1887 / 263 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 09 Nov 1887 18:00:01 GMT) scan diff

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daß die freundschaftlichen Beziehungen zu Serbien auc künftig fortbestehen würden, um so mehr, als die

Klugheit und Erfahrung des Königs Milan, wie dessen Sympathien für Oesterreih-Ungarn hierfür eine werthvolle Bürgschaft böten. Auf die Anfrage Thun's wegen der Ab laveriváge mit Deutschland, Jtalien und Rumänien, erklärte Kälnoky, die Ein- wirkung des auswärtigen Ministeriums sei hierbei nur eine vermittelnde, die Entscheidung liege ganz in den Händen der beiden Handels-Minister. Den Stand der Verhand- lungen mit Deutschland könne er als einen wenig aussihts- vollen bezeichnen, weil man hüben wie drüben dur die eingeschlagene volkswirthschaftlihe Richtung sich in. einer Lage befinde, aus der heute {wer herauszukommen sei, s sei man beiderseitig nicht geneigt, die Zollerhöhungen zurückzunehmen. Demnach werde die angestrebte Verlängerung des gegenwärtigen Vertragszustandes Dasjenige sein, was erreich- bar und zur Sicherstellung einer gewissen Stabilität wünschens- werth sei. Die Verhandlungen mit Ztalien seien in vollem puge; beiderseits sei der aufrihtige Wunsch nach dem Zustande-

ommen des Vertrages vorhanden. Rumänien gegenüber sei ein Stillstand eingetreten. Die Antwort Rumäniens!auf die Seitens

Oesterreichs zugesagten bedeutenden Konzessionen habe nicht aus- reichende Gegenkonzessionen enthalten. Dies sei der rumä- nishen Regierung mitgetheilt worden, eine weitere Antwort derselben sei noch ausstehend. Der Eröffnung der fertigen Orientbahn stehe die Bestimmung der conférence à quatre entgegen: bei dieser sei auf Antrag der Türkei, die sich von dem bekannten Mißtrauen gegen ODesterreih wegen der Fabel des Vormarsches auf Salonichi haben leiten assen, ausbe- dungen, daß die Linien nach Konstantinopel und Salonichi

leihzeitig zu eröffnen seien. Oesterreich sei entschieden für eine möglichst baldige Eröffnung der Bahn und hoffe auf Erfolg der it Schritte bei der Pforte. Betreffs der Regulirung des Eisernen Thores werde die Finanzirung dem- nächst erfolgen, die bezüglihen Arbeiten würden im nächsten

Frühjahr vorgenommen werden. Auf Antrag des Referen- ten wurde dem Grafen Kälnoky ein Vertrauensvotum ertheilt.

Jm Heeresaus\ch{chuß der ungarischen Delegation gab der Kriegs-Minister die R R Aufklärungen Über die Einführung des Ahtmil imeter-Gewehrs, welches sich nach den eingehendsten Versuchen mit dem zu diesem Zweck wesentlich verbesserten Schießpulver als bedeutend voktheilhafter gegen das Elfmillimeter-Gewehr erwiesen habe. Der Kriegs-Mizister detaillirte sodann die Vortheile des kleineren Kalibers und ließ diesbezügliche Demonstrationen an Elf- und Achtmillimeter-Gewehren vor- nehmen. Nachdem der Kriegs-Minister den Agitationen gegen das Manlicher-System, das vollständig auf das Achtmillimeter- Gewehr übertragen sei, entgegengetreten war, versprach derselbe noch weitere Aufklärungen in morgiger Sigzung.

Nach dem von dem Ausschuß der ungarischen Delegation genehmigten Bericht des Referenten wurden die Erklärungen in der Thronrede, sowie diejenigen des Ministers des Aeußern zur erfreulichen Kenntniß genommen. Der Bericht {ließt mit dem Antrage auf Billigung der aus- wärtigen Politik und mit dem Ausdruck der Anerken- nung ür den Minister des Aeußern.

Großbritannien und Jrland. Londo n, 8. November. A. C.) Die Minister traten gestern wieder zu einer erathung zusammen, in welcher die in nächster Session des Parlaments einzubringenden Vorlagen den Haupt- gegenstand der Erörterung bildeten. 9. November. (W. T. B) Ein Erlaß des Ae She s Warren verbietet mit Zustimmung des tinisters des Jnnern bis auf Weiteres das Abhalten von Volksversammlungen und das Halten von Reden auf dem Trafalgar-Square. Dublin, 8. November. (W. T. B.) Eine Bande von „Mondscheinlern“ drang heute früh in die Woh- nung eines Pächters in Kirby bei Tralee ein, riß denselben aus seinem Bette und tödtete ihn dur Flinten- {üsse in Gegenwart seiner Familie.

Frankreich. Paris, 7. November. (Köln. Ztg.) Auf den Antrag des Kriegs-Ministers hat der räsident der Republik eine Verfügung erlassen, welche bestimmt, daß nit nur alle kommandirenden Generale, sondern auch die- Ligen Mitglieder des Ober-Kriegsraths, welche keine Corps

e, dem Beförderu ngs-Ausshuß als ständige,

vollberechtigte Mitglieder angehören sollen. Von den neun Mitgliedern des Ober-Kriegsraths sind sieben kom- mandirende Generale, die beiden anderen aber die Generale Gallifet und Miribel, diese von den Radikalen und Revolutionären bestgehaßten Mitglieder der Armee. Die radikalen Abgeordneten kündigen daher auch schon jeßt ihre Absicht an, den Kriegs-Minister wegen der oben erwähnten Verfügung zu interpelliren.

Der Dep. Barodet und eine Anzahl seiner Kollegen von der äußersten Linken haben folgenden Antrag gestellt, welcher an die Deputirten heute ausgetheilt wurde: ;

Art. 1. Jn Zukunft wird der Orden der Ehrenlegion nur \olchen verliehen werden, die si im Militärdienst durch ihre Le und Aufopferung im Angesihht des Feindes ausgezeichnet

aven.

Art. 2, Es wird in Zukunft an Bürgerliche keine Deko- ration von irgend einer Art und aus irgend einem Grunde mehr verlieben werden.“

Aus dem Bericht des Dep. Menard-Dorian's über das Budget der Marine erhellt, daß am 1. Januar 1888 die französische Kriegsmarine aus 386 i gricigen bestehen wird; sie wird zählen 18 Geschwader-Panzerschiffe, 9 gepanzerte Kreuzer, 9 gepanzerte Küstenwächter, 4 gepanzerte Artillerieschiffe, 1 ge- panzerte {chwimmende Batterie, 9 Batterie- Kreuzer, 9 Kreuzer erster Klasse, 14 E zweiter Klasse, 15 Kreuzer dritter Klasse, 15 Avisos erster Klasse, 31 Avisos zweiter Klasse, 16 Transport-Avisos, 8 Torpedo-Avisos, 16 Kanonenboote, 12 Kanonen-:Schaluppen, 11 Dampf-Schaluppen, 10 Torpedos für das offene Meer, 62 Torpedos erster Klasse, 41 Torpedos zweiter Klasse, 7 Vedetten-Torpedos, 10 Transportschiffe erster Klasse, 10 ransportschiffe zweiter Klasse, 4 Trans ortschiffe dritter Klasse, 13 Segelschiffe, 29 Fischerei-Wa tschiffe, 3 Ka- dettenschiffe. Jm Jahre 1888 sollen 92 Fahrzeuge erbaut werden, die 46 Millionen Franken kosten jollen.

