Neichs- und Staatsanzeiger Nr. 49 vom 27. Februar 1931. S. 2.
Reichs- und Staatsanzeiger Nr. 49 vom 27. Februar 1931. S. 3. 2E
untergegangen ist. Aver London spiegelt in diesem Falle die Entwicklung besonders wieder. Auf dem Londoner Bacon-Markt „d die Preise von 106 Reihsmark im Dezember 1930 auf ç5 Reichsmark gesunken. E
Die Verlagerung des Produktionsübershusses vom Ackerbau die Viehwirtschaft wird durchweg in der Welt gefördert, und war dur Wandlungen in der Agrarverfassung, die si besonders in den oft- und südofteuropäischen Staaten vollziehen. Ferner darf ¡ch auf die Verstärkung der Gefahren für die Veredlungswirtschaft dur die englishe Empire-Politik hinweisen, dadur, daß Däne- mark immer mehr von dem englishen Buttermarkt zugunsten australiens und Nenscelands abgedrängt wird.
Anh die landwirtschaftlithen Spezialkulturen [eiden unter dem Druck der internationalen Ueberproduktion, Man ist bereits zur unmittelbaren Vernihtung von Waren auch in Deutshland über- gegangen. Wenn Sie mit offenen Augen über die Felder wan- oe Meine Damen und Herren! Vevor ic mir erlaube, Jz "s lepitagen von. Zwiebeln on. maren Stellen, Sie schen,
s soeben von der Reichsregierung verabschiedete A A s A C Ani Sa i gebungswerk im einzelnen zu erläutern, gestatten Sie S daß B und Zichorien vers{winden, nur um der Sache Herr zu einen kurzen Rükblick auf die Agrar- und Ernährungswirtschat at ien Dingen gegenüber hat sih das Ausland überall ge- der leßten Zeit. Zusammenfassend muß man sagen, daß wig U D wir haben uns rüsten müssen, um den Ausgleich Raubbau an unserer edelsten Substanz getrieben haben. Ver F C s E Z s ei ung stehenden Machtmitteln zu vollziehen, shuldung der Landwirtschaft und Auslandêkredite sind die dey: ne ME meg eger: "Mälnabimei auf dem Getreidegebiet, die lichsten Merkmale für die Entkapitalisierung unserer Volkswirt Fie E diu oder monopolartige Maßnahmen find, die schaft. Troy verschiedener richtiger, aber leider nit immen E e Fälle darauf hinaus(aufen sich selbst mit den zur weiterverfolgter Ansäße ist dem beizupflihten, was derx Herr jer A difpulaà Möglichkeiten zu shügen. Sie sehen g. B. Reichskanzler in seiner Chemnitzer Rede gesagt hat; daß S die staatliche Getreidemagazinierung, in Frankreich
„wir nämlich ungeheuer viele Fehler der Vergangenheit wieder den Vermahlungszwang für Weizen und die staatliche Maga- gutzumachen hätten“. ‘¿nierung für Heereszwecke, in Jugoslawien fast durckweg die
Das gilt nicht nur für die Finanz- und Sozialpolitik allein, staatliche Magazinierung, in Lettland Zwangsankauf von Fu- das gilt in der ganzen Schwere und in seinem ganzen Umfang landêgetreide bei der Einfuhr ausländischen Brotgetreides, in Nor- auch für die Agrarpolitik. Die Aufre{chterhaltung einer lebens- wegen Getreideaußenhandelsmonopol, in Oesterreich vorläufig noch fähigen Landwirtschaft ist seit über einem Fahrzehnt nicht mit Bindung der Getreidezölle mit einem variablen Zuschlag, im Polen dem nötigen Nachdruck betrieben worden. Besonders seit dem itarke Ausfuhrprämien, in Schweden Vermahlungszwang, in dex Jahre 1929, seit dem Hereinbrechen der Weltwirtschaftskatastrophe Schweiz Mahlprämien und Preisgarantie, in Spanien Vermah- und Weltagrarkatastrophe, sind wir mit unseren Shußmaßnahmen lungszwang und Einfuhrerlaubunis bei Weizen, Mühleukontingen- deu Ereiguisseu in allzu laugsamem Tempo gefolgt. Jh mae tierung usw., in der Tschechoslowakei Beimishungszwang für Fn- hier keinen Vorwurf, sondern stelle nur fest. Vielleicht teilen landsgetveide zum eingeführten Auslandsgetreide, in Ungarn Ge- wir dieses Schicksal mit anderen Ländern. Das darf uns aber treidescheine, das sogenannte Bolettensystem, das Staatsmonopol nicht hindern, mit den Fehlern der Vergangenheit auch auf dem i Gebiete dex Veredlungsproduk-
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deutlih genug bewiesen, daß das Schwergewicht unserer Volks- wirtshaft auf dem Binnenmarkt liegt. Angesichts einer öffent- lichen Meiùung, in welcher die Stadt naturgemäß vor dem Lande das Uebergewicht hat, weil ihr publizistishe Mittel in größerem Maße zur Verfügung stehen, kann gar nicht genug der Nahdruck auf die Tatsache gelegt werden, daß also die Gesamtsumme des nationalen Austausches vor der Gesamtsumme des internationalen Austausches ein bedeutendes Uebergewicht hat. (Sehr richtig! in der Mitte.) Die Hauptshlahten um den Wiederaufbau unserer Wirtschaft. werden, wie mir scheint, bei allem schuldigen Respekt vor dem Außenhandel in der nächsten Zeit auf dem Binnenmarkt zu schlagen sein. (Sehr gut! bei der Deutschen Landvolkpartei.) Erst ein geordneter Binnenmarkt wird die