1908 / 78 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 31 Mar 1908 18:00:01 GMT) scan diff

Ernannt sind:

unter Beilegung des Titels Bergmeister zum Bergrevier- beamten für das Bergrevier Nord-Bohum der Berginspektor Dobbelstein vom Bergrevier Nord-Hannover, für das Berg- revier Zeiß der Berginspektor Erdmann vom Bergrevier Eisleben und für das Bergrevier Königshütte der Berg- inspektor Bellinger von dem Steinkohlenbergwerk Gerhard bei Saarbrüen,

zum Bergwerksdirektor des Steinkohlenbergwerks Fürsten- Ie bei Saarbrücken der Berginspektor Bracht von dem

teinkohlenbergwerk Kronprinz bei Saarbrüdcken, i

zu Berginjpektoren die Bergassesoren Bellmann (Wi l- helm) bei dem Steinkohlenbergwerk Ver. Gladbeck, Wigand im Bergrevier TEEELNeE, Weihe im Bergrevier Süd- Bochum, Frengzel bei dem Steinkohlenbergwerk Bergmanns- glüd und Gründler bei der Friedrihsgrube D.-S.

Verseßt sind: der Bergrevierbeamte Bergrat Menzel von Diez nach Cöln für das Bergrevier Cöln-Ost und der Berginspektor Grevel von dem Steinkohlenbergwerk Ver. Gladbeck nah Recklinghausen für das Bergrevier West-Recklinghausen.

Minisierium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten.

ü Se Kreistierarzt Kissuth in Tuchel ist nah Jüterbog verseßt. Dem wissenschaftlichen Hilfsarbeiter im Kaiserlichen Gesund- heitsamt, Tierarzt Dr. Hans Bohßtz in Berlin ift die kommissa- nee Verwaltung der Kreistierarztstelle in Tuchel übertragen worden.

Minisierium der geistlihen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten.

Der ordentlihe Professor Dr. Hans Schreuer zu Münster i. W. is in gleicher Eigenschaft in die iuristishe Fakultät der Universität zu Bonn verseßt worden.

Der bisherige Oberlehrer an der - städtischen a Mädchenshule in Pr. Stargard Paul G E S zum Kreisschulinspektor in Samotschin, Regierungsbezirk Bromberg, ernannt worden.

Dem Lektor für landwirtschaftlihe Handelskunde an der Universität zu Breslau, Syndikus der Handelskammer daselbst, Dr. Conrad Riesenfeld ist das Prädikat Professor bei- gelegt worden.

Am Lehrerseminar zu Rosenberg O.-S. is der kom- missarishe Seminarlehrer, Kaplan Fafflok als ordentlicher Seminarlehrer angestellt worden.

Der mit der städtischen höheren Mädchenschule in Jnster- burg verbundenen Lehrerinnenbildungsanstalt ist auf Grund des § 3 der Prüfungsordnung vom 24. April 1874 die jederzeit widerruflihe Berechtigung zur Abhaltung von Entlassungsprüfungen verliehen worden.

E é .-

Evangelischer Oberkirchenrat.

um Pfarrer der deutschen evangelishen Gemeinde zu Ancud auf der Jnsel Chiloè (Chile) is der Hilfsprediger Artur Gollin aus Adlershof bei Berlin berufen worden.

Personalveränderungen.

Königlich Preußische Armee. Beamte der Militärjustizverwaltung.

Durch Verfügung des Kriegsministeriums. 18. März V ogeler, Krieg?gerichtsrat von der 10. Div., zum 1. Juni 1908 zur 7. Div. verseßt.

Beamte der Militärverwaltung.

Dur Allerb¿chste Abschiede. 12. März. Brook, Ge- beimer Baurat, Intend. und Baurat von der Intend. des VIL[. Armee- Torps, auf seinen Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt.

Den Oberzablmeistern: Krause vom 3. Niedershles. Inf. Regt. Nr. 50, Freimuth vom Leibdrag. Regt. (2. Großherzogl. Hess.) Nr. 24, bei ibrem Ausscheiden ars dem Dienst mit Pension der Charafter als Rehnungsrat verliehen.

Durch Verfügung des Krieg8ministeriums. 11. März. Dr. Krause, Oberlehrer am Realgymnasium mit Realschule i. E. zu Gera, unter Ueberweisung an das Kadettenhaus Oranienstein, zum Oberlehrer des Kadettenkorps vom 1. Juli 1908 ab ernannt. Peter, Militärbausekretär auf Probe beim Bauamt I in Straßburg i. E., endgültig angestellt.

14. März. Scchmits, Unterzabhlmstr., zum Zablmstr. beim VII. Armeekorvs ernannt. Lüpfke, Zahlmstr. vom Il1. Bat. Inf. Regts. von Wittih (3. Karbe.) Nr. 83, zum 1V. Armeekorps, Reinhardt, Zahlmftr. vom II1. Bat. 1. Lothring. Inf. Regts. Nr. 130, jum X[. Armeckorp8, ¡um 1. Mai 1908 versetzt.

15. März. Starratsheck, Intend. Diätar von der Juntend. E E: Div. zu der Jatend. des XV. Armeekorps zum 1. April 1908 verseßt. :

17. März. Koschorek, Langner, Proviantamittkontrolleure auf Probe in Gumbinnen bzw. Lüben, zu Proviantamtskontreolleuren ernannt. Lehnow, Intend. und Baurat von der Intend. des XVI. Arme-korps, zur Intend. des VII. Armeekorps zum 1. Juli 1908, Reichenbach, Proviantamtsassift. ia Graudenz, nah Saar- brüden, verseßt.

18. März. Quiel, Profeffor, Oberlehrer am Kadettenhause in Potsdam, zum 1. April 1208 an das Kadettenhbaus in Plöôn verseßt.

19. März. Neugebauer, Oberzzhlmftr. vom Füs. Bat. Königin Augusta Gardearen. Regts. Nr. 4, auf seinea Antrag mit Penfion in den Ruhestand versetzt. ,

Königlich Sächfische Armee.

