1888 / 10 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 12 Jan 1888 18:00:01 GMT) scan diff

auf einer Durchreise durch Bayern begriffenen en von Egloffstein am Messelesen in Untertrubah durch die dortige Distrikts-Polizeibehörde. Der Minister erklärte: Das Messelesen deutsher Jesuiten sei reihsgeseßlih zulässig. Die bayerischen Ausführungsbestimmungen ließen zwar die Frage unentschieden, indessen hätten sich wiederholte Entscheidungen der Kreisregierungen, selbst die schärferen preußischen Vollzugsbestim- mungen, in bejahendem Sinne ausgesprochen, wie beispielsweise in dem Fall Radziwill in Breslau. Dem entsprechend sei der betreffende Bezirksamtmann rektifizirt worden.

Sachsen. Dresden, 11. Januar. (Dr. J) Die Zweite Kammer lehnte heute den Antrag: „die Staats- regierung zu ersuchen, eine Vereinigung der „Leipziger

eitung“ und des „Dresdner Journals“ zu einem egierungsblatt herbeizuführen“, gegen 16 Stimmen ab.

Reuß j. L. Gera, 11. Januar. (Th. C.) Der Landtag des Fürstenthums Reuß j. L. wird im Frühjahr zusammentreten zur Beschlußfassung über das Eijenbahnprojekt Triptis— Blankenstein, doh wird zunächst abgewartet werden, wie sih der preußische Landtag zu dieser Angelegenheit stellen wird.

Hamburg, 11. Januar. (W. T. B.) Die Bürger- schaft hat den Ober-Landesgerihts-Rath Dr. Lappenberg zum Senator gewählt.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 10. Januar. (Wien. Abdp.) Die Landtage sind noch in voller Thätigkeit. Der nieder- österreichishe Landtag erledigte heute sämmtlihe auf der Tagesordnung gewesenen Gegenstände unverändert im Sinne der Ausschußanträge. Der Bericht über die Verhältnisse des Volks\chulwesens, ferner der Antrag, betreffend die Zulässig- keit der Verehelihung der Lehrerinnen, veranlaßten längere lebhafte Debatten. l

192. Januar. (W. T. B.) Der Reichsrath ist auf den 25. d. M. einberufen. | :

Pest, 10. Januar. (Wien. Ztg.) Die gemäßigte Opposition des Abgeordnetenhauses beschloß, das Budget abzulehnen und in diesem Sinne einen Beschlußantrag dur den Abg. Horánszky zu unterbreiten.

11. Januar. (W. T. B.) Jm Unterhause brachte

elfy eine Fnterpellation ein bezüglih der russischen

Rüstungen und fragte an, ob das Auswärtige Amt wegen des Zweds der unerwarteten Vorbereitungen bei der russischen Regierung angefragt habe, und ob die Regierung an dem im Jahre 1886 deklarirten Programm bezüglich Bulgariens uner- schütterlih festhalte, ferner ob sie es niht sür angezeigt halte, behufs Lösung der bulgarishen Frage im Sinne dieses Programms eine internationale Konferenz zu- fsammenzuberufen, und endlih, ob die Monarchie, falls die auf die Erhaltung des Friedens gerichteten Bestrebungen erfolglos bleiben sollten, auf das Bündniß mit Deutschland rechnen könne. Perczel fragt an, ob es die Regierung nicht für zeitgemäß halte, Rußland kategorisch aufzufordern, die Rüstungen nit nur einzustellen, sondern seine Truppen an den Grenzen auf ein für die Sicherheit Desterreichh-Ungarns entsprehendes Maß zu reduziren. Der Zeitpunkt für die Be- antwortung dieser Jnterpellationen durch den Minister- Präsidenten Tisza ist noch unbestimmt.

Frankreich. Paris 10. Januar. (Fr. C.) lDer Conseil - Präsident und Finanz-Minister Tirard konferirte gestern lange mit dem Budgetausshuß und seßte die Ünzweclmäßigkeit der von diesem gestellten Anträge, sowohl in Betreff der Aufhebung der Wein- und Apfelweinsteuern als auch der Erhöhung der Erbschaftssteuer, auseinander. Nach den Plänen der Kommission müßte die leytere den Ausfall decken, welcher durch die Aufhebung dex Weinsteuer ver- ursaht würde, und sollte obendrein noch einen erheblichen Uebershuß ergeben. Der Minister führte aus, es wären in den Voranshlägen der Kommission mehrere Rechnungsfehler begangen worden, so z. B. ein solcher von 12 Millionen bei der Aufstellung des Erträgnisses der Wein- händlerpatente, und ein zweiter, noch größerer, von 37 Mil- lionen bei den Gesammtübershlägen. Er gab zu, daß eine Reform der Erbschaftssteuer geboten sei, wolle aber zu einem übereilten Werke niht die Hand bieten und empfehle für den laufenden Jahrgang eine mäßige Erhöhung der: Wein- händlerpatente (der Ausshuß hatte eine solhe von 120 auf ein Maximum von 800 Francs geplant), die Unifizirung der Verzehrungssteuer, die Aufhebung der Schanksteuer, sowie auh die Aufhebung der Vorrechte der Tresternbrenner und als Ersaß dafür eine neue Regelung der Zukersteuer, von der er sih eine Mehreinnahme von 14 Millionen verspreche.

Jn dem heute unter dem Vorsitz des Präsidenten Carnot gehaltenen Ministerrath legte der N das abgeänderte S vor, welches heute in der Kamnmier eingebracht wird. er Unterrichts-Minister Fay e berichtete über die vom Pariser Gemeinderath vor- genommene Streihung des Gehalts des Direktors des Collège Chaptal ; da diese Maßregel einer Schließung der Anstalt

leihkäme, wird der Gemeinderat nohmals über die Ange- egenheit zu berathen haben. Außerdem kam der Minister- rath dahin überein, daß die Absicht, der Kammer einen Geseß- entwurf über die Stellung des Pariser Gemeinderaths vorzu- legen, aufzugeben sei, und in diesem Sinne werden der Minister-Präsident und der Minister des Jnnern etwaige An- fragen über das Auftreten des Vorstandes des Gemeinderaths während des Kongresses beantworten.

Die Deputirtenkammer wählte in 4 heutigen Sizung zu Vize-Präsidenten: Delaforge, Lefevre, Casimir Perier und Deville, welche bisher diese Stellen innehatten. Des- gleichen wurden die früheren Schriftführer wiedergewählt.

