1908 / 78 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 31 Mar 1908 18:00:01 GMT) scan diff

der alten preußishen Sparsamkeit die Rede. Ich möthte das alte \{chône Studentenlied dahin ändern: „O, alte preußishe Sparsamkeit, wohin bist du geschwunden, wie liegt Du uns so weit, Du wirst nicht mehr gefunden ; vergebens \pähe ich umher, ih finde Deine Spur nicht mehr.“ Möge die Regierung ret bald eine mutatio rerum eintreten lassen, Wir haben jeßt in der Staatskasse Ebbe. Bei den Staats-

bauten könnten sehr große Summen gespart werden, ohne daß das n ;

dem Zweck der Gebäude den geringste bruch tâäte.

Minister für Landwirischaft 2c. von Arnim:

Ich stimme dem Herrn Grafen von der Schulenburg darin voll- kommen zu, daß bei den Bauten der Domänenverwaltung duraus gespart werden muß und daß man vor allen Dingen nicht allzu massiv und für ewige Zeiten und damit zu teuer bauen soll. Die Verhält- nisse ändern si und damit auch die Anforderungen. Aus diesem Grunde hake ich gerade au die Frage der Bauten bei der Domäñen- verwaltung in den Kreis meiner besonderen Aufmerksamkeit gezogen. Wir verhandeln schon lange darüber, auf welche Weise man ju einer Aenderung und Besserung der gegenwärtigen Zustände fommen kann. Was den speziellen Fall anlangt, den Herr Graf von der S(ulenburg vorgebracht hat, so {eint die für die Gebäude ausgeworfene Summe ja relativ hoh zu sein. Es liegt das daran, daß einmal für alle Wohnungen Kuhställe vorgesehen sind und ganz befondere Kosten für Nebenanlagen gefordert wurden. Die Häuser an und für sih kosien 18000 46 und dienen für 4 Familien, es kommen also auf die Familie 4500 46 Das ist der Saß, auf den wir in den leßten Jahren immex gekommen sind. ‘Es ist dabei zu

berücksichtigen, daß alle Nebenleistungen, wie Fuhren, mit einbegriffen

find. Kuhställe sind mit 6000 4 pro Stück veranlagt, und für Neben- anlagen sind 2550 pro Haus in Ausfiht genommen. Ich habe leider die einzeïnen Unterlagen nit hier, da ich niht gewußt habe, daß die Sache zur Sprace gebracht würde, und kann daher niht angeben, wober €c3 kommt, daß in den hier besprochenen Fällen fo verhältnis- mäßig große Summen für Nebenanlagen eingeseßt worden sind. Wenn Herr Graf von der SchWulenburg die Güte gehabt hätte, mih vorher zu benachri@tigen, so wäre ih in der Lage gewesen, die nötigen Unter- lagen zur Hand zu haben.

Oberbürgermeister Dr. Bender-Breslau: Ich stimme im allge- meinen dem Grafen Schulenburg zu, aber in bezug auf die Bahnhofs gebäude und die Justizgebäude kann ih ihm nicht zustimmen. Bei den Justizgebäuden vermißt man die notweadige Rücksit auf das Publikum, und daß der Justizfiskus Luxus mit seinen Gebäuden triebe, kann man nicht behaupten. Die Bahnhofsbauten müssen geräumig und bequem angelegt werden. Die tüchtigen Baumeister lassen übrigens jeden unrötigen Zierat fort. Die Häuser, die der Staat für seine Arbeiter errihtet, müssen gut und dauerhaft gebaut werden. Man soll aber nicht den Städten ungerechtfertigte Vorwürfe machen. ir müssen überall dahin kommen, daß die Arbeiterfamilie zwei Zimmer für fich hat. Graf Mirbach klagte, daß der Staat zu hohe Löhne zahle, Der Staat muß aber in der Hebung der Arbeiterklafje voran- gehen; er darf nicht den Arbeiter nehmen, der den geringsten Lohn verlangt. Die Wohnungen auf dem Lande sind mangelkafter als in der Stadt. Sollen wir nun dem Staat in den Arm fallen, wenn er bessere Wohnungen errißten will? Ih begrüße es mit Freude, wenn die Arbeiter bessere Löhne u'd bessere Wohnungen bekommen.

Graf von Mirbach: Es gibt auch in Berlin noch sehr einfache Verhältrifse, ih frühstucke auch in Berlin noch am ungedeckten Tis, bei Habel unter den Linden. Der Staat muß sparsamer wirtshaften, denn er wirtshaftet auf Kosten der Steuerzahler. Der reihe Pzivatmann kann wirtischaften, wie er will, aber der Staat hat die moralishe Verpflichtung, seine Ausgaben fo einzurihten, daß sie den Steuern der Untertanen entsprehen. Ih habe nicht von hohen Löhnen gesprochen, sondern von exorbitanten. Wir leben unter einem verbängnisvollen Luxus auf allen Gebieten, es könnte nihts schaden, wenn wir alle wi:der zur Einfachheit ¿urücke,recn wollten. Und der Staat muß zunächst ianerhalb seiner Grenzen bleiben.

Der Gestütetat wird bewilligt.

Der Etat der Ansiedlungskommission und der Etat der preußishen Zentralgenossenshaftskasse werden ohne Debaite bewilligt.

Es folgt der Etat des Finanzministeriums.

