1931 / 31 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 06 Feb 1931 18:00:01 GMT) scan diff

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Reichs- und Staatsanzeiger Nr. 31 vom 6, Februar 1931.

Jch glaube, daß ih mich auf das beziehen kann, was ich über die Veränderung der Haushaltsvoranschläge gegenüber dem jeßt gel- ienden Haushalt bet den Ausshußberatungen gesagt habe. Der Etat der Handelsverwaltung is, unseren Notverhältnissen ent- sprechend, mit ganz besonderer Sparsamkeit ausgestellt worden. Diese Sparsamkeit hat dazu geführt, daß eine Reihe von Wünschen, die der Landtag bei früheren Beratungen geäußert hat, und die ih mir voll zu eigen mache, in diesem Haushalt noch keine Erfüllung finden konnten. J hoffe und halte es füx unbedingt notwendig, daß bei einer Besserung der Finanzverhältnisse im Staate diese Forderungen des Landtags so shnell wie möglich erfüllt werden.

Das laufende Etatsjahr, über das wir uns im Hauptauss{chuß näher unterhalten haben, stand, wie Sie wissen, im Zeichen einer sich immer mehr verstärkenden Wirtschaftskrise, die all- mählich fast alle Länder, die an der Weltwirtschaft beteiligt sind, in thren Bann gezogen hat. Das Bedenklihe und Bemerkenswerte an der gegenwärtigen Krise unserer Wirtschaft und an der Welt- krise überhaupt ist nun meiner Meinung nah das, daß in erheb- lfihem Umfange die internationalen wie die nationalen U rsachen der wirtshaftlihen Schwierigkeiten niht rein wirtshaftlicher, son- dern politisher Natur sind. (Sehr richtig! bei der Deutschen Staats- partei.) Daraus erklärt es sich, daß man dieser Krise mit rein wirtschaftlihen Mitteln allein niht völlig wird Herx werden können. Wenn wir miteinander überlegen wollen, wie wir unsere Wirtschaftsverhältnisse bessern können, so ist die erste Voraus- seßung dafür, daß wir uns Rechenschaft von den Ursachen der wirt- shaftlihen Schwierigkeiten und Notstände ablegen. Da liegt es auf dex Hand, daß zunächst einmal die gegenwärtigen wirtschaftlichen Verhältnisse in Deutschland und in der Welt zu einem wesentlichen Teile zurückzuführen sind unmittelbar auf die unnormale Ent- wicklung während des Krieges, daß sie also offenfichtliche Folge- ersheinungen des Krieges und seiner Auswixkung in den späteren ¡Fahren darstellen. Schon während des Krieges hat eine Reihe von Staaten, die vorher nie daran gedacht hat, sih einen eigenen in- dustriellen Apparat größeren Stils zu schaffen, Anlagen gewerh- licher und industrieller Art aus den Kriegsschwierigkeiten der da- maligen Zeit heraus geschaffen, und diese an sich füx die- ganze Weltwirtshaft niht besonders vorteilhafte Entwicklungslinie ist dann noch verstärkt worden namentli für Europa durch die außer- ordentlich verhängnisvolle Grenzziehung, die man in den Friedens- verträgen für notwendig gehalten hat, dadur, daß man Tausende von Kilometern neue Grenzen geschaffen hat, die selbstverständlich dex Entwicklung des wirtschaftlihen Güteraustauschs nicht förder- lih sind. (Sehx richtig!) Es ist zu beobachten, daß fast alle die Länder, die nah dem Kriege neu geschaffen worden sind, in zu- nehmendem Maße bemüht sind, fich möglichst autarkish zu ent- wickeln, in ihrem Gebiet das an gewerblihen Produkten zu er- ¡eugen, was sie früher von anderen industriell entwickelten Län- dern bezogen haben. Daß unter solhen Verhältnissen ein Land wie Deutschland, das weit enger mit der Weltwirtschaft ver- fnüpft ist und stärker auf einen Güteraustaush über die Landes- nrenzen hinweg angewiesen ist als die meisten anderen Länder, ganz besonders stark berührt wird, ift eine vollkommene Selbst- verständlichkeit.

Eine andere Ursache für die gegenwärtigen Wirtschafts- shwierigkeiten in der Welt ist ganz zweifellos dex Umstand, daß wir in den leßten Fahren eine ungeheuer schnell sih ent- wickelnde Technisierung bekommen haben, die das Ausmaß der Produktion schneller gesteigert hat, als die Steigerung der Auf- nahmefähigkeit des Gesamtkonsums der Welt möglich war. Wix haben auf den verschiedensten gewerblichen Gebieten sowohl wie auf dem Gebiete der Landwirtschaft im weitesten Sinne eine Entwicklung und Verbesserung der Produktionsmethoden. Das hat dazu geführt, daß wix an landwirtschaftlichen Erzeugnissen sowohl wie auf fast allen Gebieten des Bergbaus seit einiger Zeit eine außerordentlih starke Ueberproduktion haben, die dahin geführt hat, daß Lagervorräte gigantischen Ausmaßes entstanden sind und die Unternehmer ihre Produktionskosten uicht rechtzeitig wieder herein bekommen durch Verkauf ihrer Ware, die auf Halden und Lagerplävßen liegt, eine Entwicklung, die zwangsläufig dahin führen mußte, daß Millionen von Unternehmern in dex Landwirtschaft und im Bergbau in ihren wirtschaftlihen Verhält- nissen und ihrer Kaufkraft s{chwer beeinträhtigt worden sind.

Genau die parallele Entwicklung, wie man sie bei den Unter- nehmern feststellen muß, ist auf der Arbeitnehmerseite zu beohb- achten. Dadurch, daß die Menge der Produkte nicht mehx abgeseßtzi werden konnte, daß Riesenlagerbestände sih entwickelten, sind die Unternehmungen dazu Übergegangen, Kurzarbeit einzuführen odex Arbeiter zu entlassen. Damit ist die Kaufkraft vieler Millionen Arbeitnehmer in der Welt und besonders auch in Deutschland außerordentlih geschwächt worden.