11. Januar. (W. T. B.) Der Richter Vigneau is} durch ein heute vom „Journal officiel“ veröffentlichtes Dekret seiner Funktionen als Untersuchungsrichter ent- hoben und dem obersten rihterlihen Rath zur Üntersuchung und Aburtheilung überwiesen worden, weil er bei der Untersuhung gegen Wilson und Frau Ratazzi wider das Geseh und wider die E 9 gehandelt habe. Der „Agence Havas“ zufolge ist die Absetzung hauptsählih aus zwei Gründen se erstens habe Vigneau mittels Telephons mit Degrand, einem Mitangeklagten Wilson's, verkehrt und

fih dabei für Wilson ausgegeben, um von Degrand vertrau- lihe Mittheilungen zu erhalten; zweitens habe er den An-

Rußland und Polen. St. Petersburg, 12. Januar. (W. T. B.) Das „Journal de St. Pétersbourg“ spricht sein Bedauern über den Putsch von Burgas aus und sagt, leider zögen Verleßungen des Rechts andere Rechtsbrüche nah sich. Durch dergleihen Handstreihe könne die bulgarische Frage nicht in eine geseßliche Bahn geleitet werden. Eine solche herbeizuführen sei aber das einzige Ziel, welches man im Interesse des Landes wie in dem der allgemeinen Ruhe verfolgen müsse. : i

Das heute veröffentlihte Budget für 1888 beziffert die ordentlichen Staatseinnahmen mit 851 767 628 Rbl., die ordent- lihen Ausgaben mit 851 242 423 Rbl. Die A, Einnahmen sind mit 33 724 895 Rbl., die außerordentlichen Ausgaben mit .34 250 100 Rbl. eingestellt. Der „Börsen- zeitung“ zufolge wird in dem Bericht des L T besondere Aufmerksamkeit darauf gelenkt, daß das Budget des Kriegs-Ministeriums nicht nur nicht ver- größert, sondern sogar etwas herabgemindert sei. Man dürfe hoffen, daß diese Thatsache, indem sie einen neuen Beweis für die große und aufrichtige Friedensliebe der russischen Regierung liefere, dazu beitragen werde, der Friedenspolitik des russisden Kaisers zum Siege zu verhelfen.

Ftalien. Rom, 11. Januar. (W. T. B.) Der „Agenzia Stefani“ wird aus Massovah telegraphirt: Nach Privat- nachrichten befinden sich in Gura 25 000 berittene Gallas, denen 30 000 bis 40000 Mann Fußtruppen folgen. Der Negus ist in Adua. Die in Ghinda stehenden Abessinier fällen alle Bäume längs der Straße, um sich vor Ueber- rumpelung zu sichern.

Türkei. Konstantinopel, 10. Januar. (Wien. Abdp.) Das „Reuter'’she Bureau“ meldet: Nachrichten aus Sofia konstatiren, daß die bulgarishe Regierung bereit sei, am 1. (13.) Januar den Betrag von 13 500 Pfund, welcher dem zwölften Theil des Tributs und der Zollzahlungen P in Gemäßheit des neuen Abkommens auszu- ezahlen.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 9. Fanuar. Der Herzog von Gothland, Prinz Oscar Carl August, ist zum Major im Svea-Artillerie-Regiment und in Gothlands Artillerie-Corps sowie zum Commandeur-Kapitän in der Flotte ernannt worden.

Amerika. Washington, 9. Januar. (R. B.) Sämmt- lihe Bevollmächtigte zur Fischerei-Konferenz sowie der Agent von Neufundland sind jeßt hierher zurückgekehrt. Die Konferenz wird heute wiederum zusammentreten.

Zeitungsstimmen.

Die „Nationalliberale Correspondenz“ führt aus:

Ein Heilmittel gegen die parlamentarische Ueberkbäufung kann nur in einer Abkürzung der Sessionen erblickt werden, welche es ermög- liht, den Reichstag und die verschiedenen Landtage wenigstens im größten Theil ihrec Sessionen ohne Konkurrenz tagen zu lassen. Unser ganzes parlamentarisches Wesen, wenn es gesund und ersprießlich wirken soll, verlangt dringend eine Abkürzung der Arbeitszeit, und eine solche ist bei strengerer Beschränkung auf die sachliche Arbeit, bei größerer Enthaltung von Erörtexungen und Anregungen, die keinen ' praktishen Zweck haben und durch ihre ewige nußlose Wiederholung nur ermüden, kurz bei besserer parlamentarisher Oekonomie wohl möglich und durchführbar. Daß in unseren Parlamenten viel Zeit nußlos vergeudet wird, kann kein unbefangener Beobachter bestreiten.

Zu dem im Reichstage eingebrahten Antrag der Abgeordneten Dr. Lieber und Genossen, betreffend die gewerb- liche Arbeit an Sonn- und Festtagen, äußert sih die „N ord- deutshe Allgemeine Zeitung“ wie folgt: -

Wir haben stets davor gewarnt, die Frage der Sonntagsheiligung mit derjenigen der Sonntagöruhe zu vermishen. Man wird" jedo mit den Antragstellern dahin einverstanden scin müssen, daß ebenso- wohl ethishe wie wirthschaftlihe Motive zu dem Wunsche führen, die Sonntagsarbeit zu Gunsten der Sonntagsrube auf das mit den praktischen Anforderungen des Erwerbslebens irgend nur vereinbare Mindestmaß zurückgesührt zu sehen. Es 1 auch bei den früheren Oiskussionen dieser Angelegenheit von keiner Seite prinzipiell diesem Standpunkt widersprohen worden, wohl aber ist streitig geblieben, wie die Anforderungen der wirthschaftlichen Interessen mit denen der Antragsteller gesetgeberisch in Einklang zu bringen wären. Cine Meinungsver}schiedenheit findet also nicht darüber statt, ob allgemeinste Sonntagsruhe der Sonntagsarbeit vorzuziehen sei, sondern nur darüber, auf welche Weise und in welhem Umfange geseßgeberisch in diese Materie zu Gunsten der Sonntagsruhe einge- l en werden könne, ohne berechtigte Interessen, sowohl solche der Arbeitnehmer wie solche der Arbeitgeber, zu verletzen.

Als Ergebniß der angestellten Erhebungen kann nun konstatirt werden, daß

1) das in dieser Sache bestehende Ret ein sehr mannigfaltiges ist, indem eine große Anzahl theils geseßlicher, theils im Verordnungs- wege erlafsener Bestimmungen besteht, welche sämmtlich bezwecken, die Bata Sonntagsarbeit zu Gunsten der Sonntagëruhe einzu-

ränken;

___2) der thatsähliche Zustand ebenfalls ein sehr mannigfaltiger ist, indem sowohl bei den verschiedenen Gewerbszweigen wie auch bei denselben Gewerbszweigen an verschiedenen Orten, wie au endlich sogar bei gleichen Erwerbs8zweigen an demselben Ort Art, Umfang und Dauer der Sonntagsarbeit als sehr verschieden ermittelt wurden;

3) auch die in den nächstbetheiligten Kreisen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer über. die Durchsührbarkeit eines Verbots der Sonntags- arbeit bestehenden Meinungen sehr getheilte sind.