Grundlage für eine gedeihlihe Entfaltung des Auslandsgeschäfts sein können. Fe besser der Binnenmarkt gefestigt und ausgebaut ist, um so stärker werden wir im internationalen Wettkampf dastehen, um so eher und intensiver wird man uns bei internationalen Verhandlungen au als Bundesgenossen zu werten haben. (Sehr wahr! bei der Deutschen Landvolkpartei.) Mit einer zielbewußten Binnenmarkt- politik shaffen wir uns au das nötige Rüstzeug für die außen- politishen Entscheidungen. Jch beziehe mih hier auf ein Wort, das derx Herr Außenminister in Genf gesprohen hat. (Wieder- holte lärmende Zurufe von den Kommunisten. — Glocke des Präsidenten.) — Es ist das Wort des Außenministers, daß Deutschland, das mit einseitigen Zahlungen belastet ist, seine Ausfuhr steigern und seine Einfuhr verringern muß. Für eine planmäßige Verringerung der Einfuhr gäbe es kein anderes Mittel als die Entwicklung der einheimischen, in erster Linie der landwirtshaftlihen Produktion und die möglichste Fernhaltung entbehrliher Güter. Er hat dann weiter ausgesprochen, und ih folge diesem Gedankengang: Gewaltige Kapitalentziehung ohue Gegenleistung aus einem Lande, das selbst sich in einer Kapital- not befindet, is, auf die Dauer gesehen, cine wirtshaftlihe Un- möglihkeit, (Zustimmung.) Jch darf Sie hier auf die großen Zusammenhäneg hinweisen. Jt es ein Zufall, daß die Summe der Kosten für die Arbeits- losigkeit im Verlauf der leßten Fahre, daß die damit zusammen- hängende Nahrungsmitteleinfuhr, die Verschuldung der deutschen Landwirtschaft, die Auslandsvexshuldung, die Lasten unserer Reparationen im Verlauf derselben Fahre sich ziffernmäßig nahezu decken? Sehen wiv hier niht einen Kausalzusammenhang gegeben?
Dem notleidenden Osten besondere Erleichterungen bringen, ist die Aufgabe der Osthilfe. / Die großen Opfer aber dafür gebracht werden, können sich nur lohnen N — das steht ja schon in der Begründung der alten O ih noch die Ehre hatte, hier zu vertreten —,
wenn die allgemeine Agrarpolitik die Rentabilität
für die Landwirtschaft im Osten wieder schafft. (Zuruf von den Kommunisten.) Die Osthilfe — — (Erne; lärmende Zurufe von den Kommunisten. — Glocke.) — Die L hilfe soll schon in der Uebergangszeit die Landwirtschaft day bewahren, daß sie zugrunde geht, bevor sie uoch in den ur der Auswirkungen der Agrarpolitik gelangt, deshalb darf ih e bedauern, daß dem Gedanken der allgemeinen Lastensenkung A in unzureihendem Maße und regional beschränkt entsprohe werden fonnte. Umschuldung und Evts{huldung allein ui nur langsam in der Landwirschaft fühlbar werden, besonders ; Osten. S
Meine Damen und Herren, ih begegne hier so häufig einer hochst primitiven Auffassung, als wenn die 47 Millionen Tonnen Kartoffeln durch die Erweiterung des Brennrechts mit einem Strich in ihrer unglü@cklihen Wirkung auf den deutschen Markt erledigt werden könnten. Um einen so belasteten ‘Markt von seinem Druck zu befreien, gehört mehr. Aber was in der techs nishen Verarbeitung des Ueverflusses der Kartoffeln zu tun ist, hat die Reihsregierung nach Maßgabe ihrer Mittel in die Hand genommen. E
Auf dem Gebiete der Zuckerwirtschaft werden mit Hilfe des Reichs nene Wege gegangen werden müssen, um die übershüssigen Zuckermengen auf möalichst rationellem Wege der Verfütterung in den Futterbedarfsgebieten zugänglich zu machen. Es geht nicht an, daß wir auf die Dauer, wie in di-seM Jahre noch nötig, 100 Millionen Reichsmark aufwenden, Ur um zu exportieren. (Sehr rihtig! bei der Deutschen Landvolkpartei.) Es isstt notwendig, im heimishen Lager dasür Magi Ge nisse zu shaffen. Es ift auch mögli, wenn nur der gute Wille bei der Zuckerindustrie, der zuckerrübenbauenden Landwirt schast und der Reichsregierung gemeinsam vorhanden is}. (Lebhafke Zustimmung in der Mitte.) L
Für die Milhwirtschaft sind weitere Maßnahmen zur ötto- rung des Absayes vorgesehen. Hier handelt es sich in erster Linie um die dur ein besonderes Geseß zu regelnde Herausnahme der Posteurifierung von Mil aus der Umsaßsteuer und um besondere Maßnahmen zur Förderung des Absatzes von inländishem Kajein. (Sehr gut! in der Mitte.) L
Jm dritten Kapitel des Agrarprogramms der Reichsregierung wird die Frage der Beeinflussung des Verbrauchs behandelt. Meine Damen und Herren, wir habeñ ein Brotgeseß. (Zuruf von den Sozialdemokraten: Aber was für eins!) Wir haben S vermahlungszwang. Wir haben eine Verkoppelung des i roggenabsayes mit dem Bezug von Futtergerste. Wir haben einen Spritabnahmezwang. Wir Haben eine Kartoffelmehlbeimishung für Weizengebäck. Wir haben die Verpflihtung zur Abnahme vou Kartoffelstärke für die Maizena- und Glykosefabrikation.