(Fr. C.) Das obere Personal Fndo-Chinas ist nunmehr folgendermaßen zusammengesetzt: Constans, inter- imistischer General-Gouverneur, mit Klobukowski, als General- Sekretär; Richaud, General- Resident in Tongking; Dillon,

d über das Kabinet Ristic zu beshweren; es sei zu hoffen

Ober-Resident in Huë, interimistis dur Hector vertreten ; Piquet, General-Gouverneur in Co inchina; de Champeaux, General-Resident in Kambodscha. Die ohlreichen, landkundigen Beamten Cochinchinas sollen nur in -ongking möglichste Ver- wendung finden und keine Neulinge aus &Frankreih mehr n geseßt werden, da diese so viel Schaden angerichtet aben.

8. November. (W. T. B.) Die Kommission für die Enquete ist heute von den Bureaux der Deputirten- Kammer gewählt worden und seßt sih aus zehn Mitgliedern der extremen Linken, sechs Mitgliedern der radikalen Linken, drei Mitgliedern der gemäßigten Linken und dreien von der Rechten zusammen.

Das Tribunal für Strafsachen seßte heute das Verhör der Zeugen in der Angelegenheit Caffarel fort. Madame Limouzin erklärte: Caffarel habe gewußt, daß für die Vermittelung von Dekorationen Belohnungen in Geld versprohen worden, was jedoh von keinem Zeugen be- stätigt wird. Caffarel behauptete: er habe niemals au nur einen Sou für eine derartige Sache genommen.

Bei der heute stattgehabten Beerdigung des ehe- maligen Mitglieds der Commune, Potier, waren mehrere Deputationen mit rothen Fahnen erschienen, welche die Polizei entfernte. Hierbei kam es zu einem Zu- sammenstoß, welcher mit der Verhaftung mehrerer Per- jonen, unter denen sich der Munizipal-Rath JFoffrin befand, endete,

9. November. (W. T. B.) General de Courcy, früherer Ober-Kommandant in Tongking, ist gestorben.

Die bei den gestrigen Unruhen anläßlih des Begräbnisses des ehemaligen Commune-Mitgliedes Potier verhafteten Personen sind am Abend wieder freigelassen worden.

Ftalien. Nom, 2. November. (Pol. n Die erste Expedition des zur Operation gegen Abessinien be- stimmten italienishen Corps ist, mit dem Ober-Befehls- haber, General-Lieutenant di San Marzano, und den Generälen Lanza und Bald issero an der Spiye, bereits auf dem Wege nah Afrika. General Marzano wird am nächsten Sonntag, den 6. d., in Mass ovah eintreffen (\. u.). «Jn wenigen Tagen folgt die zweite Expedition, und gegen Ende dieses Monats werden gegen 20 000 Mann mit etwa 6000 Pferden und dem nöthigen Kriegsmaterial in und um Massovah vereinigt sein. Es steht nunmehr fest, daß das italienische Expeditionscorps in Afrika, ohne Nücksiht auf den Erfolg oder Mißerfolg der eine Verständigung und Ver- söhnung anstrebenden Vermittelungsversuche, sobald es am Orte seiner Bestimmung eintrifft, sofort seine Operation be- ginnen, die früher innegehabte Stellung zwischen Sahiti und Uah einnehmen, von dort aus gegen die abemitden Stellungen vorgehen und die zwischen Kerem und Massovah liegende, das Gebiet des Bogos umfassende Gebirgskette besezken wird. Eine Verständigung zwishen Ftalien und Abessinien is überhaupt blos unter der Bedingung möglih, wenn Ftalien eine Grenze zugesichert wird, welche seine militärishe Stellung in Afrika und feinen Truppen eine gesunde Dislokation, besonders in den Sommermonaten, sichert. Jedenfalls ist Ftalien entschlossen, mit aller Energie vorzugehen, und wenn es die Umstände erfordern, wird dasselbe au vor einer Expedition in das Juniere Abessiniens nicht. zurück- weihen, um seine künftige Stellung in Afrika zu sichern. Das Material, über welhes das italienische Expe- ditionscorps verfügt , ist das vorzüglichste, für Operationen in jenen Gegenden eingerihtet, der Geist der Truppen ein ausgezeichneter. Man darf daher einen Erfolg der italieni- hen Waffen in Afrika mit Zuversicht erwarten. Seit der Katastrophe von Dogali ist Alles geschehen, um die italienische Stellung in und um Massovah zu befestigen. Die verschiedenen, die strategischen Stellungen der Truppen sichernden Forts sind mittelst Eisenbahnen unter einander verbunden, die Verbin- dung mit dem Meere in jeder Richtung gesichert, die Position in tassovah verstärkt. Seitdem man in Afrika den Ernst der italienishen Expedition gegen Abessinien erkannt hat, mehren s\ich die Allianz- anexrbietungen verschiedener, theils von Abessinien direkt, theils indirekt abhängiger Stämme, und wenn Jtalien in die Lage kommen sollte, zur vollständigen Abrechnung mit Abessinien zu schreiten, so wird es ihm an Bundesgenossen nicht fehlen. Das herzliche, zwishen Ztalien und England gegenwärtig bestehende Einvernehmen sichert Jtalien von dieser Seite die moralische Unterstüßung seiner Expedition. __— 8. November. (W. T. B. Der Dampfer „Amerika“ ist mit dem General San tarzano an Bord heute in Massovah eingetroffen. Generäl Saletta hatte mit San Marzano, welcher morgen das Ober-Kommando übernimmt, eine längere Unterredung.

