1908 / 107 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 06 May 1908 18:00:01 GMT) scan diff

durhgehenden Linie selbsiverständlih auf Grund von durchgehenden Ladescheinen deutshe Güter im wesentlichen verfrahtet werden könnten. Diese Linie würde nunmehr, wenn dem Wunsche, die Vorlage abzulehaen, Rechnung getragen würde, eingehen. Damit würde die deutsche Postflagge in einer ganzen Anzahl Häfen da draußen vershwinden; und das wird selbstverftändlich einen sehr \{chlechten Eindruck machen. Ih stehe nicht \o ganz auf dem Standpunkte des Herrn Abg. Noske, daß darauf nicht viel ankommt - und daß man diese nationalen Gesichtspunkte nit bervorbeben soll, besonders nicht, wenn sie Geld wert sind, wie in diesem Falle. Der Herr Staatssekretär des Reichspostamts hat Ihnen {hon aus seiner Erfahrung bestätigt, welch? erheblihe Be- deutung es für die Befestigung der Macht und des Ansehens des Deutschen Reiches hat, wenn in möglichst {nellen Intervallen ih die Reichéflagge auf Dampfern in den verschiedenen Inselhäfen zeigt. Er hat dabei bemerkt, daß der Mensch in diesen Gegenden ja noch sehr oft als eine Art Zuspeise angesehen wird, daß es \sich um fehr robe und unzivilisierte Völker handelt und daß, fie in Kontakt mit der Kultur zu bringen, eine wichtige Aufgabe if, niht bloß eine nationale, sondern au eine zivilisatorisce.

Meine Herren, es kommt aber auch noch etwas anderes hinzu. Wir haben heute die Postflagge, die \{hnelle Verbindung zwischen Hongkong und Australien, und es wird niemand, kein deutscher Kauf- mann, verstehen, daß wegen einer Frage von 20 000 oder 25 000 Pfund diese Flagge verschwindet (Sehr richtig! bei den Frei- sinnigen), und daß man sich da nun zurüdzieht. Man wird sagen: die \{lechte Finanzlage gestattet noch nicht einmal eine Ausgabe von 20 000 Pfund. Ja, das wird sehr erheblich gegen die Deutschen aus8genußt, das wird von dem Reih auf den einzelnen übertragen; es wird in den Blättern dagegen gehebt, es wird gesagt: ihr Deutsche habt ja überhaupt noch nickcht einmal die Kraft, die paar Schiffe zu unterhalten. Ich glaube, das ist ein Posien, an dem man am allerwenigsten sparen darf; denn die gegen- wärtige Finan;lage tes Deutschen Reiches mahnt zwar zur Sparsam- Feit, aber mit den Konsiderationen, ob das Deutsche Reih ein fehr reiches, schr mächtiges, sehr handelskräftiges, auf dem friedlichßen Wege sehr eroberungéfähiges ift, hat es gar nihts zu tun. Wir sind niemals so reich gewesen, wir sind niemals so unternehmend gewesen, wir haben niemals so viele Keime gelegt zur Entwicklung unserer fried- lihen Aufgaben in der Welt wie zur Zeit; und das soll man au nicht obskurcieren dur eine kleinlihe Art der Politik, so gern ih zugebe, daß man, wenn man überhaupt sparen will, irgendwo anfangen muß. (Sehr richtig! rechts.) :

Wir haben diese beiden Linien hier verlangt, weil wir erstens glauben, daß die Subvention bezahlt werden kann, ohne daß eine Erhöhung des Reichszuschusses für die Inselwelt eintritt, zweitens weil wir die Sahe für wichtig halten für die künftige Entwicklung dieser Jnselwelt, wofür, wie der Herr Abg. Noske ja vor- gelesen hat, sehr \{chöne Ansäte vorhanden find, drittens, weil wir nicht wollen, daß ein Territorium, welches wir kommerziell bereits in Beschlag genommen haben, uns entrissen wird, und weil wir nicht woller, daß wegen ein paar hunderttausend Mark unserer Flagge dort ich möhte sagen: weniger Achtung gezollt würde, Wir wollen es aber au, weil der Halt, den die deutsche Regierung an dieser Inselwelt hat, in bezug auf den Eindruck, den es auf die Eingeborenen mat, nit verringert werden foll, und weil wir vor allem nit glauben, daß eine weseniliche Entwicklung der dortigen Unternehmungen und der neuen, die wir dahin wünschen, erfolgen kann, wenn nicht mindestens die gegenwärtig bestehende s{chnelle Ver- bindung beibehalten wird. i

F brauche nihts Besonderes darüber zu sagen, weshalb wir den Wunsch haben, daß auch die Insel Yap angelaufen wird. Es bringt das das ganze Inselgebiet in unmittelbaren Kontakt mit dem Kabel, mit der Welt und ershließt dem Welthandel außerdem die Karolinen, für die wir ja seinerzeit Erheblihes aufgeopfert haben.

Aus diesem Grunde, und weil das eine erheblihe Leistung von keiner Seite darstellt, haben wir es für rvünshenswert erahtet, daß es aufgenommen wird; und es ist ja au diese Seite der Sache von niemandem angefochten worden.

Auf die andere Frage, die der Herr Abg. Noske zu Gunsten seiner Resolution angeführt hat, wird von anderer Seite eingegangen werden können. Ich muß nur sagen, daß ih mih doch sehr ver- wundert habe über die Kritik, die an einer Vorlage nohmals und wiederholt geübt worden ist, nahdem nah dem, was in der Kom- mission vorgekommen ift, der Herr Vorredner über die Unrichtigkeit der von ihm vorgebrahten Zahlen gar keine Zweifel mehr haben konnte. (Bravo! rechts.)

