1866 / 164 p. 3 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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ren braven Truppen im ersten Anlauf mit stürmender Hand ger om} men, eben so auch das Dorf Zelle. / War unser Verlust besonders an höheren Offizieren leider, niht unerheblich, so bezeichneten doc hauptsächlich dichte Reihen todter und verwundeter Feinde diejenigen Stellen, an welchen der Kampf vorzugsweise heftig gewesen war, Der Feind zog sih in großer Eile nah allen Richtungen hin zurü, der Qweck war erreicht und General v. Goeben daher im Begriff, jede weitere Verfolgung aufzugeben und den Vormarsch seiner Divijion in der Richtung auf Fulda fortzusegen. Da trat ein Umstand ein, der, den Geist unserer Truppen im \{chönsten Lichte zeigend, doch fernere durch den täuscht durch den Wiederhall in dem gebirgigen Terrain glaubte man bei der Brigade Wrangel jenseit des hinter Wiesenthal gelegenen mit Wald gekrönten Nebelberges Kanonen - Donner zu hören. Man vermuthete dort das Corps Manteuffel im Kampfe, wollte demselben zu Hülfe eilen und augenblicklich folgte dem Gedanken die That: mit wahrhaft heroishem Muth und unter ununterbrochenem Hurrah stürmten die Bataillone den Berg hinauf. Die Wald - Kuppe desselben war von 4 feindlichen

Bataillonen beseyt, welhe sofort cin mörderishes Feuer er- |

öffneten. Ein solches scheuen aber unsere unübertrefflicen Trup- pen nicht und in cinem stärkeren Laufe stürmten sie den Berg hinauf. Der Feind wagte nicht, es auf ein Handgemenge in seiner starken Position ankommen zu lassen und flob, dem Zündnadelgeiwehr noch bedeutende Opfer zahlend, nach Rosdorff. Unsere Bataillone folgten ibm auf dem Fuße bis dort und würden ihm bis zua Einbruch der Nacht keine Ruhe gegönnt haben, wenn niht General von Goeben in Ausführung des ursprünglichen Auftrages Halt geboten bätte, ein Befehl, dessen Befolgung den siegreichen Truppen schwer genug fiel. General von Goeben dirigirie die bciden Brigaden nach Dermbach, den übrigen Theil der Division auf Ochsen, wo er dem Armee-Befehl gemäß für die folgende Nacht Quartiere zu beziehen hatte. Der Feind, überall geschlagen und im starken Zurüc- weichen begriffen, fonnte diese Bewegung der beiden Brigaden natürlich nit für einen Rückzug halten, zeigte aber die Absicht, feine früheren Stellungen ivieder einzunehmen, indem er mit frisden Baitaillonen in der Richtung auf Neidhardshausen und Wiesenthal vorzugeben versuchte. Dies konnte Seitens der Division Goeben natürlich niht geduldet werden und so eröffnete denn eine Baiterie gezogener 4-Pfünder (Hauptmann Coester) ein so - wohlge- zieltes und daber wirksames Feuer auf die feindlichen Koldnner, daß dieselben nach cnormen Verlusten von ihren mehrfach wiederholten Versuchen abstanden. Unsere Truppen waren sich bewußt , dem Feinde den gebührenden Respekt eingeflößt zu haben und bezogen statt der Nähe des Feindes gebräuchliche Bivouaks in den nahe gelegenen Dörfern Dermbach, Ober- und Unter-Alba Quartiere. Leider hat dieser Tag, an welchem unsere herrlichen Truppen den Feinden glänzende Beweise altpreußisher Tapferkeit lieferten, auch \{merzliche Opfer gekostet. Es sind gefallen : Major Rüstow 15. Jnfanterie-Regiments, D vou Monar 99. Jnfanterie-Regiment®), au L G as : , : e Ae edebur ( 13. Jnfanterie-Regiments,

nats und ( 99, Infanterie-Regiments, sowie 37 Mann.