- Aus dem Generalberiht über die, Enqueteergebnisse ist zu ersehen, wie groß die Zahl Derjenigen war, von denen Aeußerungen über den thatsächlihen Zustand und das befürwortete Verbot der Sonntags- arbeit vorlagen. Neben 39269 Arbeitgebern stehen 30 651 Arbeit- nehmer, 298 Handels- und Gewerbekammern, 554 Innungen, 424 Ge- werbevereine, 244 Krankenkassen, 139 sonstige Vereine der Arbeitgeber und 172 sonstige Vereine der Arbeitnehmer. Aus ciner Reihe in die Erhebung einbezogener Zusaumenstellungen der Unterbehörden (3520 und Gesammtdarstellungen für ganze Bundesstaaten beziehentli preußische e E (2972) ist jedoch die Zahl der Befragten nit ersichtlich, so daß die im Gesammtergebniß zum Ausdruck ge- langenden Meinungen auf noch weitere Kreise sih vertheilen.

Der Generalberiht drückt nun die erhobenen Meinungen über die Durchführbarkeit eines geseßlichen, generellen Verbotes der Sonntags- arbeit in Verhältnißzablen, wie folgt, aus :-

Von je 100 Befragten überhaupt hielten solches Verbot für Arbeitgeber Arbeitnehmer durchführbar ohne Einschränkung . 23 32 ° mit Y ÿ 39 41 undurchführbar. . . .. é 38 27

eflagten Ribaudeau nach einem Verhör desselben zum Früh- find eingeladen.

._ Theilt man jedo die gesammte in Betracht kommende Erwerbs- thätigkeit in vier große Gruppen, so hielten solches Verbot in

Arbeitgeber Arbeit Groß- und Fabrikindustrie : 8 eitnehmer

durhführbar ohne Einschränkung 13 18 L mit ü L s 54 57 UNLULO E 33 25 Kleingewerbe: durchführbar Mie Einschränkung . 18 21

2 mi é S 41 52 undurchführbar Ce 41 27 : Handelsgewerbe : durchführbar ohne Einschränkung . 41 59,5

f mit ¿ L 27 18,5 UNDUN E a a 32 992 Verkehrsgewerbe : durchführbar ohne Einschränkung . 12 16

/ mit b e 11,5 14 Und 76,5 70

Diese Verhältnißzahlen zeigen, wie getheilt die Meinungen über solhes Verbot in den Erwerbskreisen sind wie hervorstechend gleihs mäßig sich aber die Theilung der Meinungen auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer erstreckt. Erweisen sich auch Leßtere dem Verbot etwas geneigter als Erstere, so ist doch carakteristisch, wie in jeder der 4 Gruppen stets bei den Arbeitgebern die Mehrzahl der Aeußerungen derjenigen Meinung zufällt, auf welche sich auch die Mehrzahl der Aeußerungen der Arbeitnehmer vereinigt. Die Ergebnisse der Enquete scheinen also nicht, wie aus dem Vorgehen der Antragsteller ge- lossen werden müßte, deren in ihren Anträgen konform mit den früheren formulirte Vorschläge zu rehtfertigen, und gerade die all- seitig hervorstechende Mannigfaltigkeit dürfte berehtigen, ein gesey: liches generelles Verbot der Sonntagsarbeit als praktisch undurchführ- bar zu erachten, wobei jedoch ebenso die stattgehabte Diskussion, wie die ermittelten Thatbestände geeignetes Material bieten dürften, um, den lokalen und speziellen Bedürfnissen entsprehend, im Wege der Verwaltungspraxis die Sonntagsruhe gegenüber der Sonntagsarbeit zu erweitern, falls das Beispiel der guten Sitte sich nicht zu diesem Zweck genügend wirksam erweisen sollte.

Zu dem Geseßentwurf über den Vogelshuy bemerkt die „Staatsbürger - Zeitung“:

Zu den wichtigsten Vorlagen, welche der Neichstag im Lauf der gegenwärtigen Session noch zu erledigen hat, gehört ein Gesey- entwurf, betreffend den Schuß nüßlicher Vögel. An Versuchen, ein solches Gesetz zu erlassen, hat es bisher niht gefehlt. Bereits ia der Session 1876 wurde im Reichstage von dem Abg. Fürsten zu Hohen- lohe-Langenburg ein diesbezüglicher Geseßentwurf eingebracht, der aber nur in der Kommission durhberathen wurde, weil derselbe in seinen Shußbestimmungen viel zu weit ging, so daß selbst von wissen- {aftlichen Autoritäten si gewichtige Bedenken gegen denselben erhoben. Im Januar 1877 wurde die Reichsregierung Seitens Oesterreichs und Italiens ersucht, sich der zwischen diesen beiden Staaten vereinbarten Kon- vention zum Schuß nüßlicher Vogelarten anzuschließen. Der Bundesrath war fofort im Prinzip mit diesem Vorschlage einverstanden, hielt es aber für wünschenswer1h, zunächst durch Erlaß eines bezüglichen Reichs- geseßes eine Grundlage für die internationale Vereinbarung zu \{a|en, und richtete ein dahingehendes Ersuchen an den Reichskanzler. Infolge dessen wurde im Jahre 1879 dem Bundesrath und dem Reichstage ein Gesetzentwurf über den Schuy nüßlicher Vögel vorgelegt. Der- selbe kam aber im Reichstage niht zur Erledigung. Derselbe Ent- wurf mit einigen unerheblihen Modifikationen ging dem Reichstage im Jahre 1883 wiederum zu, wurde aber wiederum nit erledigt, Die vielen und großen Meinungsverschiedenheiten, welche in der Kommission des Reichstages zutage traten, veranlaßten dann die Reichs- regierung, im März vorigen Jahres eine kommissarishe Berathung der Frage stattfinden zu lassen. Aus dieser Berathung 1} der Gesetz» entwurf hervorgegangen, den der Reichstag in der laufenden Session zu erledigen haben wird.