Eine andere Ursache für die Schwierigkeiten der Wirtschaft ist die, daß die volksreihsten Länder dex Welt durch die Enttwick- kung in den leßten Jahrzehnten aus der Weltwirtschaft erheblich ausgeschaltet sind. Dex Herr Berichterstatter hat es mir scheinbar verübelt ih shließe das aus seinen Ausführungen, die bisweilen fo schienen, als ob er weniger übex die Angelegenheiten der Handels- und Gewerbeverwaltung als über die Lage Rußlands zu berihten hatte —, daß ih darauf hingewiesen habe, daß es selbstverständlih für die Entwicklung der Weltwirtschaft und ins- besondere die Wirtschaft Europas niht gleihgültig ist, wenn ein so volkreihes Land wie Rußland mit seinen 140 Millionen nit eine entsprechende Entwicklung genommen hat wie die übrigen Völker Europas. Es ist nicht zu bestreiten, daß das russishe Volk nicht annähernd in dem Umfange mit der Weltwirtschaft verknüpft ist wie in der Vorkriegszeit, aber niht dur unsere Schuld, wie der Herr Berichterstatter meinte, sondern aus anderen Ursachen. Wir haben uns doch nit geweigert, russishe Produkte abzunehmen. Der Außenhandel mit Rußland ist für uns passiv, Rußland liefert uns mehr Produkte als es uns abnimmt. Zu wünschen ist, daß die wirtschaftlihe Entwicklung dieses Landes dahin geht, daß der Wirtschaftsverkehr mit ihm zunimmt, dadurch würden die deutschen und russishen Kreise Vorteil haben.

Aehnlich liegt es, weltwirtschaftlih betrachtet, mit der Ent- wicklung, die das volkreiche Land China genommen hat, wo dur Revolutionen und kriegerische Verwicklungen solche Notstände entstanden sind, daß in einer Zeit, wo Erntevorräte in anderen Teilen der Welt nicht abgeseßt werden können, zahllose Menschen hungern, weil der Verkehr unterbrochen und Handel und Wandel

gestört sind. Auch Fndien ist in leßter Zeit nicht in dem Umfang an der Weltwirtschafi beteiligt gewesen, wie es seiner normalen Entwicklung entsprochen hätte.

Es kann nun kein Zweifel daran bestehen, daß neben diesen internatinalen Ursachen für unsere Wirtschaftshwierigkeiten noch besondere, speziell in unseren deutschen Verhältnissen be- gründete Ursachen vorhanden sind, die also allein in Deutsch- land wirksam geworden find. Da ist in erster Linie hervor- zuheben der Zwang, Reparationen in riesigem Ausmaß zu zahlen. (Sehr rihtig!) Daß das für die Entwicklung unserex Wirtschaft von größter Bedeutung ist und sie aufs schwerste hemmen muß, ift selbstverständlih, Die Folge dieser Repara- tionen ist eine Ueberlastung der Wirtshaft mit Abgaben und Steuern aller Art. Eine Folge der Reparationszahlungen ist weiter eine hohgradige Verknappung des ohnehin viel zu knappen Kapitals in Deutschland, und die Folge dieser Verknappung des Kapitals ist die Uebersteigerung und Hochhaltung der Zinssäye, ein Umstand, der unsere Produktion shwer belastet und dahin führt, daß jeder Verbraucher infolge der Verteuerung der Pro- duktion dur diese übermäßigen Zinsleistungen aufs unmittel- barste berührt wird, weil der Zins in den Produktions- und Ver- kaufsfosten zum Ausdruck kommen muß.

Eine weitere Ursache für die Vertiefung unserer Wirtschasts- krise, die bereits Ende 1927 auf vielen Gebieten si andeutete, sehe ih darin, daß wir im Verlaufe der leßten 2 Jahre zweimal eine Art Anleihesperre erlebt haben. Wir haben bekanntlih in den leßten Fahren unsere Wirtschaft in großem Umfange mit ausländishem Gelde finanziert. Das hat dazu verleitet, der heimishen Kapitalbildung niht die genügende Bedeutung beizu- messen. Nun werden Sie sih erinnern, daß die Schwierigkeiten in unserer Wirtschaft in dem Augenblick stärker in Erscheinung traten, als infolge der Erörterungen über den Youngplan das Ausland wegen der Unsicherheit über die wirtshaftlihe Entwick- lung Deutschlands fich niht nur veranlaßt sah, eine Zeit lang davon Abstand zu nehmen, Deutschland weiterhin Anleihen zu gewähren, sondern obendrein kurzfristige Kredite zurückzog. Diejenigen, die darauf abgestellt hatten, daß sie weiter wie bis- her mit ausländischen Anleihen würden wirtschaften können, kamen dadur in eine shwierige finanzielle Lage; das gali namentlich von den Gemeinden und dem Reiche. Zum weiten Male hat sih eine solhe Ershwerung der Aufnahme ausländischer Anleihen dann im Laufe des vorigen Fahres in- folge dex innerpolitishen Entwicklung eingestellt, die Deutsch- land vom Juli v. J. an genommen hat. Diese Entwicklung hat unsere wirtschaftlihen Schwierigkeiten ganz außerordentli vertieft.

Die Folge der Wirtschaftskrise nah der Produfktionsseite hin ist nun die, daß die industrielle Produktion Deutsch-

den sind, wenn auch selbstverständlih der Grad der Beeinträchti-

ausdrücklich hervorgehoben, daß ih von der industriellen Produk- tion spreche, die um 15 vH zurückgegangen ist. Bei der Land- wirtschaft hat sich die Produktion bekanntlich infolge der guten Ernte auf gewissen Produktionsgebieten nicht vermindert, son- dern vielmehr erhöht.

Da sih die Produktion industrieller und gewerblicher Art im Jahre 1930 so ftark gegenüber 1929 vermindert hat, ist es nicht verwunderlih, daß auch die Güterbewegung und derx Güterabsaßt bei uns in Deutschland eine Schrumpfung er- fahren hat. bahngesellschaft einen empfindlihen Rückschlag erfahren.