Wir haben bei Hopfen die Abnahme der Gesamtbestände der Hopfenverkcehrsgesellschaf#t durch die Brauereien erzielt, — Meine Damen und Herren, ih habe Jhnen hier nur etne gewisse Blüten- lese der Verbrauchsbeeinflussungsmaßnahmen der Reith#regierung zum Ausdruck gebraht, die si in aller Kürze vor hnen vollzogen
auch dem deutshen Volke klarzumachen, daß es sich aus der eigenen Scholle niht bloß ernähren, sondern auch eigenes Brot verzehren muß (sehr gut!), wenn wir noch im Jahre 1929/30 einen Jmport von 1,7 Millionen Tonnen Weizen. hatten, wenn dieser Import bereits im Wirtschaftsjahre 1930/34 sich nur noch auf 12 Millionen Tonnen beläuft, wenn wir im Etatjahr 1931/32 wahrscheinlich nur noch mit einem Jmport von 09 Millionen Tonnen zu rechnen haben, wenn wir im Wirtschaftsjahr 1931/32 — ih bitte, diese Dinge mit mir besonders auseinanderzuhalten — wahrsheinlich nux noch mit einem Weizenimportbedarf von 600 000 Tonnen zu renen haben, so sehen Sie, hizr if ein Weg in Verbindung mit der Roggenpolitik beschritten, der einen gesunden und selbstverständlichen Ausgleih im eigenen Lager vollzieht. (Sehr gut!) Wenn wir erreiht haben, daß wir noch im Jahre 1929 Rindfleisch mit 654000 Stück Rindern, das Fleisch in Stück umgewandelt, importiert haben, wenn im Fahre 1930 nur noch 378000 Stück importiert worden find und wenn im Jahre 191 wahrshheinlih nur noch 200000 Stück nah Deutschland hereinkommen, so sehen Sie auth hier einen Weg, der cinen vernünftigen Ausgleih s{hafft. Hätten wir ihn nit beschritten, so würden heute die Preise noch wesentlich unter den Friedenspreisen stehen, bei denen sie jeßt stehen. L Hinsichtlih des Schweinebestandes sehen wir eine Trans- formation der überflüssigen Futtermittel. Wir sehen, daß ih der Schweinebestand von 19,6 Millionen auf 23,5 Millionen Stück erweitert hat, und das Geheimnis dessen, daß Sie heute auf den deutshen Märkten niht mehr bloß noch ganz ruinöse Schweine- preise erzielen können, Liegt darin, daß wir heute 2 Millionen Schweine mehr verzehren, als es sonst der Fall gewesen ift, und daß wir heute weniger an Fleis importieren, als das früher der all war. : q Damit habe ih Jhnen die Ausgangspunkte und die Moti- vierung einer Agrarpolitif in groben Zügen sfizziert. Das erfte aber, worauf es ankommt, ist doch, dafür zu sorgen, daß wir diesen Dingen auch mit der eigenen Kraft ‘begegnen. Da die gegenwärtige Verfassung des Weltmarktes ‘den Export unserer landwirtshaftlihen Vebershußerzgeugung nit mehr gestattet, fann eine dauernde Gesundung unserer Marktverhältnisse nit mehr herbeigeführt werden, ohne daß sih die landwirtschaftliche Erzeugung auf die veränderten Marktverhältnisse, namentlih
sthilfe d
Sgrundlag
Deutscher Reichstag.
31. Sibßung vom 24, Februar 1931. NauGtras
Die Rede, die der Reichsminister füc Ernährung und Landwirtschaft Sch iel e zu Beginu der fortgeseßten 2. Be- ratung des Etats des Reichsernährungsministeriums ge- halten hat,“ lautet nah dem vorliegenden Stenogramm, wie folgt: Meine Damen und Herren! Die Beratungen des Haushalts meines Ministeriums stehen in diesem Fahre unter besonders ernstem Zeichen. Wenn ein Volk wie das deutsche derartig in Lebensnot geraten ist, (Zurufe von den Kommunisten) wenn fast jeder Stand unter ungeheuren außen- und innenpolitishen Be- lastungen seufzt und stöhnt, so ist es schwer, dem einzelnen Be- rufs\stand zu predigen, daß er des anderen Lasten mit zu tragen bereit sein möchte. Man wird versuchen, die Last auf den nächsten Stand abzuschieben. Man wird dies bis zur Ungerechtigkeit ver- suchen. (Zuruf von den Kommunisten: Wie Sie das mathen!) Politik regelt sich eben niht nah ethishen Grundsäßen, (Zuruf von den Kommunisten: Reden Sie doch nicht von Ethik!) wie sie etiva in Chamissos „Kreuzshau“ niedergelegt sind. Politik ist ein harter, realer Vorgang. ((Zuruf von den Kommunisten: Das Volk hungert bei vollen Scheunen!) Aber je mehr die einzelnen Stände in ihrer eigenen Not gegeneinanderstehen, um so größer — — (fortgeseßte störende Zurufe von den Kommunisten. — Glodcke.) — Aber je mehr die einzelnen Stände in ihrer eigenen Not gegeneinanderstehen, um so größer und vornehmer ist die Aufgabe der Regierung, alle Stände, das heißt das Volksganze, so in- und aneinander zu verknüpfen, daß die Stände nicht von- cinander getrennt, sondern nebeneinander und miteinander ge- meinsame Rechte und Lasten tragen. Das ist besonders notwendig angesihts des ungeheuren Druckes, der von außen auf dem deutschen Volke lastet. Schon hieraus müßte sich die Schicksals- verbundenheit formen, die alle shaffenden Kräfte unseres Volkes
auf
einstellt. Jch Habe
in Stadt umd Land untereinander und mit dem deutshen Boden unlösbar verbindet.