_ Berichterstatter Oberbürgermeister Chler s- Danzig referiert über die Kommissionsverhandlungen und beantragt namens der Kommission folgende Resolution: „die Regierung zu ersuden, 1) bei Aufbesserung der Dienstbezüge der Beamten, Geistlichen und Volkss{ullehrer gleih- zeitig für Beschaffung ausreihender Deckungsmittel, soweit nötig, dur entsprechtnde Ergänzung der dauernden Staatseinnahmen, Sorge tragen ju wollen, 2) der Einführung von tirekten Steuern im Neich entgegenzutreten*. Ferner beantragt der Berichterstatter, über eine Peti- tion vom Verein der Reihs-, Staats- und Kommunal-Ruhegehalts-, Witwen- und Waisengeldempfänger zu Bromberg um Erhöhung der Ruhegebälter und Relikftenbezüge und Gewährung einer Ostmarken- zuiage an persionierte Beamte zur Tagesordnung überzugehen. t __ Graf von Mirbach: Aus einer Tabelle, durch deren Aufstellung sih Herr von Dziembcwski großes Verdienst erworben hat, über das Staatésteuersoiü auf dem platten Lande und in den Städten Peteend der legien 15 Jahre bis 1905 ergibt sich, daß ih mit meiner früheren Darstellung von dem Zurückbleiben des Einkommens in der Provinz Ostpreufen vollkommen recht gehabt habe, ganz besonders in den Landgemeinden. Es hat sich zwar eine kleine Steigerung vollzogen, aber in ter Relation zum Westen find wir erbeblich zurück- geblicven. Wir sind daher bei den Anforderungen an Schuken usw. in äußerst s{hwieriger Lage mit unserer Prästationsfähigkeit. Es liegt eine große Härte daria, daß bei uns die Grundsteuer als Maßstab herangezogen wird, z. B. bei den Schullafien, denn die Verschuldung ist bei uns viel giößer als im Westen. Man follte sich nur auf die Einkommensteuer stüßen. In einem Vorschlage von mir vor einigen Jahren, den ich dem Finanzminister zugeschickt babe, und dér sih speziell auf Oftpreußen bezog, habe ih auf eine leiht er- bâltlihe höhere Einnahme hingewiesen, namentlich durch Einführung der Staffeltarife für Holz, die, die Regierung beschließen kann, ohne das Parlament zu fragen. Bedauerlicherweise hat man die Geireide- staffeltarife aufgehoben. Daraus könnte die Staatskasse eine Rein- einnahme von 10 Millionen haben und weitere 10 Millionen aus den Staffeltarifen für Holz nur bis an die Elbe heran.

: E Bedcker: Die Finanzwirischaft des Reiches ist seit Jahren eine Jo unglüdcklihe, die Ausaabea für Armee und Flotte steigen ber- maßen, daß man s{on die 120 Millionen im Juliusturm beranziehen möchte. Das Reich ist auf in direkte Steuern hauptsählich angewiesen, und diese sind ja keineswegs erschöpft. Jn keinem anderen Staate find Tabak und Spiritus fo niedrig herangezogen worden wie bei uns. Sol&e Luxussteuern treffen niemand, der sie niht tragen will. Die Finanzlage in Preußen is ja noch gesund, aber der gesunde Grundsaß von 1892, Betriebêmittel für die Eisenbahnen auf Anleihen zu entnehmen, ist {on in diefem Jahr durchbtohen worden. Wenn auch hier Vernachlässigungen früherer Jahre gut zu machen ‘sind, so läßt sich doch bei der Steigerung des Betriebskoeffizienten von 94 auf 68 % nicht absehen, wie man zu der früheren soliden Grundlage wieder zurückfehren kann. Die Parlamente find kigentlih berufen, die Regierung zu kontrollieren, leiter ift das jet fast umgekehit, die Regierung wird zu neuen Ausgaben gedrängt, und wenn sie Deckungsmittel verlangt, so sind die Abgeordneten nicht zu Hause, Im Zusammenhang mit der Anläihewirischaft steht der \chlechte Kurs unserer Staatspapiere. Ih möchte den Minister bitten, bei der nähsten Anleihe den Zinsfuß nicht so ängstlih zu bemessen, damit Bankiezs und Publikum verdienen

Fôönnen, und unsere Staatspapiere wieder gern aufgenommen werden. Bei den Gemeinden tritt ja leider dieselbe Anleibewirtscchaft mehe und mehr zu Tage. en festhalten daran, daß Ausgaben nur zu

illigen d, wenn Decungsmittel dafür vorhanden find,

und wir müssen unserem Finanzminister e MAageaE : Nen, e un eibt. egî

damit die Einführung direkter Steuern im Re ter halb empfehle ich Ihnen die Resolution unserer Finanzkommission. Oberbürgermeister Körte- Königsberg: Der- Herr Finanzminister hat sih bei früheren Gelegenheiten gegen die Finanzwirtschaft der S gean an ai ommunen n mmer wäre als im Reih. Die Ko maten Ausgaben aus Anleihen für Zwedcke, i nüßlich, e nit notwendig seien. Ich glaube niht, daß dur solche Auslassungen s s a Ss en O N D Städte haben aber n für ulen und Gesundheitszwecke zu Grund geseßliher Vorschriften. Wenn ; n R O greifen mußten, so geschieht es, weil die Anforderungen gewachsen

d. Aus Anlei Ie ie nleihen werden auh wirtsaftlihe Betriebe er- | Weg einer Verständigung finden lassen, wie er bisher gefunden worden

| ist. (Bravo!) *

richtet, die aber einen Nugzen abwerfen; es können also hiergegen faum Bedenken erhoben werden. Ein weiterer sehr wesentliher Teil kommunaler Anleihen entfällt auf die An- lage von Staatsinstituten, z. B. Gymnasien, Kunstakademien. L stellt der Staat gewisse Ansprüche, und es findet ein gewisser

ettbewerb vershiedener Kommuren statt. In Königsberg beispiels- weise können wir nicht umhin, den Grund und Boden für den Neubau der ältesten Kunftakademie in Preußen unertgeltlich Herzugeben. Aehnlich liegt es für uns mit der Kunstgewerbeshule in Königsberg, die uns 600 000 46 zirka kosten wird, die wir unmögli aus laufenden Mitteln aufbringen können. Der Königsberger Bahnhof muß um- gebaut werden, aber bei 200 9/9 Kommunalsteueraufschlag können wir 3 Millionen für Grunderwerb niht anders als durch Anleihe deden. Ich möchte daher den Minister bitten, die Verhältnisse zu unterscheiden; was Düfseldorf leiht möglich ist, können wir in Königs-

berg nicht. Hier muß von allgemein gültigen Verw abgesehen werden. g 8 t n Verwaltung8maßregeln

Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:

Meine Herren! Jch werde mi bei der vorgerückten Stunde um so kürzer fassen können, als die Ausführungen des Herrn Oberbürger- meisters Körte, die sih über die steuerlihe Entwicklung in den Ge- meinden verbreiteten, eigentlich mehr zu dem Etat des Innern als zu meinem gehören. Jh mötte aber niht unterlassen, zuvor Exzellenz Becker den wärmsten Dank dafür auszusprechen, daß er mich in dem Bestreben, nicht in eine übermäßige Schuldenwirischast zu geraten, bestens untersiüßt hat. Herr Oberbürgecmeister Körte sagte, meine Ausführungen über die Zunahme der Verschuldung in den Kommuzen khälten dazu geführt, die kommunalen An- leißen zu deklassieren. Eine solhe Absicht hat mir völlig fern ge- legen, denn ich habe mich nicht auss{ließlich oder nit in erster Linie gegen die Zunahme der Anleihewirts{aft in den Kommunen auêgesprohen, sondern in ersier Linie gegen die Anleihewirtschaft im Staat, und habe also naturgemäß weder die Absicht gehabt, die staats lien Anleihen noch die kommunalen zu- deklassieren. Aber darauf hinzuweisen, baß die Anleihen auch in den Kommunen in bedenklichem Maße zunehmen, habe ih nicht nur für mein Recht, sondern auch für meine Pflicht gehalten. Wollen Sie bedenken, meine Herren, daß in den lehten neun Jahren die Gemeinden nicht weniger“ als 14 bis 1500 Millionen neue Anleihen acfgenommen haben, und wenn Sie dazu die Anleihen der Kreise und.-Provinzen hinzunehmer, so er- gibt sich eine Steigerung der Anlciheschuld in weiterem Sinne um etwa 2 Milliarden in den legt:n neun Jahren. Daß eine solche Zu- e der kommunalen Shuldenlast bedenklich ist, muß ih aufrecht- erhalten.

Herr Oberbürgermeister Körte wies darauf hin, daß die Städte ¿um Teil yon den Aufsichtsinstanzen gedrängt würden, in hygicnischer und sozialer Hinsicht sehr weit ¿u gehen. Jh will das nicht voll- kommen in Abrede stellen. Jch glaube, daß in bester Absicht die Grenzen der Leistungsfähigkeit nicht immer fo be- rüdsihtigt werden, wie es wünschenswert wäre; aber das it doch nur die eine und die geringere Seite der Sache. Die Haupisache liegt meiner Ansicht ‘nah darin, daß nicht in allen Kommunen die richtigen Grundsäße für die Verteilung der Ausgaben auf den Etat und auf die Anleihen bestehen, und daß man sich aus Bequemlichkeit, aus Rücksicht auf die Forderungen des Tages es ift ja viel leiter, den Anleibeweg zu beshreiten als den Kcm- munalsteuerweg sich lieber dazu drängen läßt, den Weg zu neuen Anleihen zu beschreiten. Ich habe früher große Städte gekännt, die selbst die Bauten für Volksschulen avf Anleihen nahmen. In meiner Tätigkeit als Regierungspräsident ist es mir wiederholt vor- gekommen, daß große - Städte selbs solche Kosten durch Anleihen aufbrahten. Aber ih gehe noch weiter. Nicht nur das würde ganz ungehörig sein, das wind Herr Oberbürgermeister Körte mit mir anerkennen, sondern ich glaube au, daß größere Städte selbst höhere Schulen, wie Bürgersulen, und noch gehobenere Schulen, wie Gym- nafien, nicht mehr auf Anleihen nehmen dürfen, weil diese Kosten für die größeren Städte zu den -laufenden, in gewissen Perioden immer wiederkehrenden Ausgaben gehören. Und doch finde ih in den Anleihe- projekten der Städte massenhaft Anlethemittel für solhe Projekte vor- gesehen, die meiner Ansicht nah immer wiederkehren und deshalb auch niht dur Anleihen gedeckt werden können. Der richtige Weg, der sich allerdings nicht von heute zu morgen durchführen läßt, ist der, daß die Kommunen für fclche Zwecke Fonds ansammeln. J erinnere daran, daß die Rheinprovinz kürzli einen solchen Beschluß cefaßt hat : der Pro- vinzialaussŒuß wird ersucht, in den Etatsplan des Jahres 1969 für die Ansammlung cines Fonds zur Verminderung des Anleihebedarfs für regelmäßig wiederkehrende Bauten und Ausgaben einen Betrag von 19% der Provinzialabgabe einzustellen. Das ist ter Weg, auf dem in langsamer Arbeit die übermäßige Verschuldung in den Kom- munalverbänden eingeschränkt und die Fonds allmählih angesammelt werden können, um die Belastung des Anleihemarktes einzuschränken.

Dann hat Herr Oberbürgermeister Körte eine große Anzahl von Lokalshmerzen vorgetragen und hat die Anschauung vectreten, daß eine Stadt von der geringeren Leistungsfähigkeit Königs- bergs mit einem milderen Auge angesehen werden müsse als die wohlhabenderen Städte wie Frankfuri am Main, daß die Regel, alle Städte gleiGmäßig heranzuzichen, nicht aufrechtzuerhalten sei. Eine solhe Regel besteht nit. Und es ift selbstverständlich, daß bei der Beteiligung der Städte an Maßnahmen und Bauten, wte der Kunst- akademie in Königsberg und dem Bahnhofsumbau in Königsberg, die Leistungsfähigkeit der Städte entsprehend berüksihtigt wird. Das haben wir immer getan, und ich glaube, auch der Herr Oberbürgermeister Körte wird mir bezeugen, taß ih speziell bei derartigen Maßnahmen ber nicht starken Leistungsfähigkeit von Königsberg gern und willig Rechnung getragen habe. Ich darf an den Masurishen Kanal erinnern, der Sie in den nähsten Tagen

gemeint, daß die Anleihewirtschaft bei den '

fie da auch zu Anleihen

. beshäftigen wird, wo wir, abweihend von den Grundsätzen, die wir

; sonst allgemein aufgestellt haben, von den Interefsenten keine Garantie | für die Unterhaltungskoften gefordert haben, keine Anteilnahme an den

Grunderwerbskoften, die niht ‘hoch

Anforderung der E 4 Aber daß eine Stadt wie Köntgéberg

beshränkt worden. bei solchen Maßnahmen wie . die | gewerbeshule, einer Kunstakademie, die doch in erster Linie ihr zugute kommen, einen threr Bedeutung entsprechenden Beitrag zu leisten hat, und niht die Gesamtheit der Steuerzahler, die gar kcin Interesse daran haben, allein die Kosten tragen, das ift, glaube i, eine Forderung der Billigkeit. Ih meine, so wird sich ste!s ter

Oberbürgermeister Dr. Le n e - Magdeburg : Der Fiskus felbst treibt am meisten die Städte zu Ausgaben, denn er ist der Stärkere. Wie soll aber die Möglichkeit geshaffen werden, daß den Beamten- Eu wenn die Vorlage im Herbst kommt, rückwirkende Kraft vom 1. April gegeben wird ? Für den Staatssäckel mag das gehen, aber die Städte haben jeßt ihre Etats aufstellen müfsen, ohne Kenut- nis davon, was sie noch dafür aufzubringen haben werden. Viele Geméindea haben für ihre höheren Lehranstalten Staatszuschüsse, oft unter der Bedingung, daß die Städte an ihre Lehrer dieselben Be- foldungen zahlen müssen, wie der Staat. Diese Städte oran also ihre Oberlehrer ebenso bezahlen, wie der Staat sie rach der Gehalts- erhöhung bezahlen wird. Die ria wird sein, daß die Städte das neue Etatsjahr mit einem großen Defizit abshließen werden. Ih habe daher die ernstesten Bedenken, ob die Erklärung der Regierung über die rückwirkende Kraft bestehen bleiben kann.

Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:

Ich kann die Bedenken des Herrn Oberbürgermeisters -Dr. Lenze vollkommen vcrstehen und würde ihm sehr gern einen Weg angeben, wie die Gemeinden über diese Schwierigkeiten hinwegkommen Eönnten. Aber ih bin dazu außer stande; denn die Höhe der Säße steht noch nit fest, und es steht ferner nit fest die Entwicklung, wel@We die Sade im Landtage nehmen wird. Ich bin daher aufer stande, etwas näheres darüber anzugeben, um welhe Summen es sich für die einzelnen Gemeinden handelt. Schwierigkeiten können für die Gemeinden aller dings eintreten, wenn, wie die Absicht vorliegt, die Geseße rückwirkende Kraft bekommen. Ih glaube daher, die Gemeinden werden gut daran tun, sich mit einem Reservefonds auszurüsten und {hon in diesem Jahre auf eine entsprechende Erhöhung der Kommunalsteuer -bedaht zu sein. (Bewegung.) Andere Mittel anzugeben bin ih im Augen- blick außerstande.

Herr von Buch: Für die angemessene Besoldung der Beamten muß der Staat Sorge tragen, und eine Regierung verleßt einfa ihre Pflicht, wenn sie nicht rechtzeitig Anträge auf eine Erhöhung briagt. Aber die Sachen haben sich verschoben. In den Parlamenten, in der Presse läuft alles Sturm gegen die Regierung wegen der Erhöhung. Ich gebe-zu, daß im einzelnen Falle ein wirklich warmes Herz für die Beamten mitspriht, aber im allgemeinen kann man si des Eindrucks niht erwehren, daß dabei Wahlrücksihten mitspielen. Man sehe sich dech die Verhandlungen des Abgeordnetenhaufes än. In der leßten Session wurde fast eine ganze Sißung mit dem Zauk unter den Parteien darüber zugebraht, welche denn eigentlich. zuerst

des Süíaates, der Regierung und die Disziplin der Beamten leiden. ‘Es haben sich unter den Beamten Vereinigungen zu derm Fed gebildet, in agitatorischer Weise Verbesserungen herbeizuführen.

ie Beamten vergeffen vollkommen, daß sie Königliche Beamte sind; sie kommen nicht mehr vertrauensvoll zur Regierung oder zur vyor- geseßten Behörde, sondern sie wenden sich mit Mafsenpetitionen an die Abgeordneten. Für verschiedene Beamtenkategorien gibt es {hon Abgeordnete, die eine Art Schußtzgott für diese Kategorien bilden. - Diese Agitation, die dauernde Unzufriedenheit hervor- rufen muß, weil diesen Ansprüchen die Regierung ‘niemals folgen kann, zeigt z. B. der „Ulk“, die Beilage des „Berliner Tageblattes“. Da steht ein Bild: der Finanzminisier sitt am Fenster und trinkt Sekt ; davor teht eine hungernde Beamtenfamilie, der Mann sagt zur Frau: Laß doch, lieber hungern, als betteln. Auf dem zweiten Bilde Herbst 1908 steht der Finanzminister im Traueranzuge am Fenster und sagt zu der Familie, die traurig um den Sarg des Mannes steht: „Tröstet euch, meine Lieben, ter Himmel hat es nit gewollt, daß er den Tag erlebte, an dem er zu vernehmen hoffie, daß sein Jahreseinkommen um 11,75 A erhöht ist.“ Es ist eine Niederträhtigkeit und Semeinhcit, ein solches Bild zu bringen. Ih fragte mich erst, ob ih einem solchen Schandbild die Ehre an- tuen sollte, es hier zu erwähnen, ih habe es erst getan, nachdem die Presse \sih von der „Kreuzzeitung“ bis zum „Vorwärts“ als folidarisch erklärt hatte, als sie glaubte, daß einer ihrer Vertreter im“ Reichstag beleidigt sei. Für diejenigen, die eine fol&e Schmuß- \hzift verbreiten, ist die Bezeichnung, die der Abg. Gröber ge- brauchte, noch viel zu zart. Dafür gibt es ganz andere Ausdrüe. Wenn die Presse sih folidarisch erklärte, sollte sie auch dafür sorgen, daß nicht solhe Gemeinheiten verbreitet werden, die uns im Auslande schaden und den Beamten den Eindruck machen müssen, als ob sie Partas wären. Ich hoffe, daß die Beamten sich dur diese Gemein- heit nicht beeinflussen lassen; der Finanzminister ist dagegen wehrlos.

____Der Etat des Finanzministeriums wird bewilligt.

Ueber die erwähnte Petition geht das Haus zur Tages ordnung über. f L

Die Etats der Verwaltung der direkten Steuern, der Zölle und indirekten Steuern und der Loiterieverwaltung werden ohne Debatte bewilligt.

Beim Etat der Königlichen Seehandlung bemerkt

Graf von Mirbach: Dieser Etat hat im anderen Hause eine große Debatte hervorgerufen, aber dieses Haus wird einig darin sein, daß eine Erhöhung des Kapitals der Seehandlung erwünscht ist. Nicht einverstanden aber bin ih mit der Ansicht des Finanzministers gegen die Errichtung von Filialen in der Provinz. Diese Filialen würden lediglich mit den Depositenbanken konkurrieren. Jch halte das Be- denken, daß die Filialen wirtschaftliche Existenzen gefährden könnten, also nit für gerechtfertigt.