Jn Mitkeidenschaft gezogen wurde naturgemäß auch die Ent- wicklung bei den Kleinbahnen, die ja für uns von großer

die Entivicklung des Kleinbahnwesens zu tragen, das für viele Gegenden von großer wirtschaftlicher Bedeutung ist. meine Zustimmung) Jch bedaure es deshalb sehr, daß wix im Förderung und Unterstüßung der Kleinbahnen zux Verfügung hatten. Abex ih hoffe, daß, sobald die Anleihemöglihkeiten für

völkerung das jeweils Geeignetste und Beste ist. (Sehr richtig!)

Was die Entwicklung des Güteru mschlags in unseren Seehäfen anlangt, so ist dieser, was ja niht ver- wunderlih sein kann, in den meisten Häfen Deutschlands im leßten Fahre ebenfalls zurückgegangen. Namentlih hat der preußishe Hafen Emden, der ja hauptsählih auf den Umschlag von Kohle und Erz abgestellt ift, einen nicht unerheblichen Rüschlag erlebt. Um so angenemher ist es mir, Jhnen mitteilen zu können, daß die meisten anderen preußischen Häfen ihren Güterumschlag im vergangenen Fahre aufrechterhalten, zum Teil sogar gesteigert: haben.

Zu den Häfen, die ihren Güterumschlag gesteigert haben, gehört Königsberg. Jch kann Ihnen dazu mitteilen, daß das Staatsministerium schon seit geraumer Zeit mit Königsberg darüber verhandelt hat, den Hafen dort gemeinsam von Staat und Stadt betreiben zu lassen, ähnlih wie das in Stettin ja schon seit einigen Jahren der Fall ist. Jch glaube, ih brauhe Jhnen die Gründe niht näher auseinanderzuseßen, die dafür sprechen, daß wir diesem wichtigen Vorort im Osten, der Stadt Königsberg, in ihren wirtschaftlichen Schwierigkeiten helfen, und daß wir uns von Staats wegen dabei engagieren, ihr insbesondere au einen Teil der Hafenlasten abzunehmen. Einige Parteien des Hauses haben deshalb mit Zustimmung der Regierung Anträge ein- gebracht, die darauf hinauslaufen, daß der Preußische Staat mit dex Stadt Königsberg eine Hafengemeinschaft eingeht und die Hälfte der Unkosten, die im Hafenbetricb erwachsen, ein-

shließlich der Verzinsung des aufgewandten Kapitals, trägt, und

lands sih im ganzen gesehen, im Fahre 1930 um etwa 15 vH ! gegenüber 1929 vermindert hat. (Hört, hört!) Das ist ein sehr | großer Rückschlag, zumal man sagen muß, daß fast alle Wirt- j shaftszweige und fast alle Wirtschastsgebiete in zunehmendem Maße in diese wirtschaftlichen Schwierigkeiten hineingezogen wor- |

Wichtigkeit sind; denn wix haben hiex die Mitverantwortung für |

Q Staat sich bessern, der Herr Finanzminister uns in diesem | Jahre mit einem erhöhten Betrage zu Hilfe kommen kann, damit ! läuf : Verbess

G t V i: ; fen usw. zur Verbesserung unserer irt itrag wir wenigstens das Notwendigste auf dem Gebiete des Kleinbahn- | J : L: E N wesens tun können, wobei ich wohl Jhrer Zustimmung sicher sein | darf, wenn ih jeweils das Verkehrsmittel zu fördern suche, das |

für die Versorgung des Verkehrs und die Betreuung der Be- | sie möglich wäre, auf einem anderen Gebiete sehr wohl dazu führe

S. 2,

zwar bis zum Höchstbetrage von 475 000 Mark jährlich. It he daß das Hohe Haus den Anträgen zustimmen wird.

Ueber den Luftverkehr und seine Entwicklung nux ; ganz kurzes Wort. Auch in dem Krisenjahr 1930 hat dex L verkehr sih weiter entwickelt. Dex Personenverkehr ist zwar eth zurückgegangen; dafür ist aber der für die Entwicklung dex V; shaftlichkeit des Flugverkehrs wichtige Frachtverkehr und der Pi verkehr auch im leßten Fahre befriedigend gestiegen. 4

Die sozialen Folgen der Wirtschaftskrise sind ganz h sonders schmerzlih. JFhnen ist bekannt, daß wir am 15. Fanu dieses Fahres in Deutschland insgesamt 4750 000 A rbe it sloj hatten, Neben dieser ohnehin sehr betrüblihen Zahl muß m noch den großen Umfang der K u rzarbeit berücksihtigen, d wir in der deutshen Wirtschaft haben. Wir hatten bereits j Dezember etwa doppelt soviel Kurzarbeitex wie in derselben 2,4 des Vorjahres. Diese Kuxzarbeit lastet dort, wo sie im rof Umfange durhgeführt wird, auf der Arbeitnehmerschafi uy Umständen sozial genau so {wer wie die Arbeitslosigkeit sel und es gibt niht wenige Betriebe, die, um Entlassungen zu wg meiden, Kurzarbeit in so großem Umfange haben einrihten müsse daß ihre Arbeitnehmer sih sicherlih in keiner crheblich günstiger sozialen Lage befinden als diejenigen, die arbeitslos sind,

