1888 / 47 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 21 Feb 1888 18:00:01 GMT) scan diff

E As R E a Be E E E “da APEE L E FR G Me ES T I R RSEE r A _E 5 T I E E: A N O ZO E E E E E E D, E E ate

Der Abg. Bode befürchtete, daß die projektirten Linien Ballstädt—Herbsleben und von einem in der Nähe von Buf- leben belegenen Punkt der Bahn Gotha—Leinefelde nah Großenbehringen den Ort Mühlhausen shädigen könnten, und bat um möglihste Beschleunigung des Bahnbaus Langen- \salza—Erfurt. / ; :

Der Abg. Knebel wünschte eine Verbindung der Eifel- Hochbahn mit der Nahe- und der Saarbahn.

Der Abg. Wirth befürwortete einen Ausbau der Taunus- bahn im Jnteresse des Regierungsbezirks Wiesbaden.

Der Abg. von Strombeck beklagte, daß die hon vor zwei Jahren U Linie Leinefelde—Worbis noch immer niht zur Ausführung gekommen sei, da der arme Kreis Worbis die Grunderwerbskosten noch niht habe aufbringen können. Die Regierung möge den Kreis von der Verpflich- tung dazu entbinden. : : ;

Der Abg. Bödiker vermißte in der Vorlage die noth- wendige Verbindungslinie Marienheide—Wipperfürth_ in der Rheinprovinz und die Linie Meppen—Haselünne—Quaken- brück und empfahl ferner die Verlängerung der Bahn Hildes- heim—Braunshweig nah Oebisfelde.

Der Abg. Wessel empfahl die in der Vorlage vorge- schlagenen Linien Hohenstein—Marienburg resp. Miswalde— Maldeuten und Miswalde—Elbing besonders zur Annahme.

Der Abg. Olzem wünschte A besseren Verbindung des Nahethals mit der Pfalz den Bau einer Bahn von Baum- holder nach Kusel. j : E

Der Äbg. Sander bat um den baldigen Bau einer Linie Elze—Gronau—Seesen. |

Der Abg. Jacobs (Landsberg) plaidirte für den Bau einer Eisenbahn von Landsberg nah Schwerin a. W. (Schluß des Blattes.)

Das 11]. Verzeichniß der bei dem Hause der Abgeordneten eingegangenen Petitionen ist zur Ver- theilung gelangt.

Gewährt ein Konkursgläubiger dem Gemein- schuldner ein Darlehn, um diesen in den Stand zu seyen, einen Zwangsvergleich mit O Gläubigern zu \chließen, wogegen dieser sich dem Darlehnsgeber gegenüber zur Bevor- ugung seiner Konkursforderung vor den übrigen Konkurs- rtberitigon verpflichtet hatte, so ist nah einem Urtheil des Reichsgerichts, Ersten Civilsenats, vom 7. Dezember v. J., zwar das Abkommen des Kridars mit dem Darlehnsgeber binsihtlih dessen Bevorzugung nach §. 168 der Konkursordnung nichtig, der Anspruch aber auf Rückzahlung des Darlehns wird von der Nichtigkeit des Gegenversprechens in keiner Weise be- troffen; hat für dieses Darlehn ein Dritter Bürgschaft geleistet, so hat er gemäß seines Bürgschastsversprechens dafür aufzu-

kommen.

Das Reiths-Versicherungsamt hat dem Vor- stande einer Berufsgenossenschaft unter dem 18. Januar 1888 (Nr. 473) eröffnet, daß es einer Annahme der Wahl zu den Ehrenämtern in der Genossenschaft niht bedarf; in der Wahl liegt die geseßlihe Uebertragung des Amts und es fann nur etwa eine Ablehnung aus den geseßlihen Gründen (8. 24 des Unfallversicherungsgeseßes) in Frage kommen.

Das Kommunalabgaben-Geseß vom 27. Juli 1885 bezieht. sih nur auf die das Einkommen treffendén Steuern so insbesondere au im §. 14 Absay 2, betreffend die ver- staatlihten Eisenbahnen (Endurtheil des IT. Senats des Ober- Verwaltungsgerihts vom 18, Oktober 1887).

Der General-Jnspecteur der Fuß-Artillerie, General- Lieutenant von Roerdansz, ist von Urlaub hierher zurüdck- gekehrt.

Als Aèrzte haben sich niedergelassen die Herren: Dr. aa Dr. Podlewski, Dr. Mertsching, sämmtlich in Oderberg i. M., Dr. Puczynski in Neu-Trebbin, Dr. Cramer in Wittenberge, Dr. Rau in Ahrensfelde, Dr. Booß in Meyerich, Kreis Soest, Grevemeyer in Sachsenhagen, Pr. Zahn in Hünfeld, Heusmann in Burgdamm, Dr. Proelß in Scheessel.

Schleswig, 19. Februar. Am heutigen Tage, Mittags 12 Uhr, wurde in der Stadt Schleswig, nach zuvor in der Domkirche stattgehabter kirhlicher Feier, der XXT, Swhles- wig-Holsteinishe Provinzial-Landtag in Gegenwart von 55 Mitgliedern von dem Ober-Präsidenten Steinmann

mit nachstehender Ansprache eröffnet : Hochgeehrte Herren!

Ernst und trübe ist die Zeit, in welcher diesmal Sie si hier vereinigen. In banger Sorge blickt mit Sr. Majestät dem Kaiser und König und mit dem gesammten Königshause die Nation nah dem fernen Süden, wo der geliebte Kronprinz, von {weren Leiden befallen, weilt. Aus Miliionen Herzen steigen Gebete auf, die Seiner Heilung und Wiederherstellung zur alten Kraft gelten. Kaum irgendwo im weiten Vaterlande werden dieselben aus treueren Herzen stammen, als in unserer Provinz, die fich in besonderer Dank- barkeit des hervorragenden Antheils erinnert, den der edle Prinz an ihrer Bcfreiung genommen, und des reihen Wohlwollens, das Höchst- derselbe ihr seitdem bewahrt und oft und vielfach bethätigt hat.