Die Landwirtschaft muß in Deutschland mehr denn je im Rahmen der gesamten Volkswirtschaft betrahtet werden, Sie muß deshalb auch in der Gesamtpolitik diejenige Stellung ein- nehmen, die ihr als dem größten deutschen Erwerbszweige, als dem Hort bodenständiger vaterländisher Kultur, als der Krasft- quelle unseres Volkes gebührt. Meine Damen und Herren, wir
sind heute allzusehr (Zuruf von den Kommunisten: — verhungert!) beherrsht von dem Geiste des Spezialistentums, — (erneuter Zuruf von den Kommunisten) — Sie haben auch Fhr Spezia- liftentum! — der vielerorts in unserer Wirtschaft und in unserer Politik bestimmend ist. Dieser Geist, der aus der Spezialnot des
einzelnen Berufsstandes wohl erklärlich ist, führt zu Gruppen- bildungen und is geneigt, Einzelfragen der Wirtschaft, der Kultur, der Finanzen und der Sozialpolitik auch einseitig in den Vorder- grund zu rücken.
Solcher Betrachtungsweise gegenüber ist es heute notwendiger denn je, alle einzeinen Berufsinteressen in eine einheitliche poli- tishe Form einzureihen. (Sehr richtig! beim Deutschen Land- volk, — Zurufe von den Kortmunisien.) Nur dadurch kann aus einem Nebeneinander ein organisch-politishes Ziel und aus den verschiedensten Willensrihtiungen eine starke politishe Führung erwachsen. Wir müssen uns zum Beispiel darüber klar sein, daß die großen und vornehmen Ziele der Siecdlungs- und Bevölke- rungspolitik nur bei einer einheitlihen Einstellung der Gesaml- politik auf dieses Ziel erreiht werden können. (Wiederholte Zu- rufe von den Kommunisten. — Glocke des Präsidenten.) — Was nüßen alle Abhandlungen und Studien über deutsche Bevölke- rungsprobleme, wenn nicht wirfkungsvolle Maßnahmen getroffen werden, der immer noch währenden Landflucht entsprehend ent- gegenzutreten? Was sagt das Wort Binnenmarkt? Troßb aller Erkenntnis der Wichtigkeit der Nahrungsunabhängigkeit und der Kaufkraft der Landwirtschaft ist dieses Wort bisher nur ein Schlagwort geblieben, dem die Tat nicht genügend gefolgt ist. (Zuruf von den Kommunisten: Der Hunger ist kein Schlagwori, sondern eine Tatsache!) Einer meiner Amtsvorgänger mußte sich im Fahre 1927 darüber beklagen, daß fast alle handelspolitischen Abschlüsse der vorhergehenden Jahre, insbesondere des Jahres 1926, auf Kosten des Binnenmarktes durchgeführt seien.
Die Agrarpolitik der Regierung erschöpft sih nicht in ein- zelnen Hilfsmaßnahmen für diesen oder jenen Zweig der Land- wirtschaft. Sie stellt vielmehr ein System organish miteinander verbundener Maßnahmen verschiedenstex Art dar, das im Rahmen der von staatspolitischen Gesichtspunkten diktierten allgemeinen Wirtschafts-, Finanz-, Sozial- und Außenpolitik alle Möglich- keiten zur schnellen und dauernden Ueberwindung der Agrarkrise auszuschöpfen bestrebt ist. Diese staatspolitishen Funktionen der Agrarpolitik hat der Herr Reichskanzler in der ersten Regierungs8- erklärung, mit der fich das Kabinett dem Reichstag und dém deutschen Volke vorgestellt hat, mit folgenden Worten umrissen:
Stüßung und Wiederbelebung der ländlihen Wirtschaft ist das wirksamste Mittel zur Drosselung der Landfluht und zur Schaffung neuer Absaßmöglichkeiten für Gewerbe und Arbeiter- schaft. Von hier aus muß der Druck auf den Arbeitsmarkt und die ständige Bedrohung der Lebenshaltung des deutshen Volkes beseitigt werden. Sie können diesen Worten also die fünffahe Zielsezung der Agrarpolitik der Reith8regierung entnehmen. Fm Vordergrunde steht die Schaffung neuer Arbeitsmöglichkeiten für Gewerbe und für Fndustriearbeiter. Mit der Hilfe für die Landwirtschaft geht die Belebung des Binuenmarktes Hand in Hand. (Sehr richtig! bei der Deutschen Landvolkpartei und dem Christlih-Sogialen Volksdienst.) Erst unlängst i im Enquete-Ausshuß in der Untersuhung über die innere Verflehtung der deutschen Wirtschaft festgestellt worden, daß regelmäßig über 80 bis 90 Prozent der
Es entspricht meiner Grundauffassung von Wirtschaftspolitik s{lechthin, daß wir alle Produktivkräfte im ecigenen Lande mobili- sieren müssen, um das Endziel jeder deutschen Politik zu erreichen: die außenpolitishe Unabhängigkeit unseres Vaterlandes zu sichern. Eine Stärkung der landwirtschaftlichen Kaufkvoaft shafft uns auh das Jnstrument, der Landfluht Einhalt zu gebieten. Helfen Sie die Zustände beseitigen, welhe den Mann des Ackers zur Hoff- nungslosigkeit verurteilen, shaffen Sie die Möglichkeit, daß seine Arbeit nicht gänzlih fruchtlos bleibt, dann werden Sie viele von dem Leidensweg der sozialen Verzweiflung abhalten, auf dem sie sih heute befinden, dann werden Sie vermeiden, daß in den Großstädten Arbeitslosigkeit und Elend noch weiter zunehmea. Zu der binnenwirtschaftlihen und sozialpolitishen Moti- vierung der Agrarpolitik treten die gerade gegenwärtig stärker denn je in den Vordergrund drängenden ernährungspolitishen Fragen. Meine Damen und Herren! Sie haben vielleiht die Neigung, einem Manne mehx Glauben zu schenken, der aus anderen Kreisen stammt als ich, und der zu diesem Problem einer erstrebenswerten deutshen Nahrungsunabhängigkeit auf dem Bankiertag in Kötn folgendes gesagt hat: Was geschieht, wenn. das fremde Geld fehlt, mit dem wix das Manko unserer Versorgung bisher gedeckt haben? Es könnte leicht kommen, daß wir, wenn der Hunger aus geldwirtschast- lichen Gründen wieder an unsere Türe pot, nohmals den Kopf auf den Vlock legen müssen und uns von neuem ohnmähtig fremder Willkür fügen müssen. Das Wohlwollen unserex außen- politischen und außenwirtschaftlichhen Gegner wird stets in dem “s did Verhältnis zu unserer eigenen Widerstandskraft tehen.