Offiziere, Fähnricle usw. 21. März. Conrad, Hauptm. bei der Könial. preuß. Versuchsabteil. der Veikehrstruppen, zum überzähl. Major, vorläufig ohne Patent, befördert.

23. Märi. Benthien, Hauptm, Zollenkopf, Lt., bis 31. März d. I. in der Kaiserlichen Schußtruppe für Südwestafrika, mit dem 1. April d. I. in der Armee wiederangeftellt, und zwar: Benthiea als Hauptm. mit einem Patent vom 23. September 1905 J! im 8. Feldart. Regt. Nr. 78, Zollenkopf im 4, A Reat. Nr. 12.

24. März. v. Brindcken, Lt. der Res. des 1. Hus. Regts. König Albert Nr. 18, von dem Kommando zur Dienstieistung bei diesem Regt. enthoben.

eutshes Reich. reu en, Berlin, 31. März. - Der Bundesrat versammelte sich heute zu einer Plenar- ung. s S

Gesandte in München von Schlözer

j bewilligten Urlaub angetreten. | werden die Geschäfte der Gesandt- 0! von Beneckendorff und von

Der Arivassisient Dr. Eduard Reibstein ist von Düsseldorf ia, das Staatsarchiv in Osnabrück verseßt worden.

Laut Meldung des „W. T. B.“ sind S. M.S. „Arkona“ und die Torpedobooie „S 90“ und „Taku“ vorgejtern in Nagasaki eingetroffen und an demselben Tage nah Kobe in See gegangen..

S. M. S. „Bremen“ if am 28. März in Kingston (Jamoicts eingetroffen und gestern nah Port au Prince zurück- gekehrt.

S. M. S. „Bussard“ is am 27. März in Zanzibar eingetroffen und geht am 3. April nah Daressalam in See.

S. M. S. „Loreley“ ift am 27. März in Haifa ein- getroffen. #

S. M. S. „Luchs“ is am 27. März in Schanghai eingetroffen.

S. M. S. L t ist gestern in Hongkong ein- geirenes und geht am 8. April von dort nach Canton in See.

S. M. Flußkanonenboot „Vorwärts“ is gestern von Hankau nah Tschenglin (Yangise) abgegangen.

j Hamburg. Gestern vormittag hat in der Sankt Johanneskirche in

Paroelcte die ¡[Trauerfeier für den verstorbenen ürgermeister|/Dr. Möndckeberg stattgefunden, an der, W. T. B.“ v e, außer den Mitgliedern des Senats und

Sürgeriha reter Seiner Majestät des Kaisers,

t Königs von Sachsen, Seiner Königlichen

Heinrih von Preußen und des Staats-

Smarineamis, er die Mitglieder des

Konsularkorps, Rächsbeamte und ziere teilnahmen. Nach Beendigung der wurde die Leiche nah dem Ohlsdorfer ofe Pèa! wo sie nah einer lithurgishen Andacht

7 esenkt wurde.

Oesterreich-Ungarn.

Der Dea SLR, des österreihischen Ab- R LEE egte in seiner gestrigen Sißung die

eratung des Justizbudgets fort.

Nad dem Bericht des ,W. T. B.“ protestierte der Abg. Mastalka gegen den Vorwurf, daß die ts{hechishen Abgeordneten durh neue Streitfragen den Frieden in der Justipflege zu stören be- absihtigen. Die Regierung sei verpflichtet, der systematis betriebenen Nechtsverweigerung durch deuts%e Richter ein Ende zu bereiten. Das ts{ehische Volk werde mit allen Mitteln für die Gleihberechtigung seiner Sprache kämpfen. Der Abg. Klofac verwies auf die unter den Tichehen herrschende Erregung und forderte den Justizminifter auf, von seinem Aufsihtsre#t Sebrauh zu maten und den Richtern zu Nen, gemäß dem Sinne des Geseßzes ts{echishe Eingaben anzu- nehmen.

Nachdem der Abg. Romanczuk an der Justizverwaltung in Galizien Kritik geübt hatte, wurde die Weiterberatung auf heute vertagt.

Großbritannien und JFrland.

Im Oberhause gab der Unterstaatssekretär Lord Fiß- maurice in der gestrigen Sißung in Beantwortung mehrerer Anfragen Lord Lamingtons, „W. T. B.“ zufolge, nachstehende Erklärung ab:

Nach der Meinung der Regierung feien die britishen Interessen in dem Lande zwishen Bagdad und der persi‘ hen Grenze vollkommen geshüßt. Seit der Erörterung des englisch-russishen Uebereinkommens fei nichts vorgefalea, was eine Ergänzung feiner damaligen Aus- führungen notwendig machen würde. Die einzige Veränderung habe in der größeren Tätigkeit bestanden, welche die rusfischen und englishen Diplomaten entfaltet hätten, um einerseits auf die türkische Regierung einen Druck dabin auszuüben, daß sie das unalückliche Vor- gehen der türkishen Truppen an der versishen Grenze eindämme, andererseits um die persishe Regierung zu veranlassen, sich n‘cht in noch höh:rem Maße verlegt zu füblen, als durch dieses rüdcksihtslose Vorgehen der türkischen Behörden gerechtfertigt sei. fügte hinzu, das Parlament habe volle Kenntnis der ganzen Verein- barungen, die zwischzn England und Rußland getroffen worden seien.

Im Unterhause interpellierte gestern der Abg. Rees (liberal) die Regierung, ob die deutshe Regierung von der Tatsache unterrihtet worden wäre, daß der russische Minister des Aeußern eine shriftlihe Erklärung des Jnhalts abgegeben habe, daß das englisch-russishe Abkommen die britishen Rehte im Persishen Golf niht berühre. Der a reNE Runciman erwiderte, laut Bericht des R E. O

Der Text der Depesche des Staatssekretärs Grey an den britischen Boishafter in St. Petersburg vom 29. August, in der von dieser Erklärung des russishen Ministers Akt genommen worden wäre, sei der deutschen Regierung zugleih mit dem T-xt des Abkommens mit- geteilt worden.