Inmitten dieser {weren Sorge, welche die Stimmung des ganzen großen Vaterlandes seit Monaten keherrscht, ist in den jüngsten Tagen unsere Provinz von einem besondercn Verluste betroffen worden, welcher uns ‘auf das Schmerzlichste ersckchüttert und den wir gerade in dieser Stunde tief empfinden. Graf Emil zu Ranyau-Rastorf, den Se. Majestät der König in siebzehn aufeinanderfolgenden Jahren zu dem Amt des Landtags-Marschalls berufen hatten und der in diesem langen, für Schleswig-Holstein fo bedeutungsvollen Zeitraume seines hohen Amts in selbstlosesier Hingebung und edelster Würde, mit glänzendem Geschick Und zum reichsten Segen für die Provinz gewaltet hat, ist am 15. dieses Monats einen Tag, rachdem Se. Majestät ihn durch eine‘ neue hohe Auszeichnung geehrt hatten, die mir leider erst ‘in die Hände seiner Hinterbliebenen zu legen vergönnt worden ist einem {weren Leiden erlegen. Unserer Aller aufrich- tigste Verehrung, unsere herzlihe Darkbarkeit und warme Zuneigung folgt dem edlen und hochverdienten Mann. Sein Andenken wird un- vergessen und sein Name unter den Söhnen seiner Heimathsptovinz für alle Zeiten als einer der besten genannt sein.

Das Jahr, welches seit Ihrem leßten Zusammensein verflossen ist, hat der Provinz den Besuch Sr. Majestät des Kaisers und Königs gebraht, Allerhöchstwelher Sich in unsere Mitte begeben hatte, um, umgeben von den Prinzen des Königshauses, den höchsten Würden- trägern des Reichs und des Staates und den parlamentarischen Körperschaften, den welthistorishen Akt der Eröffnung der Bauten für den Nord-Ostsee-Kanal zu vollziehen. Unauslöslich wird der große Tag in den Herzen aller Theilnehmer desselben eingeschrieben bleiben. Unvergeßlih namentlich wird den So die

uld und Gnade sein, mit der der chrwürdige Monarch den jubelnden mpfang, der Ihm unter uns zu Theil wurte, ‘entgegennahm.

Die':Entwickéelung, welche im Laufe des leßten Jahres das wirth- schaftliche Leben in der Provinz genommen hat, ist eine ziemli ruhige gewesen. Der alte solite Wohlstand hat ernstere Erschütterungen nit erfahren. E

Die Ernte des legten Sommers war im Ganzen befriedigend.

Die Preise der landwirth\chaftlihen Erzeugnisse bewahrten indeß fast ausnahmslos den unnatürlih niedrigen Stand der Vorjahre. Unter dem Großgewerbebetrieb zeigt namentlich die Cementfabrikation zu- nehmendes Gedeihen, während in der Lage der übrigen Betriebszweige wesentliche Veränderungen gegen das Vorjahr nicht zu verzeichnen sind. In der Rhederei und im Handel scheint fih eine, wenn auch vorerst nur geringe, Besserung der Lage anzubahnen.

Die Bahnlinie Heide—Hoidding Schleswig-Holsteinishe Marsch- -

bahn ift im Lauf des Iahrcs 1887 fertiggestelt und dem Verkehr übergeben worden. Ebenso die Linie Schwarzenbek—Oldesloe. Die Zweigbahnen Wrist—Ißehoe und Flensburg—Leck—Niebüll werden vorauésihtlich im laufenden Jahre fertia gestellt werden. Bezüglich einer Reihe anderer Zweig- und Anschlußbahnen sind die Projekte in der Vorbereitung. i: :

Für den Bau des Nord-Ostsee-Kanals sind die Vorbereitungen so weit gediehen, daß bei Eintritt der besseren Jahreszeit die Ausführung mit voller Kraft wird in Angriff genommen werden können.

In der Stadt Altona werden, mit sehr beträhtliher Unter- stüßung aus Staatsmitteln, umfangreihe Kai- und Straßenanlagen ausgeführt, welche im Interesse von Schiffahrt und Handel in Folge des E der Stadt an das Gebiet des Zollvereins erforderlich werden.

Für die \{leswigshe Westküste wird zur Hebung der Hochsee- fisherei für Rehnung des Staates die Anlage eines Hafens bei Emmerleff im Kreise Tondern und dessen Verbindung mit der Staatsbahn geplant. Die Aufstellung der Baupläne ift bereits in Angriff genommen.

Mehrere größere Meliorationsanlagen sind im Laufe des letzten Jahres zur Ausführung gelangt. Zu einer Reihe von Bauten der- selben Urt sind die Vorarbeiten mit Hülfe von Zuschüssen aus Mitteln der Provinz im Gange. Die Herstellung des Nord-Ostsee-Kanals wird zu weiteren wichtigen Ent- und Bewässerungsanlagen in den betref- fenden Gegenden Anlaß geben. Auch für diese leßteren Unternehmungen werden Zuscüsse zu den Vorarbeiten aus Jhrem Meliorationsfonds nachgesuht werden.

Mit Genupothuung werden Sie aus den Vorlagen Ihres Ver- waltungsausshusses von Neuem von dem überaus günstigen Stande der provinziellen Vermögensverwaltung Kerntniß nehmen. In der That werden sich nur wenige Landestheile gleich günstiger Ergebnisse auf diesem Gebiet rühmen können. Die Provinz dankt dieselben der Treue und dem ausgezeichneten Geschick Ihres Verwaltungs- aus\chusses und des Herrn Landesdirektors, deren Thätigkeit auch die Staatsregierung auf das Freudigste anzuerkennen sich verpflichtet fühlt.

In der von der Köriglichen Staatsregierung dcn beiden Häusern des Landtages gemachten Vorlage ciner Kreisordnung für unsere Provinz haben die von dem Provinzial-Landtage früher geäußerten Wünsche auënahmslos Berücksichtigung gefunden. Insbesondere ist dies au bezüglih der Beiträge des Staats zu den Kosten der Amts- verwaltung der Fall. Das neue Geseßgebungswerk wird deshalb Ihrer ungetheilten Befriedigung begegnen.

Die Vorlagen der Staatsregierung sür die gegenwärtige Sißungs- periode betreffen wesentlich Fragen lokaler Natur; insbesondere ergeht an Sie die Aufforderung zur verfassungsmäßigen Aeußerung über die Einführung der vollen Städteordnung in der Stadt Elmshorn, sowie über ein Kreisstatut für die Fortbildung der Kirchspiels - Verfassungen im Kreise Süderdithmarschez und zur Beschlußnahme über die anderwcite Klassifizirung verschiedener Wege. Außerdem ladet Sie die Staatsregierung nur noch zu einer Anzahl von Wahlen, insbesondere zur Wahl von sechs8 Mitgliedern der Provinzial-Schulkommission, ein Ihre Berathungen werden deshalb voraussichtlich wiederum nur von kurzer Dauer sein und sich im Wesentlichen auf den Haushalt des Provinzialverbandes und sonstige mehr interne Fragen der ständischen Verwaltung beschränken.