_— 9. November. (W. T. B.) Wie der „Agenzia Ste- fani“ aus Massovah gemeldet wird, erläßt General San

-Marzano heute bei der Uebernahme des Ober-Kom-

mandos einen Tagesbefehl an die Truppen und ein Manifest an die Kolonie. Jn dem Tagesbefehl heißt es: Jtalien habe, um seine Rechte auf diese Gegenden gegenüber allen Ansprüchen zu wahren, ein starkes Expeditionscorps konzentrirt. „Wir werden, welche Ereignisse auch eintreten mögen, dem Vertrauen des Königs und des Vaterlandes zu entsprehen wissen und haben die Zuversicht, Jedermann werde stets seine Pflicht thun.“ Jn dem Manifest versichert der Ober- Kommandant: er werde die Rechte der Kolonie s{üten. Die imposante Macht, welche in Massovah konzentrirt werde, beweise, daß Jtalien jet mit Liebe auf dieses Gebiet blie, an dessen Zukunft es großes Interesse habe. Die befreun- deten Stämme könnten an GZtaliens kräftigen Schuß glauben.

Schweiz. Bern, 8. November. (W. T. B.) Der Bun- desrath hat beschlossen, den Handelsvertrag mit Desterreih-Ungarn, vom 14. Juli 1868, zu kündigen und dem Gesandten der Schweiz in Wien den bezüglichen Austrag ertheilt.

Velgien. Brüssel, 8. November. (W. T. B.) Jn der heutigen Sißung des Senats theilte der Just iz- Minister mit, daß die Regierung sih demnächst mit der Frage der Begnadigung der bei den leßten Arbeits- einstellungen Verurtheilten beschäftigen werde.

Süd - Amerika. Argentinien. Buenos- Aires, 8. November. (W. T. B.) Während des Monots Oktober d. J. sind hier 50 Dampfer mit 14257 Einwanderern eingetroffen. Die Zolleinnahmen betrugen während des- selben Monats 3 463 000 Piaster für Buenos-Aïres und 483 400 Piaster für Rosario. -

Afffien. Afghanistan. Aus Calcutta, vom 6. No- vember, meldet ein Telegramm der „Times“:

Ueber Eyub Khan's Aufenthalt ist noch nichts Gewisses be- kannt. Der Emir hat mehrere Proklamationen erlassen. Jn der einen heißt es, daß Eyub in der Wüste verdurstet sei, in anderen wiederum, daß er in Teheran im Gefängniß siße. In Candahar geht das Gerücht, der Prätendent sei nah Rußland geflohen. Wahr- scheinlich aber ist, daß er si auf persishem Gebiet ver- steckt hält, nahe der Grenze. Jm südlihen Afghanistan ift Alles ruhig. Der Emir hegt noch immer die Absicht, Candahar zu besuchen, doch glaubt man, daß er sich fürchtet, Kabul zu verlassen. Zahlreihe Gerüchte gehen, daß in Bajour, Dir, Swat, Kohistan und Hagara Aufstände vorbereitet werden. Es heißt, daß Taj Mahommed Khan, ein Anhänger Eyub's, in der Provinz Herat Un- ruhen anzettelt. Der Emir erfreut sich fortwährend der besten Ge- sundheit. Der Freibeuter Sadu, welher Nur Mahommed bei der Eroberung von Khost behülflih war und seitdem sih mit der Plün-

derung der Karawanen des Emirs beschäftigte, ist am Fieber gestorben.

Afrika. Marocco. Tanger, 5. November. (N. B.) Amtlichen Nachrichten aus Mequinez, vom 1. d. M. zufolge befindet sih der Sultan von Marocco außer Gefahr. Sein Befinden hat sih so weit gebessert, daß er am 31. v. M. im Stande war, die Provinzial-Gouverneure in einer Audienz zu empfangen. Die Gouverneure sind jeßt ange- wiesen worden, auf ihre Posten zurückzukehren. Der fran- zöósijhe Gesandte traf am 1. d. M. in Mequinez ein und wurde herzlih empfangen.

Zeitungsstimmen.

Die (Schweizer) „Thurgauer Zeitung“ verwahrt sich dagegen, daß ihr bei Gelegenheit der dortigen Nationalraths- wahlen der Vorwurf gemacht worden sei: „sie bete Bismarck an“, und sagt: .

