1887 / 261 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 07 Nov 1887 18:00:01 GMT) scan diff

Gemeinde-Abgaben vorgelegt werden und zwar in dem Sinne, wie dies auf Grund eines zwischen der Großherzog- lihen Regierung und Preußen abgeschlossenen, heute ver- öffentlihten taatsvertrages über die zu dem Nordhausen - Er furter Eisenbahn-Unternehmen ge- hörigen Strecken vorläufig hinsichtlih der Gemeinden vereinbart ist, in deren Gebiet Stationen jener Bahn liegen. Diescn ist die Berechtigung zur Heranziehung der Bahn zu Gemeinde- En nach Maßgabe des preußischen Geseßes vom 27. Zuli 1 zugesprochen worden.

Schwarzburg -Rudolstadt. Rudolstadt, 4. Novem- ber. (Magdb. Ztg.) Der Landtag des Fürstenthums ist auf den 18. November einberufen worden.

Lippe. Dem „Hannov. Cour.“ wird aus Detmold, vom 4. November, geschrieben: „Durch den unermüdlichen Eifer des Kabinets-Ministers, Freiherrn von Richthofen, ist die Eisenbahnfrage endlih geregelt. Der Minister begiebt sih am Sonnabend nach Berlin, um mit Minister Maybach die Angelegenheit zu ordnen. Das Eisenbahngeseßz lautet u. A.: Der seiner Zeit von der Fürstlichen Domanial- verwaltung zum Bau der Eisenbahnlinie Herford—Det- mold, bezw. zur Fortseßung derselben nah Süden, mit Zustimmung des Landtages geleistete, aus der Substanz des Fürstlichen Fideikommißvermögens entnommene Zuschuß von 240 000 6 soll aus Landesmitteln an die Fürstlihe Domanial- verwaltung ratenweise zurückgezahlt werden, und zwar in der Weise, da E der Betrag von 12000 # bis zur voll- ständigen Abtragung der Gesammtsumme, ohne daß eine Ver- zinsung des jeweiligen Restbetrages stattfindet, zur Abführung gelangt. Dieser Jahresbetrag von 12000 # soll in Quartalsraten u je 3000 M aus der Landkasse an die Fürstlihe Domanial- asse gezahlt werden. Dagegen verpflichtet sich die Fürstliche Domanialverwaltung ihrerseits, indem sie den Rückzahlungs- modus acceptirt, die an die Landkasse zu zahlende Domanial- rente zu '54 000 #4 um den Betrag von jährliÞh 6000

schon jeßt zu erhöhen.“

Oesfterreih-Ungarn. Wien, 5. November. (W. T. B.)

In der heutigen Sißung des ungarischen Delegations- ausschusses für auswärtige Angelegenheiten ge- langte der Referent Falk auf Grund einer Erörterung der auswärtigen Situation zu dem Schluß, daß das Auswärtige Amt durch seine, während der verflossenen Jahre befolgte Politik niht nur seinem eigenen, von der Delegation acceptirten Programm vollständig treu geblieben Ka sondern auch allen vernünftigen Erwartungen voll- tändig entsprochen habe; er beantrage daher, der Dele- ation vorzuschlagen, sie möge die bisherige äußere Politik billigen und dem Minister ihre Aner- ennung aus)sprehen. Graf Julius Andrassy billigte gleichfalls die a Käálnoky's, jüngsten, die österreichish-ungarishen Beziehungen so er- freulich und günstig entwickelnden Ereignisse und be- trahtete den Anschluß Jtaliens als eine nicht hoch genug ju shäßende Errungenschaft. Redner erörterte dann die ulgarische Frage und rihtete an den Minister mehrere Anfragen betreffend die' definitive Lösung derselben. Der Minister Kálnoky dankte für die zustimmenden Er- klärungen der Vorredner und sagte in Erwiderung auf die Anfragen des Grafen Andrassy, die Thronrede bezeichne die bulgarische Frage als ungelöst, deute aber gleichzeitig die Art ihrer Lösung an. Er sei überzeugt, diese Lösung werde allgemeine Zustimmung finden ; sie entspreche sicherlih den Juntentionen der befreundeten Kabinette, was sehr wichtig!,ei, da die Lösung auf europäishem Boden erfolgen müsse, und auch seiner Ansicht nach jede Einzel-Fntervention in der bulgarishen Frage un- bedingt auszuschließen sei. Er gebe zu, daß die Entwicklung Bulgariens durch verschiedene Zwischenfälle in einzelnen Momenten aufgehalten worden sei, aber der aufmerksame Be- obachter der Ereignisse müsse zugeben, daß gerade durch die Ereignisse und Shwierigkeiten der Patriotismus und das Selbst- gefühl der Bulgaren d bedeutend gehoben habe und daß ohne diese der bulgarische Charakter sih vielleiht nicht so prägnant hätte zeigen können. Gerade der Umstand, daß in jeder Einmishung einer fremden Macht unberechenbare Ge- fahren lägen, mache die Frage zu einer überaus heiklen. Den Umstand allein, daß diese Gefahr einer Einmischung bisher und hoffentlich für immer abgewendet und den Bulgaren die Freiheit der inneren Entwidelung gewahrt worden sei, be- trachte er als einen bedeutenden Erfolg. Was den Prinzen von Coburg anlange, so könne er (Redner) nur bestätigen, was der Referent gesagt habe, nämlih, daß der Prinz kein Kandidat Desterreih - Ungarns gewesen sei. Der Prinz habe allerdings um Rath gefragt, und die Minister hätten thm auh die Schwierigkeiten, denen er entgegengehe, E Anfänglih habe der Prinz auch versucht, den oden des Berliner Vertrages einzuhalten, es sei ihm aber nicht gelungen, die Bestätigung der Pforte und die Zustim- mung der Mächte zu seiner Thronbesteigung zu erwirken. Der 4 von Coburg sei nach Bulgarien gegangen nicht als andidat irgend einer Macht, sondern als Kandidat Bulgariens, und dies vermöge ihm vielleiht eine“ festere Stellung zu verleihen, als wenn er Seitens einer einzelnen Macht unterstüßt wäre. Artikel 3 des Berliner Vertrages sichere Bulgarien die freie Wahl eines Fürsten, verlange aber die Zustimmung der Pforte und die Anerkennung dêr Mächte. Das erstere Recht habe Oesterreih stets un- bedingt anerkannt und nicht untersucht, ob die Sobranje konstitutionell zu Stande gekommen sei oder niht. Die Wabl des Prinzen von Coburg entsprehe der Bestimmung, daß der Gewählte nicht der Dynastie eines europäischen Groß- taats angehören dürfe. jedoch die Zustimmung der forte eine ausdrücklihe Bedingung wäre, sei niht nur die Ansicht Oesterreichs, sondern auch der übrigen Mächte. Ferner sei die Zustimmung aller Mächte zur Wahl des Fürsten nothwendig. Was OesterreiG in nächster Zukunft hinsichtlih Bulgariens zu thun gedenke, könne er nit eingehend dar- ‘Tegen. Oesterreih erkenne die bulgarische Regierung als eine de facto bestehende an, vermöge aber den Prinzen von Coburg als legalen Fürsten Bulgariens nicht anzuerkennen und müsse amtliche E mit ilm vermeiden. Alles, was das Jnteresse und das Wohl der Balkanvölker zu fördern greianei sei, werde von Desterreih stets unterstüßt werden. ie Regierung je gegenwärtig ehrlich bemüht, auch andere Mächte zu Freunden dieser Völker zu machen. Die bulgarische