Finanzminister Freiherr‘ von Nheinbaben:

Meine Herren! Ich möchte der Auffassung tes Herrn Grafen von Mirbach entgegeutreten, als ob es in der Absicht der Staats- regierung läge, das Kapital der Seehandlung neuerdings zu erhöhen. Ich glaube, der Herr Graf verwe@selt dies mit der Preußenkasse (Zustimmung des Herrn Grafen von Mirbach), wo allerdings eine Erhöhung beabsicktigt ist, während das Kapital der Seehandlung erst ich glaube vor vier Jahren auf 100 Millionen erhöht worden

und somit als binreichend zu bezeichnen ift.

(Schluß in der Dritten Beilage.)

Baukosten. Während sonst bei den großen Kanalprojekten dié ganzen Unterhaltskosién und ein Drittel der Baukosten von den Interessenten : garantiert werden mußten, find deren Leistungen hier lediglich auf die sind, *

Gründung einer- Kunst- -

- Filialen in dea Provinzen in Tätigkeit zu sehen.

die Gehaltserhöhung beantragt habe. Darunter müssen die Autorität -

zum Deutschen Reichsanzeiger und Köt

A 78.

(Schluß aus der Zweiten Beilage.)

Was die zweite Frage, die Einrihtung von Filialen der See- handlung in der Provinz betrifft, so ist dies von uns eingeheud über- legt und in der Finan;kommission ausführlih erörtert worden. Es hat, möhhte ih sagen, ‘auf ten erften Blick etwas Verführerisches, nicht bloß die Zentrale in Berlin zu haben, sondern auch Ich will in- dessen von der finanziellen Seite gar nit sprehen, ob das Geschäft rätlih wäre oder niht. Jch will mich nur mlt der sozialen und all- gemeinen Seite-der Frage beschäftigen, und da glaube ih do, daß der Anregung, solhe Filialen zu errihten, erhebliGe Bedenken all- gemeiner Art entgegenstehen. Zunächst ist hervorzuheben, daß wir dadur in eine Kampfstellung zu den übrigen Großbanken geraten würden, eine Kampfftellung, die ih niht für wünshenswert erachten würde, da wir den Wunsh haben müssen, mit ihnen, insbesondere auch bei der Begeburg von Anleihen, in gutem Einvernehmen zu stehen.

No bedenklilher wäre es meiner Ansicht nach, wenn die Seehandlung dazu überginge, im Lande weithin Filialen zu errihten, weil dadur die jeßt {hon s{chwierige Position der kleinen Privatbanken und der kleinen Privatbankiers noch weiter ungünstig gestaltet würde. (Sehr richtig!) Herr Graf von Mirbah sagte, diese Banken hätten keine Depositen. Meine Herren, ich halte das für irrig. Die kleinen Banken und Bankiers haben mehr oder weniger alle Depositen. Wovon sollen sie denn leben, wenn sie nit Depositen haben, an die sich dann der übrige Verkehr An- und Verkauf von Weripapieren usw. ans{ließt.

Ih kann mih auch nicht mit dem Herrn Grafen darin einver- standen erklären, daß diese Banken unsicher wären und zu Verlusten führten. Gewiß ist das in einzelnen Fällen rihtig. Aber in den mittleren und kleineren Bankiers lebt doch ein folides und für die wirtshaftlihe Struktur sehr wertvolles Element, das zu erhalten wir alle Veranlassung haben. (Sehr richtig!) Die Situation der L mittleren und kleinen Banken ist an sich {on gegenwärtig sehr s{chwierig, weil der Aufsaugungé- prozeß, den wir im ganzen wirtschaftlichen Leben haben, gerade auf diesem Gebiete sih sehr stark geltend maht. Sie lesen fast jeden Tag in der Zeitung, daß dieser oder jener alteirgesessene Bankier von einer Greßbank nufgesaugt worden ist, ein Prozeß, der vielleicht nicht aufzuhalten ift, der aber in dem einzelnen Falle doch durchaus be- dauerlich bleibt. Richten wir nun mit der Kapitalkraft der Sce- handlung noch Filialen in der Provinz ein, so wird dieser Aufsaugungs- prozeß der mittleren und kleineren Bankiers noch s{neller vor sich gehen. Dazu mitzuhelfen haben wir keir.e Veranlassung. Dann kommt für die Könielihe Staateregierung nech ein Moment hinzu: ich halte unsere wirtshaftlihe Gntwicklung, die ih im großen und ganzen in dezentralifierender Richtung bewegt, die eine Erstarkung der lokalen Sparkassen und örtlihen Genossenschaften mit sih bringt, für durhaus nüplich und glücklich, und wir haben gar keine Veranlafsung- diese dezentralisierende Richtung zu {chwächen und die Zentralifierung künstlih ju stärken. Geht die Seehandlung mit einem Neß von Saugarmen in die Provinz, so wird sie naturgemäß nach der zentralisierenden Richtung hin wirken und wird den lokalen Spyar- kassen und Genossenschaften, die in glüdlihster Entwicklung begriffen find, ihre besten Hilfequellen abgraben und nah Berlin führen, sodaß ih glaube, daß. die Bedenken gegen die Einrichtungen von Filialen. der Seehandlung in der Provinz doch überwiegen. /

rbach: tehe den privaten Bankiers durhaus t En N Ea Is sreve mich, daß wir die A Rue Finanzministers kennen gelernt haben.

Beim Etat der Münzverwaltung referiert Berichterstatter Herr Ehlers über die Petstelung reuer Münzen und erwähnt darunter den Vorschlag, den Taler im Gebrauch zum

ünfmarlstück zu erklären. j GE er irtemeistor Dr. Struckmann- Hildesheim: Nachdem die

Taler eingezogen sind, sich aber das Fünfmarkstück als zu dick und gro E esen hat, könnte man weil Münzen in der Größe und Stärke des Talers prägen und als Fünfmarkstück bezeihnen. Das sieht zwar eigentümlih aus, aber wenn man bedenkt, daß man auch Papiergeld verwendet, so könnte das auch eine solide Verwaltung verantworten. Mit einem Fünfmarksiück in Gestalt des Talers würde jeder zufrieden sein, und der Staatskredit würde nicht darunter l:iden. Der Staat hâtte rebenbei aus der Präguug noch eine Mehr-

einnahme. Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:

_ J@ch muß dem Herrn Vozuredner zugeben, daß das Fünfmarkstück das Schmerzentkind der Münzterwaltung ift. Man klagt mit Ret über den viel zu großen Umfang und die verheerenden Wirkungen, die es auf jedes nicht ganz unbedingt folide gebaute Portemonnaie ausübt. Wir haben uns bemüht, es kleiner zu gestalten, aber dadur ist es wieder zu dick geworden. Was wir auf der einen Seite gewannen, verloren wir auf der andern. Wir sind immer noch dabei, einen gangbaren Weg zu suchen, aber gegen den Weg, den der Herr Oberbürgermeister vorgeshlagen hat, habe ich doch ernste Bedenken. Ih fürchte, es würde doch etwas nach der Gebarung von südamerikanischen Republiken aussehen, wenn wir nun auf einmal den Taler zu Fünfmarkstücken machen würden, denn darauf kommt sein Vorschlag hinaus. Gewiß sind auch jeyt hon unsere Scheidemünzen niht vollwertig, und es besteht auch jeßt noch ein erhebliher Unterschied zwischen ihrem nominellen und effektiven Wert. Nun aber den Wertinhalt ganz zu verwishen und Scheidemünzén anrähernd wie Papiergeld zu behandeln, das wäre doch sehr bedenklih, und ih fürhte, man würde dann mir und uns allen ten Vorwurf der unsoliden Wirtschaft machen.

Im übrigen kann ih dem Herrn Vorredner darin beistimmen, taß die jeßige Form unserer Münzen nah, der ästhetishen, künstlerischen Seite zu wünschen läßt. Unsere Münzen sind korrekt geförmt,

nit genehm, oder die Modelle, die die Herren cinreihten, entsprachen

gli Preußischen Staatsanzeiger.

i 1908,

Dritte

Berlin, Dienstag,

hier zu einem höheren Grade der Entwicklung zu kommen. Jh habe mi an verschiedene Künstler gewandt mit dem Wunsche, sie an die Münze zu bekommen, aber entweder war die Position den Herren

unseren künstlerishéèn Ansprüchen so wenig, daß wir niht darauf ein- gehen konnten. Ich werde aber ix dem Bestreben fortfahren, künst- lerishe Kräfte an die Münze zu ziehen, und vor allen Dingen, wenn neue Motelle, neue Prägestempel geschaffen werden sollen, auch weitere Kreise von Künstlern zu beteiligen, um uns Probestücke liefern zu lassen, und so, wenn möglich, diesen noch niht ganz auf der Höhe be- findlichen Zweig der Verwaltung zu Vervollkommnung zu bringen. (Bravo!) 4 Oberbürgermeister Dr. Struckmann meint, man könnte ja eventuell dem Fünfmarkstück etwas Gold hinzufügen, damit es den vollen Wert habe. / :

Der Etat der Münzverwaltung wird bewilligt, ebenso ohne Debatte die Etats der Staatsshuldenverwaltung, des Herren- hauses und des Abgeordnetenhauses.

i Beim Etat der Allgemeinen Finanzverwaltung verliest ,

A von Mirbach eine S wona die Kreditinanspruch-

nahme der Bank von Frankreich während eines Zeitraums von 16 Wogen im vorigen Herbst um 245 Millionen über die der Neichs-

bank hinausgegangen sei; troßdem sei der Diskont in Frankreih um

die Hälfte geringer gewesen. Dberblecermeitt i Bender - Breslau: Gerade weil. der

Oberbürgermeister Dr. E Diskontsay bei urs hoh war, wurde die Bank von Frankreich slärker

in Anspru genommen. Die Erscheinung ist durhaus erklärlih, bei uns E en unsere hoch entwickelte Induftrie kolossale Kapitalien

im Gegensaß zu Frankrei.

Graf l ant Man hat immer behauptet, daß bei starker Fnansprahnahme der Notenbanken der Diskont entsprehend höher steigt. Durch meine Zahlen habe ih das Gegenteil nachgewiesen.

- Darauf wird der Etat genehmigt, ebenso ohne jede Diskussion die Etats der Handels- und Gewerbeverwaltung und der Berg-, Hütten- und Salinenverwaltung.

Um 61/, Uhr vertagt sih das Haus, um die Etatsberatung am Dienstag, 12 Uhr, fortzuseßen.

‘Gesundheitswesen, Ti eiten und ngs- Gesundheitswesen Den Absperrung

Aus dem Sanitätsbericht über die Königlih preußische

Armee, das XII. und X1X. (l. und 2. Königlich sähsische)

und das XIIl. (Königlich württembergische) Armeekorps

sowie über die Kaiserliche oftasiatische e [a Ange ga e

für den Zeitraum vom 1. Oktober 1904 bis 30. Sep- tember 1905.

Zu Beginn des Berichtsjahres, am 1. Oktober 1904, befanden s von den Armeekorys aus dem: Vorjahre insgesamt 7401 Kranke militärärztliher Behandlun davan 6009. in etten und 1392 ei einer urchschni giststärke von 525 717 Mann kamen im Laufe deo Jahres 106494 in Lazarettbehandlung, 195626 in Revier- und 29479 in Revier- und Lazarett- behandlung; ‘im ganzen kamen hiernach 63,08 9% der Jststärke als Frank in Zugang, gegenüber dem Vorjahre eine um 256 höhere Prozentzahl. Die Zunahme ift im wesentlichen bedingt durch das ver- mehrte Auftreten der Grippe und der Erkrankungen der erften Atmungs- wege. Am Krankenzugang waren die Einjährigfreiwilligen ftärker als die übrigen Mannschaften beteiligt, insofern als von ihnen 96,62 9% ihrer Jiststärke als krank zugingen, dagegen z. B. von den Unter- offizieren nur 409,32 9%, von den eingezogenen Mannschaften des Beurlaubtenstandes nur 54,99 9/0. Von den Mannschaften des erften Dienstjahres erkrankten 89,46 9/6, von denen des zweiten Dienstjahres 45,29 9/0 und 42,66 %% in höheren Dienstjahren. Die Sterblichkeit betrug im Berichtsjahr 0,2 9/6 (im Vorjahr 0,19 9/0). j j

Non den einzelnen Armeekorps hat das XIII. (Königl. württ.) mit 82,10 9/6 die meisten Kranken gehabt, an zweiter Stelle folgte das II. (pommersche) mit 72,61 9/9. Den geringsten Zugang hatte das XIX. (2. Königl. sächsische) mit 51,05 9/0. Bei den 3 bayerischen Armeekorps stellen ih die entsprehenden Prozentiahlen auf 80,45 °/o, 76,62 9% und 53,92 9%. Von den 12 Monaten des Berihhtszeit- raumes hatten Januar (7,52 9/9), November (6,17 9/0), März (6,17 9/6) und Februar (6,04 9/) den stärksten, Juni (3,85 9/0) und September (3,68 9/0) den geringsten Krankenzugang.