Ueber das Bedürfniß einer reih8geseßlihen Regelung des Vogel- \hußes kann nicht der geringste Zweifel herrschen. Wenn der Natur- freund im Frühjahr oder Sommer Feld und Wald durchstreift, sucht sein Auge in der Natur sehnsüchtig nah regem Leben. Mit Schrecken bemerkt derselbe aber, daß die einzigen Wesen, die Feld und Wald beleben, unsere Singvögel, von Jahr zu Jagdr seltener werden. Die verschiedenen Gattungen von Meisen, die Finkenarten, die früher in ganzen Schaaren durch das Gebüsch flatterten und munter an den Aesten herum nah Nahrung suchten, sind fast kaum noch anzutreffen. Alle Singvögel, die des Menschen Herz erfreuen, sind seltener ge- worden uad sie werden es noch mehr werden, wenn wir nicht Mittel und Wege finden, threr Verminderung Einhalt zu thun. Wir find auch verpflichtet, dies zu thun. Erft in neuerer Zeit hat man allgemein eingesehen, welche bedeuten- den Verluste durh das Fangen und Tödten nüßlicher Vogelarten ent- stehen, und es sind deshalb in einzelnen dteutihen Staaten Verord- nungen dagegen erlassen. Nun sind aber theils die Strafen, -die auf das Zuwiderhandeln gegea diese Verordnungen gesetzt sind, zu gering, theils werden die Verordnungen nicht mit der nöthigen Energie gehandhabt, theils macht die Verschiedenheit der getroffenen Verordnungen ihre Wirkung illuforisch, indein in dem einen Lande die eine Vogelgattung geschüßt wird, während sie in dem andern verfolgt und gefangen werden darf. Es liegt also auf der Hand, daß, je einheitliher und verbreiteter die Vorschriften zum Sc@duyß nüßlicher Vögel sind, sie umsomehr ihrem Zweck entsprehen werden. So ergiebt fich die Noth- wendigkeit einer rei(sgeseßlihen Regelung dec Sache.

Hoffentlich wird der Reichstag der Vorlage seine Zustimmung geben. Mit der reichs8geseßlichen Regelung der Sache ist aber allein nicht gedient, es muß namentlich auch bei den Kindern in der Schule die Liete zu den Vögeln erweckt und gepflegt werden. Wir erinnern uns noch, daß dies vor ungefähr zwei Jahrzehnten in einem, in dem „Centralblatt für die gesammte Unterrichtsverwaltung Preußens“ er- ichienenen Aufsatze besonders betont wurde. Vor Allem muß den Schulkindern Anleitung gegeben werden, die Liebe und Sorge für die Singvögel zu bethätigen durch Beförderung der Brut und ihres Ge- deihens, sowie durch Fernhaltung der Feinde der Vögel unter den Thieren. Dem Lehrer dürfen natürlih auch die nüßlichen Insekten nicht entgehen, und auch mit ihnen muß er die Kinder bekannt machen. Auf diese Weise lernt das Kind zugleih des Schöpfers Weisheit und Fürsorge auch da verehren, wo sie sih so geheimnißvoll wie wunderbar im Großen und Kleinen offenbart.

Statistische Nachrichten.

Nah dem Novemberheft zur Statistik .des Deutschen Reichs haben im Betriebsjahr 1, August 1886 bis 31. Juli 1887 innerhalb des deutschen Zollgebiets mit der Produktion von Stärkezucer und Maltose 31 Fabriken sich beschäftigt. Davon fabrizirten 29 Fabriken Stärkezuker, und zwar 149 620 D.-Ctr. Stärkezucker in fester Form (darunter 72 D.-Ctr. krystallisirter), 300 000 D.-Ctr. Stärkezuckersyrup und 25225 D.-Ctr. Couleur. Die 2 Maltose- fabriken produzirten zusammen 1629 D.-Ctr, Maltosesyrup ; Maltose in fester O ist nicht dargestellt worden.

eber den Gesundheitszustand und die Todesfälle im Großherzogthum Hessen im III. Quartal 1887 giebt die Nr. 400 der „Mittheilungen der Großherzoglich hessischen Gentralstelle für die Landesstatistik“ Aufschluß. Danach sind in dem genannten Quartal 4968 Personen im Großherzogthum insgesammt verstorben. Davon kommen auf die Monate Juli 1688, August 1725 und September 1555; in diesen Monaten nach ihrer Folge betrug die auf 10 000 Lebende berechnete Sterbeziffer 17,5 17,9 und 16,7 gegen 19,8 18,5 und 17,2 im April, Mai und Juni. In der Provinz Starkenburg waren im Berichtsquartal vorgekommen 2135 Sterbefälle gegen 2130 im 1I. Quartal, in Oberhessen 1174 gegen 1473 und in Rheinhessen 1659 gegen 1691; die Sterbeziffer hatte in Starkenburg mit 5,3 p. M. gegenüber derjenigen des Vorquartals sich nicht ver- ändert, in Oberhessen mit beträhtli her Abnahme der Mortalität betrug dieselbe nunmehr nur 4,5 gegen 5,6 und in Rheinhessen 5,6

gegen 5,7 p. M. Im Großherzogthum im Ganzen war im Berichts- quartal bei 4968 Sterbefällen gegen 5294 im 1]. Quartal die Sterbe- zier von 5,5 auf 5,2 p. M. und damit nit erheblich herunter- gegangen. Bei der Gesammtzahl von 4968 Sterbefällen im Groß- herzogthum batten 2479 (im II. Quartal 2115) Kinder unter 15 Jahren betroffen, davon waren vor Vollendung des ersten Lebensjahres ver- storben 1673 (1182) und im zweiten bis fünfzehnten Jahre 824 (933), Erwachsene waren gestorben 2471 (3179). Der um 708 verminderten Erwachsenensterblichkeit steht die um 382 gesteigerte Kindersterblichkeit gegenüber. In den einzelnen Provinzen des Großherzogthums waren die veränderten Mortalitätsverhältnisse in den Hauptalterskategorien in verschiedenem Grade bemerkbar ; denn_die Erwachsenensterblichkeit war der des Vorquartals gegenüber in Oberhessen am bedeutendsten, nämli um 263, in Rheinhessen um 250 und in Starkenburg nur um 195 Sterbefälle vermindert, die Sterbefälle bei den Kindern überhaupt hatten si in Rheinhessen um 218 und in Starken- burg um 200 vermehrt, in Oberhessen aber um 36 vermindert, Kinder des Säuglingsalters waren in Starkenburg 257, in Rheinhessen 222 und in Oberhessen nur 12 mehr als im vorausgegangenen Quartal verstorben; der Rückgang der Sterbefälle bei den älteren Kindern be- trug in Starkenburg 57 und in Oberhessen 438, in Rheinhessen nur 4. An epidemischen und ansteckenden Krankheiten waren im Berichts- quartal erlegen 457 Personen gegen 448 im Il. Quartal, d. h. 4,7 auf 10 000 Lebende, wie in legterem. Davon kommen auf die Mo- nate Juli 123, August 159 und September 175 gegen 161, 167 und 190 in den Monaten April bis Juni, und auf die Provinzen Starken- burg 183 (gegen 199 im II. Quartal), Oberhessen 106 (100) und Rheinhessen 168 (149); sodaß nunmehr die Sterberate dur epidemische Krankheiten 4,5 4,0 und 5,7 gegen 4,9 3,8 und 5,0 betrug. Todesfälle gewaltsamer Art kamen im Berichtéquartal vor 159, fast enau so viele, als in dem verflossenen mit 156, darunter waren Folge von Verunglückung 87 (67), von Selbstmord 63 (85) und durch Mord und tödtlichhe Körperverlezung veranlaßt 5 (4).