Gegenüber diesen betrüblihen Verhältnissen der Arbe nehmerschaft sehen Sie auf der anderen Seite als Paralld exsheinung unserer Wirtschaftskrise ganz ähnlih betrüblihe Ey wicklungen bei dex Unternehmerschaft. Wir haben im Fahre 19 ctwa doppelt soviel geschäftliche Zusammenhbrüg gehabt wie in der normalen Zeit vor dem Kriege. Diese T sahe lehrt, wie unbefriedigend die wirtschaftlihen Verhältniß sehr weiter Unternehmershihten in allen Zweigen der Wirts im Jahre 1930 gewesen sein müssen. Denn die Tatsache der 3 sammenbrüchhe so zahkreiher Unternehmen führt doch deutli vor Augen, wie groß die Verluste der übrigen Unternehmershg bei diesen Zusammenbrüchen gewesen sein müssen (sehx richtig! und man muß leider damit rehnen, daß niht wenige Unt: nehmungen sich nux eben noch über Wasser halten und ebenfeli sehr shwer zu kämpfen haben, so daß diese Verhältnisse eine nis weniger ernste soziale Erscheinung sind, wie die Entwicklung a der Arbeitnehmerseite sie darstellt. (Zuruf rechts: Wie groß i denn die absolute Zahl?) Etwa 22 000 im vorigen Fahre gegey über etwa 13 000 im Jahre 1913, Die genaue Zahl wird i Protokoll übex die Hauptausshußverhandlungen zu finden sei (Abg. Kasper: Wer hat denn das Geld ins Ausland a hoben?) Jedenfalls nicht diejenigen, die geschäftlih zusamm gebrochen sind. (Sehr richtig! rechts und in dex Mitte. Zuri bei den Kommunisten.)

Viel wichtiger als die Feststellung der Ursachen unserex Wir shaftss{chwierigkeiten und dieser Schwierigkeiten selbst ist selbi verständlih die Frage, was man zur Bekämpfung unserer Wir ¡haftsnot und zux Ueberwindung der Arbeitslosigkeit unte nehmen kann. Nun liegt es ja nahe, zunähst immer an di Moglichkeit einex Ax bei tsbeshaffung großen Stils denken, d. h. öffentlihe Arbeiten in großem Umfange zusätlil

: | zu dem normalen Betrieb dex Wirtschaft vorne men zu lasse gung in den einzelnen Wirtschaftszweigen sehr verschieden ist. ! Ex r N (Zuruf bei der Deutschnationalen Volkspartei.) Zch habe

Wenn solhe Arbeiten in genügend großem Umfange zu find wären, und wenn, was das Entscheidende ist, das Kapital au gebracht werden könnte, um diese öffentlihen Arbeiten zu fina!

| gieren, so wäre dieser Weg zux Verminderung der Arbeitslosu | teit gewiß von Bedeutung. Wenn aber das Kapital nicht beschef : werden kann, dann haben all die schönen Pläne nux sehr gering : Bedeutung. | Dinge nah meiner Auffassung so, daß die Möglichkeit, Arbeite | gemeinnüßiger Art vorzunehmen, die von dex Privatwirt scha} ; nit geleistet würden, auch wenn sie Kapital dazu hätte, nit i : einem erheblihen Aus x i

Jnfolgedessen hat namentlih die Deutsche Reichs- | c deut in E

Auf dem Gebiet der Arbeitsbeschaffung liegen di

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Man denkt im allgemeinen daran, man könnte die O

| ländereien meliorieren und dadur eine Fülle von Menschen k | shäftigen. ! schäßt. Jch würde es für verhängnisvoll halten, wenn wir Ï | einer Zeit, in der die deutsche Landwirtschaft wesentli deshal E Not leidet, weil sie an Kartoffeln, Roggen und Hafer zu vi (Allge-

Diese Möglichkeiten werden außerordentlich übe

erzeugt und diese Erzeugnisse nit abseßen kann, die bisher u

: )) Jh bed i | genußten mageren Böden meliorieren würden, auf denen m leßten Fahre verhältnismäßig nux sehr geringe Mittel zur | Mans

..

wieder nur Kartoffeln, Roggen und Hafer anbauen könnte. Di wäre das Sinnloseste, was man machen könnte. Trotzdem bestreit ih nicht, daß auf dem Gebiete der Meliorationen nah mant getan werden kann, dort, wo man durch Regulierung von Wass

kann. Man soll aber nicht glauben, daß man dadurch Hunde tausende von Menschen beshäftigen könnte.

Die Kapitalbeschaffung in großem Stil würde dagegen, twe

können, unsere Wirtschaft stark anzuregen, nämlich auf dem Gebiä des Ba uwesens, Zwar wird an gewerblichen und öffentli Bauten in diesem Fahre sicherlich nit ein so starker Bedarf si wie in dexr früheren Zeit. Unsere industrielle Ausrüstung ist al! manchen Gebieten außerordentlich erweitert worden, und ih glau? nicht, daß wir in dem Umfange twoie in den Fahren 1925 bis 192 auf industriell-gewerblihem Gebiet Baumöglichkeiten haben. E läßt sih aber nicht bestreiten, daß auf dem Gebiet des Wohnung wesens noch ein sehr erheblicher Bedarf in Deutschland vorhandt ist und daß die Krisenzeit dazu benußt werden sollte, diesen Bed! nach Möglichkeit zu decken. (Zuruf rechts.) J spreche ja 4 nicht von großen Wohnungen. Selbstverständlich weiß i, da große Wohnungen in erheblihem Umfang zux Verfügung stel Dann sollen wir eben die für Minderbemittelte fehlenden Klei wohnungen bauen. Jedenfalls kann doch wohl nicht davon d Rede sein, daß der Wohnungsmarkt bei uns in Deutschland sättigt ist. Die Lage ist so, daß man noch einige hunderttause! Kleinwohnungen, meinetwegen Kleinstwohnungen, bauen könnt um die Bevölkerung angemessen mit Wohnraum zu versorgt Wenn man also für diesen Zweck billiges Geld damit die W- nungen nachher nicht zu teuer werden bekommen könnte, dadur die Wirtschaft sicherlih stark angeregt werden.

Nun gehen ja bei uns in Deutschland heute vielfach die M nungen dahin, daß man der Kapitalnot gegenüber, die uns hindes Arbeitsgelegenheit in dem wünschenswerten Umfange neu schaffen, eine Hilfe darin erblicken könnte, daß man untex A gehen von derx Goldwähr ung neues Geld drudckt.