begrüßte freudig die

Unsicherheit und der alleinige Grund, der Alle zu außerordent- lihen Anstrengungen zwinge, sei die bulgarishe Frage nit. Oesterreich-Ungarn und Deutschland hätten mit ihrer seit Jahren befolgten P eine segensreihe Propaganda emacht; der Anschluß Jtaliens, der ja nicht erst seit dem eßten Jahre bestehe und nur jeßt zu prägnanterem Ausdruck gekommen sei, sowie die Jdentität der Ziele, welche England mit Desterreih theile und die auch von dieser Seite eine Unterstüßung der Friedenspolitik im Orient hoffen lasse, seien zu den erfreulihsten Faktoren der jeßigen Situation zu renen. Er glaube s{chließlich erwähnen zu sollen, daß er stets bemüht

ewesen und noch sei, die eziehungen zu Rußland so freund- shaftlich als überhaupt möglich zu erhalten, wie denn dieselben auch heute nur als freundschaftliche bezeihnet werden können. Er gebe die Hoffnung nicht auf, daß Rußland sich mehr als gegenwärtig den friedlich konservativen Bestrebungen der Centralmähte nähere und daß Desterreih-Ungarn mit dem großmächtigen Nachbar auf einem Fuße bleibe, welcher den beiderseitigen Völkern größere Beruhigung für die Zukunft biete. Er werde diese Bestrebungen nie auf- geben, da er dieselben nicht nur mit den Jnteressen der Monarchie vereinbar, sondern beinahe für die Grundbedingung der Herstellung eines verläßlihen Friedenszustandes in Europa halte. Csernatony betonte, daß die bulgarische Frage durh die Fragen im Westen Europas in den Hintergrund gedrängt sei; er konstatire mit Vergnügen, daß auch die österreichisch- ungarische Regierung vor Allem die Gesammtlage Europas vor Augen habe, was durch den beinahe demonstrativen Anschluß Ftaliens an die Centralmächte den prägnantesten Ausdruck gefunden habe; er stimme deswegen für den Antra des Referenten. Apponyi erkannte gleihfalls an, daß \i Kálnoky's Voraussicht rihtig erwiesen; die europäische Kon- stellation habe sih dur den Beitritt Jtaliens zu dem deutsch- österreichishen Bündniß und durch die \ympathische Haltung Englands günstig gestaltet, da Jtalien seit längerer Zeit in der Vrientfrage einen den Jnteressen der österreichish-unga- rishen Monarchie kongruenten Standpunkt einnehme. Das Hauptgewicht legte der Redner auf eine selbständige Thätigkeit des Auswärtigen Amts; die Haltung des Ministers gegenüber dem Projekt, betreffend die Entsendung Ernroth's, Mee ihn überzeugt, daß es dem Minister mit der Durch- ührung seines Programms Ernst sei. Redner stimmte daher dem Antrag des Referenten gern bei. Andrassy erörterte noch- mals eingehend die bulgarische Frage, deren definitive Lösung namentlih im Jnteresse des guten Verhältnisses zu Rußland geboten sei; Julius Horvath hielt ein besseres Verhältniß zu Ruß- land allerdings für ein Mittel, den Frieden zu erhalten, doch sei shließlich die Erhaltung des Friedens nur unter Wahrung der Jnteressen Desterreih-Ungarns anzustreben ; bei dem Gegen- say zwischen den Sa Weungarishen und russischen Jnter- essen sei jedoch eine Vereinigung beider shwer denkbar. Eine gute auswärtige Politik müsse sih nicht nur auf eine gute Armee, jondern auch auf gute finanzielle und volkswirthschaftlihe Zu- stände stüßen. - Die Regierung me sich bemühen, auf die Besserung der ne R en eziehungen zu den befreun- deten Mächten hinzuwirken. Apponyi wünschte, daß das Aus- wärtige Amt für die Anerkennung des Prinzen Fer- dinand wirke; als Freund des Friedens stimme er dem Wunsch des Ministers bei, daß das Verhältniß Oesterreich- Ungarns zu Rußland ein freundscyaftliches sei, aber niht dur Preisgebung des Programms, welches die Interessen Oester- ( reichs im Orient korrelt definixe. Graf Kálnoky erklärte sich ‘mit der Jntéxpretation des eilte Be „zu Rußland durch Apponyi einverstanden ; freundschastliche Beziehungen zu Rußland seten im beiderseitigen und allgemeinen Jnteresse nothwendig, um so nothwendiger, je größer man die Stellung Oesterreichs als Großmacht auffasse; das könne jedoch selbstverständlich niht eine Aenderung der österreichischen Politik bedeuten, welche durch das gehobene Selbstgefühl der Balkanvölker eine mächtige Förderung erfahren habe. Der Antrag des Re- ferenten: die Politik Käálnoky's zu billigen und diesem selbst eine Anerkennung dafür auszu- sprechen, wurde einstimmig angenommen und der Etat des Ministeriums des Auswärtigen mit den Nachtragskrediten unverändert genehmigt.