Indem ih Sie, meine Herren, bei dem Eintritt in Ihre Arbeiten Namens ter Königliczen Staatsregierung herzli willklommen heiße und indem ich diescn meinen Gruß namentlich an den verehrten Mann * richte, den Se. Majestät an Stelle des unvergeßlichen Gräfen Rantzau zur Leitung Ihrer Verhandlungen berufen hat, und dem Sie das weiß ich das glei unbedingte Vertrauen entgegenbringen wie die Königliche Staatsregierung, erkläre ich im Namen Sr. Majestät des Kaiscrs, unseres Allergnädigsten Königs, den XXI. Schleswig- Hol- steinishen Provinzial-Landtag für eröffnet.

Der Landtags-Marschall, Klosterpropst Graf von Reventlow, begrüßte darauf die Versammlung und brachte, nahdem er des verstorbenen bisherigen Landtags - Marschalls, Grafen zu Rangau:Nastorf, mit warmen Worten gedacht hatte, auf Se. Majestät den Kaiser und König ein dreimaliges Hoch aus, in welches die Versammlung begeistert einstimmte.

Bayern. München, 21. Februar. (W. T. B.) Der Finanz- Ausschuß stellte die Matrikular- Quote Bayerns auf 30 700 000 # fest. Der Finanz - Minister stimmte dem Anschlage des Referats zu, wonach der Zins- betrag der Reichs\hulden auf 40 Millionen Mark und der Antheil Bayerns für das Reichsheer um 61/4 Millionen Mark anwachse, sprach jedoch die Hoffnung aus, daß die Verbrauchs- abgabe für Rübenzucker sich steigern werde.

Sachsen. Dresden, 20. Februar. Aus Leipzig wird dem „Dresdner Journal“ berichtet, daß der König und die Königin gestern Abend 91/4 Uhr dort eingetrofsen und am Bahnhof von dem Kronprinzen von Griechenland, dem Prinzen Maximilian von Baden, dem Fürsten von Thurn und Taxis, dem Prinzen von Schönburg, dem General- Lieutenant von Tschirshky und mehreren anderen hohen Dffi- zieren, dem Senats-Präsidenten beim Reichsgericht Dr. Drechsler, dem Ober-Reichsanwalt Tessendorff, dem Kreishauptmann von Ehrenstein, Ober-Bürgermeister Dr. Georgi, Rector magnificus Professor Dr. Ribbeck und anderen hohen Beamten empfangen worden sind. Die Majestäten, in deren Gefolge sih auch der Kultus - Minister Dr. von Gerber befand, unterhielten sih mit den Anwesenden und fuhren dann unter den Hoch- rufen einer zahlreih lärgs des ganzen Weges angefammelten Menschenmenge nah dem Palais. Vor dem Palais war das ge- sammte Offiziezcorps der drei in Leipzig garnisonirenden Regi- menter sowie eine Ehren-Compagnie mit Fahne und Regiments- musik aufgestellt. Jhre Majestäten nahmen nah der Ankunft im Palais mit dem Kronprinzen von Griechenland, dem Prinzen von Baden, dem General-Lieutenant von T\chirschly und dem Kreishauptmann von Ehrenstein den Thee ein.

Die Zweite Kammer hat dem Gesetzentwurf, betreffend einige Abänderungen dev Berta dg urkunde vom 4. September 1831 derselbe bezweckt eine Abänderung insofern, als dec König in Zukunst niht mehr behindert sein joll, über dasjenige Vermögen, welches ihm während der Regierung aus Privatrechtstiteln zufällt, auf den Todesfall zu verfügen mit 64 bejahenden Stimmen (4 Mitglieder enthielten sih der Abstimmung) mit S redaktionellen Modifikation ihre Zustimmung ertheilt.

Württenberg. Stuttgart, 20. Februar. Der „St.-A. l W.“ veröffentlicht folgende Bulletins über das Be-

inden des Königs:

Florenz, 18, Februar, Vormittags: Nacht relativ gut. Die gestern konstatirte Wendung zum Bessern hält an.

Florenz, 19, Februar, Vormittags. Verlauf tes gestrigen Tages und der Nacht besriedigènd. Die RNückbildung auf der Lunge schreitet, wie zu erwarten, langsam, doch stetig vorwärts.

Dr. Feter. Prof. Liebermeister.

Vaden. Karlsruhe, 20. Februar. (W. T. ‘Y, Ueber das Befinden des an der Lungenentzündung erkrankten Le Ludwig Wilhelm, des zweiten Sohnes deg

roßherzogs, wird gemeldet: „Bei anhaltend hohem Fieber ist der Kräftezustand befriedigend. Jn der verflossenen Nacht trat etwas mehr Ruhe und Schlaf ein.“

Oefierreih-Ungarn. Wien, 20. Februar. (Prag. Abdbl.)

Das Kriegs-Ministerium gestattete, daß die im Okky-

pationsgebiet befindlihen Reservisten die siebentägige Waffenübung bei den bereits mit dem neuen Gewehr versehenen Truppenkörpern mitmachen. Die gestern fort: gesezte Zollkonferenz stellte die Jnstruktionen für die österreichishen Delegirten zur internationalen Zucker: prämienkonfserenz fest, welhe am 5. April in London zusammentritt.

Lemberg, 20. Februar. (W. T. B.) Das amtliche Blatt dementirt entschieden die Lemberger Meldung eines Warschauer Journal s, nach welcher eine nah Krakau entsendete Kommission der Statthalterei mit der dortigen Militärbeh örde die Modalitäten zur Bergung der Staatskassen und öffentlichen Fonds für gewisse Eventualitäten zu vereinbaren hätte.

Großbritannien und Jrlaud. London, 19. Februar, (A. C.) Die Königin traf am Freitag Morgen, von Cowes, auf der Jnsel Wight, kommend, im Schlosse Windsor ein, welches die Residenz Jhrer Majestät bis zum Antritt der ge- planten Reise nah Jtalien sein wird.