Abg. Liebermann von Sonnenberg (wirt. Vagg.): Wir find keineëwegs grundsäßlih gegen Damypfersubventionen, erkennenwielmehr an, daß den Leistungen der Dampferlinien auch eine Gegenleiftung des Reichs gegenübersteher® muß. Wir haben in der ersten Lesung unsere Stellung dahin präzisieren lassen, daß wir in der Kommission den Nachweis der Dringlichkeit und Notwendigkeit erwarteten. Dieser ist nach unserer Meinung dort nicht in vollem Umfange erbracht, deswegen hat unser Vertreter in der Kommission zunächst gegen die Regierungévorlage gestimmt. Selbstverständlih ist es uns aber auf dec anderen Seite nicht glei{gültig, wenn durch Einziehung der deutschen Flagge auf einzelnen Linien das Ansehen Deutschlands im Autlande geschädigt würde. Wir wollen deshalb auf der einen Seite dem Gesichtspunkte ter Sparsamkeit Rechnung tragen, auf der anderen aber eine nationale Schädigung verhüten. Nach unserem An- trage kann alles im Augenblick Bestehende bestehen Ai nicht wieder aufgenommen is nur die Linie Singapore—Neu- uinea. Unter Umständen werden wir bereit sein, im nächsten Jahre auch für diefe zu stimmen. - Wir wollen zugleich der Regierung einen Wink geben, daß sie für die Folge derartige Forderungen nicht erst ein- bringt, wenn sie erfüllt werden sollen. Der Reichstag muß folche Vorlagen in allen ihren Einzelheiten prüfen können. Der Abg. Noske meinte, wenn Gründe feblter, so beriefe man sich ftets auf nationale Notwendickeiten. Wie denkt er fih denn die Vertretung der deutschen Arbeiterinteressen, wenn fie nit vertreten werden auf dem Boden des großen nationalen Staats ? Ueber den Antrag Albreht beantrage ih getrennt abzustimmen. Wir werden für die Nummer a stimmen, denn auch wir glauben, daß si allerdings in bezug auf die Bemarnung der Schiffe bei der Ausreise Uebelstände herauëgestellt baben. Wir wollen nicht, daß man damit rechnet, während der Reise s{limmstenfalls allerhand Gesindel an Bord nehmen zu können, und gegebenen Falls auf Sckchwarze zurückgreift. Dagegen stimmen wir

egen d, weil wir nicht wollen, daß dur die iffsfrahten des

Alcyd dem deutshen Steuerzahler, dem deutschen Bauer eine Kon- erwächst. i i

E Gn berger (Zentr.): Wir stimmen gegen die Regierungs-

vorlage, find aker ents{lofsen, den Antrag Lattmann zu unterstüßen, weil

interessant. Wenn ein tan ¿retten bâtte, so mödte des Zentrums hören.

Verlauf dero heutigen Debatte war Zentrumsredner die Rede des Grafen Kan ih den Lärm über die antinationale Gesinnun Dem Standpunkt des Grafen Kaniß kann ich mi allerdings an- \hließen. Er fragte mit Recht nah der Deckung, wie meine volitishen Freunde das stets getan haben. Wénn wir in diesem . Jahre für die Flottennovelle ohne Erledigung der Deckungsfrage ge- | stimmt haben, so handelte 8s sich ju #|st um eine minimale Belastung des Volkes, dann aber haben wir unis in der Budget- kommisfion bemüht, eine Regelung der Déckungsfrage zu finden. Zum Antrag auf Befsserftellung der Veteranen haben wir beantragt, den Gesezentwurf über die Zuckersteuer außer Kraft zu setzen, wenn der über die Veteranen in Kraft tritt, wollten also die rsparnis beim lektaenannten Entwurf den Veteranen zu Gute kommen lassen. möhte nur wünschen, daß der Standpunkt des Grafen Kaniß von allen hier geteilt wird. Das Vorhandensein einer indirekten Deckung muß ich, wie hon in der Kommission, bestreiten. Vertritt man den Standpunkt des Staatssekretärs, so muß man gerade zu einer drt minderung der Subvention kommen, aber der Staatssekretär hat die Mehr- einnabme aus den Zöllen um mindestens die Hälfte zu hoh angegeben. Die Gesamteinfuhr im Bismarck. Archipel betrug 1906 2400 000 4; aber man kann doch nicht die Gesamteinfuhr mit 19 9/9 verzollen, denn darunter befinden sich an barem Geld 200 000 4, an Kohlen 240 000 6, und auch die notwendigen Lebensmittel darf man doh niht verzollen. Zieht man dieses alles ab, so bleiben an wirklicher Zolleinnahme höchstens 100 000 M. Also mit der direkten und în- direkten Deckung ist es gleihermaßen niht weit her. Wir sind nicht dagegen, daß die bestehenden Verbindungen nah Neu-Guinea erhalten bleiben ; es fragt sich nur, ob es richtig ist, eine zweite Linie dahin zu subventionieren. Eine Linie genügt vollständig; denn eine von zwei Linien muß nah der Begründung der Vorlage felbst notleidend werden. Danach genügt der Antrag Lattmann vollständig; er ermöôg- liht auch eine - zweckmäßige Ausgestaltung der Küstenschiffahrt auf N-u-Guinea. Der LAoyd hat diese Küstenshiffahrt an die Neu-Guinea- Kompagnie abgetreten für ganze 12 000 F jährlih; wir aber sollen dafür 270 000 6 jährli zahlen. Für den deutshen Handel e die Verbindungen genügend vorhanden, und der Personenverkehr ift ganz minimal. Der Antrag Lattmann gibt auch dem Lloyd alles, was notwendig ist. Für die sozialdemokratishe Refolution unter a werden wir stimmen; daß wir für b stimmen, hat der Abg. Noske wohl selbst nit erwartet. Wenn der neue Vertrag zu stande kommt, bitte ich, do auch die Frachttarife recht scharf ins Auge zu fassen, die Tarife nah Neu Bes unyerbältnismäßig hoch, ‘zumal im Ver- it denjenigen na n. 7 : i ale eq. M te nbuhr (Sou): Der Staatssekretär meint, die Ab- lehnung der Vorlage würde die deutsche Flagge aus jenen rant ee ver- woinden lassen, und damit werde das Ansehen des Deutschen Reichs ges lBädigt, Er hätte lieber den Nahweis führen sollen, daß vor der Sub- vention deutshe Schiffe dort die deutsche Flagge nicht gezeigt hätten ; diesen Na§weis hat er aber niht versucht. Seit Abschluß der ersten Dampfersubventionsverträge find mehr als 20 Jahre verflofsen, und die Verhältnisse haben {ih ganzj erheblich verschoben. Damals sind die Interessen der Kapitalisten in jeder Beziehung, auch \peziel hinsichtlih des Schiffbaues, in umfafsendstem Maße berücksichtigt worden. te steht der deutshe Schiffbau auf solGer öhe, daß die betreffenden Vertragsklauseln einen ganz anderen Cine erhalten haben, Mem Yai direkt i‘ Een g ahin gehört auch die Klausel wegen des Detuge 2E De sbland, g das Rheinisch - Westfälishe Kohlensyndikat die Preise bestimmt. Der Lloyd darf die billigere und bessere walisishe Koh!e nicht benugzen. Aehnlich liegt es mit den Klauseln, betreffend den Bezug von Ee Alle diese Klauseln fommen den ftapitalistis{-agrarishen Interessen ganz direkt zugute, während die Arbeitershast direkt dadur geschädigt wird. Auf derselben Linie liegt die Klausel bezügli der Zulaffung der arbigen. Die angebliche Ueberlegenheit der chinesishen See- ara ist eine Fabel ; außerdem weiß man do, daß diese {mutig und oft mit ansteckenden Krankheiten behaftet find, das Zu- sammenarbeiten mit ihnen also nicht sehr nah dem Geschmack der deutshen Seeleute ist. Bären die Farbigen nicht billiger als die Weißen, so würden lehtere von den apitaliften her bevorzugt werden. Anderseits gewöhnen fich die deutschen Mea sehr bald daran, die Haa Behandlung, die fie den arbigen angedeihen laffen, auch auf die Deutschen zu übertragen. Die Bebauvtung, daß die Farbigen die Hitze in den Kefselräumen erheblich besser vertragen, ift hinfällig. Mie kommt es, daß auf der westlichen Halbkugel die weißen Seeleute die Hitze durchaus ertra en? Sollten denn die Temperaturen auf der östlihen von denen auf der westlichen vershiceden sein? Das ist doch nicht der Fall. In den Kesselräumen der Lloyddampier herricht eine Temperatur von 50 bis 60 Grad, also etwa wie im Roten Meer. - In bezug auf | Nentilationseinrihtungen der Kesselräume zu Gunsten der vor dem ! euer arbeitenden Schiffsmannschaften find wir gegenüber anderen aa sehr zurück; troßdem findet fich in den Abmachungen mit dem Lloyd niht einmal die Vorschrift, daß bei Neubauten bessere der- artige Einrihtungen geshaffen werden.