Diese Worte hat Herr Solmssen gesprohen. Jch selbst habe ähnliche Befürchtungen mehrfach ausgedrückt. Meine Damen und Herren! Jch fühle mih verpflichtet, den Reichstag noch vor der Frühjahrsbestellung mit allem Nahdruck ouf diese Entwicklung hinzuweisen. Zeigen sich doch bereits sehr bedenklihe Anzeichen für das Erlahmen der landwirtschaftlichen Schaffenskraft. F bitte Sie, mit allem Ernst zu würdigen, was es bedeutet, daß im laufenden Düngerjahr im Vergleih zu den gleihen Zeiten des Vorjahres der Absaß an Thomasmehl um 11 vH, an Superphosphat um 20 vH, beim Kali um 13 vH, an Stickstoff bereits um 23 vH, an kohlensaurem Kalk sogar um 39 vH zurüdckgegangen ist. (Hört, hört! rechts und in der Mitte.) Auch der Absay an Landmaschinen ist wesentlich gesunken, und zwar im Fahre 1930 gegenüber 1927/28 um 45 vH. (Hört, hört! rechts und in der Mitte.) Sehen Sie sih heute den Elektrizitäts- verbrauch an! Er ist durhweg — und das Land trägt dabei mit — um 15 vH zurückgegangen. Er geht nahweislih rapide weiter zurück. Sehen Sie sih den Braunkohlenabsay an! Er ist gegen- über dem leßten Jahre um 25 vH gesunken, im Januar 1931 sogar um mehr als 25 vH. Die Steinkohlenproduktion und der Steinkohlenabsaß ist im Ruhrgebiet von 118 Millionen auf 96 Mil- lionen gesunken, und das bei 12 Millionen Tonnen, die auf den Halden lagern. 120 000 Mann sind abgebaut worden. Dex Absaßz an Briketts is in demselben Zeitraum von 30 Millionen Tonnen auf 23 Millionen Tonnen heruntergegangen.
Meine Damen und Herren! Jch habe Zhnen diese Aus- führungen bewußt gemaht, mit dem Ziele, die innere Verflehtung auch des Binuenmarktes uud der gesamten Jndustrie mit der deutschen Landwirtschaft und ihrem Schicksal darzutun. (Sehr gut!) Die Bedrohung unserer Ernährungsgrundlage im Osten ist gleihbedeutend mit dem Stillstand der dortigen Wirtschaft überhaupt und kann damit zur nationalpoli:.schen Gefährdung unserer Ostmark führen. Der Herr Reichskanzler hat diesem Zu- sammenhang zwis{hen Agrar- und Ostpolitik in der Regierungs- erklärung Ausdruck gegeben, indem er sagte:
Die Gesundung der östlihen Landwirtschaft ist die Grundlage
dentschen Produktion îm Fnland abgeseßt werden. Damit ist
Gebiete der Agrarwirtschaft gründlih aufzuräumen. (Zuruf von den Kommunisten: Es wird Zeit, daß wir einmal gründlich auf- räumen!)
Wenn ih nun das Agrarprogramm von feinem Ausgangs- punkt betrachte, so muß ih mit besonderer Betonung feststellen, daß ein Versagen des Weltmarktes den leyten Anstoß hat geben müssen zu den Zielen, die wir jeßt mit aller Energie verfolgen. Wenn draußen auf dem Weltmarkt die Getreidepreise si heute auf einer Linie bewegen, daß Roggen nur noch mit 70 Reihs- markt, Hafer mit 65 Reichsmark je Tonne und Zucker mit 5 Reichs- mark je Zentner gehalten werden, wenn wir Heute Produktions- übershüsse in der Welt von 10 Millionen Tonnen Weizen haben (hört, hört! rets), wenn sich im ganzen Weltgetriebe eine Strukturwandlung vollzogen hat,. bei der man heute mit den Uebershußvorräten nicht aus noch ein weiß, wenn geradezu cine Blockierung des deutschen Getreidemarktes sich dur die Verhält- nisse vollzogen hat, ja, wenn für uns und von uns aus geschen die Exportförderung völlig lahmgelegt ist durch diese Zustände, wenn wir nationales Gut nicht geradezu vershleudern wollen mit Einfuhrscheinen, dann erhebt sih die Frage: Was haben wir an die Stelle der früheren Politik zu seyen, bei der wir im Fahre 1913 noch 838 000 Tonnen Weizen exportieren konnten, 195 000 Tonnen Weizenmehl, 934 000 Tonnen Roggen, 225 000 Tonnen Roggen- mehl, 662 000 Tonnen Hafer, 527 000 Tonnea Rohzucker und 990 000 Tonnen Kristallzucker?