Reichs: und Staatsanzeiger Nr. 31 vom 6. Februar 19341. S. 3,

wissen, daß in der Nationalsozialistischen Deutfchen Arbeiterpartei die Auffassung vertreten wird, es sei eine Leichtigkeit, Möglich- feiten zur Arbeitsbeshaffung herbeizuführen, indem man Geld Staats- oder Reichskassenscheine ausgibt, das dur die Werte gedeckt ist, die man mit diesem Gelde schafft. Dieser Vorschlag mag auf jemand, der die wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse nit kennt, sehr bestehend wirken. Er ist aber selbstverständlich vollfommen undurchführbar. (Allgemeine Zustimmung. Zuruf:

as wäre das Ende!) Sehr richtig! Daß eine Fnflation übelstex Ari dann eintreten müßte, ist unzweifelhaft. (Erneute allgemeine Zustimmung.) Dieser Vorschlag beruht offenbar auf einer völligen Perkennung des Unterschiedes zwishen Geld und Kapital. Wenn jemand 5000 Mark Jahreseinkommen hat, wird er der Regel nah nicht so dumm sein zu glauben, daß er dann 5000 Mark Kapital besie. Kapital wird aus diesem Gelde erst, wenn es erspart wird, wenn es zur langfristigen Anlage wird.

Nun, meine Damen und Herren, möchte ih Fhnen einmal an ein paar Zahlen darlegen, daß es völlig unmöglich ist, mit dem von den Nationalsozialisten vorgeschlagenen Wege irgendwie eine Hilfe zu bringen. Wir haben in Deutschland in den leßten Fahren eine Gesamtgüterproduftion im Werte von jährli etwa 70 Mil- ktiarden Mark ih sprehe in runden Zahlen und einen Gesamtgüterumsaß im Betrage von etwa 215 Milliarden Mark gehabt. Wir haben umlaufendes Geld abex durhschnittlich nux in Höhe von etwa 6 Milliarden Mark. (Hört, hört!) Das heißt, man fann eine Güterproduktion von 70 Milliarden Mark und einen Güterumshlag von 215 Milliarden Mark mit einex Geld- menge von 6 Milliarden bewegen. Das erklärt sich ganz einfach daraus, daß das Geld sehr viel s{hneller rollt als die Ware, daß es sich also häufiger umsezt. Wenn wir daher z. B. 3 Milliarden Mark neues Geld schöpfen wollten, so könnten wix dafür gewiß Häuser im Werte von 3 Milliarden Mark herstellen und mit dem Wert dieser Häuser das ausgegebene Geld „decken“; um keine Jn- slation zu bekommen, müßten wir aber unsere Produktion nit nux um jene 3 Milliarden erhöhen, sondern um etwa 35 Mile liarden und den Güterumschlag um ungefähr 100 Milliarden; denn wir würden ja doch die Menge des umlaufenden Geldes um 50 vH erhöht haben. Das natürliche und notwendige Verhältnis zwischen umlaufendem Geld und Produktoin wäre gestört. Wenn aber im Verhältnis zu unserer Produktion 50 vH zuviel Geld umläust, so ist es selbstverständlich, daß die Preise sofort steigen müssen und daß sih infolgedessen alsbald inflationistishe Erscheinungen zeigen werden, und dann wird man weiter Geld drucken, und die Fuflation wird weiter steigen und wir werden in Verhältnisse hineinkommen, wie wir sie nah dem Kriege schaudernd erlebt haben. (Sehr richtig! in der Mitte.) Meine Damen und Herren, das auszusprechen, er- schien mir notwendig, damit in der Oeffentlichkeit einmal gezeigt wird, wie unser deutsches Volk in die Jrre geführt wird. (Zu- stimmung.)

Nun könnte man vielleicht sagen, unser preußisches sogenanntes Arbeitsbeshaffungs8programm sei ein gewisser Widerspruch dazu daß ih sagte, man könne in wirxklich großem Umfange - zusäßlihe Arbeitsgelegenheit künstlich niht schaffen. Jch glaube, dieser Widerspruch besteht nux sheinbax. Als wix in Preußen unsere Vorschläge an das Reich geleitet haben, haben wix uns niht auf den Standpunkt gestellt, daß man mit diesen Vorschlägen nun die Arbeitslosigkeit in Deutschland beseitigt, jondern wir sind davon ausgegangen, daß man in einex solchen Notzeit alle Mittel, aber auch alle, ergreifen muß, die geeignet sind, praktisch eine Erleichterung der Arbeitslosennot zu bringen. (Sehr rihtig) Wenn unsere Vorschläge dahin geführt haben würden und weiter dahin führen, daß ungefähr 300 000 bis 400 000 Arbeitslose zusäßlich mit Arbeit versorgt werden, so ist das ein Fortschritt, den wir begrüßen würden, obgleih wix es selbstverständlich noch weit lieber schen würden, wenn mit der- artigen Methoden 1 bis 114 Millionen Erwerbsloser an die Arbeit gebracht werden fönnten. Die Vorschläge, die wix gemacht haben, gingen kurz dahin, daß wir die Reichsregierung ersucht haben, Mittel und Wege zu finden, daß diejenigen Betriebe, die dur die Verknappung ihrer Aufträge dazu gezwungen sind, ihre Arbeit einzuschränken, statt Entlassungen Kurzarbeit ein- führen möchten, weil wir das Gefühl hatten, daß das, im ganzen gesehen, in einer solchen Notzeit richtiger ist. Daß der Vorschlag praktisch durhführbar ist, ergibt sih daraus, daß tatsählih eine große Reihe von gewerblihen Betrieben von sich aus Kurzarbeit eingeführt hat. Uns lag nur daran, daß wir die Bedeutung dieser Frage unterstrichen und diejenigen Betriebe, die niht von sih aus diesen Weg beschreiten würden, dazu anregen wollten.