d Selbstmorde beweist nicht, R: war als in Nordamerika, und unter den Selbst-

mördern find au zahlreihe Farbige. Die Woermann-Linie hatte früher \{chwarze Feuerleute und ift neuerdings zu Weißen zurück- gegangen. Wir verlangen ferner in unserer Resolution eine Be- mannungsf\fala, die neben der Tiefladelinie zu den dringendsten Not- wendigkeiten für die Schiffe gehört. Die in dieser Beziehung be- stehenden Vorschriften erstrecken sich nicht auf tas Deckspersonal. Der \{ließlihe Einwand, daß alle diele Forderungen eine zu große Steigerung der Selbstkosten nah si ziehen würden, kann doch nit

ern genommen werden. 4 J): abe aufs lebhafteste zu GE Morde E Bog E Hormann vortrwarkf,

bedauern, daß der Kollege Noske dem Abg. er habe ie Beauftragter des Norddeutshen Lloyd gtsprocen. Solche Vorwürfe werden immer dann erboben, wenn man sahlich nihts Nechtes sagen kann. Der Abg. Hormann hat als Vertreter der linksliberalen Fraktionegemeinschaft gesprochen. Das deutshe Volk braucht fich vom Lloyd nichts schenken zu laffen. Der Norddeutshe Lloyd macht aus den tränsatlantishen Linien seine Profite, nicht aus den subventionierten Linien; würde er diefe Linien niht fahren, so würde jedenfalls die Verzinsung feines Aktienkapitals eine viel größere sein. Es handelt sih hier niwt um die Subvention einer Sesellshaft, sondern um Leistungen einer Gesellschaft die bezahlt werden müssen. Wern man nur Linien zuläßt, die sich selbt rentieren, so müßte man auch alle die Postämter einziehen, die Zushüfse erfordern. Der Graf Kanitz wird do nicht verlangen, daß Postämter in entlegenen deutschen Orten eingezcgen werden, weil sie sih nit rentieren, oder Telephonverbindungen aufgegeben werden, die nur geringen Zuspruh haben. In den tropishen Gegenden gibt es eine Menge von Artikeln, die ein langes Lagern nit vertragen und die so {nell wie möglih verfrahtet werden müssen. Eine Plantage braucht Jahre, ebe fie einen Verkehr rentabel macht. Ohne gute Tranêportgelegenheit muß eine Kolonie in ihrer Entwicklung stecken bleiben. Mit Unrecht hat der Abg. Erzberger bei seiner Berechnung der Zollabgaben Tabak und Alkohol ausgeschaltet. Die Hauptsachen bleiben allerdings Kopra und die Phosphate. Hier if also zum großen Teil für Deckung der Au8gaben gesorgt. Ih hätte es verstanden, wenn der Graf Kanitz seinen ablehnenden Standpunkt eingenommen hätte, als wir Südwestafrika erwarben, wie er es aber hier tut, wo es sh um eine \o geringfügige Sache handelt, verstehe ih nit. Auf den Segelshiffverkehr allein fönnen wir uns in bezu auf Australien nit verlassen. Für unsere Beamten dort muß deo auch die Gelegenheit einer besseren Verbindung s werden. Das erfordert auch die Rücksiht auf den Schuß unserer Kolonisten. Mir babea in dieser Beziehung in unseren Kolonien teueres Lehr- eld bezahlen müssen. E Pittè Sie, der Vorlage zuzustimmen. Wir wissen ja gar nit, ob der Norddeutsche Lloyd überhaupt geneigt

Die Statistik der Hißschläge daß die Zahl derselben in den ;

, den Ausführungen des Abg. von Liebermann handelt es e E tlih E A um ein Provisorium. Machen wir doch lieber gleih ganze Arbeit. Wie steht denn die Negierung zu dem Antrag Lattmann, wenn biases angenommen wird? Hat sie Gelegen- heit gehabt, inzwischen den Lloyd zu hören, und welche Stellung nimmt fie zu dem Antrage ein? Jh wünschte nit, daß die Negterung Fur eine Nieterlage erlitte. Für den Absatz 2 des Antrags echt werden wir in Konsequenz unserer bekannten Haltung zur Frage der Lebenëverteuerung stimmen. den ersten Teil des Antrags be- trifft, so eint mir die Frage der Verwendung der Farbigen noch

E E (hardt (d. Volksp.) bittet die Parteien dringend,

si auf dem Boden der Regierungsvorlage zu einigen.