Die neue Geschäftsordnungs-Vorlage ist an die Mitglieder des Parlaments vertheilt worden. Wie bereits berichtet, sollen Sißungen hinfort am Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag von 3 Uhr Nachmittags bis 1 Uhr Nachts stattfinden. Jst die Tagesordnung bei Schluß der Sißung nicht erledigt, so soll sie an dem nächsten Tage, an dem das Haus versammelt i}, zu Ende geführt werden. Von 8 bis 9 Uhr Abends ist eine Pause. Der zweite Abschnitt der Vorlage handelt vom Debattenshluß, welcher erfolgen kann, wenn die Majorität für den Antrag 100 Mitglieder beträgt. Durch den dritten Abschnitt erhält der Sprecher resp. der Vorsißende das Recht, Abgeordnete, deren Benehmen gröblih gegen die Würde des Hauses verstößt, aus dem Saale auszuweisen, Jn minder starken Fällen is er befugt, das Haus über dieselben aburtheilen zu lassen. Der Sprecher und Vorsißende kann auch einem Mitgliede das Wort ent: zichen, wenn dasselbe seine eigenen oder die Argumente Anderer zwecklos wiederholt. Jn einem besonderen Para- graphen erhält die Regierung das Recht, Negierungsvorlagen an denjenigen Tagen, wo Regierungsgeschäste die Priorität haben, zur Verhandlung zu bringen. Der Sprecher kann auth eine Abstimmung vornehmen, indem er die Mitglieder ersucht, sih nur von ihren Sigzen zu erheben.

21, Februar. (W. T. B.) Baron Worms ist, wie nunmehr amtlich mitgetheilt wird, zum Unter-Staats- sekretär der Kolonien, und Earl Onslow zum parla- mentarischen Sekretär des Handelsamts im Ober- hause ernannt worden.

„Times“ und „Standard“ widmen dem Deutschen Kronprinzen theilnahmevolle Artikel. Der „Standard“

sagt: „Die Bulletins aus San Remo werden in London mit *

der gleihen Spannung wie in Berlin gelesen. England beantwortet jeden Wechsel in den Hoffnungen und Befürch- tungen des deutshen Volks mit denselben Gefühlen der Sympathie und Bekümmerniß.“

Jn der gestrigen Unterhaussizung erklärte der Unt er- Staatssekretär des Auswärtigen, Fergusson, auf eine bezügliche Anfrage: die neuen Hebriden seien bis jeßt noch nicht geräumt; Frankreich habe sich jedoch zur Näu- mung derselben innerhalb vier Monate, vom 16. November 1887 ab, verpflichte. Das Gerücht: England fei im Begriff oder habe die Absicht, gegen Venezuela militärisch vorzugehen, sei total unwahr. Die englische Negierung sei im Prinzip nicht dagegen, die Streitfrage mit Venezuela einem Schiedsgerich1 zu unterbreiten , halte aber die von Venezuela für einen Schiedsspruh vorgeschla- genen Grundlagen für unannehmbar. Bei der darauf fort: geseßten Adreßdebatte kündigt der Kanzler des Herzogthums Lancaster, Lord Manners, an: die Regierung werde eine Vorlage behufs Errichtung eines Ackerbau - Departe- ments einbringen.

TFrantéxeih:. Paris, 19, Februar. (F. C.) Die Deputirtenkammer seßte gestern die Berathung des Budgets fort. Zu dem Kapitel, welches auf das Beamten- personal ves Enregistrements Bezug hat, hatte die Kommission cine Herabsetzung des Kredits um 234000 Fr. vorgeschlagen und dieselbe durch die Ueberflüssigkeit einer Anzahl von Jnspek- toren motivirt. Der Minister Tirard erklärte sih mit großer Lebhaftigkeit dagegen, doch wurden die Ziffern des Aus- schusses mit 280 gegen 194 Stimmen genehmigt.

(Köln. Ztg.) Der Ministerrath hat im Einver- ständniß mit dem Zollausshuß der Deputirtenkammer be- chlossen, den Zusaßzoll auf ausländischen Alkohol um drei Monate zu verlängern, um Zeit zu gewinnen, den Zoll auf das Welshkorn und das endgültige Steuersystem für den Alkohol festzustellen.

%20. Februar. (W. T. B.) Jn dem Prozeß gegen Wilson und Genossen wegen des Ordenshandels depo- nixte bei dem heute fortgeseßten und beendeten Raudenerkhe der Destillateur Delozy, er habe eine Ordensauszeichnung gewünscht, Wilson habe aber von ihm verlangt, er solle 200000 Fr. für Zeitungs-Unternehmungen zeichnen, er habe daraus geschlossen, daß es sich darum handele, die Ordens- auszeihnung zu kaufen und sei niht wieder in oas Elysée zu Wilson gegangen. Morgen beginnen die Plaidoyers.

21. Februar. (W. T. B.) Die radikal-sozia- listishe Partei in St. Etienne hat beschlossen, den General Boulanger als Kandidaten jür die Deputirten- kammec auszustellen, obgleih derselbe niht wählbar ist.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 19. Februar. Das „Journal de St. Pétersbourg“ nimmt von den ver- schiedenen Behauptungen bezüglih der Verhandlungen über die bulgarishen Angelegenheiten Notiz und erklärt, keinerlei Verantwortlichkeit für ihre Richtigkeit zu übernehmen ; es wolle aber auch andererseits niht gegen den günstigen Eindruck wagiren, welchen die Nachrichten der leßten Tage vom Gesichtspunkt einer Beruhigung der Gemüther aus her- vorgebracht haben.

20. Februar. (W. T. B.) Die Nachricht, daß das Depot der russishen Reichsgestüte in Berlin ge- schlossen werden soll, stellt sich als unrichtig heraus.

Jtalien. Rom, 20. Februar. (W. T. B.) Das Kriegs - Ministerium läßt offiziell die Nachricht eines Neapeler Blattes dementiren, daß ein geheimes Ein- verständniß zwishen dem Ober-Kommandanten von Massovah und den Sudanesen bestände, mit dem Bemerken : es hätten weder früher noch jeßt, weder direkt noch indirekt, irgend welche Verhandlungen zwischen der italienishen Regierung oder dem General San Marzano und den Sudanesen stattgefunden.

Nach heute eingegangenen Meldungen aus Massovah dringen die Derwisce unausgeseßt in das Gebiet nördli des Tsana-Sees ein.

Türkei. Konstantinopel, 19. Februar. (Prag. Abdbl.) Der Minister benachrihtigte den Baron Hirs\{, der Sultan habe den Jrade sanktionirt, wodurch die Zahlung von 20 Millionen Franks Seitens des Barons Hirsch stipulirt und im Weigerungsfall die Sache vor ein Schiedsgeriht verwiesen wird. Ein Kaiser- liher zZrade sanktionirt das Uebereinkommen mit der Gesellschaft zum Betrieb der Eisenbahnlinie U es b— Wranja. Die Linie, welhe den direkten Verkehr mit Salonichi herstellt, wird in einem Monat dem Betrieb übergeben. Ein Dampfer mit Montenegrinern, welche am Putsch von Bu rgas betheiligt waren, ist in den Dardanellen gescheitert.