. _. Es ift ganz natürli, daß es in einem republikanischen Volk Tausende geben muß, welche unbefangene Anerkennung des Wirkens und der Leistungen eines Staatsmanns, der einer Monarcie dient, absolut nicht zu verstehen vermögen und dieselbe für eUnrepublikanisch“ halten. Wir haben uns selbst nie cine Illusion darüber gemacht, daß wir für weite Kreise weitaus populärer geschrieben haben würden, wenn wir auf Bismarck und seine Politik geshimpft hätten wie die Rohrspaßen. Dann würden wir Vielen als ein tapferer Held er- schienen sein, obwohl Jeder genau weiß, daß weder von Angriff noch von Anerkennung ein Sterbenswort zu Ohren Bismarck's kommt. .…. Bevor wir uns über den Vorwurf auóssprehen, mit Bismarck zu \ympathi- siren, wäre im Grunde erst zu untersuchen, ob dies überbaupt ein Vorwurf ist. „Anbeten“ thun wir Bismarck niht. Wix sympathisiren auch nicht in der Weise mit ihm, wie ein de.tscher Staatsbürger unter seinen Anhängern es thut. Unterthan sind wir nur dem eigenen Vaterlande, und nur diesem gehören daher unsere Gefühle unbedingt. In allen Sympathien oder Antipathien, mit denen wir ausländische Personen und Dinge betrachten, ift daher die Treue gegen das eigene Volk als etwas sich ganz von selbst Verstehendes und keiner weiteren Erwähnung Bedürftiges immer vorbehalten. Dies ausgesprochen, lassen wir uns es dann aber von Niemand nehmen, für das Rechte einzutreten , wo ‘wir es finden, und wäre es in der Monarchie, und falsche Göpßen von ihren Piedestalen stürzen zu belfen, wo sie si finden, und wäre es in der Republik. So haben wir auch nichr die Werke Bismarck's bewundert, weil sie von Bismarck kamen, sondern wir haben Bismarck hohs{chätzen lernen, weil wir ihn immer auf den Wegen fanden, die zum Wohl feines Landes führten. Wenn wir nun sagen sollen, weshalb wir mit Bismarck's Wirken sympathisiren, so kann dies in wenig Säßen ge- schehen : Wir erinnern uns gern, daß Bismarck es war und nicht Napoleon, wie man in der Schweiz die längste Zeit glaubte, der die Neuenburger Frage in einer für die Schweiz so glatten Weise aus- trug. Wir vergessen es auch nicht, daß er nach der Niederwerfung Frankreihs der Schweiz die französischen Sympathien, welche ein Theil derselben während des Krieges gehegt hatte, nicht nachtrug und sih in keiner Weise dafür an ihr rähte. Wie hätte im umgekehrten all Frankreich uns seine Pantbertaße zu fühlen gegeben! Wir be- halten in treuem Gedächtniß das Verfprechen, welches Graf Bismarck nach der Aufrichtung des Deutschen Reichs an die Mächte richtete, es werde die weitere Entwickelung Deutschlands einc so stetige sein, „daß sie von ganz Europa und besonders von den Nachbarländern Deutsch- lands nit allein ohne Besorgniß, sondern au mit Genugthuung werde begrüßt werden können.“ Zuletzt noch ift von der Erklärung Bismarck's im Reichêtage am 1. Dezember 1884 gute Vormerkung genommen worden, „daß die deutshe Regierung. fest entschlossen sei, der Neutralität der Schweiz und der Gotthardlinie Rechnung zu tragen.“ Sodann vermögen wir dem Außerordentlihen, was Bismark für sein Volk gethan hat, unsere Hochachtung nicht zu versagen. In der Einigung Deutschlands erblicken wir ein Ereigniß von der allergrößten und heilsamsten Bedeutung. Und sollte endlich unsere Anerkennung niht auch der Sorge gebühren, mit welcher Bismark für die Erhaltung des Friedens wacht? Ohne seine unvergleihlihe Staatskunst wäre das Elend des europäischen Krieges {on längst über uns hereingebrohen. Das sind die Gründe, weshalb wir den großen Arbeiten Bismarck's mit Ver- trauen folgen. Troy alles Widerspruchs haben dieselben noch immer nur das Gute im Auge gehabt. Und nun kehren wir den Spieß um und fragen, warum man denn diesem Staatsmanne durchaus die An- erkennung zu versagen verpflichtet fein soll. Ist denn die Menschheit wirkli so niedrig gesinnt, daß sie die größten Dienste nur mit dem Eselstritt zu danken vermag und sih dessen noch dazu rühmt? Sollte sie wirklih fo unheilbar blind sein, daß sie in alle Ewigkeit nicht zu lernen vermöchte, Oppositionsmacerei von Freisi..n und freisinniges Schwäßen von freisinnigem Handeln zu unterscheiden ? Wie? Der Mann, der sein Volk einig und groß gemacht, der im Verkehr der Völker die macchiavellistishe Politik des Lugs und Trugs durch eine ho- finnige Politik des Ausgleis der Interessen erseßt, der mit muthiger Hand die Lösung der verderbenschwangeren sozialen Frage durch die wirthschaftlihe Sicherung der Arbeiter in die Hand genommen hat, der sollte ein beschränkter preußischer „Junker* sein, der nihts Anderes als die Sondervorrehte seines Standes im Kopfe hat? Und das sollte unrepublikanish sein und einem fecien Manne nit anstehen, solchen Leistungen und ihrem Urheber die verdiente Anerkennung voll zu gewähren? Deutet es nit vielmehr umgekehrt auf einen Mangel an rihtigem Gefühl, wenn man im Stande ist, dem Achtungswerthen die Achtung zu versagen? Oder ist es etwa republikanisher, mit dem politischen Gesindel ... zu \ympathisiren, nur weil es si republikanisch nennt unv obwohl es nichts verfolgt, als Einzelinteressen auf Kosten der Gesammtheit? Was ist überhaupt der wahre, leßte Grund des unüberwindlichen Widerwillens bei Vielen gegen die Ge- währung der Anerkennung, die Bismarck unstreitig von Seiten aller recbtlich Denkenden verdient? Es ist nichts als der gemeine Neid, die Eifersucht auf das Größere, dasselbe Gefühl, aus dem jener Bauer im Scherbengeriht zu Athen den Aristides verbannen half, weil er es nämlich „unrepublikanisch“ fand, daß Aristides der Gerechte ge- nannt wurde, Dder fürchtet man etwa, daß durh Sympathien die Unabhängigkeit des Landes gefährdet werden könnte? Würde sie nicht unendlich mehr durch Haß gefährdet? Wie man es M es kann nicht unreyublikanisch sein, das roe das sih und scin Leben dem Besten seines Volks und der Menschheit opfert, neidlos anzuerkennen. Mit der Stunde, wo Bismarck niht mehr sein wird, werden dies plößlih Alle willig zugeben, und Niemand wird das Mißtrauen und den Widerstand mehr begreifen, mit dem ihm während seines Daseins das Leben verbittert worden ist.“

E

In einem „Reges Schaffen“ überschriebenen Artikel äußert die „Nord-Ostsee-Zeitung“:

In unserer Zeitperiode, in welcher der Verkehr und die Oeffent- lihkeit als charakteristische, bestimmende Merkmale hervortreten, haben sih die Klagen über \chlechte Zeiten in geometrischer Progression ge- häuft, während die Uebelstände in Wahrheit \ich nicht einmal in arithmetisher Progression steigerten. Es liegt nun einmal in der mensch- lihen Natur, daß mitleiderregende Schilderungen und Schwarzmalereien die läglich in allen möglichen Variationen wieder aufgetischt werden, endli Glauben finden oder do die Meinung erwecken, als ob „etwas daran“ sein müsse. . . . Der Raer von Staat, diefer arme Sündenbok für die Gebrechen und Anklagen der Mitrwelt, ist es ganz besonders, der unter den Keulenschlägen der extremen Richtungen zu leiden hat. Es ist so unendlich leiht und bequem, alle Shuld, die der eigenen Unfähigkeit entspringt, auf diesen angeblichen Störenfried abzuwälzen. Was in Wirklichkeit der moderne Staat für die Ausbildung des Ver- fehrêwesens, die Ausgleihung der Preise der nothwendigen Volksbedürfnisse, die allgemeine geistige und technische Aus- bildung, für Hebung der Landwirthschaft, des Handels- und Unter- nehmergeistes, für Verbesserung der Lage der arbeitenden Klassen thut und gethan hat, ist freiliß in den Augen ruhiger Beurtheiler und des objektiv zushauenden Auslandes kfeineëwegs so unbedeutend, wie es die gewerbsmäßigen Parteipessimisten zu ehaupten belieben. Gilt es doch, um jeden Preis Unzufriedenheit mit dem Erreichten und den bestehenden Zuständen im Staat und in der Gesellschaft hervorzurufen. Indessen, gerade die tollen Verdächtigungen der s\ozial- politischen Gefeßgebung und der Absichten der positiv \chaffenden Richtungen haben bis jeßt nit vermocht, die stetige Organisations- arbeit im Staat ernstlich zu gefährden. Im Gegentheil, die unend- lih hohe Bedeutung der sozialpolitischen Gesetzgebung für die ruhige politische und gesell\chaftliche Entwickelung des deutschen Volks wird jeßt endlich auch in Arbeiterkreisen mehr und mehr anerkannt.