Stellvertreter des Reichskanzler, Staatssekretär des Jnnern, Staatsminister Dr. von Bethmann Hollweg: s Meine Herren! Der Herr Abg. Gothein hat zunächst die Frage an mi gerichtet, wie die verbündeten Regierungen \ich ¡u dem Antrage Lattmann stellen. Die derzeitige Haltung der verbü:deten

Regierungen zu der Gesamtangelegenheit ergibt sich aus den Aus-

führungen, die der Herr Staatésekretär des Reichskolonialamts beute hier gemacht hat, und in denen er meines DafürhaltenF in über- zeugender Weise nahgewiesea hat, einen wie großen Wert die ver- bündeten- Regierungen auf die Annahme dieser Vorlage legen müssen und legen. Wenn der Reichstag in Rücksicht nameatlich auf die Finanzlage des Reichs bedauerliherweise die Regierungsvorlage ab- [lehnen und nur den Antrag Lattmann annehmen sollte, so wird das erst der Moment sein, in dem die verbündeten Regierungen zu diesem Antrage werden Stellung nehmen können. Welcher Art diese Stellung sein wird, kann ih im gegenwäitigen Moment nicht

sagen. ; Wenn der Herr Abg. Gothein dann weiter mih gefragt

hat, wie sich der Lloyd zu dem Antrage Latimann stelle, so kann ich erklären, daß ich unmittelbar, nachdem der Antrag eingebraht war, mich mit dem Lloyd in Verbindung gesetzt habe, um zu sehen, welche Stellung er seinerséits zu dem Vorschlage Latimann einnehmen winde. Die Verhandlungen find eingeleitet worden, haben aber noch nit zu einem Abschluß geführt, sodaß ih auth jeßt noch nit fagen kann, welches der Abschluß sein wird für den Fall, daß der Reichstag den Antrag Lattmann unter Verwerfung

der Regierungsvorlage annehmen sollte.

Abg. Hormann (fr. Volksp.): Der Abg. Noëke hat sih dahin ausgesprochen, als ob ich mit unberehtigter Voreingenommenheit ge- sprohen bâtte. Eine solhe Behauptung steht hart an der Grenze des Zulässigen. Ih will darauf nit eingehen, sondern das Urteil dar- über dem Hause überlassen. Ein Teil des Hauses ift nicht für die Vorlage, weil die Deckungefrage nicht geklärt sei, aber man ift doh auch für die Teuerungszulagen und für die Osftmarkenzulagen ein- getreten, für welhe Deckung au nit vorhanden ift. Wir halten diese Ausgabe für notwendig und bewilligen sie in der Hoffnung auf die Finanzreform. Ih freue mich, daß ter Abg. Liebermann von Sonnen- berg später geneigt sein wird, für die ganze Vorlage einzutreten. Ich bitte, jezt gleih den lezten Schritt zu tun und die ganze Vor- Tage anzunehmen. Der Norddeutsche Aoyd ist auch von der Not- wendigkeit der Linie Singapore—Neu-Guinea überzeugt. Die größere Leistungsfähigkeit der Farbigen ist statistisch nachgewiesen. Unter den weißen Arbeitern erfranken 39 %/, unter den cinesishen nur 13,5 9%. Hibschläge find bei dem europäischen Personal bâufig, beit dem farbigen aber sehr selten infolge ihrer Enthaltsamkeit. Der Dampfer Sera hatte auf seiner fünften Reise 24 weiße Heizer, von denen 18 erkrankten, und auf seiner se{sten Reise 39 farbige Heizer, von denen nicht cin einziger erfrankfte. Die Dampfergesellschaften stellen im Interesse der Menschlichkeit Farbige an ; Ersparnisse werden damit nit erzielt, da die Zahl der Farbigen viel größer sein muß. Wer das Interesse der Allgemeinheit will, muß für die Vorlage

ana Erzberger (Zentr.): Der Abg. Gothein hat uns hier das

reckgesvenst des südwestafrikanishen Aufstandes vorgehalten, wenn p S t annehmen. Das könrte zutreffend sein, wenn wir die ganze Vorlage ablehnen, aber dur Annahme des Antrages Lattmann können wir ähnliche Zustände vermeiden, denn die Linie Singapore—Neu-Guinea kommt dafür gar niht in Betracht. Der Uoyd ist dann verpflichtet, die Linie von Australien über Neu-Guinea nach Hongkong zu führen, während er jeßt diese kontraktliche Pflicht niht hat. 270000 4 rechnet man für die Linie Singapore—Neu- Guinea; die übrigen 230 000 4 für die andere Linie sollen ihm be- willigt werden. Der Nordèeutshe Lloyd hat natürlich noch nicht auf diesen Vorschlag geantwortet, sondern wartet die zweite Lesung ab; fo dumm ist er natürlich niht, daß er nit lieber die 500 000 nimmt, wenn er sie kriegen kann. Die Freisinnigen haben früher eine andere Stellung eingenommen, denn bei der ersten Beratung der Dampfersubvention 1884 hat der Abg. Bamberger die Subvention eine himmelschreiende Vershwendung genannt, und 1898 bei der Ver- längerung des Vertrages bis 1914 hat ebenso der Abg. Richter gegen die Vorlage gesprochen. j

Damit schließt die Diskussion. ersönlih bemerkt der j

N. (Soz.), daß er selbstverständlich die persönliche Ehren- haftigkeit tes Abg. Hormann nicht verdächtigen wollte, und verwahrt fih gegen tie Ea ge Staatssekretärs Dernburg, daß er wit alshen Zablen opyzriert Habe. i i E Ba der Abstimmung über die Forderung der Regierung von 500 000 4 werden die dafür Stimmenden für die Mehr- heit erklärt; infolge des lebhaften Widerspruchs vom Zentrum läßt aber der Vizepräfident Kaempf noh einmal abstimmen, und es ergibt sich nah Probe und Gegenprobe die Mehrheit gegen die Forderung; unter der Mehrheit befindet sfih au ein großer Teil der Konservativen.

Darauf wird der Antrag Lattmann (230 000 #) gegen die Stimmen der Spa ernten und einiger Mitglieder der linksliberalen Fraftionsgemeinschaft angenommen.

