1888 / 11 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 13 Jan 1888 18:00:01 GMT) scan diff

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nahm die Versammlung Kenntniß, erklärte sich mit der be- reits erfolgten Ueberweisung des Gesezentwurfs für Elsaß- Lothringen über das Theilungsverfahren und den gericht- lihen Verkauf von Ae en an die Ausschüsse für Justizwesen und für Elsaß-Lothringen einverstanden und übergab die Vorlage, betreffend die weitere Ausprägung von Kronenstüken, den in erster Lesung sfestge- stellten Entwurf eines bürgerlihen Gesezbuchs, den Ent- wurf eines Geseßes für Elsaß-Lothringen über das Forst- strafverfahren und den Antrag Badens, betreffend den Ver- edelungsverkehr mit gefärbten Seidenkämmlingen, den zu- ständigen Ausschüssen zur Vorberathung. Für die erledigte Stelle eines Mitglieds der Disziplinarkammer für elsaß- lothringishe Beamte und Lehrer zu Kolmar wurde die erfor- derlihe Ersazwahl vorgenommen.

Nah der im Reichs-Eisenbahnamt aufgestellten in der Dritten Beilage veröffentlichten Nachweisung der auf deutschen Eisenbahnen ausschließlih Bayerns im Monat November v. J. beim Eisenbahnbetriebe (mit Aus- {luß der Werkstätten) vorgekommenen Unfälle waren im Ganzen zu verzeichnen: 9 Entgleisungen und 2 Zusammenstöße auf freier Bahn, 32 Entgleisungen und 19 Zusammenstöße in Stationen und 142 sonstige Unfälle (Ueberfahren von Fuhrwerken, Feuer im Zuge, Kesselexplosionen und andere Betriebsereignisse, sofern bei leßteren Personen getödtet oder verleßt worden find). Bei diesen Unfällen sind im Ganzen, und zwar größtentheils durch eigenes Vershulden , 155 Per- sonen verunglüdckt, sowie 79 Eisenbahnfahrzeuge erheblich und 170 unerheblich beschädigt. Von den beförderten Reijenden wurden 3 getödtet und 7 verleßt, und zwar entfallen zwei Tödtungen und zwei Verlezungen auf den Verwaltungsbezirk der Königlichen Eisenbahn-Direktion zu Hannover, eine Tödtung und eine Verlegung auf den Verwaltungsbezirk der König- lihen Eisenbahn-Direktion zu Köln (linksrheinische), zwei Ver- leßungen auf die Königlih Sächsischen Staatseisenbahnen und je eine Verlegung auf. die Verwaltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn-Direktionen zu Köln (rechtsrheinishe) und zu Magdeburg ; von Bahnbeamten und Arbeitern im Dienst wurden beim eigentlichen Eisenbahnbetriebe 24 getödtet und 87 verleßt ; bei Nebenbeschäftigungen 2 verleßt; von Steuer- 2c. Beamten 3 verleßt; von fremden Personen (eins{hließlich der niht im Dienst efindlichen Bahnbeamten und Arbeiter) 11 getödtet und 8 verleßt; bei Selbstmordversuchen 9 Personen getödtet und 1 verleßt. Von den sämmtlihen Verunglückungen mit Aus\{chluß der Selbstmorde entfallen auf: A. Staats- bahnen und unter Staatsverwaltung stehende Bahnen (bei zusammen 29 886,75 km Betriebslänge und 820 430 852 geförderten Achskilometern) 135 Fälle, darunter die größte Anzahl auf die Verwaltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn-Direktion Breslau U Köln (rehtsrheinische) 4 und Erfurt (14), verhältni mäßig, d. h. unter Berück- sihtigung der N da Achskilometer und der im Be- triebe gewesenen Längen, find auf der Main-Netar Eisenbahn, und in den Verwaltungsbezirken der Königlichen Eisenbahn- Direktionen zu Erfurt und Köln (linksrheinische) die meisten Verunglückungen vorgekommen. B. Größere Privat- bahnen mit je über 150 km Betriebslänge (bei zu- ammen 174309 km Betriebslänge und 252253895 ge- örderten Achskilometern) 8 Fälle, darunter die größte Anzahl auf die Hessishe Ludwigs-Eisenbahn (4), Holsteinishe Marsch- bahn (2) und Ostpreußische Südbahn (1), verhältniß- mäßig sind auf der Holsteinishen Marschbahn, der Hessischen Ludwigs-Eisenbahn und der Ostpreußishen Südbahn die meisten WVerunglückungen vorgekommen C. Kleinere Privatbahnen mit je unter 150 km Betriebslänge (bei zusammen 1517,90 km Betriebslänge und 9 779591 geförderten Achskilometern) 2 Fälle, und zwar auf die Lübeck- Büchener Eisenbahn.

Hinsichtlich der Erfüllung der Cessionsstempel- pflicht bei der Uebertragung von Nam ensaktien hat das Reichs gericht, 11. Civilsenat, durch Urtheil vom 8. Novem- ber v. J., folgenden Fall entschieden: Die Aktiengesellschaft A. Schaaffhausen’'’scher Bankverein hatte im Fahre 1880 der Wechsler- und Kommissionsbank zu C. 100 Stück auf Namen lautende Aktien der Aktiengesellschaft für Eisenindustrie zu Styrum überlassen, und die Wechsler- und Kommissionsbank hat diese Altien weiter an dritte Personen begeben. Der Schaaffhausen'she Bankverein hai nun bezüglich dieser Aktien an die Alktiengesellshaft für Eisenindustrie zu Styrum 100 Ersuchungsschreiben gerichtet, dahin gehend, die mit Nummern bezeichneten Aktien in ihren Negistern einzuschreiben. Nach der späteren Behauptung des Steuer- fiskus sollte die Umschreibung auf den Namen der dritten Personen, welchen die Aktien von der Wechsler- und Kom- missionsbank überlassen worden, erfolgen, und sollen diese Namen auch später in die Ersuchungsschreiben eingerüdckt, auch die Ersuchungsschreiben mit dem Bestätigungsvermerk und der Unterschrift der dritten Personen versehen worden sein. Der Fisfus erblickte in den Ersuhungsschreiben ebensoviele stempel- pflihtige Cessionsinstrumente, indem dur dieselben die Er- klärung des Schaaffhausen’shen Bankvereins abgegeben worden wäre, daß die Abtretung der Aktien an andere Personen erfolgen sollte, und verlangte Stempel von 150 M. (= 100 x 150 (6). Der Schaaffhausen’she Bankverein zahlte unter Vorbehalt und klagte gegen Fiskus auf Erstattung des gezahlten Stempelbetrages. isfus wurde in beiden Instanzen verurtheilt, und die Revision des Fiskus wurde vom Reichsgericht zurückgewiesen, indem es begründend aus- ührte: „Bezüglih der auf Namen lautenden Aktien einer