Meine Damen und Herren, ein anderer Vorschlag, der nicht von der preußischen Regierung gemaht worden ist, dex aber in der Oeffentlichkeit viel diskutiert wird, steht in einem gewissen Zusammenhange mit dem Vorschlag, statt Entlassungen Kurz- arbeit einzuführen. Sie wissen, daß namentlih in Arbeitnehmer- kreisen in zunehmendem Maße gefordert wird, daß man ganz allgemein nah Möglichkeit zu Kurzarbeit übergehen möchte, au in denjenigen Betrieben, die noch voll, also 48 Stunden in der

Woche, beschäftigt sind, um dadur neue Arbeitskräfte einstellen zu

fönnen. Dieser Vorschlag ist außerordentlih ern zu nehmen. Meine Damen und Herren, ih halte es für dringend notwendig,

daß dieser Vorschlag überall dort, wo er durchgeführt werden kann, |

ohne daß man irgendwelhe Wirtschaftsinferessen verleßt, durch- geführt werden sollte. (Zuruf bei der Wirtschaftspartei: Sozial- laften!) Mit dem Abbau der Löhne und Gehälter werden auto-

matish au die Soziallasten abgebaut. Daneben sind auf diesem

Gebiete au eine Reihe von Reformen durchgeführt worden. Denken Sie an die Krankenkassenreform —, die eine Verminderung der hohen Soziallasten herbeiführen sollen.

Ih weiß, daß einer allgemeinen Verkürzung der A rbeitszeit gewichtige Bedenken gegenüberstehen, insbesondere in der Richtung, daß die Konkurrenzverhältnisse der deutschen Wirtschaft auf dem Weltmarkt gegenüber den Ländern beeinträch- ligt werden könnten, die diese Methode niht einführen. Jh glaube aber kaum, daß ernste Bedenken dagegen bestehen, in den Wirtschaftszweigen, bei denen eine ausländishe Konkurrenz nicht unmittelbar wirksam wird, dieses Problem ernsthaft anzufassen. I könnte mir z. B. denken, daß bei öffentlichen Betrieben, namentli solhen mit Monopolcharakter, bei denen von einer aus- ländischen oder inländischen Konkurrenz nicht die Rede ist, die

Konkurrenzverhältnisse dex einzelnen Wirtschaftsbetriebe inner-

Halb Deutschlands also auch nicht vershoben werden können, dex Bersuch gemacht wird, die Arbeitszeii zu kürzen, um dadur Arbeitslose einzuordnen. Allerdings darf man die Wirkung einer solhen Maßnahme nicht übershäßen, denn es wird sich nicht um Riesenzahlen handeln. Aber auch hier gilt dasselbe, was ih vorhin bereits gesagt habe: wenn es nur mêöglich wäre, auf diese Weise hundertausend Menschen zusäßlich in die Wirtschaft zu bringen, dann hätten wir damit einen weiteren Fortschritt in dex Bekämpfung der Arbeitslosigkeit erzielt, Diese Fragen sind aber noch nicht endgültig entschieden. Ich glaube jedo, daß sie in kurzer Frist zu einer Klärung geführt werden müsfen.

Ein weiterer Vorschlag, den wir gemacht hatten, und der in der Oeffentlichkeit viel besprochen worden ist, geht dahin, daß wir in diesem Fahre keine ansländischen Saisonarbeiter in die Wirtschaft hineinlassen sollten. (Sehr gut!) Diese Frage ist inzwischen durch die Reichsregierung und die Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung geklärt worden, und wir haben wenigstens einen Teilerfolg zu verzeihnen dahin, daß die Zahl der aus- ländishen Arbeiter ganz beträhtlich vermindert wird. Jch hätte gewünscht, daß sie hon in diesem Jahre ganz vershwinden würden, und angesihts des Umstandes, daß wir jeßt selbst in Ge- meinden unter 10 000 Einwohnern eine Million Arbeitslose haben, müßte die Durhführung dieses Planes doch wohl möglich sein. Untex diesen Arbeitslosen find siherlich genügend Männex und Frauen, die nicht nux das Landleben kennen, sondern auh mit der Landarbeit so vertraut sind, daß sie die polnishen Arbeiter ersehen können. (Sehr richtig!)

Der dritte Vorschlag ging dahin, daß wir diejenigen Jugendlichen, die in diesem Fahre ihrer Volks\hulpflicht genügt haben würden, noch ein Fahr weiter beschulen. Jch darf auch bei dieser Gelegenheit hervorheben, daß dieser Vorschlag nux eine vorübergehende Regelung darstellen sollte und nihts mit dem großen pädagogischen Problem zu tun hat, ob ein neuntes Shuljahxr eingerichtet werden foll, wie es uns in der Oeffentlichkeit vielfa unterstellt worden ist. Er ist nux als eine vorübergehende Regelung gedacht von rein arbeitsmarktpolitisher Bedeutung. Wir gingen dabei davon aus, daß, wenn wir diejenigen Fugendlichen, die jeßt zu Ostern in das Wirtschastsleben eintreten wollen, um ein Fahr zurückhalten und noch weiter beshulen, für 130 000 Arbeitslose Arbeitspläye freigehalten würden. Diese Zahl von 130 000 für ganz Deutsch- land ist auch von der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung bestätigt worden. Diese würde selbst- verständlich eine wesentliche finanzielle Erleihterung erfahren, und die Maßnahme würde deshalb der Wirtschaft keinen Pfennig kosten, Auch die Gemeinden und der Staat würden zux Durh- führung dieser Beshulung keinen Pfennig zahlen, sondern die 16 Millionen, die für Preußen höchstens exrforderlich wären, würden von der Reichsanstalt gegeben werden können, die nah meiner Ueberzeugung außerdem mindestens das Doppelte er- sparen würde. Diese Frage ist aber noch nicht endgültig ent- schieden. Jch hoffe, daß es mögli sein wird, die Reichsregierung davon zu überzeugen, daß dieser Vorschlag einex von den Vor- schlägen ist, die keine zusäßlihen öffentlihen Mittel erfordern und verhältnismäßig leiht praktisch durchführbar sind,