Die Resolution Albrecht zu a (Bemannungsskala) wird gegen die Stimmen der Sozialdemokraten, des Zentrums und der Antisemiten abgelehnt ; die Resolutivn zu þ wird gegen die Stimmen der ert gir wv pad und der linksliberalen

raktion3gemeinschaft abgelehnt. O 8 Es folgt die zweite Lesung der Nachträge zum Etat für 1908, welhe den Bau neuer Kolonialbahnen be- treffen, und der Geseßentwurf, welcher über die Deckung der Ausgaben Bestimmung trifft. i

er Gesegentwurf, betreffend die Deckung außerordent- liher Bedürfnisse der Schußgebiete (mit Ausnahme von Süd- westafrika und Kiautschou) im Wege der Anleihe, ist von der Budgetkommission in das Geseß über die Einnahmen und Ausgaben der Schußgebiete von 1892 hineingearbeitet worden; danah isst die Deckung außerordentliher Be- dürfnisse erforderlihenfals im Wege der Anleihe zu Lasten der betreffenden Schußgebiete flüssig zu machen. Die Anleihen können auch zu Lasten : Schußgebiete aufgenommen werden. Die Verzinsung erfolgt u 31/2 Proz.,, und es sind Anleihen wie Darlehen vom sechsten Jahre nah der Begebung oder Gewährung mit jährlich mindestens 3/; Proz. zu tilgen. /

ist, fh mit der geringeren Summe des Antrags Latimann zu be-

inerseits den Reichsfinanzen Rechnung trägt und doch der Kolonie Lie Vecbindung i vie fie nah unserem Dafürhalten braucht. Der

s

gnügen, ob er damit die Leiflungen übernehmen Tann, die er leisten

(S@hluß in der Zweiten Beilage.)

* icâdigt wird.

eines einzelnen oder mehrerer dieser

t

107.

(S@luß aus der Ersten Beilage.)

Jm übrigen hat die Etsen e den Bau der

frifka (Mombo— ß, Mrogoro—Tabora), Kamerun (Südbahn), Togo (Lome—Atakpame) und Südwestafrika (Seeheim—Kalkfontein) gutgeheißen und empfiehlt die beiden Nachtragsetats sowie die beiden Entwürfe wegen Aenderung der Geseße, betreffend Ge- währung von Darlehen an die Schußgebiete Togo und Süd- westafrika mit geringen Modifikationen zur Annahme. Der Gesamitaufwand , für die Bahnen beläuft sich an ca. 150

neuen Kolonialeisenbahnlinien in Deutsch: Pangani

Millionen Mark. Referent if der Abg. Dr. Semler.

__ Die Budgetkommission bringt außerdem eine Resolution in Vorschlag, die verbündeten Regierungen ersuchen, im nächsten Jahre eine einheitlihe Fassung des Geseßes über die Einnahmen und Ausgaben der Schußgebiete von 1892 vor- fugen und eine anderweite Regelung der Frage des Reserve-

onds tunlihst für das nächste Etatszahr herbeizuführen.

Es findet zunächst eine allgemeine Besprehung über die Bahnprozjekte, die Deckungsfrage und über die von der Kom-

mission vorgeschlagene Resolution statt. Abg. Lede

ihre Finanzierung betrifft. sein zur Unterwerfung der Eingeborenen listisher Ausbeutung. Natürlich gibt es Deutschland, die an diesen Bahnen interefsse haben, nämlich die S aaaueT und lieferanten und gewisse Kapitalisten. Aber unmöglich

Leute

kann

es den deutshen Arbeitern und der Mafse der deutshen Steuerzahler zumuten, für diese Kapitalistenzwecke Gelder zu bewilligen. Der Staats- sekretär Dernburg meinte freilih, die deutshen Arbeiter verdienten, wenn in Deutschland das Material hergestellt und nah den Kolonien g 1 Die deutshen Arb.iter haben kein Interesse daran, daß ihnen ein Teil des Geldes aus der einen Tasche genommen und

ges{hafft würde.

zu einem kleineren Teile in die andere Tasche gesteckr wird; darauf würde die ganze Sache hinauslaufen.

würde. Auch dabei könnten ja die Arbeiter verdienen. lien Parteien haben der Regierung in dieser Frage Zutreiberd geleistet; & wurden immer neue

Bedenken zu haben. Anekdote, ein deutsher Unternehmer sei gefragt worden: Wo liegt

eigentlich Mrogoro? Er habe geantwortet: Wo unser Geld aufhört. Als der Telegraph gelegt werden sollte, der \{ließlich gerei Tabora

erung das war zu der Zeit, als der Zylinder des Abz. Spahn til Kolonial» die Trasse reden Gegenüber dem Schweigegelöbnis, das die Blockparteien können wir

nah Muansa gelegt wurde, hieß es au von seiten der

spielte —,

angelegenheiten die maßgebende Rolle mit fi

nie nicht geändert werden; fie hat doch afen. über die Führung der Linie übernommen haben, nachher in diesen Dingen eigentümlihe Erfahrungen machen. werden die wunderbarstea Projekte ausgearbeitet.

Druck gegèn England ausüben zu können!

wäblte Finanzierung ganz ebenso belastet. man die Kolonien etwa den Einzelstaaten gleihstell. In Kolonien gibt es keire Träger der Verantwortlichkeit,

diese Millionen und noch dazu ohne Deckung bewillig

Schatzsekretär. (Lachen.)

neuen Schreck bereiten, um îo mehr, als er fih gegenwärtig trainiert, eßen. Wenn ihm jeßt wieder ein Schrecken in die Slieder fährt, so Bird er wie sein Vorgänger abtanken, und wir möhten nicht dazu beitragen, daß auf diese Weise auch dieser Staatsmann von seinem Posten i Wie die Mehrheit in der Budgetkommission gewirtschaftet hat, ist geradezu \kandalós. (Der Präsident Graf zu Stolberg ruft

- den Redner zur E Wir verwahren uns dagegen, daß dur ein chrheitéparteien der Parlamentarismus ge-_

um für den Herbst die Reichsfinanzreform in Sjene zu |st

abtritt.

soles Verfahren der Damit schließt die Diskussion.