Die 339 000 Kranke, die einshließlich des am 1. Oktober 1904 vorhandenen Bestandes in Behandlung gewesen sind, haben 4 987 643 Behandlungstage erfordert; auf jeden Kranken entfielen demnach im Durchschnitt 14,7 Behandlungêtage (gegenüber 146 im Vorjahre). Im Lazarett betrug die durhsnittlihe Behandlungsdauer 25,9 (24,3), îim Revier 7,5 (7,4) Tage. Der Ausfall an Diensttagen betrug für jeden Mann der Armee 9,5 (9,1) Tage.

Mit Infektionskrankheiten und allgemeinen Krank- beitén kamen im Laufe des Berichtsjahres 17 161 (im Vorjahre 11 679) Kranke in Ba und erforderten durchschnittlich 26,7 (30,3) Behandlungstage. Hervorzuheben sind 7453 (im Vorjahr 3204) Zugänge mit Gripp-, 1014 (1000) mit Tuberkulose darunter 822 (797) mit Tuberkulose der Luftwege —, 331 (470) mit Unterleibs- typhus, 42 (64) mit Wecselfieber, 337 (283) nät Diphtherie eins{l. Krupp, 354 (266) mit Scharlach, 290 (358) mit Masern, 571 N mit Mumps, 37 (38) mit epidemischer Genidstarre, 702 (602) mit Rose, 50 (44) mit Wundinfektions- kranfheiten, ferner 4642 (3666) mit afutem und 245 (236) mit ronishem Gelenkrheumatismus, 53 (19) mit Ruhr, 4 mit asiatischer Cholera, 3 mit Starrkrampf, 536 (600) mit Blutarmut, 108 (64) mit Hißschlag, 31 (31) mit böôsartigen Geschwülsten, darunter 15 mit Sarkom, 3 mit Karzinom, 75 (108) mit Vergiftungen darunter 45 (40) mit A eo —, 21 (37) mit Zuckerruhr. Von den Erkrankungen an Wechselfieber waren 10 sicher und 1 Ee \{einlich in Fiebergegenden des Auslandes (Algier, Südwestafrika, Ostasien, Italien) erworben. Von den 4 Fällen Ce Cholera waren 3 auf dem Uebungsplay Thorn, 1 in raudenz vorgekommen; der Nahweis von Choleravibrionen wurde in allen Fällen geführt, 3 dieser Erkrankungen verliefen leicht, sodaß die Dienstfähigkeit erhalten blieb, ein Fall“ endete iödlih. Die Krankenzahl der im vorigen Berichte bereits er- wähnten Typhusepidemie in Detmold erhöhte sih im Berichtsjahr noch um 13, sodaß im ganzen 104 Erkrankungen mit 8 Todesfällen festg

ellt find.

it O ebiitéa des Me even emt kamen zu einem Bestande von 210 Kranken 3540 (3306) S mit Geisteskrankheiten, 386 (406) mit Fall

im Revier.

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Mit Krankheiten der Atmungsorgane kamen zu einem Bestande von 668 (651) Kranken 45 835 (39 201) in Zugang. Am stärksten war der Zugang wie im Vorjahre im Januar und Februar. Mit Krankheiten der Kreislaufsorgane kamen 7121 (7172), mit Krankheiten der Ernährungsorgane 49910 (48 288) in

ugang. Wegen Blinddarmentzündung wurden im Berichtsjahre 263 215) * Kranke operiert; von ten O find 260 in einer

perationstabelle zusammengestellt. ach dieser wurden von den Operierten 215 geheilt, 45 starben. Die Anzahl der Blinddarm- operationen hat seit 1902/03 um 114,9 9% zugenommen, dagegen der Zugang an Kranken unter dieser Rapportnummer nur um 34,3 9/6.

it venerischen Kraakheiten gingen 19175 (10299) zu,

d. h. 19,4 (19,8) °/%o der Kopfstärke. Den geringïten Zugtäry hatte wie in den leßten 11 Jahren das XIII1. Korps. Bei der englischen, österreihishen und franiösishen Armee betrugen die Zugangsziffern während des lezten Berichtsjahres (1904) in 9% der Kopfstärke : 107,5, 61,6 und 34,0. O Mit Krankheiten der Harn- und Geshlechtsorgane As der venerischen) gingen zu 2870 (2672), mit Krank- eiten der äußeren Bedeckungen 72546 (74085), mit Krank-

eiten der Bewegung®2organe 35037, mit mechanischen

erleßzungen 68141 (70 290), endlih 7433 (7879) mit A ugen- kranfheiten und §700 (6058) mit Ohrenkrankheiten. Um ar- steckende Augenkrankheiten handelte es sih in 202 (228) Fällen.

Gestorben sind von den militärärztlich behandelten Mann- schaften im Laufe des Berichtsjahres (Vorjahres) 741 (719), d. h. 2,2 (2,2) °/o der Behanbelten. Die Lodesursache war bei 650 (644) Krankheit, bei 70 (51) ein Unglücksfall und bei 21 (24) Selbstmord. Ferner sind außerhalb der militärärztlihen Behandlung 302 (269) gestorben, davon 20 (14) dur Krankheit, 96 (82) durch Unglüdcksfall und 186 (173) durch Selbstmord. Die Krankheiten, welhe den Tod ver- ursahten, waren u. a. 106 (129) mal Lungenentzündung, 27 (20) mal Brustfellentzündung, 140 (106) mal Tuberkulose, 40 (56) mal Typhus, 64 (74) mal Blinddarm- oder Bau(hfellentzündung nebst Ausgängen, 30 (42) mal Hirnhautentzündung oder Krankheiten des Gehirns, 30 (26) mal Krankheiten des Herzens. Die Gesamtzahl der Todesfälle in der Armee belief sich auf 1043 = 2,0 °/%o der Kopfstärke, fie hat sih seit dem Berichtsjahre 1873/74, also innerhalb von 32 Jahren, von 6,7 auf 2,0 9/6 der Kopfstärke, d. h. um 70,1 9/6 verringert. Außerdem schieden 17468 (16 679) Mann aus der militär- ärzlihen Behandlung, u. a. wurden 256 (292) in die e beurlaubt, 3247 (2825) in Kurorte oder Genesungsheime entsendet, 5183 an nah ŒKinleitung des Dienstunbrauchbarkeits- oder In- validitätsverfahrens als dienstuafähig zur Truppe entlassen, 4637 (4617) unmittelbar aus der militärärztlihen Behandlung als dienst- unbrauhbar oder invalide entlassen, außerdem wurden 3914 (3555) auf Grund vor der Einstellung in den Militärdienst vorhanden ge- wesener Leiden als dienstunbrauchbar erkannt und entlafsen.