Ein anderes Problem ist die Beshulungdexarbeits- losen Fugendlichen, die wix jeßt durchzuführen beginnen. Wir haben ermittelt, daß in ganz Preußen im Dezember etwa 80 000 FJFugendlihe bis einshließlich 17 Fahre arbeitslos waren. Wir haben uns auf den Standpunkt gestellt, daß es im Jnteresse dieser jungen Menschen von der allergrößten Wichtig- feit ist, daß sie einem geordneten Arbeitsleben zugeführt werden, und daß sie, wenn sie zur Zeit shon niht im Wirtschaftsleben Arbeit finden können, wenigstens durch eine weitergehende Be- s{chulung geistig weiter entwickelt werden. Auch diese Maßnahme ist mit verhältnismäßig ganz geringen Mitteln dur{zuführen. Wir haben festgestellt, daß wir etwa 60000 dieser Fugendlichen in den Bezirken in Preußen, in denen die Arbeitslosigkeit dex Fugendlichen besonders groß ist, bis zum 1. April mit einem Ge- samtaufivand von 3 Millionen beshulen können. Wir find dex Meinung, daß diese 3 Millionen aus Mitteln dexr produktiven Erwerbslosenfürsorge getragen werden können. Denn es ist eine produktive Betreuung, wenn wir die jungen Menschen, die sich in diesem schwierigsten Lebensalter in Arbeitslosigkeit be- finden, niht verkommen lassen, sondern dafür sorgen, daß fie sih geistig entwickeln und in der Handfertigkeit, die sie später für ihren Beruf wieder brauchen, keinen Schaden erleiden, sondern eine Verbesserung erfahren. (Sehr gut! links)

Wenn wir mit so geringen Mitteln für die Beschulung dieser erwerbslosen Fugend auskommen können, so haben wir das zum wesentlihen Teile der Lehrerschaft, sowohl der Lehrerschaft der Berufsshulen wie der Lehrerschaft der Fachschulen, zu ver- danken, Diese Lehrer haben sich zu meiner großen Freude bereit erklärt, zwei Stunden wöchentlich unentgeltlich zu leisten, um diese Ausbildung der jugendlihen Arbeitslosen durch- führen zu können. Fh nehme an, meine Damen und Herren, daß Sie mit mir darin übereinstimmen, daß wir der Lehrer- schaft hierfür ganz besonderen Dank shulden. Wenn die Berufs- schullehrershaft in einer Zeit, in der in sehx vielen Berufen die Arbeitszeit gegenüber der Vorkriegszeit verkürzt worden ist, ohnehin eine größere Pflichtstundenzahl zu geben hat als früher und sih nun bereit erklärt, zusäßlih 2 Stunden wöchentlih unent- geltlich Unterricht zu erteilen, so ist das ein höchst erfreuliches Zeichen von Zusammenarbeit zwishen dem Staat und derjenigen Bevölkerungsgruppe, die hier helfend eingreifen kann.

Jn dieser Verbindung, meine Damen und Herren, ein kurzes Wort über die Entwicklung dex berufspädagogi- shen Fnstitute, die uns im vorigen Fahre besonders be- schäftigt hat. Der Andrang zu den berufspädagogishen Fnstituten aus allen Berufsständen is außerordentlih stark. Wir können niht annähernd soviel Personen aufnehmen, wie sich bei uns gemeldet haben. Wir sind also in der Lage, eine sorgfältige Aus- wahl treffen zu können. Es ist gewiß betrüblich für diejenigen, die glaubten, eine Ausbildung als Gewerbelehrer oder Gewerbe- lehrerin finden zu können, wenn sie nun zurückgewiesen werden müssen. Jch hoffe aber, daß der Landtag mit mir und dem Staatsministerium darin übereinstimmen wird, daß wir keine Fnflation an Gewerbelehrern oder Gewerbelehrerinnen herbei-

führen dürfen. Es würde viel weniger im nteresse dieser jungen

Menschen liegen, wenn fie zwei Fahre lang ausgebildet würden und dann keine Anstellung finden könnten. Wir müssen also eine vorsihtige Auswahl bei der Aufnahme in unsere berufspädagogi- shen Jnstitute treffen. Daß es dabei für viele Eltern sehx uns angenehm ist, zu sehen, daß ihre Töchter oder Söhne nit auf- genommen werden können, weiß ich wohl; aber ih habe das Gefühl, daß es im Jnteresse auch dieser Eltern selbst liegt, daß wir ihnen keine zusäglihen Kosten verursahen, wenn wir nicht damit rechnen können, daß ihre Kinder später im Lehrerberuf wirklich ein Unterkommen finden.

Dazu muß ich noch eins sagen. Eine Befürchtung, die im vorigen Jahre bei der Einführung der Reform der Gewerbelehrer- ausbildung von den verschiedensten Seiten ausgesprochen worden ist, hat sich bewahrheitet, nämlich, daß die Aus bi ldungszeit zu kurz sein werde, um den großen und umfangreichen Stoff in vier Semestern wirklich zu bewältigen. Nur die Notzeit unserer finanziellen Verhältnisse macht es hinnehmbar, daß wir noch furze Zeit mit den jeßigen Methoden auskommen. Fch halte es für notwendig, daß wir, sobald die finanzielle Lage des Staates wieder günstiger ist, zu einer längeren Ausbildungszeit übergehen; denn wir können die jungen Menschen nicht so überlasten, daß sie für ihr ganzes Leben Schaden leiden.