ftiengefellschaft a gemäß Art. 220, 183 des Handels- Geseßbuchs die Umschreibung derselben auf den neuen Erwerber in den Negistern der Gesellshaft nur Bedeutung für das Nechtsverhältniß der Aktionäre zu der Gesellschaft elbst. Die Uebertragung der Aktien von einem Jnhaber auf einen anderen ist von dieser Umschreibung durchaus unabhängig, und die Umschreibung hat nach dem Gesezge auch niht den Zweckl, eine vorher geschehene Ueber- tragung unter den Kontrahenten nachträglich zu be- urkunden. Darüber aber, in welher Weise die Uebertragung der fraglichen Aktien Seitens der Klägerin an die Kölner Kommissions- und Wechslerbank und von dieser an die dritten E stattgefunden habe, ist Nichts festgestellt, und isl vom isfus eine Behauptung überhaupt nicht aufgestellt worden. . . Wenn von der Revision noch hervorgehoben wird, daß die Beurkundung einer f\rüher erfolgten Cession ebensowohl stempelpflichtig sei, wie die durch die Beurkundung selbst erst zu Stande gekommene Cession, so ist das zwar als zutreffend anzuerkennen; aber der Berufungsrichter hat ohne Rechts-

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unter Berücksichtigung des nachträglich erklärten Einverständ- nisses der neuen Aktieninhaber, auch niht die Beurkundung einer früher erfolgten Cession“ zu erblicken sei.“

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Kaiserliche Unter-Staatssekretär Schraut, ist nah Straßburg abgereist.

Mecklenburg-Schwerin. Schwerin, 12. Januar. Wie die „Meckl. Nahr.“ mittheilen, hat sich Prinz Adol Lr ras von Mecklenburg-Shwerin am 9. d. M. na

alle begeben, um sich bei dem Geheimen Medizinal-Rath Professor Dr. Schwarze, der ihn im Frühjahr v. J. eines Ohrenleidens halber längere Zeit behandelt hat, einer neuen Untersuchung zu unterziehen. Der Prinz, in dessen Begleitung sich der Hauptmann von Bischofshausen befand, reiste am Abend desselben Tages nah Dresden weiter.

Oldenburg. Oldenburg, 11. Januar. Der Land- tag gab in seiner heutigen Sißung seine Zustimmung zu dem ihm vorgelegten Geseßentwurf, betreffend die Prüfung für den Forstdienst, ‘nah welchem das Staats-Ministerium ermächtigt sein soll, an die zur Prüfung zuzulassenden Aspiranten künstig höhere Anforderungen zu stellen, namentlich für die Kandidaten des Forstverwaltungs-Dienstes eine zweite Prüfung anzuordnen. Jn derselben Sißung wurde ein aus der Mitte des Land- tags gestellter Antrag auf Abänderung des Jagdgeseßes (Aus- dehnung der Schonzeit 2c.) angenommen. Ein Geseßentwurf, betreffend die Heranziehung außerhalb des Herzogthums wohnender Grundbesißer zu den Gemeinde- und Schullasten, fand die Zustimmung des Landtags.

_ Oesterreich-Ungarn. Wien, 11. Januar. Die amt- lihe „Wiener Zeitung“ schreibt: Jn zahlreiche Vlätter ist nach einer Pester Quelle die Meldung von einem Telegramm gedrungen, welches der Kaiser an den Prinzen Ferdi- nand von Sachsen-Coburg in Beantwortung eines von Sr. Hoheit anläßlich des Neujahrsfestes erhaltenen beglück- wünschenden Telegramms gerichtet haben soll. Eine der „Pol. Corr.“ von kompetenter Seite aus Sofia zugehende Mittheilung erklärt diesen ganzen angeblichen Depeschenwechsel für eine Erfindung. :

13. Januar. (W. T. B.) Die „Presse“ sagt, die Londoner Meldung, die Mächte hätten bereits einen gemeinshaftlihen Schritt bei der Pforte gethan, um dieselbe zu bestimmen, den Prinzen Ferdinand von Coburg aufzufordern, Sofia zu verlassen, finde in hiesigen diplomatischen Kreisen keine Bestätigung. Man wisse in diesen Kreisen absolut nichts von diplomatischen Ver- handlungen in der bulgarischen Frage, geshweige von einem bereits erfolgten Kollektivschritt in diejer Sache.

Das „Fremdenblatt“ s{chreibt: Die aus St. Petersburg

gemeldeten Stimmen, das „ournal de St. E und die „Börsenzeitung“, sind gewiß geeignet, in der Publizistik wieder jene Stimmung zu verstärken, welche den Glauben an den Anbruch einer dauerhaften friedlichen Situation belebt hat. Pest, 12. Fanuar. (W. T. B.) Dem „Nemzet“ zu- folge erreichten die Ergebnisse der direkten Steuern im leßten Quartal nicht blos das Präliminare, sondern bereits den für das Budget des folgenden Jahres in den Voranschlag eingestellten höheren Betrag.

Großbritannien und Jrland. London, 13. Januar. (W. T. B.) Lord Salisbury hielt heute in Liverpool, bei einem Banket der Konservativen, eine Nede, in welcher er hervorhob, daß die europäische Lage sich etwas ge- bessert habe; der Friede sei jedenfalls für die nächste Zukunft gesichert. Die Souveräne und ihre Minister widmeten ihre ganze Energie der Aufrechthaltung des Friedens; er hoffe des- halb, derselbe werde schließlih erhalten bleiben.