Der Schaßzsekretär Asquith kündigte sodann an, daß das PALIA vom 15. bis zum 27. April Osterferien haben WUrDe.

Im weiteren Verlaufe der Sißung brachte der Abg. Red- mond ein Resolution ein, die das gegenwärtige System der Verwaltung Jrlands verurteilt und die Bebaziofitia auf- stellt, daß die Lösung des Problems nur erreiht werden fönne, wenn dem irischen Volke in allen rein irishen Angelegenheiten die legislative urd erekutive Gewalt gegeben würde.

Redmond erklärte, in keiner Periode der Home-Rul-bewegung sei Irland \{chlechter Res vnd unzufriedener gewesen als in der gegen- wärtigen, und ents{lofszner, von seinem Streben nah Home-Rale nichk

Fißzmaurice

abzulafsen, bis zu deren Erlangung. Er bringe die Resolution ein, um die Regiecung und das Haus in die Lage zu versetzen, ihre Veberzeugungen fo darzulegen, daß die Home-Rulefrage bei ten nächsten allgemeinen Wahlen niht ausges{lofsen würde.

Der Abg. Per c y (Kons.) brahte im Namen der ofition einen Abänderungsantrag ein, der darlegt, daß ihre Gegner- haft gegen die Schaffung eines irishen Parlaments mit ver- antwortlicher Exekutive unabänderlich sei.

Percy sagte, Redmond habe gezeigt, daß Home- NRule eine noch [lebende Fre sel. Aber es sei eine verlorene Sache, da im britischen Volke die Begeisterung für einen ideellen engeren Zusammenschluß des Reiches im Wachsen sei.

Den Anträgen folgte cine lebhafte Debatte.

Der Schatzsekretär Asquith erklärte, er könne der von Redmond eingebrahten Resolution in threr gegenwärtigen Form nicht zustimmen, und {lug einen Zusay vor, nah dem die höchste Gewalt in irischen Angelegenheiten beim sparlament liegen solle. Er könne keiner Resolution zustimmen, in der es heiße, daß cs die Pfl cht des gegenwäctigen Parlaments fei, ein legislatives oder erefutives System für Irland zu s{haffen, da dies cin großer Vertrauensbruch gezen die Wählershaft sein würde. Das aper der nächsten Zukunft werde sein, ein freies Reichsparlament ür Reich8angelegenheiten zu shaffen und in rein lokalen Angelegen- mite fich auf die lokale Meinung und Verwalturg8maschinerie zu verlassen.

Schließlich wurde der von Percy eingebrahte Ab- änderungS8antrag mit 334 gegen 142 Stimmen gsi nt und die Resolution Redmond mit dem Zusagzantrag Asquith mit 313 gegen 157 Stimmen angenommen.

Frankreich.

Die Deputiertenkammer erörterte geftern die Amnestievorlage und genehmigte, nah dem Bericht des „W. T. B.“, mit großer Mehrheit den Artikel 1, der die mit der Weinbaukrise im Süden zusammenhängenden Vergehen mit Ausnahme der Weinfälshung amnestiert. Zu Artikel 2, der Preßvergehen, Streikvergehen und Vergehen gegen die wöchent- lihe Arbeitsruhe amnestieren will, erklärte der Ministerpräsident Clemenceau unter starkem Beifall:

Widerspenstige Beamte und Antimilitaristen sollen die Amnestie mer genießen, da dann die antipatriotishe Bewegung nicht aufhören wurde.

Ein Amendement Sembat, das die Antimilitaristen am- nestieren will, wurde mit 460 gegen 73 Stimmen abgelehnt, ein Amendement, das Verleumdungsvergehen allgemein von der Amnestie ausnehmen will, mit 343 gegen 235 Stimmen angenommen. Die Beratung wird heute Frigelelt.

Jtalien.

Die Jacht „Hohenzollern“ mit dem Deutschen Kaiserpaar, dem Prinzen BULSs Wilhelm und der Prinzessin Viktoria Luise an Bord ist, „W. T. B.“ zufolge, gestecn unter dem Donner der Geschüße der italienishen Kriegs|\chiffe und leb- haften Kundgebungen der Bevölkerung von Venedig in See ge- gangen. Der „Hohenzollern“ folgten der deuithe Kreuzer «Nrn. und die italienischen Torpedobootszerstörer „Ostro“, „Dardo“, „Freccia“ und „Strale“, die das Ehrengeleite geben, während das Begleitschiff für die italienishen Gewässer, der Panzerkreuzer „Francesco Ferruccio“, die Spitze bildete.

Der „Agenzia Stefani“ zufolge hat der russishe Bot- [dalier in Rom dem Minister des Aeußern Tittoni g ein Memorandum der russishen Regierung, 1d die mazedonischen Reformen, ell übermittelt. Tittoni erwiderte, die italienishe Regierung nehme alle in der russischen Note enthaltenen Vorschläge an und werde fie unterstüßen. -

Der Minister des Aeußern Tittoni hat nah der „Agenzia Stefani“ gestern eine Meldung des Gouverneurs des italienishen Somalilandes erhalten, der zufolge der Hauptmann Vitali mit 512 Askaris und mit Unterstüßung der Schiffe „Volta“ und „Staffetta“ am 15. März Danane ohne Widerstand beseßt hat. Der Ort wurde sofort sehr stark befestigt.

Portugal. e Der Tee Manuel hat gestern, „W. T. B.“ zufolge, die Staatsbehörden empfangen, die ihm die Versicherung ihrer monarchischen Gesinnung und Treue gaben.

Niederlande.

Die Erste Kammer hat das Protokoll, betreffend die Hutim mung Rußlands zur Brüsseler Zucker-

onvention, genehmigt.