Bei der Abstimmung wird durhweg nah den Kommissions- vorschlägen beschlossen, sowohl hinfihtlih der einzelnen Linien

wie der Dcckung und der einzelnen Nachtragsetats; auch Resolution der Kommission wird angenommen.

ur zweiten Una der „Ostmarkenvorlage“ haben olksp.) u. Gen. einen Abänderungs- att der für die Militärbeamten

die Abgg. Ablaß (fr. antrag eingebracht, wonah und Unteroffiziere geforderten 301 000 # nur 91 000 # wen werden sollen.

. Pachni Le (fr. Vgg.): Unser Antrag bedeutet, s vir e BO0rs lage bedenkt außer den unteren und mittleren Beamten auh

den Rahmen der Vorlage als zu weit gezogen erachten.

die B-ramten der Militärverwaltung und die Unteroffiziere. Für Berücksihtigung der Militärbeamten

sekretär niht versagt werden kann.

Auch in den früheren Resolutionen sind die des Soldatenstandes niht berücksihligt worden. Bezüglich der Fr der Unwiderruflihkeit legen wir entsheidenden Wert darauf,

Willkür bei Verteilung dieser Zulage mögli auszuschließen und nicht politishe Motive maßgebend sein zu laffen, damit nit etwa jemand die Zulage wegen seiner Dugenorigreie zum Hakatismus er- eamten vor Gewifsenskonflikten

{hüten will, so kann fie ihn ja einfach vom Often nah dem Westen Aurerene sein

sie bedarf also des ittels der Widerruflichkeit der den Erklärungen der Megierung Wir würden anderen- falls auch ein Engagement für die weitere Zukunft übernehmen, wenn Forderungen bekämen, die über das Jahr 1908 hinausgehen. Wir wollen für die Zukunft freie Hand haben, {hon für den Fall

hält. Wenn die Regterung einen

gerieven, wenn es im des Dienstes notwendi ollte ; Osftmarkenzulage nicht. Nach

gilt die Unwiderruflihkeit nur für ein Jahr. wir daß bei der allgemeinen Gehaltéreform vielleicht durch anderweit

Das wäre fo, als wenn ein großer Teil des Grunewaldes abgeholzt und auf der großen Sandwüste ein Nachbild der Pyramide von L IUES

e bürger-

- i Bahnprvojekte ausgearbeitet. Die Gefahr neuer Aufstände wird durch diese Bahn keineswegs ge- mildert. Auch die Linienführung, ihre Trassierung, s{heint uns praktische Der Staatssekretär Dernburg erzählte mal die

stea L Ein Oberleutnant Schmidt hat dabei in einer Kolonialçesellshaft gesagt, es müßte im Ovambolande ein ganzes Armeeko1ps gehalten werden, um einen 1 Y Was die Finanzierung betrifft, so stehen wir zwei Projekten gegenüber: eine Kolonialanleihe zu leisten und ein Darlehen an die Kolonien mit Reichsgarantie. Der deutshe Steuerzahler wird durch die von der Kommission ges Man täuscht fi, wenn

die Beamten sind dort fluktuierend, ihre Amtsführung in den tropishen Kolonien gebt nit über drei Fahre binaus. Wir können unterseinen Umständen . Wir nehmen dabei auch eine gewisse menshliche Rüdcksicht auf den gegenwärtigen Gewiß, wir wollen ihm nicht einen

ist geltend gemaht, daß, wenn z. B. der Postsekretär die Zulage erhält, sie dem Intendantur- T 1 Deshalb nehmen wir Abstand davon, die Militärbeamten zu streichen, wollen aber die Unteroffiziere aushalten, weil bisher niemand daran gedaht hat, auch die Pers- sonen des Soldatenstandes in die Osftmarkenrzulage Ae

ersonen

our (Soz.): Diese Vorlage mutet dem Reiche no viel größere Ausgaben zu, ohne für Deckung zu sorgen. Wir tehen ibr rundweg ablehnend gegenüber, sowohl was die Eisenbahnen als was Die neuen Eisenbahnen sollen ein Mittel und deren ftapita- / genug in ein größeres Geshäfts- die Zwischen-

man

denn

ienste

denn

Es

den

die

be-

die

age die

Zweite Beilage

Berlin, Mittwoh, den 6. Mai

Regelung des Wohrungsgeldzuschuüsses von der ganzen Ostmarken- ¡zulage Abstand genommen run v Dagegen wollen wir die glei abge Behandlung der Beamten fihern, und im Namen der liberalen Frafktionsgemeinscaft stelle ih deshalb die bestimmte Frage, ob die Regierung für den Fall, daß die Vorlage künftig wiederholt wird, nah den gleichen Grundjäßen verfahren wird, wie für 1908, ob also bei Erfüllung der enden Bedingungen, die in den Er- läuterungen gegeben find, die Regierung derselben Feomien die Zu- lage gewähren wird, die sie für 1908 cnplangen haben. Ich zweifie niht, daß der Schaßzsekretär diese Frage bejahen wird, denn das ent- sprähe einfah der Konsequenz der Sache, aber es ist doch wihtig, wenn es vom Regierungstish erklärt wird. t _ Seneralleutnant Sixt von Armin: Der Antrag is uns ebenso überrashend wie unerfreulih. Im Gegensaß zum Vorredner bemerke ih, daß von dem ersten Moment an, wo man an Ostmarkenzulagen dahte, die Absicht bestand, die Unteroffiziere an dieser Ver- günftiguig teilnehmen zu“ lassen. Jh berufe mich auf die geftrigen Ausführungen des Schahsekretärs, daß {on 1904 die Unter- offiziere einbegriffen waren, und mit vollem Reht. Der Charakter dieser Zulage iff doch ganz wesentlich eine Anerkennung für die onen, die eine längere Reihe von Jahren unter besonders shwierigen und unerguidiihd Verhältnissen im Dienst des Reiches ihre Schuldigkeit getan haben. Das gilt für die Unteroffiziere ebenso wie für die Beamten. Für die Heereëverwaltung wäre es peinlih und unangenehm, wenn ein Unterschied zwischen Unteroffizieren und Beamten gemacht würde, die unter denselben |{chwierigen Verhältniffen ihren Dienst tun. Von allen Seiten des Hauses ist so oft das Wohl- wollen für die Unteroffiziere betont worden; die Unteroffiziere werden es niht verstehen, wenn bei dieser Frage ein Unterschied Plat greift. Ich kann nur dringend bitten, die Regierungsvorlage anzunehmen.