Centralblatt der Abgaben-Geseßgebung und Ver- waltung in den Königlich preußischen Staaten. Nr. 23. Inhalt: Anzeige der im Reihs-Geseßblatt erschienenen Gesetze und Verordnungen Allgemeine Verwaltungsgegenstände. Veränderungen in dem Stande und in den Befugnissen der Zoll- und Steuerstellen. Pferdegelder fkommissarischer Stellenverwalter. SIndirekte Steuern: Bekanntmachung, betreffend die Einfuhr von Pflanzen und sonstigen Gegenständen des Gartenbaues. Gewichtsermittelung der Gebinde und des in dieselben übergefüllten Branntweins. Etr- läuterung der Bestimmungen des Branntwein-Nachsteuerregulativs betreffend. Erläuterung der Ausführungsbestimmungen des Brannt- weinsteuergeseßes betreffend. Erkenntniß des Reichsgerihts. Stempel zu den Notariatsurkunden in dem Bezirk des Dber-Landes- geridts in Köln. Perfonalnachriten.

Eisenbahn. Verordnungs-Blatt. Nr. 32. Inhalt: Allerhöchster Erlaß, betr, das Enteignungsreht für die Eisenbahn von Tuttlingen nah Sigmaringen (Inzigkofen). Vom 3. Oktober 1887, Berichtigung der Bekanntmachung des Reichskanzlers, betr. Abänderung des Regulativs über die zollamtlihe Behandlung des Güter- und Effekten-Tranéports auf den Eisenbahnen. Vom 9, Ok- tober 1887. Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten: vom 17. Oktober 1887, betr. Beförderung von Blumenzwiebeln auf der Cifenbahn; vom 21. Oktober 1887: betr. Uebertragung des Baues der Zweigbahn vom Bahnhofe Gifhorn über Stadt Gifhorn nah dem großen Torfmoore dasclbst an das Königliche Eisenbahn-Betriebs- amt (Berlin—Lehrte) zu Verlin; vom 21. Oktober 1887; betr. Aus- bildung der Königlichen Regierungs-Bauführer des Hoch- und Inge- nicurbaufaches im Dienstbereih der Militärverwaltung. Nachrichten.

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

Joh. Calvin's christliche Glaubenslehre, nah der ältesten Ausgabe vom Jahre 1536 zum ersten Mal ins Deutsche überseßt von Dr. Bernhard Spieß, Oberlehrer und evangelischer Religionslehrer am Königlichen Gymnasium zu Wiesbaden. Wies- baden, Verlag von Chr. Limbarth. 1887, Pr. 6 4 Als die 6. Kon- ferenz reformirter Prediger, Aeltesten und Gemeindeglieder am 19,, 20. und 21. August 1884 in Marburg tagte, gelangte. außer einem Briefe des r. Kraft zu Elberfeld, in welchem auf die Herausgabe von Schriffên zur Geschichte der reformirten Kirche aufmerksam ge- macht wurde, auch ein Schreiben des Pastors Kuhnert zu Sch{wiebus an den Moderator dahin, in welchem derselbe u. A. bemerkte, die christlihe Glaubenslehre von Calvin sei wegen ihrer Abfassung in lateinisher Sprache den Gemeinden in Deutschland nicht zugänglich; sie sei aber von unberehenbarem Einfluß auf die Ausgestaltung der christlihen Lehre gewesen. Das bei Scchwetschke u. Sohn in Braun- weig erscheinende Corpus Reformatorum bringe von Calvin’'s Werken 3 Ausgaben, die ursprüngliche von 1536, die Zusammenfassung derer von 1539—1554 und die leßte von 1559, Die ursprüngliche sei in der einfachsten Form abgefa t; sie bestehe aus einer Erklärung der 9 Hauptstücke, Gebote, Glaubensartikel, Unservater, Sakramente und einer Abhandlung über den Wandel des Christen. Die zweite sei eine vollständig ausgeführte Dogmatik und fast viermal so groß, wie die erste; die leßte, die Calvin au französish abgefaßt habe, sei fünfmal so umfangreih wie die erste, Die ursprüngliche Ausgabe nun sei es, die von größtem Werth für die reformirten Gemeinden wäre. Sie würde ein Büchlein abgeben, das zu ‘einem billigen Preise bergestellt werden könnte und ih siherlih bald bei den reformirten Gemeinden einbürgern würde, nur müßte sie in fließendem Deuts, auf die Gemeinde berehnet, abgefaßt werden. An diese Zuschrift knüpfte sich nun eine längere Debatte, wobei darauf hingewiesen wurde, daß die Mea der Ausgabe von 1559 durch L A. Krummacher nur zur fte (1823) beendet worden sei. Endlich be- chloß man, eine Ucberse zung der ersten Ausgabe zu veranstalten und übertrug diese Arbeit dem Dr. Spieß. So entstand die vorstehende genaue , sorgfältige und _gute Ueberseßung der ältesten Ausgabe von Calvin's christliher Glaubens- lehre vom Jahre 1536 und deren Herausgabe. Jn dem Buche werden folgende 6 Lehrstücke behandelt: 1) Vom Gesetz, eine Auslegung der zehn Gebote enthaltend. 2) Vom Glauben, woselbst au das sog. apostolische Glaubensbekenntniß ausgelegt wird. 3) Vom Gebote, wobei auch das Gebet erklärt wird. 4) Von den Sakramenten, insonderheit von der Taufe und dem Mahle des Herrn. 5) Worin bewiesen wird, daß die fünf übrigen, die man bisher allgemein dafür ehalten hat, keine Sakramente find, und sodann gezeigt, welcher Art fie seien. 6) Von der hristlihen Freiheit, firGlicen Amtsgewalt und der Staatsverwaltung. E :

Geschichte der sächsischen Klöster in der Mark Meißen und Oberlausiß, von Hermann Gustav Hasse, Lizentiaten der Theologie 2c. Gotha, Friedr. Andr. Perthes, 1888. Preis 6 4) Ein Veteran auf dem Gebiet kirhliher Spezial- istorik liefert hier einen interessanten und werthvollen Ausschnitt der sächsischen Kirchengeschichte, eine frühere Arbeit in erweiterter und vollendeterer Form vorlegend. Geschrieben sind diese Kloster- geshihten aus den Quellen, den vorhandenen Urkundensamm- lungen, Chroniken und gediegenen Spezialgeshihten unter Herbei- ziehung anderer einshlagender Geschichtswerke. Die erste Fröfere Hälfte umfaßt die je nach der Bedeutung und Wichtigkeit ausführlihere oder kompendiösere Geschihte von 33 Mön{hs- klôstern aus sieben verschiedenen Denominationen, der zweite kürzere die Geschichte von 16 Nonnenklöstern, darunter von zwei zur n noh bestehenden. Nicht nur für die \pezielle und allgemeine Kirchen- historie, sondern au für die Kultur eshihte, die der Verfasser mit Unparteilichkeit behandelt, finden i allenthalben s{häßbare Mit- theilungen. Interessant ist der Gedanke, die Wirksamkeit jener Pflanzstätten christliher Zucht und Sitte mit den Unternehmungen der Innern Mission in der Gegenwart zu vergleichen.