6. November. (W. T. B.) Der Erbprinz von Sachsen-Meiningen traf heute Vormittag um 9 Uhr hier ein und wurde auf dem Bahnhof von dem ihm während seines hiesigen Aufenthalts zugetheilten Oberst-Lieutenant Benkeoe und dem Major von Deines, Militär-Attahé der deutschen Botschaft, empfangen. Der Prinz stieg in der Hofburg ab und meldete sih heute Mittag in seiner Eigenschaft als Com- mandeur des Kaiser Franz Garde-Grenadier-Negiments bei dem Kaiser als dem Chef dieses Regiments. Am Abend wohnte der Prinz dem Galadiner in der Hofburg bei.

Großbritannien und Jrland. London, 4. November. (A. C.) Ueber die gestrige Kabinetssißung weiß der „Daily Telegraph“ mitzutheilen, daß dieselbe mehr vergangenen Vorgängen und der gegenwärtigen Lage gewidmet gewesen sei als der Formulirung bestimmter Geseßentwürfe, welhe dem Parlament bei dessen Eröffnung vorzulegen wären. Mit Befriedigung sei der sehr günstige Stand der Beziehungen zu allen auswärtigen Mächten berührt und Pporg aden worden, daß es auch nicht an Anzeichen einer Besserung der Geschäftslage in Großbritannien und Jrland fehle. Was insbesondere Frland angehe, so glaube die Regierung mit berechtigter Zuversicht auf eine baldige Wiederherstellung der Ordnung und der Autorität des Geseßes rechnen zu dürfen. Trotz weitverbrei- teten gegentheiligen Gerüchten meine dieselbe Grund zu der Ueberzeugung zu haben, daß ihre Bemühungen dem irischen Volk Vertrauen einflößen, und während die Agitation nach- lasse, Handel und Jndustrie allmählih, aber sicher wieder- aufblühen würden.

Der Herzog von Cambridge vollendete am 3. No- vember sein 50. Dienstjahr in der britishen Armee, deren Chef er seit 31 Jahren is. Das Dienstjubiläum wurde heute von 200 militärishen Mitgliedern des United Service Club im Hotel Metropole durch ein großes Bankett E, welhem u. A. auch der Prinz von Wales eiwohnte. Den Vorsi U ba Feldmarschall Lord Napier, der nah dem Festmahl dem Jubilar eine goldene Cigarrentashe als Geschenk der militärishen Mitglieder des United Service Club überreihte und ihm zuglei die Mit- theilung machte, daß die Königin ihn zum Ober-Befehls - haber der Armee ernannt habe, welchen Titel vor ihm der Herzog von Wellington besessen. Bisher führte der Herzog

Frage biete allerdings eine Quelle der Beunruhigung in der allgemeinen Situation, allein der wesentlihste Punkt dieser

5. November. (W. T. B.) Der diesseitige Bot-

hafter in Wien, Lord Paget, ist gestern Abend hier eingetroffen.

6. November. (W. T. B.) Die internationale Konferenz zur Berathung über die Zuckerprämien wird am 24. November cr. die erste Sizung abhalten.

Der Polizei-Chef Warren hat für den Tag des Lordmayors-Zuges, den 9. d. M,, alle Aufzüge oder sonstigen Kundgebungen in den Straßen untersagt.

7. November. (W. T. B.) Die meisten Morgen- blätter besprehen die Rede des Grafen Kálnoky in dex ungarischen Delegation in günstigem und beistim- mendem Sinne, namentlich den Hinweis auf die Jdentität der Ziele Englands. Dieser Hinweis, sagt das „Daily Chronicle“, bestärke die es, daß - England, obwohl es nuit thatsählich einen Theil der Allianz bilde, doch innerhalb des freunolihen Schußes derselben stehe und erforderlihen Falls bereit sei, an der Erhaltung des Friedens mitzuwirken. Der „Daily Telegraph“ bezeichnet die Rede als das neueste Zeihen am politischen Horizont, Rae bessere Friedensaussihten für das kommende Jahr andeute.

Frankreich. Paris, 4. November. Bei der gestrigen Ah- stimmung über die Umwandlung der 4prozentigen Rente in eine 3prozentigen bestanden die 311 Anhänger des Ministeriums, der „Köln. Ztg.“ zufolge, aus 249, zum größten Theil den Opportunisten angehörigen Republikanern und 62 Mitgliedern der Rechten; die Minderheit bestand aus 104 Republikanern, worunter der ehemalige Minister Lockroy, und 63 Mitgliedern der Rechten. Der Abstimmung enthielten fich 38 Republikaner, worunter die ehemaligen Minister Goblet und Granet, und 41 von der Rechten. Das Wichtigste bei der Abstimmung war aber die Spaltung, die in allen Gruppen erfolgte. Die Vereinigung der Linken (Opportunisten) hielt allein stramm zusammen. Die äußerste Linke lieferte 59 Mann gegen, 16 für das Kabinet, 7 enthielten sih der Abstimmung. Von der radikalen Linken stimmten 27 gegen, 40 für das Kabinet, 18 stimmten niht. Von der Rechten traten 62 Mitglieder für das Kabinet ein, 63 stimmten gegen dasselbe und 41 enthielten sich der Abstimmung. Rou- vier konnte übrigens gestern beim Beginn der Sißung mit Bestimmtheit nur auf die Opportunisten und den Theil der Radikalen rechnen, der in der That für ihn stimmte. Außerdem waren die Anhänger des Elysée gegen ihn, da diese glauben, daß, wenn die Nadikalen ans Ruder kämen, dieses Hrn. Grévy's Schwiegersohn zu statten kommen würde. Bemerkt zu werden verdient auch, daß der Präsident Floquet sich Rouvier gegen- über ziemlich {rof zeigte, was nicht ohne Einfluß auf viele Deputirte blieb. Nach der Pause um 5 Uhr änderte \ih aber plößlih die Stimmung unter der Rechten, und wenn auh ein Theil derselben gegen Rouvier stimmte, so traten die Uebrigen doch für ihn ein oder enthielten sich der Abstim- mung, sodaß er eine glänzende Mehrheit erhielt.