Verwundet sind:

Oberst-Lieutenant v. Dürre 13. Jnfanterie-Regiments, leicht; Major v. Frankenberg 53. Jnfanterie-Regiments, {wer Hauptmann v. Mayer 13. Jnfanterie-Regiments, leicht , Premier-Lieutenant v. Wedell 53. Jnfanterie-Regiments, {wer, Premier-Lieutenant v. Türke, 8. Husaren-Regiments, \{wer, Premier-Lieutenant v. Fran secki 8. Husaren-Regiments, leicht, Lieutenant v. Wagenhoff 13. Jnfanterie-Regiments, {wer, und circa

290 Mann, zur Hälfte {wer, zur Hälfte leiht, so daß der Gesammtverlust si auf circa 300 Mann (ohne die Offiziere) be- läuft. Der Feind hat ungleich mehr verloren, u. A. einen General und mebrere Stabsoffiziere, auch einen Stabshauptmann und einige 80 Mann gefangen, so wie mehrere Hundert Blessirte in unseren Hände gelassen.

Da man nit sicher darüber sein konnte, ob der Feind nicht vom Main ber mit stärkeren Kräften herangezogen sci, so ordnete der General von Faldckenstein an, daß am 5. Juli früh Morgens das Corps Manteuffel bei Lengsfeld , die Division Beyer bei Geisa Stellung nebmen sollten, während die Division Goeben bei Dermbach und Oecsen sieben blieb. Ergaben die mit Tagesanbruch begonnenen

Rekognoszirungen, daß sirgendwie respektable Kräfte des Feintes in

der Nähe waren, so lag es natürlich in der Absicht, dieselben sofort anzugreisen. Die ín der ganzen Armee sehr fenntlihe und mah) den großen Siegen unserer Kameraden in Böhmen sehr erklär- che Sehnsucht nach cinem recht tüchtigen Entscheidungs - Kampfe wurde iudessen an diesem Tage nit befriedigt: der Feind hatte nach dem blutigen Denkzettel vom gesirigen Tage unsere Nähe ge- scheut und die Nacht benuyt, um größere Entfernungen zwischen

Zweck nicht gebotene Opfer tostete, Ge--

sich und uns zu legen. Er war südwärts und nah dem Werratbale hin abgezogen. So wurde denn nah kurzem Halt der Vormarsch auf Fulda fortgesezt, in welche Statt am 6. Juli die Division Beyer einzog, wäbrend die Division Goeben und das Corps Manteuffel nordwärts bis Hünfeld Quartiere bezogen. Der Vor- marsch auf Fulda batte und erreichte vollkommen den Zweck, si zwischen das 6. Bundes-Corps und die nördlich des Main befindlichen baye- rischen Streitkräfteßzu schieben und so beide Theile von einander zu trennen! Dex Prinz Alex. von Hessen scheint diese Vereinigung in Person aufgesucht zu haben: er hatte mit der hessen-darmfstädtischen Division in Nacht vom 5. zum 6. Juli 15 Meilen westlich von Fulda ge-

lagert, sich aber in Folge unseres Vormarsches und der Nachricht

Über die Niederlage der bayerschen Divisionen bei Dermbach in der Richtung auf Gieyen zurückgezogen,

Von unserex Armee in Böhmen, meldet das » Wolff. Büreau« aus Pardubigz, 5. Juli: Die Nesultate der Schlacht von Königs- gräß stellen sich als so glänzend heraus, wie selten eine Schlacht sie aufzuweisen hat. Jeder Schritt vorwärts bezeugt die grenzenlose Auflösung der österreichischen Armee. Die Armee des Kronprinzen, welche so große Strapazen bereits überwunden, so glänzende Siege durchgefochten, hat, gefolgt von sämmtlichen übrigen Armeen, die Tête dèér Verfolgung übernommen und is bereits weit über Par- dubig ‘hinaus dem fliehenden Feinde auf dem Fuße. Amtliche Rapporte aus den Lazaretben melden das Verhältniß der ia den- A R verwundeten Oesterreicher zu den unserigen wie U 1.