Im Verlage von Otto Tesmer in Berlin erscheint: „Die Umgebungen der Kaiserstadt Berlin tin Wort und Bild“. Geschildert von A. Trinius. Jllustrirt von G. Brandt, H: Dietrihs, Emil Doepler d. I, H. Goetze, G. Shoebel,

. Söborg u. A. (Vollständig in 12 Lieferungen à 1 46) In diesem Werk sind zum ersten Male Stift und Griffel îm Verein bestrebt, die landschaftlich wie historish denkwürdigen Punkte der Umgebungen Berlins in treu widerspiegelnden Bildern dem Leser und Beschauer vorzuführen, ihm Anregung und Anleitung zu geben, hinaus zu wandern und mit eigenen Augen die Schönheiten der Mark Brandenburg zu hauen. Für das Berliner Haus soll das Werk ein

amilienbuch von dauerndem Werth sein und die Liebe zur engeren eimath, den Sinn für ihre ruhmvolle Geschichte fördecn und be- estigen helfen. „Dem Fremden jedoch wird das Werk ein bunt-

* farbiger Blüthenstrauß eigener Erinnerungen an froh verlebte Stunden

bleiben. Denn auch draußen im Reich soll man endli erkennen, daß die Mark Brandenburg, das fo oft geschmähte Stiefkind der Natur, eîne Fülle des Schönen, Interessanten und Herzerfreuenden birgt, daß über ihren blauen, \{ilfumsäumten Seen, in ihren vershlafenen Kiefernwäldern, um ihre verfallenen Burgen und Edelsite, ihre ein- samen Heidedörfer ein Zauber weht, der uns tief bewegt und in Lied und Sage oft seinen reinsten und s{önsten Ausdruck empfangen hat.“ Ein Meister in der Kunst landschaftlicher Schilderung, ein hervor- ragender Kenner märkishen Landes, märkischer Geschichte und Sage ist der bekannte Autor dieses Werkes, dessen Name für eine ausge- zeihnete Bearbeitung des Stoffes bürgt. Eine Reihe hervorragender Berliner Künstler, von denen mehrere durch ihre trefflihe Dar- stellung märkisher Landshaften wohlbekannt sind, haben das Buch rei illustrirt und dur ebenso werthvolle als charaf- teristishe Beiträge zu einem eigenartigen Prachtwerk gestaltet. Die beiden vorliegenden Lieferungen haben folgenden Inhalt: 1) Auf- wärts die Oberspree. Einleitung. De Oberspree. Eine Dampferfahrt von Berlin bis Köpenick. Die Jannowitzbrücke. -— Stralau. Treptow. Eierhäuschen. Neue Krug. Johannis- thal. Süßegrund. Schönweide. Die Sommerlokale am grünen Strand der Spree. Spindlersfeld., Köpenick, 2) Aus dem Gebiet der Dahme und Spree. Grünau. S Seddin-See. Kolonie Gosen. Zeuthener See. Neue Mühle. Königs-Wusterhausen. Mittenwalde. Friedrichshagen. Muüggelsee. Die Muüggelsberge. Müggelsheim. Große Krampe. Rahnsdorf. Erkner. Woltersdorfer Schleuse. Kranihberge. Kalk-See. Nüdersdorfer Seebad. Rüdersdorf und seine Kalkberge. Dorf Kagel. Möllen-, Peetz- und Werl- See. Fangshleuse. Die erste Lieferung ist mit folgenden Illustrationen geschmückt: Titelbild (Babelsberg), G. Schoebel. Kopfbild der Einleitung, Emil Doepler d. J. Ein Berliner Angler, G. Brandt. Die Jannowitßbrücke, Blick von der Stadt- bahn und von der Spreeterrasse aus, H. Goeße. Kirche von Stralau, P. Söborg. Sonntagnachmittag in Sadowa, G. Brandt. Stloß Köpenick mit der auf dem Dache befindlichen Ballustrade, H. Dietrichs. Denkmal Joachim Friedrih's bei Grünau, H, Goeye. —- E: derer von Hake, MaSnow desgl. Wie man \{chon aus den Illustrationen ersehen kann, sind neben den landschaftlichen und geschichtlihen, auch foziale Verhältnisse berüdsihtigt; leßtere erörtert der Verfasser in seinem bekannten gemüthvollen Humor. “So knapp er im Allgemeinen seine Schilderungen bält, ges{hihtliche Er- eignisse, welhe auf märkishem Boden gespielt haben, werden aus- führlih in fesselnder Weise erzählt, so z. B. jene traurige Episode aus dem Leben König Friedrih's d. Gr., deren Schauplaß das Schloß Köpenick im Jahre 1730 war. Das Werk wird gewiß die wohl- verdiente weite Verbreitung findeu ; es soll möglichst zum Weihnachts- fest vollendet sein.

„Der Nihilismus, das einzig Wahre in der Medi- zin, medizinish-hygienishe Streifzüge für Denkende jeden Standes“, von Dr. Hellmuth Steudl, nah dem Tode des Verfassers heraus- N und mit einem Vorwort versehen von Sanitäts-Rath Dr. Paul

iemeyer, 2. unveränderter Abdruck. Leipzig, Th. Grieben's Verlag (L. Fernau) 1887 (Pr. 1,25 4). Das Bühelchen ist bezeichnet als „Stimme eines ärztlihen Veteranen über den Widerstreit zwischen approbirter Medizinheilkunde und freier Naturheilkunde Der (1886 in Bregenz verstorbene) Verfasser ist, nah dem Zeugniß des Heraus- gebers: „ein erster Kündiger der hygienischen Heilslehre“ ; er hält nichts (daher der Titel Nihilis8mus) von NRezepten, insonderheit von den fortwährend neu auftauhenden Heil- mitteln, desto mehr von der Prophylaxe, der Vorbeugung dur die Hygiene. Das kleine Buch ist niht nur für Gelehrte geschrieben, sondern muß au den Laten interessiren, der es mit seiner eigenen Gesundheit gut meint und der an den so zeitgemäßen Bestrebungen der Gegenwart, den Krankheiten durch allgemeine Maßregeln vorzu- beugen, Antheil nimmt. Die Broschüre ist drastish geschrieben, und wer die Ansicht des Verfassers über einzelne bestimmte Punkte, z. B. über Vegetarismus kennen lernen will, findet die nöthigen Hinweise am Schluß in einer alphabetischen Ausklese.