Numänien. Bukare st , 20. Februar, Abends. (W. T. B.) Ein Telegramm der „Agence Havas“ meldet: Ein General und ein Oberst sind unter der Anschuldigung von Er- pressungen bei Militärlieferungen verhaftet worden. Der vormalige Kriegs-Minister Angelesco isst aus der Armee ausgetreten.

Bulgarien. Sofia, 19. Februar. (Prag. Abdbl.) Die Nachricht des „Temps“ in Betreff der bulgarischen Unabhängigkeitserklärung ist vollkommen unrichtig.

Zeitungsstimmen.

Die „Deutsche volkswirthschaftlihe Correspon- denz“ schreibt zur Frage der Alters- und FJnvaliden- versicherung: é

Obwohl noch eine geraume Zeit vergehen dürfte, bevor die Frage betreffend die Alters- und Invalidenversiherung der Arbeiter im Deutschen Reichstage!zur Verhandlung gelangen wird, andererseits aber die publizistishe Diskussion über diesen Gegenstand infofern cine be- ruhigtere geworden ist, als eben neue Gesichtspunkte hier nicht hervor- getreten sind, so erachten wir es doch für zweckmäßig, diejenigen Mo- mente wiederum in Erinnerung zu bringen, welche zur Beurtheilung der bestehenden und resp. divergirenden Anschauungen beizutragen geeignet e:sheinen. Die „Deutsche volkswirthschaftlihe Correspondenz“ hat in dem Streite der Meinungen über die Grundzüge für die Alters- und Invalidenversiherung denjenigen Standpunkt einge- nommen, den sie im Sinne ihres Programms einnehmen mußte. Gleichwie sie den Bestrebungen der Reichsregierung auf dem Gebiet der sozialen Reform bisher stets mit ebenso lebhaftem Interesse wie mit dem aufrihtigen Wunsche gefolgt ist, es möge das große Werk des sozialen Ausgleihs, in welchem das Deutsche Reich allen Kulturvölkern vorangegangen ift, von dem größten Erfolge gekrönt werden, so hat sie au die Vorlage der Alters- und Jnvalidenversiherung der Arbeiter sympathisch begrüßt und zu nicht geringem Verdruß ihrer vpolitishen Gegner darauf hingewiesen, daß diese hervorragende Leistung der deutschen Reichsregierung darnah an- gethan ist, den bereits stattlich emporragenden Bau der sozialpolitishen Gesetzgebung der Vollendung zuzuführen. Unsere Bedenken in diefer Frage galten und gelten der Ausführung des Geseßes, nicht der Sache selbst; sie mußten sih begreifliherweise in erhöhtem Maße steigern, als jene prinzipiellen Gegensäße zum Vorschein kamen, welche gleichfalls in Ansehung der Ausführung des Geseßes zwischen dem „Centralverbande Deutscher Industrieller“ und dem „Verbande der Deutschen Berufsgenossenschaften“ sich entwicelt hatten. Die Gegen- säße, um welche cs si hier handelt, sind um so gewichtiger, als sie, was stets im Auge behalten werden wolle, mit den wirthschaftlichen Gegensäten von Manchesterthum und Schutzoll zusammensallen, als auf der einen Seite eine Körperschaft fih befindet, welche bislang niht nur im fkritishen Moment wirksam ihre Thätigkeit für die Durchführung der „nationalen“ Wirthschaftspolitik eingeseßt, sondern auch ebenso dem Zustandekommen ter fozialen Maßregeln unserer Re- gierung zu jeder Zeit, insbesondere auch demjenigen des bedeutung8- vollen Gesetzes über die Alters- und Invalidenversicherung der Ar- beiter freudig und bedingungslos gewidmet hat. Die Crwägung diefes Umstandes mußte bei den aufrichtigen Freunden und Anhängern der praktishen Wirthschaftspolitik, weile den Schuß der „nationalen Arbeit“ und der „nationalen Produktion" ebenso energish wie segens- reich vertreten, die beruhigende Gewißheit erzeugen, daß der „Central- verband Deutscher Industrieller“ zweifellos in der loyalsten Weise denjenigen Ausführungsmaßregeln der Regierung seine Zustimmung ertheilen werde, welche dem Sinn der Allerhöchsten Bot- \haft vom 7. November 1881 entsprächen. Und in der That hat denn auch der „Centralverband“ sich beeilt, alsbald seine Stellung- nahme zu den &rundzügen für die Alters- und Invalidenversicherung der Arbeiter dahin zu präzisiren, daß er niht nur erklärte, ihm sei an tem baldigen Inkrafttreten des Geseßes gelegen, sondern daß er auch, dem Wortlaut der Allerhöchsten Botschaft entsprehend, den Berufs- genossenschaften eine gewisse materielle Mitwirkung auf diesem Gebiet zu- wies. Allein es zeigte sich, daß diese Auffassung den Berufsgenossenschaften nicht genügte; sie eröffneten unter dem ebenso lebhaften wie ver- dâchtigen Schuß und Beifall aller die bisherige Wirthschaftspolitik der Regierung bis aufs Messer bekämpfenden Faktoren die heftigsten Angriffe gegen den „Centralverband“, indem fie im Gegensaß zu dessen Wirthschaftsprinzipien dafür eintraten, daß die deutshen Berufs- genossenschaften niht nur zu „Trägern“ der Alters- und Invaliden-

ersiherung, sondern gar zu Vertretern der auf den verschiedensten Gebieten liegenden wirthschaftlihen sozialen und politishen Interessen der deutschen Industrie ausgestaltet würden. Eine derartige, von allen Gegnern unserer Wirthschaftépolitik unterstützte Haltung mußte in allen jenen Kreisen, deren wirthschaftlihe Grundsäße-mit denjenigen des „Centralverbandes Deutscher Indufirieller“ zuscmmenfallen, mit um so größerem Mißtrauen aufgenommen werden, als eben diese Körperschaft alle jene Industrien umfaßt, die an Bedeutung die in dem Verbande der Berufsgenossenschaften vertretenen Industrien weit- aus überragen, als die Bedeutung des Verbandes der deutschen Berufsgenossenschasten durch den nachträglih erfolgten Austritt mehrerer hervorragender Berufsgenossenschaften noch erheblich geshwäht wurde, als von den dem Verbande noch angehörigen 38 Berufsgenossenschaften 15 Berufsgenossenscha|ten solhe Betriebe umfassen, welche der Industrie in der hier nothwendigen Bedeutung des Wortes nicht angehören, als endlih aber der Beschluß des Ver- bandes, die Berufsgenossenschaften zu „Trägern“ der Alters-* und Inbalidenversicherung zu machen, lediglich mittelst einer ganz und gar irregulären Abstimmung perfekt geworden ist. :