Gegenüber früher haben wir heute ein ganz auderes Bild vor uns und müssen uns darin zurechtfinden. Die Weltüber- produktion draußen und die Unmöglichkeit, uns dem Weltmarkt zu assimilieren, zwingen uns Maßnahmen auf, die wix in diesem Geiste betrahten müssen. Daneben sind die riefigen Fortschritte der Technisierung zu beobachten jenseits unserer Grenzen und be- sonders in Uebersee. Wir haben hiex eine ungeheure Verbesserung der Saatgutgewinnung zu beobachten, mit dem Erfolg, daß infolge dieser Anwendung vielfach die doppelten Erträgnisse erzielt werden. Wir haben dagegen — und das ist besonders beahtlich — cinen ständigen Konsumrückgang zu verfolgen, der \sih gegenüber der Ueberproduktion draußen der Verwertung der überflüssigen Mittel noch besonders in den Weg stellt. (Zuruf von den Kommunisten: Herr Minister, gibt es einen Ueberfluß, wenn Millionen hungern?) Die Ueberproduktion an Zucker is gleichfalls auf die Fort schritte der Sortenzühtung für Zuckerrohr zurückzuführen und auf die tehnishe Vervollkommnung des Ausbeuteverfahrens in den Uebervseestaaten. Wir haben ja hier soeben zunächst einmal ober- flählich in der internationalen Zuckerkonvention eine Ordnung des Zuckermarktes vollziehen können. Dabei haben wir zunächst in Deutschland einen sehr zweifelhaften Erfolg davongetragen, indem Deutschland zwar an diesem Export nach draußen mit etwa 500 000 Tonnen in diesem Fahr beteiligt ist, aber gemessen daran, daß bei jedem Zentner 10 Mark zugelegt werden müssen, erwädhst eine Notwendigkeit der Anwendung von über 100 Millionen Reichsmark.
Meine Damen und Herren! Wenn ih nun noch ganz kurz auf ein Bild verweisen will, um die Au8gangspunkte noh einmal zu \fizzieren, so darf ih sagen, daß infolge der Ueberproduktion an Futtergetreide sih allmählih ein Zustand im Ausland herau®- gebildet hat, der dahin geführt hat, daß auch draußen die Schweiut- preise rapid gesunken sind, daß, während noch im Zanuar 190 in Danzig die Schweinepreise mit 59 Reichsmark notierten, heut? die Notierung 29 Reich8mark beträgt (hört, hört!), daß Posen im Jahre 1930 einen Schweinepreis von 55,5 Reichsmark hatte und jeßt einen Schweinepreis von 25,5 Reichsmark aufweist (hört, hört!), daß in Wien der Schweinepreis von 76 Reichsmark auf 45 Reichsmark gesunken is}, daß in Chikago — die Sache berührt uns nit direkt; ich will sie nur der Vollständigkeit halber er wähnen — der Schweinepreis nicht in demselben Ausmaße gé“ sunken ist, weil dort eine innere Wirtschaft besteht, daß aber e
nationaler und volkspolitisher Rettung des deutshen Ostens.
Schweinepreis immerhin von 45 Reichsmark auf 37,5 Reichsmar!
¡in Rußland. Wix haben auf dem A : tion, speziell der Schweinezut und der Schweinemast, durchweg in der Tschechoslowakei beginuend, in Oesterreich, Rumänien, Frankreich, Lettland, Litauenu entweder direft den Staatsshuß mit Prämien oder von Woche zu Woche zunehmende starke Methoden des Schutzes. Sie haben beim Hopfen in der Tschecoslowakei eine besonders energishe Maßuahme zu beobachten, in der Schweiz in dex leyten Zeit cinen Schuß gegen die Kaseineinfuhr. Ste haben in Holland z. B. da, wo viel Kartoffeln gebaut werden, Bereit- tellung eines Regierungskredits von 45 Millionen Gulden, zu 2 vH verzinst, zur Magaziuierung und Preisstüßung für Kar- toffelfabrikate. Sie sehen, daß man sich in den Vereinigten Staaten durch ein Einfuhrverbot gegen das sogenannte russische Sträflingsholz zu s{hüßen sucht, daß man in England einen Zwangszusammeushluß der Erzeuger anstvebt. Das ist eine Me- thode, die wir zum Teil auch angewandt haben, die wir in der leßten Zeit anzuwenden genötigt waren, zum Beispiel bei der Zuckerindustrie, feruer bei der Kartoffelstärkeindustrie, éine Me» thode, die auch England jeßt auf dexr ganzen Linie durWzuführen versucht. Wir sehen Stüßung der Ausfuhrbutterpretje in dez lebten Zeit in Litauen dur ein ganz bestimmtes System mit dem Ziel dex Schaffung auskömmliher Preise für die Landwirtschaft. Jch daxf Sie nur auf eine ganze Serie von Zöllen, die in der leßten Zeit entstanden sind, hinweisen, damit Sie Verglenhs- positionen haben. Wenn die Schweiz heute einen Butterzoll von 97 Maxk, Bulgarien einen solthen von 72 Markt, Jugoslawien von 121 Mark (hört, hört !), Litauen von 167 Mark, Spanien von 121 Mark, Rumänien von 86 Mark, die Vereinigten Staaten von 130 Mark haben (hört, hört !), so genügt diese kurze Anführung. Aber es vergeht kaum eine Wothe, daß uns nitht Mitteilungen aus irgendeinem Lande zugehen, aus denen sich ergibt, daß in den ein- zelnen Gebieten, wie in Finnland, Lettland, Oesterreich, in der Schweiz, überall dieselben Versuche gemacht werden, die eigenen Grenzen nah Mögliéhkeit abzusperren gegen einen Ueberfluß, der en fommt. s | 0 r Jhnen bewußt einmal diese Streiflichter über diz internationale lardwirtschaftlihe Lage vorgeführt, damit Sie daraus gewisse Schlußfolgerungen ziehen, Folgerungen, die wir bereits im leßten Fahre gezogen haben und die wir auth für S Zukunft ziehen müssen. Da das Zusammenbrechen dex Weltmär E fih in dem kurz zusammengedrängten Zeitraum eines Jahres ab- gespielt hat, so waren auch bei uns, die wir in der Reichsregierung diese Lage schr bald erkannten, außerordentliche Notmaßuahmen (4 forderlih, um dem zu begegnen, namentlich die möglichst ich t wirkende Abdrosselung überflüssiger Einfuhr und ihr Ersay duvh