Köln, 9. Juli. Die »-Kölnische Zeitung« meldet: Preußische Truppen haben Weßlar besegt. Die Bahn bis dahin, wie die Telegraphenleitung ist wieder hergestellt. Auch bis Gießen ist die Babn wieder fahrbar. Die Bundestruppen haben sich von Bußbach nach Griedberg zurückgezogen. Ein preußisches Korps von mehreren Tausend Mann hat Ems und Nassau beseht.

Sachsen. Dresden, 9. Zuli. (Dr. J.) Auf dem Quar- tier des Militairgouverneurs, Herrn Generallieutenants v. d. Mülbe, (Hotel Bellevue), weht seit heute Morgen die königl. preußische Kriegsflagge.

_ Leipzig, 9. Juli, Die »Deutsche Allgemeine Zeitung« meldet, daß das Verbot der -Gartenlaube« Seitens des preußischen General- fommandos wieder aufgehoben worden ift,

Weimar, 7. Juli, (L. Z.) Die Nachricht in den öffentlichen Blättern, nah welcher Se. Königl. Hoheit der Großherzog sich im Hauptquartiere Sr. Majestät des Königs von Preußen be- findet, ist unrichtig. Der Großberzog hat Weimar nicht verlassen.

9, Juli. Nachdem Sachsen - Weimar aus dem bisherigen Bundestage ausgeschieden, wird der Landtag des Großherzogthums zu einer außerordentlichen Sitzung auf den 14. d. M. einberufen.

Camburg, ®. Juli. Heute Mittag sind in der Grafschaft Camburg (meiningische Enklave) preußische Truppen eingerückt. Die öffentlichen Kassen wurden in Beschlag genommen. Militair und Bevölkerung sind im besten Einvernehmen und das Betragen des Ersteren is ausgezeichnet.

_ Altenburg, 7. Juli. (Dr. J.) Zur Sicherstellung und Be- friedigung der außerordentlichen Bedürfnisse der Staatsverwaltung hat das Gesammt-Ministerium mit höchster Genehmigung und unter Vorbehalt der demnächst einzubholenden landschaftlih:n Zustimmung beschlossen, das in Circulation befindliche hierländische Papiergeld bis zum Betrage von 500,000 Tblr. zu erhöhen und demnächst den Gehblbetrag hiervon in Summe von 86,200 Tblr. in einthälerigen Kassenscheinen zur Ausgabe zu bringen. Der Gegensay für diese neu auszugebenden Kassenscheine ist in zu den Beständen gebörigen Werthpapieren der Finanzhauptkasse unter Zuziehung der landschaft- lihen Deputirten für Finanzsachen deponirt worden.

__ Aus Nassau, 9. Juli, wird der »Mittelrh. Ztg.« gemeldet : »Heute rückte auch bei uns eine Compagnie Preußen ein, aber nur um ein Werk des Friedens zu verrichten, ,d. h. um das Schicnen- geleise herzustellen, das von den nassauischen Behörden unfahrbar ge- macht worden war, und demnächst die Bahn dem lag entbehrten Verkehr wieder zu übergeben. - i