Das in Nr. 255 d. Bl. \kizzirte Shrifthen: „Die Ge- treidezölle und die Aufhebung des Identitätsnach- weises“, von I. B. Staub, ist im Selbstverlage des Verfassers (I. B. Staub, Nürnberg) erschienen und bei Leßterem für 30 4 i 1,10 Æ, 11 2,40 , 110 17 A (5 Kilo-Paet) zu be- ziehen. :

Als einen willklommenen Nachtrag zur Berliner akademischen Ausstellung bringt die „Kunst für Alle“ (München, Bruckmann; herausgegeben von Fr. Pecht) in ihrem neuesten Heft (3) Hellgvist's Bild „Sancta Simplicitas“. An Illustrationen bietet es ferner Leistungen der Maler Hoeßlin, Ditscheiner, C. C. Müller, der Bild- hauer Benk, Kundmann, Weyr und Siemcring, sowie Anton von Werner's „Kaiser-Adresse zum 22. März 1887“, Von den Tertbei- trägen sei insbesondere eine außerordentli anziehend gescilderte Kriegserinnerung vom Schlachtenmaler Heinrich Lang und ein illu- strirter Auffay über Siemering's Washington-Denkmal hervorgehoben, Der Preis des Heftes beträgt 0,75 4.

Von den beliebten Jugendschriften Ferdinand Shmidt's find wieder zwei neue Bändchen ershienen: „Otto IV. mit dem Pfeile* (1278) und „Der falsche Waldemar“ (14. Jahrh.) (Verlag von Felix Bagel in Düsseldorf), Die Erzählungen des Verfassers bedürfen keiner Empfehlung; es giebt für Knaben kaum eine anziehendere, anregendere und bildendere Lektüre als die Schmidt- schen Jugendschriften. Ihre weite Verbreitung wird dur den billigen Preis von 1 M für den Band begünstigt.

Die Nr. 46 des im Verlage von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig erscheinenden „Evangelish-Lutherishen Gemeinde- blatts für die gebildeten Glieder der evangelischen Kirchen“ hat folgenden Inhalt: Ein wandernd Volk: 1) Das Wanderziel. Was ist Materialismus? 4) Was Materialismus ist und was er nit ist. Das Diakonissenwesen der evangelischen Kirche: 1) Das Leben und Wirken Theodor Fliedner's. Fesuitishe Vor- bilder und griehis{-katholishe Naha mung. Ein Beitrag zur bal- tischen Kirchengeshihte. Die Provinzial-Synoden in Rheinland und Westfalen 1. Von der Heidenmission: Ein Nächspiel zum Karolinenstreit ; römish-katholische Mission in Ost-Afrika; evangelische Mission in Ost-Afrika; frishe Missionskräfte, Verschiedenes : Nürnberger Gustav-Adolf-Fest; cine evangelis-katholishe Bibelgesell- haft; Professor Luthardt und die ultramontane Presse; Geschmack- losigkeit aus Abneigung gegen die Religion; Predigergebälter in New-York.

Von „Otto Harrassowiy' Buchhandlung und Anti- quariat in Leipzig“ ershien vor Kurzem: „Antiquarischer Katalog 138,“ Freiherrli ch von Arnswaldt'\{e Biblio- thek in Hannover, Theologische Abtheilung T1. Patristik.

irchen- und Dogmengeschichte, einshließlich kirhlihe Archäologie. Kon- zilien. Drdenagelcicte, Geschichte des Heiligen Landes und der Kreuzzüge. Mission. Die Reformation und ihre Gegner. Kirchenrecht. Dog- matik. Der vorstehende Katalog verzeichnet im Ganzen 1456 Schriften, unter denen si viele werthvolle und seltene Werke aus dem 17. und 18, Jahrhundert befinden.

Soeben erschien das Blättchen „Tafelshmucck und Tafelfre uden, zusammengestellt von I. C. Schmidt in Erfurt, Kaiferlih Königlicher Hoflieferant“, worin derselbe die Blumen vor- zugsweise in ihrer Verwendung als Tafelschmuck empfiehlt.

Die „Bibliotheca epidemiologica. LXXV. Ver- zeihniß des medizinischen Bücher-Lagers der A. Moser’schen Buh- und Antiquariatshandlung in Tübingen, Franz Pietycker“ ward soeben veröffentliht. Dasselbe enthält „Pathologie und Therapie Abth. I[“ (von Nr. 6419—9588) in folgenden Unter- abtheilungen : Infektionskrankheiten, Bakterien, Epidemien, Pilze ; Fe) Zoonosen (Hundswuth, Wasserscheu, Roß, Milzbrand,

ftinomykose); Tuberkulose: Torikologie (Vergiftungen, Gifte, Alkoholismus).

Land- und Forstwirthschaft.

Das Landes-Oekonomie- Kollegium beendete gestern die am Montag begonnene Diskussion über den Wollhandel durch An- nahme folgender Resolution : „Landes-Oekonomie-Kollegium spricht si über die vorliegenden Anträge wegen Concentration des Wollhandels dahin aus: 1) daß die Beseitigung der kleinen lokalen Wollmärkte anzustreben, die Provinzial - Wollmärkte dagegen beizubehalten seien, die Konzentration des Wollmarkts an einem Orte der Monarchie niht als im allgemeinen Interesse der Wollproduzenten liegend ge- halten werden kann; 9%) daß die Abhaltung von Auktionen der Initiative der Produzenten ü eclassen bleiben möge; 3) daß das Bochhacker’\cche Wollpackverfahren nicht geeignet sei, zur allgemeinen Verwendung empfohlen zu werden

Die heutige Situng begann mit dem Referat über die neueren Fortschritte der Kultur der Hoch- und Niederungs-Moore, insbesondere in der Provinz Hannover.

Das Kollegium \prach den Moorkultur- Bestrebungen Aner- kennung und Förderung zu.

Nach einer Pause machte Geh. Rath Settegast-Berlin die Mit- theilung, daß auch für das nächste Jahr in den Tagen vom 5. bis 14, Mârz in der hiesigen Landwirth\chaftli%en Hochschule Unter- richtsfurse für prafktische Landwirthe stattfinden würden.

Hierauf referirte Prof. Fleisher-Bremen über die neueren Fort- schritte der Kultur der Hoch- und Niederungsmoore.