Das „Journal des Débats“ hebt in der Besprehung der Sigzung hervor, daß man während derselben eine zeitlang denSturz des Kabinets vor Augen gesehen habe und die Krisis nur durch eine Schwenkung der Rechten während des Kampfes ver- mieden worde sei; die Annahme des Antrages Daynaud auf Umwandlung der 41/2 auf 4 Proz. sei um ein Haar ange- nommen worden, da die äußerste Linke bereit stand, der Rechten die Hand zu bieten; aber die Rechte habe es nicht wieder wie im Dezember 1886 machen wollen, wo sie Freycinet, und im Mai 1887, wo sie Goblet stürzte; sie zog ihre Hand zurü, und die äußerste Linke stand am Pranger. Ueber die Um- wandlung selbst ist das „Fournal des Débats“ offffenherzig genug zu bemerken, die Verhandlungen selbst die Sache nicht weiter aufgeklärt hätten und es bedürfe dessen auch kaum: „Wir haben ein außerordentlihes Kriegs- und Marinebudget, und weil wir das haben, und weil Niemand daran denkt, es zu beseitigen, sind wir serungen, die nöthigen Gelder zu be- schaffen, und es handelt sich bloß darum, ob wir das besser durh Schaßscheine oder durch Umwandelung der Rente be- zweckden. Das Eine wäre so gut ein Aushülfsmittel wie das Andere, aber die Ausgabe von Schaßscheinen wäre ein s{hlechteres. Im Grunde zeigte die Sißung, daß man sich wenig um die tehnishe und finanzielle Seite der Frage kümmerte.“ Es folgt dann eine treue Charakteristik der Radikalen: „Wenn die Rechte nicht nach ihrer Pfeife tanzt, steht Clémenceau ver- rathen und verkauft; die Radikalen allein haben das Recht, ihre Namen mit denen der Monarchisten zu vermengen ; sie sind ihrer 120 bis 130, aber sie verlangen, daß sie, die Nechte im Schlepptau, bei der Abstimmung eine Mehrheit von 300 Stimmen haben !“

5. November. Deputirtenkammer gelangte der Resolutionsentwurf Cunéo d’Ornano’s auf Ernennung einer Unter- suhungskommission zur Berathung. Jn der allgemeinen Besprechung ergriff nur der Royalist Baudry d'’Asson das Wort, um sich gegen die Untersu}hung aus- zusprechen, da man eigentlih die Auslieferung Wilson's zur gerichtlichen Verfolgung hätte beantragen sollen. Colfavru brahte im Namen seiner Kollegen von der radikalen Linken ein Gegenprojekt ein, wonach die Enquete eine allgemeine und so ausgedehnte sein soll, daß auch das Ministerium vom 16. Mai 1877 in dieselbe einbezogen werden könnte. Cunéo d'Ornano verwahrte sihch gegen den R als hätte er mit seinem Antrage die Republik treffen wollen. Wenn die Republikaner sich unruhig zeigten, dann käme dies daher, weil sie sich \{huldig fühlten. Ein General, der vielleicht mehr unglücklich als schuldig sei, sei der Sündenbock gewesen, indeß man einen anderen während dreier Tage ebeten habe, si zu absentiren. Der Conseils-PräsidentRo uv i er emerkte: „Jch stelle dieser Behauptung das formellste Dementi entgegen, das ist eine Verleumdung.“ Cunéo d’'Ornano erwiderte: „Die Flucht sei, wie es heiße, mit Rücfsicht auf die Mitschuldigen des Generals d’'Andlau begünstigt worden. Er (Redner) bleibe dabei, man habe die Enquete unter- drücken wollen.“ Der Conseils-Präsident Rouvier meinte, die ganze Angelegenheit sei stark übertrieben und bald als ein Komplott gegen den Präsidenten der Republik, bald gegen einen früheren Minister ausgelegt worden. Hr. Rouvier ging sodann auf den Ursprung des vorliegenden Antrages zurück: Der Polizei-Präfekt wurde benachrichtigt, daß an einem Ort von Paris die auf die Mobilmachung bezüglichen Papiere wären und daß daselbst auch mit Orden Han- del getrieben würde, und e sofort ein, wobei er auf einen hohen Offizier stieß. Dies veranlaßte ihn

(Fr. C.) Jn der N Sigzung der

e von Cambridge nur den Titel „Ober-Befehlshaber“ (Com- mander-in-Chief),

n orsGen, ob keine für die Sicherheit des Staats wichtigen Papiere in den Händen der Beschuldigten wären. Jn