__Desterreich. Wien, 6. Juli, Ueber das Kriegsunglück in Böhmen und dessen Folgen schreibt der gestrige »Kamerad« :

Die Entscheidung is gefallen , doch leider nicht so, wie wir sie erwartet haben. Außer der Ueberzahl scheint der Feind auch den Vortheil einer besseren Führung gehabt zu haben. Unsere Aufstellung in der Schlacht war , so viel man aus der Lage der Ortschasten , bei denen gekämpft worden , entnehmen fann, eine niht unvortheilhafte. Der Rücken stügte sich an die Festung Königgräß, wo- mehrere Kriegsbrücken über die Elbe führten ; das Centrum stand à cheval der Straße von Pifahin nah Königgräß bei Sadowa hinter dem Bistrißbach, mit Stüßpunlten auf der Höhe bei Lippa, Schloß Chlum, etwa eine halbe Meile hinter dem Bach, an und unweit der Straße; der linke Flügel lief abwärts des Bachs über Nechanit , wahrscheinlih auch die Straße von Ehlumeß fkreuzend , gegen die Teiche von Bohdeneh, während der rechte, im Hafen zurücfgebogen, sich gegen Josephstadt geneigt zu haben scheint. Die Stellung hatte im Centrum und im rechten Flügel ein coupirtes Terrain ; der linke Flügel aber ein mehr offenes und der zahlreichen Reiterei mehr entsprechendes; die Höhe bei Lippa mit dem Schloß Chlum scheint der stärfsie Punft der Stellung gewesen zu sein. Wege führten in allen Rich-

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tungen der Stellung zu/ scheinen aber dur das heftige Regenwetter vóllig aufgeweicht gewesen zu sein, und die Bewegungen, namentlich die der Ar- tillerie und Kavallerie , sehr behindert zu haben. Die Einleitung zum Angriff bildete ein Kanonendonner, der am 3. {hon um 8 Uhr Morgens begann. Erst gegen Mittag erfolgte der Angriff ernstlih auf der Straße von Pitschin gegen Königgräß. Es wurden die Orte Sadowa und Lippa vom Feind angegriffen; der Kampf dauerte bis 17 Uhr Nachmit- tagê, schließlich wurde die Stellung hier behauptet. Gegen 2 Uhr engagirte sich das vereinigte 8. und 10. Armeccorps unter Feldmarschall-Lieutenant Frhrn. v. Gablenz und die Sachsen im Gefecht. Dasselbe pflanzte si längs dem Bistrißbach bis Nechaniy fort. Nach 25 Uhr war der Feind bereits geworfen, und retirirte gegen Josephstadt und Königinhof, in wel- her Richtung ter Kanonendonner immer s{wächer hörbar wurde. Auf dieser Seite scheint das 4. Corps den Ausschlag geaeben zu haben, dessen Kommandant, Feldmarschall-Lieutenant Graf Festetics, mit zerschmettertem Fuß vom Schlachtfelde gebracht wurde. Nach Z3 Uhr nahm die Schlacht jedoch eine andere Wendung. Der frühere Angriff des Feindes war unserer Ansicht nach nur zum Schein erfolgt, um unsere Hauptkräfte nah dem rech- ten Flügel zu ziehen. Mit seinem strategischen Flügel, dem rechten, gedachte erx unsern linken dadurch leichter schlagen zu fönnen und von Pardubig ab- zudrängen. General der Kavallerie, Graf Clam-Gallas, kommandirte diesen Flügel, der aus dem 1. österreichischen Corps und den Sachsen bestand, Nach und nach wurde derselbe mit großer Uebermacht des Feindes zurückgedrängt. Starke Brände bezeichneten seinen Weg. Um 6 Uhr befand er sih schon nahe bei der Festung, dennoch dauerte das Schlachtgetümmel fort bis nach 7 Uhr. Gedcckt durch den in Folge dcs heftigen Regen- wetteis bis auf den Boden gedrückten Pulverdampf, war es schließlich dem Feinde gelungen, bis Chlum in unsere Stellung vorzudringen. Plößlich von dort aus in Flanke und Rücken hestig beschossen, wankten die nächsten Truppen, und ungeachtet aller Anstrengungen konnte es nicht gelingen, dem Rücfzug Einhalt zu thun. Derselbe erfolgte anfangs langsam, nahm jedoch an Eile zu, je mehr der Feind drängte, bis alles sih über die Kriegsbrücfen der Elbe, so wie nach Pardubiß zurückzog. Der Verlust is noch nicht zu übersehen, is aber gewiß sehr bedeutend. Namentlich dürfte der Verlust an zablreihem Geschüß, das bei dem durch den Regen stark aufgeweich- ten Boden nicht leicht fortkommen konnte, ein erheblicher sein. Nach der Lage , in der sih die Nordarmee gegenwärtig befindet , dürfte an eine weitere Vertheidigung der Elbe nicht gedacht werden. Der Rückzug if ge- gen Mähren frei und in Olmüg dürfte die Armee Hülfsmittel und jene moralische Kraft wieder finden , welche es ihr gestatten wird , den Feind vom österreichischen Boden für immer zu vertreiben. Die Nerwundung des Erzherzogs Wilhelm scheint nicht schwer, da der Erzherzog sd:on vor An- halten des Juges auf der Wagentreppe stand und sofort nach seinem Aus- steigen sich lebhaft mit dem Großherzog von Toskana und der Frau Erzherzogin Marie unterhielt, welche zu seiner Begrüßung erschienen waren. Ein Verband um das Haupt kennzeichnet die Stelle der Wunde. FML. Graf Festetics is hier eingetroffen; der eine Fuß wurde ihm bereits amputirt , der andere ist stark verwundet. Um halb 1 Uhr ist Graf Festetics, zu dessen Begrüßung mehrere Damen erschienen waren, mittelst einer Hoftragbahre in sein Palais gebracht worden. Gene- ral-Major von Brandenstein, welcher, gleichfalls an den Füßen s{hwer. ver- wundet, mit demselben Zug eintraf, verblieb bis 25 Uhr in dem Wagen, um welche Stunde Graf Grünne erschien und seine Uebertragung in die mittlerweile angekommene Hoftragbahre überwachte, worauf der Verwundete aus dem Bahnhof entfernt wurde. Einen {weren Verlust hat die gräflich Dubêsky'sche Familie erlitten. Schon in der Schlacht bei Solferino starb ein Sohn des mährischen Landeshauptmanns den Heldentod auf dem Schlachtfeld; ein zweiter Sohn, Alphons Graf Dubsky , Ober - Lieutenant im Kürassier - Regiment Kaiser Franz Joseph, wurde in der Schlacht bei Josepbstadt durch eine Kanonenkugel getödtet.