Staatssekretär desReichsschaßamts,Staatsminister Sydow:

ob meiner Auffassung nah die verbündeten Regierungen im Fall einer Wiederholung derartiger Bewilligungen in künftigen Jahren nah den- selben Grundsäßen bei der Verleihung der Zulagen verfahren würden, wie sie jeßt in den Erläuterungen angegeben sind, und ob fié also den Beamten, die in einem Jahre diese Zulage erhalten haben, die Er- füllung der betreffenden Bedingungen vorautgeseßt, auch in künftigen Jahren diese Zulage unter diesen selben Bedingungen belassen würden. Ich habe keinen Zweifel, zu erklären, daß die beteiligten Verwaltungen auch fèrner nah den gleihen Grundsäßen verfahren werden, wie sie hier in den Erläuterungen angegeben sind, und daß die Verwaltungen, also den Beamten, die in dem einen Jahre die Zulage erhalten haben solange und soweit fie den in den Erläuterungen angegebenen Vor- aussezungen entsprechen, auch in folgenden Jahren die Zulage belassen werden. i Abg. Gröber (Zentr.) weist darauf hin, daß die nnigen das Dispositiv abändern müßten, wenn sie die N Msn gen bas wollten ; so, wie der Antrag laute, entspräche der Begründung niht. Die Vorlage sei und bleibe eine politische Vorl ; es sollten dieselben Grundsäße im Reiche maßgebend fein wie in Preußen, denn dort habe der Min ent Bülow erklärt, die Ostmarken- zulage folle keine Teuerungszulage sein, sondern eine Prämie für Aus- harren auf gefährdetem Posten unter \{hwierigen politishen Verbält- nissen. Innerhalb eines ganzen Jahres folle die Zulage unwider- ruflih sein; o glücklihes Volk der Beamten! Tatsächlih handle es

sih um eine widerruflihe Vorlage, die an das frühere Wort des Abg. Eickhoff erinnere: Zuckerbrot und Peitsche. frühere Wo Abg

Staatssekretär des Reihsschaÿamts, Staatsminister Sydow: Meine Herren! Gegenüber den Ausführungen des Herrn Vor- redners muß ih hier nochmals an die Spitze meiner Ausführungen den Say ftellen, daß der Antrag in dem Nattragsetat keine poli- tishen Zwecke verfolgt. (Oh! oh! und große Heiterkeit in der Mitte.) Ich habe nie bestritten und bezweifle niht, daß in Preußen die Zulage einen politischen Zweck verfolgt; denn in Preußen liegen die Ver- hältnifse anders als hier, vor allem deshalb, weil in Preußen politische Beamte dabei in Frage kommen, während es sich für uns das ist von jeher zur Begründung der Vorlage geltend gemacht worden, und das kann ich nur wiederholen darum handelt, daß die Reichs- beamten, die am Orte zusammen mit preußishen Beamten, denen die Zulage gewährt wird, unter gleihen Verhältnissen leben, nit schlechter geftellt find als die preußishen Beamten. (Sehr richtig ! rechts.) Politishe Beamte hat doch das Reich dort wirkli nit, die Postbeamten find doch keine politishen Beamten; die Intendantursekretäre und \{ließlich die Unteroffiziere halten Sie die für politishe Beamten? Ih kann nur nochmals betonen, daß gerade ¡u dem System der preußishen Polenzulagen, wie der preußfische Herr Finanzminister im preußischen Abgeordnetenhause hervorgehoben hat, die Widerruflihkeit gehört; hier im Reich ift die Widerruflichkeit nicht vorgeschen. Wenn die Frage der Unwiderruf- lihkeit, wie ich gern zugebe, dadur, daß die ganze Zulage nur für ein Jahr gewährt werden soll, niht ganz die Bedeutung hat wie in Preußen, so liegt das wirklich niht an den verbündeten Regierungen, sondern die Resolution des Reichstages ging dahin, außerordentliche Zulagen zu bewilligen, die also nur innerhalb des Etatsjahres be- willigt werden können. Wenn dann noch in omnem eventum die Un- widerruflihkeit hinzugefügt ist, so meine ih, haben alle Beteiligten innerhalb dieses Rahmens ihren guten Willen bewiesen.

Der Herr Abg. Gröber hat darauf hingewiesen, daß im Jahre 1905, als auch gewisse Bewilligungen für Beamten und Unter- beamten der Reichs-, Post- und Telegraphenverwaltung in den Ostmarken beantragt wurden, von Unteroffizieren niht die Rede war. Das i richtig, aber das war auch eine ganz andere Vorlage als die im Jahre 1904. Der An- trag von 1904 entsprach inhaltlich dem jeßigen; damals hat mdán außer den Militärbeamten auch die Unteroffiziere hineingezogen, es follten alle Unterbeamten und Unteroffiziere, die in diesen Provinzen waren, die Zulage bekommen unter den in der Erläuterung angegebenen Einschränkungen, und so ist es auch jet. Jm Jahre 1905 hingegen handelte es sih darum, einen beshränkten Fonds zur Gewährung ein, maliger Unterstüßungen in der preußishen Provinz Posen und den gemishtsprachigen Gebietsteilen von Westpreußen bei der wirtshaft- lichen Notlage zu gewähren. Das war ein ganz eng begrenzter Zweck,

Der Herr Abgeordnete Pachnicke hat an mi die Frage gerichtet, |

zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

1908,

beshränkten Zweck Mittel zu erhalten, er hat weder für seine Beamten noch für seine Unteroffiziere Mittel ausgebracht. Eine Differenzierung zwishen Militärbeamten und Unteroffizieren is seitens der Militärverwaltung auch damals nihcht vorgenommen worden, Und nun möchte ih doH meinen, daß gerade weil das hier, wie Herr Abg. Gröber aus einer früheren Verhandlung vorgelesen hat, keine Funktion8zulage im eigentlihen Sinne, auch keine Teuerungszlage sein soll, fondern weil den damit" zu bedenkenden Personen eine Skeich- . ftellung mit den entsprehenden preußischen Kategorien und eine gewisse Entschädigung für die Schwierigkeiten der Lage, unter der fie 5, beim Militär 7 bis 8 Jahre au8gehalten haben, gewährt werden soll, dieser selbe Grund für die Unteroffiziere zutrifft, und deshalb bitte i Sie, den Antrag so, wie er von den verbündeten Regierungen geftellt ift, anzunehmen. (Bravo!)