Kopenhagen, 7. November. Am Sonnabend ist hier im Lokal des Industrievereins, wie in den Borjahren, eine Malz - gerste-Aus stellung gröffnet worden. Die erste Abtheilung, ver- anstaltet von den vereinigten seeländishen Landbauvereinen, umfaßt 66 Gersteproben aus allen Theilen des Landes und giebt somit einen Veberblick über die diesjährige Gerstenernte. Die Beurtheilung dieser Proben ift von der niedergeseßten Kommission auf Grund- lage der Forderungen erfolgt, welche von den englishen Mälzern gestelt werden: Klasse 1: Extrafeine Malzgerste. Feine volle Form, matte strohgelbe Farbe, stark meblhaltig. 2 Proben, beide von der Jasel Msöen. Klasse 2: Feine Malzgerste. Groß- körnig, gleihe Form, matte Farbe, vorzüglich mehlhaltig. §8 Proben. Klasse 3: Schöne Malzgerste. Gleichartig in Form und Farbe, halb weich, halb hart. 27 Proben. Klasse 4: Gukte Malzgerste. Ziem- lih gleihartig in Form und Farbe, aber etwas hart. 14 Proben. Klasse 5: Malzgerste. Ungleichartig in Form und Farbe, vorherr- hend hart, 9 Proben. Klasse 6: Gewöhnliche Handelswaare. Un- gleichartig in Form und Farbe, weniger gute Sortirung, stark gläfern. 3 Proben Klasse 7: Simplere Handelswaare. Keine Probe. Die zweite Abtheilung der Ausstellung umfaßt ca, 900 Gersteproben, welche von dem Ausschuß der Königlich dänischen Landbau- gesellschaft für die Anbauversuhe von Malzgerste eingesammelt wor- den sind. Ueber diese Versuche mit verschiedenen Gerstensorten, welche seit fünf Jahren auf Veranlassung des erwähnten Aus\{chusses auf vielen Gütern vorgenommen wurden, berichtete Landbaukandidat Sonne ausführlich. Als die besten Sorten baben sih erwiesen : Stensgaardsgerste mit dur{hs{hnittliß 2573 Pfd., Lerchenborggerste 2543 Pfd, Saalegerste 2434 Pfd. und shottishe Gerste 2481 Pfd. Gerste per Tonne Land. Jn den leßten Jahren sind au Printice A Ne SeNe in Dänemark mit fehr gutem Erfolge angebaut worden.

Gewerbe und Handel,

Der Aufsichtsrath der Berliner Bock-Brauerei hat die von der Direktion vorgelegte Bilanz sowie das Gewinn- und Berlust- Conto genehmigt und beschlossen, der Generalversammlung na den Abschreibungen und 40 000 Reservestellung für Grundstüsreguli- rung, die Vertheilung von 6 9% Dividende vorzuschlagen.

Dem Gefchäftsbericht der BerlinerUnions-Brauerei pro 1886/87 entnehmen wir Folgendes: Der Absaß hat au im leßten Jahre zugenommen, von 83 968 11 auf 86 073 hl, ift also um 2105 hl gestiegen. Das Flaschenbiergeschäft hat sich dermaßen erfreulich ent- wickelt, daß von dem in der Brauerei direkt abgezogenen Bier in diefem Geschäftsjahre ungefähr 4 200 000 Flaschen verkauft wurden. Von den Charlottenburger Terrains sind im Laufe des Jahres ca. 100 Qu.-Ruthen für netto 60541 ( verkauft. Diese Einnahme ist dem Gebäude-Conto abgeschrieben worden; leßteres steht durch die vorjährige und diesjährige Abschreibung um 228 700 M niedriger zu Buch. Der verbleibende Rest des Charlottenburger Grundstücks enthält ca. 320 Qu.-Ruthen und besteht aus verschiedenen Bauparcellen, an der Bismarck-, Wilmerêdorfer- und Schillerstraße, unweit des Charlotten- burger Stadtbahnhofes. Gegenüber der vorstehenden Abschreibung find dem Gebäudekonto für Kanalifationsanlagen in dem Restaurations- Etablissement auf dem Grundstück in der Hasenhaide 20 867 M zu- geschrieben worden. Nah den diesjährigen Abschreibungen er- seinen ferner niedriger in der Bilanz das Maschinen- und Brauerei- Inventar-Conto um 12 343 4, das Kühlanlage-Conto um 21 838 M, das Lagerfässer-Conto ! um 7221 #4, das Versandtfäfser-Conto um 1935 Æ, dagegen höher das Pferde-Conto um 2580 Á, das Wagen- Conto um 1570 Æ, das Mobilien-Conto um 2729 46 Die Partial- Obligations-Schuld ist dur weitere Verloosung um 20 000 ( kleiner eworden. Ueber die Vertheilung des Netto-Gewinnes liegen folgende

orshläge der Verwaltung vor: 59% von 243 849 dem Reserve- fonds: 12192 M, 6% von 243849 A dem Aufsichtsrath: 14 630 M, 6% von 243 849 der Direktion: 14630 M, 7'/9 Divi- Ie vom Aktienkapital: 210 000 #, Vortrag auf neue Rechnung : 651 M

Dem Aufsihtsrath der Weißbier - Aktien-Brauerei vorm. H. A. Bolle wurde Seitens der Direktion die Bilanz pro E vorgelegt. Dieselbe ergiebt nah Pu von 4098 M für das Reparaturen-Conto und 16 388 M für bschreibungen 2c. (1% der Feuerkasse auf Grundstück, 50% auf Pferde und Wagen und Maschinen-Utensilien und 66# % auf Fastagen, s 1125,42 M Ueberweisung auf Delcredere-Conto) einen verfügbaren Reingewinn von 41 487 4 Nach Kürzung der Quote für den Reservefonds mit 2074 4 und der Tantièmen in Höhe von 3941 6 verbleiben 35 200 Mh. zur Vertheilung einer Dividende von 51 % (gegen 349% im Vorjahr) auf das 660 000 Æ. betragende Aktienkavital und ein Rest von 271 M als Vortrag auf neue Rechnung disponibel.

Rußlands Spinnereien und Webereien. (Wogthenschr. f. Spinn. u. Web.) Gegenüber dem Memorandum, welches von der rufsishen Regierung Schutz der inneren Industrie gegen die der Grenz- gebiete verlangt, weist der „Dzien. Lodz.“ auf das Verhältniß der Jahresergebnisse von Aktien-Gesellshaften im Innern Rußlands zu solhen im Königreich Polen hin. Er hat zu diesem Zweck die Bi- lanzen einer Anzahl Aktien-Spinnereien und Webereien zusammen- gestellt. Das in diesen Unternehmungen ins esammt engagirte Ka- pital beträgt 116 271 000 Rbl. Von 60 Fabriken des Kaiser- reihs haben 40 schr gute Dividenden, nämlich dur(schnitts- lih über 9 9%, ausgezahlt bei einem Anlagekapital von 76 756 000 Rbl. Der niedrigste Prozentsaß betrug etwas über 5 % (5 Fabriken), der höchste, von 19 Fabriken geleistete, etwas über 10 %. Von den übrigen 20 Fabriken ergaben 4 durhschnittli über 39/0, 14 hatten keine Dividende, aber do einen geringen Gewinn, der zum Reservekapital geschlagen wurde; nur 2 hatten Verluste zu vermerken. Im Königreich Polen existiren 6 auf Aktien