. Das ift aber nur einer der wenigen Gründe gewesen; vor allem war es die Notwendigkeit, den Finanzbedarf einheitlich zu regeln, die. ih gegen die Vorwegnahme angeführt habe.
Dann hat Herr Dr. Friedberg die Bezugnahme auf den Vorgang des Neiches im vorigen Jahre bemängelt. Dort find alle mittleren Beamten bis 4200 A mit solchen Zulagen bedaht worden. Ich glaube, wir löônnen uns doch nur dem Vorgange des Reihs an- schließen, und ih bemerke dabei, daß mit der Grenze von 4200 fast alle großen Kategorien der mittleren Beamten getroffen werden, beispielsweise die ganze Sekretärklasse, und daß nur ganz wenige mittlere Beamtenklasscn vorhanden sind, die üker den Saß von 4200 M hinausgehen.
Endlich hat Herr Dr. Friedberg Auskunft darüber gewünscht, wie es mit der RüSckwirkung hinfihtlich der Geistlihen und Lehrer zu halten ift. Ih glaube, die Sache wird dahin zu regeln sein, daß den neuen Gehaltssägen für die Geistlihen und Lehrer durch Gesetz die rückwirkende Kraft vom 1. April 1908 ab beigelegt wird, und wir den Staatszuschuß ebenfalls rückwirkend vom 1. April 1908 ab zahlen. Jh glaube, daß wir über Schwierigkeiten, die sich etwa aus dem Verhältnis zu den Gemeinden ergeben könnten, do hinwegkommen
werden. (Na, na! links.)