bwesenheit des Ministers des Jnnern hätte der Polizei-Präfekt Lu die Resultate seiner Schritte mitgetheilt, und die von der Regierung angestellte Untersuchung habe den Beweis für die höchst betrübende Thatsache geliefert, daß die erhobenen Anschuldigungen begründet seien. Da ein Blatt den Handel an die Oeffentlichkeit gebracht haae, hätte die Staatsanwaltschaft die Sache in die Hand genommen, und die Untersuchung, welche von einem Richter geleitet worden sei, der gleih allen seinen Kollegen über jeden Ver- dacht erhaben sei, sei nunmehr beendigt; außer den zwei ge- nannten Generalen sei keine politishe Persönlichkeit, kein Be- amter betheiligt. Man hat behauptet, fuhr Herr Rouvier fort, wir hätten uns angestrengt, um einen der Angeklagten ur Flucht zu bestimmen. „Jn welhem Schlamm haben Sie olche Anklagen aufgelesen?“ Der Minister erklärte die Unter- suhung bezügli folher Angelegenheiten, welche unter parla- mentarisher Kontrole stehen, für überflüssig und be- merkte, daß die übrigen Angelegenheiten vor das Gericht gehörten. Er sprehe sich gegen den Antrag auf Untersuhung aus, ohne aber die Vertrauens- frage zu stellen. Die Deputirtenkammer nahm den Antrag Colfaoru's mit 264 gegen 257 Stimmen an, in Folge dessen die Untersuchung bis auf den 16. Mai 1877 ausgedehnt werden wird. Jolibois (von der Rechten) erklärt: die Rechte habe gegen die Fassung des Antrages Col- favru gestimmt, wolle aber die Untersuhung. Er stelle den Zusatantrag, die Untersuhungs-Kommission mit den weitgehendsten Vollmachten auszustatten. Dieser Zusaßzantrag wurde mit 315 gegen 184 Stimmen, und sodann der gesammte Untersuchungs- Antrag mit 445 gegen 84 Stimmen angenommen. Die Kommission des Senats hat sich für die An- nahme der Umwandlung der 4prozentigen Rente in eine 3prozentige ausgesprochen. Die Berathung wurde auf nächsten Montag festgeseßt.

Ftalien. Rom, 7. November. (W. T. B.) Die „Ri- forma“ sagt anläßlih der Rede des Grafen Kálnoky: sie fasse dieselbe als eine erfreulihe Bestätigung einer glückck- lihen Sachlage auf, zu deren Schaffung ihre Freunde bei- getragen hätten, und welche aufreht zu halten diese in der Lage seien. :

Rußland und Polen. vember. (W. T. B.)

St. Petersburg, 7. No- Das „Journal de St. Pétersbourg“ bemerkt anläßlich der Rede des Grafen Käálnoky: es wolle bis zum Eintreffen des offiziellen Textes der Rede, welhe in gewissen Theilen zu manchen Bemerkungen Anlaß gebe und große Ueberrashung hervorrufe, heute nur die Art und Weise her- vorheben, wie Graf Kälnoky die Lage des Prinzen von Coburg auffasse. Dieselbe unterscheide sih wesent- lich von der Auffassung der russischen Regierung. Nach Kálnoky ermangele die Lage des Prinzen, um eine geseßliche zu sein, nur der Bestätigung der Mächte. Rußland aber habe niemals die Geseßlichkeit der Wahl des Prinzen dur die So- branje von Sofia anerkannt, da diese Versammlung selbst nur ein Produkt der Gewaltthat und der Ungesegßlichkeii sei. Bei dieser tiefgehenden Meinungsverschiedenheit hinsihtlich des Aus- gangspunktes sei es schwierig, sih über den Charakter der bul- garischen Krisis zu verständigen. Was die Bemühungen Kälnoky's angehe, Rußland an die Sache des Friedens anzuschließen, so bedürfe es keiner besonderen Hervorhebung, daß diese Be- mühungen anderswo besser angebraht wären. Dieser Friede werde von Rußland ebensowenig bedroht wie die Unabhängig- keit der Balkanvölker. Dergleichen Aeußerungen wären Worte, welche ihres Erfolges vor den Parlamenten sicher seien und welche auch keinen andern Erfolg im Auge hätten.

Schweiz. Bern, 5. November. (Bund.) Der Bundes8- rath hat in seiner gestrigen Sißung der Bank in Zürich die Bewilligung ertheilt, ihre Banknoten - Emission unter der nah dem Banknotengeseß durh das Wechselportefeuille zu leistenden Garantie von 8 auf 10 Millionen Francs zu er- höhen. Ueber die Rückvergütung des Monopol- gewinns an ausgeführten Alkoholfabrikaten wurde ein Reglement und in Betreff der Ausrihtung von Bundesbeiträgen an Kantone und Gemeinden zur Be- kämpfung gemeingefährliher Epidemien ein Regle- ment und ein Kreisschreiben an die Kantone erlassen.

Niederlande. Haag, 5. November. (W. T. B.) Die Erste Kammer nahm heute in der zweiten Lesung die Re- vision der Verfassung vollständig an. Die neuen Kammern werden im Frühjahr 1888 auf der Basis des neuen Wahlrechts gewählt werden.

Dänemark. Kopenhagen, 6. November. Die Königin ist gestern früh, begleitet von dem König, von hier nah

. Gjedser abgereist, von wo die Reise mit dem Königlichen

Dampfer „Danebrog“ nah Lübeck fortgeseßt wurde. N erfolgte, nah telegraphisher Nachricht, die An- kunft um 6 Uhr Nachmittags. Die Königin beabsichtigte die Naht über an Bord zu bleiben und dann heute direkt nah Leipzig zu fahren, um dort dem Kronprinzen von Griechenland einen Besu ab- zustatten. Von Leipzig gedenkt die Königin am Montag Abend nah Meran in Tirol zu reisen, wo ihre Schwester, die Prinzessin von Anhalt nebst Tochter verweilen. Hier will die Königin so lange bleiben, bis sie die Nachricht von der, hoffentlich glücklichen, Entbindung der Prinzessin Thyra, Herzogin von Cumberland, erhält. Bezüglih einer Reise Des Königs nah Penzing, um die Herzoglih Cumberland's{he Familie zu besuchen und seine Gemahlin auf der Rückreise zu begleiten, sind noch keine definitiven Bestimmungen getroffen.

Amerika. Chicago, 6. November. (W. T. B.) Bei einer heute vorgenommenen Untersuchung derjenigen Zellen, in welhen die verurtheilten sieben Anarchisten gefangen gehalten werden, wurden in der Zelle des Lingg sechs gefüllte Bomben gefunden, welche unter

eitungsblättern verborgen waren. Diese Nachricht verbreitete sh mit größter Schnelligkeit in der ganzen Stadt und erzeugte große Aufregung. Es sind bereits strengere Maßregeln bezüglich der Zulassung von Besuchen, von Geschenken und der Zustellung von Journalen an die Ge- fangenen getroffen worden. Der Referent des obersten Gerichts von a hat den Repräsentanten der Vereinigten Staaten und den größten Zeitungen Europas den vollständigen Text der Verhandlung gegen die Anarchisten vor dem Gerichtshof von Fllinois zugestellt, um das betreffende Verfahren des Gerichtshofes darzulegen.