Frankxeich. Paris, 12, Januar. (W. T. B.) Jm Senat wurden heute Leroyer mit 171 von 201 Stimmen zum Präsidenten und Humbert, Magnin, Tesserenc und Peyrat zu Vize-Präsidenten wiedergewählt. In der Deputirtenkammer hielt der Präsident Floquet, als er den Präsidentenstuhl einnahm, eine An- \prache, in welcher er die energische Lebenskraft der Kammer rühmend hervorhob, die mit unerschütterliher Festigkeit ein R 0E wenn auch s{chmerzlihes Opfer gebracht und eine von der Ehre der Nepublik geforderte konstitutionelle Wendung herbeigeführt habe. Es sei die Pflicht der Kammer, auf festen Grundlagen eine dauerhafte Harmonie zwischen den öffentlichen Gewalten aufrecht zu erhalten, es entsprehe dem nationalen Interesse, daß nicht nunmehr die Autorität der geseßgebenden Gewalt erschüttert werde, nahdem diese das Ansehen der Exekutivgewalt glücklih wiederhergestellt habe. Floquet kon- statirte demnächst, daß die den Gang der Politik berührenden Fragen die Nation im Augenblicke wenig ikteressirten, man müsse sih mit den finanziellen Fragen beschäftigen, sowie mit der Zndustrie, dem Handel, dem Loose der Arbeiter, mit den militärishen Verhältnissen, mit der internationalen Lage. Warum solle sih die Kammer nicht verständigen über diese Fragen, da sie doh in gleihem Maße die Gerechtigkeit sür Alle wolle bei der Negelung innerer Angelegenheiten, wie bei der Verhandlung über auswärtige Fnteressen die Loyalität eines fricdliebenden, aber der Schwäche niht zugänglichen Volkes? Strenge Gerechtigkeit im Fnnern, skrupulöse Loyalität in auswärtigen Angelegenheiten feien die Bedingungen für die nationale Stärke, Frankreih müsse stark sein, wenn es als Alliüirter begehrt, als oe sein wolle. Der Deputirte Letellier richtete eine Anfrage an den Justizminister Fa l- lières über die Enthebung Vigneau's von seinen Ma als Untersuchungsrichter. Der Minister erwiderte, igneau’'s Verhalten sehe im Widerspruhe mit der Würde und der Unparteilichkeit, die ein Angehöriger des Richter- standes zu beobachten habe. Uebrigens werde die Lage der Angeschuldigten durch das Vorgehen gegen Vigneau niht berührt, das gerichtliche Verfahren werde ruhig seinen Gang gehen. Der Deputirte Basly brate den Antrag auf Amnestirung aller wegen politi- scher Verbrechen und Vergehen verurtheilten Per- jonen ein und beantragte dafür die Dringlichkeit. Der Ot Tirard erklärte, ex sei nicht gegen die Dringlichkeit, er sei auch zu Milde und Gnade geneigt, müsse sih aber ganz unbedingt gegen die Bewilligung einer Amnestie aussprehen. Nach längerer Debatte wurde die Dringlichkeit mit 265 gegen 197 Stimmen abgelehnt.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 13, Januar. (W. T. B.) Der Bericht des Finänz-Ministers zum

die Bedürfnisse der Staatsshuld und die erhöhte Aufwendungen für Pensionen und Volksaufklärung bedingt Beim Militärressort hätten sich die Ausgaben im Ei flange mit der friedlihen Politik Rußlands vermindert. Vet Ueberschuß der Einnahmen lasse sich aus der günstigen Wendun der ökonomischen A erklären, jedoch beredtigta diese Verhältnisse niht zu der allgemeinen Schlußfolgerung daß die wirthschaftlihe Lage endgültig gebessert wäre: bleibe noch Manches zu thun, .um durch anhaltende Arbei und Sparsamkeit die Abschaffung der bestehenden Hemmnis, für den Ackerbau, den Handel und die Jndustrie sowie v schiedene ungünstige Einwirkungen auf die wirthschaftliche Lage abzuwenden. Die eingetretene Besserung habe der Finanz: verwaltung die Pflicht auferlegt, das Defizit zu beseitigen welches 1886 51 Millionen betragen habe, 1887 aber mj 36 Millionen beziffert gewesen sei. Das Gleichgewicht des Budgetz habe sih nicht durch eine bloße Verminderung der Ausgaben erzielen lassen; es habe sich vielmehr die Nothwendigkeit erwiesen, die Einnahmen ohne Schädigung der Produktions. kräfte der Bevölkerung zu erhöhen. Die Gesammtheit der iy Aussicht genommenen Maßregeln soll die Einnahmen uy 52 Millionen Rubel steigern. Jm Budget seien aber ny 30 200 000 Rubel eingestellt, theils weil einige Maßregeln niht am Beginn des Jahres in Kraft treten werden, theilz weil bei jeder neuen Besteuerung ein gewisser Theil der z besteuernden Gegenstände oft der Besteuerung \ih entziehe O weil manche Steuererhöhung den Könsum einschränken önne.

Der bisherige Verweser des Finanz-Ministeriums, Geheime Rath Wischnegradski, ist zum Finanz-Minister e: nannt worden. Dem Minister des Jnnern, Grafen Tolstoi ist der Wladimir-Orden erster Klasse, dem General-Prokurator der heiligen Synode, Pobedonoszeff, der Alexander-Newski Orden mit Brillanten verliehen worden. Die Verleihungsdiplome sind in sehr gnädigen Worten abgefaßt. Den Ministern Ostrowski und Woronzoff-Daschkoff ist gleichfalls der Alexander: Newski-Orden mit Brillanten und dem Reichs-Controleur Solski der Wladimir-Orden 1. Klasse verliehen worden, Der Großfürst Alexei ist zum Admiral ernannt worden, Der Unterrichts-Minister macht bekannt, daß die Universitäten St. Petersburg, Moskau, Kasan, Charkoff Odessa nicht an dem üblichen Termin, d. 15. (27.) Januar, wieder eröffnet werden.

Italien. Nom, 12. Januar. (W. T. B.) Jn der heutigen Sißung des Gemeinderaths theilte an Stelle des seines Amts entseßten Bürgermeisters, Herzogs Torlonia, der Adjunkt Guiccioli den Beschluß der in dieser Angelegenheit eingesezten Kommission mit, daß der Gemeinderath in Funktion verbleibe. Zuglei sprach Guiccioli die Erwartung aus, daß in diesem Moment jede Debatte über die Enthebung Torlonia’'s von seinem Posten im Interesse Jtaliens unterbleibe. Der Adjunkt ersuchte ferner die klerikalen Mitglieder des Gemeinderaths, ihren Antrag, wonach der Gemeinderath sich lobend über das Ver- halten Torlonia's aussprechen sollte, zurückzuziehen. Die kÉlerikalen Mitglieder zogen Angesichts dieser Erklärung ihren Antrag zurü ck.