Alles in Allem genommen halten wir dafüc, daß die Klar-

stellung der prinzipiellen Gegensäße, welhe hier zu Tage getreten sind, die Erörterung des Endziels, auf welches die Gegner der vom

„Centralverbande Deutscher Industrieller“ vertretenen Wirthschafts- politik lo8gehen, al» die dringende Pflicht aller auf dem gemeinsamen Boden der praktischen Wirthschaftspolitik unserer Regierung befind- lihea Organe anzuseben ist, da die auffallende Art und Weise des Vorgehens das höchste Mißtrauen gegen die Loyalität Derjenigen erregen muß, welche die Ausgestaltung der Berufsgenossenschaften zu Vertretern der Gesammtinteressen der deutshen Industrie in so hef- tiger Weise si angelegen sein lassen.

Jn der „Aachener Volkszeitung“ lesen wir unter der Ueberschrift: „Bischof Freppel und das Reichsland“.

Unter dem 13. d. ‘M. hat der Herr Bischof von Angers, Msg. Freppel, Deputirter des Finistère, ein längeres Schreiben an den \sranishen Republikaner Castelar geribtet, in welhem er diesen zu einer Rede beglückwünsht, durch welche Castelar im Interesse des Friedens der Staaten die Rückgabe von Elsaß-Lothringen an Frank- reih forderte. Mfg. Freppel {ließt sich diesem Wunsche vollkommen an und meint, durch die Rückgabe könne die allgemeine Entwoaffnung Eurovas erzielt werden. : e

Ma. Freppel ist bei den deutshen Katholiken auf das Beste be- fannt und hochangeselen wegen seiner muthvöllen Vertheidigung der fatbolishen Sache in Frankrei, er verdient die höchste Achtung als trefflicher Kirchenfürst, die Lauterkeit seiner Absichten ift über allen Zweifel erhaben. Wenn er seinem Vaterland für dessen innere Politik Rathschläge giebt, so werden diese bei uns deutschen Katholiken f\tets vollste Beachtung finden, aber ‘wenn er sich auf das Gebiet der inter- nationalen Politik begiebt, so unterliegen seine Aeußerungen ebenso der Kritik, wie die jedes anderen Staatsmannes, der Bischof tritt zurüdck, wir haben nur den Politiker vor uns.

Es wird nicht ausbleiben, daß obiges gestern in Paris veröffent- lichte Schreiben, dessen Wortlaut uns vorliegt, in der deutschen Presse Aufsehen mat, und um Mißdeutungen vorzubeugen, halten wir es für angemessen, zu demselben \chon heute Stellung zu nehmen.

Der Herr Bischof meint, die reichsländishen Provinzen seien für Deutschland mehr eine Shwächung als eine Kraft. Das glauben wir niht. Käme cs zu einem Kriege, so würden die elsaß-lothringi- {hen Soldaten cbenso gut ihre Pflicht für Kaiser und Reich thun, wie alle anderen.

Wenn derselbe ferner der Ansicht ist, daß nur wegen des Reichs- landes der bewaffnete Friede existire und eine Friedensstörung um dessentwillen am ersten zu erwarten sci, so is er nach Ansicht aller maßgebenden Politiker im Irrthum. Nicht von dem zerklüfteten, reyublikanischen Frankreich, das sih in Parteikämpfen aufzehrt und alle paar Monate einen neuen Chef an der Spitze feines Militär- wesens hat, ter die Anordnungen seines Vorgängers über den Haufen slürzt, wird in erster Linie die Kriegs8gefahr kemmen, sondern von unserm Nachbar im Osten, gegen den das deutsch-österreichische Bündniß geschlossen worden ist. Rußland kann den Frieden ören, Frankreih allein wird es niht wagen, und wein Rußland nicht zu den Waffen greifen will, wird die Republik Frankreich keinen Versuch dazu machen. Ein Krieg wegen Elsaß-Lothringen ist bei der gegen- wärtigen Konstellation und auf lange hinaus so gut wie undenkbar; deshalb ist der Herr Bischof im Irrthum, wenn er in der Rückgabe des Reichélandes eine Friedensgewähr sieht. Oder glaubt er etwa, daß dadurch die Franzosen ihre Niederlagen von 1870——71 vergessen würden? Wir können es niht annehmen.

Im Weitern betont Bischof Freppel den französishen Charaktez des Reichslandes. Das ist nur zum Theil in etwas richtig; was jeßt französis erscheint, ist französirt worken, der größte Theil des Neichslandes hat noch heutzutage vollkommen deutschen Charakter, in Sprache wie in Sitte. Was den Aus\fchlag giebt, ist, daß diese Länder urdeutsch waren, daß sie uns von Frankreich in {mählicer Weise entrissen wurden, daß wir sie uns in s{hwerein, opfervollen Kampfe zurückerobert haben, und daß sie in vollgültigem Vertrage von Frankreich an uns abgetreten sind. Deutschland war es doch in der That nicht, welches 1870 den Kriegsbrand entzündete, Deutschland ift nicht an den screcklichen Leiden Schuld, die der Krieg forderte; als unsere besten Söhne auf den französishen Gefilden verbluteten, thaten sie es, um einen widerrechtlichen, von Uebermuth eingegebenen Angriff abzuwehren, und was im Kriege mit Recht errungen ist, behalten wir auch mit vollem Recht als unser Eigenthum.

Für uns kann die Rückgabe des Reichslandes an Frankrei gar niht in Frage kommen. Es wird sich kein deutscher Herrscher dazu entschließen, und selbst wenn dieser es wollte, würde sih keine Volks- vertretung finden, welche ein solches Abkommen guthieße. Es ist nicht gerade angenebm, auf abgethane Sachen zurücktkommen zu müssen, aber es ist nôthig, um so mehr, als es ein fo hohgeachteter, tüchtiger und glaubenseifriger Bischof ist, der bei seinem Interesse für den Frieden der Völker und die Beruhigung seines Vaterlandes sich poli- tishen JUusionen hingegeben hat, die sich unmöglih verwirklichen lassen und die auh kein maßgebender Politiker ernst nehmen wird.