Afrika. Egypten. Kairo, 6. November. (W. T. B.) Ein Telegramm des „Reuter'shen Bureaus“ meldet: Mit Rücksiht darauf, daß die neuesten Nachrihten aus Wady- Halfa friedliher lauten, wurde ein Theil der dorthin be- stimmten Verstärkungen ur geyalten. indeß ging ein aus Eingeborenen gebildetes Bataillon Gendarmen heute nah Wady-Halfa ab.

Zeitungsstimmen.

Die „Berliner Politishen Nachrichten“ schreiben: „Auf unsere nationalgesinnte Jugend if die Opposition, insonder- heit die Opposition „freisinnigen“ Schlages bekanntlih sehr \{chlecht zu sprehen, und das gilt nicht etwa von der studirenden Jugend allein ; nein, man hat auf jener Seite neuerdings die \{limme Ent- deckung gemacht, daß die jungen Leute {hon „verderbt“ sind, wenn sie die Hochschule beziehen, und verlangt zur Abhülfe dieses „Miß- standes“ eine durchgreifende „Reform“ „der Unterrihtsmethode an unseren höheren Lehranstalten. Diese nörgelnde Kritik, welche der „Freisinn“ neuerdings nun auch unserem, in der ganzen Welt als vorzüglih anerkannten Schulwesen angedeihen läßt, wird in eine eigenthümliche Beleuchtung gerückt dur Berichte, die ganz kürzlich Pen französishen Unterrihts-Minister Seitens der auf Staatskosten nah Deutsbland behufs Absolvirung des Kursus der Unter- und Ober-Gymnasialprima geschickten 18 jungen Franzosen ein- getroffen und des Lobes über Unterrihtsmethode und Schulzucht in den von ihnen besuchten deutschen Anstalten voll sind. Die Ent- sendung dieser Zöglinge gehört in das System, welches seit dem leßten Feldzug in Frankreih angenommen ift und darin-besteht, alle deutshen Einrichtungen praktisch_ zu studiren und das als gut Be- fundene bei sich felbst einzuführen, niht um der Sache willen, sondern als Mittel zu dem Zweck, Deutschland später mit seinen eigenen Waffen {lagen zu können. Deshalb will man auch den französishen höheren Unterriht nach deutschem Muster reformiren, während gleichzeitig aus den Kreisen unserer Opposition Unterrichts- reformen verlangt werden ebenfalls nicht um der Sache willen, sondern behufs Heranziehung eines gesinnungstüchtigen Nachwuch\es für die gewaltig gelihteten Reihen der grundsäßlichen Verneinungs- parteien. Die Franzosen rühmen unserem Schulwesen nah, es bilde gute Schüler und bereite trefflihe Soldaten vor; der Tadel unserer nörgelnden Oppositionskritiker läuft im Grunde auf dasfelbe hinaus und beraubt sich dadurch von vornherein der Möglichkeit, ernst genom- men zu werden.“

Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“

äußert : ÿ

E vershiedenen Seiten wurde bekanntlich Klage über die Höhe der Kosten der staatlichen Unfallversicherung erhoben. Dem gegenüber verdient eine Aufstellung Beachtung, welche über seine jeßigen und früheren Unfallversiherungskosten der Inhaber eines Eisenwerks ge- macht hat, und der wir im Bericht der. Handelskammer für den Kreis Lennep begegnen:

„Die Kosten der staatlichen Versicherung betrugen vom 1. Oktober 1885 bis 31. Dezember 1886 im Ganzen rund 2350 4 bei einer Zahl der Versicherten von 450, so daß niht ganz 5 4 pco Kopf und Jahr in Ansaß zu bringen sind. Die Kosten der Privatversicherung (bei einer: Leipziger Versicherungskank) haben betragen: 1883 bei 420 Arbeitern 2184, 1884 bei 410 Arbeitern 2917, 1885 bei 390 Arbeitern 4123 46 Die Firma bezahlte also früher mehr als jeßt, und dabei wird heute jeder Unfall entschädigt, während früher nur die durch Schuld der Vorgeseßten oder durch_ tnangelhasfte Ein- richtungen der Fabrik herbeigeführten Unfälle entshädigt wurden. Die Firma macht hierzu die Bemerkung: „Es is ein Glück, daß die frühere Behandlung der Unfälle aufgehört hat, sie war auf die Dauer

anz unhaltbar geworden, denn sie führte zum Betrug nach allen Ribbtungen,

Das „Posener Tageblatt“ schreibt zu den Berliner Stadtverordnetenwahlen : | ;