Wie das „W. T. B.“ meldet, erneuerte der Finanzminifter fein Versprechen, daß die Regierung einen Zushlag8zoll auf russischen Zucker erheben werde, sobald dieser beginnen werde, den ntederländishen Markt zu überschwemmen. aber diese Möglihkeit für sehr unwahrscheinlich halte.

Türkei.

Die türkishe Kommission für das Studium der Sandschak- bahn ist, einer Meldung des „K. K. Telegraphen-Korrespondenz- bureaus“ zufolge, jeßt ernannt worden. Sie besteht aus vier militärishen und zwei Zivilmitgliedern. Die Arbeiten werden im nächsten Monat beginnen.

Afrika.

Die Mahalla des Sultans Abdul Asis, von der man Fa hatte, daß fie nur ein Phantom sei, ift, nah einer Meldung des „W. T. B.“, tatsählih errihtet worden. Abdul Asis hat um sich mehr als 6000 Mann geschart, die bereit sind, abzumarschieren, sobald die Rekruten genügend ausgebildet find. : | /

Aus Casablanca wird obiger Quelle zufolge berihtet, daß der französishe Gesandte dem Vertreter Mulay Hafids, dem E französishen Marineoffizier Saffi er, erklärt habe, mit ulay Hafid feinerlei Verhandlungen wegen der Pazifizierung des Schaujagebiets pflegen zu wollen. Mulay Hafid müsse sich dem Sultan Abdul Asis unterwerfen.

Parlamentarische Nachrichten.

; Die E über Ae gefrigen E e Gie ags und des Herrenhauses befinden in en, Aweiten und Dres Beilage.

Jn der heutigen 136. Sißung des Reichstags, welcher der Staatssekretär des Jnnern Dr. von Bethmann Hollweg, der Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke und der Staatssekretär des Reihsshaßamts Sydow bei-

wohnten, wurde zunächst der Bericht der Reihs\shulden=*

Der Minister erklärte, daß die Regierung .

kommission vom 10. März 1908 ohne Debatte der Rech- nungskommission überwiesen.

Es folgte die erste Beratung des Gesezentwurfs, be- treffend die Beschäftigung von Hilfsmitgliedern im Kaiserlihen Patentamt. Nah der Vorlage können im

alle des Bedürfnisses vom Reichskanzler Personen, welche die ähigung zum Richteramt oder zum höheren Verwaltungs- dienst besißen oder in einem Zweige der Technik sahver-

-: ständig sind, mit den Verrichtungen eines Mitglieds des

Patentamtes beauftragt werden. Der Auftrag kann für eine bestimmte Zeit oder für die Dauer des Bedürfnisses erteilt werden und ist vor Ablauf der Zeit oder der Erledigung des Bedürfnisses nicht widerruflih. Jm übrigen sollen die für Mitglieder geltenden Vorschriften des Patentgeseßzes auch auf die Hilfsmitglieder Anwendung finden.

Abg. Dr. Jun ck (nl.) billigt die Tendenz der Vorlage, wenn man natürlich auch keine Neigung habe, eine folhe Ginrihtung anders als vorübergehend zuzulaffen, und wenn auch die zeitliche Begrenzung des Auftrages niht gayz unbedenklich sei. Die Tätigkeit des Patertamtes sei vorwiegend eine rihterlihe und keine Verwaltungs- tâtigkeit. Um dem Entwurf auch äußerlih den Charakter eines Not- geseßes zu geben, werde von seiner Partei zur zweiten Lesung be- antragt werden, die Geltung des Gesetzes nur bis zum 31. März 1911 zu eden. Damit werde auch ein weiteres Kompelle zur Revifion des Patentgeseßes gegeben.

(Schluß des Blattes.)

Jn der heutigen (64.) Sißung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Finanzminister Freiherr von Rheinbaben und der Minister der geistlihen 2c. Angelegen- heiten De. L olle beiwohnten, gab zunächst der Präsident von Kröcher befannt, daß vom Minister des Jnnern folgendes, an den Präsidenten gerihtetes Schreiben vom 30. März ein- gegangen ist:

eEuer Exzellenz beehre ich mi, auf das geiarege Schreiben vom 28. cr. im Einverständnis mit dem Königlichen Staatsministerium ganz ergebenst zu erwidern, daß die Königlihe Staatsregierung wie sie annimmt, in Ea mit den Wünschen des Landtages die Session möglich{s| bald zu {ließen beabsichtigt. Sie muß indeffen Wert darauf legen, daß zuvor von wihtigeren Vorlagen noch die folgenden erledigt werden: Polizei- kTostengeseß, Quellenshußgesey, Gesetz, betreffend die weitere Auf- \{ließung des staatlihen Besites an Steinkohlenfeldern im Ober- bergamtsbezirke Dortmund, Gesetz, betreffend den Bau eines Schiff- fahrtskanal3 vom Mauersee nah der Alle bei Allenburg (des masurischen Kanals) und von Staubecken im masurishen Seengebiete, Eisenbahnanleihegeset, Gesetz, betreffend die Feststellung eines Nah- trages zum Staatshaushaltsetat für das Jahr 1908. Die Königliche Staatsregierung ist hiernach zu ihrem Bedauern im gegenwärtigen Augenblick noch niht in der Lage, einen genau bestimmten Termin für die SHhließung anzugeben. von Moltke.“

Präsident von Kröcher bemerkt hierzu, daß das Quellenshußz- i

geseß und das Geseg über die Steinkohlenfelder hon dem Herrenhaus zugegangen seien, daß der Nachtragsetat boffentlich am Freitag werde endgültig erledigt werden, daß das Gese über den mafurischen Kanal {hon heute t der Tagesordnung stehe; das Eisenbahnanleibegesctz werde er morgen auf die Tagesordnung seßen, und das Polizeikosten- gesetz denke er für Donnerstag auf die Tagesordnung zu feyen.