Die „National-Zeitung“ schreibt in ihrem Wochenbericht vom Berliner Waarenmarkt:

Unter den Industrien, welhe die Aufmerksamkeit besonders auf sih zu lenken geeignet scheinen und die uns in unserem dieswöchent- lihen Bericht beschäftigen sollen, steht die Lederwaarenindustrie im vordersten Treffen. Dieselbe hat für Handel und Verkehr in den lezten Jahren eine Bedeutung gewonnen, die sie eben: bürtig neben anderen von Berlin aus den Weltmarkt be- herrshenden Handels- und Exportartikeln erscheinen läßt. Noch

vor etwa 25 Jahren ganz geringfügig und den eigenen Bedarf von außerhalb deckend, hat sie erst allmählich,

aber später sehr rasch aufsteigend, zu ungewöhnlicher Höhe sich erhoben. Die ehemals maßgebenden Pläße, Wien und Offenbach, haben ihre Vorrehte an Berlin abgeben müssen und sowohl in Bezug auf Ausführung als auch auf Herstellungspreise hat die Metropole die anderen Orte längst überflügelt. Es werden alle diese Artikel in geschmackvoller, guter Auswahl und ent- sprehender Arbeit hier hergestellt und das elegantere wie das einfahere Genre bestens gepflegt. Brieftashen, Cigarrenetuis, Geldtäshchen aller Art, Schreibmappen, Reise- und Arbeits- necessaires, Koffer, ergeben eine Vielfältigäeit der Produktion, welche eine große Menge Arbeitskräfte absorbirt. So beschäftigt die Pertefeuillebranhe allein mehrere tausend Arbeiter in circa 120 Fabriken und der Produktionsbetrag übersteigt 12 Millionen Mark es ist alsó die Gesammtziffer der Lederindustrie wohl als eine außerordentlich hohe zu betrahten. Natürlich ift es nicht nur das Inland, welches diese Waaren konsumirt, Lederwaaren gehören zu den hervorragendsten Exportartikeln, für welche, außer den transatlantishen Lindern, auch Frankreih, Oesterreih, Ruß- land, England, Sch{weden und Norwegen einen großen Bedarf haben. Die zur Fabrikation erforderlichen Materialien werden jeßt zum größten Theil am hiesigen Play bergestellt, während sie früger von außerhalb bezogen wurden. Die Berliner Gürtlerei hat die An- fertigung fast aller für die Lederwaarenindustrie nöthigen Metall- artikel übernommen und erzeugt dieselben in solher Fülle und Ver- vollkommnung, daß diese wiederum zu cinem besonderen Ausfuhrartikel geworden sind. .

Eisenbahn- Verordnungs-Bla1t. Nr. 5. Inhalt: Staatsvertrag zwischen Deutschland und Dänemark, betreffend die Eisenbahn von Heide über Friedrichstadt, Husum und Tondern nah Ribe. Vom 18. Dezember 1887. (Uebersezung R.-G.-Bl. von 1888, S. 3.) Nachrichten.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Kriegs- und Manöverbilder von Johannes von Dewall. -Mit 80 Illustrationen von H. Albrecht. 2 #( Ver- lag von Carl Krabbe in Stuttgart, ein Bändchen voll Lar Ge- \chihten, die J. von Dewall, der bekannte liebenswürdige Historiker

Thüringer Volkslied“, zwei Briefe von

der Kadettenstreihe uns aus Kriegs- und Friedenszeiten zu erzählen wels und unter denen namentlich die Geshihte vom Roß Schmerzens- rei ergößlih ist. H. Albrecht hat die einzelnen Situationen prächtig B A Î ingeworfenen graziôösen Zeihnungen voll Laune und Humor argestellt.

Die „Neue Musik-Zeitung“ enthält in Nr. 4 u. A.: „Franz Liszt auf seinem ersten Weltflug“ von La Mara; „Das riedrich Kücken, mitgetheilt von Wilhelm Tappert ; „Fürst und Künstler“ von L. Erbach; „Eine Wagner-Büste“, eine heitere und lehrreihe Geschihte aus dem Leben von Ernst Pasqué; „Ein Wort über die Musik der Ungarn" von Adam Löffler, man sieht, lauter Beiträge namhaftester Schrift- steller. Ferner bringt die Nummer 4 eine Jllustration des für Hannover bestimmten Fran Abt-Denkmals. Wie wir von der Ver- lagébuchhandlung Carl Grüninger in Stuttgart erfahren, beginnt bereits in diesem Quartal die von Prof. Dr. Svoboda verfaßte „Jllustrirte Musikgeshichte“ als Gratisbeilage der „Neuen Musik- Zeitung“ (80 4 pro Quartal) zu erscheinen. ;

Antiquarishes Bücherlager von Kirchhoff u. Wigand in Leipzig. Nr. 800. Geschichte. I. Vermischtes und Hülfswissenschaften. Inhalt : I. Allgemeines und Vermischtes. Revuen. ITL. Allgemeine Welt- und Kirchengeshihte. Die Juden. III. Ge- \chihte einzelner Perioden. 1) Geschichte des Alterthums. 2 Ge- \chichte des Mittelalters. 3) Neuere Geschichte. TV. Historische ülfs- wissenschaften. 1) Anthropologie, Ethnologie, Prähistorik. 2) Alterthümer, Kultur- und Sittengeschichte. 3) Fetierlihkeiten, Ceremoniell, Kostüm. 4) Geistlihe und weltlihe Orden, Ritter- und Heerwesen, Waffen. 5) Genealogie, Heraldik. 6) Chronologie, Diplomatik, Sphragistik. 7) Nu- mismatik. Y., Pet und politishe Geographie. Allgemeine Statistik, Reisen. Atlanten. Nr. 801. Geschichte. Il. Das Deutsche Reich und die früheren Reichslande (Deut|{ch-Oesterreich, Schweiz, Niederlande und Belgien). Inhalt; VI. Deutschland. 1) Im Allgemeinen. Die Kriege von 1866 und 1870/71. 2) König- rei Preußen im Allgemeinen. 3) Provinzen Preußen und Posen 4) Pommern, 5) Brandenburg mit Alt- und Neumark. 6) Schlesien. Die Lausizen. 7) Königreih Sachsen und Thüringen. 8) Preußisch Sachsen vnd Thüringen. Anhalt. 9) Mecklenburg. Lauenburg. 10) Schle8wig- Holstein. 11) Die Hansestädte. 12) Hannover und Braunshweig. Der Harz. 13) Oldenburg. Ostfrieëland. 14) Rheinprovinz und West- falen. Oênabrück. Waldeck. Lippe. 15) Kur- und Rkeinhefsen. 16) Naffau. Frankfurt a. M. Wetlar. 17) Bayern und Rhein- pfalz. 18) ürttemberg (Schwaben). 19) Baden. 20) RE Deutsch-Lothringen. VII. Die früheren Reichslande. 1) Deutsh- Oesterrei (Böhmen 2c.). 2) Die SHweiz (und das Veltlin). 3) Die Niederlande. Belgien. Luxemburg.