Ein an Parteimißwirthschaft krankender Staatsorganismus zicht naturnothwendig die einzelnen Gemeinden in die Gesamnmtmisère hinein, wohingegen ein unparteiish regierter und verwalteter Staat es ertragen kann, wenn unter den Auspizien politischen Parteiregiments auf dem Gebiet der Kommunalverwaltung hin und wieder korruptive Anwandlungen sich breit machen. Gesteht doch Niemand anders als der von der „Freis. Ztg.“ höhlich\s| belobte nationalliberale Befehder des Kartells bei den Berliner Stadtverordnetenwahlen ausdrücklich die Möglichkeit zu, „daß es zu einem „fortschrittlilen Ninge“ in der Kommunalverwaltung käme, wenn wir eine {wache Staatsregierung hätten“. Nun, zum Glü besißen wir eine Staats- regierung, welche stark ist, stark im Bewußtsein ihres Rechts und in der Ausübung ihrer Pflicht. Allein wer hat von jeher am lautesten diese starke Staatsregierung ge|chmäht? wer hat ihrem Wirken von je die allererdenkflichsten Hemmnisse in den Weg gelegt ? wer hat ihre bloße Existenz schon für eine öffentlihe nationale Kalamität erklärt ? wer hat „diesem Ministerium keinen Groschen bewilligen“, den leiten- den Staatsmann „fort von seinem Plaße“ haben wollen? wer hat sich noch gelegentlih des 2döjährigen Minister- jubiläums des Reichékanzlers gerühmt, während dieses ganzen Zeitraumes sich in ununterbrohener Opposition befunden zu haben ? Und die Antwort muß immer wieder lauten : die „deutshfreisinnige Partei, fei es direkt und unmittelbar, sei es indirekt und mittelbar als Erbin und Pflegerin der Ueberlieferungen aus der Konfliktszeit ! Und dieser selbe „Freisinn“ läßt jeßt durch die ihm ergebene Presse \éine Zustimmung zu dem verkünden, was ihm ein intimer Freund \chriftlih giebt, daß nur die Existenz der von der fortschrittlichen Free erbittert bekämpften starken Staatsregierung Berlin vor dem

nfall an das Joch eines „fortshrittlihen Ringes“ in der Kommunal-

verwaltung bewahrt.

Der „Deutsche Landbote“

Weizenbau in Jndien: : :

In England greift mehr und mehr die Ansicht Plaß, daß die *»Frage des indischen Weizenbaus cine Lebensfrage für England fei. Lia die Ernährung des englishen Volks ist der Weizenbau Indiens jeßt von großem Vortheil, aber er hat auch den Nachtheil, daß die Landwirthschaft Englands mehr und mehr eingeschränkt wird. Es ist deshalb begreiflih, daß man in England die Ausbreitung des indishen Weizenbaus, welche den Anstoß zu der geschilderten Ent- wickelung der Verhältnisse in England liefert, mit aufmerksamen Augen verfolgt, und auch für uns verlohnt es sih, die Konkurrenten in Sndien kennen zu lernen. Aus einer Station der Präsidentschaft Madras geht einem englischen Fachblatt eine interessante Schilderung des indishen Weizenbaus zu. Der Weizen wird dort nux von kleinen Leuten angebaut, die etwa ein Drittel der ihnen zu Gebote stehenden Fläche mit Weizen besäen und die anderen beiden Drittel unbestellt lassen. Wo die Eisenbahnen noch fehlen, wird der Weizen nur zu Ernährungszwecken kultivirt. Sobald aber Distrikte dur neue Eisenbahnen ershlossen werden, vollzieht sih eine gänzlihe Um- wälzung. Dann kommen die Agenten der großen Ausfuhrgeschäfte und bieten den Bauern sehr verlocktende Preise. Sie bringen ihnen Kunstdünger, damit der Bauer die drei Drittel seines Besißthums auf einmal mit Weizen bestellen kann, So kommt es, daß in etwa zwei Jahren der in einem neu ersclossenen Distrikt gebaute Weizen das Dreifache des früher gezogenen beträgt. Jene mehr erzeugten zwei Drittel werden dem Agenten zur Deckung der erhaltenen Vor- {üsse und als Zahlung für den gelieferten Kunstdünger übergeben. Die Weizenbauern erhalten alsdann wieder frische Vorschüsse für die nächste Jahresernte. Es geht daraus hervor, daß die Menge der indishen Weizenausfuhr allein von dem Fortschritt abhängt, welchen

bemerkt über ‘den

die Eisenb machen. Es sind bis jeßt erst verhältnißmäßig sehr me ige Distrikte erschlossen, und es bleibt noch eine baue große

läche, die aber ganz bestimmt in verhältnißmäßig kurzer Zeit von ie tiren durchdampft werden wird. Die Ausfuhr muß folgerihtig zn einer riesigen Menge anshwellen, wenn \{on die Zunahme der Ausfuhr nit gerade mit großer Regelmäßigkeit si vollziehen dürfte. Sicher ist auch, daß mit der Zunahme der Eisenbahnen und des Weizenbaus die Transport- Tarifsäße noch wesentlih heruntergehen werden. Es bleibt allerdings noch die Frage zu erörtern, ob die in den leßten Jahren so billigen Seefrachten keine Vertheuerung erleiden werden, Ohne billige Seefrachten kann der indishe Weizen aber niht wohlfeiler als etwa amerikanisher in Europa verkauft werden. Der indishe Weizenbauer kann und darf bei dem eingeführten Vor- \{chußsystem nicht mehr als bisher für sein TYLONE raden Durch das Vorshußsystem ist der Bauer mit gebundenen Händen dem Wohl- oder Uebelwollen des Agenten überliefert. Der Anbau von Gerste und anderen Halmfrüchten nimmt stetig zu. Ehe noch ein Menschenalter verflossen ist, wird die englishe Landwirthschaft nur noch eine Art von Marktgärtnerei sein; denn die indische Konkurrenz muß den britishen Halmfruhtbau unmöglich machen, fo resumirt felbst jenes englische Blatt. Daß aber der Weizenbau in Indien immer und immer noch steigen wird, ist nah dem Gesagten sicher.

Der „Hamburgische Correspondent“ sagt in einem weiteren Artikel über die Pflicht der nationalen Par- teien, zusammenzuhalten : : :

. . . Auf beiden Flügeln der nationalen Parteien, vorwiegend allerdings im hochkonservativen Lager, fehlt es nicht an Elementen, welche noch nicht innerlich für die feste Vereinigung aller nationalen Elemente gewonnen sind und daher jede Irrung innerhalb der Kartell- parteien nur zu gern benutzen, um diese Vereinigung zu lockern. Das sind Kinderkrankheiten, welche bei längerem gedeihlichen Zusammen- wirken der nationalen Parteien von selbst verschwinden werden, vor- erst aber noch volle Beahhtung erheischen, wenn sie nicht einen gefahr- drohenden Charakter annehmen sollen. ; ; Die Mitglieder und die Presse derjenigen Parteien , welche ernstlih und aufrichtig dem Zusammenwirken der drei nationalen Parteien zugethan sind, werden fch daher das erforderlihe Maß von Disziplin und Zurückhaltung selbst in \{wierigen Fällen aneignen müssen, welches nothwendig ist, um zu verhüten, daß die zur Zeit zwar zurückgedrängten, aber noch aiht völlig überwundenen centrifu- galen Kräfte zu neuem Leben erwachen. . . .