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Deutshland nach Osten! Ill. ODesterreid-Ungarn in reichsdeutshem Licht. Zweiter Theil: Wirtbschaftlichhe Ver- hältnisse. Von Paul Dehn. (Preis 4 A. München und Leipzig 1888. G. Franz’\che Verlagshandlung. I. Roth, h. b. Hofbuch- händler.) Der Verfasser weist zur wirtbschaftlihen Verständigung zwishen Deutschland und Desterreih-Ungarn nah, wie groß die Snteressengemeinsamkeit und wie gering verhältnißmäßig der Interessen- gegensaß beider Reiche in Wirklichkeit sei, und giebt eine zeitgemäße Klarstellung all’ der dahin gehörigen Thatsachen und Beziehungen. JInhalt: Aus der Vorgeschichte der deutsch-österreihischen Zolfrage. Zur Statistik des Verkehrs zwischen Deutschland und Oesterreich-

Ungarn. Deutsch- österreichischer Veredelungsverkehr. Die A e

öllnerishe Strömung. —- Landwirthscaftlihe Wünsche. Industrie Wünsche. Unaarns Industrie. Oesterreichische Ausfuhrindustrien. Zu den wirthscaftlihen Gegensäßen, Zu den Verkehrsgegen- säßen. Oesterreichs und Ungarns Zoll- und Handelsbündniß. Der gemeinsame Zolltarif. Die Zweitheilung des österreihish- ungarischen Zollgebiets. Zur handelspolitischen Lage ODesterreich- Ungarns Ende 1887. Die Zolleinigungéfrage. Die Zukunft der Gen Beziehungen zwischen Deutschland und Oesterreich-Ungarn.

A Mit Lin uns vorliegenden Lieferungen elf und zwölf des von der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst in Wien publizirten, von Professor Dr. C. v. Lüßow redigirten Geschibtswerkes der graphi- \chen Künste: „Die vervielfältigende Kunst der Gegenwart“, wird die Geschichte des modernen Holz\chnittes zum Abschluß gebracht, na- dem noch die Länder Belgien, Holland, Italien, Spanien, Rußland, die Slweiz, Dänemark, Schweden und Norwegen in eigenen Kapiteln aus der Feder berufener Fahmänner eine gediegene Bearbeitung er- fabren haben. Reich und auserlesen, wie in den früheren Heften, ist der Bildershmuck auch der beiden leßten Lieferungen und gewähren namentli die beiliegenden Holzschnitttafeln von der Hand bewährter Kimstler auf diesem Gebiet, als Daugell, Gardner, Heinemann, Hoskin, Juengling, Laplante, Murden, Vertel, Pannemaker, Scheu, Sserjakow, Taylor, Thomas, Zanoboni in ibrer meisterhaften Aus- führung, ihrer vershiedenartigen farbigen Wirkung volle füustlerische Befriedigung. Die vorliegenden Heste schließen gleiczeitig den ersten Band des Gesammtwerkes, der mit seinem durhwegs fesselnden kunst- geshichtlihen Textinhalt, mit feinen 254 Text-Jllustrationen und 48 Holzschnititafeln ein so reihhaltiges, nah Inhalt, .Form und Aus- stattung glei glänzendes Ganzes bildet, daß wir für jeglichen Kunst- freund kaum ein passenderes Geschenk auf dem Vüchermarkt wüßten. Wir zweifeln nicht, daß dieses in ges{mackvoll verzierte Decke ge- bundene Prachtwerk, dessen Preis von 68 # ein erstaunlich billiger ist, überall kunstliebende Freunde und Käufer findet, wo es gesehen wird, denn es empfiehlt sich von selbst.

Die Antiquariatshandlung von Kirchhoff u. Wigand in Leipzig veröffentlicht soeben drei Kataloge, Nr. 797, 798 und 799. Nr. 797 enthält orientalische Literatur und neucre Linguistik, und zwar 1, Vergleihende Sprachwissenschaft. Vermischtes. 11. Drientalia. Nord- und Ostasiatishe und indis{e Sprachen. 111. Keilschristen. Alt- und Neu-Egyptish. I1V. Hebräisch. Phönizish. V. Germanische Sprachen. VI. Romanishe Sprachen. V1]. Slavische Sprachen. V1II. Die kleineren Europäischen und Uralischen Sprachgruppen. Zigeuner. IX. Amerikanische, Asfrikanishe, Polynesische Sprachen. Nr. 798 enthält beschreibende naturwissenscaftliche Werke, und zwar Allgemeines und Vermischtes. Entwickelung8geschichte und Prähistorik. Geologie, Mineralogie, Paläontologie und Bergbau, Botanik. Nr. 799 bringt Werke, welche die beshreibenden Naturwissenschaften behandeln.

X, Zoologie.

Nr. 208 des Lagerkatalogs von Joseph Baer u. Co., Buhhhändler und Antiquare, Haupt1kommissionäre der Kaiserlichen öffentliden Bibliothek in St. Petersburg, des Oeffentlichen Museums 2c. in Frankfurt am Main, Roßmarkt 18, enthält : Musik und Theater, wie auch Volkslieder.