Land- und Forstwirthschaft.

Berlin, 21. Februar. Der Kongreß deutscher Land- wirthe trat heute Vormittig 10} Uhr im großen Saale des Architektenhauses zu seinen diesjährigen Berathungen zusammen. In das E wurden die Herren des vorjährigen wiedergewählt: Erb-

ber-Jägermeister von Jagow (auf Rühstädt) 1. Vorsitzender, Ab- L Dr. Frege (Abt-Naundorf) 2. Vorsitender, und Ritterguts- esitzer Alfieri (Koppershagen) 3. Vorsißender. Da der Erb: Ober- Jägermeister von Jagow durh Krankheit an der Theilnahme behindert war, führte Dr. Frege den Vorsiß. Dr. Frege eröffnete die Sißung mit einer begrüßenden Änsprahe und einem Hoh auf Se. Majestät den Kaiser und König.

Hierauf verlas Hr. Alfieri cine Adresse an Se. Kaiserliche uud Königliche Hoheit den Kronprinzen.

Die Absendung der Adresse wurde cinmüthig beschlossen.

Erster Gegenstand der Berathungen war der Bericht des Dr. Wilh. Wolf (Döbeln) über die billige Erhaltung des Stickstoffs im landwirthshaftlihen Betriebe und über die günstige Wirkung, welche die Thomasschlake hierbei in ihrer Anwendung für Felder und Wiesen äußern mß.

Es wurden zwei Resolutionen dem Ausschuß zur weiteren Ver- anlassung und Ausführung überwiesen. Diese Resolutionen lauten:

„In Erwägung, daß die Erhaltung des Stikstoffes als wichtigstes und theuerstes Pflanzen-Nahrungsmittel im wirthschaftlihen Haushalt der Pflanzenproduktion alle Landwirthe für alle Bodenarten und Wirthschaftsweisen mit gleichem Interesse berührt, und durch zweck-. mäßig durchgeführte Erhaltungs8methoden für den Stickstoff der festen und flüssigen Exkremente der Thiere und der menschlihen Fäkalstoffe eine Verbilligung der Produktionskosten herbeigeführt werden kann, wolle der „Kongreß deutscher Landwirthe“ die Stickstofffrage in der Landwirth- schaft dadurch fördern und dahin wirken, daß zur Erhaltung des Stickstofes im landwirthschaftlichen Betriebe Versuhe im Stall und auf dem Felde durch Mitglieder des „Kongresses der Landwirthe“, welche die verschiedensten Bodenarten in den verschiedenen Gegenden Deutschlands bewirthschaften, nah der in den Referaten dargelegten Meise ausgeführt und die Resultate dieser Versuhe dem Kongreß zur Mittheilung gebracht werden“. i :

„Der Centralverein deutsher Landwirthe betrachtet die Stick- stofffrage, d. h. die Frage, ob einzelne Pflanzen wirklih die Fähigkeit besißen, ihren Stikstoffbedarf aus der Luft zu decken und somit stickstoffbereihern» zu wirken, als die wichtigste zur Zeit \chwebende Frage auf dem Gebiet der Agrikultur-Wissen- \chaft. Der Kongreß bittet deshalb den Verband deutscher Versuchs-Stationen, sich die Lösung dieser Frage in erster Linie angelegen sein zu lassen und das Ergebniß der bezüglichen Forshungen dem E in dessen nächhstjähriger Siyung zur Kenntniß bringen zu wollen.“

Die Zeitschrift „Das Pferd “, redigirt von Frhrn. von Boelgtig, Verlag von Friese und von Puttkamer in Dresden, bringt in ihrer Nr. 4 des Jahrgangs 1888 folgende Beiträge: Ueber Moment-Hilfen. Von C. R. Das russishe Staatsgestüt Khrenowoye. Von Friy Flaum. (Sc(luß.) Die naturgemäße Heilung von Wunden und Druck]chäden bei Pferden ohne Anwendung von Arzneien. Ein anderes Bild von Spohr, Oberst-Lieutenant z. D. (Schluß.) Ueber Kolik. Bon M. Speck, Freiherr von Sternberg-Lüßschena. Ueber das belgische Arbeitspferd. Das Rennjahr 1887. Sportplaudereien. Von O. v. M. Umschau. Literatur. Jnserate.

Gewerbe und Handel.

Posen, 21. Februar. (W. T. B.) Der heutige Saaten- markt war weniger stark als im Vorjahre besuht, das Angebot namentlih Seitens der Händler stark. Für den Provinzialgebrauh wurde zwar Manches gekauft, das Geschäft blieb aber sehr \chlcppend. Rothklee in guter Waare gesuht, Weißklee außer- ordentlich vernahlässigt. Bezahlt wurde: Rothklee, ordinärer, mit 30, mittel mit 35, fein mit 40, hochfein mit 42 d Weiß- klee, ordinärer, erzielte 20, mittel 25, fein 32, hochfein 40 Wundklee 35 bis 45 A Saathafer, Saatgerste, Saaterbsen fehr evernahlässigt, leßtere mit 160 #4 bezahlt. Saradella 34 bis 5 bezahlt. Schluß sehr ruhig.

Submissionen im Auslande.

Spanien.

1, März. Barcelona. Ayuntamiento constitucional, Holz- pflasterung einiger Straßen. Voranschlag: 2020 737 Pesetas. Kaution vorläufig 5 9%, endgültig 10 9/0. Nähere Bedingungen in spanischer Sprache zur Einsicht beim „Deutschen Reichs-Anzeiger“.

Verkehrs - Anstalten.

Aachen, 21. Februar. Die erste englische Fh vom 20. Februar ist ausgeblieben. Grund: Das hat in E wegen inairlüdea Windes im Kanal den Anschluß verfehlt.

Ga. T. B.) Die Post von dem am 18. Januar von Shanghai abgegangenen Reihs-Postdampfer „Neckar“ ist in