Der »Augsb. Allg. Ztg.« wird geschrieben :

Wenn auch die Verluste der Nordarmee in1 einzelnen noch nicht zu übersehen sind, sie müssen enorm sein, darin stimmen alle überein , die un- mittelbar vom Schlachtfeld bierher gekommen. Es is eine Déroute, wie sie die Annalen der österreichischen KriegEgeschichte kaum je gekannt. An eine Vertheidigung der Elbe kann nicht mehr gedacht werden. Die Trümmer einer der herrlichsten Armeen , die je ins Feld gestellt worden , haben sich auf der noch freien Straße nach Mähren gewendet, und unter den Mauern von Olmüy mag es gelingen , Mittel und Zeit zu finden, sie materiell und moralish wieder zu fräftigen. Juzwischen ist Wien, das verhehlt sich Niemand , ernstlih bedroht, und es wird bereits für alle Eventualitäten vorgesorgt. Seit gestern Morgen sind 10 Lokomotiven unausgeseht in Thätigkeit, um das sämmtliche Betriebsmaterial der Nordbahn mit- telst der Verbindungsbahn auf die Südbahn überzuführen, und sowohl die Kaiserliche Schaßkammer als die Nationalbank treffen Anstalten in der Bankgasse standen heute Morgen, das is Thatsache, lange Reihen von Wagen mit Fässern, welche den Baarschay der Bank aufzunehmen be- stimmt waren eintretendenfalls sofort nah der ungarischen Festung Ko- morn übersiedeln zu können.