Köln, 10. Januar. Ueber einen an der Aachenerstraße gemachten Römerfund wird der „Köln. Ztg.“ berichtet: Etwa 10 m von der Straße und in einer Tiefe von 12 m wurden etwa dreißig wohl- erhaltene Skelette gefunden, verschiedene Schädel trugen Münzen zwischen den Zähnen. Außerdem fanden sich mehrere geschliffene Gläser, Becher, zwei Tischglocken, Löffel, Krüge mit Figurenornament, ein Trinkbeher mit Inschrift, mehrere Lämpcben, eine große Flasche mit wasserähnlicher Flüssigkeit, cin Henkelgefäß mit Salben, größere Urnen verschiedenen Thonstoffs mit Gebcinüberresten, Schmuck- lästhen, Münzen aus der Zeit Cäsar's und des Kaisers Augustus, Nadeln, Thränenfläshchen, ein plastishes Bruchstük, Löwenllauen dar- stellend. Anschcinend sind die Fundstätten {hon einmal durchsuct worden. Die Nachforshungen werden fortgeseßt.

St. Petersburg, 11. Januar. (W. T. B.) August Kekulé, Professor der Chemie in Bonn, und Professor Brugsch, Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Berlin, sind zu korrespondirenden Mitgliedern der hiesigen Akademie der Wissenschaften erwählt worden.

¡Land- und Forstwirthschaft.

Nachtrag

zu den „Mittheilungen über den gegenwärtigen Stand der Saaten in der preußischen Monarcie

[Provinz Ostpreußen. FY«st- j

Neg.-Bez. Köni gsberg: Jm Allgemeinen hat die feuchte,

dabei milde Witterung des vorigen Herbstes einen günstigen

Einfluß auf die Entwickelung der Saaten ausgeübt, so daß

die später gesäeten Getreidearten fast durhweg gut 1n den

Winter geme sind. Die früh gesäete Winterung hat an einigen Orten durch Mäusefraß und ZJnsekten gelitten.

a

Provinz Westpreußen.

Neg.-Bez. Danzig: Die Wintersaaten, welche in En der Bo bergelénDen Dürre schlecht aufgegangen waren, haben sich erholt und zeigen im Allgemeinen einen befriedigenden Stand. Dieselben Fnd auch anscheinend gut in den Winter gekommen. Die Vorarbeiten zur Frühjahrsbestellung haben erhebhlih gefördert werden können.

Provinz Brandenburg.

Neg.-Bez. Frankfurt: Mit Nücssiht auf die günstigen Witterungsverhältnisse, welhe dem Oktoberfrost folgten, konnte die Herbstbestellung rechtzeitig beendet werden. Der Stand der Wintersaaten is durhweg ein guter. Die Bereitung . des Ackers für die Frühjahrseinsaat ist sehr weit gediehen, da mit wenigen Unterbrechungen bis kurz vor Weihnachten hat gepflügt werden können. L

Provinz Hannover.

Reg.-Bez. Hannover: Der Roggen lief, selbst auf dem leihtesten Sandboden, gut auf. Nur in den Wesermarschen und sonst ganz vereinzelt auf strengem Thonboden war das Land im Anfange der Bestellung reihlich hart, und manche Saat lief streifig auf. Die häufigen Regenschauer im Ok: tober unterbrachen die Bestellungsarbeiten wiederholt, leßtere verzögerten si daher bedeutend; zur Zeit der gegen Ende Oktober schon eintretenden dreitägigen Frostperiode war manches zur Wintersrucht bestimmte Stük Land noch unbe- stellt. Auch waren die jungen Saaten um jene Zeit in Folge der außergewöhnlich nieduigen Temperatur in der Entwickelung sehr zurückgeblieben, sie haben sih aber bei dem günstigeren Spätherbst noch einigermaßen erholt.

Provinz Westfalen.

Reg.-Bez. Münster: Die Bestellung des Ackers zur Wintersrucht und die Einsaat der leßteren ist, wenn auch in Folge der nassen und kalten Witterung etwas langsam, so doch normal von Statten gegangen. Das Ausschen der Saaten ist befriedigend.

Neg.-Bez. Sigmaringen:

Die Bestellung der Wintersaat erfolgte von Ende Sep- tember bis Mitte Oktober. Auf die während dieser Zeit herr- schende Trockenheit, welche die Bestockung der Dinkel-, Weizen- und Roggensaaten verzögerte, folgte bis Mitte Dezember veränderlihe Witterung mit häufigen Niederschlägen, in Folge deren die angekeimten Pflänzhen rasch „erstarkten und zum größten Theil kräftig entwickelt in den Winter kamen. Der von Mitte Dezember an ein- getretene reihlihe Schneefall wird die Saaten vor dem Aus- wintern shüßen. Jn dem Oberamtsbezirk Sigmaringen stehen die Oelsaaten, Winterraps und Winterrübsen nicht überall günstig, indem die s{chwarze Made der Rapssaateneule hier und dort großen Schaden angerichtet hat und es nur den frühzeitig eingetretenen Oktoberfrösten zu danken ist, daß weitere Verheerungen dieses schädlichen FJnsekts verhindert worden sind. Jn vielen Gemarkungen dieses Bezirks mußte außerdem wegen zu großer Trockenheit von der Napssaat ab- gesehen werden.

Nath dem soeben veröffentlihten amtlichen Bericht über die Weinernte und die Produktion von Wein und Apfelwein im Jahre 1887 in Frankreich hat dieselbe cinen Ertrag von 94 333 264 hl ergeben. Diese Zahl bleibt gegen die des Jahres 1886, welche ebenfalls schon gegen 1885 eine Abnahme gezeigt hatte, um 730 061 11 zurü und ist noch niedriger als das Durchschnittsrefultat ter leyten 10 Jahre zusammengenommen. Von dieser Abnahme he- troffen werden 47 Departements. Ganz besonders niedrige Erträge hatten die Departements: Ain, Aude, Haute - Garonne, Loir- et - Cher, Loiret, Puy - de - Dôme, Pyrénées - Drientales und Saône - et - Loire. Als Hauptursahe der Verminderung wird das wachsende Umsichgreifen der Phylloxera und des Mehlthau (mildew) bezeichnet. In gewissen westlichen und südlihen Departements haben außerdem Frühjahröfröste, Hagel und andauernde Regen, welche der Nebenblüthe Schaden brachten, das Erträgniß vernichtet oder stark beeinträhtigt. 30 Departements baben eine Vermehrung des Ernte- ergebnisses gegen 1886 aufzuweisen, besonders die Departements Gard, Hérault, Maine-et-Loire, Marne, Meurthe-et-Moselle, Meuse und Vogesen. In den meisten derselben überschreitet das Nesultat den Durchschnitt der letzten 10 Jahre erheblich, und zwar haupt- sächlich in Folge der Wiederherstellung der Weinberge im Süden und der günstigeren Temperatur, welhe im Osten und Süden geherrscht hat. Inzwis%en haken sich aber auch in diesen Departements bereits die Weinberge von dem Mehlthau (mildew) angegriffen gezeigt. Die Anzeichen des blackrot (der Schwarzfäule), welche sich schon im vor- hergehenden Jahre im Departement Hérault bemerktar machten, haben si im Jahre 1887 auch in den Pyrénées-Orientales zu erkennen gegeben. Die Qualität der Weine scheint, dem Bericht zufolge, etwas besser zu fein als die der vorhergehenden Ernte, aber ihr Gehalt an Alkohol bleibt auch jeßt noch \{wach. Man verwendet darum auch immer mehr den Q zur Verbesserung der Qualität und zur Vergrößerung des Frträgnisses beim Verkauf. Während im Oktober 18386 27 410 000 kg Zucker für Weine und Apfelweine gebraucht wurden, stieg diefe Zahl im Berichtajahr um 7 572000 kg, also auf 34932 000 kg. Die Einfuhr fremder Weine ist in Folge des ungenügenden Erträgnisses sehr gestiegen. Sie bezifferte sih im Berichtsjahre auf 10 582 000 hl (1885 gegen 7 Millionen, 1886 9 438 000 n Die Fabrikation von Wein aus getrockneten Trauben COR at im Jahre 1887 um 53 379 b] gegen 1886 zugenommen. Jn Algier ist der Weinbau fortdauernd in der Ausdehnung begriffen. Die mit Reben angepflanzte Släche bat sich 1887 um 9021 ha vermehrt, und die Ernte ist auf 1902457 bl gegen 1569282 hl im Jahre 1886 gesticgen. Die Apfelweinernte des Jahres 1887 in Frankreih war erheblich besser als die des vorhergehenden Jahres und überstieg den Durchschnitts- ertrag. Das Erträgniß der 59 Cider produzirenden Departements hob sih auf 13 436 667 b1 gegen 8300 758 hl im Jahre 1886, brachte also 5 135 909 11 mehr. L 0 a6. Ats (