Der Uebersicht über die Brunnen- und Badekuren, die 1772 aktiven (und 537 fsonftigen) Mannschaften gewährt wurden, ist zu ent- nehmen, daß u. a. 421 (und 40 sonflige) in Landeck, 313 (+ 90) in Wiesbaden, 169 (+ 20) in Norderney, 107 (+ 68) in Tepliß, 109 (+ 43) in Nauheim verpflegt worden sind. :

Nach dem Sanitätsberiht über die Kaiserliche ostasiatische Besatzungsbrigade hatns ves Krankenzugang bei einer Jftstärke von 2730 a F. 1900: 18 360, im Vorjahre: 2776) 1960 (19 583, 2205), d. h. 717,9 (1066,6, 794,3) 9/0. Der August hatte mit 85,9 2/0 den stärksten, der Juni mit 47,2 °/)0 den {chwähsten Zugang. Der

ugang an Infektionskrankbeiten und allgemeinen Krankheiten betrug 231 im Vorjahr 184). Die Zahl der Term fungen ist von 52 im Vorjahr auf 12 gefallen, dagegen die der Malaria- und Ruhrerkrankungen von 17 und 69 auf 46 und 74 gestiegen. Gestorben sind 11 Ange- hörige der Brigade = 4,0 °/%0 (6,5 °/oo im Vorjahr), davon 7 an Krankheit, 2 durch Unglücksfall, 2 durch Selbstmord. Anderweitig schieden 86 Mann aus der militärärztlihen Behandlung, darunter 62 als tropendienstunfähig; außerbem wurden infolge von Dienst- unbrauhbarkeit oder Invalidität 66 Mann entlassen, darunter 61 als Ganz- oder Halbinvalide. Nah dem Berichte über die Tätigkeit des Zahnarztes wurden bei der Brigade 1238 Mann während des Jahres ¡ahnärztlih behandelt, u. a. wurden 49 Ersaßzstücke mit 265 Zähnen an- gefertigt. Im bygienish-chemishen Laboratorium zu Tientsin wurden 463 betteriologisdie und 154 chemische Untersuhungen ausgeführt, und infolge der Ergebnisse der leßteren 36 Proben von Nahrungs- und Genußmitteln oder Gebrauh8gegenständen beanstandet, u. a. von 22 Proben Rotwein 11, von 3 Proben kondensicrter Milch alle, weil Milchsäuregärung eingetreten war. Eine Cakeslieferung erwies \ich mit Würmern u. dergl. durhseßzt, die beanstandeien Seifen enthielten ¿. T. Stärke als Füllmaterial usw. Bei den Untersuhungen im bakteriologishen Laboratorium über die Erreger der chinesishen Ruhr wurden zweimal Amöben nachgewiesen, welhe verschwanden, sobald die Kranken mit Kalomel behandelt wurden.

Indien.

Nach einer Mitteilung der Regierung von Bengalen vom 5. März d. F. sind die wegen des Ausbruhs der Pest in Mandvi ge- troffenen Quarantänemaßregeln in den Häfen von Orissa gegen Schiffe, die von Mandvi ankommen, aufg eh oben worden. (Vergl. „R -Anz.“ vom 9. März d. J. Nr. 59.) M: - Handel und Gewerbe. Í

(Aus den im Reichsamt des Innern zusammengestellten n F„Nachrihten für Handel und Industrie“.)

a Deutsches Reich und Italien.

Uebereinkunft zwishen beiden Ländern, betreffend den Shuy an Werken der Literatur und Kunst und an Photogravhien. Zwischen dem Deutschen Reih und Italien ist unterm 9. November 1907 mit einjähriger Kündigungsfrist eine Ueber- einkunft abgeschlofsen worden, die inhaltlich mit der denselben Gegen- stand behandelnden Uebereinkunft zwishen- dem Deutschen Reih und Frankrei vom 8. April e) übereinstimmt. Neu ift in der vor- egenden Uebereinkunft die Bestimmung des Artikels 4, wonach die öfentlihe Darstellung oder Aufführung eines nach der Berner Uebereinkunft oder der neuen Uebereinkunft geshüßten Bühnenwerkes oder Werkes der Tonkunst in Jtalien von Amts wegen durhch die Lokalbehörden verboten werden wird, wenn der Urheber bei dem Königlich italienishen Ministerium für Landwirtschaft, Industrie und Handel oder bei einer italienishen Konsularbehörde in Deutschland die Erklärung abgegeben hat, daß er die öffentlihe Aufführung im voraus jedem verbiete, der nicht durch \{chriftliche und be- laubigte Bescheinigungen seine Einwilligung nahweist. Für diese rklärung ist die für die italienishen Urheber vorgeshriebene Ge- bühr zu entrichten, die in die italienishe Staatskasse fließt. Die Ur- heber sind indessen zur Abgabe einer solhen Grklärung nit ver- pflihtet. Dur ihre eig vg wird keines der den Urhebern durch die italienishen Gesetze, die Berner Uebereinkunft und die neue Uebereinkunft gewährleisteten Rechte beeinträchtigt. Die Ueber- einkunft ist am 25. Februar d. I. ratifiziert und tritt einen Monat danach in Kraft. (Retichsgesetzblatt.)

n Seis darunter 559 ehirn-. oder ANERM arder erg usw. Bei 69 Geisteskranken

ntbehren aber der Grazie, die vielfah aueländishe Münzen haben. Sie glauben aber niht, mit welden Schwierigkeiten es verbunden ift,

ucht, 217 (208) mit lagen Zustände ug Siorener geistiger Shwäche vor, bei 51 handelte es ih uin jugendliche Verblödung (Domentia prascox).

*) Deutsches Handels-Archiv 1907 T S. 942.