Eine andere Korrespondenz desselben Blattes meldet :

Wie Sie wissen, befand ich mich seit drei Jahren so ziemlich mit Allem und Jedem in der Opposition, was hier geschah; wäh- rend des Krieges unterdrückte ih das gewaltsam , jeßt zu rekriminiren is aleíhfalls meine Sache nicht. Mögen die Offiziösen sich rechtfertigen. Die Anklagen werden sih von selbs hervordrängen. Das offizielle Oesterreich ist geschlagen, furchtbar geschlagen, das volksthümliche Oesterreih nicht. Ueber Benedek urtheilt man im Volk milde, seine Energie und Tapferkeit wird von Niemandem bezweifelt. Daß er kein Mann der 280,000 beherrscht wie die Preußen es mit ihren 400,000 allerdings trefflich verstanden, ist freilich erwiesen. Schlecht war sein General-Stabêchef Henikstein , Bruder des Negierungsbankiers, ein getaufter Jude. Von den Armeecorps-Kom- mandanten werden Graf Festetics (4. Corps) und Graf Thun (2. Corps) gerechtfertigt; die andern, Clam-Gallas (1. C.), Erzherzog Ernst (3. C.), Erzherzog Leopold (8. C.) und auch Gablenz (10. C.) sollen ungenügend sein, über Ramming (6. C.) hört man noch wenig. Sonst sagte man:

»Oesterreih hat zwei Feldherren Ramming und Görgey.« Der schul- digste scheint Henifstein, ein intriguanter Mann. Jndeß muß man gerecht sein und anerkennen, daß auch mit andern dur suffrage universel er- nannten Führern das Resultat kaum ein anderes atv lói wäre. Die Preußen waren stärker an Zahl, besonders an Jutelligenz, die taktische Führung meisterhaft. Unsere Generalstäbler und demnach die öffentliche Meinung hat sie unterstüßt, und die tiefen innern Schäden unseres Staats lassen die Wunden so gefährlich erscheinen. Die vorgeschlagene Versezung der Südarmee nach Norden is {wer zu machen, und man befürchtet, daß auch diese nicht mehr werde Widerstand leisten können. Die Erbitterung gegen Bayerns Regierung (Pfordten und v. d. Tann) wird noch vor der Oeffentlichkeit zurückgedrängt, is aber furchtbar groß; leichtbegreiflih. Ein Oesterreich ist künftig nur möglih, wenn man dem Volke die freieste Ver- fassung von Europa giebt. Wir sind ins Herz getroffen, das alte System ist künftig unbaltbar, wie sich aber die leitenden Männer in die geänderten Verbältnisse finden werden, muß sich erst zeigen. Eine lange Kette von Mißariffen hat ihr Ende erreicht, hat jenes traurige Resultat herbeigeführt, obgleich diesmal z. B. bei Wabl des Oberkommando's der öffentlichen Mei- nung Rechnung getragen wurde. Alles is aber noch chaotish, allgemein nur das Gefühl, daß blos im Volk die Quelle der Verjüngung, in der Wahrßbeit die Heilung liegt.

»Gewiß befand sih die Nesidenze, so schreibt die »Presse«, -!. och nie in ciner so furchtbaren Aufregung, als eben heute. Schon der zweite Tag vergeht, ohne daß man Über das Schicsal unserer Nord- armee irgend welche verläßlihe Andeutungen hätte. Eine Unzahl von zum Theil abenteuerlichen Gerüchten gcht von Mund zu Mund. Selbst an kompetenter Stelle herrscht völlige Unklarheit über die Vorgänge seit der unglücklichen Schlacht bei Königgräß. Feldmar- schall - Lieutenant Baron Ramming soll die größten Anstrengungen gemacht haben, um mit seinem auf beiläufig 17,000 Mann zu- sammengeshmolzenen Corps den Rückzug zu decken, was ihm auch theilweise gelang. Schon senkten sich die Schatten der Nacht über das furchtbare Schauspiel, und noch immer jagte Kavallerie und Artillerie durch die Reiben der todesmatten Jnfanterie auf der Straße nach Hohenbruck. Unsere Verluste sind selbstverständ- lih sehr groß. Man nannte uns eine so hohe Ziffer, daß wir Anstand nchmen, dieselbe wiederzugeben. Was nun die Armee be- trifft, so lauten die Nachrichten doch einiger Maßen befriedigend. Das Gros der Armee, 70,000 Mann, soll sich mit Geshügen und Muni- tionéwagen also in ziemli geregeltem Zustande auf der Straße nach Hobenbruck zurückgezogen haben. Etliche 20,000 Mann (dar- unter Sachsen) haben sich gegen Brünn gewendet, 30,000 Mann sollen sich in die Gebirge an der Glagzer Grenze zurücgezogen haben, Wo sich augenblicklich das Hauptquartier befindet, ist unbekaunt. Wie wir hören, soll Feldmarschall Heß die Armee nah Olmüß füh- ren, um dieselbe dort zu organisiren. Vorläufig soll Feldmarschall- Lieutenant Ramming zum Höchst -.Kommandirenden der Nordarmee designirt sein, Selbstverständlich würde Erzherzog Albrecht für den Fall, als die fiegreihe Südarmee gegen die Preußen in Verwendung fommen sollte, das Kommando über die gesammte Operations-Armee übernehmen. «