die Uebershüsse in der Funlanderzeugung. au Jch darf Sie bitten, ganz kurz und nüchtern mit mir die Fragen durchzugehen, um zu sehen, ob wir nit auf dem rechten Wege sind, auf dem Wege, der das Unheil in stärkerem Maße vermeidet, das soust über die deutsche Landwirtschaft in A ungeahnterem Umfange hereingebrohen wäre. (Sehr E Wix haben in früheren Zeiten einen Gersten- und Maisimpor von zusammen 2,8 Millionen Tonnen gehabt. Das war noch A Jahre 1929/30. Jm Fahre 1930/31 werden wir dieses Kapite mit 1 Million Tonnen abschließen, haben also hier 1,8 Millionen Tounen weniger zu importieren brauchen und diese Differenz dur die heimishen Produkte ersett. (Hört, hört!) Wir haben in diesem Jahre seit Beginn der Eosin-Roggenaktion einen Eosin- Roggenabsay von wahrstheinlih 800 000 Tonnen. Augenbli@cklih sind es 630 000 Tonnen. Wir haben in diesem Jahre einen Kartoffelflockenabsaß von etwa 900 000 Tonnen. Das sind e Gegenmittel. Wenn Sie 1 Million Tonnen Gerste und E gespart haben, so haben wir dafür unsere nationaten Produ te eingeseßt, nnd das ist, glaube ih, das einz1g gegebene E Ausgleih im eigenen Lager und Mahtbereith zu vollziehen. (Sehr rihtig!) i : : Wenn wir im lehten Jahre genötigt gewesen sind, eine Weizen- und Roggenpolitik zu treiben, bei der zunächst einmal
auch auf die veränderten Konsumbedürfnisse j t bereits im vorigen Jahre die Parole der Einshränkung des Roggenbaues und der Ausdehnung des Weizenbaues ausgegeben. Jh danke es den landwirtshaftlihen Organisationen, daß Æ diesen Anregungen so prompt gefolgt find. Das vorläufige Er- gebnis dex Einschränkung des Winterroggenanbaues um miîin- destens eine halbe Million Hektar und der Ausdehnung des Winterweizenanbaues um mändestens 125 000 Heftar ist sehr erfreulich und gibt uns die Berechtigung, auf dem beschrittenen Wege weiterzugehen. Deshalb gilt es, im exsten Kapitel des Pro- gramms der Reichsregierung als Ziel einen Umstellungsplan aufgurihten, d. h. die Umstellung im eigenen Lager zu voll- ziehen. (Sehr richtig! bei der Dentshen Landvolkpartei.) Die
weitere Einschränkung des Roggen- und Haferbaues und die Ver- wendung der freigewordenen Flächen znr Ausdehnung des Weizen- und Gersten-, ‘des Feldfrntht- und Hülsenfruchtbänes sowie die Ausdehnung der Grünlandschaft ift hierbei mit allen Mitteln der Vernunft und der auch vom Reich da, wo es not- wendig ist, zu gebenden Kosten du céhzuführen. Ih darf aber hierbei, wenn ih nur mal dieses Ziel skizziere, einen Grund- gedanken aussprechen, da ja vielfah ‘draußen die Auffassung be- steht, wenn man von einem „Plan“ hört, daß darin ein Stürk Staatssozialismus steckt: Die ReithSregierung muß sih a beschränken, hier nur eine ausgesprochene Rihtlinie (sehr richtig! bei der Deutshen Landvolkpartei) untd dur eine entsprechende Preispolitik allerdings einen privatwirtshaftlichen Anreiz für die Produktionsumstellung zu geben. (Erneute Zustimmung bei der Deutschen Landvolkparte?.) Bismarck& hat ‘einmal gesagt: Wir brauchen Hîilfe für die Selbsthilfe. Hier wird verlangt, dah f die Vernunft Bahn brit, allerdings unter Hinweis darauf — genau wie es sih bei der Unistellung von Roggen zum Weizen vollzogen hat —, daß es fih auch LUohnt, diese Umstellung vor- zunehmen. Jedes irgendwie geartete Zwangsmittel, darf ih nothanals betonen, lehnt ‘die Reichsregierung bewußt und mit allem Nahhdruck ab. (Bravo! bei der Deutschen Landvolkpartei.) iermit steht im Zusammenhang die von der Reichsregierung edi Sond der Zinsverbilligung für Bodenverbesse- rungSsdarlehen von 5 auf 10 Jahre. Hand in Hand mit der Anbauumstellung und der qualitativen Hebung und Besserung der Produktion muß die Umgestaltung Und Förderung der Absab- verhältnisse gehen. Auh hierin wird das Entscheidende von den Berufsständen selbst geleistet werden müssen. (Sehr rihtig! bei der Deutshen Landvolkpartei.) Die Reichsregierung aber ist gewillt, der von finanziellen Kräften entblößten Landwirtschaft besonders in der Uebergangszeit dur geseßgeberishe und sonstige Maßnahmen, soweit es möglih, den Weg zu frutht- barer Selbsthilfsarbeit zu ebnen. h ‘ M Meine Damen und Herren! Dazu gehört in erster Linie die
in engster Zusammenarbeit mit den beteiligten Wirtschaftskreisen in Ausficht genommene Durchführung der Standardisierung des Zhnen ja bekannten Gesetzes, die Durchführung des Milchgesebes, dessen Ausführungsbestimmungen jeßt dem Reithsrat und dem Reichstag bereits vorliegen. Mit Hilfe des Standardifierung§- geseyes ist es ja mögli gewesen, in den leßten Tagen dafür zu sorgen, daß der Zusammens{hluß der Zuckerindustrie sich so voll- zogen hat, daß in aller Kürze, ohne daß es noch irgendeines wesentlichen Eingriffs seitens der Reichsregierung bedarf, dieses Jnstrument als geschlossen und wirksam betrachtet werden kann. Aus der ganzen Sache ergibt sich aber doch ‘eine Schlußfolge- rung. Neben der von mir im Jahre 1928 mit dem Notprogramm eingeleiteten Aktion zur finanziellen Förderung der absaßorgani- satorischen Selbsthilfemaßnahmen und zur Rationalisierung des Genossenschaftswesens wird die Reichsregierung mit den zentralen Kreditinstituten auth die erforderlichen Mittel zur erfolgreichen Beendigung des Rationalifierungs8werkes der Genossenschaften bereitzustellen haben. Besondere Mittel sind vorgesehen zur Förderung der Kartoffeltrocknung und zur stärkeren Anspannung
des Brennrehts.