Türkei. Konstantinopel, 11. Fanuar. Dem, Reuter'shen Bureau“ zufolge wurde der Kapitän des: Schiffs „Georghios““, welches die Montenegriner nach ODst-Rumelien brachte, und zwei Matrosen gestern verhaftet und zwei Verhören unterzogen. Das Schiff wurde sequestrirt. Die Verhafteten werden der Piraterie und des Landes- verraths beschuldigt, weil es erwiesen is, daß sie wußten, daß das Ziel der Expedition der Montenegriner Burgas und nicht, wie sie erklärt hatten, Küstendsche sei. Auch wurde eine Untersuhung über den Ort, wo die verbotenen Zusammenkünfte der Montenegriner statt fanden, angeordnet. Zur Regelung der Differenz mit dem Baron Hirsch wurde eine neue Kommission unter dem Vorsit des ehemaligen Großveziers Said Pascha gebildet.

Vulgarien. Sofia, 10. Januar. Das „Neuter'she Bureau“ meldet: Der Finanz-Minister verfügte heute die Ve- zahlung der am 13, Januar fälligen ersten monatlichen Rate des ost-rumelischen Tributs im Betrage von 287583Fr, wie sich dieselbe aus dem Uebereinkommen mit Noblet ergiebt, an die Vêrwaltung der ottomanishen Staatsschuld. Des-

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monatliche Bezahlung dieser Naten zu sichern. Das Ministerium dekretirte auh, daß die bis zum 31. Dezember fälligen Jnteressen der ost-rumelishen Schuld an die otto: manische Bank bezahlt werden. Die zu diesem Zwecke von der Sobranje votirte Summe beläuft sih auf 232 646 Fr. Jn Anbetracht der politischen Situation im Auslande thu! die Regierung augenblicklich keinerlei Schritte wegen des von der Sobranje votirten Anlehens von 50 Millionen; die Hülfsquellen des Landes reichen für die gegenwärtigen Ve- dürfnisse desselben aus.

Dänemark. Kopenhagen, 12. Januar. Jm Folke- thing kam gestern der Geseßentwurf, betreffend eine außer- ordentliche Bewilligung zu der Landbefestigung von Kopenhagen, zur ersten Lesung. Jm - Lauf der Debatte räumte der Abg. General Thomsen der Kritik des Abg. Bojsen gegenüber ein, daß bezüglich der Einzelheiten in den Plänen etwas Unsicherheit geherrscht habe ; das sei aber eine Folge der militärishen Entwickelung. Alle Vorschläge gingen dar- auf hinaus, daß Heer und Flotte ohne festen Stügpunkt ihre Aufgabe nicht lösen könnten, und als solher Stügpunkt sei Kopenhagen immer bezeihnet worden. Die jeßige Regierung habe ihre Verantwortlichkeit gefühlt und die Arbeiten prov! jorish begonnen, da seit langer Zeit kein ordentliches Finanz: geseß zu Stande gekommen sei. Eine Uebereinkunft der Thingt über die Vertheidigungsfrage sei nöthig, damit der Reichstag sein früheres Ansehen wiedergewinnen könne. Wolle die Oppo sition über die Frage in einem Auss{huß nicht loyal ver handeln, dann sei eine sofortige Ablehnung vorzuziehen. Der Abg. Oberst Hedemann vertheidigte die T aus militärishen Gründen : Kopenhagens Lage, seine zah!

die Stadt als Basis für kriegführende Mächte erwünscht

Debatte wurde alsdann auf heute vertagt.

Amerika. Washington, 10. Januar. (A. C.) Der Staatssekretär Bayard machte dem Kongreß die Mil- theilung, daß Mangels eines Geseßes zur Bestrafung von

irrthum festgestellt, daß in dem Ersuchungsschreiben, selbst

Budget erklärt, die Vermehrung der Ausgaben sei durch

B welche die Bestimmungen des Vertrages für den Schußg unterseecischer Kabel verletzen, ex einen diesbezüg-

h. am

gleichen wurden Dispositionen getroffen, um die regelmäßige |

reichen militärishen und industriellen Etablissements würden A

erscheinen lassen, und schon aus diesem Grunde sei es nöthig, F dieselbe an der Land- wie an der Seeseite zu beshüßzen. Die |

lichen Entwurf einzubringen gedenke. Jn der heutigen Sißung des Senats brachte Mr. Edmunds (Vermont) einen Ent- wurf ein, welcher der Gesell} haft für die Herstellung des Schiffskanals von Nicaragua Korporations- rechte verleiht. Jm Repräsentantenhause legte Wilkins (Ohio) einen Entwurf vor, welcher die Ermächtigung nachsucht, den Üebershuß zum Ankauf von Bundes-Obligationen u verwenden. Milliker (Maine) brachte eine Vorlage für die Abschaffung der direkten Steuern ein. E

Eine coreanishe Gesandtschaft ist in Washington angekommen.

Zeitungsstimmen.

Tageblatt“ bemerkt in einem Reichstages in der zweiten Hälfte der Session:

Ganz besonderes Interesse werden auch die Vorlagen, betreffend die Verlängerung der Legislaturperioden und die Erweiterung des Sozialistengesetes, beanspruchen, hinsichtlich deren freilich die prinzipielle Einigkeit der nationalen Parteien zur Cvidenz feststeht. Nachdem die fundamentale Grundlage des Reichs nunmehr geschaffen und an dem inneren Ausbau weiter gearbeitet werden soll, erscheint es niht mehr von Nothwendigkeit, daß die Mitwirkung der Wähler so oft wie bisher herangezogen werde, und überdies muß auch auf eine gewisse Stetig- keit der Verhältnisse innerhalb der legislatorishen Körperschaft gerechnet werden können, um diesen Ausbau zu einem guten Gnde zu führen. Es bat aus diesem Grunde kein sachlicher Widerspruch gegen die geplante Nerlängerung der Legislaturperioden erhoben werden können, und die demokratishen Insinuationen von Beschränkung der Volksrechte_ sind vollkommen hinfällig. Einen besonders starken Sturm von Seiten der Opposition wird die Sozialistenvorlage auszuhalten haben, zumal der Angriff von dem Centrum aufs Kräftigste unterstüßt werden wird. Hr. Windthorst hat wiederholt seine Gegnerschaft zu diesem Aus- nahmegesey zu erkennen gegeben, und neuerdings assistirt ihm dabei die „Germania“, welche das sittliche Recht zum Erlaß dieses Gesetzes bestreitet, weil die Sozialdemokratie ein Pro- dukt der heutigen Verhältnisse sei. Der Trugshluß hierin liegt ofen zu Tage, denn mit demselben Recht können die Verbrechen gegen Leben und Eigenthum auch als Konsequenzen sozialer Mißstände aufgefaßt werden. Der Staat hat aber gewiß die Pflicht, gegen jene sowohl, wie diese cinzushreiten. Uebrigens wären wir nicht abgeneigt, das auf dem Sczialistengesetz liegende Odium eines Ausnahmegesezes dadur zu bescitigen, daß dies Geseh einfa dem gemeinen Recht eino verleibt wird. Es würde dies gewiß dazu beitragen, der sozialistischen Agitation die Flügel zu beshneiden, da dieselbe stets die achâässige Seite cines Ausnahmegesetzes in den Vordergrund stellt. Aber auch für das Altersversicherung8gesey ist das Zusammenhalten der Kartell- parteien von großer Bedeutung. Die Frage der Loëlösung des eigentlichen MVersicherungsge\{chäfts von der Berufsgenossenschaften bei Grrichtung einer centralisirten Organisation für taz erstere wirft immer breitere Kreise. Mehr noch wird die Frage des Reichszuschusses dieses Zusammenhalts bedürfen, zumal die demokratische und ultramontane Presse sich bereits gegen denselben erklärt hat. Hier genügt wohl der Hinweis darauf, daß die Beitragspflicht besonders sür die ländlichen Besigzer ohne diesen Zuschuß zur unershwinglichen Last werden würde, da die Delo träge sich dann ja auf 300 9/0 der Grundsteuer steigern müßten. Aus Allem geht hervor, daß die bevorstehenden Verhandlungen dem natio- nalen Geiste mehrfah Gelegenbeit geben werden, seine Stärke gegen- über der rothen und goldenen Internationale zu bethätigen.

Das „Leipziger Tageblatt“ reibt betreffs der Verlängerung des Sozialistengeseßes: i Zu den Argumenten, mit welchen die Gegner des Sozialisten- gesetzes dessen Fortdauer befämpfen, gehört unter Anderem die Be- hauptung, daß das Gesetz das Wachsthum der Sozialdemokratie nicht verhindert habe, und man pflegt ihrerseits mit sichtlihem Wohlgefallen auf die starke Vermehrung der sozialdemokratischen Stimmen bei den- Reic:stagewablen im Allgemeinen und in den großen Städten beson- ders hinzuweisen. Ja, die Gegner des Geseßzes behaupten sogar, da- dur), daß man die sozialdemokratische Partei unter ein Ausnahmegeseß gestellt habe, seien derselben Viele in die Arme getrieben worden, welche ihr im anderen Fall vielleicht fern geblieben sein würden. Wir halten diefe Anschauung für total falsch und verkehrt. Auf was gründet sich denn die sozial- demokratische Partei? Auf weiter nihts als auf die an den meisten Menschen mehr oder weniger vorhandene Neigung zur Unzufriedenheit, und die sozialistishen Agitatoren haben ganz richtig herausgefunden, daß es ein recht leihtes Ding ist, die namentlich in den minder ge- bildeten ärmeren Bevölkerungsklassen entweder \{chon von Haus aus bestehende Unzufriedenheit mit ihrer äußeren Lage für ihre Zwelke zu verwerthen oder da, wo der mens\chlihe Charakter ih noch dur Zu- friedenheit und Genügsamkeit auszeichnet, dieselben durch entsprehende Hetreden in das Gegentheil zu verwandeln. Die Worte, welche vor nunmehr 20 Jahren einer der bedeutendsten Führer der Sozialisten in einer Versammlung in Leipzig zu cinem jungen Arbeiter \prah, der von der Wanderschaft zurück- gekehrt war und welcher die Lage der erzgebirgishen Arbeiter- bevölkerung als nicht unbefriedigend bezeichnete, find uns niemals aus dem Gedächtniß gekommen. Es war Hr. Auguj\t Bebel, der damals auf die von jenem Arbeiter gemachte Bemerkung, daß er nihts von Unzufriedenheit unter den Arbeitern im Erzgebirge wahrgenommen habe, entrüstet in die Worte ausbrach : „Ja, das ist eben das Unglück dieser Leute, daß sie zufrieden sind, daß sie nicht wissen, wie \{lecht es ihnen geht, man muß sie unzufrieden machen !“ In diesen Worten liegt das ganze Geheimniß der Erfolge der sozialdemokratischen Partei, dur sie ist aber auch das ganze Wesen der sozialdemokratischen Agitation gekennzeichnet. i A Es ist do garnicht zu verwundern, daß Agitatoren, die nicht im Geringsten davor zurücksheuten, mit e Mitteln zu operiren und die rohen Empfindungen der Massen în systematischer Weise auf- zuwühlen, zeitweilige Erfolge erringen mußten. Und so haben wir es denn namentlich im Königreih Sachsen in den siebziger Jahren erlebt, daß, bevor das Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebun- gen der Sozialdemokratie bestand, die sozialistische Bewegung sich als förmliche Hochfluth über das ganze Land. ergoß. Sachsen war das Scicksal beschieden, daß Duytende von sozialdemokratischen Agitatoren aus allen Een und Enden von Deutschland sich in seinen Grenzen niederließen und nun die Arbeiterbevölkerung in etner Weise bearbei- teten und aufreizten, daß recht bedenkliche Zustände entstanden und die öffentlihe Sicherheit an vielen Orten gefährdet erschien. 5 Als würdige Partnerin stellte sich vor dem Erlaß des Sozialisten- gesetzes diesem wüsten Treiben in den Versammlungen die sozialdemo- kratische Presse an die Seite. Wie Gisftpilze {ossen allerwärts sozialistische Blätter aus der Erde empor, und kein anständiger Mensch war vor den Angriffen und Verleumdungen dieser Blätter sicher. Was half es, wenn man gegen die Verleumder Strafäntrag stellte ? Jn den meisten Fällen konnte nur eine Verurtheilung zu Geldstrafe erzielt werden, der Ton der sozialdemokratischen Blätter blieb“ derselbe. Wir sagen nicht zu viel, wenn wir behaupten, daß durch die Entwickelung der sozialdemokratischen Bewegung in Sachsen vor dem Inkrafttreten des Sozialistengeseßes ein förmlicher Terrorismus ent- standen war, den Diejenigen, welche ihn zu bekämpfen wagten, oft Loe genug empfinden mußten. Diesen Terrorismus gebrochen zu aben, das erachten wir in unserem Lande als eine der haupt- fähliden und exrfreulihsten Folgen des Sozialistengeseßes. Die \ozialistishen Agitatoren und Wühler dürfen sih heute niht mehr Alles ungescheut erlauben, sie haben \sih daran gewöhnen müssen, in ihrem Auftreten bescheidener, anständiger und vorsichtiger zu sein, und vor Allem is es ihnen ershwert, so leiht wie früher