Sodann trat das Haus in die erste atins. des Gesegzentwurfs, betreffend die Feststellung eines Nach- trags zum Staatshaushaltsetat für das Etats- jahr 1908 (Teuerungszulagen für. mittlere und untere Beamte und Lehrer), ein.

Abg. Graf von der Groeben (kons.): Nachdem der Senitoren- konvent beschloffen hat, daß die Gehaltsaufbesserungen im allgemeinen von der Besprehung auszusch(ließen sind, darf ih wohl annehmen, daß die Redner der einzelnen Fraktionen eber. falls diese Frage niht weiter berühren werden. h

Präsident von Kröcber: Jh darf diesen Vorschlag wohl als Antrag auffassen und annehmen, daß das Haus sih danach rihten wird.

Nbg. Graf von der Groeben (fortfahrend): In einer gewissen Prefse wurde in agitatorisher Weise es so dargestellt, als ob die Beamten, Lehrer und Geistlichen in diesem Jahre überhaupt leer aus- gehen würden. Dieser Unterstellung wird dur die Vorlage der Boden entzogen. Die Zulage sollen die am 1. April 1908 vorhandenen etatsmäßig angestellten oder diätarisch beschäftigten Beamten, und zwar die Unterbeamten in Höhe von 100 #, die Kanzleibeamten, Zeihner und mittleren Beamten mit einem Jahres-

ehalts\saye von nicht mehr als 4200 46 in Höbe von 150 #4 erhalten, Pviit sie niht bereits durch die im Etat für 1907 vorgesehenen Diensteinkommensverbefserungen eine Erhöhung ihrer Diensteinkünfte erfahren haben. Ih bedauere, daß es nicht möglich gewesen ist, no® etwas weiter zu greifen. Die Teuerungszulagen sollen dem Fonds zu Diensteinkommensverbefserungen für die Beamten, Geistlichen und Volksschullehrer na Maßgabe der besonderen Gesegzesvorlage entnommen werden. Aus diesem Fonds erhalten ferner die am 1. April 1908 im preußischen Volks\{huldiens in Schulverbänden mit 25 oder weniger Schulstellen endgültig oder einstweilig angestellten Lehrer eine einmalige Zulage von 150 #4, Lehrerinnen eine folchWe von 100 Æ, sofern sie eine SHulstelie bekleiden, die mit einem Grundgehalt von nicht mehr als 1200 Æ, bei Lehrerinnen von nicht mehr als 900 # ausgestattet ift. Es wird hier im Gegensaß zu den Beamten das Grundgehalt zu Grunde gelegt, was unter Umständen zu Ungerechtigkeiten führen kann. (Rufe: Lauter! räsident von Kröcher: Ih hôre Rufe „Lauter !*“, es ift aber sehr {wer für den Redner, lauter zu werden, wenn er troy des nah seiner festen Ueberzeugung lauteïten Sprehens von Hunderten von Stimmen übertönt wird.) Der Maßstab des Grund- gehalts führt doch zu sehr eigenartigen Zuständen; es kann vorkommen, daß ein Lehrer mit einem Grundgehalt von 1200 4 die Zulage erhält, während fein Nachbar mit einem unerbeblih höheren Grundgehalt das Nachseben hat. Ih glaube doch, daß diese Frage einer sehr eingehenden Prüfung bedarf. beantrage, die Vor- lage der Budgetkommission zu überweisen, in der auch andere Fragen, so z. B. die Zulagen für die Geistlichen, noch genauer geprüft werd2n

müssen.

ba. Scchmedding (Zentr.): Wenn man im vorigen Jahre die SCSTARSSTON auf die Unterbeamten und einen Teil der mittleren Beamten beschränkt hat, so geshah dies deshalb, weil damals nicht ein Fonds in demselben Umfange wie jet zur erfügung stand. Nach der jetzigen Vorlage find Subalternbeamte mit einem Einko von 4200 4 ausgeschlofsen. Dazu gehört ein großer Teil der Sub- alternbeamten, z. B. die Lehrer an den Baugewerkshulen, Rendanten der Hauptkassen, Oberlehrer bei den Seminaren, Polizetinspektoren, Vermefsungsbeamte usw. Es wird in der Kommission noch darüber zu sprechen sein, ob?diese Härte für die Subalternbeamten mit einem hôberen Maximalgehalt nicht zu beseitigen ist. Es ist doch niht zu übersehen, daß au solhe Beamte, die ihre Söhnz auf höhere Schulen s{hicken und au sonft für ihre Kinder erhebli®e Ausgaben haben, die M TRRSSIEE mindestens ebenso gebrau die Subalternbeamten, die. höchstens 4200 # beziehen. Die Be- ftimmungen über die Teuerungszulagen für die Lehrer und Geistlichen bedürfen nah unserer Meinung noch einer eingehenden Bre, Ei aÂd . Dr. Friedberg (nl.): Wir bedauern, daß die Vorlage

n

fommen Halt maht. Nur wenige Kategorien der mittleren Beamten erreichen dieses Endgehalt, und ih sche niht ein, warum nicht wenigftens diejznigen höheren Beamten miteinbezozen Hi deren Ges halt bie her 4200 .46 beträgt oder darunter bleibt. Am meisten bedauerlich

mmen ;