das Signal eines Weizenpreises aufgerichtet wevden mußte, um
b Ds . - 2 “JE darf aber denen, die immer das Brotgeseb fritisieren, fol gendes sagen: Es maht feine Freude, Brotgeseße, die immer einen gewissen Zwang ausüben, zu machen, und €s gäbe Für mi L größere Freude, als wenn im nächsten Jahr das Brotgeseß wie er in dex Versenkung vershwinden könnte. Es kommt nur darauf an, Für die Uebergangszeit, wo wir aus dem Ueberfluß heraus müssen, durch vernünftige Methoden einen Ausgleih zu schaffen. Wenn häufig gesagt wird, daß das Brotge}eß den Berger von Roggen nicht gesteigert beziehungsweise den des Weizens apeenh geshränkt hätte, so darf ih darauf hinweisen, daß in den zee fünf bis se{s Monaten nur die Hälfte Weizen importtert ae O ist. Worauf ist dieser Minderimport von 800 000 Tonnen Los in einem Jahr anders zurückzuführen als auf das Brotgejey. Brot ist Brot, mag fi die Geschmacksrihtung so oder 70 verändern, Aber daß die Neigung gewachsen ist, mehr Roggenbrot zu Me zehren, beweist der geringere Jmport von Weizen. D dazu die Tatsache, daß im Fahre 1929 die Roggenernte 8,3 Mil» lionen Tonnen betrug und dazu noh ein Ueberschuß von min- destens 400 000 Tonnen aus der alten Kampagne hinzukam, ferner 800000 Tonnen wenigstens, die aus der Kartoffelfrage als Konkurrenz auf dem Roggenmarkt vorhanden waren, dann stehen hier 8,8 Millionen Tonnen Roggen in diesem Jahre 8,3 Millionen Tonnen aus dem vorigen Fahre gegenüber. Jedem, der heute im Untersuhungsausshuß oder irgendwo anders sich mit dem Roggenproblem beschäftigt, werden die Augen aufgchen, wenn ex sich das Gesamtbild vergegeniwärtigt. Wenn nun Mitte Januar 300-000 Tonnen Roggen weniger in Deutsc;land vorhanden ivaren als im Jahre vorher, so können Sie aus dieser Tatsache qus Fe Schlußfolgerung ziehen, daß das Brotgesehz kein Sthlag ins E gewesen ist. Allerdings haben auch andere Hilfsmittel, besonders die Eosinroggenwirtschaft, eine Rolle gespielt, wofür, wie ich schon ausgeführt habe, in diesem Jahre wahrscheinlich 8090 000 Tonnen legt werden. j / E dritten Abschuitt des Agrarprogramms der Reichsregie- rung if bercits die Frage der Beeinflussung des Verbrauchs be- handelt. Um zu einer möglichst schnellen Uebereinstimmung von Jnlandsproduktion und JFulandsbedarf zu gelangen, laun auf die unmitielbare Beeinflussung nicht verzichtet werden. In Not- fällen wixd man vorübergehend sogar vor gewissen Zwangsmaß- nahmen nicht zurückschrecken können. (Zuruf von den Sogialdemo=- kraten.) J habe bereits eine Reihe sogenannter Verwendungs- zwänge angeführt, die allerdings in der Regel bisher nit zu einem eigentlichen Zwang eniwideli worden sind, sondern einer freien Vereinbarung Play gemacht haben. Ih darf hier auf A tere Ziele bei Kasein, Flachs und Hichorie hinweisen und darauf aufmerksam machen, daß in der nächsten Zeit sich der Reichswirt- shaftsrat mit diesen Veriwendungszwängen auf eingeluen Ge- bieten eingehend beschäftigen wird, und hoffe, daß es möglich fein wixd, daraus bald praktische Shlußfolgerungen zu ziehen. s Zur Förderung des Absaves der Erzeugnisse der heimischen Forstwirtschaft wird dur Verordnung an die zuständigen Reichs- behörden, durch Vereinbarungen mit den Ländern und weiter rüdck- wirkend auf die Kommunen möglichst sichergestellt werden, daß bei allen Bauten, die ganz oder teilweise mit öffentlichen Mitteln, in§- besondere mit Hauszinsfteuermitteln, errichtet werden, grund{äß- lich möglichs nur noch heimishes Holz verwandt werden darf. (Sehr gut! beim Deutschen Landbund.) Auch stehe it mit der Reichsbahn in Berhandlungen, die bereits zu einer Reihe von Notstandstarifen für bestimmte Landesteile geführt haben. _JÔŸ habe nah dem bisherigen Verlauf der Verhandlungen Anlaß zu hoffen, daß es gelingen wird, diese Tarife auf weitere Gebiete auês- dehnen. E R tin Damen und Herren! Die Reichsregierung beabsichtigt, in vollem Einvernehmen mit den Vertretern der Landwirtschaft den Fragenkomplex des Brotgesetes nochmals einer eingehenden Duxhprüfung zu unterziehen. Sie hat zum Studium der auf
diesem Gebiete besonders fortschrittlichen Gesezgebung in Däne-