Das „Bromberger Artikel über die Aufgaben des

Dann kann das Land niht mehr in solher Weise wie damals von den sozialistischen Preßerzeugnissen übershwemmt werden; dern, wenn au der „Sozialdemokrat“ und ährliche Blätter immer noh verbreitet werden, so hat doch immerhin die Verbreitung sozial-- demokratisher Lehren dur die Presse bedeutende Einschränkung er- fahren. Und diese Wirkung des Sozialistengeseßes nah beiderlei Richtung hin erachten wir für so ho und ersprießlich, daß alle gegen das Gesez gerichteten Einwendungen schon im Interesse des friedlihen Beieinanderlebens der verschiedenen Bevölkerungsklassen binfällig werden, Daß die sozialdemokratischen Stimmen bei den Wahlen ih vermehrt haben, ist durchaus kein Beweis gegen das Gese. Nichts natürlicher, als daß der jugendliche Nachwuchs, auf den die Agitatoren hauptsächlih mitspekulirt haben, allmählich in die Klasse der Wähler ecinrückt und deren Zahl vermehren hilft. Es wird auch Niemand bestreiten wollen, daß viele von Denen, die den sozialistishen Kandidaten wählen, keine Sozialdemokraten, sondern nur einfa Unzufriedene sind. Aber wir halten den Gegnern des Sozialistengeseßes entgegen: Wie würden, insbesondere im König- rei Sachsen, heute wohl die Dinge stehen, wenn ‘niht der Damm des Sozialistengeseßes aufgerichtet worden wäre? Die Frage läßt sich natürlich bestimmt sehr chwer beantworten, aber nah unserer aus der Beobachtung und Erfahrung an Ort und Stelle geshöpften Meinung würde die Sozialdemokratie noch weit stärker das Land ergriffen haben, würden Zustände eingetreten sein, gegen welche die Staatëgewalt an und für fic hätte einschreiten müssen und zwar jedenfalls mit Re- pressivmaßregeln, die viel stärker sein müßten, als sie im Sozialisten- eseß vorgesehen sind. l : M ° Bena E M die sozialdemokratischen Führer und Agitatoren in ihrem äußeren Auftreten etwas vorsichtiger und zahmer geworden sind, so haben sie doch darüber keinen Zweifel gelassen, daß sie in Wirklich- feit die Alten geblieben sind und nah wie vor dieselben Ziele anstreben : die Vernichtung der monarchischen Staatsgewalt und der bestehenden Gesellschastsordnung! Wenn das nit auf friedlihem Wege mög- lih i dann, so erklären die Herren Bebel, Liebknecht und Ge- nossen ganz offen, mit Gewalt. Es fann also nit die Rede davon sein, daß die sozialdemokratische Partei ihren gewalt- thätigen, staats- und ordnungsfeindlichen Charakter abgestreift bat, im Gegentheil, die Führer der Sozialdemokratie haben neuerdings mehrfach ungescheut den Anarchisten ihre Sympathien bekundet, und Nichts läßt darauf schließen, daß in dieser Haltung irgend eine Aenderung auf absehbare Zeit zu erwarten ist. Unter folhen Um- ständen kann aber doch nur das_Wort Geltung behalten : „Wie Du mir, so ich Dir!“ Soll der Staat etwa das Rüstzeug gegen die- jenige Partei ablegen, die ihn in Trümmer zerschlagen will ? Soll er Diejenigen, die ihm als treue, ordnungsliebende Bürger angehören, wieder des wirksamen Schutzes berauben, welher ganz entschieden in dem Sszialistengesetz enthaiten ist ? Nein, das kann fein vernüns- tiger Mensch dem Staat anroathen, und deshalb liegt die gebieterische Nothwendigkeit vor, daß das Geseß gegen die gemeingefährliczen Bestrebungen der Sozialdemokratie au ferner fortbesteht. Die Sozialdemokratie und ihr Verhalten allein sind es, welche diese Noth- wendigkeit, von der wir auch wünschten, daß sie nicht vorhanden wäre, herbeiführen; an der: Sozialdemokratie allein wird es daher auch liegen, die veränderten Verhältnisse entstehen zu lassen, unter denen das Sozialistengesez aufgehoben werden kann. S Am Schlusse seiner Artikel richtet das „Leipziger Tage- blatt“ noch folgende Mahnung an die nationalliberale Partei : Schon einmal, im Jahre 1878, lehnte die nationalliberale Partei das Sozialistengeseß ab, um alsdann demselben, nahdem ge- wisse Ereignisse ihre grellen Sclaglichter auf die sozialdemokratische Wühlerei geworfen hatten, doh ihre Zustimmung zu geben. Nach unserer Auffassung hat das damalige Zaudern der nationalliberalen Neichstagsfraktion, auf das Gesetz einzugehen, der nationalliberalen Partei bedeutend geschadet, und_es begann ja auch seit jener Zeit ihr bedauerliher Rückgang. Das Frühjahr 1887 hatte diese gemäßigte Mit1elpartei, welhe sich auf das deutsche Bürgerthum stützt, durch ihr entschlossenes Cintretcn für Kaiser und Reich wieder auf einen sehr hohen und mähtigen Standpunkt emporgehoben. Möge an- gesichts der neuen Sozialistengeseßvorlage niht abermals der Fehler gemacht werden, mit dem Gros der Wählerschaft, das entschieden nah einer Kräftigung der gesetzlichen Abwehrmaßregeln gegen die revolu- tionäre Sozialdemokratie verlangt, in Zwiespalt zu gerathen! Wenn das neue Sozialistengeseß von den Nationalliberalen, was wir aber niht glauben, abgelehnt werden sollte, dann könnte wohl, das mögen namentlich die gegen das Geseß si erklärenden nationalliberalen Blätter sich vor Augen halten, von einer Aufrechterhaltung des Kartells und der Kartellmajorität im Reichstage nicht mehr die Rede sein. :

Statistische Nachrichten.