Der Antrag Ablaß soll, wie der Vizeprssident Dr Paasche mitteilt, eine Tee eund dahin erfa ren, daß im Dispofitiv des Nachtragsetats die Worte „sowie Unteroffiziere“ gestrichen werden.

Abg. Brejs ki (Pole): Auch die Militärbeamten haben Gelegen- heit, die Polen zu scikanieren, soweit es fich um R S Werkitätten- und Arsenalarbeiter handelt; und sie werden si in dieser Richtung E Mühe geben, um die Oftmarkenzulage zu erhalten. Daran, daß fich die deutshen Leamten in den polnischen Landesteilen niht wobl fühlen, ist doch gewiß die polnishe Bevölkerung \{uld; Beweise hat der Abg. von Gamp übrigens für diefe seine Behauptung nit park

. Liebermann von Sonnenberg (wirts{ch. Vra.): Die Verquickung von Militärbeamten und Unteroffizieren erheint Ls uns nit gangbar. Der Unteroffizier wohnt in der Kaserne, bekommt dasselbe Gehalt wie der Unteroffizier überall sonst, und ih kann nit einsehen, wie der Unteroffizier dort einen Vorzug haben soll vor seinen Standesgenossen. Es ift ein guter alter Grundsatz, daß der Soldat fih von volitischen Dingen möglichst fern halten Bd. Wir stimmen demgemäß für den Antrag Ablaß. G

Abg. Pachnicke (fr. Vgg.): Ih stelle au meinerseits fest, da die Vorlage keine politische Bedeutung hat. Wir wollen ledigli die preußischen und die Reichsbeamten gleich stellen. Wir erkennen au die Notwendigkeit niht an, uns für alle Zeit zu binden, weil der Posten in den dauernden Ausgaben steht. Er ift ein Provisorium und Ln eaten. y ): Wi

g. Ledebour (Soz.): Wir werden zunächft für den Antra Ablaß stimmen, um von einem Teil des Heeres den Korruptionsbazillus fern zu halten. Daß der Staatssekretär sagt, die Vorlage habe keine politische Bedeutung, wundert mi nit, weil er das ex officio sagen

nah dem Falle Schellenberg um so mehr. Aber trotz alledem stellen sich die Herren jeßt hier hin und stimmen in den Fbônen Nuf des Staatssekretärs begeistert ein. Da ist auch der leßte Funke von Liberalismus erloschen, denn die Herren geben mit sehenden Augen der Korruption des Beamtentums ihre Zustimmung!

Damit schließt die Diskussion.

Nach einer persönlichen Bemerkung des Abg. Eickhof fert gegen den Abg. Gröber (Zentr.) wird zur Lbst geschritten.

Die Forderung von 301 000 #4 für die Beamten der Heeresverwaltung und die Unteroffiziere wird in nament- li her Abstimmung mit 286 gegen 17 Stimmen verworfen; zwei Abgeordnete enthalten fih der Abstimmung.

Der Antrag Ablaß gelangt in ebenfalls namentlicher Abstimmung mit 167 gegen 137 Stimmen zur Annahme.

__ Auch über die Nachtragsforderung von 710 000 Æ für die mittleren, Kanzlei- und Unterbeqmten im Bereiche der Post- und Telegraphenverwaltung wird namentlich ab- ne, die Bewilligung erfolgt mit 156 gegen 148 Skimmen ei einer Stimmenthaltung.

Jm übrigen wird der Nachtragsetat im einzelnen und das zugehörige Etatsgesez in seinen einzelnen Paragraphen angenommen.

Es folgt die Fortsezung der zweiten Lesung des Geseß- entwurfs, betreffend Acteeca des S 833 B. GB. ( SL pflicht des Tierhalters.) __ Die Vorlage, welhe dem § 833 folgenden zweiten Saß inzufügen will : „Die Ersaßpflicht tritt niht ein, wenn der haden durch ein Haustiér verursaht wird, das dem Berufe, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Ee erforderliche Sorgfalt beob: chtet oder der Schaden auch bei Anwendung diejer Sorgfait entstanden sein würde“, ist am 23. Januar in zweite Beratung genommen, aber in deren Verlaufe einer Kommission überwiesen worden, die dem Gegenstand zwei Sißungen gewidmet hat. _Das Ergebnis der Kommissionsberatung war die un- veränderte Annahme der Vorlage und die Annahme einer Resolution, wonach der Reichskanzler ersucht werden soll, alsbald einen Geseßzentwurf vorzulegen, der die Unfall- De lerungogesebgenng auf das bisher nicht versicherungs- pflihtige Fahr- und Stallpersonal ausdehnt. Den Bericht über die Kommissionsverhandlung hat der ursprüngliche Urheber des Antrags auf Abänderung des 8 833, Abg. von Treuenfels (d.-kons.) erstattet. Von der wirtschaftlihen Vereinigung (Abgg. Gäbel und Vogt- Krailsheim) ist beantragt, dem § 833 noch hinzu- puslgen - „Die Bienen gelten als Haustiere“.

. Gäbel (d. Rfp.) empfiehlt den Antrag, die Bienen zu den Haustieren zu rechnen.

q Dr. Varenhor f (Nyp.) tritt unter Hinweis auf die volks- wirtshaftlißhe Bedeutung der Bienenzuht in der Provinz Hannover, besonders der Lüneburger Heide, lebhaft für den Antrag ein. Jeder kenne ja das Volkslied: „Mein Herz, das ist ein Bienenhaus*, dies aber kônne man nur fingen, wenn die Bienen auch Haustiere wären,

Staatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Nieberding:

Meine Herren! Jh bedauere sehr, die freundlihen Worte, die der Herr Vorredner mir perfönlich zuteil werden ließ, mit einem entschiedenen „Nein“ beantworten zu müssen. (Hört! hört!) Ich

kann nicht der Meinung fein, daß die verbündeten Regierungen einer Bestimmung, wie sie

hier in Vorschlag gebracht wird,

und dazu waren auch nur beschränkte Mittel nahgesucht. Damals

ige

hat der Herr Kriegsminister kein Interesse daran bekundet, für diesen

gern zustimmen würden. verbündeten Regierungen die

Ih bin überzeugt, daß auch die volkswirtshaftlißze Bedeutung der

mußte; aber daß es ein Freifinniger feitig bekam, wundert mi *

R E S E E R ta

iiiitiiadia Al dend E E

ias

id