n können, wie |

ift aber, daß in diesem Entwurf. den Beamien, die eben erst im Gtat für 1907 eine kleinere Aufbesserung erfahren haben, aus diesem Grunde die Zulage vorenthalten ist. Sie würden dadurch nicht befser gestellt werden als das Gros der übrigen Beamten, sondern sie haben durch die Aufbesserung erft eine gewisse Gleich- ftellung erlangt; fie sollten also bier auch berüdcksihtigt werden. Es handelt da speziell um die Eisen babnasslenten, die den Post- assistenten gleichgestellt worden find. Die Postassistenten im Reiche bekommen alle die Teuerungszulage, die Eisenbahnassistenten sollen fie niht erbalten. Es if uns immer gesagt worden, wir müßten pari passu mit dem Neiche vorgehen. Diese Art des Vorgehens wird hier volllommen vermißt. Bezüglih der Lehrer geht die Vorlage davon aus, daß alle Lehrer die Zulage er- balten sollen, deren Grundgehalt 1200 #6 beträgt. Das bedeutet ein Endgehalt von 2280—3000 4; während man also bei den Staats- beamten bis zu 4200 4 geht, fleigt man bei den Lehrern so weit herunter. Das ist niht nur eine materielle, sondern auch eine moralische Benachteiligung und Kränkung der Lehrer. Ueberhaupt ist die mechanishe Feststellung nach dem Grundgehalt höch\|| unzweck- mäßig; {tößt an eine Gemeinde mit dem Lehrergrundgehalt von 1200 X eine andere Gemeinde, wo dieses Grundgehalt 1250 beträgt, so bekommen die Lehrer in dieser Nahbargemeinde vom Staate keinen Pfennig. Nicht das Grundgehalt, sondern ‘das Endgehalt hätte als Kriterium aufgerihtet werden sollen. Die Anknüpfung an das Grundgehalt ist auch deshalb ‘verfehlt, weil dasselbe Grundgehalt in den verschiedenen Gegenden ganz etwas anderes bedeutet, etwas anderes im Osten als in den Industrie- emeinden d-8 Westens. Sehr bedenklichß if ferner die Be- s{ränkung auf die Gemeinden unter 25 Shulftellen. Es heißt, die Gemeinden mit über 25 Schulstellen könnten die Sache selbft maden. Hier handelt es sih aber doch um eine Regelung für das ganze Land. Es gibt Gemeinden mit mehr als 25 Schulstellen, die ein noch nicdrigeres Grundgehalt gewähren und do leistungsfähig sind, und solhe, die ein höheres Grundgehalt gewähren und dennoch nit als leiftungsfähig ersheinen. Mindestens f\ollte überall da, wo der Staat einen ZusGul leistet, auch die Zulage ge- währt werden. Der Finan ter verwies auf die Reserven der Gemeinden. Wo stecken diese, wo sollen fie diese hernehmen ? Sollen sie etwa einige Monatsraten mehr Einkommensteuer erheben ? Alle diese Unstimmigkeiten beweisen aufs neue, ein wie außer- ordentlih \chwerer Fehler es von der egierung war, daß fie die Besoldungévorlage nicht rechtzeitig einbrachte. 45 000 Lehrer werden berücksihtigt, 35000 gehen leer aus. Hätte man auh bier die Grenze bei 4209 Æ gezogen, so würden statt 9 Millionen 12 erforderlich fein, da3 war der ganze Unterschied. Auch die Lehrerinnen sind nicht genügend berücksihtigt; .man hat bei ihnen das richti Prinzip des Gehaltsverhältnifses von 890 : 100 verlassen. großen ganzen ist die Vorlage ein Stückwerk \{limmster Art, das wir in der Budgetkommission zu verbessern uns bemüben werden, für das wir die Verantwortung nicht tragen können. Hoffentlih wind im Herbst alles wieder gut gemacht und den Beamten das gegeben, worauf si: Anspru haben,

(Schluß des Blattes.)

Nr. 13 des „CEisenbahnverordnungsblatts“, heraus- gegeben im Ministerium der öffentlihen Arbeiten, vom 28. März d. I., hat folgenden Inhalt: Allerhöchste Konzessionsurkunde vom 2. März 1908, betreffend die Ausdehnung des Kerkerbahbahnunter- nehmens auf den Bau und Betrieb einer Roll- und Seilbahn von Heckhol;hausen nach Obertiefenbach durch die Kerkerbachbahnaktien- gesellschaft. Scheckgesezy. Vom 11. März 1908. Bekannt- machung des Reichskanzlers vom 5. März 1908, betreffend Aenderung der Militärtran8portordnung. Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 9. März 1908, betreffend Aenderung der Anlage B zur Eisen- bahnverkehr8ordnung. Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten : vom 18. März 1908, betreffend staatlihes Aufsichtsreht über die Roll- und Seilbabn von Heckholzhausen nah Obertiefenbah, vom 23. März E I Auslegung d:3 Begriffs „Kriegsteilnehmer*.

achrichten.

Statistik und Volkswirtschaft,

Die Organisation der deutschen Privatangestellten hat in der jüngsten Zeit, in der wihtige Fragen für die Existenz und Zu- kunftsfiherung dieser Berufsklafse zu eingehenden Erörterungen geführt haben, einen bedeutenden Aufschwung genommen. In der „Sozialen Kultur“ (1908, Märzheft) bringt A. Ennasch eine Zusammenstellung, die die Zabl der organisierten Privatbeamten auf 653 436 feststellt. Es entfallen hiervon auf 17 faufmännische Verbände 473 539, auf 11 tehnische Verbände 108 476, auf 9 Verbände der Bureauangestellten 13 450, auf 4 landwirtshaftlihe Verbände 14416 und auf 7: ver- mishte Verbände 43555. Unter leßteren befindet sh auch der „Deutsche Privatbeamtenverein“ (Siß in Magdeburg) mit 23 002 Mitgliedern.

Zur Arbeiterbewegung.