Deutsche Jäger-Zeitung, Organ für Jag ischerei, Zucht und Dressu: von Jagdhunden. (J. Neumann, Neudamm.) Nr. 30. Inhalt: Meine Erfahrungen zu den Theorien des Hrn. von Horstig über Schießen. Bon von Laffert, (Sehluß.) Studien zur Geschichte der Jagd. Von Ernst Ritter von Dombrowski. (Fortsezung.) Wem gehört ein auf einem zwischen zwei Jagd-

ebieten liegenden Rain aufgefundenes Stück Wild? Von H. W.

Üteber die Jagdschädlihkeit des großen und kleinen Wiesels. Bon Baron Nolde. Offizieller Jagdrapport der am 3., 6. und 7. Ja- nuar d. I. abgehaltenen Hasenjagden auf den Feldmarken von Tempel- hof und Schöneberg bei Berlin, der Insel Töpliß bei Potsdam und den Feldmarken von Britz, Bukow und Groß-Zieten bei Berlin. Berichte über Treibjagden 2.

Gewerbe und Handel.

Der Abs{luß der Listen, betreffend die vorläufigen Zustim- mungserklärungen zur Begründung der deutschen Spiritus- Kommissionsbank ergiebt, wie wir der „Nat.-Ztg.*" entnehmen, 2509 Zustimmungen mit 39 Millionen Mark kontingentirter Maisch- raumsteuer (82 Zustimmungserklärungen, bei welchen die Maischsteuer- summe nicht angegeben, ungerehnet). Der Vorstand des „Vereins der Spiritusfabrikanten in Deutschland“, sowie die außerdem maß-

gebenden Instanzen haben diese Betheiligungsziffer für ausreichend erklärt, um auf Grund derselben nunmehr unverweilt in die weitere

Ausführung des. geplanten Unternehmens eintreten zu können. In erster Linie gilt es, wie die „Zeitschrift für Spiritusindustrie“ meint, die Personenfrage bezüglich der Leitung der Bank zu lösen.

Am 7. d. M. fand in Quedlinburg die ordentlihe General-

versammlung der Aktionäre des Eisenhüttenwerks Thale statt. Die im vorjährigen Geschäftsbericht ausgesprohene Ansicht des Vor- standes, daß nah Ueberwindung der stattgehabten Störungen und Verluste die Gesellshaft auch bei ungünstigen Konjunkturen hoffen dürfe, die Rentabilität der Werke aufrecht zu erhalten, hat si bestätigt, indem in 1886/87 günstige Ergebnisse erzielt sind, Der Betriebsgewinn ergab 425 173 4 Es verbleibt ein Rohgewinn von 196 815 M gegen 102516 4 im Vorjahre. Die vorgeschlagene Vertheilung von 79% auf die Prioritätsaktien wurde genehmigt (einschl. 3% aus 1885/86). Die Werke beschäftigten durchschnittlich 1300 Arbeiter (+ 200). : Vom Oberschlesischen Steinkohlenmarkt berichtet die „Schles. Ztg." : Der Eintritt strengster Winterkälte, welche im Industriebezirk bis zu Frosttemperaturen unter 289 R. führte, brachte die Verladung von Kohlen u. a. in die vollen Bahnen des lebhaften Winterverkehrs, an welhem nit nur die Eisenbahnen, sondern auch die örtlihe Abfuhr in größtem Umfange sich betheiligten. Da überdies in dec voraufgehenden zweiten Hälfte des Dezembers das Geschäft des Jahres\chlu}ses wegen etwas zurückgeblieben war, so brachte der Eingang von neuen Beftellungen eine solhe Steigerung des Verbrauchs hervor, daß den allseitigen Anforderungen selbst bei angespannterer Leistung nit voll genügt werden konnte. Für die Kohlenförderung und -Ver- ladung mußten mehrfach Doppelschichten eingelegt werden und zu gleicher Zeit wurde mit den Beständen geräumt, da die gesteigerte Nachfrage \{chließlich einen Unterschied in den Sorten nicht immer zuließ. Außerdem verursahte die große Kälte für den Betrieb der Aufbereitungs8anlagen mannigfahe Störungen, wodur die Er- zeugung von mittleren Körnungen beschränkt wurde. Der der- malige s{chwunghafte Betrieb der Kohlenförderung würde die Be- stimmung einer Fördervereinigung durchaus illuforisch haben erscheinen lassen. Die Kohlenpreise konnten heraufgeseßzt werden, und das mit Beginn der laufenden Woche einseßende Thauwetter hat dem Ge- \chäftêgange vorläufig keinen Eintrag gethan. Neben Flammkoßhlen verschiedener Gattungen fanden Gaskohlen im weiteren Umfange Absatz; ebeyso standen Schmiedekohlen unter regerer Nachfrage von auswärts. Koks fanden andauernd gute Beachtung. ;