Nach der im Novemberhest zur Statistik des Deutfchen Reichs veröffentlichten vorläufigen Uebersicht über die Ergebnisse der Rübenzucker-Fabrikation im Camva gnejahr 1887/88 sind von 391 Rübenzuckersabriken bis zum 1. Dezember d. I, 54194 772 D.-Ctr. Rüben verarbeitet und hieraus 8 465 056 D.-Ctr. Füllmasse gewonnen worden. Als muthmaßlich in der laufenden Campagne noch zu verarbeitendes Rübenquantum sind 15 558 902 D.-Ctr. ange- geben, so daß die Gesammtmenge der 1887/88 zur Verarbeitung ge- langenden Rüben si auf 69 753 674 D.-Ctr. stellen wird, wogegen im Campagnejahr 1886/87 83 066 712 D.-Ctr., im Jahre 1885/86 70 703 168 D.-Ctr. verarbeitet wurden. :

Nach Mittheilung des Statisti]hen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 1. Januar bis infl. 7. Januar d. Ææ, zur Anmeldung gekommen : 992 Ebeschließungen, 945 Lebendgeborene, 32 Todtgeborene, 605 Sterbefälle.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

ie am 14. d. M. erscheinende Nr. 2324 der „Illustrirten Dei « enthält u. A. folgende Abbildungen: Die Goldene Subelfeier der Priesterweihe Leo's X11. Die Prozession des Papstes zur Messe in der Peterskirhe am 1. Januar 1888, Originalzeichnung unseres Spezialzeichners E. Limmer. Dr. theol. Peter Paul Stumpf, der neue Bischof von Straßburg. Die neuentdeckte Tropf- steinhöhle bei Warstein im Sauerlande (Westfalen). 2 Abbildungen. Nach der Natur gezeichnet von Th. v. Eckenbrecher. Die Stalag- titengrotte. Die Große Halle. Eingeschneit. (Wartesaal einer Bahnstation.) Originalzeihnung von Oskar Gräf. Lisa Giaconda. Nach dem Gemälde von Leonardo da Vinci im Louvre zu Paris, Straßentypen aus San Remo. 15 Abbildungen. Originalzeihnungen unseres Spezialzeichners E. Limmer. Architekturskizzen aus. San Remo. 7 Abbildungen. Originalzeihnungen unseres Spezialzeichners

. Limmer.

- Der Antiquariats - Katalog Nr. 6 von Paul Neubner in Köln a. Rh. enthält eine Titel-Uebersicht von 1833 Werken, bezw, Schriften, welche die Adelsgeschichte behandeln. Die Geschichte der Burgen und Schlösser ist dur eine ganze Reihe dies- bezüglicher Publikationen vertreten. Ferner bringt der Katalog ein Verzeichniß von Werken über Wappen und Siegelkunde, sowie über Ritterorden. Die Nummern 1460—1831 gehören allein der Münz- und Medaillenkunde und verzeihnen manches interessante und seltene numi8s- matische Werk. Der von der gleihen Verlagshandlung veröffentlichte Antiquariats-Katalog Nr. 7 ist noh reichhaltiger als der eben genannte und umfaßt 116 Seiten Derselbe befaßt sich aus\ließlich mit Revolutionsgescbichte, obglei dieser Gesammttitel für manche der în dem Heft angekündigten Bücher und ihren Inhalt nicht ganz zutrifft. Der Katalog beginnt mit einer allgemeinen Revolutionsgeschichte bis zum Jahre 1789, welche er mit den Albigensern, also bereits mit dem dreizehnten Jahrhundert eröffnet. Daran schließen sich Werke, welche

täufern beschäftigen. Von Nr. 623 an enthalten die aufgeführten Werke die Geschichte des Revolutions-Zeitalters von 1789—1848; sie beginnen mit der großen französishen Revolution von 1789, der Geschichte Napoleon’s und Deutschlands Erhebung. Die deutshen Verfassungs- fämpfe von 1815—1848 bilden den Gegenstand der darauf folgenden Werke, in denen der Burschenschaft und des Tugendbundes gedacht wird. Die Aufstände in den dreißiger Jahren, die Revolutions- periode 1848—49, revolutionäre Bewegungen in außerdeutshen Staaten machen den Inhalt der darauf folgenden Werke aus. Eine Reihe von Büchern und Schriften über sozialistische und kommunistische Bestrebungen bildet den Beschluß d-es interessanten Katalogs.

Sanitäts-, Veterinär- und Quarantänewesen.

Danema / Dur cine Bekanntmachung des Königlich dänishen JIustiz- Ministeriums vom 4. Januar 1888 ist die unterm 4. August 1887 (R.-A. Nr. 184 vom 9. August 1887) angeordnete Quarantäne für die aus Malta kommenden Schiffe aufgehoben worden. An Stelle derselben sind die geseßlichen Bestimmungen über gesundheitspolizei- liche Untersuhung von Schiffen in Wirksamkeit getreten. Süd-Amerika.

Die Gesundheits-Kommission der Republik Uruguay hat unter dem 10. Dezember 1887 beschlossen, die von der Insel Cuba in Montevideo ankommenden Schiffe einer Beobachtungs-Quarantäne von 48 Stunden zu unterwerfen.

Gewerbe und Handel.

Der Aufsichtsrath des Börsen-Handels vereins hat, wie die „Voss. Ztg.“ meldet, beschlossen, der zum 6. Februar ein» zuberufenden A die Vertheilung einer Dividende von 7F 9/0 vorzuschlagen. .

: e Die nächste Börsenversammlung zu Essen findet am 16. Januar 1888 im „Berliner Hof“ statt. | i