Die Faß- und Flashhenbierarbeiter Leipzigs beschäftigten sich, der „Lpz. Ztg.“ zufolge, in einer Versammlung mit dem neuen Lohn- und Arbeitstarifvertragsentwurf, den die Brauereibefißer den Braugebilfen und Brauereiarbeitern zur Anerkennung vorgelegt haben. Die Versammlung rügte an diesem Entwurf, daß er in keiner Weise auf die NErEngen Rücksicht nehme, die von den Arbeitnehmern in einem von ihrer

rganisation ausgearbeiteten und dem Prinzipalsverbande {on vorher unterbreiteten Tarifentwurf aufgestellt worden seien. Man behauptete sogar, der neue Prinzipalstarif enthalte Bestimmungen, die den bis- geo en Arbeits- und Lohnverhältnissen gegenüber ungünstiger seien.

ad langer, meist abfälliger Besprehung der einzelnen Tarifbestim- mungen erklärte die Versammlung in einer Resolution den Entwurf der Brauereibesißzer für unannehmbar und beauftragte die Tarifkommission, neue Verhandlungen mit der Prinzipalsverbandsleitung einzuleiten, um einen beide Teile befriedigenden Tarif zustande zu bringen. Bei

| etwaigec ablehnender Haltung der Arbeitgeber soll eine neue Ver-

| j

i

|

i

|

der Teuerungszulagen bei den Beamten mit 4200 #6 Eins '

fammlung über die weiteren Maßnahmen endgültig beschließen.

Aus London wird dem „W. T. B.* telegraphiert: Der Ver- mittlung?- und Schiedsgerihtêausshuß der \chottischen Eisen- industriellen hat beshlofsen, im Hinblick auf die Verkaufspreise seit Beginn des Jahres die Werkbesizer zu ermähtigen, eine Lohn- herabseßung um 79/6 eintreten zu lassen.

In Turin fude wie die „Frkft. Ztg.“ erfährt, 12000 Arbeiter der Maschinenfabriken und verwandter Industriezweige wegen eines Stceites über die Arbeitsordnung ausständig.

In den Baumwollspinnereien der Neuengland- staaten ift, wie dem ,„W. T. B.“ aus Boston gemeldet wird, eine zehnprozentige Lohnverkürzung in Kraft getreten, von der 120 000 Arbeiter vom 6. April ab betroffen werden.

Kunft und Wissenschaft.

Das Direktorium des ph ustkalilhen Instituts der Uni- versität Berlin hat den Beschluß gefaßt, dem Deutschen Museum in München die 250 Jahre alten Originalapparate von Otto von Gueridcke zu überlassen. Die Luftpumpe von Otto von Guericke ift für die ganze Welt einer der wichtigsten Marksteine in der Ge- \chichte der Physik. Für das Deutshe Museum haben diese Apparate noch den besonderen Wert, daß ihre Erfindung sowie die großartigen

mit der Luftpumpe ausgeführten Versuhße den Anfang der experi- mentellen Physik in Deutschland, .bezeihnen. Die Originalapparate werden demnächst im Saale „Mechanik* an Stelle der bereits vor- bazderen Nachbildungen Aufftellung finden. E

Am Sonntag hielt der Geheime Regierungsrat, Profefsor Dr. Reinke aus Kiel seinen dritten Vortrag zum Beften der Kolonial-Frauenshule in Wißenhausen über das Thema „Der Kampf der Weltanschauungen“, Vortragende ging von der Berechtigung aus, die in dem Bestreben der Menschheit liege, eine Lösung der sie umgebenden Welträtsel zu versuchen. Das Sehnen nah" einer solchen Lösung sei von jeher lebendig gewesen und der Kampf, der sfih heute befehdenden beiden Grund- anshauungen des Materialismus und des Idealismus sei ebenso alt. Der Vortragende bekannte sich ofen zu diesem und versuchte seine Stellungnahme j begründen. Man dürfe bei seinem Bemühen, ih eine Weltanshauung aufzubauen, niht außer aht lassen, daß jede Weltanshauung \{li:zlich auf persönlichem, subjektivem Émpfinden beruhe, daß also Bescheidenheit und Duldsamkeit Lpenes abweichenden Ansichten hier durhaus am Plate sei. di iti des Materialismus, den der Vortragende Nachtansiht nännte, im Gegensaß zu der Data des Lebens, die der Idealismus biete, fußt Professor Dr. Reinke auf der Ansicht, daß der Materialismus aus dem Grunde keine befriedigende Erklärung der Welt- und Lebens- probleme bieten könne, weil er viel zu beshränkt sei, um in die Höhen und Weiten zu dringen, die das Menschenhirn und -herz ausfüllen könnten. Die Naturwissenschaft allein reihe niht aus zur Bildung einer Weltanshauung. Alle naturwissenschaftliche Grkenntnis beruße aus\schließlich auf der Erfahrung, der finnlichen Wahrnehmung. Das Prinzip der Entwicklung ‘es Naturgeschehens sei hier oberstes Gesey, einer Entwicklung, die einen An- fang und ein Ende kenne. Das intellektuele Streben des Menschen sei zeitlos und grenzenlos. Das ganze Gebiet des UVebersinnlichen , bekannt als Sittlihes, unbekannt als Trans8- zendentales gebe über die. - Grenzen des Naturerkennens hinaus, sei in das Naturgeshehen nicht mehr einzuordnen und die Naturwissenschaft, deren Aufgabe es sei, das Gesezmäßige zu erforschen, stehe den Gründen und Ursachen dieser Gese 16+ gin völlig ratlos gegenüber. Das sei die Grenze, an der sih der Mensch, unbefriedigt von der Unzulänglichkeit des bloßen naturwifsenshaftlihen Grkenners, der Spekulation und dem Glauben zuwende. Er erkenne über allem \{heinbar Willkürlichen eine sittlihe Weltcrdnung und das Geseß der Kausalität, das nicht aus der zufälligen Entwicklung der Materie, sondern auz einem zielbewußten Weltwillen zu erflären sei. Im weiteren Verlauf wandte der Vortragende fich gegen die Behauptungen, daß zwischen P s f und Religion ein feindlicher Gegenjay bestehe und daß die ethishen Grundlagen der christlichen Weltanshauung unvereinbar seien mit den Ergebnifsen der Natur- forshung. Die drei Vorträge, die der Professor Dr. Reinke in der Singakademie gehalten hat, werden demnächst als Heft 4 seiner natur- wissenschaftlichen Vorträge bei Eugen Salzer in Heilbronn (¿zum Preise von 1 4, kart. 1,90 #) erscheinen.