Großbritannien und Jrland. London, 8. Juli. Gestern Nachmittag ist die Jbre Majestät die Königin von Schloß Windsor nach Osborne auf Wight üÜübergesiedelt , wo die neuver- mählte Prinzessin Helena mit ihrem Gemahl noch verweilt. Das neue Ministerium is} bereits installirt und wird morgen mit dem Parlament den ges{chäftlihen Verkehr eröffnen. Wie der »Juter- national«" wissen will, verbleibt Lord Cowley in seiner Botschafter- stelung am französischen Hofe.

Aus Japan wird. gemeldet , daß die dortige Regierung durch eine Proclamation den Europäern das Recht eingeräumt hat, das Innere des Landes zu bereisen , sofern sie sich mit Pässen versehen haben.

Frankreich. Paris, 8. Juli. Gestern war Ministerratb, dem auch die Kaiserin anwohnte; heute hatte Drouyn am Morgen und am Mittage mit dem Kaiser in den Tuilerieen Konferenzen.

In der gestrigen Senats-Sigung theilte Herr Rouher den Ent- wurf des seit einiger Zeit vielbesprochenen Senats-Consults mit , der ver- schiedene Veränderungen an der Verfassung vornehmen soll. Derselbe lautet : » Art. 1. Die Verfassung kann durch feine andere “öffentliche Gewalt als durch den Senat in den von ihr festgeseßten Formen diskutirt werden. Ueber eine Petition, welche eine Verfassungsveränderung zum Gegenstande hat, kann in der allgemeinen Sihung nur dann Bericht erstattet werden, wenn ihre Prüfung von wenigstens dreien der fünf Senats-Ausschüsse zugestanden worden ist. Art. 2. Untersagt is jede Diskussion über Verfassungsveränderungen, die entweder durch die periodische Presse oder durch nicht periodisch er- scheinende, aber der Stempeltaxe unterworfene Schriften veröffentlicht wird. Eine Petition, welche eine Verfassungsveränderung zum Gegenstande hat, darf nur dur den betreffenden offiziellen Sizungéhericht veröffentlicht wer- den. Jede QZuwiderbandlung gegen die Vorschriften dieses Artikels wird mit einer Geldbuße von 500 bis 10,000 Fr. beftraft. Art. 3. Der Art. 40 der Verfassung vom 14. Januar 1852 wird folgendermaßen abgeändert: » Art. 40. Die von der mit Prüfung einer Geseßvorlage beauftragten Kommission an- genommenen Amendements werden vom Präsidenten des gesehgebenden Körpers dem Staatsrathe überwiesen. Die von der Kommission oder dem Staatsrathe nicht angenommenen Amendements gelangen im getan Körper zu keiner endgültigen Abstimmung, können aber in Betracht gezogen und der Kom- mission zur einer neuen Prüfung überwiesen werden. Wenn diese feine