Das bisher unter dem Titel „Kunst und Gewerbe“ erschienene Organ des Bayerischen Gewerbe-Museums in Nürnberg hat angefündigtermaßen mit dem Beginn des neuen (22.) Jahrganges 1888 mancherlei Veränderungen erfahren. Dasselbe ist zu einem An- fündigungsblatt für den Verband deutscher Kunstgewerbevereine erweitert worden und führt jeßt den Titel „Bayerische Gewerbe - zeitung, Organ des Bayerischen Gewerbe- Museums und des Ver- bandes Bayerischer Gewerbevereine“. Die Redaktion führt der Kustos des Museums, Dr. J Stockbauer, weiter, auch der Verlag ist derselbe geblieben (Verlags-Anstalt des Bayerischen Gewerbe- Museums in Nürnberg, C. Schrag). Dem Prospekt zufolge eut sich die „Bayerische Gewerbezeitung“ zur Aufgabe, iv gleicher Weise, wie das Bayerische Gewerbe-Mu|eum selbst, Kunst und Technik im Gewerbe zu fördern und einen jeweiligen Veberblick über alle Vorgänge auf gewerblichem, funstgewerblihem und volfkswirth- \chaftlihem Gebiet zu geben. Ganz besonders will das Blatt dem Kleingewerbe ein Rathgeber und Führer in allen Fragen gewerb- liher Thätigkeit sein. Die „Bayerische Gewerbezeitung“ soll das Mittel sein, „die Kräfte und Sammlungen des Bayerischen Gewerbe- Museums allen Gewerbetreibenden des Köniareichs bekannt zu geben, fie von allen in ihrem äíInteresse getroffenen Veranstaltungen zu unter- richten, und zur umfassenden Benüßung derselben anzuregen,“ Die soeben ausgegebene Nummer 1 des Jahrgangs 1888 bringt an der Spitze einen sehr interessanten größeren Beitrag über die Sammlung von Van im Bayerischen Gewerbe-Museum. Diese werth» volle Kollektion enthält eine Anzahl fein in Relief geshuißter Steine dieser Art mit Wappen, Kaiserbildnissen, Bauerntänzen, Crinnerungs- medaillen, Emblemen 2c., von denen eine Anzahl im Text abgebildet sind. Dem Aufsaß folgen Mittheilungen aus dem Museum, aus dem Verbande bayerischer Gewerbevereine, aus dem Gewerbeleben überhaupt (über Ausstellungen in Berlin, Hannover, Dresden, Stuttgart, Innsbruck, Brüssel, Bologna 2c.), technische Rathschläge, literarische Besprechungen neuer Werke über Gewerbe, ein Frage» kasten und ein anregendes Feuilleton („Einführung neuer Industrien“). Außer mancherlei Abbildungen im Text bietet die Nummer etne Extra- beilage mit 2 s{önen Entwürfen zu Silberkannen von dem alten Meister Georg Wächter (aus dem Jahre 1579). Ferner liegt der Nummer der 1. Bogen des Katalogs der Mustersammlung des Bayerischen Gewerbe-Museums bei, welcher mit den Textil-Arbeiten beginnt. Das Ls S moratlich zweimal. Der Abonne- mentsyreis beträgt halbjährli M. i : V A Von Let E Neujahrsmesfe berichtet die „Leipz. Ztg.“ weiter: In allen Tuchstoffen zeigte sich Festigkeit in der Erwartung eines weiteren Steigens der Lollpreise. Krimmitschau und Werdau verkauften ihre Lager flott zu \tabilen Preisen, Schlanken Absatz fanden ferner Sommerwaare aus Kottbus, Peiß und Guben. Die nicht bedeutenden Posten {hwarzer Waare aus Sagan, Guben, Kamenz und Grünberg wurden ziemlih geräumt. Leisnig, Großen- hain und Luckenwalde, die mit der Cffektuirung der Sommer- aufträge viel zu thun haben, brahten nur überzählige Stücke, die \{chlank Aufnahme fanden. Für feine Luckenwalder Strichwaare ist die Mode besonders günstig, zumal die beliebten braunen und modefarbenen Stoffe dort ganz echt gefärbt werden. Streichgarne haben in der Mode jetzt die Priorität, während sich feine Kammgarne nur noch für Beinkleiderstoffe halten. Forst erzielte für gangbare Staypelartikel etwas böhere Preise. Schwarze und farbige Tuche von Scroiebus und Finsterwalde waren nur wenig gefragt. Zm All- gemeinen nahm die Messe einen recht befriedigenden Verlauf.

Die Ausfuhr des Konsulatsbezirks Chemniß nah den Vereinigten Staaten betrug der „Leipz. Ztg.“ zufolge im Jahre 1887 : 10 156 291 A gegen 19202467 4 im Vorjahr. Haupterxport- artifel sind baumwollene Strumpfwaaren (5 032362 #6), dann Kleider- stoffe (1719 192 4), seidene Handschuhe (704 435 4), Stickereien (453 532 46), baumwollene Handschuhe (432 034 6), wollene Hande \huhe (408 842 4), Polsterwaaren (355 694 M4) 2c.

Der Aussihtsrath der Maklerbank in Hamburg hat, wie die „Hamb. Börs. Halle“ meldet, die Dividende für das ab- gelaufene Geschäftsjahr auf 74 9/0 festgeseßt; die legte Dividende

0 A Aus Mailand, 12. Januar, telegraphirt man der „Berl. Börs\.-Zta.“: Die hiesige alte, angesehene Manufakturfirma G. B. Valtorta hat heute ihre Zahlungen suépendirt; nach dem „Commercio” ag die Passiven 725 000 Lire, wobei das Aus- ark betheiligt ist.

m 12, Januar. (W. T. B.) Wolle urd Garn ruhiger aber fest, Stoffe unverändert.

Submissionen im Auslande.

I, Belgien. : i

1) Nächstens. Börse zu Brüssel. Bau eines Waarenschuppens in Station Hal. Voranschlag 40796 Fr. Vorläufige Kaution 1800 Fr. Auskunft beim Ingenieur en chef Goffin, MNue Latérale Nr. 2, und beim Ingenieur en chef van Mierlo, Rue Fonsny 38 zu Brüssel. : 7 W Nächstens. Börse zu Brüssel. Lieferung von 200 000 cisernen Schwellen, 2,60 m lang, 0,28 m breit und 0,14 hoh; sowie von 19 400 Holzblöcken für Lager. Näheres bei der Commission de réception des fers et bois, 38 Rue d’Idalie zu Jrelles-Brüssel.

3) 4. Februar, 104 Uhr Vormittags. Hafenarbeiten zu Ostende. Voranschlag 900 000 Fr. Vorläufige Kaution 45 000 Fr. Preis der Pläne 18,75 Fr. Lastenheft Nr. 119 in der Expedition des

„Reichs- Anzeigers". N d II. Niederlande.

16. Januar bis Mittags 12 Uhr. Departement von Kolonien, Technish Bureau, im Haag: Ziegel für den Staats-Cisenbahnbaw auf Sumatras Westküste nah einem im vorbenannten Bureau auf- gelegten Muster. Bedingungen fäuflih in der Buchhandlung von Martinus Nyhoff im Haag. ö

111, Spanien.

den amerikanishen Befreiungskrieg behandeln, ferner solche, die sich

die unwissenden Massen in ihrem Sinne bearbeiten zu können.

mit den Bauernkriegen, der englischen Revolution und den Wieder-

Anfang Februar. Junta de Administracion y Trabajos del