In Leipzig ist gestern der Gebeimrat und Domherr des Hoh- stifts Meißen, Dr. theol. et phil., Senior der theologishen Fakultät und der Gesamtuniversität, Professor Gustav Adolf Fridcke im Alter von 86 Jahren verstorben. Gin Leipziger Kind, widmete \sich

ride in seiner Vaterstadt dem Studium der Theologie, wurde 1846 rivatdozent und 1849 außerordentliher Profeffor. 1851 folgte er einem Ruf an die Universität in Kiel, von wo er im Jahre 1865 wieder nah Leipzig zurückehrte und dort ver- blieb. Bei seinem 70. Geburtstage wurde er Ehrenbürger dieser Stadt. Von seinen zahlreißen Schriften seien er- wähnt: „Kirchengeschichte“ (1850), „Die Erhebung zum Herrn im Gebet* (1861), „Das exegetishe Problem im Briefe an die Galater 3, 20* (1880), „Metaphysik und U in ihrem gegenseitigen Verhältnis“ (1882), „Ist Gott persönlih?* (1895). In weiten Kreisen war der Verstorbene auch durch seine Tätigkeit im Zentcalvorstand des Gustav Adolf-Vereins bekannt.

Literatur.

Himmelsbild und Weltanshauung im Wandel der Zeiten. Von Profefsor Troels Lund. Autorisierte, vom Ver- fasser durhgesehene Uebersezung von Leo Bloch. Geb. 5 A (Verla von B. G. Teubner in C IE Ein ganz eigenartiges, ¿hit interessantes Buch. Es bietet nicht die uge g eines streng sachlichen Foriers, vielmehr den frischen GErguß einer tief und warm fühlenden Menschenseele. Erlebt ift der Inhalt des Werkes, nicht nur erforsht. Unter der Maxime: Das Leben ist Wahstum, alles ift nur ein Glied im Ganzen, dem Wachstum nach oben, zum Lichte, zu Gott gibt der Verfasser als Ergebnis gründliher Forshungen etnen UVeberblick über die Entwicklung unserer Weltanshauung vom Anbeginn der Zeiten bis auf unsere Tage, wie sie abhängig ist von dem Welt- oder Himmelsbild, das jede Zeit fich gemacht. Das tut er in so glänzender, oft begeisternder Sprache, daß der Leser auf den Höhen seiner lihten Betrahtungsweise wie in lenkbarem Luftschiffe diesem kundigen und geistreihen Führer mit Lust folgt durch Asien, Afrika und Europa, von den Babyloniern und Aegyptern zu den Chinesen, Juden, Griechen, Arabern, über Christentum und Islam, durch Altertum und Mittelalter bis in die Neuzeit hin. Und wie auf einer gesicherten Luftschiffahrt drunten auf Erden die Landschaftsbilder in verschiedener Gestalt, Beleuhtung und Charakter vor den Blicken des aufmerksamen Betrachters wechseln, so ähnlich nimmt der auf dem Geistesfluge durchs Weltenbild hineilende Mitforsher des kundigen Führers im großen Himmelsbilde die verschiedensten Zeitbilder unter stets wehselnder Be- leuchtung wahr: Glieder einer von unten nach oben, zum Licht, zu Gott hinsteigenden Kette der Weltanshauung, bei welher Betrachtungs- weise die Ueberzeugung geweckt wird, daß jede Zeit ihr eigenes Himmelsbild, ihre eigene Weltanshauung hat. Besonders verweilt die Betrahtung bei dem Zeitbilde des 16. Jahrhunderts, in dem ih die Bestandteile der mittelalterlihen und der neuzeitlihen Weltanshzuung in interessanter Weise mischen, und zwar be- leuhtet er zunäHhst die „Entstehung der Bestandteile der Welt- ans aren des 16. Jahrhunderts“ und zrigt sodann die „Mischung der Bestandteile der Weltanschauung des 16. Jahrhunderts.“ Im ersten Ab- schnitt fesseln den Leser besonders die Kapitel : Der Ursprung des Lichts. Die Sternkunde der Chaldäer. Sterndeutung. Zarathustra. Buddha. Teufelsglauben und Sterndeutung. Konfuzius. Dreieinigkeit bei den Aegyptern. Die Juden und thr unsihtbarer Nationalgott. Messias- idee. Die Griechen und das Weltenkunstwerk. Alexander der Große. Jesus von Nazareth und die neue Macht: die Liebe. Pauli Abstand von Christi Lehre. Jm ¡weiten Abschnitt: Die Renaissance auf dem Gebiete der Philosophie und Naturwissenschaft; der Reformation auf dem Gebiete des religiösen bens fteht hier gegen- über eine mystisWe Weltanshauung: die Verbreitung der Sterndeutung und der Teufelsglaube. Bis hierher alles anschaulih und klar. Doch unter der Aufschrift „Auflösung und Neubildung in der Neuzeit“ erscheint mancher Zug in der Weltanshauung der Gegen- wart, die von dem Gedanken an die Unendlichkeit des Weltalls be- herrscht wird, wie die Auffassung vom Wert de3 Glaubens, von der Lehre vom Gottessohn u. a. in gewissem Nebelshleier. Dennoch wird das Buch als Ganzes dem Leser, der für die Geistesentwicklung der Menschheit Sinn und Interesse hat, viele Anregung bieten. -

Franz Söhns: „Unsere Pflanzen“, ihre Namenserklärung und thre Stellung in der Mythologie und im Volksaberglauben, mit Buhshmuck von J. V. Ciffarz. 1907. (Verlag von B. G. Teubner in Leipzig.) Der Verfasser, dessen Heimat der deutshe Wald um- Zenn, Yat früh {on lebhaftes Interesse für die lieblihen Kinder im Walde und Flur eingesogen, bald auch für ihren Namen, erft zwar zunächst für den durh das Lehrbuch sozusagen versteinerten,ck dann aber mehr noch für die Volksbenennung der Pflanze, die oft viel be-