Nun zucück zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise! Fch bin der Auffassung, daß eine wirkli durchgreifende Bekämpfung unserer wirtschaftlichen Schwierigkeiten nur durch eine Anpassung dex Preise für Waren und Leistungen aller Art an die gesunkene Kauf- kraft erfolgen kann. Zu einex Se n ku ng des Preisniveaus gehört natürli gleihzeitig auch eine Senkung der Gestehungs- kosten. Daß si diese Preissenkung seit der stärkeren Entwicklung der Weltwirtschaftskrise auch in der deutschen Wirtschaft immex mehr durgeseßt hat, zeigt der Umstand, daß die Lebenshaltungs8- kosten, die im Juli 1929 154,4 vH gegenüber 100 vH der Vor- friegszeit betragen haben, auf 140,4 vH im Januar dieses Jahres heruntergegangen sind. Diese Preissenkung ist um so weniger unbeachtlih und unbedeutend, als Sie nicht übersehen dürfen, daß wir in der deutshen Wirtschaft gleichzeitig zwei einander gans widerstrebende Tendenzen gehabt haben: auf vielen Gebieten eine wesentlihe Senkung der Preise und auf anderen wihtigen Ge- bieten, namentlich durch die Erhöhung der Wohnungsmieten, der Tarife für Gas, Wasser, Elektrizität und Verkehr, eine Verteuerung unserer Verhältnisse. Wenn unter diesen Umständen per Saldo das erwähnte Absinken der gesamten Lebenshaltungskosten ein- getreten ist, so ergibt sih daraus klar und deutlich, wie beachtlich die Preisminderung auf vielen wichtigen Gebieten dex Lebens8- versorgung sein muß. (Sehr wahr!)

Meine Damen und Herren, ein Wort über die Einwirkungs- möglichkeiten der Regierung auf diesem Gebiete! Jh habe das Gefühl, als wenn die große Oeffentlichkeit in Deutshland diese Einwirkungsmöglichkeiten im allgemeinen weit übershäßt. (Sehr rihtig!) Es ist bei den komplizierten Verhältnissen einex modernen Volkswirtschaft, bei den Tausenden von verschiedenen Artikeln, die es gibt, und bei den ganz verschiedenen Qualitäten, die jeder einzelne von diesen Artikeln hat, nicht mögli, für alle Artikel, deren Produktionskosten vielfah au örtlih ganz verschieden sind, Festpreise bestimmen zu wollen. (Zustimmung in der Mitte und vehts.) Das ist ein ganz unsinniges Verlangen. Es war auch so, daß in dem Augenblick, als die Regierungsaktion in bezug auf die Preissenkung begann, auf wichtigen Wirtschaftsgebieten, z. B. in

j der Lebensmittelversorgung, in der Versorgung mit Textilien, mit

Schuhwaren usw. schon eine ganz wesentlihe Preissenkung in Verbindung mit der Senkung der Rohstoffpreise fich durchgeseßzt hatte. Was die Regierung tun fonnte und was sie allein von vornherein beabsichtigte, war, den Preisabbau, wenn ich einmal : so sagen darf, zu systematisieren. Sie hat vor allem versucht, dort, { wo sich Hemmungen zeigten, diese zu überwinden. Fch glaube, man kann nicht bestreiten, daß wir auf diesem Gebiete gewisse Erfolge erzielt haben. Tatsächlih ist der Preisabbau seit dem Eingreifen der Regierung in einem schnelleren Tempo vor sich gegangen. Wir haben uns darum bemüht, daß die Preisverminde- rung der Rohstoffe niht in einer Zwischenstufe der Verarbeitung hängen blieb, sondern bis zum leßten Verbraucher weitergegeben wurde. (Zurufe bei den Kommunisten.) Dabei haben wir auf einigen besonders wichtigen Gebieten noch keinen befriedigenden Erfolg erzielen können, nämlich auf dem Gebiete der Tarife. Tatsächlih sind die Tarife der Versorgungsbetriebe und der Ver- kehrsanstalten nur unbedeutend zurückgegangen; bei der Eisenbahn in Höhe von 44 Millionen, bei der Post in Höhe von 40 Millionen. Bei den Tarifen für Elektrizität, Gas und Wasser ist jedoch im großen und ganzen noch kein wesentliher Erfolg erzielt worden, und gerade die Preise auf diesen Vebieten spielen sowohl für den privaten Haushalt wie für die Unkosten der Wirtschaft eine ganz beträchtlihe Rolle. (Sehr wahr!) Jch bin der Meinung, daß sich die Preisentwicklung im natürlichen Verlaufe der Wirtschaft in derselben Richtung weiter vollziehen wird, die wir in den leßten 11/2 Fahren haben feststellen können. Wenn eine allmähliche Senkung der Steuern, die ja in Ausfiht genommen ist, und eine weitere Senkung der übrigen Gestehungskosten si vollzieht, so werden auch weiterhin die Preise diesen veränderten Verhältnissen angepaßt werden müssen. Jch halte es aber für falsch, wenn wir durch eine Regierungsaktion den Preisabbau dauernd weitertreiben wollten. (Sher rihtig!) Damit würde nur Unruhe in der Wirt- saft gestiftet werden. Die Regierung kann nur dort eingreifen, wo si offensihtlich Hemmnisse einer wirtschaftlich gerechtfertigten Preissenkung entgegenstellen.

Besonders wichtig wäre es für die Entwicklung unserer wirt- schaftlichen Verhältnisse und für eine Belebung unserer Wirtschafts- konjunktur, wenndie Kreditbedingungen eineVerbesserung

] erführen. Es ist ja selbstverständlih, daß die Höhe der Schuld-

zinsen für unsere Wirtschaft eine besonders große Last darstellen. Jn dieser Hinsicht zeigten sih in der ersten Hälfte des vorigen Jahres gewisse Ansäße zu einer Besserung. Die absinkende Kon- junktur sehte Geld in der Wirtschaft frei und dur das stärkere Angebot von Geld gingen die Zinssäße allmählih herunter. So haben wir in der ersten Hälfte des vorigen Jahres, nah der An- nahme des Young-Plans, eine Herabseyung des Reihsbankdiskonts von 721/, vH auf 4 vH in wenigen Monaten erlebt. Wir konnten ferner im Laufe des vorigen Jahres anfangen, von den 8 % igen Pfandbriefen auf 7 % ige überzugehen. Das war eine fehr zu

begrüßende Entwickdlung. Leider ist diese befriedigende Entwicklung