Die „Hamb. Börsenh.“ berichtet über cine neu begründete Jaluit-Gesellshaft Folgendes: Jaluit ist die bedeutendste und mit dem besten Hafen verschene Insel der in der Südsee bes legenen Marschallgru ppe. Es ist die Insel, auf der die Deutsche Handels- und Plantagen-Gesellshaft der Südseeinseln zu Hamburg und die Firma Robertson und Hecnsheim hier ihre Hauptfaktoreien für den westlihen Theil der Südsee errihteten. Hierdurch wurde Jaluit nach und nah das Centrum des Handels für Mikro- nesien. Dieser Handel besteht im Wesentlichen darin, daß die europäislen Waaren in Jaluit gelandet und von da dur kleinere Schiffe den auf den umliegenden Inseln stationirten Agenten überbraht werden. Letztere tauschen dagegen im Verkehr mit den Ein- geborenen den in Stücke geschnittenen und an der Sonne- getrockneten Kern der Kokosnuß ein, welches Produkt, nah Jaluit gesandt, von da unter dem Namen Copra seinen Weg nah Europa nimmt. Ende 1885 wurde die ganze Gruppe der Marschallinseln unter die Schuzherrschaft des Deutschen Reichs genommen. Die deutsche Flagge wurde dur Kapitän Rötger, Kommandant S. M. S. „Nautilus*, im Beisein des Hern. Franz Hernsheim, der zur Zeit als Konsulatsverweser des Deutschen Reis auf jenen Inseln fungirte, auf Jaluit sowohl, wie auf allen wichtigeren Snseln der Marschall- gruppe geheißt. Unmittelbar im Anschluß an dieses Ereigniß trat an die genannten deutschen A die Frage heran, ob und unter welchen Bedingungen sie nunmehr unter dem Schuß der deutschen Flagge und der Okerhoheit des Reichs die Verwaltung der Inseln zu übernehmen bereit seien. Sie haben sich entshlossen, ihre auf den Marschall-, Karolinen- und Kingsmillinseln eingerihteten Faktoreien mit allen DIweigniederlassungen, Waarenbeständen, Schiffen , Grundstücken u. \. w, von ihren übrigen Südsee-Unternehmungen abzuzweigen,

diesen Besiß zusammenzulegen und denselben zu dein ihrem derzeitigen Werth entsprechenden Preise und ohne Anspruch auf Eatschädigung für das Geschäft selbst in die zum Zwette des betreffenden Geschäfts- betriebes unter der Firma „Jaluit- Gesellschaft“ mit einem Aftien- fapital von 1 200000 A zu begründende Gesellshaft einzubringen. Von den Aktien sind mäßige Beträge in befreundeten Kreisen ab- gegeben worden, im Uebrigen aber sind sie im Besiß der beiden mehrerwähnten Firmen, der Handelt- und Plantagenge!ellschaft und ter Herren Robertson u. Hernsheim verblieben. |

Die Liquidation der Antwerpener Centralbank hat in

dem am 30. November v. J. abgeschlossenen Rechnungsjahr, wie die „Frkf. Ztg.“ meldet, keine großen Fertschritte gemaht. Das Gewinn- und Verlust-Conto \{licßt* mit einem Saldo von 1 451 152 Fr. gegen 1449 405 Fr. im Vorjahr, während auf das 24 Millionen Francs betragende Aktienkapital ers 22,11 Millionen Francs zurück- bezahlt, also noch 1,89 Millionen Francs rückständig sind. Die Ver- pflihtungen der Gesellschaft bestehen noch aus 13 871 Fr. fälligen Rückzahlungsraten und Coupons, 14587 Fr. Kreditoren aus noh nit liquidirten Immobilicn-Geshäften und 10491 Fr. sonstigen Kreditoren. Andererseits sind in Gffekten noch 15 001 Fr. und in Fmmobilien 162 614 Fr. (Ende des Vorjahres 194 931 Fr.) vor- handen und bei Debitoren stehen 800 182 Fr. (Ende 1886 348 873 Fr.) aus. ;

London, 12. Januar. (W. T. B.) Die Bank von Eng- land hat heute den Dkskont von 4 auf 33 %/0 herabgeseßt.

Verkehrs - Anstalten.

Die erste engl ische Post vom 11. Januar über Ostende ist ausgeblieben. Grund: die Fahrt des Schiffs ist durch starken Nebel im Kanal verzögert worden.

Auch die englische Post vom 11. d. M., ab London 7,10 Vorm., über Vlisfin en ist ausgeblieben. Grund: das Schiff hat in Folge starken Nebels auf See Vlissingen nicht rechtzeitig erreiht.

Ebenso ist die englische Post vom 11. d. M., ab London 8,25 Nachm. über Vlissingen, ausgeblieben. Grund: Wegen starken Nebels auf See is das Schiff in Vlissingen mit Verspätung eingelaufen.

Hamburg, 12. Januar. (W. T. B.) Der Postdampfer „Suevia“ der Hamburg-Ameritanishen Padleifahrt- Aktiengesell\chaf\t ist, von Hamburg kommend, gestern Nach- mittag 1 Uhr in New-York eingetroffen.

Theater uud Musik.

Die Königliche Oper hat einen neuen, sehr herben Verlust zu beklagen: Frau Vilma von Voggenhuber ist gestern ihren langen, {weren Leiden erlegen. Mit ihr verliert die deutsche Opern-Bühne eine der ersten dramatishen Sängerinnen, deren Rollen-Schöpfungen namentlich in Wagner’shen Opern den hervorragendsten der Gegen- wart beizuzählen waren. Ihr Name wird in der Geschichte der modernen Musik und speziell der Berliner Oper stets mit Ehren genannt werden.

Im Sen Opernhause sollte gestern das ersie Gast- spiel der Frau Marcella Sembrih als „Königin der Nacht“ in der „Zauberflöte“ stattfinden. Die Künstlerin le jedoch furz vor der Vorstellung wegen Erkrankung ab, und die Aufführung wurde nur dur das Eintreten des Frl. Globig ermöglicht.

Am Sonntag, den 15. Januar, Mittags 12 Uhr, findet im Concertsaal des Opernhauses eine Matinée zum Besten des Frauenvereins „Mildwida“ (Wittwen- und Gs des Deutschen Musiker-Vereins) unter Mitwirkung von Fr. Marcella

Sembrih Gr, Amalie Joachim, Frl. Elis. Leisinger, Fr. Charlotte Frohn, Frl. Morgan, der Hrrn, Franz Bey, Heinrich Ernst, Ch.