Armee - Verordnungs - Blatt. Nr. 28. Inhalt: Einführung der Pariser Stimmung bei den Militär-Musikkapellen. Schießübung des Personals der Landwehr - Bezirkskommandos. Schießvorschrift für die Pioniere. Wohnungsanmeldungen 2. der nah Wiesbaden beurlaubten Offiziere. Nachtrag zu dem Ver- zeichniß der höheren Lehranstalten, welhe zur Ausstellung von Zeug- nissen über die wissenshaftlihe Befähigung für den einjährig-frei- willigen Militärdienst berechtigt find. Cisenbahnbeförderung von Militärpersonen und Militärtransporten mit Schnell- 2c. Zügen. N Patashen und Patronenbüchsen der Kavallerie. Zeichnungen vom Train-Material. Zielmunitions- Pulver.

Archiv für Eisenbahnwesen. 1887. Heft 6. (Carl Hey- mann'’s Verlag, Berlin.) Inhalt: Zur Nebenbahnfrage in Oester- reih. (Schluß) Von S. Sonnenschein. Ueber Bremsen bei Cisenbahnzügen von Baron v. Gostkowski und Dr. Zimmermann. Veber eine einheitliche ¿weckmäßige Stückgutbeförderung. Die bel- gischen Eisenbalzien im Jahre 1885. Die Nebenbahnen in Belgien im Jahre 1886. Die Eisenbahnen in Spanien in 1884. Notizen: Die Uebernahme der Nikolaibahn in Staatsbetrieb. Billetrevision in Belgien. Der Zutritt zu den Perrons der Bahnhöfe in Jtalien. Die Eisenbahnen in Algier und Tunis am 31. Dezember 1885. Die Eisenbahnen in den französishen Kolonien am 31. Dezember 1885, Der Bau einer Cisenbahn durch Kleinasien. Robeinnahmen der italienischen Eisenbahnen. Betriebsergebnisse der russischen Eisen- bahnen. Rechtsprehung und Geseßgebung. Rechtsprehung: Reichs- baftpflihtgeseß. (Erk des Reichsgerihts vom 5. Januar e n Ch (Erk des Reichsgerihts vom 14. Mai 1887.) Gesehgebung: Schweiz. Frankreich. Rußland. Bücher- hau: Besprehungen. (Waring, Charles. LState-Purchase of Rail- ways. Schreiber, J. F. Die Eisenbahnen als öffentlihe Ver- kehr8anstalten und ihre Tarifpolitik. Krause, R. Friedri List und die erste große Eisenbahn Deutshlands. Zimmermann, F. Sammlung der Bestimmungen über die Tagegelder und Reisekosten der Beamten der Staatseisenbahn-Verwaltung. Gecius, G, Be- stimmungen über die Tagegelder, Reise- und Umzugskosten der preußi- \hen Staatseisenbahn-Beamten. J. W , Zeiger der Fahrc- und Frachtengebühren zum Militärtarif für Eisenbahnen.) Uebersicht der neuesten Hauptwerke über Eisenbahnwesen und aus verwandten Gebieten. Zeitschriften.

Reichstags - Angelegenheiten.

Aachen, 5. November. (W. T. B.) Bei der heutigen Wahl eines Reihstags-Abgeordneten für den 3. Aahener Wahlkreis (Stadt Aachen) an Stelle des verstorbenen Kaufmanns Viktor Gielen wurde der Bürgermeister von Eupen, Mooren (Centr.), mit 4309 Stimmen gewählt.

Veterinärwesen.

Kopenhagen, 6. November. Auf der Jnsel Amager ist der Ausbruch eines bösartigen typhoiden Fiebers unter den Schweinen konflatirt worden. Da diefe Krankheit in außerordentlihem Grade ansteckend und tödtlich ist, sind Seitens der Polizeibehörden die nöthigen Absperrungmaßnahmen getroffen worden.

Gewerbe und Handel.

St. Petersburg, 7. November. (W. T. B.) Der „Börsen- Zeitung" zufolge unterhandelt die Centralbank des russischen Bodenkredits mit französischen Banquiers wegen der Konvertirung von 325 Millionen Metallrubel 5 °/9 und von 77/10 Millionen Metallrubel 53 °/6 Pfandbriefe in 3# °/9 von der Regierung garantirte und durchaus steuerfreie Pfandbriefe.

Verkehrs - Anstalteu.

Hamburg, 7. November. (W. T. B.) Der Postdampfer „Francia“ der Hamburg-Amerikanishen Padtetfahbrt- Aktiengesellschaft hat, von Westindien kommend, gestern den

Kanal passirt.

Berlin, 7. November 1887,

Offizieller Strecken-Rapport. Die am Sonn- abend, den 5. d. -M., im Saupark bei Springe abgehaltene Hofjagd auf Roth-, Dam- und Schwarzwild ergab die Strecke von 2 Hirschen, 9 Stück Rothwild, 5 Schauflern, 9 Stück Damwild und 309 Sauen. |

Hiervon erlegten Se. Königliche Hoheit der Groß-

erzog von Hessen und bei Rhein 1 Stück Roth-, Stück Damwild und 16 Sauen; Se. Königliche Pn der Prinz Wilhelm 1 Stück Roth, 7 Stück Dam- wild und 31 Sauen; Se. Königliche Hoheit der Erni Heinrich 2 Stück Rothwild und 36 Sauen; e. Königlihe Hoheit der Prinz Friedri Leopold 23 Sauen; Se. Königliche Hoheit der Herzog Maximilian Emanuel in Bayern 2 Stück Roth-,

1 Stück Damwild und 16 Sauen; Graf Otto zu Stol-